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AMOS VOGEL - The Sticking Place

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Dem 21. Jahrhundert entsprungen<br />

Mit diesem Text stellte Amos Vogel sich 1974 als Kolumnist des „Film Comment“ vor.<br />

Seine Rubrik „Independents“ findet sich die folgenden zehn Jahre über in fast jeder<br />

Ausgabe der Zweimonatszeitschrift<br />

Auch wenn manche Filmwissenschaftler<br />

nach wie vor ernsthaft behaupten, Animationsfilme<br />

seien kein Kino, beweisen hierzulande<br />

wie auch international die Vielzahl an<br />

hervorragenden Arbeiten und die ungebrochene<br />

Lust am Experimentieren das Gegenteil.<br />

Zwei Veranstaltungen der letzten Zeit<br />

zeugen davon, was Vergangenheit und<br />

Zukunft Großartiges zu bieten haben. Erstens<br />

die wunderbare Schau mit Hollywood-Zeichentrickfilmen<br />

am New York Cultural Center,<br />

eine regelrechte Orgie mit 14 Programmen,<br />

die mit ihrer ausführlichen akademischen<br />

Präsentation von Filmen von Robert<br />

Clampett, Friz Freleng, Chuck Jones, Max<br />

Fleischer und Tex Avery erneut Produktionen<br />

wie die Roadrunner-Serie, Betty Boop,<br />

Donald Duck, Popeye und Schweinchen Dick<br />

als zentrale amerikanische Artefakte bestätigte.<br />

Surreale Überzeichnung, trocken dargebrachter<br />

Dadaismus, halsbrecherische<br />

Montage und Angriffe auf Illusionismus und<br />

die Tyrannei von Raum und Zeit sind nach<br />

wie vor so überragend wie die ideologisch<br />

aufschlussreiche Selbstbeschränkung dieser<br />

Filme bei der Wahl ihrer <strong>The</strong>men und Universen;<br />

anthropomorphe Tiere, die sich in allen<br />

Farben des Regenbogens im Kreis jagen,<br />

grausamer Sadismus und harmlose Satire,<br />

permanente Heimtücke und die tiefe Befriedigung,<br />

das über andere hereinbrechende<br />

Unglück mitanzusehen; kurz gesagt also, ein<br />

bourgeoises Vergnügen, wenn nicht gar eine<br />

Metapher für das bürgerliche Leben an sich.<br />

Während uns diese Filme an vergangene<br />

Zeiten erinnern, bot die zweite Veranstaltung<br />

– die Internationale Computer Film Konferenz<br />

– eine Vorschau auf kommende Offenbarungen.<br />

An drei Tagen voll mit Diskussionen<br />

und Filmvorführungen wurde den Anwesenden<br />

(New Yorker Filmkritiker nicht eingeschlossen)<br />

das Privileg zuteil, Zeugen der<br />

geheimnisvollen und überwältigenden<br />

Anfänge einer neuen Gattung der Filmkunst<br />

zu werden: Das Computerkino entwächst allmählich<br />

den Kinderschuhen. Mehrere Hundert<br />

Computerfilme unterschiedlichster Stilrichtungen<br />

und von teils verblüffender Originalität<br />

gibt es bereits. Dementsprechend<br />

kann man schon verstohlen von einer neuen<br />

Generation von Autorenfilmern sprechen,<br />

deren Namen man sich schön langsam merken<br />

sollte: Ken Knowlton, Lillian Schwartz,<br />

James und John Whitney, Peter Foldes, Stan<br />

Vanderbeek, Steve Levine, Ron Baecker.<br />

Bezeichnenderweise reichen Terminologie<br />

und Ausdrucksmittel des 20. Jahrhunderts<br />

nicht länger aus, ihre dem 21. Jahrhundert<br />

entsprungenen Werke zu beschreiben; sie<br />

alle sind Künstler und Wissenschaftler in<br />

einem, sie handeln mit Effekten und Bildern,<br />

denen eine lineare verbale Darstellung nicht<br />

länger gerecht wird.<br />

Das trifft auf schimmernde, überwältigend<br />

komplexe, frei gezeichnete oder strukturierte<br />

Abstraktionen ebenso zu wie auf verblüffende<br />

computergenerierte 3D-Effekte (ohne<br />

Brille!), wie in Lou Katz’ noch nie da gewesener<br />

Darstellung von Molekülen in Bewegung;<br />

auf dreidimensionale, mathematisch perfekte<br />

Computernachbildungen aufwendig<br />

verschlungener Stadtlandschaften in Origi-<br />

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