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die Kunst des Sammelns - Julian Klein

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1. akt >>> zwischengeschoss, sammlung marine invertebraten, schwämme, aves (vögel), pisces (fische)<br />

Love Taxi / Hochzeit und Nestbau g e s c h e n k<br />

Venuskorb, Nester, Tiefseeanglerfisch<br />

t a x o p h i l i a<br />

CARSTEN Eine sehr nette Ge-<br />

LÜTER<br />

schichte, <strong>die</strong> ich immer<br />

wieder erzählen muss, betrifft einen so<br />

genannten Glasschwamm, Euplectella<br />

oder auch Venuskorb, von dem wir eine<br />

ganze Menge haben. Die kommen in<br />

der Tiefsee vor und stammen aus Japan.<br />

Dieses ist jetzt nur das Skelett, der<br />

eigentliche Schwamm, also das Gewebe<br />

ist weg. Das Skelett besteht aus Siliziumdioxyd,<br />

also aus Glasnadeln und ist<br />

halt hochkomplex aufgebaut. In <strong>die</strong>sen<br />

Schwämmen leben Krebschen und zwar<br />

normalerweise immer genau ein Paar.<br />

Sie kommen da rein als kleine Larven<br />

und dann bleiben da ein Männchen und<br />

ein Weibchen und fangen an zu wachsen.<br />

Sie ernähren sich von Zeug, das der<br />

Schwamm über seinen Wasserstrom, den<br />

er erzeugt, hineinstrudelt. Dann wachsen<br />

sie da drin und kommen irgendwann<br />

nicht mehr raus, und bleiben als Pärchen<br />

zeitlebens in dem Schwamm. Die einzigen,<br />

<strong>die</strong> dann auch wieder rauskommen,<br />

sind <strong>die</strong> Nachkommen. Die Elterntiere<br />

legen ihre Eier im Schwamm, aus denen<br />

dann Larven schlüpfen und <strong>die</strong> können<br />

wieder durch <strong>die</strong> Lücken im Schwammskelett<br />

durch, aber <strong>die</strong> erwachsenen<br />

Krebse, <strong>die</strong> bleiben Zeit ihres Lebens als<br />

Pärchen darin vereint. Das ist so eine<br />

Art Eheknast oder wie auch immer man<br />

das bezeichnen möchte. Und das ist<br />

der Grund, warum <strong>die</strong>se Schwämme in<br />

Japan zumin<strong>des</strong>t früher unter Fischern<br />

als Hochzeitsgeschenk gerne verschenkt<br />

worden sind. Die meisten Paten unserer<br />

Venuskorb-Schwämme sind tatsächlich<br />

Leute, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Patenschaft als Geschenk<br />

bekommen haben, wenn sie geheiratet<br />

haben. Die Geschichte habe ich inzwischen<br />

schon tausendmal erzählt und<br />

wenn Sie mal hier rumkommen, können<br />

Sie sehen, dass an den ganzen Gläsern<br />

schon <strong>die</strong>se Patenschilder hängen. Es sind<br />

fast alle weg.<br />

Diese Tiefseeanglerfische<br />

sind immer so ein<br />

Faszinosum auch für<br />

Laien, für <strong>die</strong> Öffentlichkeit.<br />

Hier haben<br />

PETER wir zum Beispiel ein<br />

BARTSCH<br />

besonders wertvolles<br />

Exemplar: ein Linophryne maderensis,<br />

ein Weibchen. Das sieht man sofort, da<br />

so große Tiere immer Weibchen sind,<br />

während das Männchen ein parasitäres<br />

Zwergmännchen ist, das angeheftet ist.<br />

Dieser kleine Anhang hier links unten<br />

bei dem Weibchen ist das Männchen.<br />

Das ist eine besondere Reproduktionsweise,<br />

<strong>die</strong> bei den Tiefseeanglerfischen<br />

vorkommt. Das sind Lauerjäger, <strong>die</strong> in<br />

der Tiefsee in großen Abständen leben<br />

und darauf warten, dass eine Garnele<br />

oder ein kleiner Fisch in ihre Nähe<br />

kommt, angelockt durch <strong>die</strong>se Angel<br />

da, <strong>die</strong>ses Leuchtorgan an dem ersten<br />

Rückenflossenstrahl und <strong>die</strong> dann überfallartig<br />

<strong>die</strong> Beute einsaugen. Die Fische<br />

sind wenig bewegungsaktiv – man sieht<br />

ja auch schon: <strong>die</strong> sind nicht gerade<br />

stromlinienförmig gestaltet –, sondern<br />

dümpeln halt in großer Tiefe so im Meer.<br />

Wahrscheinlich ist <strong>die</strong>se merkwürdige<br />

Fortpflanzungsweise entstanden als<br />

Anpassung an <strong>die</strong> geringe Trefferwahrscheinlichkeit,<br />

dass sich <strong>die</strong> Geschlechter<br />

bei der geringen Individuendichte in<br />

der Tiefsee begegnen. Und wenn man<br />

mal so ein nettes pralles Weibchen erwischt<br />

hat, dann bleibt man halt dabei.<br />

So kann man das salopp interpretieren.<br />

Und <strong>die</strong> Männchen verbeißen sich dann<br />

zunächst in der Haut <strong>des</strong> Weibchens<br />

und verwachsen dann mit dem Weibchen<br />

und werden über den weiblichen Blutkreislauf<br />

mit ernährt. Daher sagt man:<br />

parasitäres Zwergmännchen.<br />

Die Männchen sitzen<br />

in Clustern auf Bäumen<br />

und geben <strong>die</strong>sen<br />

Gesang von sich. Die<br />

Weibchen orientieren<br />

HANNELORE sich an <strong>die</strong>sen Männ-<br />

HOCH<br />

chen, fliegen in <strong>die</strong>se<br />

Ansammlung hinein und dann kommt es<br />

halt zur Paarung. Diese Gesänge sind<br />

insbesondere interessant, weil sie artspezifisch<br />

sind. Jede Art hat sozusagen ihre<br />

ganz eigene Melo<strong>die</strong>. Wenn sich Populationen<br />

auseinanderentwickeln, dann ändert<br />

sich zu allererst der Gesang. Oder<br />

<strong>die</strong> Populationen entwickeln sich auseinander,<br />

weil der Gesang sich ändert. Aus<br />

welchen Gründen auch immer. Da kann<br />

sexuelle Selektion eine Rolle spielen, es<br />

können aber auch zufällige Mutationen<br />

eine Rolle spielen. Es kommt einfach<br />

darauf an, dass Männchen und Weibchen<br />

einander an <strong>die</strong>sen Melo<strong>die</strong>n erkennen.<br />

Wenn sich <strong>die</strong>se Melo<strong>die</strong>n ändern, dann<br />

erkennen sich <strong>die</strong> Männchen und Weibchen<br />

einer Art nicht mehr, dann kommt<br />

es zu einer reproduktiven Isolation und<br />

dann kann man sagen, ok, hier ist kein<br />

Genfluss mehr zwischen <strong>die</strong>sen Populationen,<br />

hier haben wir <strong>die</strong>se Isolation<br />

und haben damit zwei unterschiedliche<br />

Arten. Und <strong>die</strong> Evolution kann sich unter<br />

bestimmten Umständen sogar bereits<br />

innerhalb von 30 Jahren<br />

Love Taxi, eine Unterart<br />

von Homo taxomania nov. spec.<br />

Art und Klassifikation<br />

METEORIT SULFATE (SALZE DER SCHWEFELSÄURE) CaSO 4 Kalziumsulfat (GIPS) Na 2 SO 4 Natriumsulfat (GLAUBERSALZ) CARBONATE (SALZE DER KOHLENSÄURE) O Oxigenium (SAUERSTOFF) Si x O y SILIKATE (SALZE DER KIESELSÄURE) SiO 2 Siliziumoxide (QUARZ)<br />

SULFIDE (SALZE DES SCHWEFELWASSERSTOFFS) PLANETEN (WANDELSTERNE) AES (ERZE) Fe Ferrum (EISEN) Cu Cuprum (KUPFER) Pb Plumbum (BLEI) Zn Zincum (ZINK) PLATINOIDE (PLATINMETALLE) MOLDAVITE (MOLDAU-TEKTITE) TEKTITE

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