Die beseelte Welt archaischer Religionen - Ina Mahlstedt
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ZUR RELIGIÖSEN SYMBOLIK 37<br />
wirtschaft im 10. Jahrtausend v. Chr. der Regen oder das Wasser als männlich<br />
angesehen wurde im Sinne dessen, dass er das Wesen Erde belebt und befruchtet<br />
– vielleicht im Bild eines Samenergusses des Himmels. Man kann sich die<br />
Zeugungspotenz des Himmels als Regen recht bildhaft vorstellen oder die Steinsäule<br />
als Phallus der männlichen »Wasserwesen«, welche die Erde schwängern.<br />
So versorgt der im Steinbecken stehende Stab das Wasser mit magischer Zeugungspotenz.<br />
Abb. 5: a. Wasserbecken mit einer Steinsäule, die Männlichkeit symbolisiert. –<br />
b. Figur mit überdimensioniertem erigierten Penis. – c. <strong>Die</strong> anderthalb<br />
Meter große männliche Steinstele von Sanliurfa.<br />
Aber noch ein Aspekt kommt hinzu: Der Stein selbst manifestiert das Nicht-Sein;<br />
er weist symbolisch auf die Leblosigkeit während der Trockenzeit hin. In seiner<br />
Starre und Bewegungslosigkeit verkörpert der Stein den saisonalen Tod, das<br />
»Nicht-in-der-Gestalt-Sein« des Lebens. Aus diesem Nicht-Sein heraus aber<br />
erschafft sich das Leben aus sich heraus immer wieder neu. Der leblose Stein<br />
wird deshalb zu einem bildhaften Symbol geheimnisvoller Schöpfungskraft. Als<br />
aufgerichteter Naturstein oder wie in Göbekli Tepe als gewachsener Stab offenbart<br />
er dann etwas »Göttliches«.<br />
Jahrtausende später soll in Sumatar, einem nur achtzig Kilometer südlich von<br />
Göbekli Tepe gelegenen Heiligtum neolithischen Ursprungs, eine mit Stierhör-