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Schlachtenbaum - Schauungen.de

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Handwörterbuch <strong>de</strong>s <strong>de</strong>utschen Aberglaubens<br />

27.724 <strong>Schlachtenbaum</strong><br />

HWA Bd. 9N, 200<br />

<strong>Schlachtenbaum</strong>.<br />

Die eschatologische Schlacht (s. Endschlacht) steht<br />

gewöhnlich in irgendwelchen Beziehungen zu einem<br />

bestimmten Baum. Wir nennen ihn <strong>de</strong>n Sch. Die näheren<br />

Umstän<strong>de</strong> dieser Beziehungen sind noch aufzuhellen.<br />

Eigentlich ist vorerst nur ein Negatives auszusprechen:<br />

<strong>de</strong>r Sch. hat mit <strong>de</strong>r Weltesche Yggdrasil<br />

<strong>de</strong>r nordischen Mythologie nichts zu tun1). Dagegen<br />

spricht, was unten über <strong>de</strong>n Standort <strong>de</strong>r Sch.e zu<br />

sagen ist; dagegen spricht auch die nordische Eschatologie,<br />

die die letzte Schlacht nicht unter o<strong>de</strong>r an <strong>de</strong>r<br />

Weltesche, son<strong>de</strong>rn auf <strong>de</strong>m Holm Óskópnir2) (im<br />

Luftraum3)), auf <strong>de</strong>r Ebene Vigriđ4) stattfin<strong>de</strong>n läßt.<br />

Gylfaginning c. 51 erzählt von <strong>de</strong>r Versammlung <strong>de</strong>r<br />

Götterfein<strong>de</strong> auf Vigrið; zu gleicher Zeit reitet Odhin<br />

zu Mimirs Brunn an <strong>de</strong>r Esche, – also kann diese<br />

nicht auf Vigriđ stehen.<br />

1) Simrock Mythologie5 148 f.; Müllenhoff<br />

Sagen L; H.F. Maßmann Kaiser Friedrich im Kiffhäuser<br />

1850, 17; Friedr. Zurbonsen Die Sage von <strong>de</strong>r Völkerschlacht<br />

<strong>de</strong>r Zukunft »am Birkenbaume« 1897, 16 f.; Stephan<br />

Steinlein Über die Herkunft d. Sage u. Prophezeiung<br />

von d. letzten Weltschlacht am Birkenbaum in Westfalen<br />

1915; F. Rohr Die Prophezeiung von <strong>de</strong>r Entscheidungsschlacht<br />

d. Europäischen Krieges am Birkenbaum 1917, 81 ff.<br />

knüpft an Werl (<strong>de</strong>n Ort <strong>de</strong>s Birkenbaumes) an, stellt dazu<br />

werlte, Welt, und gewinnt so Weltenbaum = Yggdrasil; Martin


Handwörterbuch <strong>de</strong>s <strong>de</strong>utschen Aberglaubens<br />

27.725 <strong>Schlachtenbaum</strong><br />

HWA Bd. 9N, 200<br />

Ninck Wodan u. germanischer Schicksalsglaube 1935,<br />

215 ff. 2) Fafnismal 14 f. 3) G. Neckel Studien z. d. german.<br />

Dichtungen v. Weltuntergange, in Sitzb. Hei<strong>de</strong>lb. 9 H. 7,<br />

14. 4) Vafþrudnismal 18 = Genzmer Edda 2, 88.<br />

1. Schicksalsbaum. Eher als für einen Nachkommen<br />

<strong>de</strong>r Weltesche könnte man <strong>de</strong>n Sch. für<br />

einen <strong>de</strong>r Schicksalbäume halten, von <strong>de</strong>nen wir wissen,<br />

daß an ihnen Ge<strong>de</strong>ih und Untergang eines Fürstenhauses<br />

o<strong>de</strong>r einer Landschaft hängt (s. Schicksalsbaum).<br />

Wir haben auch einige Fälle, in <strong>de</strong>nen Sch.<br />

und Schicksalsbaum zusammenfallen5).<br />

5) Schil<strong>de</strong>sche: Zaunert Westfalen 245. Sü<strong>de</strong>rheiste<strong>de</strong>:<br />

Meyer Schleswig-Holstein 220.<br />

2. Malbaum. Eine Reihe von Sch.en müssen als<br />

Grenz- o<strong>de</strong>r Malbäumen von Landschaften bezeichnet<br />

wer<strong>de</strong>n. Das »Stäudlein von Österreich« ausgenommen,<br />

wo es sich um einen beson<strong>de</strong>ren Fall han<strong>de</strong>lt,<br />

wird man Grenzbäume kaum mit <strong>de</strong>n Schicksalsbäumen<br />

eines Lan<strong>de</strong>s i<strong>de</strong>ntifizieren können; es ist<br />

schwer zu <strong>de</strong>nken, daß man einen Grenzbaum, am<br />

Ran<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Mark, also an <strong>de</strong>r gefähr<strong>de</strong>tsten Stelle, zum<br />

Schicksalsbaum o<strong>de</strong>r Sch. <strong>de</strong>s ganzen Lan<strong>de</strong>s macht.<br />

Zu diesen Grenzbäumen gehören: das Stäudlein von<br />

Österreich6), die Lin<strong>de</strong> von Eisersdorf vgl. 64), die<br />

Eiche von Camenz7), <strong>de</strong>r Baum am Seeborn bei


Handwörterbuch <strong>de</strong>s <strong>de</strong>utschen Aberglaubens<br />

27.726 <strong>Schlachtenbaum</strong><br />

HWA Bd. 9N, 201<br />

Kolbnitz8), <strong>de</strong>r Birkenbaum bei Werl vgl. 113) u.a.<br />

Eine zweite Gruppe von Malbäumen, die uns hier<br />

interessieren, wird durch solche Bäume gebil<strong>de</strong>t, welche<br />

im Ödlandgebiet einer o<strong>de</strong>r mehrerer Ortschaften<br />

stehen und irgendwie hervorragen. Den <strong>de</strong>utlichsten<br />

Fall bil<strong>de</strong>n die Lausefichten, -kiefern usw., welche zu<br />

Sch.en wer<strong>de</strong>n9), <strong>de</strong>nn Lusanger ist ein Moor o<strong>de</strong>r<br />

sonstiger ö<strong>de</strong>r Gemeingrund, <strong>de</strong>r kultiviert wird10),<br />

und Lausebäume stehen im ö<strong>de</strong>n Land, an Grenzen11).<br />

Zu solchen Ödlandbäumen gehört wohl auch<br />

die Kiefer an <strong>de</strong>n Dreigräben12); sie steht draußen,<br />

fern in <strong>de</strong>r Hei<strong>de</strong>, im hintersten, unfruchtbaren Gebiet.<br />

Eine beson<strong>de</strong>re Gruppe unter <strong>de</strong>n hier zu berücksichtigen<strong>de</strong>n<br />

Bäumen sind jene (häufigen Ödland-)<br />

Bäume, die ehmals Sitz eines weissagen<strong>de</strong>n elbischen<br />

Wesens waren13), – Sibyllenbäume, bis zu <strong>de</strong>nen die<br />

Schlacht einst bran<strong>de</strong>n wird14). S. auch Sibylle.<br />

Sch.e <strong>de</strong>r Zukunftsschlacht stehen zuweilen auf<br />

ehemaligen Schlachtfel<strong>de</strong>rn15); zu diesem verhältnismäßig<br />

seltenen Typus s.u.<br />

Wenn schließlich durch Alter, Größe, Wuchs sich<br />

auszeichnen<strong>de</strong> Bäume, Malbäume in einer Flur, zu<br />

Sch.en wer<strong>de</strong>n16), so ist das ohne weiteres verständlich.<br />

Eine heimatlos gewor<strong>de</strong>ne Weissagung lehnt<br />

sich gern an einen <strong>de</strong>r nächsten bekannten Orte an.<br />

6) Rochholz Schweizersagen 1, 60 u. 1, XXI.<br />

7) Kühnau Sagen 3, 520; Peuckert Schlesien 70.


Handwörterbuch <strong>de</strong>s <strong>de</strong>utschen Aberglaubens<br />

27.727 <strong>Schlachtenbaum</strong><br />

HWA Bd. 9N, 202<br />

72; Schwebel 371 f. 8) Kühnau Sagen 3, 516 f.;<br />

Peuckert Schlesien 70. 9) Birlinger Volkstüml. 1<br />

Nr. 293. 10) Schmeller BayWb. 1, 1519 f. 11) So die<br />

Läusefichte b. Haasel an <strong>de</strong>r Kreisgrenze Goldberg und Jauer,<br />

die Läusekiefer bei Wolfshain an <strong>de</strong>r Kreisgrenze: Goldberg-<br />

Haynau gegen Bunzlau usw. 12) Kühnau Sagen 3, 517<br />

f.; Peuckert Schlesien 69 f. 13) Peuckert Sibylle<br />

Weiß. 14) Kühnau Sagen 3, 520 f.; Peuckert Schlesien<br />

16; Nachw. 7. 15) Müllenhoff-Mensing<br />

Sagen Nr. 592; Kühnau Sagen 3, 516; Rochholz<br />

Schweizersagen 1, 60 f.; Sepp Sagen 627 f. (vom kalten<br />

Baum) usw. 16) Jungbauer Böhmerwald 172; Lin<strong>de</strong> in<br />

Schreiberhau Rsgebg.: in m. Sammlg.<br />

3. Sibyllen- und Schicksalsbaum. Die heutige<br />

Zerfaserung <strong>de</strong>s Motivs, die es erlaubt, beinah an<br />

je<strong>de</strong>n auffälligen Baum die Sch.-Weissagung anzuknüpfen,<br />

zwingt dazu, nach <strong>de</strong>m ursprünglichen<br />

Typus zu fragen. Zwei Gruppen unter <strong>de</strong>n oben aufgestellten<br />

erweisen sich da als alt: <strong>de</strong>r Schicksals- und<br />

<strong>de</strong>r Bilweisbaum. Schon Neocorus weiß, daß am<br />

Schicksal <strong>de</strong>s Sü<strong>de</strong>rheiste<strong>de</strong>r Baumes das von Dithmarschen<br />

hängt17); s. auch Schicksalsbaum.<br />

Noch älter sind die Sibyllenbäume. Es ist mir gelungen<br />

nachzuweisen18), daß die Sibyllen dieser<br />

Bäume ursprünglich Bilweisen gewesen sind; die<br />

Glaciographia <strong>de</strong>s Aelurius berichtet 1625 bereits von<br />

<strong>de</strong>m Zusammenhang <strong>de</strong>r Sch.-Weissagung mit einer<br />

Bilweise, bei ihm die »Hei<strong>de</strong>njungfrau« o<strong>de</strong>r »Sibylle«<br />

genannt19). Da damals die Bilweise bereits <strong>de</strong>n


Handwörterbuch <strong>de</strong>s <strong>de</strong>utschen Aberglaubens<br />

27.728 <strong>Schlachtenbaum</strong><br />

HWA Bd. 9N, 202<br />

Namen, wie Wesen und Sein verloren hat, dürfen wir<br />

sie als älter annehmen (s. Bilwis). Ein übermenschliches<br />

Wesen am Baum, die Zukunft weissagend, reicht<br />

weit zurück; vgl. etwa Pausanias IV 16, 2. Dazu tritt<br />

ferner, daß diese Wesen Bäume in Ödmarken bevorzugt<br />

haben; <strong>de</strong>r Bilwis wohnt draußen in Berg und<br />

Wald20). Das wür<strong>de</strong> erklären, wofür wir sonst keine<br />

Erklärung zu fin<strong>de</strong>n vermögen: <strong>de</strong>n Sch. an Grenzen<br />

und Ö<strong>de</strong>n, aber zugleich an »heiligen« Orten, wie<br />

etwa am Seeborn im Kolbnitzer Grün<strong>de</strong>l21). Ich glaube<br />

<strong>de</strong>shalb annehmen zu dürfen, daß unter <strong>de</strong>n oben<br />

genannten Typen <strong>de</strong>r eben besprochene <strong>de</strong>r älteste ist;<br />

er reicht zurück in die Bilwis-Zeiten. Er ist <strong>de</strong>r Baum<br />

eines weissagen<strong>de</strong>n elbischen Wesens, das <strong>de</strong>n Zukunftskrieg<br />

sich bis zu seinem Wohnsitz erstrecken<br />

sieht. Aus diesem Typus wohl hat sich mit <strong>de</strong>m Hinschwin<strong>de</strong>n<br />

<strong>de</strong>r Bilweisen <strong>de</strong>r letzte unter <strong>de</strong>n oben erwähnten<br />

entwickelt: <strong>de</strong>r Sch. als einfacher Malbaum<br />

in <strong>de</strong>r Flur, das stellt eine Verflachung <strong>de</strong>r Spätzeit<br />

dar.<br />

Über die Nähe <strong>de</strong>s Schicksalsbaumtypus s.d. Er<br />

wird in vielen Fällen mit <strong>de</strong>m Sch. i<strong>de</strong>ntisch sein; das<br />

Schicksal <strong>de</strong>s Wohnsitzes <strong>de</strong>s Numens <strong>de</strong>r Landschaft,<br />

wie es sich ja in <strong>de</strong>r Schlacht am Baume vollzieht,<br />

ist das Schicksal <strong>de</strong>s Lan<strong>de</strong>s22).<br />

Die Weipersdorfer Lin<strong>de</strong> seufzt, wenn <strong>de</strong>m Lan<strong>de</strong><br />

Gefahren drohen22a); in Truns begann ein Ahorn, in


Handwörterbuch <strong>de</strong>s <strong>de</strong>utschen Aberglaubens<br />

27.729 <strong>Schlachtenbaum</strong><br />

HWA Bd. 9N, 203<br />

<strong>de</strong>n die Franzosen schossen, zu bluten »ob <strong>de</strong>s<br />

Schmerzes, <strong>de</strong>n er empfand, weil die Bündner ihre<br />

Freiheit verloren«22b). Am Kastanienbaum im Tuileriengarten<br />

1870 hing das Schicksal <strong>de</strong>r Napoleoni<strong>de</strong>n22c),<br />

an <strong>de</strong>r Lin<strong>de</strong> vom Sinn das <strong>de</strong>r Burg Habsburg<br />

und <strong>de</strong>s Tales22f), an <strong>de</strong>r auf <strong>de</strong>m Berg von<br />

Weihenstephan bei Freising das <strong>de</strong>r Stadt vgl. 22c),<br />

am Vogelbeerbaum auf <strong>de</strong>n Orkneyinseln das <strong>de</strong>r norwegischen<br />

Herrschaft22d), am Rosenbaum am Lübekker<br />

Dom das <strong>de</strong>r Stadt Lübeck22e), am Sü<strong>de</strong>rheiste<strong>de</strong>r<br />

Baum das Dithmarschens vgl. 22f), an <strong>de</strong>r Strebelstau<strong>de</strong><br />

das <strong>de</strong>s Klosters Königsfel<strong>de</strong>n22g).<br />

17) Müllenhoff-Mensing Sagen Nr. 592.<br />

18) Sibylle Weiß. Habilitationsschrift Breslau 1932.<br />

19) Grimm DS. 317; Kühnau Sagen 3, 520 f.;<br />

Peuckert Schlesien 16; Nachw. 64. 20) oben 1, 1314.<br />

21) Nachw. S. Auch <strong>de</strong>r kalte Baum steht an einem Teich.<br />

22) Vgl. Sepp Sagen Anm. 1 über <strong>de</strong>n Sperberbaum auf<br />

<strong>de</strong>n Arka<strong>de</strong>n; I. Sam. 4: die Schlacht geht verloren, weil die<br />

Bun<strong>de</strong>sla<strong>de</strong> genommen ist. 22a) E. Lehmann Vom<br />

Kronwald 1921, 146. 22b) Wettstein Disentis 157.<br />

22c) Sepp im Correspon<strong>de</strong>nzbl. Anthropol. 13 (1882), 185.<br />

22d) Mackensen Hanseal. Sagen 34 f. 22e) S.<br />

Nachw. 27 u. 22 c. 22f) Rochholz Schweizersagen 1,<br />

62 f. 65. 22g) Ebd. 1,66.<br />

4. Sch. und Schlachtfeldbaum. Einzelne <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen<br />

Sch.e stehen auf alten Schlachtorten vgl. 15).<br />

Mit alten Schlachtfel<strong>de</strong>rn sind häufig Sagen von einer


Handwörterbuch <strong>de</strong>s <strong>de</strong>utschen Aberglaubens<br />

27.730 <strong>Schlachtenbaum</strong><br />

HWA Bd. 9N, 204<br />

ehmals o<strong>de</strong>r noch immer stattfin<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Geisterschlacht<br />

verknüpft (s. Schlachtfeld). Außer<strong>de</strong>m haben<br />

alte Schlachtfel<strong>de</strong>r die »Eigenschaft«, Schlachten an<br />

sich zu ziehen; das heißt, wo einmal eine Schlacht geschah,<br />

geschah in späteren Jahren – o<strong>de</strong>r geschieht in<br />

Zukunft – eine nächste (s. Schlacht). Ich gebe für dieses<br />

Schema gern Gunkels eschatologisches Gesetz (s.<br />

Eschatologie), daß die Endzeit <strong>de</strong>r Urzeit entspreche,<br />

zu, fin<strong>de</strong> aber für <strong>de</strong>n Sch. keinen zwingen<strong>de</strong>n Ort in<br />

diesem Verlauf. Er müßte, wollte man ihn in <strong>de</strong>n Ablauf<br />

einordnen, schon in <strong>de</strong>r ersten Schlacht vorhan<strong>de</strong>n<br />

sein, bzw. eine Rolle spielen. Davon spricht keine<br />

<strong>de</strong>r Weissagungen. Man wird <strong>de</strong>shalb annehmen dürfen,<br />

daß er erst später in die Weissagung, die von <strong>de</strong>r<br />

zweiten (eschatologischen) Schlacht auf einem bekannten<br />

alten Schlachtfeld spricht, hineingeraten ist,<br />

weil er ja auch zur künftigen eschatologischen<br />

Schlacht gehört. So wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Sch. zum Schlachtfeldbaum23).<br />

23) Vgl. darnach Rochholz Schweizersagen 1,60.<br />

5. Standorte. Sch.e vermag ich im ganzen <strong>de</strong>utschen<br />

Sprachgebiet – mit Ausnahme <strong>de</strong>r Gebiete östlich<br />

<strong>de</strong>r O<strong>de</strong>r – nachzuweisen. Man weiß ihn in Dithmarschen24)<br />

bei Nortorf25), Bornhöve<strong>de</strong>26), Sü<strong>de</strong>rheiste<strong>de</strong>27),<br />

Alversdorf28), Mönch-Neversdorf29),<br />

Schenefeld30), Had<strong>de</strong>by31) und Niekarken32), auf


Handwörterbuch <strong>de</strong>s <strong>de</strong>utschen Aberglaubens<br />

27.731 <strong>Schlachtenbaum</strong><br />

HWA Bd. 9N, 204<br />

<strong>de</strong>r Semilower Hei<strong>de</strong> bei Ratzeburg33), im Nie<strong>de</strong>rsächsisch-Westfälischen<br />

bei Dassel34), Thudorf bei<br />

Pa<strong>de</strong>rborn35), Schil<strong>de</strong>sche36), Schöppingen37), zwischen<br />

Essen und Steele38) (im Elsternbusch bei<br />

Enger?39), auf <strong>de</strong>m Wüllener Esch?40), am Noteboom<br />

zwischen Xanten und Kalkar40a), an <strong>de</strong>n Fürstener<br />

Lin<strong>de</strong>n bei Erwitte (Friesland)41), an <strong>de</strong>r<br />

Straße von Sen<strong>de</strong>nhorst nach. Drensteinfurt vgl. 40),<br />

am Birkenbaum im Wulfskampf bei Brechten, nahe<br />

Dortmund42) und bei Werl (s.u.), ferner im Ra<strong>de</strong>rtal<br />

bei Köln43), wie überhaupt in <strong>de</strong>r Nähe von Köln44).<br />

Die Lothringer suchen ihn am Rhein45), die Alemannen<br />

bei Fellbach46), zwischen Rottenburg und Kiebingersteg47),<br />

auf <strong>de</strong>m Birrfel<strong>de</strong>48), <strong>de</strong>m Breitfel<strong>de</strong><br />

bei Goßau49), die Schwaben sehen ihn in einem Birnbaum<br />

wohl in <strong>de</strong>r Nähe <strong>de</strong>s Bo<strong>de</strong>nsees50), <strong>de</strong>r oberen<br />

Donau51), im Hol<strong>de</strong>rbusch im Burgenlei52), in <strong>de</strong>r<br />

Lausetanne bei Leutkirch53), die Tiroler zu St. Agatha<br />

auf <strong>de</strong>r Wiese bei Loma54), an <strong>de</strong>r Vol<strong>de</strong>rer<br />

Brücke55), auf <strong>de</strong>r Seiser Alm56), an <strong>de</strong>r Ulfiswiese57),<br />

an <strong>de</strong>r Kapelle58) o<strong>de</strong>r an <strong>de</strong>r Straße nach Kranewitten59),<br />

auf <strong>de</strong>r Walserhei<strong>de</strong> (s. »dürrer Baum«).<br />

In Kärnten spricht man von <strong>de</strong>r Lin<strong>de</strong> auf <strong>de</strong>m Lurnfel<strong>de</strong>60)<br />

(im Waldviertel vom Birnbaum auf <strong>de</strong>m<br />

Schmiedberge, ver<strong>de</strong>rbt60a) und ebenso wird in zerrütteter<br />

Form von einem großen Baum, Judasbaum im<br />

Rohr bei Ba<strong>de</strong>n erzählt60b)). Die Oberpfalz hält <strong>de</strong>n


Handwörterbuch <strong>de</strong>s <strong>de</strong>utschen Aberglaubens<br />

27.732 <strong>Schlachtenbaum</strong><br />

HWA Bd. 9N, 205<br />

»kalten Baum« bei Vohenstrauß61), die Föhre bei<br />

Tumbacher Hut62), <strong>de</strong>n Birnbaum am Ahirnbacher<br />

Hut vgl. 62), <strong>de</strong>n Birnbaum am Ahornberg63) für <strong>de</strong>n<br />

Sch., die Schlesier vermuten ihn bei Reichenbach64),<br />

Peilau vgl. 64), Eisersdorf bei Braunau65), am Koischwitzer<br />

See vgl. 65), an <strong>de</strong>n Dreigräben66), am<br />

Seeborn bei Kolbnitz67), im Sieb bei Langenbielau68),<br />

bei Camenz69), zwischen Troppau und Jägerndorf70),<br />

an <strong>de</strong>r Sachsenbrücke71), o<strong>de</strong>r sie glauben<br />

das Schlachtfeld <strong>de</strong>r Endschlacht liege zwischen<br />

drei Birnbäumen, die bei Dobrek (Teschen), Frie<strong>de</strong>k<br />

und Pleß72), o<strong>de</strong>r drei Lin<strong>de</strong>n, die bei Ernsdorf, Skotschau<br />

und auf <strong>de</strong>r Kurzwal<strong>de</strong>r Höhe stehen73). Auch<br />

in Koslow (Krs. Tost-Gleiwitz) will man ihn wissen74);<br />

in <strong>de</strong>n Beski<strong>de</strong>n hält man die Birke an <strong>de</strong>r<br />

Sachsenbrücke vor <strong>de</strong>r Babiagora für ihn74a). Im Su<strong>de</strong>tenland<br />

erzählt man von einer alten Föhre bei Nachod74b),<br />

in <strong>de</strong>r Landskroner Sprachinsel von <strong>de</strong>r<br />

Frie<strong>de</strong>nsfichte zwischen Hertersdorf und Seibersdorf74c),<br />

sonst soll er in Böhmen bei Göllnitz75), an<br />

<strong>de</strong>r Blanitz76) stehen. In <strong>de</strong>r Mark Bran<strong>de</strong>nburg<br />

wächst er bei Chorinchen77), am Schildhorn bei<br />

Spandau78), in Sachsen bei Nohra, nahe Erfurt79).<br />

Auch die Siebenbürger Sachsen kennen ihn80). Nur<br />

in <strong>de</strong>r Oberpfalz heißt er einmal: »<strong>de</strong>r Baum, <strong>de</strong>n niemand<br />

kennt«81).<br />

In Dänemark steht <strong>de</strong>r Sch. auf <strong>de</strong>r Tis-Wiese82),


Handwörterbuch <strong>de</strong>s <strong>de</strong>utschen Aberglaubens<br />

27.733 <strong>Schlachtenbaum</strong><br />

HWA Bd. 9N, 206<br />

bei Agerskov83), Aggerschau84). Doch hat schon<br />

Feilberg es ausgesprochen, daß hier <strong>de</strong>utscher Einfluß<br />

vorliege85). Dasselbe wird man von <strong>de</strong>r Weissagung<br />

behaupten dürfen, die im Vogelbeerbaum auf <strong>de</strong>n<br />

Vestmannaeyar Islands <strong>de</strong>n Sch. sieht86). Die Schwe<strong>de</strong>n<br />

Finnlands kennen ihn nicht, wie Weßmans große<br />

Sagensammlung lehrt; ebenso ist er <strong>de</strong>n mir zugänglichen<br />

Sammlungen schwedischer und norwegischer<br />

Sagen fremd; doch hat dies Urteil nur bedingten Wert,<br />

weil viele Sammlungen in unseren Bibliotheken nicht<br />

vorhan<strong>de</strong>n sind. Bei<strong>de</strong>s gilt gleicherweise für das<br />

französische Gebiet. Dagegen sind Spuren im Slavischen<br />

vorhan<strong>de</strong>n87); doch wird hier erst die weitere<br />

Untersuchung klären müssen, wieweit es sich um eigengewachsenes<br />

Gut, wieweit um eine Entlehnung<br />

han<strong>de</strong>lt. Mit <strong>de</strong>n vorhin erwähnten Beschränkungen<br />

wird man <strong>de</strong>shalb heut sagen dürfen, daß die Vorstellung<br />

vom Sch. heut eine spezifisch <strong>de</strong>utsche ist.<br />

24) Simrock Mythologie5 52 f. nennt hier ohne Ortsangabe<br />

die Sage Müllenhoff 380. Vgl. Nachw. 27.<br />

25) Müllenhoff Sagen 278 ff. 585 f. = Sepp Sagen<br />

630 = Henne am Rhyn Deutsche Volkssage 1879,<br />

687 f. = Grässe Preußen 2, 1072 f. = Meyer Schleswig-Holstein<br />

221 f. = Menzel Odin 344 = Simrock<br />

Mythologie5 131 = Schwebel Tod u. ewiges Leben<br />

373; Ernst Nöth Weltanfang u. Welten<strong>de</strong> in d. <strong>de</strong>utschen<br />

Volkssage 1932, 32 (Fundort vertauscht). 26) Müllenhoff<br />

Sagen 379 Nr. 509. 27) Ebd. 380 = Sepp Sagen


Handwörterbuch <strong>de</strong>s <strong>de</strong>utschen Aberglaubens<br />

27.734 <strong>Schlachtenbaum</strong><br />

HWA Bd. 9N, 206<br />

631 = Henne am Rhyn 691 = Grässe Preußen 2,<br />

1071 = Schwebel 373. 28) Müllenhoff Sagen<br />

606. 29) Ebd. 377. 30) Ebd. 379 = Grässe Preußen 2,<br />

1072; Sepp Sagen 630. 31) Müllenhoff Sagen 379<br />

Nr. 509 = Grässe Preußen 2, 1073 Nr. 1330.<br />

32) Lübbing Friesen 105 = Müllenhoff Sagen<br />

248 f. 33) Schwebel Tod u. ewiges Leben 373 =Sepp<br />

Sagen 631. 34) Schambach-Müller 241 = Eckart<br />

Südhannover. Sagen 166; vgl. Grimm DS. 293.<br />

35) Kuhn Westfalen 1, 205. 36) Ebd. 1, 210; Zaunert<br />

Westfalen 245; Zurbonsen 15. 37) Zurbonsen 16;<br />

Steinlein 51. 38) Zaunert Rheinland 2, 252; Zurbonsen<br />

14. 39) Zurbonsen 15. 40) Ebd. 15.<br />

40a) Angebl. Prophetie <strong>de</strong>s Bischofs Joh. von Leliendal: Buch<br />

d. Geheimnisse. Emmerich 1849. 41) ZfdA. 3, 459.<br />

42) ZfrwVk. 29 (1932), 65 u. 11 (1914), 81. 43) Zaunert<br />

Rheinland 2, 249. 44) Ebd. 2, 252. A. Karasek-Langer<br />

u. Strzygowski Sagen d. Deutschen in Galizien 1932,<br />

33 Nr. 1; 35 f. Nr. 7. 45) Glatzer Heimatbl. 3 (1917), 55 Anm.<br />

1. 46) Birlinger Volksthüml. 1, 186; Bran<strong>de</strong>nburgia<br />

1916, 165; Nöth Weltanfang u. Welten<strong>de</strong> 53.<br />

47) Alemannia 11, 37. 48) Rochholz Schweizersagen<br />

1, 60 = Henne am Rhyn 683; SAVk. 19 (1915), 210.<br />

Der Strauch bei Kronfeld Krieg 130 als wil<strong>de</strong> Rose bezeichnet.<br />

49) Henne am Rhyn 683. Vgl. SAVk. 19<br />

(1915), 210. 50) Birlinger Volksthüml. 1, 182 f.<br />

51) Ebd. 52) Ebd. 1, 185. 53) Ebd. = Reiser Allgäu 1,<br />

417 Nr. 506; Bran<strong>de</strong>nburgia 1916, 165; Nöth Weltanfang<br />

u. Welten<strong>de</strong> 53. 54) Kuhn Westfalen 1, 209 = Zurbonsen<br />

13 f.; Nöth Weltanfang u. Welten<strong>de</strong> 54.<br />

55) Vernaleken Alpensagen 67 f. = Henne am<br />

Rhyn 682. 56) Zingerle Sagen 1859, 406 = Kronfeld<br />

Krieg 146 = Henne am Rhyn 682.


H a n d w ö r t e r b u c h d e s d e u t s c h e n A b e r g l a u b e n s<br />

27.735 <strong>Schlachtenbaum</strong><br />

HWA Bd. 9N, 207<br />

57) ZfdMyth. 4, 201; Vernaleken Alpensagen 66 =<br />

Henne am Rhyn 682; Nöth Weltanfang u. Welten<strong>de</strong><br />

31. 53 (Fundort vertauscht!). 58) ZfVk. 8, 324 f.<br />

59) Zingerle Sagen 1859, 407. 60) Graber Kärnten<br />

2, 350. 60a) Mailly Nie<strong>de</strong>rösterreich. Sagen Nr. 149.<br />

60b) Ebd. Nr. 185. 61) Schönwerth Oberpfalz 3, 339<br />

= Schönwerth-Winkler Oberpfalz 182 ff. = Heinr.<br />

Gradl Sagenbuch d. Egergaues 1892, 1 f. = Schöppner<br />

Sagen 2, 149; 3, 141 = Jungbauer Böhmerwald<br />

172; Henne am Rhyn 684; Schwebel Tod u.<br />

ewiges Leben 361 ff.; ARw. 8, 439; Nöth Weltanfang u.<br />

Welten<strong>de</strong> 31. 53. 62) Schönwerth-Winkler Oberpfalz<br />

181. 63) Ebd. 64) Kühnau Mittelschles. Sagen Nr.<br />

552. 65) Kühnau Sagen 3, 516; Ders. Sagen d. Grafschaft<br />

Glatz (1926), 272 f. 321 f.; Peuckert Schlesien<br />

16; Nachw. 19; Nöth Weltanfang u. Welten<strong>de</strong> 31 f. nach<br />

Wilh. Hohaus Sagen d. Grafsch. Glatz 1926, 27.<br />

66) Kühnau 3, 517 f.; Peuckert Schlesien 69 f.<br />

67) Kühnau Sagen 3, 516 f.; Peuckert Schlesien<br />

70. 68) Glatzer Heimatbl. 3 (1917), 59. 69) Kühnau<br />

Sagen 3, 516; Ders. Mittelschles. Sagen Nr. 554; Peukkert<br />

Schlesien 70. 72; Nöth Weltanfang u. Welten<strong>de</strong> 32<br />

(Fundort vertauscht!); Schwebel 371 f.; Sepp Sagen<br />

631 f. (die Haspe seit 1866 herausgewachsen); Unsere Heimat,<br />

Beilage d. Frankenstein-MünsterbergerZtg. 1 (1924/5), 107.<br />

Einmal wird eine Lin<strong>de</strong> statt <strong>de</strong>r Eiche genannt: Kühnau<br />

Mittelschl. Sagen Nr. 554 IX. VI. 70) Jos Ullrich Volkssagen<br />

aus d. Gesenke (1934) 415 Nr. 487. 71) Alfred Karasek-Langer<br />

u. E. Strzygowski Sagen d. Beski<strong>de</strong>n<strong>de</strong>utschen<br />

1930, Nr. 13. 72) Ebd. Nr. 491. 73) Ebd. Nr.<br />

528. 74) Kühnau Oberschles. Sagen 275 f.<br />

74a) Elfrie<strong>de</strong> Strzygowski u. Karasek Ostschles.<br />

Sagen 1928, 17 f. = A. Karasek-Langer u. Strzy-


Handwörterbuch <strong>de</strong>s <strong>de</strong>utschen Aberglaubens<br />

27.736 <strong>Schlachtenbaum</strong><br />

HWA Bd. 9N, 207<br />

gowski Beski<strong>de</strong>n 24 Nr. 13. 74b) Die österreichsch-ungarische<br />

Monarchie in Wort u. Bild 1894. Böhmen 1, 405.<br />

74c) Lehmann Vom Kronwald 161. 75) Jungbauer<br />

Böhmerwald 172; Nöth Weltanfang u. Welten<strong>de</strong> 53.<br />

76) Grohmann Sagen 14; Henne am Rhyn 686<br />

f.; Nöth Weltanfang u. Welten<strong>de</strong> 31 (Fundort vertauscht!).<br />

53. 77) Bran<strong>de</strong>nburg 219; H. Lohre Märk. Sagen 1921,<br />

110 f.; Schwebel 372; Nöth Weltanfang u. Welten<strong>de</strong><br />

53. 55. 78) Schwebel 372; Sepp Sagen 631.<br />

79) Schwebel 371. S. »dürre Baum«. 80) Müller<br />

Siebenbürgen 41. 81) Schönwerth Oberpfalz 3, 339<br />

ff.; Schönwerth-Winkler 182 ff. 82) Ellekil<strong>de</strong><br />

in Nordisk kultur IX, 158 nach Svend Grundtvig<br />

Gamle danske min<strong>de</strong>r 3, 137. 83) Nach Evald Tang Kristensen<br />

3, 1906 f.; Müllenhoff-Mensing 551.<br />

84) Meyer Schleswig-Holstein 221 f. 85) Ellekil<strong>de</strong> nach<br />

H.F. Feilberg Holger Danske och Antikrist: Danske studier<br />

1920. 86) Lehmann-Filhes Isländ. Volkssagen<br />

2, 28 f.; Age Avenstrup u. Treitel Isländ. Märchen<br />

1919, 270. 87) Kronfeld Krieg 128; Nachw. 76.<br />

6. Art <strong>de</strong>s Sch.es.<br />

a) Der Sch. ist oft von unbestimmter Art (was man<br />

für ein Anzeichen von Ver<strong>de</strong>rbnis <strong>de</strong>r betreffen<strong>de</strong>n<br />

Überlieferung ansehen darf); niemand kann ihn nennen<br />

vgl. 81). Oft ist nur von »einem Baum«88), <strong>de</strong>m<br />

»grünen« vgl. 49) o<strong>de</strong>r »krausen Bäumchen« vgl. 38)<br />

die Re<strong>de</strong>. Am häufigsten aber wer<strong>de</strong>n Lin<strong>de</strong>89) und<br />

Holun<strong>de</strong>r90) genannt, dann – in gradweiser Abstufung<br />

– Birne91) (einmal ein Knö<strong>de</strong>l- = wil<strong>de</strong>r Holzbirnbaum<br />

vgl. 76), Birke92), Eiche93),


Handwörterbuch <strong>de</strong>s <strong>de</strong>utschen Aberglaubens<br />

27.737 <strong>Schlachtenbaum</strong><br />

HWA Bd. 9N, 208<br />

Wei<strong>de</strong>94) und Kiefer95), seltener Kirsche96),<br />

Esche97), Lärche vgl. 54), Tanne vgl. 53), Pappel<br />

vgl. 34), Ellhorn98), Vogelbeerbaum vgl. 85), Rose<br />

vgl. 31), Dornstrauch vgl. 48), Hasel (tschechisch)99).<br />

Wenn in Byl<strong>de</strong>rup das frem<strong>de</strong> Kriegsvolk<br />

seine Pfer<strong>de</strong> i kornskoggene bin<strong>de</strong>n wird100), so darf<br />

man das wohl als einen weiteren Beweis dafür nehmen,<br />

daß die Sch.-Vorstellung in Dänemark nicht ursprünglich<br />

heimisch war. Im Hessischen steht <strong>de</strong>r<br />

Baum irgendwo auf einem Berge und hat Blätter wie<br />

Hufeisen100a).<br />

88) Nachw. 28. 32. 62; Peuckert Schlesien 70;<br />

Kühnau Sagen 3, 516. 89) Nachw. 27. 28. 41. 46. 47. 55.<br />

60. 61. 64. 65. 70. 73; Kühnau Sagen 3, 520 Nr. 1931.<br />

90) Nachw. 25. 26. 27. 30. 37. 52. 55. 83. 91) Nachw. 43. 45.<br />

50. 51. 60 a. 63. 72; am Rhein: Glatzer Heimalblätter 3, 55<br />

Anm. 1. 92) Werl s.u.; Nachw.42. 71. 74 a. 93) Nachw. 58.<br />

69. 80. 94) Nachw. 29. 67; Kühnau Sagen 3, 516 f.;<br />

Peuckert Schlesien 72. 95) Nachw. 62. 66. 74 b. 78.<br />

96) Nachw. 56. 57. 97) Nachw. 36; in Holstein: Henne<br />

am Rhqn 691 Nr. 1025; H.F. Maßmann Kaiser<br />

Friedrich im Kiffhäuser 1870, 17. 98) Müllenhoff<br />

Sagen 585 f.; Nöth Weltanfang u. Welten<strong>de</strong> 53.<br />

99) Grohmann Sagen 15 f. 100) Müllenhoff-Mensing<br />

551 nach Kamp Danske Folkemin<strong>de</strong>r<br />

142 f.; vgl. Strackerjan 1, 154 f. 100a) Wolf<br />

Hessische Sagen 139. 100b) Auch Pröhle Unterharz 99<br />

f. wäre hier zu beachten.


Handwörterbuch <strong>de</strong>s <strong>de</strong>utschen Aberglaubens<br />

27.738 <strong>Schlachtenbaum</strong><br />

HWA Bd. 9N, 209<br />

b) Lin<strong>de</strong>. Drei Bäume konkurrieren um die Geltung<br />

als Sch. Von ihnen dürfen wohl zwei als Lokalformen<br />

ausschei<strong>de</strong>n; <strong>de</strong>r Birnbaum gehört anscheinend<br />

<strong>de</strong>m Rheinland zu (ein oberpfälzischer und<br />

ostschlesischer Beleg erscheinen völlig isoliert); <strong>de</strong>r<br />

Holun<strong>de</strong>r ist Dänemark, Schleswig-Holstein (als<br />

Zentrum) und Nie<strong>de</strong>rsachsen vorbehalten; auch hier<br />

darf man je einen Tiroler und schwäbischen Beleg als<br />

isoliert bezeichnen. Dagegen erscheint die Lin<strong>de</strong> in<br />

gleichmäßiger Verteilung über das ganze <strong>de</strong>utsche<br />

Sprachgebiet verstreut. Lehrreich ist fernerhin, daß sie<br />

in Sü<strong>de</strong>rheiste<strong>de</strong> mit <strong>de</strong>m Holun<strong>de</strong>r konkurriert; einer<br />

von bei<strong>de</strong>n muß also <strong>de</strong>r ursprüngliche Sch., <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re<br />

<strong>de</strong>r Emporkömmling sein. Die Ten<strong>de</strong>nz, eine<br />

nicht beliebte Form zu verdrängen, wer<strong>de</strong>n wir aber<br />

durchweg bei <strong>de</strong>r Lokalform suchen müssen; das<br />

spräche dafür, daß hier die Lin<strong>de</strong> ursprünglich <strong>de</strong>r<br />

Sch. gewesen ist, und daß <strong>de</strong>r Holun<strong>de</strong>r sie verdrängt,<br />

für sie eintritt. Dazu ist ferner anzumerken, daß Neocorus<br />

bereits die Lin<strong>de</strong> von Sü<strong>de</strong>rheiste<strong>de</strong> erwähnt,<br />

sie also auch durch ein historisches Zeugnis als <strong>de</strong>r<br />

ursprüngliche Sch. für Sü<strong>de</strong>rheiste<strong>de</strong> erwiesen wird.<br />

Ebenso scheint bei Camenz die Eiche eine Lin<strong>de</strong> verdrängt<br />

zu haben vgl. 69). Auch für die Eisersdorfer<br />

Lin<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Grafschaft Glatz besitzen wir einen Beleg<br />

über ihre Eigenschaft als Sch. vom Anfang <strong>de</strong>s 17.<br />

Jh.s. Wir haben <strong>de</strong>rartige Zeugnisse für keinen an<strong>de</strong>rn


Handwörterbuch <strong>de</strong>s <strong>de</strong>utschen Aberglaubens<br />

27.739 <strong>Schlachtenbaum</strong><br />

HWA Bd. 9N, 209<br />

Baum. Aus diesen Erwägungen geographischer und<br />

historischer Art wer<strong>de</strong>n wir also schließen dürfen, daß<br />

die auch sonst am häufigsten bezeugte Lin<strong>de</strong> <strong>de</strong>r ursprüngliche<br />

Sch. gewesen ist, und daß erst im Verlauf<br />

<strong>de</strong>r Zeit an<strong>de</strong>re Bäume an ihre Stelle traten.<br />

Dieser Annahme kommt endlich zugut, daß gera<strong>de</strong><br />

die Lin<strong>de</strong> Baum <strong>de</strong>r Sibylle und <strong>de</strong>r Bilweisen ist, wie<br />

Eisersdorf-Glatz und Vohenstrauß uns lehren. Der<br />

Schluß, daß <strong>de</strong>r Sch. ursprünglich eine Lin<strong>de</strong> war,<br />

und unser voriger, daß er einem weissagen<strong>de</strong>n elbischen<br />

Wesen eignete, vermögen damit einan<strong>de</strong>r zu<br />

stützen.<br />

7. Ursprünglicher Typus <strong>de</strong>r Sage. Eine Analyse<br />

<strong>de</strong>r Belege nach <strong>de</strong>r eben geübten Metho<strong>de</strong> ergibt folgen<strong>de</strong>n<br />

Urtypus: an einer, durch Alter, Größe101),<br />

Gestalt102) auffälligen Lin<strong>de</strong>, die bereits verdorrt war<br />

und wie<strong>de</strong>r ausschlug103) o<strong>de</strong>r ausschlagen wird vgl.<br />

27), schon halb abgestorben ist vgl. 61), sitzt die<br />

Weissagerin104) und prophezeit, daß an ihm eine<br />

Schlacht stattfin<strong>de</strong>. In dieser Weissagung spielt auch<br />

eine Brücke eine Rolle105). Die Schlacht wird so heftig<br />

sein, daß die Kämpfer im Blut waten wer<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r<br />

dieses <strong>de</strong>n Rossen bis zum Bauch geht106).<br />

An Einzelnem ist zu bemerken, daß die Weissagung<br />

zuweilen ein Zeichen durch Vögel setzt, darin<br />

aber landschaftlich schwankt. Die Glatzer Bilweise<br />

sagt, daß ein Schwarm Kraniche erscheinen wer<strong>de</strong>


Handwörterbuch <strong>de</strong>s <strong>de</strong>utschen Aberglaubens<br />

27.740 <strong>Schlachtenbaum</strong><br />

HWA Bd. 9N, 210<br />

vgl. 64), ein Zeichen, das Fischart in seinem Gargantua<br />

auch kennt107), die Weissagung von Sü<strong>de</strong>rheiste<strong>de</strong><br />

will, daß eine Elster fünf weiße Junge im Baum erbrüten<br />

wer<strong>de</strong> vgl. 27). Man möchte dies eindrucksvolle<br />

Bild für ursprünglicher halten, wenn es nicht im<br />

friesischen Raum, wo es gebraucht wird, auch im<br />

Mun<strong>de</strong> älterer Volksweissager vgl. 104) und, losgelöst<br />

von <strong>de</strong>r Sch.-Sage, dort108) wie im Dänischen109)<br />

erschiene. Die Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>r Brücke in<br />

<strong>de</strong>n Schlachtweissagungen vermag ich nicht zu klären;<br />

sollte wirklich ein Nachklang <strong>de</strong>s Muspilli- und<br />

Ragnarökr-Kampfes vorliegen? Das Bild muß alt<br />

sein. Es sprach ursprünglich, wie die Verbreitung<br />

lehrt, von einer richtigen Brücke. Aber bereits <strong>de</strong>r<br />

schlesische Beleg um 1600 setzt dafür »Brücke« =<br />

feste Straße110). Daß die Kämpfer im Blut waten<br />

wer<strong>de</strong>n usw., gibt für die Herkunftfrage nichts aus; es<br />

ist ein auch in Schlachtsagen häufiger Zug, <strong>de</strong>r nur<br />

die Schwere <strong>de</strong>s Kampfes beschreibt und letztlich auf<br />

Henoch 100, 3 zurückgeht.<br />

101) Sü<strong>de</strong>rheiste<strong>de</strong>, Eisersdorf u. Glatz, kalte Baum,<br />

Camenz. 102) Sü<strong>de</strong>rheiste<strong>de</strong>, kalte Baum; Aggerschau.<br />

103) Eisersdorf u. Glatz; man kann <strong>de</strong>n Zug auch für <strong>de</strong>n kalten<br />

Baum annehmen, obwohl es dort nur heißt, die Sybille<br />

habe von ihm gesagt ...; vgl. auch Camenz.<br />

104) Upstaelsbom: ZfdA. 3, 457 = Menzel Odin 345 u.<br />

Lübbing Friesen 81 f. (: weißer Adler und weiße<br />

Junge); Weissagung Jarfkes van <strong>de</strong>r Muy<strong>de</strong>n; besser die Weis-


Handwörterbuch <strong>de</strong>s <strong>de</strong>utschen Aberglaubens<br />

27.741 <strong>Schlachtenbaum</strong><br />

HWA Bd. 9N, 210<br />

sagung <strong>de</strong>r Hertje (: Baum bei Niekarken, vgl. oben, schwarzer<br />

Vogel u. weiße Junge:) Lübbing Friesen 105; Müllenhoff-Mensing<br />

267. Das kommt in allem mit <strong>de</strong>s<br />

Neocorus Schl.-Weissagung von Sü<strong>de</strong>rheiste<strong>de</strong> überein. Vgl.<br />

Axel Olrik Ragnarök 1922, 28 f. 105) Rheinland, Köln,<br />

Ra<strong>de</strong>rtal, Eisersdorf u. Glatz, Sü<strong>de</strong>rheiste<strong>de</strong>, Camenz (Nortorf:<br />

Müllenhoff-Mensing 396 f.), Vol<strong>de</strong>rer Brücke, Innbrücke:<br />

Henne am Rhyn Nr. 1001; Vohenstrauß:<br />

Menzel Odin 345 f. Vielleicht (Peuckert Schlesien<br />

268) auch Koischwitzer See. 106) (Thumsee), Ulfiswiese,<br />

(Waldmünchen), Emmenfeld (Straßburg), Köln, Ra<strong>de</strong>rtal, Nortorf,<br />

Nohra, kalte Baum, Blanitz usw.; vgl. auch Nöth<br />

Weltanfang u. Welten<strong>de</strong> 54 f. 107) Grimm DM. 1835,<br />

540. 108) K. ter Laan Prophecye van Jaarfke 1913 an<br />

vielen Stellen. 109) Olrik Ragnarök 25 (Nordjütland).<br />

110) Eisersdorf-Glatz; Kühnau Sagen Nr. 1933.<br />

8. Dürrer Baum. Die eben gewonnen Ergebnisse<br />

gestatten einen nächsten Schritt. Die Sage vom<br />

»dürren Baum« (s.d.) wur<strong>de</strong> bereits als Son<strong>de</strong>rform<br />

<strong>de</strong>r Sch.-Sage und -Weissagung angesprochen. Dieser<br />

d.B., vor allem <strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Walserfel<strong>de</strong>s, wird als ein<br />

alter mächtiger Birnbaum beschrieben, <strong>de</strong>r dort zum<br />

An- und Vorge<strong>de</strong>nken einer Schlacht steht. Er war<br />

dürr und ist wie<strong>de</strong>r ausgegrünt. An ihm wird die Zukunftsschlacht<br />

stattfin<strong>de</strong>n. Das Blut wird bis zu <strong>de</strong>n<br />

Schenkeln stehen. Das sind wesentliche Züge <strong>de</strong>r<br />

Sch.-Sage. In diese hineingewachsen sind Züge <strong>de</strong>r sibyllinischen<br />

d. B.-Mythe, und so entstand aus <strong>de</strong>r<br />

Vermischung bei<strong>de</strong>r die Sage vom d. B. auf <strong>de</strong>m Wal-


Handwörterbuch <strong>de</strong>s <strong>de</strong>utschen Aberglaubens<br />

27.742 <strong>Schlachtenbaum</strong><br />

HWA Bd. 9N, 211<br />

serfel<strong>de</strong>111).<br />

Die dauern<strong>de</strong> Einwirkung <strong>de</strong>r sibyllinischen Vorstellungen<br />

in die <strong>de</strong>utsche Welt mag durch einen<br />

Beleg erwiesen wer<strong>de</strong>n: Die abdictio am Kreuz erzählt<br />

nach Adso (s. Antichrist, dürre Baum): Engelbert<br />

von Admont, De orte et fine Rom. imperii. Ihm<br />

folgt in <strong>de</strong>r ersten Hälfte <strong>de</strong>s 16. Jh.s Cario in seinem<br />

Prognosticon, und aus diesem nimmt Fri<strong>de</strong>ricus Staphylus,<br />

Vom letsten vnd grossen Abfall / so vor <strong>de</strong>r<br />

zůkunfft <strong>de</strong>s Antichristi geschehen sol. Ingolstatt<br />

1565, also örtlich wie zeitlich <strong>de</strong>m »Untersbergbüchel«<br />

ganz nahe.<br />

111) Oben 2, 505 ff.<br />

9. a) Birkenbaum-Sch. Die »Schlacht am Birkenbaum«,<br />

wohl die bekannteste Sage von einer eschatologischen<br />

Schlacht, fin<strong>de</strong>t am Birkenbaum bei<br />

Werl statt112). Es soll ein dicker Baum mit einer<br />

mächtigen Krone gewesen sein, <strong>de</strong>r ums Jahr 1814<br />

einging; er stand an <strong>de</strong>r Grenze zwischen <strong>de</strong>m Herzogtum<br />

Westfalen und <strong>de</strong>r Grafschaft Mark113), was<br />

alles ihn als einen Sch. vom oben charakterisierten<br />

Typus erweist. Die umliegen<strong>de</strong> Flur heißt noch »am<br />

Birkenbaum« vgl. 114). Wenn eine Weissagung von<br />

1701 die eschatologische Schlacht »am Birkenwäldchen«<br />

stattfin<strong>de</strong>n läßt114), wenn spätere Sagen <strong>de</strong>n<br />

Feind in <strong>de</strong>r Gegend <strong>de</strong>s Birkenbaumes stehen las-


Handwörterbuch <strong>de</strong>s <strong>de</strong>utschen Aberglaubens<br />

27.743 <strong>Schlachtenbaum</strong><br />

HWA Bd. 9N, 212<br />

sen115), so erweisen sich diese Angaben in ihrer Verblaßtheit<br />

nur noch als Trümmer einer ehemaligen<br />

Sch.-Weissagung. (Mit <strong>de</strong>m Birkenbaum konkurrieren<br />

in <strong>de</strong>r mündlichen Überlieferung zwei Lin<strong>de</strong>n,<br />

zwischen <strong>de</strong>nen ein Wegekreuz steht; da steigt <strong>de</strong>r<br />

Heerführer <strong>de</strong>r unsern vom Pferd, – das möglicherweise<br />

an die Lin<strong>de</strong>n angebun<strong>de</strong>n wur<strong>de</strong>, – betet und<br />

führt von da aus die Schlacht vgl. 116).<br />

b) Birkenbaum-Weissagung. Von <strong>de</strong>r Endschlacht<br />

am Birkenwäldchen (!) hören wir das erstemal in<br />

einem 1701 erschienenen Schriftchen Prophetia <strong>de</strong><br />

terribili lucta Austri et Aquilonis et proelio horrendo<br />

in finibus ducatus Westphaliae prope Budbergam. Ex<br />

libro, cui titulus erat: Coelestis Anonymi reintegrationis<br />

tractatus <strong>de</strong> visionibus illustrati116). Die Prophetia<br />

existiert nur noch in einer Abschrift, nicht mehr im<br />

Druck; die Vorlage wur<strong>de</strong> bisher noch nicht gefun<strong>de</strong>n.<br />

Der Text setzt sich zum größten Teil aus biblischen<br />

Zitaten zusammen, so Abschnitt 1 aus Luc. 21, 26;<br />

Marcus 13, 12; Lucas 21, 10; (Apoc. Joh. 16, 14)<br />

und <strong>de</strong>r 15-Vorzeichen-Legen<strong>de</strong> (s. jüngster Tag).<br />

Der 2. Abschnitt mag ursprünglich auf die Endschlacht<br />

bei Jerusalem (Apoc. Joh. 20, 9) in <strong>de</strong>r Mitte<br />

<strong>de</strong>r Er<strong>de</strong> (Lactantius, div. institutiones VII. 19) bezogen<br />

wor<strong>de</strong>n sein; später erst wur<strong>de</strong> die Schlacht nach<br />

<strong>de</strong>r Mitte Deutschlands verlegt. Die siegen<strong>de</strong>n Völker<br />

<strong>de</strong>s Siebengestirns sind die <strong>de</strong>s Nor<strong>de</strong>ns (septentrio).


Handwörterbuch <strong>de</strong>s <strong>de</strong>utschen Aberglaubens<br />

27.744 <strong>Schlachtenbaum</strong><br />

HWA Bd. 9N, 212<br />

Der Kampf selbst hat sein Vorbild wohl im Kriege<br />

Gogs, <strong>de</strong>r von Nor<strong>de</strong>n gegen Jerusalem zieht (Auster<br />

contra aquilonem <strong>de</strong>r Prophezeiung). Wie weit eine<br />

Prophezeiung von 1670 (s. Endschlacht) von Einfluß<br />

ist, ist nicht ganz <strong>de</strong>utlich.<br />

Es ist nicht schwer, <strong>de</strong>n zeitgeschichtlichen Anlaß<br />

für diese Weissagung zu fin<strong>de</strong>n. Die Deutung hat von<br />

<strong>de</strong>r Gegenüberstellung Auster contra aquilonem auszugehen.<br />

Das konnte 1701 nur be<strong>de</strong>uten die große Allianz<br />

<strong>de</strong>r Seemächte mit Österreich und Preußen<br />

gegen Frankreich, Bayern und Köln. In diesem Kampfe<br />

han<strong>de</strong>lt es sich nicht um Vaterland o<strong>de</strong>r Glauben,<br />

son<strong>de</strong>rn um die Oberherrschaft. (Vgl. dazu die Tiroler<br />

Weissagung: Auf <strong>de</strong>r Langwiese sollen drei große<br />

Schlachten gekämpft wer<strong>de</strong>n, eine für die Religion,<br />

eine für <strong>de</strong>n Kaiser und eine für die Freiheit; zwei<br />

<strong>de</strong>rselben sind schon geschlagen, die dritte steht noch<br />

bevor: ZfVk. 8, 324 f.).<br />

Mitten in Deutschland wer<strong>de</strong>n sie aufeinan<strong>de</strong>r treffen;<br />

am Birkenwäldchen, das ist an <strong>de</strong>r Grenze zwischen<br />

kölnischem und preußischem Gebiet, wird <strong>de</strong>r<br />

Kampf entschie<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n. Bereits Rohr hat die Prophezeiung<br />

aus dieser Situation November 1700 zu<br />

<strong>de</strong>uten versucht117).<br />

Diese Birkenbaum-Prophetie ist gewöhnlich von<br />

einer zweiten begleitet; aber es ist methodisch nicht<br />

gerechtfertigt, Weissagungen, welche »<strong>de</strong>n überein-


Handwörterbuch <strong>de</strong>s <strong>de</strong>utschen Aberglaubens<br />

27.745 <strong>Schlachtenbaum</strong><br />

HWA Bd. 9N, 213<br />

stimmen<strong>de</strong>n Aussagen vieler Landleute <strong>de</strong>r dortigen<br />

Gegend« entstammen, die »<strong>de</strong>rselben Quelle entsprangen«<br />

und »wahrscheinlich aus <strong>de</strong>m Kloster zu<br />

Werl« kommen118), mit diesem Text zusammen zu<br />

werfen, wie es nicht selten geschieht. Je<strong>de</strong>r muß vielmehr<br />

für sich selbst betrachtet und ausgewertet wer<strong>de</strong>n<br />

(s.u.).<br />

Die B.-Prophetie hat eine große Verbreitung gefun<strong>de</strong>n119).<br />

1866120), 1870 bis 1871121), im »Kulturkampf«122),<br />

spielte sie eine Rolle; sie wur<strong>de</strong> dauernd<br />

wie<strong>de</strong>r aufgenommen123); in Frankreich wur<strong>de</strong> sie<br />

einem Pfarrer Souffrant (um 1830 in <strong>de</strong>r Vendée) zugeschrieben<br />

und auf die Bourbonen zugestutzt124);<br />

auch tauchte sie vor 1914 in französischen Zukunftskriegsromanen<br />

auf125). Bei uns blühte sie 1914; sie<br />

wur<strong>de</strong> im Volk erzählt vgl. 126), sollte in Eschweiler126),<br />

im Hohenloheschen bei einem Gemüsehändler127),<br />

im Braunschweiger Museum128), im Hl.<br />

Geistkloster zu Wismar129), in Reims, von wo sie<br />

nach Breslau kam130), aufgefun<strong>de</strong>n wor<strong>de</strong>n sein. An<strong>de</strong>re<br />

verlegten die B.-Schlacht nach Frankreich131);<br />

o<strong>de</strong>r man wollte wissen, daß <strong>de</strong>r Baum 1814 verdorrt<br />

sei, nach hun<strong>de</strong>rt Jahren wie<strong>de</strong>r ausgrüne132). Nur<br />

eine Berliner Hellseherin Frieda Gentes ließ die<br />

B.-Schlacht 1914 schon geschehen sein133). Umformungen,<br />

Einschübe und <strong>de</strong>rgl. sind an <strong>de</strong>n neueren<br />

Texten zu beobachten134). S. Weltkriegs-Weissa-


Handwörterbuch <strong>de</strong>s <strong>de</strong>utschen Aberglaubens<br />

27.746 <strong>Schlachtenbaum</strong><br />

HWA Bd. 9N, 214<br />

gung.<br />

Bei <strong>de</strong>r Beurteilung <strong>de</strong>r Weissagung ist streng darauf<br />

zu achten, – was bisher durchweg unterlassen<br />

wor<strong>de</strong>n ist, – daß wir ein literarisches Erzeugnis vor<br />

uns haben, <strong>de</strong>m irgendwelche, ebenfalls literarische,<br />

Prophetien zugrun<strong>de</strong> liegen. Volksüberlieferungen liegen<br />

in ihr in recht beschei<strong>de</strong>nem Maß verborgen, wie<br />

schon die Umformung von »Birkenbaum« zu »Birkenwäldchen«<br />

zeigt. Doch lassen die vorhin erwähnten<br />

Umstän<strong>de</strong> darauf schliessen, daß sie an eine<br />

Volksüberlieferung von einem Sch. anschließt. Die<br />

»übereinstimmen<strong>de</strong>n Aussagen <strong>de</strong>r Landleute«, die<br />

»wahrscheinlich aus <strong>de</strong>m Kloster zu Werl kommen«,<br />

und die <strong>de</strong>n Verdacht erweckten, daß literarische Einflüsse<br />

statthaben (s. Weiße Fürst), sind weiter als Reflex<br />

jener Weissagung aus <strong>de</strong>m Volke zu werten, aber<br />

enthalten darüber hinaus noch etwas <strong>de</strong>s alten volksläufigen<br />

Gutes. Ich zeigte § 9 a, daß wir in ihnen<br />

einen Nachklang aufzuspüren vermögen, <strong>de</strong>r mehr als<br />

jene Prophetia vom Sch. weiß. Freilich ist das Motiv,<br />

verdrängt durch das Gewicht <strong>de</strong>r literarischen Prophetia,<br />

nun an <strong>de</strong>n Rand geraten. Nicht, daß die mündlichen<br />

Überlieferungen aus gleicher Quelle wie die Prophetia<br />

kommen, son<strong>de</strong>rn daß sie die Vermutung gestatten,<br />

hier habe wirklich vor jener eine Sch.-Sage<br />

bestan<strong>de</strong>n, von welcher die Prophetia überhaupt<br />

nichts weiß, macht sie an dieser Stelle wichtig.


H a n d w ö r t e r b u c h d e s d e u t s c h e n A b e r g l a u b e n s<br />

27.747 <strong>Schlachtenbaum</strong><br />

HWA Bd. 9N, 214<br />

c) In jüngeren Aufzeichnungen spielt <strong>de</strong>r Birkenbaum<br />

als Sch. keine Rolle mehr; allein <strong>de</strong>r Ortsname<br />

lebt fort135). Dafür ist Beykirchs Redaktion, jene<br />

»wahrscheinlich aus <strong>de</strong>m Kloster Werl« kommen<strong>de</strong><br />

Fassung <strong>de</strong>r Weissagung, für <strong>de</strong>ren frem<strong>de</strong> Züge (s.<br />

Weiße Fürst) er wohl verantwortlich ist, zu literarischer<br />

Berühmtheit, weit über die Grenzen <strong>de</strong>s Reiches<br />

hinaus gewachsen, wie unser Überblick vorhin erwies136).<br />

112) Kuhn Westfalen 1, 205 ff.; Zaunert Westfalen<br />

240 a.; Peter Sömer Hageröschen aus d. Herzogtum<br />

Westfalen 1892, 57 ff.; Sartori Westfalen 53. 67;<br />

ZfEthn. 33, 83; Ztschr. f. Kulturgesch. IV. F. 4(1897), 280 ff.;<br />

Schwebel Tod u. ewiges Leben 368 ff.; Sepp Sagen<br />

630; ZfVk. 27, 174; Nie<strong>de</strong>r<strong>de</strong>utsche Welt 1933, Dezemberheft;<br />

Friedr. Zurbonsen Die Sage von <strong>de</strong>r Völkerschlacht<br />

<strong>de</strong>r Zukunft »am Birkenbaume« 1897, 16 f.; Stephan<br />

Steinlein Über die Herkunft <strong>de</strong>r Sage und Prophezeiung<br />

von <strong>de</strong>r letzten Weltschlacht am Birkenbaum in Westfalen<br />

1915; F. Rohr Die Prophezeiung von <strong>de</strong>r Entscheidungsschlacht<br />

<strong>de</strong>s Europäischen Krieges am Birkenbaum 1917;<br />

Grabinski Neuere Mystik 219 ff.; Joh. Illig Historische<br />

Prophezeiungen (1922), 35 f. 37 ff. Weitere Literatur bei<br />

Zaunert und Zurbonsen. 113) Zaunert Westfalen<br />

240 f.; ZfrwVk. 16, 47 f. 114) S. auch ZfrwVk. 29 (1932),<br />

65; Zaunert 241; vgl. u. 115) Zaunert Westfalen<br />

242. 116) Zurbonsen 22. 117) Rohr 26 f.; Ders.<br />

Die Geschicke Deutschlands, seiner Verbün<strong>de</strong>ten u. seiner<br />

Fein<strong>de</strong> im Lichte alter Prophezeiungen 1918. 118) Zaunert<br />

Westfalen 242; Zurbonsen 23 nach Th. Bey-


Handwörterbuch <strong>de</strong>s <strong>de</strong>utschen Aberglaubens<br />

27.748 <strong>Schlachtenbaum</strong><br />

HWA Bd. 9N, 215<br />

kirch Prophetenstimmen. Bei<strong>de</strong> Texte auf 1701 setzt<br />

Rohr Entscheidungsschlacht 8. 119) Zurbonsen Die<br />

Prophezeiungen zum Weltkrieg 1914/15. 1915; Zentralbl. f.<br />

Okkultismus 6, 283. 459; 8, 163. 254. 120) Ztschr. f. Kulturgesch.<br />

IV. 4, 289; Steinlein 33. 121) Straßburger Weissagung:<br />

K. ter Laan Prophecye van Jaarfke 1931, 83 f.<br />

122) Jos. Winckler Pumpernickel 1926, 354.<br />

123) Ebd. 461; Frenzel-Karg-Spamer Sächs.<br />

Volkskun<strong>de</strong> 1 (1932), 286. 124) Zentralbl. f. Okkultismus 7,<br />

610. 125) Ebd. 6, 39 ff. (: <strong>de</strong> Civrieux La fin <strong>de</strong> l'Empire<br />

allemand. La bataille du Champ <strong>de</strong>s Bouleaux 1912; übersetzt<br />

1912, Ol<strong>de</strong>nburg); 6, 461 (Langlois La Belgique<br />

et la Hollan<strong>de</strong> <strong>de</strong>vant le Pangermanisme); K. ter Laan<br />

Prophecye van Jaarfke Groningen 1931, 84.<br />

126) »Seherblicke von Eschweiler« (Nöth Weltanfang u.<br />

Welten<strong>de</strong> 54); Zurbonsen Prophezeiungen 51 ff. (Fels<br />

10, 418); Grabinski Neuere Mystik 219 ff.; Illig<br />

Hist. Prophezeiungen 25 f. 37. 127) Zentralbl. f. Okkultismus<br />

8, 543. 637 f. 128) Illig 37. 129) Ebd. 38 f.<br />

130) Oberschlesische Heimat 11 (1915), 183 f.<br />

131) Zurbonsen Prophezeiungen 31 f.; (Der Fels 10,<br />

416). 132) Zurbonsen Prophezeiungen 50 (Der Fels<br />

10, 418). 133) Friedr. Kämpfer Günstige Kriegsprophezeiungen<br />

von Frieda Gentes. Berlin 1914, 11 f.<br />

134) Seherblicke von Eschweiler (Nöth Weltanfang u.<br />

Weltwen<strong>de</strong> 54); ZfrwVk. 15, 132 f.; vgl. MsäVk. 7, 252 f. 282<br />

ff. 135) Zaunert Westfalen 243 f. 136) Nachweise<br />

120–133.<br />

10. Verblassen <strong>de</strong>r Anschauung. Wie diese so<br />

scheinen überhaupt die einzelnen Züge, ja <strong>de</strong>r Begriff<br />

Sch. selbst zu verblassen, – ein Vorgang, <strong>de</strong>r ja schon


Handwörterbuch <strong>de</strong>s <strong>de</strong>utschen Aberglaubens<br />

27.749 <strong>Schlachtenbaum</strong><br />

HWA Bd. 9N, 215<br />

(vgl. Weiße Fürst) vor längerer Zeit begann. In Schlesien<br />

etwa sind die meisten Sch.e vergessen; <strong>de</strong>r Kolbnitzer<br />

ist auch <strong>de</strong>n älteren Sagenträgern <strong>de</strong>r Gegend<br />

unbekannt, nur <strong>de</strong>r Camenzer lebt noch fort.<br />

Peuckert.

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