Die beseelte Welt archaischer Religionen - Ina Mahlstedt
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ZUR RELIGIÖSEN SYMBOLIK 43<br />
Es ist aufschlussreich, dass achttausend Jahre später einige der »sterbenden<br />
und auferstehenden Götter« Vorderasiens durch einen Keiler zu Tode kommen.<br />
»Der sumerische Vegetationsgott Tamnuz wurde wie Adonis auf der Jagd von<br />
einem Keiler getötet. In beiden Fällen repräsentierte der Eber den ‚Keiler des<br />
Winters’, der zum Kommen des Frühlings führt« (Cooper 92, boar). <strong>Die</strong>ser Hinweis<br />
illustriert die Symbolbedeutung des Keilers recht gut – er führt zu neuem<br />
Leben. Bei den Kelten soll der Keiler als übernatürliches Tier im Zusammenhang<br />
mit Kampfesmut, Gastfreundschaft und Fruchtbarkeit gestanden haben. <strong>Die</strong>se<br />
Kombination überrascht zwar, belegt aber auch den archaischen Kontext von<br />
Kampf, Tod und Fruchtbarkeit. Im vedischen Kulturkreis inkarnierte der Schöpfergott<br />
Vishnu in einem Keiler, der als erster die Erde beackerte, indem er sie mit<br />
seiner Schnauze aufriß. Als Sau wird das Wildschwein »zur Quelle des Lebens«,<br />
denn seine Symbolik beinhaltet »Lebenskraft und Vitalität« (Cooper, boar). Der<br />
Keiler, der sich in den Mythen der anatolischen Jäger sicherlich als mächtiges<br />
Wesen darstellte, wurde in Göbekli Tepe ganz offensichtlich als eine große<br />
Schöpfergottheit verehrt.<br />
Abb. 9: Fuchs – a. Stier, Fuchs und Kranich auf Stele 2, etwa 2,50 Meter hoch. –<br />
b. Fuchs auf einer der beiden großen Mittelstelen in der Anlage B; vor der<br />
Stele eine dreißig Zentimeter große Wasserschale. – c. Keiler zusammen<br />
mit Fuchs und zwei Kranichen auf Stele 38.