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12.2012 | 11.80 EUR<br />
www.personalmagazin.<strong>de</strong><br />
Material-Nr. ISBN 364800006-3 04062-5146<br />
1 201 2<br />
9 7 8 3648 00006 9<br />
Sicher im Ausland<br />
Wie Sie Entsendungen richtig vorbereiten und Risiken begegnen S. 12<br />
Spezial<br />
Wie Rechtsberater<br />
ihr Profil<br />
schärfen<br />
S. 54<br />
Werbung Was die umstrittene<br />
Personalmarketing-Kampagne<br />
<strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>swehr uns lehrt S. 28<br />
Berechnung Wie Sie <strong>de</strong>n wirtschaftlichen<br />
Nutzen Ihres Gesundheitsmanagements<br />
ermitteln S. 42<br />
entscheidung Wann Sie beim<br />
Personalabbau zuerst Leiharbeitern<br />
kündigen müssen S. 72
Erfolgreich bleibt,<br />
wer effizient arbeitet.<br />
Darum setze ich bei<br />
<strong>de</strong>r Lohnabrechnung<br />
auf DATEV.<br />
Bei <strong>de</strong>r Lohnabrechnung spielen Effizienz und Zuverlässigkeit<br />
eine wichtige Rolle. Gut, dass DATEV-Lösungen<br />
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www.datev.<strong>de</strong>/lohnabrechnung
Editorial<br />
3<br />
Liebe Leserinnen und Leser,<br />
New York ist nicht Nairobi, Sanaa o<strong>de</strong>r Kuala Lumpur. New York ist<br />
<strong>de</strong>r Traum fast eines je<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>r auf einen Auslandseinsatz im Auftrag<br />
seines Arbeitgebers hofft. Darum gehören ins Reisegepäck auch gute<br />
Wünsche, Tipps zu Sehenswürdigkeiten und Gepflogenheiten sowie<br />
Empfehlungen, wo sich gut trinken, essen, feiern lässt. Dass auch<br />
an einem solchen Ort das Unheil seinen Lauf nehmen kann, hat <strong>de</strong>r<br />
Wirbelsturm „Sandy“ <strong>de</strong>r Welt<br />
vor Augen geführt. Ein Weckruf<br />
– nicht nur für <strong>de</strong>n Weltenbummler.<br />
Auch Arbeitgeber haben eine<br />
Fürsorgepflicht, die an <strong>de</strong>n<br />
Lan<strong>de</strong>sgrenzen nicht Halt<br />
macht. Je<strong>de</strong> Entsendung – und<br />
nicht nur die in Krisenregionen<br />
– bedarf beson<strong>de</strong>rer Aufmerksamkeit<br />
und Vorbereitung<br />
Randolf Jessl, Chefredakteur<br />
durch <strong>de</strong>n Arbeitgeber. Risiken<br />
müssen ermittelt und bewertet,<br />
Versicherungen abgeschlossen,<br />
Untersuchungen und Impfungen durchgeführt, Verhaltensweisen<br />
eingeübt wer<strong>de</strong>n. Doch geschieht das auch? Zweifel daran sind angebracht.<br />
Sie haben uns bewogen, <strong>de</strong>m Thema eine ganze Titelstrecke<br />
zu widmen. Denn Fehler und Versäumnisse rächen sich hier fürchterlich.<br />
Die strafrechtliche Verfolgung von Unterlassungen, wie sie<br />
die EU-Bürokratie erwägt, sind dabei nur die Spitze <strong>de</strong>s Eisbergs. Die<br />
Gefahr für Leib und Leben <strong>de</strong>r Entsandten, <strong>de</strong>r Reputationsscha<strong>de</strong>n<br />
in <strong>de</strong>r eigenen Belegschaft und, schlimmstenfalls, <strong>de</strong>r Öffentlichkeit<br />
wiegen min<strong>de</strong>stens so schwer. Kümmern Sie sich also! Ihre Mitarbeiter<br />
wer<strong>de</strong>n es Ihnen mit mehr als einer Postkarte und einem Toast auf<br />
Ihre Personalabteilung danken. Und das Unternehmen wird fit für die<br />
Internationalisierung auf einem Feld, das allzu häufig übersehen wird.<br />
„Machen<br />
Sie Ihr<br />
Unternehmen<br />
fit für die<br />
Internationalisierung<br />
– auf einem Feld, das<br />
oft übersehen wird.“<br />
Ihr<br />
12 / 12 personalmagazin
4 Inhalt_Dezember 2012<br />
Sicher im Ausland<br />
Wenn Hilfe nötig wird, sollten all Ihre<br />
Expatriates richtig abgesichert sein.<br />
© shutterstock.com / Monkey Business Images<br />
12<br />
32<br />
SZENE<br />
MANAGEMENt ORGANiSAtiON<br />
06 News und Events<br />
10 Personalarbeit auf Griechisch<br />
Anerkennung statt Personalabbau<br />
ist trotz <strong>de</strong>r Krise das Ziel in Athen<br />
TiteltHEMA<br />
12 Sicher im Ausland<br />
Warum es für sichere Entsendungen<br />
mehr braucht als Richtlinien<br />
16 Fürsorgepflicht ist grenzenlos<br />
Überblick verschaffen: Die nötigen<br />
Versorgungspläne für Expatriates<br />
20 „Arbeitgeber muss Risiko prüfen“<br />
Fachanwältin Barbara Reinhard<br />
zeigt die Arbeitgeberpflichten auf<br />
22 Sechs Schritte zur Vorbereitung<br />
Was Unternehmen im Vorfeld von<br />
Entsendungen be<strong>de</strong>nken müssen<br />
24 Sinne schärfen, Ruhe bewahren<br />
Ein Sicherheitstraining bereitet die<br />
Mitarbeiter auf <strong>de</strong>n Ernstfall vor<br />
26 News<br />
27 Dienstleistungsmarkt<br />
28 Werber in Uniform<br />
Was sich vom Personalmarketing<br />
<strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>swehr lernen lässt – ohne<br />
<strong>de</strong>ren Fehler zu wie<strong>de</strong>rholen<br />
32 Attraktiv in China<br />
Studie: Welche Arbeitgeber in China<br />
beliebt sind und was chinesische<br />
Absolventen von ihnen erwarten<br />
36 Macht eure Hausaufgaben!<br />
Für ein gutes Talentmanagement<br />
müssen Personaler <strong>de</strong>n Führungskräften<br />
beratend zur Seite stehen<br />
40 News<br />
41 Softwaremarkt<br />
42 „Kölsche Formel“ für Gesundheit<br />
Den Nutzen <strong>de</strong>s betrieblichen<br />
Gesundheitsmanagements berechnen:<br />
Das schafft Experte Heinz<br />
Kowalski auf einem Bier<strong>de</strong>ckel<br />
48 Eine risikoreiche Zukunft<br />
Der aktuelle Personal-Risiko-In<strong>de</strong>x<br />
zeigt, dass sich die Personalrisiken<br />
künftig verschärfen wer<strong>de</strong>n<br />
51 Zeit für Arbeit, Zeit für Pflege<br />
Wie die EADS-Gruppe die Familienpflegezeit<br />
erfolgreich in die Praxis<br />
umgesetzt hat<br />
personalmagazin 12 / 12
5<br />
© Fotolia.com / Antony McAulay<br />
© Fotolia.com / volksgrafik<br />
Attraktiv in China<br />
Was sich chinesische<br />
Absolventen von ihrem<br />
Wunschbetrieb erhoffen.<br />
70<br />
„Twittern Sie mal!“<br />
Getwittert ist schnell. Doch vorher gilt<br />
es, diese Kommunikationsform auch<br />
verbindlich arbeitsrechtlich zu regeln.<br />
spezial RECHt PersönliCH<br />
54 Das etwas an<strong>de</strong>re Geschäft<br />
Trends und aktuelle Entwicklungen<br />
auf <strong>de</strong>m Markt <strong>de</strong>r arbeitsrechtlichen<br />
Beratung<br />
57 „HR-Geschäft verdoppeln“<br />
Zukunftsaussichten: Warum KPMG<br />
die HR-Managementberatung Dr.<br />
Geke & Associates übernommen hat<br />
58 Raus aus <strong>de</strong>r Gleichförmigkeit<br />
Ein Beispiel veranschaulicht, wie<br />
Kanzleien ihre Arbeitgebermarke<br />
schärfen und sich stärker gegenüber<br />
Wettbewerbern abgrenzen können<br />
62 News<br />
64 Aktuelles aus <strong>de</strong>r Rechtsprechung<br />
66 Der Einmarsch <strong>de</strong>r Mediatoren<br />
Ein neues Gesetz soll die gerichtsnahe<br />
Mediation stärken<br />
67 Der mediationserfahrene Richter<br />
Jochen Appricht zeigt die Vorteile<br />
dieser Konfliktlösungsmetho<strong>de</strong> auf<br />
68 Wie praxisrelevant das Verfahren<br />
tatsächlich ist, beurteilen Experten<br />
70 „Twittern Sie mal or<strong>de</strong>ntlich!“<br />
Wer die Mitarbeiter für das Unternehmen<br />
„zwitschern“ lässt, sollte<br />
dies arbeitsrechtlich regeln<br />
72 Wann ist ein Arbeitsplatz frei?<br />
Der aktuelle Stand zur Streitfrage,<br />
ob Arbeitgeber Leiharbeitnehmern<br />
zuerst kündigen müssen<br />
75 Arbeitsrechtliche Weihnachten<br />
Wer eine Betriebsfeier plant, sollte<br />
auch die Arbeitsrechtler genügend<br />
zu Wort kommen lassen<br />
76 News und Weiterbildung<br />
Vergütungs-Check: Das verdient ein<br />
Syndikus<br />
78 Generalist o<strong>de</strong>r Spezialist?<br />
Die Laufbahnplanung im Personalbereich<br />
hat sich geän<strong>de</strong>rt. Der<br />
Wechsel zwischen <strong>de</strong>n Rollen ist<br />
nun leichter möglich<br />
80 Buchtipps<br />
82 Ganz persönlich<br />
Der Personalvorstand von<br />
McDonald‘s Deutschland, Wolfgang<br />
Goebel, beantwortet <strong>de</strong>n Fragebogen<br />
03 Editorial<br />
RUBRiken<br />
81 Impressum, Rückblick<br />
82 Vorschau<br />
12 / 12 personalmagazin
6 Szene_News<br />
Stellenwechsel<br />
Matthias Meifert<br />
Ein herber Verlust für Kienbaum: Der langjährige Manager Dr. Matthias Meifert hat das<br />
Unternehmen verlassen. Gemeinsam mit Dr. Philipp Hölzle, einem ebenfalls leiten<strong>de</strong>n<br />
Berater <strong>de</strong>s Gummersbacher Hauses, hat er HRpepper, ein auf Fragen <strong>de</strong>s Personalmanagements<br />
spezialisiertes Beratungsunternehmen in Berlin, gegrün<strong>de</strong>t. HRpepper<br />
soll <strong>de</strong>n Bedarf an einer aka<strong>de</strong>misch fundierten und doch pragmatischen Beratung von<br />
Topmanagern, oberen Führungskräften sowie Personalmanagern <strong>de</strong>cken. Ihre Arbeit, so<br />
die Grün<strong>de</strong>r, ziele darauf, die Performance von Organisationen nachhaltig zu steigern.<br />
Zum Aufsichtsratsvorsitzen<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r HRpepper GmbH & Co. KGaA wur<strong>de</strong> Rüdiger Kabst<br />
bestellt. Der Gießener BWL-Professor gehört zu <strong>de</strong>n forschungsstärksten seiner Zunft,<br />
wird vom Personalmagazin zu <strong>de</strong>n 40 führen<strong>de</strong>n Köpfen <strong>de</strong>r Personalszene gezählt und<br />
gibt das Wissenschaftsjournal „Personal Quarterly“ heraus.<br />
© b.com Computer AG<br />
Claudio Bufalino<br />
Die b.com Computer AG hat ihrer Personalarbeit mehr Gewicht gegeben, in<strong>de</strong>m sie das Personalwesen<br />
aus <strong>de</strong>m Zusammenschluss Finanzwesen/Personal ausglie<strong>de</strong>rte und nun als eigene<br />
Abteilung führt. Diese wird seit <strong>de</strong>m 1. Oktober geleitet von Claudio Bufalino. Bufalino studierte<br />
Rechtswissenschaften und fügte nach <strong>de</strong>m Referendariat ein Master-Studium Informationsrecht<br />
an. Für b.com ist er seit zehn Jahren als Syndikus tätig. Ein Schwerpunkt seiner Tätigkeit ist<br />
Arbeitsrecht, er hat sich zu<strong>de</strong>m im Personalmanagement weitergebil<strong>de</strong>t. Das 1996 gegrün<strong>de</strong>te<br />
IT-Distributionsunternehmen zählt mittlerweile rund 140 Mitarbeiter an vier Standorten.<br />
Claudia Güsken<br />
Am 1. Dezember tritt Claudia Güsken ihre neue „Anstellung“ als Vorstandsmitglied von Dataport<br />
an. Sie ist künftig für die Bereiche Personal, Finanzen und Einkauf zuständig. Damit wird<br />
<strong>de</strong>r Vorstand von bisher zwei (Dr. Johann Bizer – Lösungen, Andreas Reichel – Technik) auf drei<br />
Mitglie<strong>de</strong>r erhöht. Güsken kommt von Lufthansa Cityline, wo sie als Personalleiterin tätig war.<br />
Auf früheren beruflichen Stationen arbeitete sie als Führungskraft im Rechnungswesen und <strong>de</strong>r<br />
Finanzbuchhaltung. Bei Dataport wird sie für rund 1.700 Mitarbeiter verantwortlich sein.<br />
© dataport<br />
Cornelia Braun<br />
Das BMW-Werk Dingolfing hat eine neue Personalleiterin. Cornelia<br />
Braun trat im September die Nachfolge von Werner Möhrlein an,<br />
<strong>de</strong>r in <strong>de</strong>n Ruhestand ging. Vor ihrem Wechsel war sie Personalleiterin<br />
bei Voith Turbo.<br />
Michael HeinSSen<br />
Neuer Bereichsleiter Personalmanagement <strong>de</strong>r Messe Frankfurt ist<br />
seit Oktober Michael Heinßen. Er verantwortet damit das operative<br />
Personalmanagement sowie die Organisationsentwicklung.<br />
Dieter Krechel<br />
Seit <strong>de</strong>m 1. Oktober leitet Dieter Krechel als Head of Human<br />
Resources das Personalwesen bei Webasto Thermo & Comfort in<br />
Neubran<strong>de</strong>nburg. Zuvor war er als Fachbereichsleiter SAP/HCM bei<br />
<strong>de</strong>r MT AG tätig. Beim Automobilzulieferer folgte er auf Heinz Kort,<br />
<strong>de</strong>r in <strong>de</strong>n Ruhestand ging.<br />
Erwin Alexan<strong>de</strong>r Pogacnik<br />
Seit <strong>de</strong>m 1. Oktober leitet <strong>de</strong>r Volljurist <strong>de</strong>n Zentralbereich Personal<br />
bei <strong>de</strong>r Messe München. Pogacnik kommt von Roche Diagnostics,<br />
wo er als Personalleiter und globaler HR-Verantwortlicher fungierte.<br />
Sabine Ted<strong>de</strong>n<br />
Der Hersteller von Arznei- und Nahrungsergänzungsmitteln, Aenova,<br />
hat vor Kurzem Sabine Ted<strong>de</strong>n mit <strong>de</strong>r Leitung <strong>de</strong>s HR-Bereichs<br />
betraut. Zuvor war die Diplom-Kauffrau Personalleiterin bei Exact<br />
Software Deutschland und als HR-Director bei E.on Energy Trading.<br />
+++ Aktuelle Personalien +++ täglich unter www.haufe.<strong>de</strong>/personal +++ Rubrik „Personalszene“<br />
Bei Fragen wen<strong>de</strong>n Sie sich bitte an daniela.furkel@personalmagazin.<strong>de</strong><br />
personalmagazin 12 / 12
7<br />
„Durch die Branchenzuschlagstarife<br />
ergeben sich für<br />
uns neue Perspektiven – und<br />
endlich eine Befriedung <strong>de</strong>r<br />
Branche. Zu<strong>de</strong>m wird Zeitarbeit<br />
attraktiver für Bewerber.“<br />
Werner Stolz, Hauptgeschäftsführer <strong>de</strong>s iGZ, auf <strong>de</strong>r<br />
Zukunft Personal<br />
„In HR müssen wir vertrauter mit Zahlen wer<strong>de</strong>n.<br />
Wir brauchen Leute, die Daten analysieren können.“<br />
Thomas Otter, Vice Presi<strong>de</strong>nt Research bei Garter, auf <strong>de</strong>r Fachmesse HR Tech Europe 2012<br />
Drei Fragen an ...<br />
Jean-Pascal Arnaud ist Geschäftsführer<br />
<strong>de</strong>s ECHR European Club for<br />
Human Resources (www.europeanclubhr.eu),<br />
<strong>de</strong>r die europaweite Vernetzung<br />
von Personalleitern multinationaler<br />
Unternehmen för<strong>de</strong>rt. Mitglie<strong>de</strong>r sind<br />
unter an<strong>de</strong>rem Danone, Air Liqui<strong>de</strong>,<br />
AON Hewitt, Schnei<strong>de</strong>r und Rexel.<br />
Networking auf internationaler Ebene<br />
Frage eins: Woher kommen die Inhalte,<br />
mit <strong>de</strong>nen sich <strong>de</strong>r ECHR befasst?<br />
Jean-Pascal Arnaud: Abgesehen von<br />
Fragestellungen, die aus unseren<br />
Mitgliedsfirmen und aus <strong>de</strong>r Europäischen<br />
Kommission kommen,<br />
ergeben sich Themen oft aus <strong>de</strong>m<br />
„European HR-Barometer“. Diese<br />
jährliche Studie soll dazu beitragen,<br />
die kritischen Faktoren für das HR-<br />
Management in Europa besser zu verstehen.<br />
Die Ergebnisse stellen wir in<br />
<strong>de</strong>n Mittelpunkt von Workshops o<strong>de</strong>r<br />
eines Roundtables. Wir arbeiten häufig<br />
an sehr spezifischen internationalen<br />
Fragestellungen und behan<strong>de</strong>ln<br />
Themen meist schon, bevor sie in <strong>de</strong>r<br />
Praxis ankommen.<br />
Frage zwei: Welche Themen sind das?<br />
Arnaud: Ein gutes Beispiel ist unsere<br />
jüngste Konferenz in Athen. Unser<br />
griechisches Mitgliedsunternehmen<br />
S&B Industrial Minerals hatte diese<br />
Veranstaltung vorgeschlagen, bei<br />
<strong>de</strong>r es gezielt um die Fragestellung<br />
ging: Was können HR-Manager in<br />
einer Krisensituation tun? Was müssen<br />
sie tun? Diese Frage ist nicht<br />
nur für Griechenland aktuell.<br />
Frage drei: Wer kann Mitglied wer<strong>de</strong>n?<br />
Arnaud: Der Club hat <strong>de</strong>n Anspruch,<br />
internationale Fragen <strong>de</strong>r Personalarbeit<br />
zu behan<strong>de</strong>ln. Deshalb sollten<br />
unsere Mitglie<strong>de</strong>r international tätige<br />
Unternehmen sein. Da wir viele<br />
Menschen in Europa vertreten, die<br />
in unseren Mitgliedsunternehmen<br />
arbeiten, können wir einige Themen<br />
auch mit <strong>de</strong>r Politik diskutieren. Deshalb<br />
wäre es schön, auch Unternehmen<br />
aus Deutschland zu unseren<br />
Mitglie<strong>de</strong>rn zählen zu dürfen.<br />
12 / 12 personalmagazin
8 Szene_eVENTS<br />
© cr_Martin Kroll<br />
Die Zukunft <strong>de</strong>s Lernens<br />
Mobile, Games und Social Learning stehen im Mittelpunkt<br />
<strong>de</strong>r Learntec 2013, die vom 29. bis 31. Januar in <strong>de</strong>r Messe<br />
Karlsruhe stattfin<strong>de</strong>t. „Zukunft Lernen“ ist das Motto von<br />
Kongress und Fachmesse. Aber auch Themen aus <strong>de</strong>r täglichen<br />
Praxis wie Blen<strong>de</strong>d Learning und die Einführung von E-Learning<br />
und virtuellen Klassenräumen sowie Zukunftsthemen wie Bildung<br />
für die Generation 50plus und digitales Publizieren sind Gegenstand<br />
von Vorträgen und Ausstellung. In seiner Keynote wird sich<br />
Professor Dieter Kempf, Präsi<strong>de</strong>nt <strong>de</strong>s Bitkom und Vorstand <strong>de</strong>r<br />
Datev, mit Lernszenarien 2020 beschäftigen. In einer weiteren<br />
Keynote wird Professor Barbara Ischinger von <strong>de</strong>r OECD die Einflüsse<br />
von Ausildung, Wissen und Migration auf die Arbeitsqualität<br />
skizzieren.<br />
www.learntec.<strong>de</strong><br />
Umgang mit großen Datenmengen<br />
wird immer wichtiger<br />
Im Jahr 2011 war die Fachmesse HR Tech Europe in Amsterdam<br />
mit rund 420 Besuchern und zwölf Sponsoren gestartet. Dieses<br />
Jahr, am 25. und 26. Oktober 2012, präsentierte sich die<br />
europäische Fachmesse für IT im Personalwesen bereits mit über<br />
900 Teilnehmern und 15 Sponsoren. Und für das nächste Jahr<br />
sollen die Dimensionen nochmals <strong>de</strong>utlich erweitert wer<strong>de</strong>n. Die<br />
zentralen Themen im Oktober 2012: Die Be<strong>de</strong>utung von mobilen<br />
Anwendungen und Big Data für das Personalwesen. Eine akute<br />
Problemlage: Immer noch sind in vielen Unternehmen HR-Daten<br />
nicht verfügbar, weil die HR-Verantwortlichen nicht wissen, wie sie<br />
diese nutzen und verstehen können. <br />
www.hrtecheurope.com<br />
Mittagspause in Amsterdam: Gut 900 Besucher informierten sich über IT.<br />
World Café mit Robindroh Ullah von <strong>de</strong>r DB.<br />
Marketing muss<br />
mobil wer<strong>de</strong>n<br />
Volles Haus im Konferenzbereich<br />
<strong>de</strong>s Süd<strong>de</strong>utschen Verlags in<br />
München: Die Zeitschrift „Werben<br />
+ Verkaufen“ hatte zusammen mit<br />
<strong>de</strong>r Agentur Westpress zum „Human<br />
Resource Marketing Congress“ gela<strong>de</strong>n,<br />
über 115 Personen nahmen teil. Die Leitfrage<br />
war: Wie können mittelständische<br />
Firmen die passen<strong>de</strong>n Bewerber fin<strong>de</strong>n?<br />
Antworten gaben die Vertreter von Konzernen<br />
wie Otto, ABB und Commerzbank<br />
sowie Branchenexperten. Eine wichtige<br />
Erkenntnis: Setzen Sie bei Marketing<br />
und Recruiting auf mobil optimierte Darstellungen.<br />
Man geht davon aus, dass bis<br />
2015 mehr Leute mobiles Internet haben<br />
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Termine<br />
6. Dezember,<br />
Hei<strong>de</strong>lberg<br />
7. Dezember,<br />
Frankfurt/Main<br />
13. und 14. Dezember,<br />
Zürich<br />
29. bis 31. Januar,<br />
Karlsruhe<br />
30. Januar,<br />
Ludwigshafen<br />
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personalmagazin 12 / 12
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10 Szene_KRISENMANAGEMENT<br />
Personalarbeit auf Griechisch<br />
Konferenz. In griechischen Unternehmen ist die Situation heikel. Wie Mitarbeiter<br />
<strong>de</strong>nnoch die „Extrameile“ laufen, darüber informierten sich europäische HR-Chefs.<br />
Wachwechsel vor <strong>de</strong>r Regierung in Athen. Ein Wechsel steht auch in vielen Firmen an.<br />
Von Daniela Furkel (Red.)<br />
<strong>Als</strong> Kanzlerin Angela Merkel<br />
im Oktober Athen besuchte,<br />
zeigten Zeitungen und Fernsehsen<strong>de</strong>r<br />
Bil<strong>de</strong>r von Demonstrationen,<br />
von viel Feindschaft gegen<br />
Deutschland und von verzweifelten<br />
Menschen. Doch nur vier Tage zuvor präsentierte<br />
sich an einem ganz normalen<br />
Wochentag eine an<strong>de</strong>re Situation: Die<br />
Einkaufsstraßen <strong>de</strong>r Innenstadt sind gut<br />
besucht – nicht nur von Touristen – und<br />
die Einwohner gehen ganz normal ihrer<br />
täglichen Arbeit nach. Demonstrationen<br />
sind keine in Sicht und das Polizeiaufgebot<br />
ist auch nicht höher als auf <strong>de</strong>r<br />
Piazza <strong>de</strong>l Popolo in Rom o<strong>de</strong>r vor <strong>de</strong>n<br />
Houses of Parlament in London.<br />
Grün<strong>de</strong> für die Schieflage<br />
Doch etwas vom Stadtzentrum entfernt<br />
wird <strong>de</strong>utlich, dass die Situation in Griechenland<br />
an<strong>de</strong>rs ist als im Rest Europas.<br />
Viele Geschäfte – nach offziellen Angaben<br />
etwa ein Drittel – sind geschlossen.<br />
Und weitere Firmenaufgaben sind<br />
vorhergesagt. Ein Grund ist laut Wirtschaftsprofessor<br />
Kostantinos Axarloglou<br />
darin zu fin<strong>de</strong>n, dass die griechische<br />
© daniela furkel<br />
Wirtschaft <strong>de</strong>r vergangenen Jahre vornehmlich<br />
auf Konsum basierte, <strong>de</strong>r nun<br />
ausgeblieben ist. Weitere Grün<strong>de</strong> liegen<br />
in <strong>de</strong>r Firmenstruktur mit vornehmlich<br />
kleinen und Kleinstunternehmen und in<br />
<strong>de</strong>r mangeln<strong>de</strong>n Wettbewerbsfähigkeit<br />
<strong>de</strong>r Firmen auf <strong>de</strong>m Weltmarkt.<br />
Doch es gibt Licht am En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Tunnels,<br />
trotz einer Arbeitslosenquote von rund<br />
24 Prozent und trotz hoher Abgaben, welche<br />
die Einkünfte von Arbeitnehmern<br />
und die Einnahmen von Unternehmen<br />
stark reduzieren: Die meisten großen<br />
Unternehmen halten an ihren Nie<strong>de</strong>rlassungen<br />
in Griechenland und an <strong>de</strong>n<br />
dort beschäftigten Mitarbeitern fest. Anstatt<br />
großflächige Entlassungen vorzunehmen,<br />
setzen sie auf eine Kultur <strong>de</strong>r<br />
Anerkennung. Sie wissen, dass sie ihre<br />
Mitarbeiter jetzt motivieren müssen, die<br />
„Extrameile“ zu laufen.<br />
Mit HR-Management gegensteuern<br />
Dass es in diesen Firmen gute Beispiele<br />
gibt, wie man Krisen ohne Personalabbau<br />
bewältigen kann, zeigte die Konferenz<br />
„Sustainable HR Practices: The Way<br />
Forward“, die <strong>de</strong>r European Club for Human<br />
Resources ECHR im Oktober in <strong>de</strong>r<br />
Nähe von Athen durchführte. Auf Einladung<br />
<strong>de</strong>s global tätigen Mineral- und<br />
Rohstoffunternehmens S&B waren zahlreiche<br />
HR-Verantwortliche aus Europa<br />
zusammengekommen, um sich darüber<br />
zu informieren, wie fortschrittliche Personalabteilungen<br />
mit Krisensituationen<br />
umgehen.<br />
Ein gutes Beispiel ist das Traditionsunternehmen<br />
S&B, das 1934 in Griechenland<br />
gegrün<strong>de</strong>t wur<strong>de</strong>: „Wir müssen<br />
personalmagazin 12 / 12
11<br />
Normalität an gewöhnlichen<br />
Wochentagen. Auch wenn die<br />
Gehaltseinschnitte schmerzen.<br />
die Mitarbeiter för<strong>de</strong>rn und entwickeln<br />
und sicherstellen, dass sie engagiert arbeiten“,<br />
erklärte Vorstandsvorsitzen<strong>de</strong>r<br />
Ulysses Kyriacopoulos. Wie HR das umsetzt,<br />
erläuterte Personalleiterin Eva Valavani:<br />
Zunächst wur<strong>de</strong>n die Säulen für<br />
ein nachhaltiges und werteorientiertes<br />
Wachstum i<strong>de</strong>ntifiziert, dann ging es darum,<br />
das Kompetenzsystem anhand <strong>de</strong>r<br />
externen und internen Verän<strong>de</strong>rungen<br />
neu auszurichten. Darauf aufbauend,<br />
wird <strong>de</strong>rzeit ein Talentmanagementsystem<br />
eingeführt, das dazu dienen soll,<br />
vorhan<strong>de</strong>ne Talente zu i<strong>de</strong>ntifizieren,<br />
Kos ten zu sparen und die Akquisition<br />
neuer Talente zu erleichtern. Die Hälfte<br />
<strong>de</strong>s bisherigen Managementteams von<br />
S&B ist mittlerweile in neue Aufgaben innerhalb<br />
<strong>de</strong>s Unternehmens gewechselt.<br />
Kommunikation und Anerkennung<br />
Ein weiteres Beispiel für ein Unternehmen,<br />
das am Standort Griechenland festhält,<br />
ist Titan Cement mit 110-jähriger<br />
Firmengeschichte und 15 Prozent seines<br />
globalen Geschäfts in Griechenland. „Unsere<br />
Top-Priorität ist die Maximierung<br />
<strong>de</strong>r Flexibilität“, sagte Geschäftsführer<br />
Dimitri Papalexopoulos. Essenziell für<br />
„Kommunizieren ist in<br />
Krisenzeiten das A und O.<br />
Unternehmen, die nicht<br />
kommunizieren, vermitteln<br />
unbewusst, dass ihre<br />
aktuelle Lage nicht gut ist.“<br />
Dimitri Papalexopoulos, Geschäftsführer Titan<br />
Cement<br />
die Personalarbeit sei es nun, eine konsistente<br />
Botschaft an die Mitarbeiter zu<br />
vermitteln. „Kommunizieren ist das A<br />
und O“, meinte er. Unternehmen, die in<br />
einer solchen Situation nicht kommunizieren,<br />
wür<strong>de</strong>n unbewusst vermitteln,<br />
dass die aktuelle Lage nicht gut ist. Und<br />
damit wür<strong>de</strong>n sie nicht nur die Mitarbeiter<br />
versunsichern, son<strong>de</strong>rn auch potenzielle<br />
Kun<strong>de</strong>n. Denn die Mitarbeiter sind<br />
auch die Botschafter <strong>de</strong>s Unternehmens.<br />
Ein Beitrag von Titan Cement, um gegen<br />
die hohe Jugendarbeitslosigkeit vorzugehen:<br />
20 junge Menschen wer<strong>de</strong>n ein Jahr<br />
lang gegen Bezahlung beschäftigt. Die<br />
zwei Besten wer<strong>de</strong>n danach übernommen,<br />
die 18 an<strong>de</strong>ren haben zumin<strong>de</strong>st<br />
die Chance, sich mit Arbeitserfahrung<br />
weiter zu bewerben.<br />
Auch an<strong>de</strong>re internationale Firmen<br />
nutzen gezielt HR-Instrumente, um das<br />
Geschäft in Griechenland zu unterstützen.<br />
Zum Beispiel Air Liqui<strong>de</strong> Hellas, das<br />
seine internationalen Strukturen nutzt,<br />
um Talente befristet in an<strong>de</strong>ren Län<strong>de</strong>rn<br />
zu beschäftigen, damit sie im Unternehmen<br />
bleiben und später wie<strong>de</strong>r zurückkehren<br />
können. Darüber hinaus setzt<br />
man auf Anerkennung und Entwicklung,<br />
um <strong>de</strong>n Mitarbeitern zu vermitteln, dass<br />
man ihren Einsatz für das Unternehmen<br />
würdigt. Und man setzt weiter auf Rekrutierung.<br />
„Auf <strong>de</strong>n ersten Blick ist es ein<br />
Paradoxon, in <strong>de</strong>r Krise weiter zu rekrutieren.<br />
Aber es ist sehr wichtig, das Unternehmen<br />
für die Zukunft fit zu halten.<br />
Wenn wir jetzt nicht einstellen, wer<strong>de</strong>n<br />
wir später nicht das passen<strong>de</strong> Know-how<br />
haben“, erklärte Personalleiter Francois<br />
Abrial. Allerdings hat Air Liqui<strong>de</strong> seine<br />
Rekrutierungsstrategie angepasst<br />
– weg von Printstellenanzeigen, hin zu<br />
Online-Portalen und Social Media. Die<br />
Effekte sind Kostenersparnis und mehr<br />
Effizienz. Mittlerweile kommen über 30<br />
Prozent <strong>de</strong>r Einstellungen über die Facebook-Seite<br />
<strong>de</strong>s Unternehmens.<br />
Kreative I<strong>de</strong>en für das Personal<br />
Weitere Best-Practice-Beispiele von Citi<br />
Greece, IBM Hellas, Athenian Brewery<br />
und <strong>de</strong>m Gran<strong>de</strong> Bretagne Hotel zeigen,<br />
welch kreative Lösungen möglich sind.<br />
So richtete die Citi Bank eine Gruppe aus<br />
Mitarbeitern ein, die notwendige Handlungsfel<strong>de</strong>r<br />
erarbeiten sollten. Da die<br />
Verän<strong>de</strong>rungen nicht top-down kamen,<br />
son<strong>de</strong>rn aus <strong>de</strong>n eigenen Reihen, stieg<br />
die Mitarbeiterzufrie<strong>de</strong>nheit um drei<br />
Prozentpunkte an. IBM etablierte virtuelle<br />
Communities, über die griechische<br />
Mitarbeiter für <strong>de</strong>n weltweiten Markt tätig<br />
sein können, ohne ihren Arbeitsort<br />
än<strong>de</strong>rn zu müssen.<br />
Der größte Bierproduzent <strong>de</strong>s Lan<strong>de</strong>s<br />
analysierte seine Personalstrukturen<br />
und stellte fest, dass er Verbesserungsbedarf<br />
bei Effizienz und Nachwuchssicherung<br />
hat. Folgen waren die Einführung<br />
eines Inhouse-Entwicklungsprogramms,<br />
einer E-Learning- sowie Coaching-Aka<strong>de</strong>mie<br />
und eines I<strong>de</strong>enmanagements.<br />
Das Arbeitsklima führt mittlerweile das<br />
Ranking innerhalb <strong>de</strong>r gesamten Heineken-Gruppe<br />
an. Und das Luxushotel investierte<br />
unter an<strong>de</strong>rem in Training, einen<br />
neuen elektronischen Newsletter und<br />
Mitarbeiter-Events – um Zusammen halt<br />
und Motivation zu för<strong>de</strong>rn.<br />
Moral und Klima verbessern<br />
Ein Fazit <strong>de</strong>s ECHR-Konferenz: Personalmanager<br />
müssen kreativ sein, um in Krisenzeiten<br />
<strong>de</strong>n Wan<strong>de</strong>l herbeizuführen.<br />
Das ist auch in Unternehmen möglich,<br />
die nicht über internationale Strukturen<br />
verfügen. „Kreativität ist vielmehr eine<br />
Einstellungssache“, sagte Yiannis Koutrakis,<br />
HR-Manager von IBM Hellas. Katerina<br />
Tzicha, HR Director <strong>de</strong>s Gran<strong>de</strong><br />
Bretagne Hotels, fügte hinzu: „Schon<br />
mit einigen einfachen Instrumenten<br />
kann man Moral und Klima eines Unternehmens<br />
verbessern.“ Und Barbara<br />
Panagopoulou, HR Director <strong>de</strong>r Athenian<br />
Brewery, ergänzte: „Mitarbeiter haben<br />
I<strong>de</strong>en. Es gilt, die zukunftsfähigen<br />
herauszugreifen. Es muss nicht immer<br />
eine Hightech-Lösung sein.“<br />
12 / 12 personalmagazin<br />
Bei Fragen wen<strong>de</strong>n Sie sich bitte an daniela.furkel@personalmagazin.<strong>de</strong>
12 Titel_auslandsentsendung<br />
Sicher im Ausland<br />
überblick. Deutsche Unternehmen kümmern sich beispielhaft um ihre Entsen<strong>de</strong>richtlinien,<br />
doch <strong>de</strong>r Schutz <strong>de</strong>s Entsandten kommt oft zu kurz. Das muss sich än<strong>de</strong>rn.<br />
Von Katharina Schmitt (Red.)<br />
Die Arbeitswelt verliert ihre<br />
Grenzen: China, USA und<br />
Großbritannien hießen in <strong>de</strong>n<br />
letzten zwei Jahren die Hauptziele<br />
ins Ausland entsandter Mitarbeiter.<br />
Aber in beinahe alle Län<strong>de</strong>r dieser Welt<br />
wer<strong>de</strong>n Mitarbeiter auf begrenzte Zeit<br />
zur Arbeit geschickt – mit steigen<strong>de</strong>r<br />
Ten<strong>de</strong>nz. Die Anzahl <strong>de</strong>r Expatriates ist<br />
seit 2002 weltweit um 25 Prozent gestiegen.<br />
50 Prozent <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Unternehmen,<br />
die bereits Mitarbeiter ins Ausland<br />
entsen<strong>de</strong>n, gehen davon aus, dass sich<br />
ihr Expatriate-Personalbedarf in <strong>de</strong>n<br />
nächsten drei Jahren noch erhöhen wird.<br />
So die neue Studie „Managing Mobility<br />
2012“ von ECA International.<br />
Grün<strong>de</strong> dafür gibt es, auch bei schwierigen<br />
Wirtschaftsbedingungen, genug:<br />
Neue Märkte, globale Konzernstrukturen<br />
und internationale Joint Ventures<br />
erfor<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>n Austausch von Personal<br />
über alle Grenzen hinweg. Eine Studie<br />
von Mercer (International Assignments<br />
Survey 2010) nennt <strong>de</strong>n Mangel an Mitarbeitern<br />
mit lokalem Know-how, <strong>de</strong>n<br />
Wunsch nach Verbesserungen <strong>de</strong>r operativen<br />
Leistungen und <strong>de</strong>n Aufbau neuer<br />
Geschäfte als die Haupttreiber von<br />
Auslandsentsendungen. ECA International<br />
verzeichnet insbeson<strong>de</strong>re eine starke<br />
Nachfrage nach – am Einsatzort kaum<br />
vorhan<strong>de</strong>nem – hoch qualifiziertem Personal<br />
beson<strong>de</strong>rs in <strong>de</strong>n Wachstumsregionen<br />
Asien und Südamerika.<br />
Auch sind internationale Mobilitätsprogramme<br />
nach <strong>de</strong>r ECA-Studie in Unternehmen<br />
inzwischen ein wichtiger<br />
Teil <strong>de</strong>r Talentmanagement-Strategie<br />
– Mitarbeiter sollen die nötige Auslandserfahrung<br />
sammeln und sich dabei<br />
Fähigkeiten für spätere Managementpositionen<br />
aneignen. Entsprechend<br />
geben fast ein Drittel <strong>de</strong>r befragten Unternehmen<br />
„Karriereentwicklung” als<br />
Hauptgrund für die Entsendung eines<br />
Mitarbeiters ins Ausland an.<br />
Risikowahrnehmung unterschei<strong>de</strong>t<br />
sich von Land zu Land<br />
Doch was für viele Mitarbeiter interessant,<br />
horizonterweiternd und karrierreför<strong>de</strong>rnd<br />
klingt, hat auch seine<br />
Schattenseiten. In einer Benchmarkstudie<br />
<strong>de</strong>s weltgrößten Anbieters von<br />
Prävention und Krisenmanagement International<br />
SOS gaben 88 Prozent <strong>de</strong>r<br />
befragten <strong>de</strong>utschen Unternehmen an,<br />
regelmäßig Geschäftsreisen<strong>de</strong> in hochriskante<br />
Gebiete zu entsen<strong>de</strong>n. Wobei<br />
Vorbildliche administrative<br />
Vorbereitung und Fürsorgepflicht<br />
Aber nicht nur für die Expatriates, auch<br />
für die Personalabteilungen sind Entsendungen<br />
eine Herausfor<strong>de</strong>rung. Sie müssen<br />
die geeigneten Expatriates fin<strong>de</strong>n,<br />
sie müssen die rechtlichen Rahmenbedingungen<br />
für die Entsendung setzen -<br />
mitsamt allen sozialversicherungs- und<br />
steuerrechtlichen Hür<strong>de</strong>n. Ihnen obliegt<br />
die Steuerung <strong>de</strong>r kulturellen und <strong>de</strong>r<br />
gesamten organisatorischen Vorbereitung,<br />
die Vertrags- wie Vergütungsgestaltung.<br />
Nicht vergessen wer<strong>de</strong>n darf<br />
bei alle<strong>de</strong>m auch nicht die Betreuung<br />
<strong>de</strong>r Mitarbeiter im Ausland und die Vorbereitung<br />
ihrer Wie<strong>de</strong>rkehr.<br />
Die Fürsorgepflicht, die <strong>de</strong>r Arbeitgeber<br />
<strong>de</strong>n ins Ausland entsandten Mitartipp<br />
Hier bekommen Sie Informationen zu<br />
aktuell krisenbedrohten o<strong>de</strong>r gefähr<strong>de</strong>ten<br />
Regionen:<br />
• Auswärtiges Amt: Weltweite Reisewarnungen<br />
und Sicherheitshinweise<br />
www.auswaertiges-amt.<strong>de</strong><br />
• National Counterterrorism Center:<br />
Informationen und Jahresberichte<br />
über terrorgefähr<strong>de</strong>te Län<strong>de</strong>r<br />
www.nctc.gov<br />
• Expat News: Nachrichten und<br />
Informationen für Expatriates<br />
www.expat-news.com<br />
die Risiken einer Auslandsentsendung<br />
weltweit unterschiedlich wahrgenommen<br />
wer<strong>de</strong>n. Deutsche Unternehmen sehen<br />
die Gefahren für ihre entsen<strong>de</strong>ten Mitarbeiter<br />
insbeson<strong>de</strong>re in medizinischen<br />
Notfällen und Verkehrsunfällen. Tatsächlich,<br />
so auch eine Untersuchung <strong>de</strong>r Techniker<br />
Krankenkasse, liegt die Gefahr im<br />
Ausland zu erkranken, um 18 Prozent<br />
höher als im Heimatland.<br />
Die von Unternehmen im europäischen<br />
wie außereuropäischen Ausland<br />
gegenüber SOS International genannten<br />
Risiken von politischen Unruhen, Naturkatastrophen,<br />
Terror, Inhaftierung, Flugzeug-<br />
o<strong>de</strong>r Personenentführung, sehen<br />
die <strong>de</strong>utschen Unternehmen dagegen<br />
großteils gar nicht (Krieg, Inhaftierung,<br />
Flugzeugentführung) o<strong>de</strong>r schätzen sie<br />
zumin<strong>de</strong>st als wenig wahrscheinlich ein.<br />
Bei Fragen wen<strong>de</strong>n Sie sich bitte an katharina.schmitt@personalmagazin.<strong>de</strong><br />
personalmagazin 12 / 12
13<br />
beitern gegenüber hat, wird dabei sehr<br />
ernst genommen. „Deutsche Unternehmen<br />
haben im Vergleich zu Teilnehmern<br />
aus an<strong>de</strong>ren europäischen Län<strong>de</strong>rn sowie<br />
weltweiten Unternehmen ein hohes<br />
Bewusstsein für ihre Fürsorgepflicht“,<br />
lautet ein Fazit aus <strong>de</strong>m Benchmark von<br />
International SOS. Doch gibt es bei <strong>de</strong>r<br />
praktischen Umsetzung <strong>de</strong>s Fürsorgegedankens<br />
noch Optimierungsbedarf:<br />
Deutsche Unternehmen nehmen diese<br />
Aufgabe gera<strong>de</strong>zu vorbildlich im Hinblick<br />
auf die Erstellung von Verfahren<br />
und Richtlinien wahr. So bedienen sie<br />
die eher theoretischen Indikatoren Risikobewertung,<br />
Abläufe, globale Mobilität,<br />
Kommunikation, Beratung, Kontrolle<br />
und Analyse wesentlich besser als Unternehmen<br />
aus an<strong>de</strong>ren Län<strong>de</strong>rn (vergleiche<br />
dazu die Grafik auf Seite 14).<br />
Ein großes Manko sehen die Studienautoren<br />
aber bei <strong>de</strong>r praktischen Vorbereitung<br />
von Entsendungen o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>m<br />
Schutz <strong>de</strong>r Mitarbeiter im Ausland.<br />
Damit <strong>de</strong>r Auslandsaufenthalt<br />
für Mitarbeiter nicht<br />
zum Drahtseilakt wird: Gute<br />
Vorbereitung hilft, mit Risiken<br />
beruhigt umzugehen.<br />
© alphaspirit - Fotolia.com
14 Titel_auslandsentsendung<br />
„Deutsche Firmen“, so Dominik Schaerer,<br />
Geschäftsführer von International<br />
SOS, „müssen Expatriates intensiver<br />
vorbereiten. Richtlinien sind gut, aber<br />
Firmen sollten es nicht dabei belassen,<br />
son<strong>de</strong>rn ihre Mitarbeiter auf <strong>de</strong>ren Reise<br />
ins Ausland vorbereiten und sie aktiv<br />
schützen, während sie vor Ort sind.“<br />
Schaerer verweist darauf, dass nach<br />
Verkehrsunfällen sowie Herz- und Kreislauferkrankungen<br />
gera<strong>de</strong> Infektionskrankheiten<br />
die größten Reiserisiken<br />
sind. Oft reiche aber <strong>de</strong>r Versicherungsschutz<br />
im Entsen<strong>de</strong>land für eine entsprechen<strong>de</strong><br />
Behandlung nicht aus.<br />
Auf <strong>de</strong>n nachfolgen<strong>de</strong>n Seiten haben<br />
wir im Artikel „Grenzenlose Fürsorge“<br />
<strong>de</strong>shalb für Sie zusammengestellt, auf<br />
was Sie bei <strong>de</strong>r Versicherung Ihrer Expatriates<br />
achten müssen und welche<br />
Konsequenzen ein nicht ausreichen<strong>de</strong>r<br />
Umsetzungsgrad <strong>de</strong>r fürsorgepflicht<br />
Richtlinien zu Hotels und Unterkünften<br />
Richtlinien zum Reisemanagement<br />
Buchung <strong>de</strong>r Reisen nur über<br />
zugelassene Reiseveranstalter<br />
Information <strong>de</strong>r Mitarbeiter über die<br />
Reisegrundsätze und Verfahren<br />
Versicherung für Entführungsfälle<br />
Mir-geht-es-gut-Regelung: Mitarbeiter<br />
mel<strong>de</strong>n sich nach Zwischenfällen<br />
Mitarbeiter unterschreiben, dass sie die<br />
Reiserisiken verstan<strong>de</strong>n haben<br />
Deutschland<br />
Versicherungsschutz auch haftungsrechtlich<br />
mit sich bringt.<br />
Sicherheitstrainings für Krisen<br />
Weitere Gefahrenquellen für ins Ausland<br />
entsandte Mitarbeiter sind politische<br />
Unruhen, Terroranschläge o<strong>de</strong>r<br />
auch Naturkatastrophen. Insbeson<strong>de</strong>re,<br />
wenn diese Risiken sich unerwartet realisieren,<br />
zeigt sich lei<strong>de</strong>r immer, wie<br />
wenig die entsandten Mitarbeiter auf<br />
Krisensituationen vorbereitet sind.<br />
Dabei kann gera<strong>de</strong> hier schon im<br />
Vorfeld eine später möglicherweise<br />
überlebenswichtige Sensibilisierung<br />
für Gefahren geschaffen und richtiges<br />
Verhalten trainiert wer<strong>de</strong>n (lesen Sie<br />
dazu auch unsere Beiträge auf <strong>de</strong>n Seiten<br />
20 und 21 f.). Während <strong>de</strong>r Entsendung<br />
unterstützen Assistance-Angebote<br />
das entsen<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Unternehmen wie <strong>de</strong>n<br />
weltweit<br />
Die häufigsten Maßnahmen <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Unternehmen zur Fürsorgepflicht beziehen<br />
sich auf Reiserichtlinien. Maßnahmen zum Schutz <strong>de</strong>r Mitarbeiter fehlen noch oft.<br />
Bei Fragen wen<strong>de</strong>n Sie sich bitte an katharina.schmitt@personalmagazin.<strong>de</strong><br />
97<br />
77<br />
85<br />
97<br />
84<br />
93<br />
93<br />
86<br />
27<br />
90<br />
83<br />
51<br />
17<br />
35<br />
27<br />
7<br />
31<br />
14<br />
3<br />
20<br />
65<br />
Europa<br />
Angaben in Prozent<br />
Quelle: INternational SOS<br />
„Richtlinien sind gut,<br />
aber Firmen sollten es<br />
nicht dabei belassen.<br />
Sie müssen ihre Mitarbeiter<br />
vor Ort aktiv<br />
schützen.“<br />
Dominik Schaerer, Geschäftsführer<br />
International SOS<br />
Expat bei Problemen. Dazu erklärt Marin<br />
Cubric von AGA International S. A.,<br />
Anbieter von Versicherungsprodukten<br />
und Beratungsservice für Expatriates:<br />
„Grundsätzlich stellt je<strong>de</strong> Naturkatastrophe<br />
eine starke konkrete Gefährdung<br />
dar, da sie we<strong>de</strong>r planbar noch ihre<br />
Auswirkungen abschätzbar sind. Daher<br />
sollte je<strong>de</strong>s Unternehmen, das Mitarbeiter<br />
entsen<strong>de</strong>t, mit Assistance-Lösungen<br />
für medizinische und sicherheitsrelevante<br />
Notfälle gewappnet sein.“<br />
So wur<strong>de</strong> von AGA zum Beispiel bei <strong>de</strong>r<br />
Nuklearkatastrophe von Fukushima im<br />
März 2011 für die Mitarbeiter <strong>de</strong>utscher<br />
Firmen in Japan und <strong>de</strong>n umgeben<strong>de</strong>n<br />
asiatischen Län<strong>de</strong>rn kurzfristig ein Service-<br />
und Notfallmanagement rund um<br />
das Thema „Strahlung und Strahlenerkrankung“<br />
aufgestellt. Über eine Telefon-<br />
Hotline konnten sich die Mitarbeiter medizinisch<br />
beraten und eine individuelle<br />
Risikoeinschätzung vornehmen lassen.<br />
Bei <strong>de</strong>m Krisenservice, <strong>de</strong>r damals einzigartig<br />
in Deutschland war, han<strong>de</strong>lte es<br />
sich um ein neu geschaffenes Produkt<br />
<strong>de</strong>r AGA für alle Unternehmen, die Reisen<strong>de</strong><br />
und Mitarbeiter in <strong>de</strong>n asiatischen<br />
Raum entsen<strong>de</strong>n.<br />
Und auch bei <strong>de</strong>r jüngsten Naturkatastrophe,<br />
Hurrican „Sandy“, erwiesen<br />
sich Assistance-Services als hilfreich.<br />
Schaerer berichtet: „Nach <strong>de</strong>m Sturm<br />
erreichten uns zahlreiche Anfragen von<br />
Firmen, die aufgrund <strong>de</strong>r zusammengebrochenen<br />
Kommunikationswege <strong>de</strong>n<br />
Kontakt zu ihren Mitarbeitern verloren<br />
hatten. Unser Team in New York konnte<br />
diese Personen ausfindig machen – in<br />
Hotels o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>ren Häusern – und glücklicherweise<br />
<strong>de</strong>n Angehörigen o<strong>de</strong>r Kollegen<br />
mitteilen, dass sie wohlauf sind."<br />
personalmagazin 12 / 12
Die erste Krankenzusatzversicherung,<br />
mit <strong>de</strong>r das ganze Unternehmen gut dasteht.<br />
<br />
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Das ist smart versichert nach Schweizer Art. Zwei Dinge können im<br />
Wettbewerb um die Arbeitnehmer <strong>de</strong>r Zukunft entschei<strong>de</strong>nd sein: eine gute<br />
Unternehmenskultur und gute betriebliche Zusatzleistungen. CSS.business<br />
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Ein Unternehmen <strong>de</strong>r<br />
Schweizer CSS Versicherungsgruppe
16 Titel_Auslandsentsendung<br />
Fürsorgepflicht ist grenzenlos<br />
ÜBERBLICK. Ob politische Unruhen, Verkehrsunfall o<strong>de</strong>r Infektion – oft sind Expatriates<br />
in kritischen Situationen nicht abgesichert. Dann stellt sich die Frage nach <strong>de</strong>r Haftung.<br />
Von Kaveh Tarbiat <br />
Nicht im Entferntesten hätte<br />
Peter B. geahnt, dass sein als<br />
Karriereschritt geplanter Auslandsaufenthalt<br />
<strong>de</strong>rart dramatische<br />
Folgen haben könnte. Mitsamt<br />
seiner Familie war <strong>de</strong>r Ingenieur für zwei<br />
Jahre nach Shanghai entsandt wor<strong>de</strong>n,<br />
als seine Gattin plötzlich an Malaria erkrankte.<br />
Tragisch en<strong>de</strong>te auch die Entsendung<br />
<strong>de</strong>r Kölner Architektin Petra W.,<br />
die einen Hotelkomplex auf Bali errichten<br />
sollte. Kaum war <strong>de</strong>r erste Spatenstich<br />
gefeiert, als ein Terroranschlag alle Pläne<br />
durchkreuzte. Ihr Arbeitgeber zeigte sich<br />
in dieser Situation völlig hilflos.<br />
Gesetze, welche die Arbeitgeber-Fürsorgepflicht<br />
regeln. Daran orientiert sich<br />
die EU; sie plant, ein entsprechen<strong>de</strong>s<br />
Gesetz aus Großbritannien bald in europäisches<br />
Recht umzusetzen. Bei Vernachlässigung<br />
ihrer Pflichten drohen<br />
Arbeitgebern dann strafrechtliche Folgen:<br />
Geschäftsführer und Vorgesetzte<br />
von Expatriates müssten sich vor Gericht<br />
verantworten, wenn ihren im Ausland<br />
weilen<strong>de</strong>n Mitarbeitern etwas zustößt<br />
und sie nicht rechtzeitig auf mögliche Risiken<br />
hingewiesen und davor geschützt<br />
wor<strong>de</strong>n sind. Eine Pflichtverletzung<br />
kann <strong>de</strong>n Arbeitgeber letztlich teuer zu<br />
stehen kommen.<br />
Krankenversicherung genügt oft nicht<br />
In welch bedrohliche Situation Expatriates<br />
geraten können, zeigt das Beispiel<br />
<strong>de</strong>s oben genannten US-Amerikaners Peter<br />
B.: Ehe <strong>de</strong>r Ingenieur mit seiner Fa-<br />
Mittelstand vernachlässigt Sicherheit<br />
Wer glaubt, dass eine Entsendung ins<br />
Ausland immer sorgenfrei und problemlos<br />
vonstatten geht, <strong>de</strong>r irrt. Bei<br />
Auslandsentsendungen hat <strong>de</strong>r Arbeitgeber<br />
die Pflicht, sich um die Sicherheit<br />
und die gesundheitliche Versorgung<br />
<strong>de</strong>r entsandten Mitarbeiter zu kümmern.<br />
Wer<strong>de</strong>n Mitarbeiter im Ausland<br />
krank, Opfer von Unfällen, Verbrechen<br />
o<strong>de</strong>r Katastrophen, liegt die Verantwortung<br />
beim Arbeitgeber, seiner Fürsorgepflicht<br />
nachzukommen. Doch gera<strong>de</strong><br />
<strong>de</strong>ren Umfang wird vom Arbeitgeber oft<br />
unterschätzt. Das gilt insbeson<strong>de</strong>re für<br />
mittelständische Unternehmen. Experten<br />
schätzen, dass lediglich 15 Prozent<br />
<strong>de</strong>r Mittelständler hierzulan<strong>de</strong> hinreichend<br />
für die Sicherheit ihrer Mitarbeiter<br />
im Ausland vorsorgen.<br />
In <strong>de</strong>n USA, Australien und Großbritannien<br />
gibt es bereits weitreichen<strong>de</strong><br />
Schnelle Hilfe ist im Ausland nicht immer zu bekommen – <strong>de</strong>r Arbeitgeber muss vorsorgen.<br />
personalmagazin 12 / 12
17<br />
© shutterstock.com / Monkey Business Images<br />
milie nach China aufbrach, versicherte<br />
ihm <strong>de</strong>r Arbeitgeber, ein Chemiekonzern<br />
aus Illinois, an seinem Standort gäbe es<br />
ein Krankenhaus, das im Notfall je<strong>de</strong>rzeit<br />
für <strong>de</strong>n Mitarbeiter und seine Familie<br />
zugänglich sei. Eines Tages erkrankte<br />
die Ehefrau, sie zeigte Symptome einer<br />
Malaria-Infektion. In <strong>de</strong>r besagten Klinik<br />
diagnostizierte man jedoch Dengue-<br />
Fieber und nahm sie stationär auf. <strong>Als</strong><br />
sich ihr Gesundheitszustand verschlechterte,<br />
überwies man die Patientin in<br />
ein größeres Krankenhaus, das zwar<br />
mo<strong>de</strong>rner ausgestattet war, wo jedoch<br />
niemand Englisch sprach. Inzwischen<br />
schwebte die Frau in Lebensgefahr. Verzweifelt<br />
wandte sich <strong>de</strong>r Ingenieur nun<br />
an seinen Arbeitgeber, <strong>de</strong>r ihm „volle<br />
Unterstützung“ zusicherte, doch keinen<br />
praktischen Rat erteilen konnte. Erneut<br />
wur<strong>de</strong> die schwerkranke Patientin in ein<br />
an<strong>de</strong>res Krankenhaus verlegt, diesmal<br />
nach Hongkong, wo man unverzüglich<br />
die notwendige Therapie einleitete. Zu<br />
spät – die Frau verstarb.<br />
Kurze Zeit später traf sich <strong>de</strong>r Ingenieur<br />
mit seinem Arbeitgeber vor Gericht.<br />
Er klagte ihn an, seine Fürsorgepflicht<br />
gleich mehrfach verletzt zu haben: Laut<br />
Klageschrift fehlte jeglicher Notfallplan<br />
für Mitarbeiter im Auslandseinsatz, zu<strong>de</strong>m<br />
hatte <strong>de</strong>r Arbeitgeber nicht sofort<br />
Rettungsmaßnahmen veranlasst. Außer<br />
unterlassener Hilfe krei<strong>de</strong>te <strong>de</strong>r Mitarbeiter<br />
seinem Arbeitgeber auch das Unvermögen<br />
an, zu gewährleisten, dass am<br />
Einsatzort die medizinische Versorgung<br />
gesichert ist. Letztlich bezichtigte er ihn<br />
<strong>de</strong>r Falschaussage, was die Qualität <strong>de</strong>r<br />
angeblich guten Klinik vor Ort betraf.<br />
Vor- und Nachsorge sind Pflicht<br />
An<strong>de</strong>rs in Deutschland: Hier wer<strong>de</strong>n<br />
Unternehmen mit großer Nachsicht behan<strong>de</strong>lt<br />
- noch. Laut § 618 BGB besteht<br />
eine generelle Pflicht <strong>de</strong>s Arbeitgebers,<br />
<strong>de</strong>n Arbeitnehmer „nach Möglichkeit“<br />
vor Gefahren für Leben und Gesundheit<br />
zu schützen. Die Durchführung <strong>de</strong>r<br />
entsprechen<strong>de</strong>n Maßnahmen ist in <strong>de</strong>n<br />
Arbeitsschutzgesetzen (ArbSchG) geregelt.<br />
Eine verpflichten<strong>de</strong> Maßnahme<br />
für je<strong>de</strong>s Unternehmen, das Mitarbeiter<br />
in Regionen entsen<strong>de</strong>t, wo „beson<strong>de</strong>re<br />
klimatische und gesundheitliche Belastungen“<br />
drohen, ist seit 1980 im sogenannten<br />
Berufsgenossenschaftlichen<br />
Ob die Krankenversicherung<br />
mit <strong>de</strong>m Einsatzland<br />
kompatibel ist,<br />
erfahren Expatriates<br />
und Betriebe meist erst<br />
im Scha<strong>de</strong>nsfall. Unternehmen<br />
verlieren hier<br />
schnell <strong>de</strong>n Überblick.<br />
Grundsatz 35 (G 35) nie<strong>de</strong>rgelegt. Dazu<br />
gehören arbeits- und reisemedizinische<br />
Vorsorgeuntersuchungen genauso wie<br />
Impfungen und eine medizinische Nachsorge<br />
nach Rückkehr <strong>de</strong>s Mitarbeiters.<br />
Die Sicherstellung <strong>de</strong>r medizinischen<br />
Versorgung im Aufenthaltsland ist noch<br />
keine Pflicht für <strong>de</strong>n Arbeitgeber, auch<br />
wenn eine solche Regelung durchaus<br />
empfehlenswert wäre.<br />
Fürsorgepflicht erstreckt sich damit<br />
auf ein breites Spektrum von Reiserisiken,<br />
die Gesundheit wie Sicherheit<br />
von Auslandsentsandten mitsamt ihrer<br />
Angehörigen elementar berühren.<br />
Nach Angaben von International SOS,<br />
einem Anbieter von Prävention und Krisenmanagement<br />
in Gesundheits- und<br />
Sicherheitsfragen, entfällt dabei auf<br />
Verkehrsunfälle, Herz- und Kreislauferkrankungen<br />
sowie Infektionen das weitaus<br />
größte Reiserisiko. Somit rückt eine<br />
optimale Versicherungslösung in <strong>de</strong>n<br />
Fokus, die Expatriates samt ihren mitreisen<strong>de</strong>n<br />
Angehörigen möglichst weitreichend<br />
schützt.<br />
In vielen Fällen bedarf es individueller<br />
Versicherungsangebote. An<strong>de</strong>rs als behauptet<br />
sind sogenannte „globale“ Versicherungslösungen<br />
nicht immer erste<br />
Wahl. Ob eine Krankenversicherung mit<br />
<strong>de</strong>m Einsatzland kompatibel ist, erfahren<br />
Expatriates und ihre Arbeitgeber meist<br />
erst im Scha<strong>de</strong>nsfall. Sich stets über die<br />
aktuellen lokalen Versicherungsgesetze<br />
<strong>de</strong>r Einsatzlän<strong>de</strong>r zu informieren, ist eine<br />
äußerst komplexe Aufgabe, für die es<br />
vor allem mittelständischen Firmen an<br />
Ressourcen mangelt. Bei <strong>de</strong>r Vielzahl<br />
an Anbietern und unterschiedlichen Tarifen<br />
verlieren Unternehmen hier nämlich<br />
schnell <strong>de</strong>n Überblick. Unabhängige<br />
Beratung wie sie zum Beispiel das Internet-Portal<br />
www.april-medibroker.<strong>de</strong><br />
offeriert, kann Firmen und ihre Expatriates<br />
<strong>de</strong>shalb vor unliebsamen Überraschungen<br />
schützen.<br />
Bürokratie bringt zusätzliche Probleme<br />
Neueste Untersuchungen zeigen, dass<br />
<strong>de</strong>r Versicherungsschutz nicht immer<br />
hält, was er verspricht. Laut einer britischen<br />
Studie vermuten knapp 40<br />
Prozent <strong>de</strong>r Arbeitgeber, dass die Absicherung<br />
ihrer Expatriates im Ausland<br />
nicht ausreicht. Einer Umfrage von Price<br />
Waterhouse Coopers unter Auslandsentsandten<br />
zufolge fühlen sich immerhin 60<br />
bis 70 Prozent <strong>de</strong>r Expatriates „falsch<br />
versichert“. Das beginnt mit typisch<br />
<strong>de</strong>utscher Bürokratie. Ein Expatriate,<br />
<strong>de</strong>r in Mexiko nach einem Autounfall<br />
Kostenbelege per Fax einreichen wollte,<br />
wur<strong>de</strong> barsch abgewiesen – es mussten<br />
unbedingt die Originaldokumente sein.<br />
Weil die Postwege in Mexiko unzuverlässig<br />
und zeitaufwendig sind, verschickte<br />
<strong>de</strong>r Manager die Dokumente per DHL –<br />
zu abenteuerlich hohen Kosten, <strong>de</strong>ren<br />
Erstattung ohne ständiges Nachhaken<br />
nicht möglich gewesen wäre.<br />
Doch nicht nur zähe Kostenerstattung<br />
und zu lange Bearbeitungsdauer frustrieren<br />
die Expatriates. Zusätzlich ist<br />
Ärger vorprogrammiert, weil Versicherungsmitarbeiter<br />
sich im konkreten Fall<br />
schlecht verständigen können und im<br />
Umgang mit fremdländischen Bescheinigungen<br />
unsicher sind. Grundsätzlich ist<br />
<strong>de</strong>r Arbeitgeber für die Erstattung von<br />
12 / 12 personalmagazin<br />
Bei Fragen wen<strong>de</strong>n Sie sich bitte an katharina.schmitt@personalmagazin.<strong>de</strong>
18 Titel_Auslandsentsendung<br />
Studie<br />
Kosten bei Versorgungsplänen steigen<br />
Private Krankenversicherungen für Expats sind inzwischen fast Standard. Doch Unterschie<strong>de</strong><br />
in <strong>de</strong>r medizinischen Versorgung belasten das Kosten-Nutzen-Verhältnis.<br />
Helfen können internationale medizinische Versorgungspläne. Doch auch hier drohen<br />
erhöhte Kosten: Nach einer Studie von Mercer lagen für 20 Prozent <strong>de</strong>r Unternehmen<br />
die Kostensteigerungen zwischen elf und 15 Prozent. Grund ist neben <strong>de</strong>r komplexen<br />
Administration die Inflation bei <strong>de</strong>r medizinischen Versorgung, insbeson<strong>de</strong>re im Nahen<br />
Osten, in Indien und China sowie in Lateinamerika. (ks)<br />
Arzt- und Krankenhauskosten <strong>de</strong>s (gesetzlich<br />
krankenversicherten) Auslandsmitarbeiters<br />
in voller Höhe zuständig<br />
und haftbar. Das regelt § 17 <strong>de</strong>s fünften<br />
Sozialgesetzbuchs (SGB V.), in <strong>de</strong>m auch<br />
vermerkt ist, dass sich diese Pflicht <strong>de</strong>s<br />
Arbeitgebers auch auf die mitversicherten<br />
Angehörigen aus<strong>de</strong>hnt.<br />
Allerdings erstattet die Krankenkasse<br />
Kosten maximal bis zu <strong>de</strong>r Höhe, die<br />
<strong>de</strong>m Mitarbeiter im Inland zusteht – in<br />
<strong>de</strong>r Regel eher auf <strong>de</strong>m Niveau <strong>de</strong>s Gastlan<strong>de</strong>s.<br />
Zu<strong>de</strong>m gilt <strong>de</strong>r Anspruch auf<br />
Leistungen <strong>de</strong>r Krankenversicherung<br />
lediglich für <strong>de</strong>n Zeitraum von 24 Monaten,<br />
und das auch nur in jenen Län<strong>de</strong>rn,<br />
mit <strong>de</strong>nen Deutschland ein Abkommen<br />
geschlossen hat: Neben <strong>de</strong>n EU-Staaten<br />
sowie <strong>de</strong>r Schweiz, Liechtenstein, Island<br />
und Norwegen auch Bosnien-Herzegovina,<br />
Israel, Kroatien, Marokko, Mazedonien,<br />
Montenegro, Serbien, Türkei und<br />
Tunesien. Reist <strong>de</strong>r Mitarbeiter in ein an<strong>de</strong>res<br />
Land, ist mit weiteren Einschränkungen<br />
zu rechnen. Deshalb schließen<br />
die meisten Arbeitgeber für Auslandsmitarbeiter,<br />
die Mitglied <strong>de</strong>r gesetzlichen<br />
Krankenversicherung bleiben,<br />
eine private Zusatz- o<strong>de</strong>r Ergänzungsversicherung<br />
ab.<br />
Privat Krankenversicherte benötigen<br />
HPO<br />
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Ausland und Reintegration (HI547930)<br />
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einen Wohnsitz in Deutschland, <strong>de</strong>nn<br />
ohne <strong>de</strong>utsche Kontaktadresse en<strong>de</strong>t<br />
das Versicherungsverhältnis. Es lassen<br />
sich jedoch immer geson<strong>de</strong>rte Vereinbarungen<br />
aushan<strong>de</strong>ln. Außerhalb <strong>de</strong>r EU<br />
kann <strong>de</strong>r Versicherer einen Beitragszuschlag<br />
verlangen. Kann die private Krankenversicherung<br />
nicht weitergeführt<br />
wer<strong>de</strong>n, sollten Expatriates für die Zeit<br />
<strong>de</strong>r Abwesenheit eine Anwartschaftsversicherung<br />
abschließen. Sie gewährleistet,<br />
dass man nach seiner Rückkehr<br />
zu <strong>de</strong>n ursprünglichen Bedingungen<br />
wie<strong>de</strong>r in seinen alten Versicherungstarif<br />
einsteigen kann.<br />
Unterstützung auch bei Unruhen<br />
Doch die Fürsorgepflicht <strong>de</strong>s Arbeitgebers<br />
gegenüber seinen im Ausland tätigen<br />
Mitarbeitern beschränkt sich nicht<br />
auf <strong>de</strong>n Erkrankungsfall im engeren<br />
Sinne. Auch für psychische Probleme<br />
im Berufsalltag muss <strong>de</strong>r Arbeitgeber<br />
hinreichend Vorsorge treffen. Employee<br />
Assistance Programs (EAP), die Versicherungspakete<br />
ergänzen, können viel<br />
abfangen und bei Mobbing, Depression<br />
o<strong>de</strong>r einem drohen<strong>de</strong>n Burnout eine<br />
wertvolle Hilfe sein. Beson<strong>de</strong>rs wertvoll<br />
sind sie, wenn sie über krankenversicherungsrelevante<br />
Aspekte hinausgehen<br />
und auch bei Sicherheitsrisiken greifen.<br />
So können zum Beispiel bei Unruhen<br />
schnellstmöglich Maßnahmen eingeleitet<br />
wer<strong>de</strong>n, um die Mitarbeiter und<br />
<strong>de</strong>ren Angehörige zu evakuieren o<strong>de</strong>r<br />
in an<strong>de</strong>rer Weise für ihre Sicherheit zu<br />
sorgen.<br />
Auf die Praxis, in <strong>de</strong>r Auslandsentsandte<br />
auch an Leib und Leben bedroht<br />
sein können, sind Versicherer, ihre<br />
Kun<strong>de</strong>n und insbeson<strong>de</strong>re Personaler,<br />
die meist für das Expat-Management<br />
verantwortlich zeichnen, oft nicht hinreichend<br />
vorbereitet. Von Glück re<strong>de</strong>n<br />
konnte Architektin Petra W., als sie im<br />
Frühjahr 2002 nach <strong>de</strong>m Anschlag auf<br />
Bali letztlich unversehrt nach Hause<br />
kam, nach<strong>de</strong>m vom Arbeitgeber keine<br />
Hilfe gekommen war.<br />
Notfallpläne, die bei konkretem Anlass<br />
reibungslos funktionieren, können<br />
sich Mittelständler von Konzernen abschauen.<br />
Wählt man die Notrufnummer<br />
eines <strong>de</strong>utschen Chemieunternehmens,<br />
setzt das eine minutiös vorbereitete Rettungsaktion<br />
in Gang. Wird ein Mitarbeiter<br />
Opfer eines Überfalls und benötigt<br />
dringend medizinische Hilfe, informiert<br />
die Nie<strong>de</strong>rlassung vor Ort die Klinik,<br />
dass alle Behandlungskosten komplett<br />
übernommen wer<strong>de</strong>n. <strong>Als</strong> im März 2011<br />
ein Tsunami Japan heimsuchte, gelang<br />
es <strong>de</strong>m Konzern nicht nur, alle Mitarbeiter<br />
auf <strong>de</strong>m Weg dorthin aufzuhalten.<br />
Dank Kooperation mit einem spezialisierten<br />
Dienstleister wur<strong>de</strong>n auch alle<br />
in Japan Beschäftigten schnell in Sicherheit<br />
gebracht.<br />
Lei<strong>de</strong>r ist dieses Beispiel nicht repräsentativ<br />
für die <strong>de</strong>utsche Wirtschaft. Laut<br />
einer Benchmarking-Studie von International<br />
SOS, die rund 600 Unternehmen<br />
weltweit untersuchte, haben <strong>de</strong>utsche<br />
Firmen zwar ein stark ausgeprägtes<br />
Bewusstsein ihrer Fürsorgepflicht. Allerdings<br />
mangelt es häufig an <strong>de</strong>r praktischen<br />
Umsetzung. Zwar wer<strong>de</strong>n gute<br />
Richtlinien und Abläufe entwickelt. Dafür<br />
gibt es erhebliche Defizite bei <strong>de</strong>r<br />
Bewertung von Risiken, <strong>de</strong>r praktischen<br />
Vorbereitung Reisen<strong>de</strong>r sowie beim<br />
Schutz <strong>de</strong>r Mitarbeiter während <strong>de</strong>s Auslandsaufenthalts.<br />
Hier besteht großer<br />
Nachholbedarf. <br />
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personalmagazin 12 / 12
19<br />
ÜBERBLICk<br />
Sozialversicherung und Auslandskrankenversicherung<br />
Die Übersicht zeigt, welche sozialversicherungsrechtlichen Regelungen für das betreffen<strong>de</strong> Entsen<strong>de</strong>gebiet einschlägig sind,<br />
ob eine Auslandskrankenversicherung notwendig ist und wo es weiterführen<strong>de</strong> Informationen im Internet gibt.<br />
Staaten innerhalb <strong>de</strong>r EWR (EU + EFTA): Belgien, Bulgarien, Dänemark, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Irland, Island,<br />
Italien, Lettland, Liechtenstein, Litauen, Luxemburg, Malta, Nie<strong>de</strong>rlan<strong>de</strong>, Norwegen, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Schwe<strong>de</strong>n,<br />
Schweiz, Slowakei, Slowenien, Spanien, Tschechien, Ungarn, Großbritannien, Zypern<br />
Staaten <strong>de</strong>r Europäischen Union, <strong>de</strong>s Europäischen Wirtschaftsraums und <strong>de</strong>r Schweiz:<br />
Notwendig sind Bescheinigung A1 und Anträge auf Abschluss einer Ausnahmevereinbarung und zu Übergangsbestimmungen<br />
• bei einer Entsendung in einen an<strong>de</strong>ren Mitgliedstaat,<br />
• wenn die Erwerbstätigkeit gewöhnlich in mehreren Mitgliedstaaten ausgeübt wird,<br />
• wenn eine Ausnahmevereinbarung über die weitere Anwendung <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Rechtsvorschriften geschlossen wur<strong>de</strong> o<strong>de</strong>r<br />
• wenn eine Übergangsregelung anwendbar ist.<br />
Entsendung in einen an<strong>de</strong>ren Mitgliedstaat<br />
Bei Entsendung für voraussichtlich maximal 24 Monate ist für die Prüfung, ob während dieser Zeit weiterhin die <strong>de</strong>utschen Rechtsvorschriften<br />
über soziale Sicherheit gelten und die Ausstellung <strong>de</strong>r Bescheinigung A1 in Deutschland zuständig:<br />
• die gesetzliche Krankenkasse, bei <strong>de</strong>r die Person versichert ist,<br />
• <strong>de</strong>r Träger <strong>de</strong>r gesetzlichen Rentenversicherung, wenn die Person nicht gesetzlich krankenversichert ist,<br />
• die Arbeitsgemeinschaft Berufsständischer Versorgungseinrichtungen e. V., wenn die Person nicht gesetzlich krankenversichert und<br />
wegen Mitgliedschaft bei einer berufsständischen Versorgungseinrichtung von <strong>de</strong>r Rentenversicherungspflicht befreit ist.<br />
Eine zusätzliche Auslandskrankenversicherung ist nicht zwingend notwendig, aber empfehlenswert, da selbst innerhalb <strong>de</strong>r Europäischen<br />
Union schon erhebliche Unterschie<strong>de</strong> bestehen.<br />
Onlinetipp: www.dvka.<strong>de</strong>/oeffentlicheSeiten/ArbeitenAusland/MerkblaetterArbeiten/Auswahl883.htm<br />
Weitere Staaten mit SV-Abkommen: Australien, Bosnien-Herzegowina, Chile, China, Indien, Israel, Japan, Kanada, Korea, Kroatien,<br />
Marokko, Mazedonien, Montenegro, Serbien, Türkei, Tunesien, USA<br />
Trotz Ähnlichkeiten mit <strong>de</strong>n Regelungen zu <strong>de</strong>n EWR-Staaten besteht mit je<strong>de</strong>m Staat ein eigenes individuelles Abkommen. Dessen<br />
Regelungen sind in Bezug auf die Dauer <strong>de</strong>r Entsendung und die erfassten Zweige <strong>de</strong>r Sozialversicherung zu beachten.<br />
Eine zusätzliche Auslandskrankenversicherung sollte für <strong>de</strong>n Zeitraum <strong>de</strong>r Entsendung abgeschlossen wer<strong>de</strong>n. Bei einigen Abkommen<br />
ist <strong>de</strong>r Zweig <strong>de</strong>r Krankenversicherung nicht mit einbezogen.<br />
Onlinetipp: www.dvka.<strong>de</strong>/oeffentlicheSeiten/ArbeitenAusland/MerkblaetterArbeiten/MerkblaetterAbkommen.htm<br />
Staaten ohne Abkommen, zum Beispiel Argentinien, Brasilien, Neuseeland, Südafrika, Indonesien<br />
Für alle oben nicht genannten Staaten bestehen keine Abkommen auf <strong>de</strong>m Gebiet <strong>de</strong>r sozialen Sicherheit. Für die Versicherungspflicht<br />
in <strong>de</strong>r gesetzlichen Kranken-, Pflege-, Renten-, Arbeitslosen- und Unfallversicherung gilt die innerstaatlich <strong>de</strong>utsche Vorschrift über<br />
die Ausstrahlung (§ 4 SGB IV). Die Prüfung obliegt <strong>de</strong>r bisher zuständigen Einzugsstelle (Krankenkasse), für die gesetzliche Unfallversicherung<br />
<strong>de</strong>m Unfallversicherungsträger. Daneben können gesetzliche Vorschriften in Bezug auf die soziale Sicherheit <strong>de</strong>s Beschäftigungslan<strong>de</strong>s<br />
gelten (Doppelversicherung möglich, zum Beispiel Brasilien, Indonesien o<strong>de</strong>r Südafrika). Dies gilt auch für die von <strong>de</strong>n<br />
Abkommen über soziale Sicherheit nicht erfassten Zweige <strong>de</strong>r sozialen Sicherheit.<br />
Tipp: Kontaktieren Sie für die Prüfung <strong>de</strong>r Versicherungspflicht o<strong>de</strong>r Versicherungsberechtigung die oben genannten Stellen (Krankenkassen<br />
und Unfallversicherungsträger).<br />
Bei allen Staaten, mit <strong>de</strong>nen keine Abkommen geschlossen wur<strong>de</strong>n, ist die zusätzliche Auslandskrankenversicherung zwingend für <strong>de</strong>n<br />
Zeitraum <strong>de</strong>r Entsendung abzuschließen.<br />
Onlinetipp: www.dvka.<strong>de</strong>/oeffentlicheSeiten/ArbeitenAusland/MerkblaetterArbeiten/WeitereStaaten.htm<br />
Quelle: RObert Knemeyer<br />
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Bei Fragen wen<strong>de</strong>n Sie sich bitte an katharina.schmitt@personalmagazin.<strong>de</strong>
20 titel_AUSLANDSENTSENDUNG<br />
„Arbeitgeber muss Risiko prüfen“<br />
INTERVIEW. Wie viel Risiko ist <strong>de</strong>m Arbeitnehmer zumutbar? Wann muss ein Arbeitgeber<br />
die Entsendung abbrechen? Wir fragten nach <strong>de</strong>n Einzelheiten <strong>de</strong>r Arbeitgeberpflichten.<br />
personalmagazin: „Erneute Unruhen in<br />
Kairo.“ Was raten Sie einem Personalleiter,<br />
<strong>de</strong>r diese Schlagzeilen liest und<br />
gera<strong>de</strong> einige Mitarbeiter als Monteure<br />
nach Ägypten entsandt hat?<br />
Barbara Reinhard: Der Personalleiter<br />
sollte zunächst sorgfältig prüfen, ob<br />
es sich um einen „Zeitungsaufmacher“<br />
han<strong>de</strong>lt o<strong>de</strong>r tatsächlich erhöhte<br />
Sicherheitsrisiken bestehen. <strong>Als</strong> objektiver<br />
Prüfungsmaßstab können die<br />
Reise- und Sicherheitshinweise <strong>de</strong>s<br />
Auswärtigen Amts herangezogen wer<strong>de</strong>n,<br />
mit <strong>de</strong>nen das Auswärtige Amt auf<br />
beson<strong>de</strong>re Risiken für Reisen<strong>de</strong> und im<br />
Ausland leben<strong>de</strong> Deutsche aufmerksam<br />
macht. Sie können die Empfehlung<br />
enthalten, auf Reisen zu verzichten<br />
o<strong>de</strong>r sie einzuschränken. Eine solche<br />
Empfehlung hat auch ein Arbeitgeber<br />
unbedingt zu beachten, <strong>de</strong>nn ihn treffen<br />
sowohl aufgrund <strong>de</strong>r arbeitsvertraglichen<br />
Fürsorgepflicht als auch <strong>de</strong>r<br />
öffentlich-rechtlichen Bestimmungen<br />
<strong>de</strong>s Arbeitsschutzgesetzes beson<strong>de</strong>re<br />
Pflichten zu Hinweisen, Anweisungen<br />
o<strong>de</strong>r Vorsorgemaßnahmen gegenüber<br />
<strong>de</strong>n entsandten Mitarbeitern. So sind<br />
diese zumin<strong>de</strong>st über eine verän<strong>de</strong>rte<br />
Sicherheitslage ausreichend zu informieren.<br />
Zu<strong>de</strong>m hat <strong>de</strong>r Personalleiter zu<br />
prüfen, ob die Sicherheitsvorkehrungen<br />
für die Mitarbeiter vor Ort und die Vorbereitung<br />
auf <strong>de</strong>n Auslandseinsatz im<br />
Hinblick auf die verän<strong>de</strong>rten Umstän<strong>de</strong><br />
noch genügen, um einen hinreichen<strong>de</strong>n<br />
Arbeitsschutz zu gewährleis ten.<br />
Dr. Barbara Reinhard<br />
ist Fachanwältin für Arbeitsrecht und<br />
Partnerin bei Kliemt & Vollstädt in Frankfurt.<br />
personalmagazin: Wann ist <strong>de</strong>r Arbeitgeber<br />
verpflichtet, Mitarbeiter wegen eines Sicherheitsrisikos<br />
sofort aus <strong>de</strong>m Ausland<br />
zurückzuholen?<br />
Reinhard: Greift man die Wertungsstufen<br />
<strong>de</strong>s Auswärtigen Amts auf, so besteht<br />
eine „Rückholpflicht“ spätestens dann,<br />
wenn das Auswärtige Amt eine sogenannte<br />
Reisewarnung ausgibt. Dabei<br />
han<strong>de</strong>lt es sich um einen dringen<strong>de</strong>n<br />
Appell, Reisen in ein Land o<strong>de</strong>r in eine<br />
Region eines Lan<strong>de</strong>s zu unterlassen. Das<br />
Auswärtige Amt spricht diese Warnung<br />
nur aus, wenn aufgrund einer akuten<br />
Gefahr für Leib und Leben vor Reisen in<br />
ein Land o<strong>de</strong>r in eine bestimmte Region<br />
eines Lan<strong>de</strong>s gewarnt wer<strong>de</strong>n muss. In<br />
einem solchen Fall kann <strong>de</strong>r Arbeitgeber<br />
seinen Mitarbeitern nicht die Wahl<br />
lassen, ob sie sich „in Gefahr begeben<br />
wollen“ – so wie es einem Mitarbeiter<br />
auch nicht freisteht, ob er einen Schutzhelm<br />
trägt.<br />
personalmagazin: Und wenn <strong>de</strong>r Arbeitgeber<br />
untätig bleibt?<br />
Reinhard: Verletzt ein Arbeitgeber die arbeitsvertragliche<br />
Fürsorgepflicht und<br />
arbeitschutzrechtliche Vorschriften,<br />
können ihn Scha<strong>de</strong>nsersatzpflichten<br />
gegenüber <strong>de</strong>m Mitarbeiter o<strong>de</strong>r seinen<br />
Angehörigen treffen. Hinzu kommen<br />
sonstige finanzielle Risiken (Lösegeldzahlungen<br />
bei Entführungen, Rücktransport-<br />
und Einsatzkosten) sowie<br />
die Gefahr eines nicht unerheblichen<br />
Reputationsscha<strong>de</strong>ns. Han<strong>de</strong>lt <strong>de</strong>r Arbeitgeber<br />
schuldhaft, greifen auch<br />
Versicherungen gegebenenfalls nur unzureichend<br />
ein.<br />
personalmagazin: Was kann ein Arbeitnehmer<br />
machen, wenn er die Situation im<br />
Ausland als gefährlich einschätzt, <strong>de</strong>r<br />
Arbeitgeber aber lieber noch abwarten<br />
möchte, bevor er die Entsendung abbricht?<br />
Reinhard: Ein Arbeitnehmer kann in<br />
letzter Konsequenz eine fristlose Eigenkündigung<br />
aussprechen, wenn <strong>de</strong>r<br />
Arbeitgeber trotzt Rüge und Hinweis<br />
keinen hinreichen<strong>de</strong>n Arbeitsschutz<br />
gewährt. Auf <strong>de</strong>n Auslandsfall übertragen<br />
wäre aber – je nach <strong>de</strong>n Umstän<strong>de</strong>n<br />
<strong>de</strong>s Einzelfalls – zunächst eine Rückreiseanfrage<br />
o<strong>de</strong>r die Anfrage zu Sicherheitsvorkehrungen<br />
vor Ort angemessen.<br />
Zu<strong>de</strong>m kann die Arbeitsleistung – vorübergehend<br />
– aufgrund <strong>de</strong>r Umgebungsumstän<strong>de</strong><br />
unzumutbar sein, so dass<br />
<strong>de</strong>m Arbeitnehmer ein Leistungsver-<br />
Bei Fragen wen<strong>de</strong>n Sie sich bitte an katharina.schmitt@personalmagazin.<strong>de</strong><br />
personalmagazin 12 / 12
21<br />
weigerungsrecht zusteht, ohne dass er<br />
zugleich das Arbeitsverhältnis kündigen<br />
muss. Die Angemessenheit <strong>de</strong>r Arbeitnehmerreaktion<br />
wird zu<strong>de</strong>m auch<br />
danach zu beurteilen sein, ob erhöhte<br />
Risiken zwangsläufig mit <strong>de</strong>r vereinbarten<br />
Tätigkeit einhergehen. So kann ein<br />
aus Krisengebieten berichten<strong>de</strong>r Journalist<br />
nicht fristlos unter Hinweis auf die<br />
Risiken in einem Krisengebiet kündigen.<br />
<strong>de</strong>n Nachweis, dass <strong>de</strong>r Arbeitgeber alle<br />
notwendigen Vorkehrungen im Sinne<br />
eines effektiven Arbeitsschutzes getroffen<br />
hat. Unternehmen, die ihre Mitarbeiter<br />
häufig ins Ausland entsen<strong>de</strong>n, fassen<br />
allgemeine Verhaltensmaßstäbe und<br />
eigene Pflichten auch in Richtlinien zusammen,<br />
um eine klare Leitlinie zu kommunizieren,<br />
vergleichbar zu Ethik- o<strong>de</strong>r<br />
Compliance-Richtlinien. <br />
Das Interview führte Thomas Muschiol.<br />
personalmagazin: Gibt es Möglichkeiten,<br />
sich auf solche Situationen arbeitsvertraglich<br />
vorzubereiten?<br />
Reinhard: Die Fürsorgepflicht wie die arbeitsschutzrechtliche<br />
Pflicht zur Gefährdungsanalyse<br />
zwingen <strong>de</strong>n Arbeitgeber,<br />
beson<strong>de</strong>re Risiken eines Auslandseinsatzes<br />
zu prüfen und die entsandten Mitarbeiter<br />
angemessen auf die beson<strong>de</strong>ren<br />
Auslandsanfor<strong>de</strong>rungen vorzubereiten.<br />
Der Arbeitgeber hat daher die Mitarbeiter<br />
zu informieren, sich um eine angemessen<br />
Gesundheitsvorsorge, zum Beispiel<br />
Impfschutz, zu kümmern, in Krisengebieten<br />
ein Sicherheitstraining anzubieten<br />
und schließlich auch auf interkulturelle<br />
Sicher heitsrisiken hinzuweisen.<br />
personalmagazin: Was kann <strong>de</strong>r Arbeitgeber<br />
im Einzelnen praktisch tun?<br />
Reinhard: Arbeitgeber sollten zunächst<br />
<strong>de</strong>n zuständigen Vorgesetzten Checklisten<br />
an die Hand geben. Anhand dieser<br />
und allgemein festgelegter Verfahrensschritte<br />
wer<strong>de</strong>n Mitarbeiter vor <strong>de</strong>r Entsendung<br />
vorbereitet und abgesichert.<br />
Verhaltens- und Gesundheitsschutzhinweise<br />
können schriftlich zusammengefasst<br />
wer<strong>de</strong>n. Einzelmaßnahmen wie die<br />
Übergabe solcher Hinweise, Sicherheitstrainings,<br />
interkulturelle Schulungen<br />
o<strong>de</strong>r Sicherheitsmaßnahmen vor Ort<br />
sollten dokumentiert wer<strong>de</strong>n. Zu diesen<br />
Maßnahmen können eine medizinische<br />
Unterstützung vor Ort, die Beauftragung<br />
von Sicherheitsdiensten, Anweisungen<br />
im Fall einer Krise o<strong>de</strong>r weitere Schutzmaßnahmen<br />
(Versicherungsschutz,<br />
Rückreisemöglichkeiten) zählen. Die Dokumentation<br />
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12 / 12 personalmagazin
22 Titel_Auslandsentsendung<br />
Sechs Schritte zur Vorbereitung<br />
Handlungsanleitung. Aufgrund <strong>de</strong>r hohen Komplexität von Entsendungen ist eine<br />
gründliche Vorbereitung essenziell. Wir zeigen, was Unternehmen tun müssen.<br />
Von Jürgen Hei<strong>de</strong>nreich<br />
Was es bei Auslandsentsendungen<br />
alles zu be<strong>de</strong>nken<br />
gibt, ist nicht immer auf<br />
<strong>de</strong>n ersten Blick ersichtlich.<br />
In sechs Schritten kommen Sie von<br />
<strong>de</strong>r ersten Planung bis zur Entsendung.<br />
Schritt eins: Frühzeitig planen<br />
Geben Sie sich ausreichend Zeit für<br />
ein umfassen<strong>de</strong>s Reise- und Risikomanagement.<br />
In einem mittelständischen<br />
Unternehmen mit rund 150 Reisen<strong>de</strong>n<br />
(Geschäftsreisen<strong>de</strong> und Expatriates) ist<br />
ein Jahr Projektdauer nicht ungewöhnlich,<br />
bei größeren Unternehmen kann es proportional<br />
mehr wer<strong>de</strong>n. Dabei sind kleine<br />
Schritte besser als gar keine Aktivitäten.<br />
Schritt zwei: Informationen sammeln<br />
Am Anfang steht die systematische Erfassung,<br />
welche Personen o<strong>de</strong>r Bereiche<br />
im Unternehmen für die folgen<strong>de</strong>n<br />
Themen zuständig sind: Personal, Versicherungen,<br />
Recht, Sicherheit, Reisemanagement<br />
und Gesundheit. Diese<br />
Bereiche müssen einige Grundinformationen<br />
zusammentragen.<br />
• Personalbereich: Wie viele Reisen<strong>de</strong><br />
mit welchen Hauptreisezielen gab es im<br />
Vorjahr; wie viele wer<strong>de</strong>n in Zukunft erwartet;<br />
welche Län<strong>de</strong>r sind betroffen?<br />
•Versicherungsexperten: Name und Sitz<br />
<strong>de</strong>r (Auslands-) Krankenversicherung(en),<br />
die Zahl eventueller Versicherungsfälle<br />
im Vorjahr und die Probleme <strong>de</strong>r letzten<br />
drei Jahre mit Versicherern, Versicherten<br />
o<strong>de</strong>r Kassen<br />
• Security-Bereich: Welche Verträge be-<br />
stehen mit (externen) Sicherheits- o<strong>de</strong>r<br />
medizinischen Assistance-Unternehmen;<br />
wie viele Sicherheitsfälle welcher<br />
Art wur<strong>de</strong>n im Vorjahr gemel<strong>de</strong>t; wie<br />
waren externe Dienstleister involviert?<br />
• Reisemanagement: Name und Sitz <strong>de</strong>r<br />
Reisebüros sowie Kooperationen mit Hotel-Buchungsportalen;<br />
Reiserichtlinien<br />
• Betriebsärztlicher Dienst: Einhaltung<br />
<strong>de</strong>r Impfvorschriften für die Ziel<strong>de</strong>stinationen;<br />
Durchführung <strong>de</strong>r G-35-<br />
Untersuchungen; Evakuierungsfälle beziehungsweise<br />
Repatriierungsfälle<br />
• Rechtsbereich: Musterverträge für alle<br />
möglichen arbeitsvertraglichen Regelungen<br />
(Ein- und Zweivertragsmo<strong>de</strong>ll,<br />
Übertritts- und Mehrvertragsmo<strong>de</strong>ll).<br />
Schritt drei: Workshop zum Status quo<br />
In einem Workshop mit min<strong>de</strong>stens drei<br />
<strong>de</strong>r oben genannten Personen o<strong>de</strong>r Bereichen<br />
wird eine Status-quo-Analyse erstellt.<br />
Ziel dieses Workshops ist ferner:<br />
• Eine Risiko-Län<strong>de</strong>rkategorisierung einzuführen<br />
(medizinisches und Sicherheitsrisiko<br />
in <strong>de</strong>n Ziellän<strong>de</strong>rn einschätzen)<br />
• Reiserichtlinien (auch zu eingeschränkter<br />
Reisetätigkeit in Risiko-Zielgebiete<br />
und Impfvorschriften) anzupassen<br />
• Reisebuchung und Visabeantragung<br />
zu optimieren<br />
• Versicherungsverträge mit einer weltweit<br />
tätigen medizinischen Assistance<br />
abzuschließen, die auch eine Datenbank<br />
mit Krankenhäusern und Ärzten vorhält.<br />
Schritt vier: Projektgruppe einsetzen<br />
Eine Projektgruppe aus min<strong>de</strong>stens drei<br />
<strong>de</strong>r am Workshop beteiligten Personen<br />
o<strong>de</strong>r Bereichen kann das Delta an nicht<br />
vorhan<strong>de</strong>nen Maßnahmen aufbereiten.<br />
Bausteine, die intern abgebil<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n<br />
können, sollten Sie sofort in Angriff nehmen.<br />
Dazu zählen die Einrichtung einer<br />
7/24-Notrufnummer für alle Reisen<strong>de</strong>n,<br />
die Veröffentlichung von Informationen<br />
und Informationsquellen zum Thema<br />
Sicherheit und die medizinische Versorgung<br />
auf Reisen (im Intranet o<strong>de</strong>r<br />
in einer Broschüre). Auch Medizin- und<br />
Sicherheitsrisikoprofile <strong>de</strong>r jeweiligen<br />
Zielgebiete, ein Krisenhandbuch o<strong>de</strong>r<br />
Krisenleitfa<strong>de</strong>n gehören dazu.<br />
Schritt fünf: Ausschreibung an Externe<br />
Für alle weiteren Maßnahmen bietet sich<br />
eine Ausschreibung an externe Dienstleister<br />
an. Dabei sollten Sie gera<strong>de</strong> vor<br />
einer Erstentsendung Unternehmen <strong>de</strong>r<br />
gleichen Branche, Größe und Region kontaktieren<br />
und eine Benchmark-Analyse<br />
durchführen. Auch eine externe (Ausschreibungs-)Beratung<br />
kann sinnvoll<br />
sein.<br />
Schritt sechs: Versicherungen<br />
Zu <strong>de</strong>n notwendigen Versicherungen<br />
zählen neben <strong>de</strong>r Auslandskrankenversicherung<br />
eine Gruppenreiseversicherung<br />
und eine spezielle Auslandsunfallversicherung,<br />
wenn <strong>de</strong>r Mitarbeiter zeitlich<br />
unbegrenzt im Ausland eingesetzt wird<br />
o<strong>de</strong>r nur wegen <strong>de</strong>s Auslandseinsatzes<br />
eingestellt wur<strong>de</strong>.<br />
Jürgen Hei<strong>de</strong>nreich<br />
ist Fachreferent bei <strong>de</strong>r<br />
Techniker Krankenkasse und<br />
Fachbuchautor.<br />
Bei Fragen wen<strong>de</strong>n Sie sich bitte an katharina.schmitt@personalmagazin.<strong>de</strong><br />
personalmagazin 12 / 12
Der <strong>de</strong>mografische Wan<strong>de</strong>l führt dazu, dass Fachkräfte in Deutschland<br />
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24 Titel_Auslandsentsendung<br />
Sinne schärfen, Ruhe bewahren<br />
Praxis. Die größte Gefahr in unsicheren Regionen ist eigene Unwissenheit. Mit einem<br />
interkulturellen Sicherheitstraining wer<strong>de</strong>n Mitarbeiter auf <strong>de</strong>n Ernstfall vorbereitet.<br />
Von Anne-Katrin Schulz <br />
Anfang dieses Jahres sind innerhalb<br />
von zwei Wochen drei<br />
<strong>de</strong>utsche Auslandsentsandte<br />
entführt wor<strong>de</strong>n: Ein Ingenieur<br />
eines <strong>de</strong>utschen Bauunternehmens<br />
in Nigeria, <strong>de</strong>r später tot aufgefun<strong>de</strong>n<br />
wur<strong>de</strong>, ein Entwicklungshelfer <strong>de</strong>r<br />
Deutschen Welthungerhilfe in Pakistan<br />
und ein UN-Mitarbeiter im Jemen. Kurz<br />
zuvor waren <strong>de</strong>utsche Touristen in Äthiopien<br />
verschleppt und getötet wor<strong>de</strong>n.<br />
Die Statistiken bestätigen: Weltweit<br />
nimmt die Zahl <strong>de</strong>r Entführungen von<br />
Geschäftsreisen<strong>de</strong>n und Expatriates zu.<br />
Allein zwischen 1998 und 2008 hat sich<br />
ihre Zahl laut <strong>de</strong>r auf Entführungen spezialisierten<br />
Versicherungsgesellschaft<br />
Hiscox verdoppelt. Nach Chinesen und<br />
Franzosen sind Deutsche am häufigsten<br />
Opfer von Kidnapping.<br />
Dieser dramatische Trend geht einher<br />
mit einer zunehmen<strong>de</strong>n weltweiten<br />
Produktion und globalem Han<strong>de</strong>l. Insbeson<strong>de</strong>re<br />
Deutschland als eine <strong>de</strong>r be<strong>de</strong>utendsten<br />
Exportnationen <strong>de</strong>r Welt hat<br />
zahlreiche kleine, mittelständische und<br />
große Unternehmen, die international tätig<br />
sind. Auch in Krisenregionen machen<br />
<strong>de</strong>utsche Firmen Geschäfte. Dienstreisen<br />
und Auslandseinsätze in Risikolän<strong>de</strong>rn<br />
o<strong>de</strong>r Krisenregionen sind <strong>de</strong>shalb immer<br />
öfter an <strong>de</strong>r Tagesordnung.<br />
Die Sicherheitslage in Krisenregionen<br />
kann sich innerhalb weniger Stun<strong>de</strong>n<br />
än<strong>de</strong>rn, wie jüngst die Aufstän<strong>de</strong> in Afghanistan<br />
und Pakistan nach Veröffentlichung<br />
<strong>de</strong>r Mohammed-Vi<strong>de</strong>os zeigten.<br />
Gleichzeitig wer<strong>de</strong>n aus jahrzehntelang<br />
als relativ stabil eingestuften Län<strong>de</strong>rn<br />
(wie im Fall von Tunesien und Ägypten<br />
im Zuge <strong>de</strong>s Arabischen Frühlings) quasi<br />
über Nacht Risikogebiete. Des Weiteren<br />
sind entsandte Mitarbeiter in vielen<br />
Län<strong>de</strong>rn einem erhöhten Risiko ausgesetzt,<br />
Opfer von Gewaltkriminalität zu<br />
wer<strong>de</strong>n. Es sind Risiken wie Car-Napping,<br />
Express-Kidnaps, Raub o<strong>de</strong>r einfach<br />
Diebstahl, die etwa in Län<strong>de</strong>rn wie<br />
Südafrika, Brasilien und Mexiko an <strong>de</strong>r<br />
Tagesordnung sind.<br />
Haftungsrisiko: Aufklärung über<br />
politisch-gesellschaftliche Unruhen<br />
Die rechtlichen Grenzen <strong>de</strong>r Fürsorgepflicht<br />
<strong>de</strong>s Arbeitgebers bei Auslandseinsätzen<br />
sind noch immer fließend. Aber<br />
fest steht: Im Fall <strong>de</strong>r Fälle steht das<br />
Unternehmen in <strong>de</strong>r Haftung, wenn ein<br />
Mitarbeiter während seines (kurz- o<strong>de</strong>r<br />
mittelfristigen) Auslandsaufenthalts in<br />
einem als risikoreich eingeschätzten<br />
Land entführt wird und sich im Nachhinein<br />
herausstellt, dass sein Unternehmen<br />
das Risiko unterschätzt und die<br />
Sorgfaltspflichten verletzt hat. Firmen,<br />
die ihre Geschäftsreisen<strong>de</strong>n und Expatriates<br />
umfassend auf ihre Tätigkeit in<br />
kritischen Staaten vorbereiten, min<strong>de</strong>rn<br />
nicht nur das Haftungsrisiko, son<strong>de</strong>rn<br />
auch <strong>de</strong>n Unsicherheitsfaktor.<br />
Die Praxis zeigt: Viele Fälle – von<br />
Raub über Erpressung bis hin zu<br />
Express entführungen von Geschäftsreisen<strong>de</strong>n<br />
– lassen sich durch eine professionelle<br />
Vorbereitung und vorbeugen<strong>de</strong><br />
Maßnahmen verhin<strong>de</strong>rn. Wer mit lan<strong>de</strong>stypischen<br />
Sitten und <strong>de</strong>r politischen<br />
Situation einer Region vertraut ist, gerät<br />
seltener in Schwierigkeiten. Die Angebote<br />
zur Vorbereitung von Mitarbeitern<br />
auf einen Auslandseinsatz sind ebenso<br />
zahlreich wie unterschiedlich – sie reichen<br />
von <strong>de</strong>n klassischen Relocation-Angeboten<br />
über interkulturelles Training<br />
mit lan<strong>de</strong>skundlichen Informationen<br />
zur Erarbeitung interkultureller Kompetenzen<br />
bis hin zum echten Sicherheitstraining<br />
für Gefahrensituationen.<br />
Die auf Entsen<strong>de</strong>beratung spezialisierte<br />
BDAE-Gruppe hat nun gemeinsam<br />
mit <strong>de</strong>m Sicherheitsdienstleister Result<br />
Group ein kombiniertes Sicherheits- und<br />
Buchen Sie in Län<strong>de</strong>rn<br />
mit Terrorrisiko nie Zimmer<br />
im ersten, zweiten<br />
o<strong>de</strong>r über <strong>de</strong>m sechsten<br />
Stock. Unten ist die<br />
Druckwelle von Bomben<br />
am stärksten, oben die<br />
Rettung erschwert.<br />
interkulturelles Training entwickelt, das<br />
anhand von Hintergrundinfos, Fakten<br />
und praktischen Übungen, Mitarbeiter<br />
im Ausland sowohl auf potenzielle interkulturelle<br />
Konflikte als auch konkrete<br />
Gefahrensituationen vorbereitet.<br />
Ziel <strong>de</strong>s Trainings ist es, die Teilnehmer<br />
dafür zu sensibilisieren, dass die<br />
größte Gefahr in Krisenregionen von <strong>de</strong>r<br />
personalmagazin 12 / 12
25<br />
eigenen Unwissenheit ausgeht. Der interkulturelle<br />
Teil <strong>de</strong>s zweitägigen Trainings<br />
dient dazu, die eigene kulturelle Brille<br />
abzunehmen und die <strong>de</strong>s Gastlands<br />
aufzusetzen. Dies geschieht durch einen<br />
hohen partizipativen Anteil. Mithilfe<br />
von Simulationen, Übungen und Gruppenarbeiten<br />
sollen Inhalte nicht nur<br />
verstan<strong>de</strong>n, son<strong>de</strong>rn selbst erlernt und<br />
erfahren wer<strong>de</strong>n, damit alle Teilnehmer<br />
das neu Gelernte verinnerlichen und in<br />
Folge selbst leichter umsetzen können.<br />
Ergänzend dazu folgt ein theoretischer<br />
Teil über die Kulturstandards und Sitten<br />
<strong>de</strong>s jeweiligen Gastlands.<br />
Am zweiten Trainingstag fin<strong>de</strong>t die<br />
Sicherheitsschulung statt. Diese besteht<br />
aus einem theoretischen und einem<br />
praktischen Teil. In <strong>de</strong>r Theorie sollen<br />
die Geschäftsreisen<strong>de</strong>n und Expats vor<br />
allem dafür sensibilisiert wer<strong>de</strong>n, welche<br />
Risiken sie im entsprechen<strong>de</strong>n Aufenthaltsland<br />
erwarten. Dabei geht es um<br />
Fragen, welches Hotel in welcher Region<br />
am sichersten ist, welche Verkehrsmittel<br />
besser nicht genutzt wer<strong>de</strong>n sollten o<strong>de</strong>r<br />
wie man sich auf Flughäfen bewegt. So<br />
sollten Geschäftsreisen<strong>de</strong> beispielsweise<br />
in Län<strong>de</strong>rn mit einem terroristischen<br />
Risiko niemals ein Hotelzimmer im ersten,<br />
zweiten o<strong>de</strong>r über <strong>de</strong>m sechsten<br />
Stock buchen. Die Begründung <strong>de</strong>r Experten:<br />
Im Falle eines Bombenanschlags<br />
wie 2008 in Mumbai im Taj Mahal Palace<br />
Hotel ist die Druckwelle in <strong>de</strong>n Zimmern<br />
<strong>de</strong>r unteren Etagen am stärksten.<br />
Ab <strong>de</strong>r sechsten Etage sind wie<strong>de</strong>rum<br />
Feuerwehrleistungen nur eingeschränkt<br />
möglich. Reisen<strong>de</strong> sollten überdies niemals<br />
ihren Pass an <strong>de</strong>r Rezeption hinterlassen,<br />
auch wenn dies gefor<strong>de</strong>rt wird.<br />
Für <strong>de</strong>n Notfall muss <strong>de</strong>r Original-Pass<br />
schnell zur Hand sein.<br />
Unerwartete Checkpoint-Situation: Gut, wenn je<strong>de</strong>r weiß, wie er sich verhalten soll.<br />
Ruhiges Verhalten kann Überlebenschancen<br />
sichern<br />
Ein weiteres Beispiel: In Län<strong>de</strong>rn mit einer<br />
hohen Korruption kann es häufig zu<br />
sogenannten „Checkpoint-Situationen“<br />
kommen. Dies sind Straßensperren mit<br />
Polizisten o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Sicherheitskräften,<br />
die Autos anhalten. In <strong>de</strong>r Regel<br />
verlangen diese ein Schmiergeld,<br />
damit <strong>de</strong>r Wagen passieren darf. Dann<br />
gilt: Sich normal und ruhig verhalten,<br />
keine schnellen Bewegungen vollziehen,<br />
da meistens eine Person mit Waffe am<br />
Anschlag die Situation beobachtet und<br />
nervös wer<strong>de</strong>n könnte. Verlangen die<br />
Kontrolleure tatsächlich Schmiergeld, so<br />
sollte dieses so übergeben wer<strong>de</strong>n, dass<br />
<strong>de</strong>m Opfer möglichst keine Bestechung<br />
unterstellt wer<strong>de</strong>n kann.<br />
Der praktische Teil <strong>de</strong>s Sicherheitstrainings<br />
besteht aus nachgestellten Situationen<br />
und Verhaltungsübungen für<br />
Krisensituationen. Dort stellen die ausgebil<strong>de</strong>ten<br />
Trainer (in <strong>de</strong>r Regel ehemalige<br />
Spezialkräfte <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>swehr o<strong>de</strong>r<br />
Polizei) beispielsweise eine Car-Jacking-<br />
Situation nach. Dabei han<strong>de</strong>lt es sich um<br />
schnelle Überfälle am helllichten Tag im<br />
Berufsverkehr. Die Täter bedrohen <strong>de</strong>n<br />
Fahrer eines Autos an <strong>de</strong>r Ampel mit einer<br />
Waffe und zwingen ihn auszusteigen.<br />
Für gewöhnlich haben es die Täter<br />
„nur“ auf das Auto abgesehen, weshalb<br />
das Opfer keinen Wi<strong>de</strong>rstand leisten und<br />
allen Anweisungen folgen sollte. Auch<br />
die Täter stehen unter einem großen<br />
Druck, sodass jegliche Provokation zu<br />
Problemen führen könnte.<br />
In<strong>de</strong>m die Teilnehmer eine solche Szene<br />
trainieren, bekommen sie eine Vorstellung<br />
vom Ernstfall und fühlen sich<br />
durch die vermittelten Inhalte, Tipps<br />
und Tricks besser vorbereitet. Die entführten<br />
Mitarbeiter Anfang <strong>de</strong>s Jahres<br />
hätten nach Fachmeinung das Risiko<br />
verschleppt zu wer<strong>de</strong>n zum Beispiel verringern<br />
können, wenn sie täglich eine<br />
an<strong>de</strong>re Route zum Arbeitsplatz gewählt<br />
hätten und <strong>de</strong>n Arbeitsbeginn regelmäßig<br />
variiert hätten. 85 Prozent aller<br />
Entführungen fin<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>r Woche und<br />
meistens morgens statt.<br />
Die Sensibilisierung für das „Un<strong>de</strong>nkbare“<br />
schärft Sinne und Verstand <strong>de</strong>s<br />
Entsandten. Wer sich vorsichtiger verhält<br />
und für <strong>de</strong>n Ernstfall trainiert hat, rettet<br />
im Zweifel Leib und Leben.<br />
Anne-Katrin Schulz<br />
ist Leiterin Unternehmenskommunikation<br />
bei <strong>de</strong>r<br />
BDAE-Gruppe.<br />
© shutterstock.com / Glynnis Jones<br />
12 / 12 personalmagazin Bei Fragen wen<strong>de</strong>n Sie sich bitte an katharina.schmitt@personalmagazin.<strong>de</strong>
26 Management_NEWS<br />
Entwurf gestoppt<br />
Große Aufruhr hatte <strong>de</strong>r Entwurf<br />
zum Jahressteuergesetz<br />
2013 in <strong>de</strong>r Weiterbildungsbranche<br />
verursacht. Wie bereits in<br />
Ausgabe 10/2012 berichtet, hätte die<br />
darin geplante Umsatzsteuerbefreiung<br />
von Weiterbildungsleistungen<br />
hohe Kosten zur Folge gehabt – für<br />
Anbieter und Kun<strong>de</strong>n. Nun ist das<br />
Vorhaben erst einmal vom Tisch.<br />
In <strong>de</strong>r öffentlichen Anhörung zum<br />
Gesetzentwurf hatte es laut Pressedienst<br />
<strong>de</strong>s Deutschen Bun<strong>de</strong>stags<br />
„heftigen Wi<strong>de</strong>rspruch von <strong>de</strong>n<br />
Sachverständigen gegeben“. Mit Än<strong>de</strong>rungsantrag<br />
<strong>de</strong>r Koalition wur<strong>de</strong><br />
die geplante Umsatzsteuerbefreiung<br />
dann zurückgenommen, weil erheblicher<br />
Aufwand drohe.<br />
Das wacklige Kartenhaus ist zusammengeklappt.<br />
Ursprünglich sollte <strong>de</strong>r neu formulierte<br />
§ 4 Nr. 21 Umsatzsteuergesetz<br />
(UStG) alle Weiterbildungsleistungen von <strong>de</strong>r Umsatzsteuer befreien, um so<br />
eine EU-Richtlinie umzusetzen. Damit wäre <strong>de</strong>r Vorsteuerabzug für die Eingangsleistungen<br />
<strong>de</strong>r Seminaranbieter wie Trainerhonorare o<strong>de</strong>r Schulungsunterlagen<br />
entfallen. Die Umsatzsteuer hätte sich von einem durchlaufen<strong>de</strong>n<br />
Posten zu einem handfesten Kostenfaktor entwickelt. Die so entstan<strong>de</strong>nen<br />
Mehrkosten hätten auch die Seminarteilnehmer tragen müssen. Weiterbildung<br />
und Personalentwicklung wären teurer gewor<strong>de</strong>n. Dagegen wehrten sich Anbieter<br />
und Verbän<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Weiterbildungsbranche – zuletzt mit einer Petition<br />
<strong>de</strong>s Q-Pool 100 e.V., einem Trainerverband. Nun bleibt abzuwarten, wie die<br />
Bun<strong>de</strong>sregierung die EU-Richtlinie wirtschaftlich vertretbar umsetzen wird.<br />
Nachgefragt<br />
Soziale Ansteckung<br />
Es war ein Desaster für Fußballfans, was sich<br />
im Spiel <strong>de</strong>r Nationalelf gegen Schwe<strong>de</strong>n<br />
abspielte. Nach<strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Vorsprung von vier<br />
Toren eingeholt war, rangen die Beteiligten<br />
um Erklärungen für die Verunsicherung, die<br />
sich in <strong>de</strong>r Mannschaft in <strong>de</strong>r zweiten Halbzeit<br />
ausgebreitet hatte. Sportpsychologen<br />
erklärten sich das mit <strong>de</strong>m Phänomen <strong>de</strong>r<br />
„Sozialen Ansteckung“: Ein Spieler überträgt<br />
seine Emotionen auf die an<strong>de</strong>ren Teammitglie<strong>de</strong>r.<br />
Dieser Effekt existiert auch in <strong>de</strong>r<br />
Arbeitswelt, wie Professor Susanne Kauffeld,<br />
Mitherausgeberin <strong>de</strong>s Wissenschaftsjournals<br />
„Personal Quarterly“, erläutert: „Wir können<br />
dieses Phänomen zum Beispiel auch für das<br />
Jammern in Meetings nachweisen. Jammert<br />
ein Mitarbeiter in einer Teamsitzung,<br />
stimmen die Kollegen sehr oft ein o<strong>de</strong>r<br />
stimmen ihm zumin<strong>de</strong>st zu. Auf diese Weise<br />
entstehen ganze Jammerspiralen, die sogar<br />
zu nachweisbaren Produktivitätseinbußen<br />
o<strong>de</strong>r weniger Innovationen führen können.“<br />
Eine solche Jammerspirale zu durchbrechen,<br />
sei über eine zielorientierte Diskussionsführung<br />
möglich, <strong>de</strong>nn so lasse man <strong>de</strong>n<br />
jammern<strong>de</strong>n Kollegen weniger Raum für ihre<br />
Aussagen. Zusätzlich können altersgemischte<br />
Teams helfen: Eine Studie belegt, dass das<br />
Jammern in Teams zunimmt, umso mehr<br />
ältere Mitarbeiter daran beteiligt sind.<br />
News <strong>de</strong>s Monats<br />
Personalauswahl Laut einer Delphi-Studie über die Zukunft <strong>de</strong>r Personalauswahl wer<strong>de</strong>n künftig weniger unstrukturierte Interviews<br />
eingesetzt, mehr Evaluation betrieben und vor allem ein Metho<strong>de</strong>nmix die Personalauswahl bestimmen. „Wer Bewerber vor allem danach<br />
auswählt, ob sie sympathisch wirken o<strong>de</strong>r die gleiche Universität besucht haben, gehört bald zu einer aussterben<strong>de</strong>n Spezies“, resümieren<br />
die Studienautoren in <strong>de</strong>r Zeitschrift „Harvard Business Manager“.<br />
Motivation Warum Mitarbeiter <strong>de</strong>s Monats motivierter sind, erklärte Frank Hauser <strong>de</strong>m <strong>Haufe</strong> Personal Portal: „Wenn Unternehmen Anlässe<br />
nutzen, Mitarbeitern Anerkennung zukommen zu lassen, ist das sehr positiv, <strong>de</strong>nn das passiert noch <strong>de</strong>utlich zu wenig. Das klassische Format<br />
‚Mitarbeiter <strong>de</strong>s Monats‘ enthält aber Fallstricke, die die gute Absicht konterkarieren können. Zum einen bleibt die Nachvollziehbarkeit <strong>de</strong>r<br />
Auswahl häufig auf <strong>de</strong>r Strecke. Zum an<strong>de</strong>ren gibt es das Phänomen, dass <strong>de</strong>r Preis in einer Gruppe von Mitarbeitern wan<strong>de</strong>rt.“<br />
Social Media Personaler müssen oft lange gegen interne Wi<strong>de</strong>rstän<strong>de</strong> kämpfen, bis sie eine Karriereseite in <strong>de</strong>n Social Media veröffentlichen<br />
dürfen. Wer dies schafft, investiert inzwischen mehr Ressourcen und Know-how, so eine Studie <strong>de</strong>r Hamburger Digitalagentur Atenta<br />
zu <strong>de</strong>n HR-Aktivitäten auf Facebook. Trotz<strong>de</strong>m hapert es noch an <strong>de</strong>r direkten Kommunikation mit <strong>de</strong>n Social-Media-Nutzern.<br />
+++ Aktuelle News +++ Hintergrün<strong>de</strong> +++ täglich unter www.haufe.<strong>de</strong>/personal +++<br />
personalmagazin 12 / 12
Management_DienstleistunGen<br />
27<br />
In <strong>de</strong>r Zeitarbeit<br />
wird es wohl bald<br />
weniger Blaumänner<br />
geben.<br />
Zeitarbeit mit weniger Wachstum<br />
Die <strong>de</strong>utschen Zeitarbeitsfirmen stellen sich auf ein schwieriges Jahr<br />
2013 ein. Das geht aus einer Umfrage <strong>de</strong>r Wirtschaftsprüfungsund<br />
Beratungsgesellschaft PwC hervor, an <strong>de</strong>r sich über 20 große<br />
Anbieter beteiligten. Während die Zahl <strong>de</strong>r Zeitarbeitnehmer 2011 noch<br />
um 14 Prozent gewachsen ist, erwarten die Befragten nun eine Abschwächung<br />
<strong>de</strong>s Wachstums auf rund vier Prozent. Eine wesentliche Ursache<br />
ist nach Einschätzung von 86 Prozent <strong>de</strong>r Befragten die Verteuerung <strong>de</strong>r<br />
Zeitarbeit durch die tariflichen Equal-Pay-Klauseln. Auch die schwächere<br />
Konjunkturentwicklung und <strong>de</strong>r Fachkräftemangel wer<strong>de</strong>n nach Ansicht<br />
<strong>de</strong>r meisten Befragten zur gebremsten Entwicklung beitragen. Die Befragten<br />
rechnen allerdings nicht mit einem generellen Nachfragerückgang,<br />
son<strong>de</strong>rn mit einer Verlagerung hin zum Verleih höher qualifizierter<br />
Zeitarbeitskräfte und sehen grundsätzlich weiteres Wachstumspotenzial.<br />
Nur fünf Prozent halten <strong>de</strong>n Zeitarbeitsmarkt für gesättigt. www.pwc.<strong>de</strong><br />
Neues von <strong>de</strong>n Stellenmärkten<br />
Award. Auf <strong>de</strong>r Fachmesse Zukunft<br />
Personal haben Personaler <strong>de</strong>n<br />
„Human Resource Innovation Slam<br />
Award 2012“ an das Portal Talent-<br />
Frogs verliehen. Dieses spricht<br />
gezielt Quereinsteiger an, um zusätzliches<br />
Bewerberpotenzial auszuschöpfen.<br />
Dabei stuft es Talente<br />
höher ein als Fachqualifikationen<br />
und erweitert so die Möglichkeiten<br />
am Arbeitsmarkt. www.talentfrogs.<strong>de</strong><br />
Transparenz. Rund zwei Jahre lang<br />
ließ Monster seine Zugriffszahlen<br />
von <strong>de</strong>m unabhängigen Institut IVW<br />
messen. Nun hat sich das Jobportal<br />
wie<strong>de</strong>r von <strong>de</strong>m Verfahren verabschie<strong>de</strong>t.<br />
Zum einen, so das Jobportal,<br />
weil das global tätige Unternehmen<br />
eine internationale Harmonisierung<br />
seiner Zahlen durchführe und daher<br />
künftig auf ein global verfügbares<br />
Messverfahren setze. Ein weiterer<br />
Grund ist die mangeln<strong>de</strong> Bereitschaft<br />
an<strong>de</strong>rer Jobportale, sich dort messen<br />
zu lassen und für mehr Transparenz<br />
auf <strong>de</strong>m unübersichtlichen Markt zu<br />
sorgen. Nach <strong>de</strong>m Rückzug von Monster<br />
sind nur noch die allgemeinen<br />
Jobportale Stepstone und Stellen-Online<br />
IVW-geprüft. www.ivw.<strong>de</strong><br />
Recruiting. Stellenanzeigen haben<br />
erhebliches Optimierungspotenzial.<br />
Das zeigt eine Umfrage von<br />
Kalaydo.<strong>de</strong> unter 800 Bewerbern.<br />
Beinahe ein Drittel <strong>de</strong>r Befragten<br />
bewerten die Jobangebote nur mit<br />
Schulnote „Vier“ o<strong>de</strong>r schlechter.<br />
Lediglich 22 Prozent votieren mit<br />
„gut“ o<strong>de</strong>r „sehr gut“. Insbeson<strong>de</strong>re<br />
das dargestellte Anfor<strong>de</strong>rungsprofil<br />
wird in <strong>de</strong>n Stellenanzeigen<br />
bemängelt. www.kalaydo.<strong>de</strong><br />
kurznachrichten<br />
Mehr externe IT-Experten<br />
Immer mehr Unternehmen setzen im IT-<br />
Bereich auf Unterstützung durch externe<br />
Experten, zum Beispiel Freelancer. Deshalb<br />
will <strong>de</strong>r Personaldienstleister DIS AG dieses<br />
Thema stärker in <strong>de</strong>n Mittelpunkt rücken.<br />
Sieben Standorte haben sich bereits auf<br />
die Vermittlung selbstständiger IT-Experten<br />
konzentriert, weitere sollen im kommen<strong>de</strong>n<br />
Jahr folgen. <br />
www.dis-ag.com<br />
Zeitarbeitsfirma insolvent<br />
Das Zeitarbeitsunternehmen PSW Personal<br />
Service Wun<strong>de</strong>r hat En<strong>de</strong> September Insolvenz<br />
angemel<strong>de</strong>t. Im August hatte ein Teil<br />
<strong>de</strong>r Mitarbeiter bereits kein Gehalt mehr<br />
bekommen. PSW mit Sitz in Kaiserslautern<br />
wur<strong>de</strong> 2005 gegrün<strong>de</strong>t und unterhält <strong>de</strong>rzeit<br />
20 Nie<strong>de</strong>rlassungen in verschie<strong>de</strong>nen<br />
Städten Deutschlands und beschäftigt<br />
1.200 Mitarbeiter. www.psw-gmbh.eu<br />
Mitarbeiterempfehlungen<br />
Der beste Weg, neue Mitarbeiter zu fin<strong>de</strong>n,<br />
ist über Empfehlungen in Mitarbeiter-<br />
Netzwerken. Mit <strong>de</strong>r Plattform „Jobs for<br />
Friends“ von Softgar<strong>de</strong>n können Unternehmen<br />
neue Mitarbeiter systematisch in<br />
<strong>de</strong>n Netzwerken bestehen<strong>de</strong>r Mitarbeiter<br />
fin<strong>de</strong>n. Recruiter geben eine Jobbeschreibung<br />
und die Mail-Adressen von Kollegen<br />
ein, die <strong>de</strong>n Job weiterverbreiten sollen.<br />
Das System informiert diese Mitarbeiter per<br />
E-Mail und Link. <strong>Als</strong> Belohnung fürs Weiterempfehlen<br />
<strong>de</strong>r Jobofferten erhalten die<br />
Mitarbeiter Bonuspunkte auf <strong>de</strong>r Plattform.<br />
<br />
www.jobs-for-friends.com<br />
KPMG übernimmt HR-Beratung<br />
Im Oktober hat die Wirtschaftsprüfungsund<br />
Beratungsgesellschaft KPMG die<br />
HR-Unternehmensberatung Dr. Geke &<br />
Associates übernommen. Deren Grün<strong>de</strong>r<br />
und Geschäftsführer Dr. Michael Geke wird<br />
künftig als Partner bei KPMG tätig sein<br />
(lesen Sie dazu auch unser Interview auf<br />
Seite 57). <br />
www.kpmg.<strong>de</strong><br />
12 / 12 personalmagazin<br />
Bei Fragen wen<strong>de</strong>n Sie sich bitte an kristina.en<strong>de</strong>rle@personalmagazin.<strong>de</strong>
28 Management_Personalmarketing<br />
Werber in Uniform<br />
PRAXIS. Ein Versuch <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>swehr, sich per Anzeige in <strong>de</strong>r „Bravo“ als Arbeitgeber<br />
attraktiv darzustellen, lief schief. Doch einige Aktionen lassen sich adaptieren.<br />
Von Ruth Lemmer<br />
Unter <strong>de</strong>r fetzigen Überschrift<br />
„Palmen, Party, Panzerfahren“<br />
schreibt sich ein Redakteur<br />
von „Spiegel-Online“ am 18.<br />
September <strong>de</strong>n Frust von <strong>de</strong>r Frie<strong>de</strong>nsseele:<br />
Die Bun<strong>de</strong>swehr hatte mit einem<br />
Clip und Anzeigen in <strong>de</strong>r Jugendzeitschrift<br />
„Bravo“ für Abenteuercamps geworben.<br />
Junge Menschen zwischen 16<br />
und 21 Jahren wur<strong>de</strong>n mit einem attraktiven<br />
Sport- und Pfadfin<strong>de</strong>rangebot auf<br />
einen Luftwaffenstützpunkt nach Sardinien<br />
und zu <strong>de</strong>n Gebirgsjägern in die<br />
Berchtesga<strong>de</strong>ner Alpen gelockt – Fitness<br />
und Teamgeist stan<strong>de</strong>n im Mittelpunkt.<br />
Zwei Werte, die für die Streitkräfte existenziell<br />
sind.<br />
Kritik am Personalmarketing<br />
Dem Vorwurf, die Werbekooperation<br />
mit <strong>de</strong>r „Bravo“, die eher von 12- bis<br />
14-Jährigen gelesen wird als von über<br />
16-Jährigen, verstoße gegen die Uno-Kin<strong>de</strong>rrechtskonvention,<br />
wie Kritiker zum<br />
Beispiel von Terre <strong>de</strong>s Hommes meinen,<br />
wi<strong>de</strong>rsprechen die Nachwuchsgewinner<br />
<strong>de</strong>r Armee. Auch <strong>de</strong>r Unterstellung, man<br />
wür<strong>de</strong> die Gefahren <strong>de</strong>s Soldatenberufs<br />
verheimlichen, setzen die Rekrutierer etwas<br />
entgegen: Die Jungen und Mädchen,<br />
die – sofern unter 18, mit Erlaubnis ihrer<br />
Eltern – dort anreisten, konnten mit<br />
Soldaten über ihren Berufsalltag sprechen<br />
– auch über Afghanistan, <strong>de</strong>nn ein<br />
Camp-Betreuer war in diesem Kriegsgebiet<br />
schon einmal stationiert.<br />
Ohne Schnörkel gibt Wolfgang Born,<br />
oberster Personalchef im Generalsrang,<br />
Die Bun<strong>de</strong>swehr muss seit <strong>de</strong>r Abschaffung <strong>de</strong>r allgemeinen Wehrpflicht für sich als<br />
Arbeitgeber verstärkt werben, um die Reihen mit Nachwuchs zu füllen.<br />
in Sachen Transparenz die Richtung vor.<br />
Der 63-Jährige hält nichts davon, heute<br />
die Auslandseinsätze und die damit<br />
verbun<strong>de</strong>nen Gefahren wegzudrücken.<br />
Im Gegenteil. Er for<strong>de</strong>rt: „Man muss es<br />
offen sagen, dass man als Soldat und<br />
Soldatin auf <strong>de</strong>n Kriegseinsatz vorbereitet<br />
wird, man darf das Militärische<br />
<strong>de</strong>r Ausbildung und <strong>de</strong>s Einsatzes nicht<br />
verschweigen.“ Auch <strong>de</strong>r Generalleut-<br />
nant <strong>de</strong>r Luftwaffe, Norbert Finster, als<br />
Abteilungsleiter verantwortlich für die<br />
Führung <strong>de</strong>r Streitkräfte, re<strong>de</strong>te im September<br />
auf <strong>de</strong>m Fernausbildungskongress<br />
<strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>swehr Klartext: „Die<br />
Gefährdung von Leib, Leben und Gesundheit<br />
unserer Soldatinnen und Soldaten<br />
ist tägliche Einsatzrealität.“<br />
Trotz dieses Willens zur Offenheit<br />
ist <strong>de</strong>r Streit um die Jugend-Camps<br />
personalmagazin 12 / 12
29<br />
Essenz<br />
Sechs Lektionen für das Marketing<br />
© Fotolia.com / Dron<br />
noch nicht ausgestan<strong>de</strong>n. Am 11. Oktober<br />
stellte die Fraktion „Die Linke“ im<br />
Bun<strong>de</strong>stag eine Kleine Anfrage zu <strong>de</strong>n<br />
Adventure-Camps (17/10963). „Schließlich<br />
sind die ‚Bun<strong>de</strong>swehr-Locations‘ in<br />
Kunduz und Feyzabad nicht als ‚supercool‘<br />
bekannt“, heißt es sarkastisch in<br />
<strong>de</strong>r Anfrage, die sowohl auf irreführen<strong>de</strong><br />
Information von Jugendlichen als auch<br />
auf die Werbekosten abzielt. Die Antwort<br />
steht noch aus. Doch für 2011 gibt es bereits<br />
Zahlen. Damals beantwortete die<br />
Bun<strong>de</strong>sregierung wie<strong>de</strong>rum eine Anfrage<br />
aus <strong>de</strong>m Parlament (BT Drucksache<br />
17/9211). Demnach lagen die Ausgaben<br />
für die Personalwerbung, verteilt über<br />
alle Medien, bei über acht Millionen Euro,<br />
wobei im Jugendmarketing 142.000<br />
Euro für Printanzeigen und 72.500 Euro<br />
fürs Web anfielen. Die „Bravo“-Kooperation<br />
samt Camps soll rund 250.000 Euro<br />
gekostet haben.<br />
Großes Budget für Recruiting<br />
Die Diskussion um Werbekosten und<br />
-posten weist auf die drastischen Verän<strong>de</strong>rungen<br />
hin, die sich für <strong>de</strong>n Arbeitgeber<br />
Bun<strong>de</strong>swehr durch das En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r<br />
Pflicht zum Wehrdienst ergeben haben.<br />
Seit<strong>de</strong>m muss die Bun<strong>de</strong>swehr lernen,<br />
auf sich aufmerksam zu machen, weil sie<br />
zum Arbeitgeber unter an<strong>de</strong>ren mutiert<br />
ist – interessiert vor allem an technisch<br />
versiertem Nachwuchs, <strong>de</strong>r zu<strong>de</strong>m psychisch<br />
stabil und sportlich o<strong>de</strong>r wenigstens<br />
sportlich trainierbar sein muss.<br />
Zwei weitere Anfor<strong>de</strong>rungen betreffen<br />
Mobilität und Verantwortungsbewusstsein:<br />
Versetzungen in verschie<strong>de</strong>ne<br />
<strong>de</strong>utsche Kasernen sind Normalität, mit<br />
mehrmonatigen Einsätzen im Kosovo,<br />
am Horn von Afrika und natürlich auch<br />
in Afghanistan müssen die Soldaten<br />
rechnen. Außer<strong>de</strong>m gehört es zur militärischen<br />
Ausbildung, schon mit Anfang<br />
20 ein Team zu leiten – etwa in <strong>de</strong>r Unteroffizierslaufbahn<br />
als Gruppenführer<br />
mit bis zu 15 Soldaten. Auch Offiziere<br />
stehen bereits mit Mitte 20 vor <strong>de</strong>r Truppe<br />
und sind verantwortlich für Menschen<br />
und Material. Das ist dann, an<strong>de</strong>rs<br />
Die Bun<strong>de</strong>swehr ist ein Beispiel für ein Unternehmen, das in Rekrutierungsdingen mit<br />
seinem Image zu kämpfen hat. An<strong>de</strong>re Arbeitgeber können von <strong>de</strong>n Maßnahmen <strong>de</strong>r<br />
Bun<strong>de</strong>swehr lernen. Die Zusammenfassung zeigt die positiven Ansatzpunkte.<br />
- Betonen Sie die Möglichkeiten in <strong>de</strong>r Aus- und Weiterbildung im Unternehmen<br />
- Prägen Sie früh Ihr Image als Arbeitgeber durch Aktionen an Schulen<br />
- Setzen Sie Arbeitnehmer als „Testimonials“ im Recruiting ein,<br />
um <strong>de</strong>ren reale Erfahrungen im Arbeitseinsatz zu vermitteln<br />
- Planen Sie ausreichend Budget für die Marketingmaßnahmen ein<br />
- Wählen Sie eine emotionale Ansprache in Anzeigen<br />
- Befragen Sie die Mitarbeiter, um das Image Ihres Unternehmens zu ermitteln (end)<br />
als bei zivilen Unternehmen, eine Verantwortung<br />
mit <strong>de</strong>r Waffe in <strong>de</strong>r Hand<br />
und in Krisengebieten mit möglichen<br />
Heckenschützen o<strong>de</strong>r Bombenwerfern<br />
als Gegenüber. Oberstleutnant Helmar<br />
Koch, <strong>de</strong>r von Köln aus die überregionale<br />
Personalwerbung für <strong>de</strong>n militärischen<br />
Teil <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>swehr steuert und selbst<br />
bereits dreimal in Kundus sowie Kabul<br />
einen Trupp führte, zieht die Grenze zu<br />
zivilen Berufen: „Wir suchen immer <strong>de</strong>n<br />
Soldaten.“ Seine Zielgruppe sind die 17-<br />
bis 31-Jährigen. Ärzte und Juristen sind<br />
als Quereinsteiger auch schon mal älter.<br />
Das Jugendmarketing betreuen an<strong>de</strong>re.<br />
In <strong>de</strong>r labilen Waagschale zwischen<br />
bunter Werbebotschaft und realistischen<br />
Beurfsinformationen setzt die<br />
Bun<strong>de</strong>swehr auf einen Doppelslogan:<br />
„Wir. Dienen. Deutschland.“ steht neben<br />
„Karriere mit Zukunft“. Vor allem<br />
<strong>de</strong>r erste Part wirbt mit <strong>de</strong>m Unterschied<br />
zu nichtmilitärischen Arbeitgebern. Im<br />
Wir steckt Mannschaftsgeist, das Dienen<br />
weist auf ein beson<strong>de</strong>res Treueverhältnis<br />
hin und Deutschland sagt gleich,<br />
wem sich die Soldaten verpflichtet fühlen<br />
müssen.<br />
So je<strong>de</strong>nfalls sollen die rund 400 Karriereberater<br />
vor Ort, die in <strong>de</strong>r alten<br />
Armeewelt noch Wehrdienstberater hießen,<br />
<strong>de</strong>n jungen Männern und Frauen<br />
die Welt von Heer, Marine und Luftwaffe<br />
erklären. Und so haben sich über 200<br />
Dienststellen auf <strong>de</strong>m Girls’ Day 2012<br />
präsentiert und in <strong>de</strong>n Kasernen sowohl<br />
militärische als auch die oft weniger bekannten<br />
zivilen Laufbahnen erläutert.<br />
Das scheint ihnen auch zu gelingen.<br />
Im Tren<strong>de</strong>nce Schülerbarometer 2012,<br />
bei <strong>de</strong>m fast 10.000 Schüler und Schülerinnen<br />
<strong>de</strong>r Klassen 8 bis 13 befragt<br />
wur<strong>de</strong>n, liegt die Arbeitgebermarke<br />
Bun<strong>de</strong>swehr auf <strong>de</strong>m dritten Platz hinter<br />
Polizei und <strong>de</strong>m Medienunternehmen<br />
Prosieben Sat.1 Media AG. Hinter sich<br />
lässt das Militär die Autokonzerne BMW,<br />
Audi, Porsche sowie das Han<strong>de</strong>lshaus<br />
H & M, obwohl es mit <strong>de</strong>n jungen Kun<strong>de</strong>n<br />
gute Geschäfte macht. Bei angehen<strong>de</strong>n<br />
Auszubil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n rückt die <strong>de</strong>utsche Armee<br />
gar auf Platz 2 vor, wogegen Studieren<strong>de</strong><br />
das Militär auf Platz 5 setzen<br />
– Microsoft und das ZDF verdrängen die<br />
Bun<strong>de</strong>swehr vom Bronze-Treppchen.<br />
Bestenauslese noch immer möglich<br />
Bekanntheitsgrad und Image stimmen<br />
also. Rund 30.000 Jugendliche machen<br />
je<strong>de</strong>s Jahr einen Truppenbesuch o<strong>de</strong>r<br />
ein Schülerpraktikum in <strong>de</strong>n Kasernen.<br />
„Erst ab 18 Jahren darf man mit Waffen<br />
in Berührung kommen“, erklärt Oberstleutnant<br />
Koch. Noch gelingt es auch,<br />
aus <strong>de</strong>n Interessenten genug ernsthafte<br />
Bewerber für <strong>de</strong>n militärischen Dienst<br />
herauszufiltern. Für die Offizierslaufbahn<br />
liegt das Verhältnis Bewerber zu<br />
Einstellung bei 6 zu 1, für die an<strong>de</strong>ren<br />
Laufbahnen bei 3 zu 1. Für Eliteberufe<br />
wie Jetpilot braucht es 17 Bewerber, um<br />
eine Stelle zu besetzen. Und auch das<br />
versetzt die Werber und Personaler in<br />
Uniform noch nicht in Panik: Pilot ist<br />
ein Traumberuf – auch o<strong>de</strong>r erst recht<br />
mit Überschall im Kampfjet. Personal-<br />
12 / 12 personalmagazin<br />
Bei Fragen wen<strong>de</strong>n Sie sich bitte an kristina.en<strong>de</strong>rle@personalmagazin.<strong>de</strong>
30 Management_Personalmarketing<br />
HPO<br />
ARBEITSHILFE<br />
Übersicht Handlungsfel<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Personalmarketings<br />
(HI583194)<br />
Die Arbeitshilfe fin<strong>de</strong>n Sie im <strong>Haufe</strong><br />
Personal Office (HPO). Internetzugriff:<br />
www.haufe.<strong>de</strong>/hi583194<br />
Diese Kampagne hat <strong>de</strong>m Personalmarketing <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>swehr Kritik eingebracht.<br />
werber Koch: „Die Bestenauslese können<br />
wir uns noch leisten.“<br />
Den Erstkontakt haben Jugendoffiziere,<br />
die in Schulklassen im Rahmen<br />
<strong>de</strong>s Unterrichts und in Absprache mit<br />
<strong>de</strong>n Fachlehrern über Sicherheitspolitik,<br />
Verteidigung o<strong>de</strong>r Auslandseinsätze<br />
referieren, o<strong>de</strong>r Karriereberater. Die<br />
Kreiswehrersatzämter wer<strong>de</strong>n als Relikte<br />
<strong>de</strong>r Wehrpflicht aufgegeben. Doch die<br />
Karriereberater, nun <strong>de</strong>n neuerdings 16<br />
Karrierezentren im Bun<strong>de</strong>samt für das<br />
Personalmanagement <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>swehr<br />
zugeordnet, haben ein eher wachsen<strong>de</strong>s<br />
Aufgabengebiet. Sie gehen in Schulen,<br />
organisieren Infoaben<strong>de</strong> gemeinsam mit<br />
<strong>de</strong>r Agentur für Arbeit, betreuen Stän<strong>de</strong><br />
auf Berufsmessen. In weniger dicht<br />
besie<strong>de</strong>lten Gebieten wie <strong>de</strong>r Eifel o<strong>de</strong>r<br />
<strong>de</strong>m Schwarzwald sind die Karrierespezialisten<br />
in mobilen Beratungsbüros<br />
unterwegs, in <strong>de</strong>n LKWs stecken<br />
Informationsbroschüren und vor allem<br />
sitzen dort drin Soldaten, die von <strong>de</strong>r<br />
Bun<strong>de</strong>swehr überzeugt sind. In <strong>de</strong>r persönlichen<br />
Beratung sollen die Karriereberater<br />
auch schon auf die Berufsrisiken<br />
hinweisen – und lassen es sich von <strong>de</strong>n<br />
jungen Gesprächspartnern unterschreiben,<br />
wenn sie dies getan haben.<br />
Ein mögliches Manko könnte künftig,<br />
wenn <strong>de</strong>r Fachkräftemangel sich weiter<br />
breitmacht, eine Beson<strong>de</strong>rheit vieler<br />
militärischer Jobs sein: Ein hoher Anteil<br />
<strong>de</strong>r momentan noch über 250.000, später<br />
unter 200.000 Jobs in <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>swehr<br />
ist auf vier bis 15 Jahre befristet.<br />
Wolfgang Born: „Die Bewerber müssen<br />
die Bereitschaft mitbringen, sich auf<br />
ein Arbeitsverhältnis auf Zeit einzulassen.“<br />
Der General und Personalobere<br />
argumentiert offensiv: Mit <strong>de</strong>m Qualifikationsgewinn<br />
für <strong>de</strong>n Arbeitsmarkt.<br />
Die Soldaten wer<strong>de</strong>n militärisch, aber<br />
zusätzlich in zivilen Berufen vom Koch<br />
über die KFZ-Mechatronikerin bis zum<br />
IT-Fachmann ausgebil<strong>de</strong>t. Sie machen<br />
ihre Abschlussprüfungen bei <strong>de</strong>r Industrie-<br />
und Han<strong>de</strong>lskammer o<strong>de</strong>r bei <strong>de</strong>r<br />
Handwerkskammer. Offiziere haben ein<br />
straffes Studium hinter sich. Sie absolvieren<br />
ihre Trimester in <strong>de</strong>r Hamburger<br />
Helmut-Schmidt-Universität o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r<br />
Münchener Universität <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>swehr,<br />
profitieren von kleinen Lerngruppen,<br />
Campusatmosphäre und von ihrem<br />
Sold. Nach ihrer Soldatenzeit kommen<br />
sie als Wirtschaftler, Ingenieurin o<strong>de</strong>r<br />
Pädagoge auf <strong>de</strong>n Arbeitsmarkt.<br />
Mitarbeiterbefragungen im Einsatz<br />
Born hofft optimistisch darauf, dass<br />
viele dieser Dann-Zivilisten positiv über<br />
ihre Bun<strong>de</strong>swehrzeit <strong>de</strong>nken und Werbebotschafter<br />
wer<strong>de</strong>n. Umso mehr trifft<br />
es ihn und seine Personalmarketingspezialisten,<br />
dass <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>swehrverband<br />
jüngst eine vernichten<strong>de</strong> Untersuchung<br />
zur Stimmung unter <strong>de</strong>n Angehörigen<br />
<strong>de</strong>r Streitkräfte veröffentlichte. Unruhe<br />
schafft die Um- und Neustrukturierung<br />
<strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>swehr, drohen<strong>de</strong>r Personalabbau,<br />
Versetzungen – eben Verän<strong>de</strong>rungen<br />
mit vielen Fragezeichen. Die<br />
Befragung ergab, dass 63,6 Prozent <strong>de</strong>r<br />
Teilnehmer einer nahestehen<strong>de</strong>n Per son<br />
nicht zum Soldatenberuf raten wür<strong>de</strong>n.<br />
Und 58 Prozent haben bereits über ein<br />
frühzeitiges Verlassen <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>swehr<br />
nachgedacht. General Born: „Die Unzufrie<strong>de</strong>nen<br />
machen uns zu schaffen.“<br />
Denn genau die konterkarieren die Werbeaktionen.<br />
Öffentliche Negativdiskussion<br />
scha<strong>de</strong>t <strong>de</strong>r Marke, von <strong>de</strong>r Siegfried<br />
Högl, Sprecher <strong>de</strong>r Geschäftsführung<br />
<strong>de</strong>s Marktforschungsinstituts GFK in<br />
Nürnberg, sagt: „Sie muss einzigartig<br />
sein und positiv besetzt.“ Je<strong>de</strong> Marke<br />
kann auf Dauer nur erfolgreich sein,<br />
wenn sie klärt, wen sie ansprechen will,<br />
und sich dann genau dort positioniert,<br />
wo diese Menschen sich aufhalten. Im<br />
günstigsten Fall wer<strong>de</strong>n Mitarbeiter zu<br />
Botschaftern <strong>de</strong>r Marke o<strong>de</strong>r Menschen<br />
mit aufregen<strong>de</strong>n Erlebnissen zu Fans.<br />
Genau darauf zielt die Camp-Aktion<br />
<strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>swehr. Denn die Jugendlichen<br />
wer<strong>de</strong>n in ihren Schulklassen und Cliquen<br />
über die Bun<strong>de</strong>swehr-Camps erzählen.<br />
Auch <strong>de</strong>shalb wollen die Werber<br />
<strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>swehr dieses jugend-affine<br />
Ins trument nicht aufgeben: Gera<strong>de</strong> läuft<br />
das Preisausschreiben 2012, in <strong>de</strong>m<br />
neben <strong>de</strong>m in dieser Altersgruppe unumgänglichen<br />
iPad und einer Trecking-<br />
Ausrüstung auch eine Fahrt mit einer<br />
Fregatte und eine Skitour mit Gebirgsjägern<br />
als Preis ausgelobt wer<strong>de</strong>n. <br />
Ruth Lemmer<br />
ist freie Journalistin und<br />
Fachautorin in Düsseldorf.<br />
© www.bravo.<strong>de</strong>/specials/bw/adventure-camps<br />
Bei Fragen wen<strong>de</strong>n Sie sich bitte an kristina.en<strong>de</strong>rle@personalmagazin.<strong>de</strong><br />
personalmagazin 12 / 12
Beim Marktführer suchen –<br />
die Besten fin<strong>de</strong>n.<br />
www.karrierespiegel.<strong>de</strong> –<br />
das Karriereportal <strong>de</strong>r SPIEGEL-Gruppe<br />
Weitere Informationen auf spiegel-qc.<strong>de</strong>/medien/online/karrierespiegel<br />
o<strong>de</strong>r kontaktieren Sie janina_beck@spiegel-qc.<strong>de</strong>
32 Management_Employer Branding<br />
Attraktiv in China<br />
STUDIE. Ein Befragung zeigt, welche Unternehmen in China am beliebtesten sind und<br />
was sich die chinesischen Absolventen von diesen Arbeitgebern wünschen.<br />
Von Stephan Weinert<br />
Die Welt blickt nach China, <strong>de</strong>r<br />
drittgrößten Wirtschaftsnation,<br />
<strong>de</strong>m führen<strong>de</strong>n Warenexporteur<br />
und zweitstärksten<br />
-importeur. Von Chinas Aufstieg profitieren<br />
neben <strong>de</strong>r nationalen Wirtschaft<br />
auch <strong>de</strong>utsche Unternehmen, die in <strong>de</strong>n<br />
vergangenen Jahrzehnten von einer reinen<br />
Exportstrategie vermehrt auf die<br />
lokale Marktbearbeitung mittels eigener<br />
Tochtergesellschaften o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>m Aufbau<br />
von Nie<strong>de</strong>rlassungen im Verbund mit<br />
chinesischen Partnern übergegangen<br />
sind. Dieser Strategiewechsel hat allerdings<br />
zur Folge, dass die Beson<strong>de</strong>rheiten<br />
<strong>de</strong>s chinesischen Arbeitsmarkts stärker<br />
als zuvor berücksichtigt wer<strong>de</strong>n müssen.<br />
Weiteres Wachstum kann nur gelingen,<br />
wenn die Unternehmen ausreichend gut<br />
qualifizierte und motivierte Mitarbeiter<br />
erfolgreich ansprechen, rekrutieren,<br />
einsetzen und bin<strong>de</strong>n können.<br />
Was einfach klingt, stellt in <strong>de</strong>r Praxis<br />
aber eine enorme Hür<strong>de</strong> für ausländische<br />
Unternehmen dar. Eine im April<br />
von FJK Consultants durchgeführte Umfrage<br />
unter <strong>de</strong>utschen Topmanagern, die<br />
für das China-Geschäft verantwortlich<br />
sind, zeigte, dass die primären Herausfor<strong>de</strong>rungen<br />
alle Personalthemen sind<br />
– nämlich die Personalgewinnung und<br />
-bindung und die steigen<strong>de</strong>n Arbeitskosten.<br />
Erst danach folgen mit Währungsschwankungen,<br />
steigen<strong>de</strong>n Rohstoff- und<br />
Energiepreisen, Bürokratie und Korruption<br />
die weiteren Risiken.<br />
Um die Personalgewinnung und -bindung<br />
zu steigern, ist <strong>de</strong>r Aufbau einer<br />
unverwechselbaren, attraktiven Arbeitgebermarke<br />
von zentraler Be<strong>de</strong>utung.<br />
Denn attraktive Arbeitgeber haben es<br />
wesentlich einfacher, geeignete Mitarbeiter<br />
zu fin<strong>de</strong>n – das gilt in China genauso<br />
wie in an<strong>de</strong>ren Teilen <strong>de</strong>r Welt.<br />
Das Image o<strong>de</strong>r die wahrgenommene<br />
Attraktivität potenzieller Arbeitgeber<br />
wur<strong>de</strong> in <strong>de</strong>n vergangenen Jahren vermehrt<br />
durch Arbeitgeber-Rankings<br />
erfasst. Diese richten sich an unterschiedliche<br />
Zielgruppen, meist Absolventen<br />
und Berufseinsteiger. Je nach<br />
Qualität <strong>de</strong>r Rankings wer<strong>de</strong>n die Ergebnisse<br />
pro Gruppe noch nach weiteren<br />
zentralen Kriterien, wie zum Beispiel<br />
Mit breiter Brust in China<br />
auftreten: Eine Frage <strong>de</strong>r<br />
Arbeitgebermarke.<br />
© Fotolia.com / Antony McAulay
33<br />
Geschlecht, Alter o<strong>de</strong>r Studienfach, segmentiert,<br />
um noch differenziertere Aussagen<br />
zu ermöglichen.<br />
Der weit überwiegen<strong>de</strong> Teil <strong>de</strong>r Arbeitgeber-Rankings<br />
befragt Absolventen und<br />
Berufseinsteiger in westlichen Industrienationen.<br />
Weitestgehend nicht existent<br />
sind hingegen vergleichbare Studien in<br />
aufstreben<strong>de</strong>n Industrienationen wie<br />
China. Diese Lücke wur<strong>de</strong> nun durch<br />
das „Graduate Barometer 2012 – Chinese<br />
Edition“, einer umfassen<strong>de</strong>n Absolventenbefragung<br />
durch Tren<strong>de</strong>nce,<br />
geschlossen. Die Daten wur<strong>de</strong>n durch einen<br />
standardisierten Online-Fragebogen<br />
erfasst. Dieser wur<strong>de</strong> im dreimonatigen<br />
Befragungszeitraum von Oktober bis<br />
Dezember 2011 von insgesamt 13.925<br />
Studieren<strong>de</strong>n ausgefüllt und im weiteren<br />
Verlauf <strong>de</strong>s Jahres 2012 ausgewertet.<br />
Unter <strong>de</strong>n Teilnehmern waren 60 Prozent<br />
Männer, das Durchschnittsalter<br />
lag bei knapp 23 Jahren. Die Befragten<br />
waren zum Befragungszeitpunkt an 66<br />
Hochschulen eingeschrieben, die über<br />
das gesamte Land verteilt sind. Demzufolge<br />
kann man von repräsentativen<br />
Ergebnissen ausgehen, die eine entsprechend<br />
hohe Aussagekraft aufweisen<br />
– insbeson<strong>de</strong>re für die Wirtschaftszentren<br />
Beijing, Shanghai und Guangzhou,<br />
in <strong>de</strong>nen viele westliche Unternehmen<br />
aktiv sind.<br />
Apple führt das Ranking an<br />
Betrachtet man die Tabelle mit <strong>de</strong>n Top<br />
10 <strong>de</strong>r beliebtesten Arbeitgeber aus Sicht<br />
chinesischer Absolventen (siehe rechts),<br />
so kann man zunächst festhalten, dass<br />
ein vergleichsweise ausgewogenes Verhältnis<br />
zwischen einheimischen und<br />
ausländischen Unternehmen existiert.<br />
Weiterhin fällt auf, dass Apple unangefochten<br />
die Spitzenposition innehat.<br />
Positive „Spill Over“-Effekte, das heißt<br />
ein Abfärben <strong>de</strong>s Produktimages auf<br />
das Arbeitgeberimage, können hier sicherlich<br />
nicht ausgeschlossen wer<strong>de</strong>n.<br />
Diese Annahme wird auch durch die<br />
allgemeine Datenlage gestützt. Denn generell<br />
scheinen „Business to Consumer“-<br />
Unternehmen, also solche, die Produkte<br />
und Dienstleistungen für <strong>de</strong>n privaten<br />
Konsum anbieten, über proportional häufig<br />
vertreten zu sein. Die „Business to<br />
Business“-Unternehmen hingegen, <strong>de</strong>ren<br />
Produkte und Dienste wesentlich erklärungsbedürftiger<br />
sind, treten bei <strong>de</strong>n<br />
Absolventen weit weniger in Erscheinung.<br />
Eine erfreuliche Ausnahme, speziell<br />
aus <strong>de</strong>utscher Sicht, ist Siemens:<br />
Das Unternehmen liegt im Gesamtranking<br />
auf Platz zehn, bei <strong>de</strong>n Frauen auf<br />
Platz sechs und bei <strong>de</strong>n High Potentials,<br />
zusammen mit <strong>de</strong>r China Petroleum &<br />
Chemical Corporation sowie Philips, auf<br />
<strong>de</strong>m neunten Rang.<br />
Geson<strong>de</strong>rt soll noch kurz auf die Sichtweise<br />
<strong>de</strong>r High Potentials eingegangen<br />
wer<strong>de</strong>n, da Unternehmen diese Gruppe<br />
aufgrund ihres hohen Leistungs- und Entwicklungspotenzials<br />
in Zeiten <strong>de</strong>s „War<br />
for Talent“ beson<strong>de</strong>rs intensiv umwerben.<br />
<strong>Als</strong> High Potential wur<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>r Umfrage<br />
die Teilnehmer bezeichnet, die zum Befragungszeitpunkt<br />
zu <strong>de</strong>n besten 20 Prozent<br />
ihres Jahrgangs gehörten und außeruniversitäres<br />
Engagement, ein erfolgranking<br />
Rang Gesamt High Potentials<br />
1 Apple Apple<br />
2 Bank of China Bank of China<br />
3 China Mobile Accenture<br />
4 Microsoft Microsoft<br />
5 Samsung China Mobile<br />
6 Alibaba Samsung,<br />
McKinsey &<br />
Company<br />
7 China Telecom -<br />
8 Novartis Alibaba<br />
9 Omron China Petroleum<br />
& Chem. Corp.,<br />
Philips, Siemens<br />
10 Siemens -<br />
Siemens ist <strong>de</strong>r einzige <strong>de</strong>utsche Betrieb<br />
unter <strong>de</strong>n Top-10-Arbeitgebern.<br />
Quelle: Tren<strong>de</strong>nce<br />
reich abgeschlossenes Praktikum sowie<br />
Auslandserfahrung nachweisen konnten.<br />
Folgen<strong>de</strong> Dinge fallen beim Vergleich<br />
<strong>de</strong>r High Potentials mit <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren Gruppen<br />
auf: Kein Unterschied ist bei <strong>de</strong>n Spitzenpositionen<br />
zu attestieren. Mit Apple<br />
und <strong>de</strong>r Bank of China belegen hier zwei<br />
Unternehmen die vor<strong>de</strong>ren Plätze, die<br />
auch insgesamt das Feld anführen. Hervorzuheben<br />
ist aber <strong>de</strong>r überproportional<br />
große Anteil ausländischer Unternehmen.<br />
In keiner an<strong>de</strong>ren Gruppe sind so wenige<br />
chinesische Unternehmen unter <strong>de</strong>n Top<br />
10 zu fin<strong>de</strong>n. Ein weiterer Unterschied ist<br />
das stärkere Gewicht <strong>de</strong>r Unternehmensberatungen.<br />
Mit Accenture und McKinsey<br />
gehören zumin<strong>de</strong>st zwei von ihnen zu <strong>de</strong>n<br />
beliebtesten Arbeitgebern.<br />
Was chinesische Absolventen wollen<br />
Neben <strong>de</strong>r Frage nach <strong>de</strong>n beliebtesten<br />
Arbeitgebern untersuchte Tren<strong>de</strong>nce<br />
zu<strong>de</strong>m, welche Kriterien aus Sicht <strong>de</strong>r<br />
Absolventen konkret zu einer hohen<br />
Arbeitgeberattraktivität führen (siehe<br />
Grafik auf Seite 35). Herausragen<strong>de</strong><br />
Be<strong>de</strong>utung über alle Gruppen hinweg<br />
besitzen Kriterien, die man <strong>de</strong>r Personalentwicklung<br />
zuordnen kann – nämlich<br />
die persönliche Entwicklung, gute<br />
Karriereperspektiven sowie Weiterbildungsmöglichkeiten.<br />
Dies ist insofern<br />
überraschend, da diese Kriterien das<br />
persönliche Weiterkommen hervorheben.<br />
Chinas Lan<strong>de</strong>skultur ist im internationalen<br />
Vergleich allerdings stark<br />
kollektivistisch geprägt. Die Gruppe<br />
und weniger <strong>de</strong>r Einzelne steht im Vor<strong>de</strong>rgrund,<br />
wie Geert Hofste<strong>de</strong> belegte.<br />
Daher wür<strong>de</strong> man die hohe Platzierung<br />
dieser Kriterien wohl eher in westlichen<br />
Kulturräumen vermuten.<br />
Die in <strong>de</strong>n vergangenen Jahren verstärkt<br />
aufgekommene Debatte über die<br />
Rolle <strong>de</strong>r Work-Life-Balance scheint<br />
auch für chinesische Absolventen eine<br />
gewisse Relevanz aufzuweisen. Zumin<strong>de</strong>st<br />
belegt dieses Kriterium einen<br />
Platz im Mittelfeld. Was das für die Arbeitsstun<strong>de</strong>n<br />
be<strong>de</strong>utet, die Absolventen<br />
bereit sind zu leisten, wur<strong>de</strong> ebenfalls<br />
12 / 12 personalmagazin<br />
Bei Fragen wen<strong>de</strong>n Sie sich bitte an kristina.en<strong>de</strong>rle@personalmagazin.<strong>de</strong>
34 Management_Employer Branding<br />
STudienErgebnis<br />
erfragt. Das Ergebnis: Die Absolventen<br />
gehen von einer Wochenarbeitszeit<br />
von zirka 40 Stun<strong>de</strong>n aus. Die Grün<strong>de</strong><br />
hierfür liegen auch in <strong>de</strong>n gesetzlichen<br />
Bestimmungen und in <strong>de</strong>r daraus resultieren<strong>de</strong>n<br />
sozialen Erwünschtheit.<br />
Die Gruppe <strong>de</strong>r High Potentials lag mit<br />
41 Stun<strong>de</strong>n pro Woche im Übrigen nur<br />
knapp über <strong>de</strong>m Durchschnitt.<br />
Auch unabhängig von <strong>de</strong>n chinesischen<br />
Erkenntnissen spiegelt dies einen<br />
globalen Trend wi<strong>de</strong>r. Waren vor<br />
einigen Jahren High Potentials noch<br />
bereit, ihre Leistungsbereitschaft auch<br />
durch weit überdurchschnittliche Arbeitszeiten<br />
zu ver<strong>de</strong>utlichen, sind es die<br />
High Potentials <strong>de</strong>r „Generation Y“ hingegen<br />
weit weniger. Werthaltungen und<br />
Präferenzen dieser Generation scheinen<br />
relativ unabhängig von <strong>de</strong>r kulturellen<br />
Herkunft, einen stärkeren Wunsch nach<br />
Ausgewogenheit zwischen Arbeits- und<br />
Privatleben aufzuweisen.<br />
In <strong>de</strong>r Schlussgruppe <strong>de</strong>r wichtigsten<br />
Kriterien ist das Gehalt zu fin<strong>de</strong>n. Auch<br />
hier kann soziale Erwünschtheit im Antwortverhalten<br />
eine Rolle spielen. Denn<br />
die Breite <strong>de</strong>r Gehaltswünsche von 2.000<br />
bis über 8.000 RMB (etwa 250 bis 1.000<br />
Euro) lässt <strong>de</strong>n Schluss zu, dass das Gehalt<br />
für chinesische Absolventen keineswegs<br />
eine untergeordnete Rolle spielt.<br />
Die Befragten haben konkrete Vorstellungen<br />
über die Gehaltshöhe, die im<br />
Durchschnitt bei 4.250 RMB pro Monat<br />
(zirka 520 Euro) liegen sollte.<br />
Die Möglichkeit, für das Unternehmen<br />
im Ausland tätig zu sein, kann durchaus<br />
attraktiv wirken, speziell für High Potentials.<br />
Insgesamt kommt diesem Kriterium<br />
aber eine relativ niedrige Be<strong>de</strong>utung<br />
zu. Gleiches gilt für <strong>de</strong>n Standort <strong>de</strong>s Unternehmens<br />
in China. Daraus lässt sich<br />
<strong>de</strong>r Schluss ableiten, dass chinesische<br />
Absolventen durchaus örtliche Mobilität<br />
aufweisen, allerdings im nationalen, weniger<br />
im internationalen Kontext.<br />
Kriterien <strong>de</strong>r Arbeitgeberwahl<br />
High<br />
Männer Frauen<br />
Potentials<br />
Persönliche Entwicklung 1,7 1,3 1,3<br />
Gute Karriereperspektiven 1,7 1,2 1,2<br />
Weiterbildungsmöglichkeiten 1,7 1,2 1,2<br />
Chancengleichheit 1,6 1,2 1,2<br />
Innovationskraft 1,6 1,2 1,1<br />
Hohes Maß an Eigenverantwortung 1,6 1,2 1,1<br />
Karriere-Sprungbrett 1,6 1,1 1,1<br />
Guter Führungsstil 1,6 1,1 1,1<br />
Wertschätzen<strong>de</strong> Mitarbeiter 1,6 1,1 1,1<br />
Gute Work-Life-Balance 1,6 1,1 1,1<br />
Corporate Social Responsibility 1,6 1,1 1,0<br />
Unternehmenserfolg 1,6 1,1 1,0<br />
Attraktive Arbeitsaufgaben 1,6 1,1 1,0<br />
Exzellenz 1,6 1,1 1,0<br />
Kollegialität 1,5 1,1 1,1<br />
Sicherheit <strong>de</strong>r Anstellung 1,5 1,1 1,1<br />
Attraktive Produkte/Dienstleistungen 1,5 1,1 1,0<br />
Internationales Umfeld 1,5 0,9 0,8<br />
Hohes Einstiegsgehalt 1,4 1,1 1,0<br />
Arbeitsmöglichkeiten im Ausland 1,4 0,8 0,7<br />
Attraktiver Standort 1,4 0,9 0,9<br />
Die drei wichtigsten Kriterien bei <strong>de</strong>r Arbeitgeberwahl <strong>de</strong>r chinesischen Absolventen<br />
drehen sich alle um Aufgaben <strong>de</strong>r Personalentwicklung (Skala von -2 bis +2).<br />
Nutzen und Grenzen von Rankings<br />
Insgesamt ist festzuhalten, dass Arbeitgeberrankings<br />
auch <strong>de</strong>n Bekanntheitsgrad<br />
von Unternehmen dokumentieren.<br />
Sie spiegeln die Wahrnehmung <strong>de</strong>r<br />
Zielgruppe wi<strong>de</strong>r – in diesem Fall <strong>de</strong>r<br />
chinesischen Absolventen. Ob die aufgeführten<br />
Unternehmen objektiv attraktive<br />
Arbeitgeber sind, können die<br />
Rankings aber nicht beantworten. Ihr<br />
Mehrwert besteht daher auch darin, zum<br />
einen <strong>de</strong>n Bekanntheitsgrad messbar zu<br />
machen und zum an<strong>de</strong>ren fundierte Aussagen<br />
über die Wunschvorstellungen <strong>de</strong>r<br />
Befragten zu ermöglichen.<br />
Darüber hinaus lässt die vorliegen<strong>de</strong><br />
Studie Aussagen darüber zu, welche<br />
Arbeitgeber Bekanntheitswerte in Arbeitgeberattraktivität<br />
übersetzen. Denn<br />
Unternehmen sind bei ähnlichem Bekanntheitsgrad<br />
unterschiedlich attraktiv.<br />
Arbeitgeber wie China Trust o<strong>de</strong>r<br />
Mitsubishi sind beispielsweise zu über<br />
90 Prozent bekannt, rangieren aber<br />
nicht in <strong>de</strong>n Top 100 <strong>de</strong>r Wunscharbeitgeber.<br />
Apple ist dagegen bei einem sehr<br />
hohen Bekanntheitsgrad zugleich auch<br />
sehr attraktiv.<br />
Quelle: Tren<strong>de</strong>nce<br />
Gera<strong>de</strong> das Wissen um die Be<strong>de</strong>utung<br />
<strong>de</strong>r Kriterien, die Absolventen bei <strong>de</strong>r<br />
Arbeitgeberwahl heranziehen, kann als<br />
be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong> Quelle zur Gestaltung <strong>de</strong>r Arbeitgebermarke<br />
fungieren – insbeson<strong>de</strong>re<br />
wenn Arbeitgeber sie für eine eigens<br />
<strong>de</strong>finierte Zielgruppe abrufen können.<br />
Zu beachten ist allerdings, dass diese<br />
Kriterien nicht unreflektiert aus Studien<br />
o<strong>de</strong>r sonstigen Befragungen übernommen<br />
wer<strong>de</strong>n, son<strong>de</strong>rn im Einklang<br />
mit <strong>de</strong>r jeweiligen Unternehmensstrategie<br />
und -kultur sowie <strong>de</strong>n vorhan<strong>de</strong>nen<br />
Personalinstrumenten und -ressourcen<br />
stehen sollten. Die vorgestellte Absolventenstudie<br />
kann daher als eine wichtige<br />
Informationsquelle zur Gestaltung <strong>de</strong>r<br />
Arbeitgebermarke angesehen wer<strong>de</strong>n<br />
und Unternehmen helfen, in Zukunft gezielter<br />
in China zu rekrutieren.<br />
Prof. Dr. Stephan Weinert hat die<br />
Professur für BWL, insbeson<strong>de</strong>re Personalmanagement,<br />
an <strong>de</strong>r FH Düsseldorf inne.<br />
Bei Fragen wen<strong>de</strong>n Sie sich bitte an kristina.en<strong>de</strong>rle@personalmagazin.<strong>de</strong><br />
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Jünger Medien Verlag | Offenbach<br />
11-104
36 Management_Talentmanagement<br />
Macht eure Hausaufgaben!<br />
PRAXIS. Das Managen von Talenten sollte eine elementare Führungsaufgabe sein.<br />
Personaler müssen die Führungskräfte dazu befähigen und sie unterstützen.<br />
Von Ulli Pesch<br />
Alle einschlägigen Untersuchungen<br />
kommen zum gleichen<br />
Ergebnis: Talentmanagement<br />
ist Aufgabe <strong>de</strong>r Führungskraft.<br />
Und: Wer richtig Talentmanagement<br />
betreibt, ist als Unternehmen erfolgreicher.<br />
Das bestätigt auch <strong>de</strong>r aktuelle<br />
Boston Consulting Group „Creating People<br />
Advantage 2012 Focus Report“, bei<br />
<strong>de</strong>m mehr als 4.200 Teilnehmer weltweit<br />
befragt wur<strong>de</strong>n: Unternehmen, die<br />
erfolgreich Talentmanagement ein- und<br />
umsetzen, haben ein 2,2-fach höheres<br />
Umsatzwachstum und eine 2,1-fach höhere<br />
Gewinnmarge als Unternehmen,<br />
die das nicht tun. „In unserer Studie<br />
hat sich Talentmanagement zwar als<br />
das Topthema herausgestellt“, erklärt<br />
Dr. Rainer Strack, Seniorpartner und<br />
bei BCG weltweit für Personalthemen<br />
verantwortlich, „allerdings auch mit<br />
<strong>de</strong>utlichem Verbesserungsbedarf. Dazu<br />
zählt, dass Personaler im Rahmen <strong>de</strong>r<br />
Befähigung von Führungskräften einfache<br />
Prozesse, Werkzeuge, IT-Systeme<br />
und Qualifizierungsmaßnahmen zur<br />
Verfügung stellen müssen. Insbeson<strong>de</strong>re<br />
muss die Einbindung <strong>de</strong>r Führungskräfte<br />
in <strong>de</strong>n einzelnen Bestandteilen<br />
<strong>de</strong>s Talentmanagements genau <strong>de</strong>finiert<br />
wer<strong>de</strong>n.“ Auch Nicole Gilbert, Partnerin<br />
bei Promerit und vor ihrem Einstieg in<br />
die Beratung selbst Personalmanagerin<br />
in einem großen Mischkonzern, kennt die<br />
Schwierigkeiten: „Es sind oft strukturelle<br />
Rahmenbedingungen, wie beispielsweise<br />
unklare Prozesse und eine <strong>de</strong>fizitorientierte<br />
Personalplanung, die nach wie vor<br />
ein effizientes Talentmanagement in vielen<br />
Betrieben verhin<strong>de</strong>rn.“<br />
Talent benannt – Aufgaben klar?<br />
Damit Führungskräfte Talentmanagement<br />
professionell umsetzen können,<br />
muss nicht nur die Infrastruktur<br />
stimmen, die Metho<strong>de</strong>n und Prozesse<br />
bekannt sein und die Werkzeuge zur Verfügung<br />
stehen. Sie müssen grundsätzlich<br />
wissen, was Talentmanagement ist<br />
und wie sie es mithilfe <strong>de</strong>r vorhan<strong>de</strong>nen<br />
Infrastruktur und Werkzeuge umsetzen.<br />
Es zählt zu <strong>de</strong>n ureigensten<br />
Aufgaben <strong>de</strong>r<br />
Personalabteilungen, <strong>de</strong>n<br />
Nutzen von Talentmanagement<br />
aufzuzeigen,<br />
in<strong>de</strong>m sie das Thema mit<br />
ökonomischen Aspekten<br />
verknüpfen.<br />
In diesem Zusammenhang betont Georg<br />
Goller, Area Vice Presi<strong>de</strong>nt und Generalmanager<br />
Central Europe bei Success-<br />
Factors, die Rolle externer Unterstützung<br />
<strong>de</strong>r HR-Abteilung, wenn es um die Bereitstellung<br />
von Werkzeugen zur Umsetzung<br />
von Talentmanagement geht: „Im<br />
Austausch mit <strong>de</strong>r Geschäftsleitung, <strong>de</strong>n<br />
Fach- sowie <strong>de</strong>n HR-Verantwortlichen<br />
setzen wir uns intensiv mit <strong>de</strong>n Projektzielen<br />
und <strong>de</strong>n <strong>de</strong>finierten HR-Prozessen<br />
auseinan<strong>de</strong>r. Grundsätzlich ist es vorab<br />
wichtig, nicht nur die bestehen<strong>de</strong> Infrastruktur<br />
zu klären, son<strong>de</strong>rn vielmehr<br />
was Personaler und Entschei<strong>de</strong>r mit <strong>de</strong>r<br />
Lösung erreichen wollen und wie sie Talentmanagement<br />
einsetzen möchten.“<br />
Aber: Wie bereitet man professionell<br />
Mitarbeitergespräche vor und führt<br />
sie durch, wie <strong>de</strong>finiert man Ziele, wie<br />
führt man Leistungsmessungen o<strong>de</strong>r<br />
360-Grad-Feedbacks durch? Wie steht<br />
mein Talentmanagement im Kontext zum<br />
Unternehmensziel? Was geschieht nach<br />
<strong>de</strong>r I<strong>de</strong>ntifizierung <strong>de</strong>r Talente? „Eine <strong>de</strong>r<br />
größten Herausfor<strong>de</strong>rungen ist nicht so<br />
sehr, die Talente zu i<strong>de</strong>ntifizieren“, erklärt<br />
Armin Trost, Professor für Personalmanagement<br />
an <strong>de</strong>r HFU Business School<br />
in Furtwangen, „son<strong>de</strong>rn in nahezu allen<br />
Unternehmen stellt sich in <strong>de</strong>r Folge immer<br />
wie<strong>de</strong>r die Frage, was danach mit <strong>de</strong>n<br />
Talenten passiert. Wie för<strong>de</strong>rt man sie<br />
konkret? Das ist das Problem Nummer 1<br />
im Talentmanagement.“<br />
Professor Karl-Friedrich Ackermann,<br />
Geschäftsführer <strong>de</strong>r auf HR-Beratung spezialisierten<br />
ISPA GmbH, geht noch einen<br />
Schritt weiter: „Die Führungskräfte haben<br />
meist zu wenig Zeit, um sich intensiv<br />
um professionelles Talentmanagement<br />
und um eine engere Zusammenarbeit mit<br />
<strong>de</strong>n Personalabteilungen zu kümmern.<br />
Oft versuchen sie <strong>de</strong>shalb, ihre Verantwortung<br />
für das Talentmanagement auf<br />
die Personalabteilung abzuschieben.“<br />
Nüchtern ergänzt er: „Die Praxis <strong>de</strong>s Talentmanagements<br />
ist häufig weit weniger<br />
entwickelt als die umfangreiche Fachliteratur<br />
dies suggeriert. Dies gilt vor allem,<br />
wenn man sich in mittelständischen Un-<br />
personalmagazin 12 / 12
37<br />
Beim Metall- und<br />
Stahldistributor<br />
Klöckner & Co. SE ist<br />
Talentmanagement<br />
Chefsache.<br />
ternehmen umschaut.“ Ein Anreizsystem,<br />
von <strong>de</strong>r HR-Abteilung initiiert und<br />
gesteuert, ist in vielen Unternehmen ein<br />
probates Mittel, um weniger aktiven Führungskräften<br />
<strong>de</strong>n Geschmack fürs Talentmanagement<br />
zu versüßen.<br />
HR bil<strong>de</strong>t <strong>de</strong>n Rahmen<br />
Die Personalabteilung nimmt bei <strong>de</strong>r<br />
Befähigung von Führungskräften zum<br />
Talentmanagement eine vielseitige Position<br />
ein. Sie muss für das Coaching von<br />
Führungskräften und für die Personalbedarfsplanung<br />
sorgen. Sie muss Werkzeuge<br />
wie Software und Checklisten zur<br />
Verfügung stellen. HR organisiert, koordiniert,<br />
begleitet, bereitet vor und führt<br />
durch, ist für die Qualitätssicherung aller<br />
Maßnahmen zuständig und muss bei<br />
Bedarf nachrekrutieren und nachbesetzen.<br />
Dabei muss HR die Gesamtübersicht<br />
über das unternehmensweite Talentmanagement<br />
im Auge behalten. Nicole<br />
Gilbert ergänzt: „Ganz wichtig ist auch,<br />
dass die Personaler ihr Bereichs<strong>de</strong>nken<br />
aufbrechen, das in sehr vielen Unternehmen<br />
die Praxis bestimmt. Sonst können<br />
sie ihre ureigene Aufgabe nicht erfüllen:<br />
Die Personalplanung und damit die<br />
Versorgung <strong>de</strong>s Unternehmens mit <strong>de</strong>n<br />
passen<strong>de</strong>n Mitarbeitern und Talenten.“<br />
Thomas Faltin, Director bei Kienbaum<br />
Management Consultants ergänzt: „Es<br />
gibt nach wie vor Führungskräfte, die<br />
<strong>de</strong>n Nutzen von Talentmanagementprozessen<br />
falsch einschätzen und ihm<br />
<strong>de</strong>shalb eine geringe Be<strong>de</strong>utung beimessen.“<br />
Das hänge auch mit <strong>de</strong>m jeweiligen<br />
unternehmenskulturellen Reifegrad <strong>de</strong>r<br />
Firma zusammen. Deshalb zähle es zu<br />
<strong>de</strong>n ureigensten Aufgaben <strong>de</strong>r Personalabteilung,<br />
<strong>de</strong>n Führungskräften <strong>de</strong>ssen<br />
Nutzen aufzuzeigen, in<strong>de</strong>m sie das Thema<br />
stärker mit ökonomischen Aspekten<br />
verknüpfen und ihnen klarmachen, dass<br />
<strong>de</strong>r Unternehmenserfolg stark von <strong>de</strong>r<br />
© fotos: Klöckner & Co SE<br />
Professionalität <strong>de</strong>s Talentmanagements<br />
abhängig ist. Faltin aber beklagt: „Das<br />
ist nicht so einfach, weil Personaler in<br />
<strong>de</strong>r Regel die Sprache <strong>de</strong>s Business nur<br />
bedingt sprechen.“ Armin von Rohrscheidt,<br />
ehemals Personalchef von Zeiss<br />
Vision und jetzt als Berater in Sachen HR<br />
tätig, weiß aus seiner HR-Praxis: „Der<br />
Umfang <strong>de</strong>r Unterstützung von HR beim<br />
Talentmanagement hängt inkrementell<br />
mit <strong>de</strong>r Beantwortung grundsätzlicher<br />
Fragen wie ,Was macht eine Führungskraft?<br />
Wer wird Führungskraft? Wie ist<br />
<strong>de</strong>ren Rolle?‘ zusammen. Aber genau das<br />
kommt oft zu kurz!“<br />
Zalando: Rollen sind klar verteilt<br />
Beim Online-Schuhvermarkter Zalando<br />
beginnt Talentmanagement nicht erst auf<br />
<strong>de</strong>r Ebene <strong>de</strong>r Führungskräfte. Für Zalando-Personalchefin<br />
Frauke von Polier sind<br />
die Rollen klar aufgeteilt: „Wir als Personalabteilung<br />
haben eine direkte Verantwortung<br />
für das Talentmanagement. Wir<br />
stellen die Werkzeuge zur Verfügung,<br />
beispielsweise die Definition von Karrierewegen,<br />
Programme zur Unterstützung<br />
von Talentmanagement o<strong>de</strong>r zur bereichsübergreifen<strong>de</strong>n<br />
För<strong>de</strong>rung von Talenten<br />
und mehr. Die erfolgreiche Anwendung<br />
<strong>de</strong>r Tools und die persönliche Beziehung<br />
zu <strong>de</strong>n Talenten sollte auf je<strong>de</strong>n Fall durch<br />
die Führungskraft erfolgen.“<br />
In <strong>de</strong>m zurzeit etwa 1.000 Arbeitnehmer<br />
zählen<strong>de</strong>n Unternehmen ist je<strong>de</strong>r Mitarbeiter<br />
in seiner Abteilung ein Experte und<br />
daher auch Akteur <strong>de</strong>s internen Talentmanagements.<br />
Die Talente wer<strong>de</strong>n mittels<br />
Feedbackgespräch ausgewählt und<br />
von <strong>de</strong>r Führungskraft vorgeschlagen,<br />
müssen aber von einem Führungsgremium<br />
bestätigt wer<strong>de</strong>n. Führungskräfte, die<br />
kein Talentmanagement umsetzen und<br />
nicht unternehmerisch <strong>de</strong>nken, wer<strong>de</strong>n<br />
laut Personalchefin von Polier intensiv<br />
im Hinblick auf Führungsanfor<strong>de</strong>rungen<br />
gecoacht. Über Leistungs- und Potenzialmessungen<br />
stellt man sicher, dass die<br />
richtigen Mitarbeiter gefor<strong>de</strong>rt und geför<strong>de</strong>rt<br />
wer<strong>de</strong>n. Auch hier stehen die Personalreferenten<br />
in direktem Kontakt mit <strong>de</strong>n<br />
12 / 12 personalmagazin<br />
Bei Fragen wen<strong>de</strong>n Sie sich bitte an kristina.en<strong>de</strong>rle@personalmagazin.<strong>de</strong>
38 Management_Talentmanagement<br />
Führungskräften, die sie bei allen Fragen,<br />
von <strong>de</strong>r Rekrutierung über die Entwicklung<br />
bis zum Ausschei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Mitarbeiters<br />
unterstützen. Kompetenzzentren, in<br />
<strong>de</strong>nen Experten aus <strong>de</strong>m Unternehmen<br />
zu <strong>de</strong>n jeweiligen HR-Themen zur Verfügung<br />
stehen, entwickeln auf Anfrage<br />
entsprechen<strong>de</strong> Angebote und Werkzeuge.<br />
Die Rekrutierung und Nachbesetzung von<br />
Im Hinblick auf professionelles<br />
Talentmanagement<br />
hat bislang nur ein Teil <strong>de</strong>r<br />
Personaler die Rolle als<br />
Partner und Berater <strong>de</strong>r<br />
Führungskräfte angenommen.<br />
Hier besteht großer<br />
Qualifizierungsbedarf.<br />
Positionen ist in<strong>de</strong>ssen alleinige Aufgabe<br />
von HR. Brauchen Personaler Schulungen,<br />
erhalten sie diese ebenfalls durch<br />
die Kompetenzzentren o<strong>de</strong>r über externe<br />
Spezialisten.<br />
Klöckner & Co. SE: Talentmanagement<br />
ist Chefsache<br />
Ein gutes Beispiel, wie Talentmanagement<br />
professionell in einem Konzern<br />
eingeführt wird und welche Rolle HR in<br />
diesem Kontext im Rahmen <strong>de</strong>r Befähigung<br />
<strong>de</strong>r Führungskräfte einnimmt, ist<br />
<strong>de</strong>r <strong>de</strong>utsche Stahl- und Metalldistributor<br />
Klöckner & Co. SE. Er hat innerhalb<br />
eines Jahres als Vorstufe eines konzernweiten<br />
Talentmanagements einen<br />
Management-Review-Prozess für die<br />
obersten drei Managementebenen entwickelt<br />
und umgesetzt. Eines <strong>de</strong>r Ziele<br />
<strong>de</strong>s Review-Prozesses war, innerhalb<br />
eines Jahres einen konzernweiten Überblick<br />
über <strong>de</strong>n Stand <strong>de</strong>r Personalentwicklung<br />
zu erhalten und wesentliche<br />
Talentmanagementprozesse zu verein-<br />
heitlichen. Fe<strong>de</strong>rführend gesteuert und<br />
eingeführt wur<strong>de</strong> das Projekt durch <strong>de</strong>n<br />
Vorstandsvorsitzen<strong>de</strong>n Gisbert Rühl und<br />
Angelika Kambeck, <strong>de</strong>r Leiterin <strong>de</strong>s En<strong>de</strong><br />
2010 geschaffenen Bereichs Executive<br />
HR- und Talentmanagement. Begleitet<br />
wur<strong>de</strong> Klöckner & Co. dabei von Kienbaum<br />
Management Consulting.<br />
Initialprojekt war ein Management-Review-Dialog<br />
zur besseren Einschätzung<br />
<strong>de</strong>r Besetzungsqualität hinsichtlich Führungsverhalten<br />
und -kompetenzen, Performance<br />
und Potenzial <strong>de</strong>r oberen drei<br />
Managementebenen. Konzipiert, durchgeführt<br />
und überwacht wur<strong>de</strong> dieser von<br />
HR in Zusammenarbeit mit Kienbaum<br />
und <strong>de</strong>n entsprechen<strong>de</strong>n Führungskräften.<br />
Um Vakanzrisiken einschätzen und<br />
besser managen zu können, sollte das<br />
Projekt zu<strong>de</strong>m ein wirksames Nachfolgemanagement<br />
vorbereiten. Zur Erhebung<br />
<strong>de</strong>r spezifischen Anfor<strong>de</strong>rungen wur<strong>de</strong>n<br />
Interviews und zielgruppenfokussierte<br />
Workshops mit <strong>de</strong>n HR-Organisationen<br />
<strong>de</strong>r Lan<strong>de</strong>sgesellschaften durchgeführt.<br />
Die im Rahmen <strong>de</strong>s Management-<br />
Review zu beurteilen<strong>de</strong>n Mitarbeiter<br />
erhielten einen Fragebogen vor <strong>de</strong>n<br />
Review-Gesprächen, in <strong>de</strong>nen sie ihre<br />
persönlichen Daten und Fragen zum<br />
Lebenslauf, zur Mobilitätsbereitschaft<br />
sowie zum Erfahrungshintergrund und<br />
zu <strong>de</strong>n Sprachkompetenzen erfassten.<br />
An die Review-Gespräche, die auf Basis<br />
eines Beurteilungsbogens vom Vorgesetzten<br />
durchgeführt wur<strong>de</strong>n, schloss<br />
sich eine Einschätzung <strong>de</strong>s Nachfolgestatus<br />
<strong>de</strong>r Position an, die eine Risikobewertung<br />
<strong>de</strong>s beurteilten Mitarbeiters<br />
im Hinblick auf die Wahrscheinlichkeit<br />
eines Stellenwechsels beinhaltet.<br />
Nach Abschluss <strong>de</strong>r Management-Review-Dialoge<br />
bereiten die Personalentwickler<br />
in <strong>de</strong>n Län<strong>de</strong>rn die Daten aller<br />
beurteilten Mitarbeiter für Management-<br />
Review-Konferenzen, an <strong>de</strong>nen die Geschäftsführungen,<br />
die HR-Direktoren<br />
sowie <strong>de</strong>r Head of Executive HR- und<br />
Talentmanagement <strong>de</strong>s Konzerns<br />
teilnehmen, auf. Ziel <strong>de</strong>r Konferenzen ist<br />
die Bestimmung lan<strong>de</strong>sspezifischer gegebenenfalls<br />
konzernweiter Maßnahmen<br />
für das Managementteam <strong>de</strong>r Level 1 bis<br />
3 um die langfristige Konzernstrategie<br />
sukzessive umzusetzen.<br />
Positive Erfahrungen<br />
Von Mitte bis En<strong>de</strong> 2011 fan<strong>de</strong>n die<br />
Management-Review-Dialoge in allen<br />
Län<strong>de</strong>rn statt, nach<strong>de</strong>m die über 250<br />
Teilnehmen<strong>de</strong>n mit <strong>de</strong>r Toolbox und<br />
<strong>de</strong>n Zielen in von <strong>de</strong>r zentralen HR<br />
konzipierten Schulungsreihen vertraut<br />
gemacht wor<strong>de</strong>n waren. <strong>Als</strong> unterstützen<strong>de</strong>s<br />
Software-Werkzeug wählte man<br />
die Talentmanagement-Suite von <strong>Haufe</strong>-<br />
Umantis, die zum Programmstart in fünf<br />
Sprachen zur Verfügung stand. „Wir haben<br />
eine sehr gute Basis erarbeitet und<br />
stehen noch am Anfang eines etablierten<br />
Talentmanagements“, so Angelika Kambeck.<br />
„Entschei<strong>de</strong>nd ist jedoch, dass <strong>de</strong>r<br />
Nutzen und die Be<strong>de</strong>utung bei <strong>de</strong>n Lan<strong>de</strong>sgesellschaften<br />
angekommen ist und<br />
vom Topmanagement vorbildlich unterstützt<br />
wird. <strong>Als</strong> Nächstes verschmelzen<br />
wir in allen europäischen Lan<strong>de</strong>sgesellschaften<br />
<strong>de</strong>n Management-Review mit<br />
<strong>de</strong>n lan<strong>de</strong>sspezifischen Performance<br />
Managementansätzen.“<br />
Qualifizierungsbedarf bei Personalern<br />
Andreas Schwarz, Mitglied <strong>de</strong>r Geschäftsleitung<br />
und Director Development<br />
bei von Rundstedt HR Partners,<br />
fasst seine Erfahrungen zur Rolle <strong>de</strong>r<br />
Personaler im Talentmanagement zusammen:<br />
„Bislang hat nur ein Teil <strong>de</strong>r<br />
Personaler die Rolle als Partner und Berater<br />
<strong>de</strong>r Führungskräfte angenommen.<br />
Für viele steht <strong>de</strong>r Faktor Service noch<br />
an erster Stelle, nicht die Lösungsentwicklung<br />
und Beratung. Viele HR-Manager<br />
agieren im Unternehmen noch als<br />
klassischer Personalreferent. Hier sehe<br />
ich großen Qualifizierungsbedarf in Sachen<br />
Aufbau von HR-Beratungshaltung<br />
und -kompetenz.“<br />
Ulli Pesch ist freier Journalist in Heimstetten<br />
bei München.<br />
Bei Fragen wen<strong>de</strong>n Sie sich bitte an kristina.en<strong>de</strong>rle@personalmagazin.<strong>de</strong><br />
personalmagazin 12 / 12
40 Organisation_NEWS<br />
NachGEDACHT<br />
Nicht erreichbar, aber flexibel<br />
Deutschlands Mitarbeiter sind überlastet.<br />
Einen großen Teil <strong>de</strong>r Schuld daran soll die mo<strong>de</strong>rne<br />
Technik tragen. Nach einer Kurzumfrage<br />
<strong>de</strong>r Deutschen Gesellschaft für Personalführung<br />
e.V. (DGFP) ist je<strong>de</strong>r zweite Personalmanager<br />
überzeugt, dass die ständige Erreichbarkeit<br />
von Arbeitnehmern eine <strong>de</strong>r Hauptursachen<br />
für das Burnout-Syndrom ist. Erste Reaktionen:<br />
Bei Volkswagen wer<strong>de</strong>n E-Mails nur noch zur<br />
Hauptarbeitszeit zugestellt. Acht Prozent <strong>de</strong>r<br />
von <strong>de</strong>r DGFP Befragten wollen diesem Beispiel<br />
folgen. Und <strong>de</strong>r Deutsche Gewerkschaftsbund<br />
for<strong>de</strong>rt eine Anti-Stress-Verordnung mit klaren<br />
Regeln zur Erreichbarkeit von Arbeitnehmern.<br />
Personalverantwortliche wissen aber auch,<br />
dass starre Arbeitszeiten <strong>de</strong>r Vereinbarkeit von<br />
Familie und Beruf entgegenstehen. Deshalb<br />
planen, so eine Studie <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>sfamilienministeriums,<br />
74 Prozent <strong>de</strong>r befragten Unternehmen,<br />
flexible Arbeitszeiten für Führungskräfte.<br />
63 Prozent wollen mehr mobiles Arbeiten<br />
erlauben. Genau das dürfte aber schwierig<br />
wer<strong>de</strong>n, wenn die Serververbindungen<br />
gekappt sind, sobald die Kin<strong>de</strong>r schlafen.<br />
Die Lösung dürfte im selbstverantwortlichen<br />
Umgang mit Smartphones und Co. liegen. O<strong>de</strong>r,<br />
wie die Bun<strong>de</strong>sarbeitsministerin sagt: „Die<br />
Gesellschaft muss lernen, mit diesen Techniken<br />
zurechtzukommen.“<br />
Blocka<strong>de</strong>n bei Change-Projekten<br />
Topmanagement und mittlere Führungsebene blicken bei Change-Projekten<br />
nicht in die gleiche Richtung. Wie die „Change-Fitness-Studie 2012“<br />
<strong>de</strong>s Beratungsunternehmens Mutaree in Zusammenarbeit mit Professor<br />
Sonja Sackmann zeigt, blockieren vor allem <strong>de</strong>ren unterschiedliche Blickwinkel<br />
und Einschätzungen <strong>de</strong>n Erfolg <strong>de</strong>r Projekte: Während 69 Prozent <strong>de</strong>r Topmanager<br />
in <strong>de</strong>r Studie beispielsweise überzeugt sind, dass vor allem die beson<strong>de</strong>re<br />
Wertschätzung <strong>de</strong>r Mitarbeiter zum Gelingen <strong>de</strong>r Verän<strong>de</strong>rungsprozesse<br />
führen könne, teilen lediglich 46 Prozent <strong>de</strong>r mittleren Führungskräfte diese<br />
Ansicht. Bei <strong>de</strong>r Sicht auf die für ein Change-Projekt notwendigen Ressourcen<br />
setzt sich <strong>de</strong>r Zwiespalt fort: 54 Prozent <strong>de</strong>r Topmanager zeigten sich überzeugt,<br />
dass für ein Change-Projekt ausreichend Ressourcen bereitstehen, im mittleren<br />
Management sehen das nur<br />
38 Prozent so.<br />
Die fatalen Konsequenzen<br />
aus diesem Missstand zeigt<br />
eine Untersuchung <strong>de</strong>r Unternehmensberatung<br />
OSB<br />
International: Bei Entscheidungen<br />
zu Change-Projekten<br />
orientiert sich das<br />
Mittelmanagement zu 60<br />
Prozent allein an <strong>de</strong>m, was<br />
nach <strong>de</strong>n eigenen Erfahrungen<br />
sinnvoll ist. Nur<br />
elf Prozent richten sich<br />
bei ihren Entscheidungen<br />
nach <strong>de</strong>r Meinung <strong>de</strong>s Vorstands.<br />
„Offenbar wer<strong>de</strong>n<br />
die Vorstän<strong>de</strong> nicht mehr<br />
für glaubwürdig gehalten“,<br />
so das Fazit <strong>de</strong>r Studie.<br />
Ein gemeinsames Ziel ist wichtig. Doch zu oft sind<br />
sich Top- und Mittelmanagement nicht einig.<br />
© Michael Bamberger<br />
News <strong>de</strong>s Monats<br />
Wi<strong>de</strong>rstand EU-Justizkommissarin Viviane Reding arbeitet an einem neuen Vorschlag zur Frauenquote in <strong>de</strong>n Aufsichtsräten <strong>de</strong>r europäischen<br />
Unternehmen. Die ursprüngliche I<strong>de</strong>e einer 40-Prozent-Quote bis 2020 war an Be<strong>de</strong>nken <strong>de</strong>r EU-Kommission vor zu großen Eingriffen<br />
in die Wirtschaftspolitik <strong>de</strong>r Mitgliedsstaaten gescheitert.<br />
Sicherheitsproblem Nicht die sogenannten Digital Natives, son<strong>de</strong>rn insbeson<strong>de</strong>re ältere Topmanager gefähr<strong>de</strong>n die IT-Sicherheit im<br />
Unternehmen durch private Computertechnik und Software-Anwendungen. Beson<strong>de</strong>rs beliebt sind Vi<strong>de</strong>o-Applikationen, so eine Studie <strong>de</strong>s<br />
Service-Provi<strong>de</strong>rs Easynet.<br />
Optimierungsbedarf Schlechte Ergebnisse erzielen <strong>de</strong>utsche Unternehmen in <strong>de</strong>r Studie „Global Talent Management and Rewards“ von<br />
Towers Watson: Nur 31 Prozent <strong>de</strong>r Unternehmen in Deutschland beurteilen die Work-Life-Balance ihrer Mitarbeiter positiv, weltweit sind dies 52<br />
Prozent. Auch bei <strong>de</strong>r Mitarbeiterbindung zeigt sich Optimierungsbedarf: 70 Prozent <strong>de</strong>r Befragten geben an, High Potentials nur schwer halten<br />
zu können, weltweit haben nur 54 Prozent hier Probleme.<br />
+++ Aktuelle News +++ Hintergrün<strong>de</strong> +++ täglich unter www.haufe.<strong>de</strong>/personal +++<br />
Bei Fragen wen<strong>de</strong>n Sie sich bitte an katharina.schmitt@personalmagazin.<strong>de</strong><br />
personalmagazin 12 / 12
Organisation_softwaremarkt<br />
41<br />
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Anmeldung auf <strong>de</strong>r Onlineplattform<br />
die notwendigen Informationen über<br />
eine generische Maske eingeben und<br />
die Daten über die Software in <strong>de</strong>n<br />
vorgesehenen Formularsatz übertragen<br />
lassen. Anschließend kann dieser<br />
als Download an <strong>de</strong>n Arbeitnehmer<br />
weitergegeben wer<strong>de</strong>n. Der Service<br />
ist für Unternehmen kostenlos.<br />
Zu <strong>de</strong>n bisherigen Kooperationspartnern<br />
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Canada Life, Ergo, Generali, HDI,<br />
LV1871, Neue Leben und Nürnberger.<br />
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Der E-Learning-Markt wächst. Immer mehr Unternehmen nutzen die<br />
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E-Learning-Kursen weiterzubil<strong>de</strong>n. Learning-Management-<br />
Systemen (LMS) kommt dabei eine beson<strong>de</strong>re Be<strong>de</strong>utung zu, weil sie die<br />
zentrale Verwaltung <strong>de</strong>r Kurse und Teilnehmer ermöglichen. Für Käufer sei<br />
es jedoch immer schwieriger, <strong>de</strong>n globalen, sehr komplexen und dynamischen<br />
LMS-Markt zu verstehen, so <strong>de</strong>r Marktreport „Learning Management Systems:<br />
Finding Your Way Through the Maze“. Den klassischen LMS mit vielen Standardfunktionen,<br />
die von Unternehmen gekauft und auf eigenen Servern installiert<br />
wür<strong>de</strong>n, stehe eine wachsen<strong>de</strong> Anzahl von einfach zu implementieren<strong>de</strong>n Software<br />
as a Service (SaaS)-Systemen mit flexiblen Preismo<strong>de</strong>llen gegenüber. Vor<br />
allem jüngere Anbieter integrierten in ihre Systeme Social-Media-Funktionen.<br />
Hinweis: Einen Überblick über E-Learning-Anbieter fin<strong>de</strong>n Sie online auf unserem<br />
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12 / 12 personalmagazin<br />
Personal Aktuell<br />
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04.12.2012 Frankfurt/Main 7547AI12<br />
12.12.2012 Hamburg 7547AJ12<br />
15.01.2013 Düsseldorf 7547AA13<br />
23.01.2013 Berlin 7547AB13<br />
30.01.2013 Stuttgart 7547AC13<br />
05.02.2013 Münster 7547AD13<br />
13.02.2013 Hamburg 7547AE13<br />
18.02.2013 Frankfurt/Main 7547AF13<br />
27.02.2013 Köln 7547AG13<br />
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11.03.2013 Dortmund 7547AI13<br />
Die Themenübersicht fin<strong>de</strong>n Sie unter<br />
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Kaiser-Wilhelm-Ring 3a · 48145 Münster<br />
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42 Organisation_Gesundheitsmanagement<br />
„Kölsche Formel“ für Gesundheit<br />
RECHNUNG. Der Nutzen eines Gesundheitsmanagements sollte so einfach erkennbar<br />
sein, dass seine Berechnung auf einen Bier<strong>de</strong>ckel passt. Das schafft die Kölsche Formel.<br />
Von Heinz Kowalski<br />
Was kostet uns das und was<br />
bringt uns das? Wie vor<br />
je<strong>de</strong>r unternehmerischen<br />
Entscheidung stellt sich<br />
diese Frage auch bei <strong>de</strong>r betrieblichen<br />
Gesundheitsför<strong>de</strong>rung (BGF). Die Gegenfrage<br />
wäre allerdings: Was kostet<br />
Sie das, wenn Sie nichts für die Gesund<br />
heitsför<strong>de</strong>rung im Betrieb tun? Der permanente<br />
Wan<strong>de</strong>l <strong>de</strong>r Arbeitswelt und<br />
die <strong>de</strong>mografische Entwicklung machen<br />
Investitionen in die Leistungsfähigkeit<br />
und Leistungsbereitschaft <strong>de</strong>r Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter unverzichtbar.<br />
Arbeiten bis 67 bei zunehmen<strong>de</strong>r Arbeitsintensität,<br />
steigen<strong>de</strong>r Komplexität<br />
<strong>de</strong>r Arbeitsbewältigung und weiterer<br />
Beschleunigung <strong>de</strong>r Prozesse ist ohne<br />
Auch ein Kölsch-Deckel eignet sich,<br />
um <strong>de</strong>n Return on Investment<br />
<strong>de</strong>s betrieblichen Gesundheitsmanagements<br />
zu<br />
errechnen.<br />
eine nachhaltige körperliche und geistige<br />
Fitness un<strong>de</strong>nkbar. Gesundheit wird<br />
damit zu einem entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Produktivitätsfaktor.<br />
Wer das nicht wahrhaben will o<strong>de</strong>r für<br />
Privatsache hält und <strong>de</strong>shalb auf Investitionen<br />
in die Gesundheit <strong>de</strong>r Belegschaft<br />
verzichtet, wird über kurz o<strong>de</strong>r<br />
lang Probleme bekommen. Die drastisch<br />
steigen<strong>de</strong>n Arbeitsunfähigkeitsfälle wegen<br />
psychischer Störungen in vielen Unternehmen<br />
ist ein unübersehbarer Beleg<br />
für diese Prog nose. Wer diese Entwicklungen<br />
durch gezielte Präventionsarbeit<br />
vermei<strong>de</strong>t o<strong>de</strong>r wenigstens eingrenzt, ist<br />
dagegen bereits auf <strong>de</strong>r Gewinnerseite.<br />
Krankheit kostet weit mehr als<br />
nur die Entgeltfortzahlung<br />
„Krankheit kostet Gesundheit“ – das<br />
muss immer wie<strong>de</strong>r in Erinnerung gerufen<br />
wer<strong>de</strong>n, wenn über die ökonomische<br />
Seite gesprochen wird. Dass Arbeit nicht<br />
krank machen darf, ist eine Selbstverständlichkeit.<br />
Gesundheit ist aber mehr<br />
als die Abwesenheit von Krankheit. Sie<br />
be<strong>de</strong>utet Lebensfreu<strong>de</strong>, Teilhabe und<br />
Arbeitsfähigkeit, womit Gesundheit eine<br />
Ressource ist. Nicht umsonst hat <strong>de</strong>r<br />
finnische Professor Juhani Ilmarinen<br />
seinem weitverbreiteten „Haus <strong>de</strong>r Arbeitsfähigkeit“<br />
als Basisgeschoss die<br />
Gesundheit gegeben. Erst darauf bauen<br />
sich Kompetenz, Werte und Arbeitsorganisation<br />
auf, ganz nach <strong>de</strong>m Motto<br />
„Gesundheit ist nicht alles, aber ohne<br />
Gesundheit ist alles nichts“.<br />
Ökonomisch betrachtet kostet Arbeitsunfähigkeit<br />
im Betrieb zunächst unproduktiven<br />
Lohn, die Entgeltfortzahlung<br />
personalmagazin 12 / 12
43<br />
Berechnung Praxisbeispiel<br />
bis zur Dauer von sechs Wochen. Lange<br />
wur<strong>de</strong> behauptet, dann wür<strong>de</strong>n die<br />
an<strong>de</strong>ren Mitarbeiter die Arbeit <strong>de</strong>s arbeitsunfähigen<br />
Kollegen auffangen, sodass<br />
kein Produktivitätsverlust eintritt.<br />
Angesichts <strong>de</strong>r Arbeitsdichte in <strong>de</strong>n<br />
Betrieben und Verwaltungen ist diese<br />
These aber schon lange nicht mehr haltbar.<br />
Und die Entgeltfortzahlung ist nicht<br />
<strong>de</strong>r alleinige Kostenfaktor. Ausgefallene<br />
Fertigung, verpasste Termine, Vertretungskosten,<br />
entgangene Aufträge und<br />
vor allem Qualitätsverluste müssen in<br />
vielen Fällen hinzugerechnet wer<strong>de</strong>n.<br />
Eine Firma berichtete beispielsweise<br />
von <strong>de</strong>m unerfahrenen Ersatzfahrer für<br />
<strong>de</strong>n erkrankten Kollegen, <strong>de</strong>r sich jedoch<br />
mit seinem LKW auf <strong>de</strong>m Weg zu einem<br />
Kun<strong>de</strong>n total verfahren hatte und eine<br />
dringen<strong>de</strong> erwartete Lieferung dadurch<br />
zwei Tage zu spät kam.<br />
Was ein Krankheitstag kostet, ist oft<br />
berechnet wor<strong>de</strong>n. Die Bun<strong>de</strong>sanstalt<br />
für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin<br />
(BAUA) als Fachbehör<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>sarbeitsministeriums<br />
(BMAS) geht für<br />
2011 von einem durchschnittlichen Betrag<br />
von 163 Euro aus, <strong>de</strong>r nach Wirtschaftszweigen<br />
erheblich differenziert.<br />
Das Statistische Bun<strong>de</strong>samt bezifferte<br />
die durchschnittlichen Kosten einer Arbeitsstun<strong>de</strong><br />
inklusive Lohnnebenkosten<br />
für 2011 auf 34,40 Euro.<br />
Auch volkswirtschaftlich betrachtet ist<br />
die Entgeltfortzahlung ein be<strong>de</strong>utsamer<br />
Wert. Im Jahr 2010 zahlten die Firmen<br />
nach Angaben <strong>de</strong>s Instituts <strong>de</strong>r Deutschen<br />
Wirtschaft insgesamt 35,1 Milliar<strong>de</strong>n<br />
Euro – 5,2 Milliar<strong>de</strong>n mehr als noch<br />
2006. Den Produktionsausfall wegen<br />
Arbeitsunfähigkeit schätzt die BAUA auf<br />
43 Milliar<strong>de</strong>n Euro und <strong>de</strong>n Ausfall an<br />
Bruttowertschöpfung sogar auf 75 Milliar<strong>de</strong>n<br />
Euro.<br />
Return-on-Investment-Kalkulator<br />
Auch mithilfe von Software lässt sich <strong>de</strong>r Return on Invest (ROI) beim BGM darstellen.<br />
Ein Beispiel ist <strong>de</strong>r Kalkulator <strong>de</strong>r Initiative Gesundheit & Arbeit.<br />
Mithilfe weniger Daten kann damit ein umfangreiches und gut strukturiertes Mehrkomponentenprogramm<br />
<strong>de</strong>r betrieblichen Gesundheitsför<strong>de</strong>rung geplant und <strong>de</strong>r wahrscheinliche<br />
finanzielle Nutzen abgeschätzt wer<strong>de</strong>n. Das Softwareprogramm wur<strong>de</strong> für<br />
die Beratung von Unternehmen konzipiert, in <strong>de</strong>nen noch keine längerfristige Kultur<br />
<strong>de</strong>r betrieblichen Gesundheitsför<strong>de</strong>rung etabliert ist.<br />
Berücksichtigt wer<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>r Software für die Berechnung <strong>de</strong>s ROI die Kategorien eines<br />
mo<strong>de</strong>rnen betrieblichen Gesundheitsmanagements mit <strong>de</strong>n zugeordneten Maßnahmen<br />
und Min<strong>de</strong>stanfor<strong>de</strong>rungen. Es gibt einen Arbeitsunfähigkeitskalkulator und einen<br />
Präsentismuskalkulator, woraus eine Formel entsteht. Hinzu kommt ein Krankheitsbehandlungskostenkalkulator<br />
mit einer eigenen Formel.<br />
Beispiel: Formel <strong>de</strong>s Präsentismuskalkulators<br />
Kennzeichnung Variable<br />
A<br />
Produktivitätsausfälle durch Präsentismus<br />
B<br />
durchschnittliche Beeinträchtigung <strong>de</strong>r Produktivität<br />
C<br />
durchschnittliche Einkommen (Bruttojahresverdienst)<br />
D<br />
Kosten <strong>de</strong>r Produktivitätseinbußen<br />
E<br />
reduzierte Kosten durch Einsatz Mehrkomponentenprogramm<br />
F<br />
Nutzenzuordnung nach Anzahl von BGF-Maßnahmen<br />
G<br />
Differenz <strong>de</strong>r Kosten<br />
H<br />
Prospektiver ROI<br />
I<br />
Gesamtkosten <strong>de</strong>r Maßnahmen<br />
J<br />
Anzahl <strong>de</strong>r Mitarbeiter<br />
Die dazugehörigen Berechnungsformeln:<br />
1. A = B multipliziert mit C<br />
2. D = J multipliziert mit C multipliziert mit B<br />
3. E = D minus D multipliziert mit F<br />
Berechnung ROI:<br />
4. G = D minus E<br />
5. H = G dividiert durch I<br />
Der Aufwand für das Gesundheitsmanagement<br />
wird oft überschätzt<br />
Ohne eigenen Zeit- und Personalaufwand<br />
ist ein betriebliches Gesundheitsmanagementprojekt<br />
(BGM) nicht<br />
zu leisten. Aufwendungen für Investitionen,<br />
zum Beispiel für ergonomische<br />
Verbesserungen, o<strong>de</strong>r für Seminare<br />
von Führungskräften beziehunsgweise<br />
Schulungen von Mitarbeitern, zum<br />
Beispiel Rückenschule am Arbeitsplatz,<br />
müssen einkalkuliert wer<strong>de</strong>n. An Maßnahmen<br />
beteiligen sich allerdings in<br />
aller Regel die Krankenkassen und gelegentlich<br />
auch die Berufsgenossenschaften,<br />
was die eigenen Aufwendungen<br />
Quelle: Initiative Gesundheit & Arbeit<br />
erheblich reduzieren kann. Bis zum<br />
Betrag von 500 Euro je Mitarbeiter und<br />
Jahr können viele Aufwendungen, die<br />
beim Betrieb verbleiben, nach § 3 Nr. 34<br />
Einkommenssteuergesetz sogar steuerlich<br />
geltend gemacht wer<strong>de</strong>n.<br />
Nicht nur <strong>de</strong>shalb wird <strong>de</strong>r Aufwand<br />
von <strong>de</strong>n Firmen oft völlig überschätzt.<br />
Nur wenn erhebliche ergonomische<br />
Mängel festgestellt wer<strong>de</strong>n, zum Bei<br />
12 / 12 personalmagazin<br />
Bei Fragen wen<strong>de</strong>n Sie sich bitte an katharina.schmitt@personalmagazin.<strong>de</strong>
44 Organisation_Gesundheitsmanagement<br />
spiel bei <strong>de</strong>r Be- und Entlüftung, bei Hebe-<br />
und Tragevorrichtungen o<strong>de</strong>r bei <strong>de</strong>n<br />
Büromöbeln, sind größere Investitionen<br />
notwendig. Zumeist ist es aber <strong>de</strong>r Personaleinsatz,<br />
<strong>de</strong>r zu Buche schlägt. Sitzungen<br />
<strong>de</strong>s Arbeitskreises Gesundheit,<br />
Organisation <strong>de</strong>s BGM, innerbetriebliche<br />
Werbung für die Aktionen, Einzelaktivitäten<br />
wie Rückkehrgespräche mit<br />
auffälligen Mitarbeitern o<strong>de</strong>r zur betrieblichen<br />
Wie<strong>de</strong>reinglie<strong>de</strong>rung nach<br />
Krankheit (BEM) kosten natürlich Arbeitszeit.<br />
Größere Firmen beauftragen<br />
mit <strong>de</strong>m BGM <strong>de</strong>n Betriebsarzt o<strong>de</strong>r die<br />
Sicherheitsfachkraft. In mittelgroßen<br />
o<strong>de</strong>r kleineren Firmen ist es in aller Regel<br />
die Personalabteilung, die sich um<br />
das Gesundheitsprojekt kümmert.<br />
Ob es sich jedoch bei <strong>de</strong>m personellen<br />
Einsatz um einen zusätzlichen<br />
Aufwand han<strong>de</strong>lt o<strong>de</strong>r ob nur Arbeitsinhalte<br />
verschoben beziehungsweise<br />
kostenneutral ausgetauscht wer<strong>de</strong>n,<br />
KOSTEN-NUTZEN-MODELL<br />
Praxisbeispiel<br />
Der Human-Potenzial-In<strong>de</strong>x<br />
ist für die Kostenbetrachtung entschei<strong>de</strong>nd.<br />
Die Aufwandsseite darf zwar nicht<br />
vernachlässigt wer<strong>de</strong>n, ist aber zumeist<br />
überschaubar und verkraftbar. Geplante<br />
BGM-Projekte scheiterten in <strong>de</strong>r Praxis<br />
gelegentlich aber an Personalverantwortlichen,<br />
die sich die Zeit dafür nicht<br />
nehmen konnten o<strong>de</strong>r wollten.<br />
Der Human-Potenzial-In<strong>de</strong>x (HPI) ist ein Rating-Instrument zur Bewertung geeigneter<br />
Strukturen und Instrumente zur För<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s Humankapitals von Unternehmen.<br />
Entwickelt wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Human-Potenzial-In<strong>de</strong>x im Rahmen <strong>de</strong>s Forschungsprojekts „Sicherung<br />
<strong>de</strong>r Zukunfts- und Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen durch Verbesserung<br />
qualitativer humanressourcen-orientierter Kriterien“, das You-Gov-Psychonomics<br />
und die Celidon fe<strong>de</strong>rführend im Auftrag <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sanstalt für Arbeitsschutz und<br />
Arbeitsmedizin (BAUA) durchgeführt und 2009 veröffentlicht hat. Die Erhebung von<br />
zwölf Werttreiberbereichen bei 113 Unternehmen umfasste neben Erhebungen zur<br />
Personalplanung, Vergütungsstrukturen, Personalentwicklung und -management,<br />
Fragen zur Gesundheitsför<strong>de</strong>rung und zur Demografie, zur Work-Life-Balance und<br />
vor allem zur Führung. Nach Kritik aus <strong>de</strong>r Wissenschaft und <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>svereinigung<br />
<strong>de</strong>r Arbeitgeberverbän<strong>de</strong> (BDA) zog sich das Bun<strong>de</strong>sarbeitsministerium aus seiner<br />
Mo<strong>de</strong>ratorenrolle zurück. Zuvor hatten <strong>de</strong>r damalige Personalvorstand <strong>de</strong>r Telekom,<br />
Thomas Sattelberger, und Professor Christian Scholz von <strong>de</strong>r Universität <strong>de</strong>s Saarlan<strong>de</strong>s<br />
<strong>de</strong>n HPI als irreführend und als trojanisches Pferd bewertet. Psychonomics<br />
hatte dagegen einen signifikanten Zusammenhang zwischen <strong>de</strong>m Unternehmenserfolg<br />
und <strong>de</strong>m betrieblichen Gesundheitsmanagement gesehen, ebenso <strong>de</strong>r Human-<br />
Capital-Club (HCC).<br />
Ausführlicher Studienbericht über www.baua.<strong>de</strong> – Publikationen, Forschungsprojekt F 2127<br />
Wer einen Aufwand-<br />
Ertrags-Vergleich <strong>de</strong>s<br />
BGM leisten will, stößt<br />
schnell an die Grenzen<br />
einer betriebswirtschaftlichen<br />
Betrachtung.<br />
Weiche Faktoren lassen<br />
sich schwer beziffern.<br />
Das Problem mit <strong>de</strong>n Kennzahlen<br />
und <strong>de</strong>r Kausalität<br />
Wer einen Aufwand-Ertrags-Vergleich<br />
<strong>de</strong>s BGM-Projekts leisten will, stößt<br />
schnell an die Grenzen einer betriebswirtschaftlichen<br />
Betrachtung. Zwar<br />
lassen sich harte Kennzahlen wie die<br />
Aufwendungen für die Entgeltfortzahlung<br />
o<strong>de</strong>r für Krankheitsvertretungen<br />
leicht berechnen, aber bei vielen<br />
Faktoren wird es schwieriger. Wenn<br />
Krankheit zum Beispiel die Leistungsbereitschaft<br />
beeinträchtigt, dann lassen<br />
sich diese weichen Faktoren nicht einfach<br />
beziffern. In <strong>de</strong>n letzten Jahren gab<br />
es zunehmend Versuche, die Kosten <strong>de</strong>s<br />
Präsentismus (Präsentismus erfasst das<br />
Verhalten von Mitarbeitern, die krank<br />
zur Arbeit gehen, infolge <strong>de</strong>r Krankheit<br />
aber nicht so leistungsfähig sind wie im<br />
gesun<strong>de</strong>n Zustand) zu berechnen. Manche<br />
Autoren schätzen diese Kosten sogar<br />
höher ein als durch <strong>de</strong>n Absentismus,<br />
die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit.<br />
Dabei wird häufig übersehen, dass<br />
<strong>de</strong>r direkte Scha<strong>de</strong>n voraussichtlich viel<br />
höher wäre, wenn die kranke Person<br />
sich die Arbeitsunfähigkeit bescheinigen<br />
ließe und fehlen wür<strong>de</strong>, statt trotz<br />
ihrer Erkrankung noch zur Arbeit zu<br />
kommen und zumin<strong>de</strong>st eine Teilleistung<br />
zu erbringen.<br />
Zu <strong>de</strong>n krankheitsbedingten Kosten<br />
wer<strong>de</strong>n unter an<strong>de</strong>rem gerechnet: Aufwendungen<br />
für Vertretungen, Qualitätsverluste,<br />
entgangene Aufträge,<br />
versäumte Termine (teilweise mit <strong>de</strong>r<br />
Folge von Zinszahlungen) und Ähnliches<br />
mehr. Die Kausalität zwischen <strong>de</strong>r<br />
Krankheit als Ursache einerseits und <strong>de</strong>r<br />
geringeren beziehungsweise ausgefallenen<br />
Leistung an<strong>de</strong>rerseits nachzuweisen,<br />
dürfte allerdings in <strong>de</strong>n allermeisten<br />
Fällen schwierig, wenn nicht unmöglich<br />
sein. Selbst ein ausgefeiltes Controlling<br />
kann diese Transparenz nur unvollkommen<br />
leisten. Es bleibt lediglich die<br />
Möglichkeit, aus Annahmen Inwertsetzungen<br />
zu beziffern und selbst daran<br />
zu glauben. Aber es gibt auch einfache<br />
Beispiele, wie die ausgefallene Leistung<br />
berechnet wer<strong>de</strong>n kann: Eine Großstadt<br />
hatte zweistellige krankheitsbedingte<br />
Ausfälle bei Politessen. Einen Ersatz für<br />
personalmagazin 12 / 12
45<br />
KOSTEN-NUTZEN-MODELL<br />
Praxisbeispiel<br />
die kranken Mitarbeiterinnen gab es<br />
nicht. Die entgangenen Bußgel<strong>de</strong>r entsprachen<br />
im Lauf eines Jahres einem<br />
sechsstelligen Eurobetrag.<br />
Kosten-Nutzen-Mo<strong>de</strong>lle und ein<br />
Software-Kalkulator<br />
Der Return on Investment (ROI) wur<strong>de</strong><br />
in <strong>de</strong>r Vergangenheit im Wesentlichen<br />
mit Studien aus <strong>de</strong>n USA belegt. Die<br />
Einsparungen bei <strong>de</strong>n Fehlzeiten wur<strong>de</strong>n<br />
mit 1:2,5 bis 1:4,85 angegeben (Eine<br />
Zusammenstellung dafür fin<strong>de</strong>n Sie bei<br />
Kramer & Bö<strong>de</strong>ker, IGA-Report 13 und<br />
16). Das sind Durchschnittswerte mit einer<br />
weiten Streuung. In <strong>de</strong>r Praxis hatte<br />
ich gelegentlich Unternehmen, bei <strong>de</strong>nen<br />
<strong>de</strong>r ROI bereits im ersten Jahr <strong>de</strong>s<br />
BGM-Projekts sogar bei 1:10 lag. Für die<br />
Bewertung sind mehrere Mo<strong>de</strong>lle vorgeschlagen<br />
wor<strong>de</strong>n, die oft jedoch nur<br />
Teilaspekte ab<strong>de</strong>ckten und sich zumeist<br />
nicht nachhaltig durchgesetzt haben,<br />
zum Beispiel die Balanced Scorecard,<br />
<strong>de</strong>r Human-Potenzial-In<strong>de</strong>x (siehe Kasten<br />
Seite 46) o<strong>de</strong>r die Produktivität von<br />
Sozialkapital im Betrieb (siehe Kasten<br />
diese Seite).<br />
Die Initiative Gesundheit & Arbeit<br />
(IGA) hat nach jahrelanger Vorbereitung<br />
nun einen Return-on-Investment-Kalkulator<br />
entwickelt, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>n IGA-Mitglie<strong>de</strong>rn<br />
BKK, DGUV, AOK und VDEK die<br />
Möglichkeit gibt, im Rahmen ihrer Unternehmensberatungen<br />
beim betrieblichen<br />
Gesundheitsmanagement <strong>de</strong>n<br />
ökonomischen Nutzen mit Kennzahlen<br />
zu belegen. Das Softwareprogramm<br />
schätzt <strong>de</strong>n prospektiven Nutzen <strong>de</strong>r<br />
betrieblichen Gesundheitsför<strong>de</strong>rung ab.<br />
<strong>Als</strong> Beispiel sehen Sie die Formel <strong>de</strong>s<br />
Präsentismuskalkulators im Kasten auf<br />
HPO<br />
ARBEITSHILFE<br />
Checkliste Maßnahmen zum psychosozialen<br />
Arbeitsschutz (HI2711801).<br />
Die Arbeitshilfe fin<strong>de</strong>n Sie im <strong>Haufe</strong> Personal<br />
Office (HPO). Internetzugriff:<br />
www.haufe.<strong>de</strong>/hi2711801<br />
Produktivität von Sozialkapital<br />
Der Sozialkapital-Ansatz <strong>de</strong>r <strong>de</strong>m Prosob-Mo<strong>de</strong>ll zugrun<strong>de</strong> liegt, will das soziale Vermögen<br />
eines Unternehmens sichtbar, messbar und beeinflussbar machen.<br />
Das Forschungsprojekt Prosob (Produktivität von Sozialkapital im Betrieb) ist von<br />
2006 bis 2008 aus Mitteln <strong>de</strong>s Europäischen Sozialfonds und <strong>de</strong>s Lan<strong>de</strong>s NRW an <strong>de</strong>r<br />
Universität Bielefeld durchgeführt wor<strong>de</strong>n. Beteiligt hatten sich fünf Unternehmen mit<br />
rund 8.000 Beschäftigten, von <strong>de</strong>nen 3.506 einen Fragebogen ausfüllten. Untersucht<br />
wur<strong>de</strong>n die Aspekte Führungskapital, Netzwerkkapital und Wertekapital. Investitionen<br />
in das Sozialkapital führen <strong>de</strong>mnach zu mehr Mitarbeitergesundheit und dadurch zu<br />
einem besseren Betriebserfolg. Beson<strong>de</strong>rs <strong>de</strong>utlich wer<strong>de</strong> dabei <strong>de</strong>r Krankenstand<br />
beeinflusst. Im Erhebungsinstrument ging es dabei unter an<strong>de</strong>rem um die Güte <strong>de</strong>s<br />
körperlichen Gesundheitszustands, um das Ausmaß <strong>de</strong>s Wohlbefin<strong>de</strong>ns, um <strong>de</strong>pressive<br />
Verstimmungen, Absentismus, innere Kündigung, Mobbing und um die Zahl<br />
<strong>de</strong>r Fehltage. Mittlerweile wur<strong>de</strong> das Erhebungsinstrument „weiterentwickelt und<br />
wesentlich benutzerfreundlicher und anwen<strong>de</strong>rorientierter“ gemacht (so Petra Rixen,<br />
eine <strong>de</strong>r Wissenschaftlerin aus Bielefeld) und zu einem In<strong>de</strong>x zusammengefasst, <strong>de</strong>n<br />
„Bielefel<strong>de</strong>r-Sozial-Kapital-In<strong>de</strong>x“ (BISI), wobei allerdings alle direkten Fragen zu <strong>de</strong>n<br />
Gesundheitsthemen gestrichen wur<strong>de</strong>n.<br />
Weiterführen<strong>de</strong> Informationen: Badura et al. (Hrsg.): Fehlzeitenreport 2008, S. 55-63,<br />
Fehlzeitenreport 2009, S. 263-271 und Fehlzeitenreport 2011, S. 61-70, Springer-Verlag.<br />
Seite 43. Da dieser ROI-Kalkulator erst<br />
vor einiger Zeit an die IGA-Mitglie<strong>de</strong>r<br />
verteilt wur<strong>de</strong> und zunächst eine Schulung<br />
<strong>de</strong>r Berater erfolgte, liegen bisher<br />
kaum praktische Erfahrungen mit <strong>de</strong>r<br />
Anwendung vor. Die Praxis wird zeigen,<br />
ob und wie <strong>de</strong>r Kalkulator eine feste<br />
Größe im betrieblichen Gesundheitsmanagement<br />
wird und eine weite Verbreitung<br />
innerhalb <strong>de</strong>r Unternehmen fin<strong>de</strong>t.<br />
Wie viel Unschärfe wird von <strong>de</strong>n<br />
Unternehmen akzeptiert?<br />
Je nach Unternehmenskultur beziehungsweise<br />
Konzernvorgaben wird von<br />
Betrieben großer Wert auf konkrete<br />
Kennzahlen gelegt. In <strong>de</strong>r Praxis kam<br />
dieses Verlangen allerdings nur relativ<br />
selten vor, vor allem nicht bei kleinenund<br />
mittelständischen Unternehmen<br />
(KMU). Den Verantwortlichen dieser Firmen<br />
reichte zumeist eine Orientierung<br />
an wenigen Kennzahlen, zum Beispiel<br />
die Entwicklung <strong>de</strong>s Krankenstands<br />
o<strong>de</strong>r die Aufwendungen für die Entgeltfortzahlung,<br />
um <strong>de</strong>n Erfolg eines BGM<br />
einzuschätzen. Gera<strong>de</strong> Mittelständler<br />
wer<strong>de</strong>n oft von einem Bauchgefühl geleitet,<br />
das viele von ihnen hat erfolgreich<br />
wer<strong>de</strong>n lassen. Gefragt nach <strong>de</strong>m Nutzen,<br />
<strong>de</strong>n ihnen das BGM-Projekt gebracht<br />
habe, kamen von diesen Mittelständlern<br />
häufig Antworten wie diese: „Ich kann<br />
das nicht genau beziffern, aber seit<strong>de</strong>m<br />
haben wir weniger Ausfälle, die Stimmung<br />
ist besser und die Störungen <strong>de</strong>s<br />
Betriebs sind weniger gewor<strong>de</strong>n.“ Das<br />
Angebot, Aufwand und Ertrag <strong>de</strong>s Gesundheitprojekts<br />
zu berechnen, wur<strong>de</strong><br />
<strong>de</strong>shalb nur selten angenommen, ebenso<br />
wie <strong>de</strong>r Wunsch nach <strong>de</strong>r Lieferung<br />
von allen möglichen Kennzahlen für das<br />
innerbetriebliche Controlling nur sehr<br />
selten geäußert wur<strong>de</strong>.<br />
Auf die Entwicklung <strong>de</strong>s Krankenstands<br />
und auf die Verän<strong>de</strong>rungen einzelner<br />
Krankheitsgruppen, die von <strong>de</strong>n<br />
Krankenkassen in ihren betrieblichen<br />
Gesundheitsberichten dargestellt wer<strong>de</strong>n,<br />
wur<strong>de</strong> allerdings stets sehr genau<br />
geachtet, wobei man als Berater darauf<br />
hinweisen musste, dass diese objektiven<br />
Kriterien allein keine abschließen<strong>de</strong><br />
Bewertung zulassen. Ergänzend<br />
zu <strong>de</strong>n harten Fakten Krankenstand und<br />
Entgeltfortzahlung wur<strong>de</strong>n von vielen<br />
Betrieben auch die (subjektiven) Ergebnisse<br />
von Mitarbeiterbefragungen ge<br />
12 / 12 personalmagazin<br />
Bei Fragen wen<strong>de</strong>n Sie sich bitte an katharina.schmitt@personalmagazin.<strong>de</strong>
46 Organisation_Gesundheitsmanagement<br />
nutzt, vor allem wenn sie vor und nach<br />
<strong>de</strong>m BGM-Projekt durchgeführt wur<strong>de</strong>n<br />
und die Zufrie<strong>de</strong>nheit o<strong>de</strong>r Unzufrie<strong>de</strong>nheit<br />
<strong>de</strong>r Belegschaft wi<strong>de</strong>rspiegelten.<br />
Ein bekanntes Süßwarenunternehmen<br />
beschränkte zum Beispiel seine Bewertung<br />
auf das Hauptproblem, nämlich die<br />
Rückenerkrankungen, die nach ergonomischen<br />
Verbesserungen und intensiven<br />
Verhaltensschulungen im Rahmen<br />
<strong>de</strong>s BGM-Projekts drastisch gesunken<br />
waren. Für die folgen<strong>de</strong>n 13 Jahre wur<strong>de</strong><br />
eine Einsparung bei <strong>de</strong>r Lohnfortzahlung<br />
in Höhe von 2,6 Millionen Euro<br />
ausgerechnet.<br />
Die „Kölsche Formel“:<br />
Nutzenberechnung ganz einfach<br />
Der Wunsch nach einer gewissen Wirtschaftlichkeitsbetrachtung,<br />
ohne ein perfektes<br />
Controlling aufbauen zu müssen,<br />
hat zu einer einfachen Formel geführt,<br />
die keinen Anspruch auf Vollständigkeit<br />
erhebt, aber eine Orientierung und eine<br />
gewisse Sicherheit geben kann, was das<br />
BGM-Projekt gebracht hat. Sie sollte so<br />
einfach wie möglich sein und auf einen<br />
Bier<strong>de</strong>ckel passen. Daraus ist passend<br />
zum Standort <strong>de</strong>s BGF-Instituts in Köln<br />
die „Kölsche Formel“ entstan<strong>de</strong>n. Mit ihr<br />
wird <strong>de</strong>r Bruttoertrag <strong>de</strong>s betrieblichen<br />
Gesundheitsmanagements, gemessen<br />
an <strong>de</strong>n ersparten Fehlzeitenkosten ins<br />
Verhältnis gesetzt zu <strong>de</strong>n Kosten <strong>de</strong>r Gesundheitsmaßnahmen<br />
im Betrieb. Ein<br />
genaues Rechenbeispiel fin<strong>de</strong>n Sie im<br />
nebenstehen<strong>de</strong>n Kasten.<br />
Wem diese einfache Berechnung nicht<br />
ausreicht, <strong>de</strong>m sei eines <strong>de</strong>r oben beschriebenen<br />
Kosten-Nutzen-Mo<strong>de</strong>lle<br />
empfohlen, um die gewünschte Sicherheit<br />
eines plausiblen Ergebnisses zu<br />
erreichen. Allen an<strong>de</strong>ren glauben wir<br />
mit <strong>de</strong>r Kölschen Formel eine gute Orientierung<br />
geben zu können. Sie wird<br />
bestätigt durch die internen Fehlzeitenstatistiken<br />
<strong>de</strong>r Firma und durch die<br />
betrieblichen Gesundheitsberichte <strong>de</strong>r<br />
Krankenkassen, zum Beispiel <strong>de</strong>s BGF-<br />
Instituts mit <strong>de</strong>n Zahlen <strong>de</strong>r AOK, über<br />
die Verän<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s Krankenstands, <strong>de</strong>r<br />
Berechnung Praxisbeispiel<br />
Die „Kölsche Formel“<br />
Bei <strong>de</strong>r Kölschen Formel wer<strong>de</strong>n die ersparten Entgeltfortzahlungskosten <strong>de</strong>m BGM-<br />
Aufwand entgegengestellt. Für die Berechnung <strong>de</strong>s gesamten Aufwands eignet sich<br />
die Erstellung einer Checkliste, die alle möglichen Maßnahmen enthält.<br />
„Kölsche Formel“: Ertrag BGM (brutto) = ROI<br />
Aufwand BGM<br />
Firma A GmbH, Unternehmen <strong>de</strong>r Energiewirtschaft, 250 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,<br />
stabile Situation und nach Aussage <strong>de</strong>r Firmenleitung und <strong>de</strong>s Betriebsrats<br />
neben <strong>de</strong>m BGM-Projekt keine weiteren Einflüsse auf das Krankheitsgeschehen<br />
BGM-Ertrag<br />
Krankenstand Jahresdurchschnitt 2010 = 4,8 Prozent >> Entgeltfortzahlung: 630.144 Euro<br />
BGM-Projekt ab Januar 2011<br />
Krankenstand Jahresdurchschnitt 2011 = 3,2 Prozent >> Entgeltfortzahlung: 420.318 Euro<br />
Entgeltfortzahlung 2010 = 630.144 Euro<br />
Entgeltfortzahlung 2011 = 420.318 Euro<br />
Ertrag brutto<br />
BGM-Kosten:<br />
= 209.826 Euro<br />
- Schulungen Führungskräfte 9.600 Euro<br />
- Kurse Mitarbeiter 7.380 Euro<br />
- Gesundheitstag 9.380 Euro<br />
- neue Stühle, höhenverstellbare Tische 14.816 Euro<br />
- Schutzimpfungen 1.630 Euro<br />
- Personalaufwand (ca. ¼ Stelle) 13.128 Euro<br />
- Sonstige Sachkosten (geschätzt) 2.500 Euro<br />
Summe Aufwand brutto<br />
minus Zuschüsse Krankenkasse<br />
minus Steuervorteil (geschätzt)<br />
Aufwand insgesamt netto<br />
Ertrag BGM netto:<br />
58.434 Euro<br />
14.250 Euro<br />
7.300 Euro<br />
36.884 Euro<br />
209.826 Euro - 36.884 Euro = 172.942 Euro<br />
ROI = Ertrag BGM (brutto) = 5,7 : 1<br />
Aufwand BGM<br />
(anonymisierten) Diagnoseentwicklung,<br />
<strong>de</strong>m Vergleich mit <strong>de</strong>r gleichen Branche<br />
o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r jeweiligen Region und <strong>de</strong>n vielen<br />
an<strong>de</strong>ren Informationen, <strong>de</strong>n solche<br />
halbjährlichen o<strong>de</strong>r jährlichen Berichte<br />
liefern können. Je<strong>de</strong>r Firmenverantwortliche<br />
wird anhand dieser Informationen<br />
und <strong>de</strong>r Kölschen Formel Gewissheit darüber<br />
erlangen, ob sich sein betriebliches<br />
Gesundheitsmanagement rechnet.<br />
Heinz Kowalski ist ehemaliger<br />
Direktor <strong>de</strong>s Instituts für<br />
betriebliche Gesundheitsför<strong>de</strong>rung<br />
BGF GmbH in Köln.<br />
Bei Fragen wen<strong>de</strong>n Sie sich bitte an katharina.schmitt@personalmagazin.<strong>de</strong><br />
personalmagazin 12 / 12
Die Mitarbeiter von EDEKA Min<strong>de</strong>n-Hannover<br />
lieben nicht nur Lebensmittel, son<strong>de</strong>rn auch<br />
ihr Unternehmen.<br />
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Unternehmen.<br />
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48 Organisation_Personalrisiken<br />
Eine risikoreiche Zukunft<br />
STUDIE. Der aktuelle Personal-Risiko-In<strong>de</strong>x zeichnet ein unsicheres Zukunftsbild:<br />
Die Teilnehmer <strong>de</strong>r Umfrage befürchten, dass alle Personalrisiken künftig zunehmen.<br />
Von Julia Ebert, Uljana Miller und Ingo Weller<br />
Der Fachkräftemangel ist wohl<br />
noch immer das größte Risiko<br />
in <strong>de</strong>r Personalarbeit. Schon<br />
in <strong>de</strong>r ersten Erhebung zum<br />
Personal-Risiko-In<strong>de</strong>x (PRI) im Frühjahr<br />
haben die Befragten das Engpassrisiko,<br />
also die Gefahr, offene Stellen nicht<br />
besetzen zu können, als größtes Risiko<br />
eingeschätzt. Auch nun, in <strong>de</strong>r zweiten<br />
Befragung, ist dieses Risiko wie<strong>de</strong>r auf<br />
Rang 1 gelan<strong>de</strong>t. Insgesamt gehen die<br />
Umfrageteilnehmer davon aus, dass die<br />
Lage unsicherer wird: Nach <strong>de</strong>r künftigen<br />
Risikosituation befragt, zeigen sich<br />
im Vergleich zum aktuellen Zeitpunkt<br />
durchweg signifikant höhere Mittelwerte<br />
für die in sechs Monaten erwarteten Risiken<br />
(siehe Grafik, Seite 50). Die Befragten<br />
scheinen sich mit zunehmen<strong>de</strong>n<br />
Problemen konfrontiert zu sehen.<br />
Personal-risiko-in<strong>de</strong>x 2/2012<br />
0<br />
1<br />
2<br />
3<br />
4<br />
5<br />
Wo Probleme i<strong>de</strong>ntifiziert wer<strong>de</strong>n, gibt<br />
es typischerweise auch eine Nachfrage<br />
nach Lösungen. Und so ist auch diese<br />
zweite Befragungswelle wie<strong>de</strong>r auf große<br />
Aufmerksamkeit gestoßen. Insgesamt<br />
haben sich 842 Unternehmensvertreter<br />
dafür interessiert; immerhin 492 Umfragen<br />
wur<strong>de</strong>n -- mit Blick auf die erfragten<br />
Risiken -- vollständig beantwortet.<br />
Der Personal-Risiko-In<strong>de</strong>x liegt für das zweite Halbjahr 2012 bei einem Wert von 4,35<br />
Punkten. Er wird auf einer Skala von null (kein Risiko) bis zehn (hohes Risiko) gemessen.<br />
6<br />
Personal-<br />
Risiko-In<strong>de</strong>x<br />
4,35<br />
7<br />
8<br />
9<br />
10<br />
Quelle: PRI 2/2012<br />
PRI in neuer Form erhoben<br />
Vor <strong>de</strong>m Hintergrund <strong>de</strong>s großen Interesses<br />
am PRI und aufbauend auf <strong>de</strong>n<br />
Erfahrungen <strong>de</strong>r ersten Befragungsrun<strong>de</strong><br />
haben die Initiatoren, das Institut für<br />
Personalwirtschaft <strong>de</strong>r Ludwig-Maximilians-Universität,<br />
die Sage HR Solutions<br />
AG und das Personalmagazin, das<br />
Instrument angepasst und verbessert.<br />
Unter an<strong>de</strong>rem wur<strong>de</strong>n die erfragten Risiken<br />
neu <strong>de</strong>finiert. In <strong>de</strong>r Folge ist das<br />
Messinstrument zuverlässiger gewor<strong>de</strong>n.<br />
Zugleich gehen die Än<strong>de</strong>rungen<br />
zulasten <strong>de</strong>r Vergleichbarkeit mit <strong>de</strong>r ersten<br />
Befragungswelle. Das war zu erwarten<br />
und ist unvermeidlich – empirische<br />
Forschung lebt von iterativen Verbesserungsprozessen<br />
und Korrekturen, die<br />
durch Lernprozesse angestoßen wer<strong>de</strong>n.<br />
Neu sind die stärker differenzierten<br />
Risikokategorien: In <strong>de</strong>r ersten Version<br />
wur<strong>de</strong>n mit <strong>de</strong>m PRI fünf Personalrisiken<br />
gemessen (Engpass-, Austritts-,<br />
Anpassungs-, Loyalitäts- und Motivationsrisiken).<br />
Das Motivationsrisiko<br />
erfasste dabei Risiken, die durch Überarbeitung<br />
auftreten können, sowie Anreizprobleme.<br />
In <strong>de</strong>r überarbeiteten Version<br />
wur<strong>de</strong> das Motivationsrisiko folgerichtig<br />
in die Kategorien „Gesundheitsrisiko“<br />
und „Motivationsrisiko“ unterteilt, wobei<br />
Ersteres vorwiegend auf psychische<br />
und physische Belastungen abstellt.<br />
Des Weiteren wur<strong>de</strong>n zwei neue Risiken<br />
im PRI aufgenommen: Das Führungsrisiko,<br />
das auf <strong>de</strong>n bekannten<br />
Schnittstellenproblemen zwischen <strong>de</strong>m<br />
HRM- und <strong>de</strong>m Führungssystem sowie<br />
auf normativen Entwicklungen wie <strong>de</strong>m<br />
Gesetz zur Kontrolle und Transparenz<br />
im Unternehmensbereich basiert. Und<br />
das HRM-Risiko, das hinterfragt, ob das<br />
Personalmanagement im Unternehmen<br />
über die erfor<strong>de</strong>rlichen Mittel und Wege<br />
verfügt, um Risiken entgegenwirken<br />
und strategische Maßnahmen initiieren<br />
zu können. Es widmet sich also <strong>de</strong>m Stellenwert,<br />
<strong>de</strong>n die Personalarbeit im Unternehmen<br />
genießt.<br />
Die systemischen Risiken tragen <strong>de</strong>r<br />
personalwirtschaftlichen Theorie Rechnung,<br />
die Potenziale und Risiken auf <strong>de</strong>r<br />
personalmagazin 12 / 12
49<br />
Personalrisiken im überblick<br />
PRI<br />
(Personal-Risiko-In<strong>de</strong>x)<br />
Führungsrisiko<br />
Führungsstrukturen und/o<strong>de</strong>r Führungs beziehungen<br />
gefähr<strong>de</strong>n die zielgerichtete Steuerung <strong>de</strong>r Unternehmung<br />
Engpass risiko<br />
Offene Stellen<br />
können nicht besetzt<br />
wer<strong>de</strong>n<br />
Austritts risiko<br />
Mitarbeiter, die<br />
gehalten wer<strong>de</strong>n<br />
sollen, verlassen das<br />
Unternehmen<br />
Motivationsrisiko<br />
Schlechte Anreizstrukturen<br />
führen zu<br />
mangeln<strong>de</strong>r Einsatzbereitschaft<br />
Gesundheitsrisiko<br />
Mitarbeiter verausgaben<br />
sich psychisch<br />
o<strong>de</strong>r physisch übermäßig<br />
Anpassungsrisiko<br />
Mitarbeiter können<br />
sich nur unzureichend<br />
an Entwicklungen<br />
anpassen<br />
Loyalitätsrisiko<br />
Mitarbeiter fügen<br />
<strong>de</strong>m Unternehmen<br />
bewusst Scha<strong>de</strong>n zu<br />
HRM-Risiko<br />
Das Personalmanagement verfügt nicht über die erfor<strong>de</strong>rlichen Mittel und Wege,<br />
Risiken entgegenzuwirken und strategische Maßnahmen zu initiieren<br />
Der Personal-Risiko-In<strong>de</strong>x wur<strong>de</strong> nach <strong>de</strong>r ersten Erhebung angepasst<br />
und verbessert. Nun wer<strong>de</strong>n insgesamt acht Personalrisiken<br />
abgefragt. Das Gesundheits- sowie das Führungs- und das HRM-<br />
Risiko sind neu hinzugekommen.<br />
Quelle: LMU<br />
Personenebene von solchen auf <strong>de</strong>r organisationalen<br />
Ebene unterschei<strong>de</strong>t. Die<br />
Personenebene war in <strong>de</strong>r ersten Version<br />
<strong>de</strong>s PRI weitgehend abge<strong>de</strong>ckt. Die<br />
Risiken auf <strong>de</strong>r organisationalen Ebene<br />
wur<strong>de</strong>n durch die zwei neuen Risiken<br />
zusätzlich in <strong>de</strong>n PRI aufgenommen.<br />
Führungsrisiko an zweiter Stelle<br />
Die insgesamt acht Risiken konnten jeweils<br />
auf einer elfstufigen Antwortskala<br />
von null (kein Risiko/Ereignis tritt sicher<br />
nicht ein) bis zehn (großes Risiko/<br />
Ereignis tritt sicher ein) eingeschätzt<br />
wer<strong>de</strong>n. Um möglichst aussagekräftige<br />
Ergebnisse zu erhalten, wur<strong>de</strong>n nur die<br />
Beobachtungen herangezogen, für die<br />
alle Pflichtangaben ausgefüllt wur<strong>de</strong>n<br />
(insgesamt 492 Antworten).<br />
Für <strong>de</strong>n Personal-Risiko-In<strong>de</strong>x ergibt<br />
sich so ein Wert von 4,35. Die Interpretation<br />
dieses Werts im Vergleich zur<br />
ersten PRI-Befragung behalten wir uns<br />
aufgrund <strong>de</strong>r Än<strong>de</strong>rungen im Design für<br />
künftige Befragungen vor.<br />
Betrachtet man die Relation <strong>de</strong>r Einzelrisiken,<br />
ist das Engpassrisiko mit<br />
einem Mittelwert von 4,99 am höchsten<br />
ausgeprägt. Es schließen sich das Führungsrisiko<br />
mit einem Mittelwert von<br />
4,79, das Motivationsrisiko mit 4,49 und<br />
das HRM-Risiko mit 4,47 an. Unterhalb<br />
<strong>de</strong>s Gesamtin<strong>de</strong>x liegen in absteigen<strong>de</strong>r<br />
Reihenfolge das Gesundheits- (4,30), Anpassungs-<br />
(4,06), Loyalitäts- (3,90) und<br />
Austrittsrisiko (3,76). Bindungs- und Loyalitätsprobleme<br />
wer<strong>de</strong>n somit aktuell als<br />
weniger dringlich eingestuft.<br />
Vergleicht man die jeweils gleich<br />
gemessenen Einzelrisiken <strong>de</strong>r vorangegangenen<br />
mit <strong>de</strong>nen <strong>de</strong>r aktuellen Befragung,<br />
zeigt sich, dass die Rangfolge<br />
<strong>de</strong>r Risikoeinschätzung fast i<strong>de</strong>ntisch<br />
ist. Auffällig ist das Austrittsrisiko, das<br />
in <strong>de</strong>r ersten Befragung noch <strong>de</strong>n dritten<br />
Platz einnahm, <strong>de</strong>rzeit aber als die<br />
geringste Gefahr eingestuft wird. Dagegen<br />
wird das Loyalitätsrisiko nun höher<br />
eingeschätzt und rückt so auf <strong>de</strong>n vorletzten<br />
Platz.<br />
Der Durchschnittswert <strong>de</strong>s Loyalitätsrisikos<br />
(3,90) verzeichnet zu<strong>de</strong>m im Vergleich<br />
zur ersten Befragung (2,05) <strong>de</strong>n<br />
<strong>de</strong>utlichsten Anstieg. Allerdings bleibt<br />
<strong>de</strong>r Grund <strong>de</strong>s Anstiegs offen. Eine Begründung<br />
kann darin liegen, dass die<br />
Loyalität <strong>de</strong>r Mitarbeiter wirklich zum jetzigen<br />
Zeitpunkt geringer eingestuft wird<br />
als zur Zeit <strong>de</strong>r ersten Erhebungswelle.<br />
Eine alternative Erklärung könnte sein,<br />
dass die ergänzen<strong>de</strong>n Kontrollfragen zur<br />
Klärung <strong>de</strong>s Sachverhalts und zur Fokussierung<br />
beigetragen haben. Die Befragten<br />
waren informierter und konnten so in<br />
<strong>de</strong>r aktuellen Befragung qualitativ bessere<br />
Angaben machen. Be<strong>de</strong>utungsvolle<br />
Trends wer<strong>de</strong>n sich erst mit weiteren<br />
Wie<strong>de</strong>rholungen ableiten lassen.<br />
Größere Betriebe sehen mehr Risiken<br />
Die größte Teilnehmergruppe setzt sich,<br />
wie bereits in <strong>de</strong>r ersten Umfrage, aus<br />
Personalleitern zusammen (37 Prozent,<br />
bei 475 Antworten), gefolgt von Personalmitarbeitern<br />
(21 Prozent) sowie Mitglie<strong>de</strong>rn<br />
<strong>de</strong>r Geschäftsleitung (zwölf<br />
Prozent). Mit etwa 20 Prozent (bei 473<br />
Antworten) ist <strong>de</strong>r Dienstleistungssektor<br />
erneut am stärksten vertreten. Weitere<br />
neun Prozent entfallen jeweils auf <strong>de</strong>n öffentlichen<br />
Dienst und das Gesundheitswesen.<br />
Gemäß <strong>de</strong>r Zielgruppe <strong>de</strong>s PRI,<br />
kleine und mittelständische Betriebe,<br />
stammt ein Großteil <strong>de</strong>r Antworten aus<br />
dieser Gruppe, wobei <strong>de</strong>r Schwerpunkt<br />
mit knapp 22 Prozent (bei 474 Antworten)<br />
bei Unternehmen mit 100 bis 249<br />
Mitarbeitern liegt. Auch in <strong>de</strong>r aktuellen<br />
Befragung stellen kleine Unternehmen<br />
mit bis zu zehn Mitarbeitern die am<br />
geringsten vertretene Gruppe dar (fünf<br />
Prozent). Betrachtet man die Unternehmensgröße<br />
anhand <strong>de</strong>s Umsatzes, ergibt<br />
sich im Vergleich zur ersten Befragung<br />
ebenfalls eine vergleichbare Verteilung.<br />
Ungefähr 26 Prozent <strong>de</strong>r Teilnehmer (bei<br />
466 Antworten) geben an, im letzten Geschäftsjahr<br />
einen Umsatz zwischen zehn<br />
und 50 Millionen Euro erzielt zu haben,<br />
12 / 12 personalmagazin<br />
Bei Fragen wen<strong>de</strong>n Sie sich bitte an katharina.schmitt@personalmagazin.<strong>de</strong>
50 Organisation_Personalrisiken<br />
personalrisiken im zeitverlauf<br />
6<br />
5<br />
4<br />
3<br />
2<br />
1<br />
0<br />
Austrittsrisiko<br />
Engpassrisiko<br />
Anpassungsrisiko<br />
Loyalitätsrisiko<br />
Motivationsrisiko<br />
Gesundheitsrisiko<br />
Führungsrisiko<br />
HRM-<br />
Risiko<br />
Personal-<br />
Risiko-In<strong>de</strong>x<br />
aktueller Zeitpunkt (PRI 1/2012) aktueller Zeitpunkt (PRI 2/2012)<br />
in sechs Monaten (PRI 2/2012)<br />
Die Umfrageteilnehmer sehen die größte Gefahr in fehlen<strong>de</strong>n Mitarbeitern:<br />
Das Engpassrisiko liegt wie in <strong>de</strong>r vergangenen Umfrage<br />
auf Platz eins. Die grünen Balken zeigen, dass die Teilnehmer für<br />
alle Risiken befürchten, dass sie im nächsten halben Jahr steigen.<br />
Quelle: PRi 2/2012<br />
gefolgt von <strong>de</strong>r Klasse mit einer bis fünf<br />
Millionen Euro Umsatz. Bezüglich <strong>de</strong>r<br />
Ertragslage schätzen sich die Unternehmen<br />
vorwiegend als überdurchschnittlich<br />
erfolgreich ein: 23 Prozent <strong>de</strong>r<br />
Teilnehmer ordnen sich im Vergleich mit<br />
<strong>de</strong>m Wettbewerb in die Top-10-Prozent<br />
ein (bei 448 Antworten). 27 Prozent sehen<br />
sich im Bereich zwischen <strong>de</strong>n Top-<br />
10- und Top-50-Prozent. Ähnlich wie in<br />
<strong>de</strong>r ersten Befragung geben 44 Prozent<br />
die Ertragslage als unbekannt an.<br />
Wie in <strong>de</strong>r ersten Umfrage auch, schätzen<br />
größere Unternehmen die Risiken im<br />
Mittel höher ein als kleinere, wobei sich<br />
das Muster nur bei <strong>de</strong>r Mitarbeiterzahl<br />
staTISTIk<br />
Validität <strong>de</strong>s PRI<br />
als signifikant kennzeichnen lässt. Der<br />
Blick auf die Einzelrisiken zeigt, dass<br />
auch das HRM-Risiko mit steigen<strong>de</strong>r Mitarbeiterzahl<br />
höher eingeschätzt wird.<br />
Das überrascht insofern, als dass größere<br />
Unternehmen ten<strong>de</strong>nziell über ein<br />
professionelleres Personalmanagement<br />
verfügen und daher eher in <strong>de</strong>r Lage sein<br />
sollten, Maßnahmen zu initiieren.<br />
Betrachtet man <strong>de</strong>n PRI in Abhängigkeit<br />
<strong>de</strong>s Unternehmenserfolgs, fin<strong>de</strong>t<br />
man, wie zu erwarten und konsistent<br />
mit <strong>de</strong>n Ergebnissen aus <strong>de</strong>r ersten Befragung,<br />
dass erfolgreiche Unternehmen<br />
die Lage optimistischer beurteilen.<br />
Jedoch sollte auch dieses Ergebnis in<br />
Der überarbeitete Personal-Risiko-In<strong>de</strong>x sieht drei ergänzen<strong>de</strong> Pflichtangaben zu<br />
je<strong>de</strong>m <strong>de</strong>r acht Risiken vor, die eine Schätzung <strong>de</strong>r Validität <strong>de</strong>r Umfrage erlauben.<br />
Das Austrittsrisiko wur<strong>de</strong> beispielsweise über die Frage „Wie stark ist das Austrittsrisiko<br />
zum jetzigen Zeitpunkt ausgeprägt?“ ermittelt. Zur Kontrolle sollte neben zwei weiteren<br />
Fragen die Aussage „Es fällt <strong>de</strong>m Unternehmen schwer, neu eingestellte Mitarbeiter, die<br />
im Unternehmen gehalten wer<strong>de</strong>n sollen, dauerhaft zu bin<strong>de</strong>n“ bejaht o<strong>de</strong>r verneint<br />
wer<strong>de</strong>n. Analog wur<strong>de</strong> bei <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren Risiken verfahren. Die Antworten zu diesen<br />
ergänzen<strong>de</strong>n Fragen wur<strong>de</strong>n anschließend mit <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren Items <strong>de</strong>r Befragung korreliert.<br />
In <strong>de</strong>r Analyse zeigt sich, dass das genannte Austrittsitem mit <strong>de</strong>m gemessenen<br />
Austrittsrisiko korreliert, aber <strong>de</strong>utlich niedriger mit allen an<strong>de</strong>ren Risiken assoziiert ist.<br />
Die i<strong>de</strong>ntifizierten Korrelationsmuster liefern uns Hinweise darauf, dass die Fragen nicht<br />
irgen<strong>de</strong>twas Zufälliges, son<strong>de</strong>rn systematisch die passen<strong>de</strong>n Informationen erheben.<br />
Anbetracht <strong>de</strong>r wenigen Teilnehmer, die<br />
eine schlechte Ertragslage äußern, nicht<br />
überinterpretiert wer<strong>de</strong>n. Generell ist<br />
es schwierig, mit Querschnittdaten, also<br />
mit Erhebungen zu einem Zeitpunkt,<br />
kausale Effekte nachzuweisen. Die Frage,<br />
ob die Ertragslage das Personalmanagement<br />
und damit die Personalrisiken<br />
beeinflusst o<strong>de</strong>r ob eingetretene Personalprobleme<br />
die Ertragslage min<strong>de</strong>rn,<br />
kann mit <strong>de</strong>n vorliegen<strong>de</strong>n Daten streng<br />
genommen nicht beantwortet wer<strong>de</strong>n.<br />
Kennzahlen künftig als Benchmark<br />
Diejenigen Teilnehmer, die sich für eine<br />
dauerhafte Teilnahme mit ihren Daten<br />
registriert haben, wer<strong>de</strong>n in Kürze einen<br />
individualisierten Ergebnisbericht erhalten,<br />
in <strong>de</strong>m die jeweilige Unternehmensentwicklung<br />
mit <strong>de</strong>r größeren Stichprobe<br />
verglichen wird. Daneben sehen wir <strong>de</strong>n<br />
PRI als Dialoginstrument für Personaler,<br />
die ihre Stakehol<strong>de</strong>r rasch und mit wenigen<br />
anschaulichen Kennzahlen über<br />
die Be<strong>de</strong>utung ihrer Arbeit informieren<br />
möchten o<strong>de</strong>r müssen.<br />
Julia Ebert ist wissenschaftliche<br />
Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Personalwirtschaft<br />
<strong>de</strong>r LMU.<br />
Uljana Miller ist wissenschaftliche<br />
Hilfskraft am Lehrstuhl für Personalwirtschaft<br />
<strong>de</strong>r LMU.<br />
Prof. Dr. Ingo Weller hat <strong>de</strong>n Lehrstuhl<br />
für Personalwirtschaft <strong>de</strong>r LMU inne.<br />
personalmagazin 12 / 12
OrganISAtion_Familienpflegezeit<br />
51<br />
Zeit für Arbeit, Zeit für Pflege<br />
pRAXIS. Das Familienpflegezeitgesetz bietet eine bedarfsgerechte Lösung für familiäre<br />
Pflegefälle von Mitarbeitern. Die EADS hat diese Möglichkeiten beispielhaft umgesetzt.<br />
Von Frank Meyer und Katrin Kümmerle<br />
Die EADS-Gruppe, globaler<br />
Marktführer in <strong>de</strong>n Bereichen<br />
Luft- und Raumfahrt und Verteidigung,<br />
beschäftigt in Deutschland<br />
mehr als 47.000 Mitarbeiter. Gera<strong>de</strong><br />
hier zeigten sowohl Mitarbeiter als auch<br />
Bewerber großes Interesse an einer praktischen<br />
Lösung für das Thema „Pflege“. So<br />
wur<strong>de</strong> eine Lösung zur Pflege von Familienangehörigen<br />
<strong>de</strong>r Mitarbeiter bereits<br />
2011, zu einem Zeitpunkt, als das Familienpflegezeitgesetz<br />
erst im Entwurf vorlag.<br />
im Konzern Deutschland auf Initiative<br />
<strong>de</strong>r Abteilung „Personalpolitik“ auf <strong>de</strong>n<br />
Weg gebracht. Wichtig war dabei, dass<br />
mit Beginn <strong>de</strong>r Verhandlungen auch <strong>de</strong>r<br />
Betriebsrat und die betroffenen Fachabteilungen,<br />
unter an<strong>de</strong>rem die Gehaltsabrechnung,<br />
am Projekt beteiligt waren.<br />
Das Ergebnis <strong>de</strong>r Verhandlungen fin<strong>de</strong>t<br />
sich in <strong>de</strong>r Konzernbetriebsvereinbarung<br />
„Care for Life“ wie<strong>de</strong>r, <strong>de</strong>ren<br />
wichtigste Regelungspunkte nunmehr<br />
erläutert wer<strong>de</strong>n. Bei <strong>de</strong>r Ausgestaltung<br />
<strong>de</strong>r Konzernbetriebsvereinbarung wur<strong>de</strong>n<br />
neben <strong>de</strong>n Verfahrensfragen alle<br />
arbeitsrechtlichen Fragestellungen ausführlich<br />
erörtert und entsprechend geregelt,<br />
um spätere Missverständnisse und<br />
Unklarheiten zu vermei<strong>de</strong>n.<br />
Antrag und Arbeitsverteilung sind in<br />
<strong>de</strong>r Betriebsvereinbarung geregelt<br />
Grundsätzlich sieht die Konzernbetriebsvereinbarung<br />
vor, dass <strong>de</strong>r Antrag auf Familienpflegezeit<br />
vom EADS- Mitarbeiter<br />
schriftlich spätestens zehn Arbeitstage<br />
vor <strong>de</strong>ren Beginn zu stellen ist. Da <strong>de</strong>m<br />
© Fotolia.com / Peter Maszlen<br />
Pflegefälle in <strong>de</strong>r Familie können we<strong>de</strong>r über Teilzeit noch nach <strong>de</strong>m Pflegezeitgesetz<br />
zufrie<strong>de</strong>nstellend versorgt wer<strong>de</strong>n. Das Familienpflegezeitgesetz schließt diese Lücke.<br />
Unternehmen aber bewusst war, dass gera<strong>de</strong><br />
Pflegefälle oft plötzlich auftreten,<br />
ist für <strong>de</strong>n Fall <strong>de</strong>r kurzfristigen Pflege<br />
das Recht <strong>de</strong>r sofortigen Arbeitsfreistellung<br />
nach § 2 <strong>de</strong>s Pflegezeitgesetzes für<br />
einen Zeitraum von bis zu zehn Arbeitstagen<br />
eingeräumt.<br />
Im Antrag ist anzugeben, für welchen<br />
Zeitraum (maximal 24 Monate)<br />
die vertragliche Arbeitszeit reduziert<br />
wer<strong>de</strong>n soll und wie die verbleiben<strong>de</strong><br />
Arbeitszeit zu verteilen ist. Dabei sieht<br />
die Konzernbetriebsvereinbarung vor,<br />
dass die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit<br />
grundsätzlich um 50 Prozent<br />
reduziert wird. Die dann vertraglich verringerte<br />
Arbeitszeit muss wöchentlich<br />
min<strong>de</strong>stens 15 Stun<strong>de</strong>n betragen; bei<br />
unterschiedlichen wöchentlichen Arbeitszeiten<br />
o<strong>de</strong>r einer unterschiedlichen<br />
Verteilung <strong>de</strong>r wöchentlichen Arbeitszeit<br />
darf diese Untergrenze im Durchschnitt<br />
eines Zeitraums von bis zu einem<br />
Jahr wöchentlich 15 Stun<strong>de</strong>n nicht unterschreiten.<br />
Wichtig für die Mitarbeiter ist,<br />
dass die Konzernbetriebsvereinbarung<br />
die Regelung beinhaltet, dass während<br />
<strong>de</strong>r Familienpflegezeit keine Mehrarbeit<br />
angeordnet wer<strong>de</strong>n kann.<br />
Bei <strong>de</strong>r Verteilung <strong>de</strong>r noch verbleiben<strong>de</strong>n<br />
Arbeitszeit sind Mitarbeiter und<br />
Vorgesetzter gefragt, eine passen<strong>de</strong> Lö-<br />
12 / 12 personalmagazin<br />
Bei Fragen wen<strong>de</strong>n Sie sich bitte an katharina.schmitt@personalmagazin.<strong>de</strong>
52<br />
OrganISAtion_Familienpflegezeit<br />
sung zu fin<strong>de</strong>n. Teilt sich beispielsweise<br />
ein Mitarbeiter aus München die Pflege<br />
seiner in Hamburg leben<strong>de</strong>n Mutter mit<br />
<strong>de</strong>r Schwester, ist ihm nicht geholfen,<br />
wenn <strong>de</strong>r Vorgesetzte eine kontinuierliche<br />
Verteilung <strong>de</strong>r monatlichen Arbeitszeit<br />
verlangt. Dieser Mitarbeiter kann die<br />
Pflege nur dann umsetzen, wenn er die<br />
ersten bei<strong>de</strong>n Wochen im Monat voll arbeitet<br />
und sich anschließend zwei Wochen<br />
um seine Mutter kümmern kann.<br />
Durch die reduzierte Arbeitszeit<br />
kann die Jahresarbeitsentgeltgrenze<br />
unterschritten wer<strong>de</strong>n. Damit tritt sofort<br />
wie<strong>de</strong>r Versicherungspflicht ein,<br />
wenn <strong>de</strong>r Verdienst unter <strong>de</strong>m regelmäßigen<br />
Jahresarbeitsentgelt <strong>de</strong>r Jahresarbeitsentgeltgrenze<br />
in <strong>de</strong>r gesetzlichen<br />
Krankenversicherung liegt und das 55.<br />
Lebensjahr noch nicht vollen<strong>de</strong>t ist. Allerdings<br />
gibt es seit 1. Januar 2012 die<br />
neue Möglichkeit, in diesen Fällen auf<br />
Antrag von <strong>de</strong>r Versicherungs pflicht befreit<br />
zu wer<strong>de</strong>n (§ 8 Abs. 1 Nr. 2a SGB V).<br />
Praktische Lösung für <strong>de</strong>n Nachweis<br />
<strong>de</strong>r Pflegebedürftigkeit<br />
Für <strong>de</strong>n Nachweis <strong>de</strong>r Pflegebedürftigkeit<br />
gelten bei <strong>de</strong>r EADS die Definitionen<br />
im Familienpflegezeitgesetz. Da es vielfach<br />
sehr lange dauert bis die notwendige<br />
Bescheinigung von <strong>de</strong>r Pflegekasse,<br />
<strong>de</strong>m medizinischen Dienst <strong>de</strong>r Krankenkassen<br />
(MDK) o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r privaten Pflegeversicherung<br />
ausgestellt ist, fand EADS<br />
folgen<strong>de</strong> Lösung: Der Mitarbeiter kann<br />
<strong>de</strong>n Nachweis bis spätestens drei Monate<br />
nach Antragstellung nachreichen.<br />
Das Risiko, dass <strong>de</strong>r Nachweis nicht erbracht<br />
wird – wodurch die Familienpflegezeit<br />
en<strong>de</strong>t – und <strong>de</strong>r Mitarbeiter <strong>de</strong>n<br />
HPO<br />
ARBEITSHILFE<br />
Checkliste Was müssen Arbeitgeber zur<br />
Familienpflegezeit beachten (HI2770520)<br />
Die Arbeitshilfe fin<strong>de</strong>n Sie im <strong>Haufe</strong><br />
Personal Office (HPO). Internetzugriff:<br />
www.haufe.<strong>de</strong>/HI2770520<br />
Grundsätzlich hat <strong>de</strong>r<br />
Pflegefall bei EADS absolute<br />
Priorität. Das Kriterium<br />
<strong>de</strong>r „dringen<strong>de</strong>n<br />
betrieblichen Grün<strong>de</strong>“,<br />
die einem Anspruch<br />
entgegenstehen können,<br />
gilt als Notfallanker.<br />
bis dahin geleisteten Aufstockungsbetrag<br />
sofort zurückzahlen muss, wird seitens<br />
<strong>de</strong>r EADS als hinnehmbar angesehen.<br />
Soweit keine dringen<strong>de</strong>n betrieblichen<br />
Grün<strong>de</strong> entgegenstehen, vereinbaren<br />
Unternehmen und Mitarbeiter die<br />
Details <strong>de</strong>r Familienpflegezeit im Rahmen<br />
einer Familienpflegezeitvereinbarung.<br />
Der Punkt „dringen<strong>de</strong> betriebliche<br />
Grün<strong>de</strong>“ gilt als Notfallanker, man kam<br />
überein, dass <strong>de</strong>r Pflegefall grundsätzlich<br />
absolute Priorität hat.<br />
Entgelt während <strong>de</strong>r Familienpflegezeit<br />
und während <strong>de</strong>r Nachpflegephase<br />
Während <strong>de</strong>r Familienpflegezeit erhält<br />
<strong>de</strong>r Mitarbeiter zum einen sein Teilzeitentgelt<br />
auf Basis <strong>de</strong>r vereinbarten<br />
Teilzeitbeschäftigung. Darüber hinaus<br />
zahlt das Unternehmen die Hälfte <strong>de</strong>r<br />
Differenz zwischen <strong>de</strong>m Teilzeitentgelt<br />
und <strong>de</strong>m monatlichen Bruttoentgelt,<br />
welches ohne Inanspruchnahme <strong>de</strong>r Familienpflegezeit<br />
gezahlt wer<strong>de</strong>n wür<strong>de</strong><br />
(Aufstockungsbetrag).<br />
Beispiel: Ein Mitarbeiter erhält für seine<br />
Vollzeitarbeit (40 Stun<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>r Woche)<br />
ein monatliches Entgelt von 3.000<br />
Euro. Geht er nun in Familienpflegezeit,<br />
reduziert er seine Arbeitszeit auf 20<br />
Stun<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>r Woche und erhält dafür<br />
ein Entgelt von 2.250 Euro (1.500 Euro<br />
für die geleistete Arbeitszeit und 750 Euro<br />
Aufstockungsbetrag).<br />
Diesen Aufstockungsbetrag schreibt<br />
EADS <strong>de</strong>m negativen Arbeitsentgeltguthaben<br />
<strong>de</strong>s Mitarbeiters gut. Alternativ<br />
hätten Unternehmen auch die<br />
Möglichkeit, diesen Aufstockungsbetrag<br />
aus einem vorher über Wertkonten angesparten<br />
Wertguthaben zu finanzieren.<br />
Während <strong>de</strong>r Nachpflegephase erhält <strong>de</strong>r<br />
Mitarbeiter ein monatliches Entgelt auf<br />
Basis seines vor <strong>de</strong>r Familienpflegezeit<br />
vertraglich vereinbarten monatlichen<br />
Bruttoentgelts. Zum Ausgleich <strong>de</strong>s negativen<br />
Arbeitsentgeltguthabens in Höhe<br />
von monatlich 750 Euro wird allerdings<br />
monatlich das Bruttoentgelt in <strong>de</strong>r Höhe<br />
<strong>de</strong>s während <strong>de</strong>r Familienpflegezeit monatlich<br />
gewährten Aufstockungsbetrags<br />
einbehalten.<br />
Bei <strong>de</strong>n Rückzahlungsmodalitäten können<br />
auch sogenannte Son<strong>de</strong>rtilgungen<br />
angeboten wer<strong>de</strong>n. Wichtig ist dabei aber<br />
die Berücksichtigung <strong>de</strong>r Angemessenheit<br />
im Sinne <strong>de</strong>s § 7 Abs. 1a SGB IV.<br />
Arbeitsrechtliche Detailfragen: Einmalzahlungen,<br />
Krankheit, Kündigung<br />
• Sonstige Zahlungen: Es muss zu<strong>de</strong>m<br />
geregelt wer<strong>de</strong>n, ob und wenn ja, in welcher<br />
Höhe Einmalzahlungen während<br />
<strong>de</strong>r Familienpflegezeit beziehungsweise<br />
<strong>de</strong>r Nachpflegephase gezahlt wer<strong>de</strong>n<br />
und inwieweit diese Zahlungen auf<br />
<strong>de</strong>m negativen Arbeitsentgeltguthaben<br />
„gutgeschrieben wer<strong>de</strong>n“. So wer<strong>de</strong>n<br />
beispielsweise Einmalzahlungen wie Urlaubs-<br />
und Weihnachtsgeld vielfach auf<br />
Basis eines monatlichen Entgelts geleistet.<br />
Hier empfiehlt sich die Leistung dieser<br />
Zahlungen auf Basis <strong>de</strong>r 75 Prozent, dann<br />
aber sowohl in <strong>de</strong>r Familienpflegezeit<br />
als auch in <strong>de</strong>r Nachpflegephase. EADS<br />
leistet diese Zahlungen ohne Belastung<br />
<strong>de</strong>s negativen Arbeitsentgeltguthabens.<br />
• Krankheit: Soweit <strong>de</strong>r Mitarbeiter zu Beginn<br />
<strong>de</strong>r vereinbarten Familienpflegezeit<br />
krank ist, stellt sich die Frage <strong>de</strong>r Sinnhaftigkeit<br />
<strong>de</strong>r Familienpflegezeit. Je nach<br />
Art <strong>de</strong>r Krankheit ist <strong>de</strong>r Mitarbeiter im<br />
Einzelfall eben gera<strong>de</strong> nicht in <strong>de</strong>r Lage,<br />
einen Familienangehörigen zu pflegen.<br />
EADS hat <strong>de</strong>shalb geregelt, dass die Familienpflegezeit<br />
in diesem Fall zunächst<br />
gar nicht angetreten wird. Wird <strong>de</strong>r Mitarbeiter<br />
während <strong>de</strong>r Familienpflegezeit<br />
krank, erhält er zunächst sechs Wochen<br />
Entgeltfortzahlung. Während dieser Zeit<br />
Bei Fragen wen<strong>de</strong>n Sie sich bitte an katharina.schmitt@personalmagazin.<strong>de</strong><br />
personalmagazin 12 / 12
53<br />
info<br />
För<strong>de</strong>rungsmöglichkeiten<br />
Für <strong>de</strong>n Aufstockungsbetrag, mit <strong>de</strong>m das Unternehmen während <strong>de</strong>r Pflegezeit<br />
in Vorleistung geht, kann es beim Bun<strong>de</strong>samt für Familie und zivilgesellschaftliche<br />
Aufgaben ein zinsloses Darlehen beantragen. Dazu ist Folgen<strong>de</strong>s wichtig:<br />
Die För<strong>de</strong>rung durch das BFzA setzt <strong>de</strong>n Abschluss einer „Familienpflegezeitversicherung“<br />
voraus. Danach verpflichtet sich <strong>de</strong>r Versicherer, im Falle <strong>de</strong>s To<strong>de</strong>s sowie<br />
<strong>de</strong>r Berufsunfähigkeit <strong>de</strong>s pflegen<strong>de</strong>n Arbeitnehmers das negative Wertguthaben<br />
auszugleichen. Die Details <strong>de</strong>r Familienpflegezeitversicherung regelt § 4 f FPfZG.<br />
Einen Antrag für eine Gruppenversicherung durch das BFzA fin<strong>de</strong>n Sie unter www.<br />
familien-pflege-zeit.<strong>de</strong>. Alternativ können Unternehmen selbstverständlich auch<br />
an<strong>de</strong>re zertifizierte Familienpflegezeitversicherungen abschließen.<br />
Die För<strong>de</strong>rung setzt nicht voraus, dass das Unternehmen das zinslose Darlehen in<br />
Anspruch genommen hat. Kündigt <strong>de</strong>r Mitarbeiter in <strong>de</strong>r Nachpflegephase beispielsweise<br />
mit einem negativen Arbeitsentgeltguthaben von 5.000 Euro und kann das<br />
Unternehmen diese For<strong>de</strong>rung we<strong>de</strong>r mit Arbeitsentgelt aufrechnen noch war eine<br />
Zahlungsauffor<strong>de</strong>rung erfolgreich, leistet das BFzA ebenfalls. Voraussetzung ist lediglich,<br />
dass eine för<strong>de</strong>rfähige Familienpflegezeit vereinbart wur<strong>de</strong> (§ 8 Abs. 2 FPfZG).<br />
Kündigt das Unternehmen <strong>de</strong>m Mitarbeiter betriebsbedingt und wäre eine Aufrechnung<br />
mit Arbeitsentgelt nicht möglich, bekommt das Unternehmen keinen<br />
Ausgleich durch das BFza (§ 8 Abs.2 i.V.m. § 9 Abs. 2 Satz 3 FPfZG).<br />
baut sich das negative Arbeitsentgeltguthaben<br />
weiter kontinuierlich auf.<br />
Nach <strong>de</strong>r Entgeltfortzahlung hat <strong>de</strong>r<br />
Mitarbeiter grundsätzlich einen Anspruch<br />
auf Krankengeld auf Basis <strong>de</strong>r<br />
geleisteten Entgeltfortzahlung. Während<br />
dieser Zeit erhöht sich das negative<br />
Arbeitsentgeltguthaben nicht.<br />
Soweit <strong>de</strong>r Mitarbeiter während <strong>de</strong>r<br />
Nachpflegephase erkrankt, kommt es<br />
zunächst ebenfalls für sechs Wochen<br />
zur Entgeltfortzahlung. Während dieser<br />
Zeit wird das negative Arbeitsentgeltguthaben<br />
weiterhin getilgt.<br />
Ab Bezug von Krankengeld ruht die<br />
Rückzahlung, sodass sich die Nachpflegephase<br />
entsprechend verlängert.<br />
• Kündigungsschutz: Mitarbeiter<br />
haben sowohl während <strong>de</strong>r Familienpflegezeit<br />
als auch während <strong>de</strong>r Nachpflegephase<br />
Kündigungsschutz, § 9<br />
Abs. 3 FPfZG. Lediglich in beson<strong>de</strong>ren<br />
Ausnahmefällen kann eine Kündigung<br />
für zulässig erklärt wer<strong>de</strong>n.<br />
Die Unternehmen haben grundsätzlich<br />
die Möglichkeit, für <strong>de</strong>n pflegen<strong>de</strong>n<br />
Mitarbeiter eine Ersatzkraft<br />
einzustellen. In diesem Fall liegt ein<br />
„sachlicher Befristungsgrund“ im<br />
Sinne <strong>de</strong>s Teilzeitbefristungsgesetzes<br />
vor. Das Unternehmen kann <strong>de</strong>n befristeten<br />
Arbeitsvertrag unter Einhaltung<br />
einer Frist von zwei Wochen<br />
kündigen, wenn die Pflegezeit vorzeitig<br />
been<strong>de</strong>t wur<strong>de</strong>, § 9 Abs. 5 FPfZG in<br />
Verbindung mit § 6 Pflegezeitgesetz.<br />
Nachfrage groß, Umsetzung gut<br />
EADS bietet seinen Mitarbeitern seit<br />
<strong>de</strong>m zweiten Quartal 2012 mit „Care<br />
for Life“ die Möglichkeit, nahe Familienangehörige<br />
zu pflegen. Das Mo<strong>de</strong>ll<br />
wird bei <strong>de</strong>n Mitarbeitern stark nachgefragt.<br />
Zahlreiche Einzelberatungsgespräche<br />
wur<strong>de</strong>n geführt, aktuell<br />
wur<strong>de</strong>n bereits 15 Familienpflegezeiten<br />
umgesetzt. <br />
Frank Meyer<br />
ist Leiter Personalpolitik<br />
eaDS.<br />
Katrin Kümmerle<br />
ist Mitglied <strong>de</strong>r Geschäftsleitung,<br />
febs Consulting<br />
GmbH.<br />
12 / 12 personalmagazin
54 SPezial_rechtsberatung<br />
Das etwas an<strong>de</strong>re Geschäft<br />
STIMMEN. Welche Markttrends gibt es und wie können Kanzleien ihr Profil schärfen?<br />
Vier Arbeitsrechtler aus unterschiedlichen Kanzleien geben Antworten.<br />
Von Michael Miller (Red.)<br />
tragen“, sagt er. Compliance sieht auch<br />
Professor Georg Annuß von Linklaters<br />
neben <strong>de</strong>n klassischen Restrukturierungen<br />
als Trend <strong>de</strong>r vergangenen Jahre.<br />
„Einerseits geht es um die Vergangenheit,<br />
also die Aufklärung von Sachverhalten,<br />
an<strong>de</strong>rerseits um <strong>de</strong>n Blick in die<br />
Zukunft, also etwa um die Einführung<br />
von Verhaltensregeln im Unternehmen“,<br />
sagt Annuß.<br />
Und was sind die Herausfor<strong>de</strong>rungen<br />
<strong>de</strong>s Markts und wie können sich Kanzleien<br />
profilieren? Wie ist die Entwicklung<br />
<strong>de</strong>r Großkanzleien, wie <strong>de</strong>r Boutiquen?<br />
Linklaters: Full-Service-Ansatz erfüllen<br />
Georg Annuß, Partner bei Linklaters in<br />
München, beispielsweise meint, dass<br />
das arbeitsrechtliche Know-how in <strong>de</strong>n<br />
„Der Branchenfokus könnte gera<strong>de</strong> für die<br />
Arbeitgeberseite noch ausgebaut wer<strong>de</strong>n.“<br />
Prof. Dr. Georg Annuß, Partner, Linklaters<br />
Das Geschäft im Arbeitsrecht<br />
bleibt weiterhin stabil, und das<br />
unabhängig von <strong>de</strong>r Konjunktur.<br />
Es verschieben sich jedoch<br />
die Inhalte <strong>de</strong>r arbeitsrechtlichen Beratung.<br />
In wirtschaftlich guten Zeiten stehen<br />
weniger große Restrukturierungen<br />
an, vielmehr rücken Gestaltungsaufgaben<br />
in <strong>de</strong>n Vor<strong>de</strong>rgrund. Die Unternehmen<br />
haben mehr Raum, aufgeschobene<br />
Aufräumarbeiten anzugehen.<br />
„Das Spektrum reicht von <strong>de</strong>r Optimierung<br />
tarifvertraglicher Strukturen bis<br />
zur Vorbereitung auf schwierige Zeiten“,<br />
bestätigt Dr. Markus Richter von Görg.<br />
Dr. Anja Mengel von Altenburg sieht in<br />
<strong>de</strong>r Flexibilisierung ein wichtiges Thema<br />
nach <strong>de</strong>r Finanzkrise. „Unternehmen<br />
wer<strong>de</strong>n sich auch künftig etwa mit<br />
Fremdpersonaleinsatz und Werkverträgen<br />
beschäftigen. Zu<strong>de</strong>m sehe ich in<br />
Konzernen einen Trend zur Internationalisierung<br />
<strong>de</strong>r Führungsstrukturen,<br />
verbun<strong>de</strong>n auch mit Stellenabbau.“ Daneben<br />
erkennt Volker von Alvensleben<br />
von DLA Piper Themen wie Compliance,<br />
betriebliche Altersversorgung und Arbeitsschutz.<br />
„Wir stellen vermehrt fest,<br />
dass Betriebsräte diese Themen, bei <strong>de</strong>nen<br />
es früher genügte, die gesetzlichen<br />
Regeln einzuhalten, ins Unternehmen<br />
„Grundsätzlich wird es immer schwieriger,<br />
die Honorarvorstellungen durchzusetzen.“<br />
Volker von Alvensleben, Partner, DLA Piper<br />
Unternehmen zugenommen hat. Zu<strong>de</strong>m<br />
bestehe ein hoher Qualitätsanspruch <strong>de</strong>s<br />
Mandanten, eine Herausfor<strong>de</strong>rung für<br />
alle Kanzleien am Markt. „Aus meiner<br />
Sicht sind es vor allem zwei Aspekte, die<br />
beim Weg zum Anwalt eine Rolle spielen.<br />
Einerseits, wenn das Unternehmen<br />
ein Vorhaben nicht alleine abwickeln<br />
kann und möchte. An<strong>de</strong>rerseits aber<br />
auch, wenn es gezielt einen Spezialisten<br />
o<strong>de</strong>r Sparringspartner zu einem Thema<br />
benötigt“, sagt Annuß.<br />
Und warum setzt Linklaters wie<strong>de</strong>r<br />
vermehrt auf das Arbeitsrecht? „Es ist<br />
sicher die Erkenntnis, dass Arbeitsrecht<br />
wichtig ist, um <strong>de</strong>n Full-Service-Ansatz<br />
bieten zu können, <strong>de</strong>r auch nachgefragt<br />
ist. Sie brauchen Arbeitsrechtler mit Erfahrung,<br />
wenn Sie Vorstän<strong>de</strong> und Personen<br />
in führen<strong>de</strong>n Positionen beraten.<br />
Nur so können Sie <strong>de</strong>ren Fragen beantworten,<br />
etwa solche nach <strong>de</strong>m Umgang<br />
mit <strong>de</strong>m Betriebsrat o<strong>de</strong>r danach,<br />
wie ich meine Planungen optimal umsetze“,<br />
erklärt Annuß, <strong>de</strong>r erst vor wenigen<br />
Monaten von Noerr zu Linklaters<br />
gewechselt ist. Ein zweiter Punkt ist die<br />
Bindungswirkung <strong>de</strong>s Arbeitsrechts.<br />
„Arbeitsrecht ist letztlich nicht nur Projektgeschäft,<br />
son<strong>de</strong>rn überwiegend Dauerberatung.<br />
Dadurch steht man immer<br />
mit <strong>de</strong>m Mandanten in Kontakt.“<br />
Beim Thema „Profilbildung“ sieht Professor<br />
Annuß Potenzial in Sachen Spezialisierung.<br />
„Letztlich muss man das Rad<br />
nicht neu erfin<strong>de</strong>n. Allerdings könnte <strong>de</strong>r<br />
Branchenfokus noch ausgebaut wer<strong>de</strong>n,<br />
wobei das gera<strong>de</strong> mittelständische Kanzleien<br />
gut leisten könnten“, sagt Annuß.<br />
Vor allem für die Arbeitgeberseite ist ein<br />
personalmagazin 12 / 12
55<br />
©shutterstock.com / Pieterpater<br />
Auch künftig entwickelt sich das Kanzleigeschäft im Bereich <strong>de</strong>s Arbeitsrechts sehr gut.<br />
Es bleibt aber schwierig für Wirtschaftskanzleien, sich im Markt zu profilieren.<br />
solcher Fokus selten vorhan<strong>de</strong>n. Natürlich<br />
gebe es etwa spezialisierte Medienkanzleien,<br />
aber selten im Bereich <strong>de</strong>s<br />
Arbeitsrechts. Auch beispielsweise im<br />
Krankenhausarbeitsrecht o<strong>de</strong>r Arbeitsrecht<br />
<strong>de</strong>s Gesundheitswesens existieren<br />
viele Spezialfragen, bei <strong>de</strong>nen man sich<br />
einen Namen machen könne. „Dennoch<br />
sehe ich da keine mittelständische Kanzlei,<br />
von <strong>de</strong>r man sagen kann, dass sie<br />
dort gera<strong>de</strong> auch als Arbeitgebervertretung<br />
vorne dabei ist“, sagt Annuß.<br />
DLA: Län<strong>de</strong>rübergreifend beraten<br />
Eine Branchenspezialisierung, wie sie in<br />
vielen Kanzleien praktiziert wird, hält<br />
Volker von Alvensleben, Partner bei DLA<br />
Piper in Hamburg, für sinnvoll, wenn<br />
auch nicht für essenziell. „Natürlich ist<br />
es gut, die jeweiligen Tarifverträge und<br />
Eigenheiten <strong>de</strong>r Branche zu kennen. Und<br />
gera<strong>de</strong> in ausgefalleneren Gebieten, wie<br />
etwa <strong>de</strong>m See- o<strong>de</strong>r Kirchenarbeitsrecht,<br />
ist dieses Spezialwissen notwendig“,<br />
sagt von Alvensleben. An<strong>de</strong>rerseits gelten<br />
das Betriebsverfassungsrecht und<br />
das Kündigungsschutzgesetz branchenübergreifend.<br />
„Die Ausprägungen sind<br />
meiner Meinung nach nicht so dramatisch,<br />
dass man ein Spezialistentum benötigt“,<br />
ergänzt von Alvensleben.<br />
Im Markt <strong>de</strong>r arbeitsrechtlichen Beratung<br />
sieht von Alvensleben in <strong>de</strong>n vergangenen<br />
Jahren die Ten<strong>de</strong>nz zum „Spin<br />
off“. Dadurch, dass sich zuletzt häufiger<br />
Anwälte von einer Großkanzlei getrennt<br />
und selbstständig gemacht haben, gebe<br />
es wie<strong>de</strong>r vermehrt kleinere Boutiquen.<br />
Diese können flexibler am Markt arbeiten<br />
und möglicherweise ihre Leistung<br />
etwas preisgünstiger anbieten. „An<strong>de</strong>rerseits<br />
zeigen auch aktuelle Themen<br />
etwa rund um die Nutzung von IT im<br />
Unternehmen, Compliance, Datenschutz<br />
o<strong>de</strong>r auch Betriebsrente, dass eine fachübergreifen<strong>de</strong><br />
Zusammenarbeit häufig<br />
notwendig ist. Das können kleinere Einheiten<br />
meist nicht in diesem Umfang leisten“,<br />
sagt von Alvensleben. Neben <strong>de</strong>r<br />
fachübergreifen<strong>de</strong>n Beratung nehme<br />
aber in einer sich immer mehr verdichten<strong>de</strong>n<br />
Welt die Nachfrage nach län<strong>de</strong>rübergreifen<strong>de</strong>r<br />
Beratung zu, was für größere<br />
und internationale Kanzleien einfacher<br />
und besser zu erfüllen sei.<br />
Gera<strong>de</strong> in spezielleren Bereichen,<br />
also etwa dort, wo die internationale<br />
o<strong>de</strong>r auch die interdisziplinäre Zusammenarbeit<br />
unter Fachgruppen gefragt<br />
ist, gestaltet sich auch die Honorarfrage<br />
einfacher. Schließlich gibt es auf diesen<br />
Gebieten auch weniger Konkurrenz.<br />
„Grundsätzlich ist es schon schwieriger,<br />
seine Honorarvorstellungen durchzusetzen“,<br />
stellt von Alvensleben fest.<br />
Unternehmen wissen genau, was die<br />
Wettbewerber anbieten und versuchen<br />
dies auszunutzen, um die Konditionen<br />
zu drücken. „Das Problem besteht auch<br />
auf <strong>de</strong>r Kostenseite, weil sich auch das<br />
Einstiegsgehalt von Nachwuchsjuristen<br />
nach oben entwickelt. Da muss man <strong>de</strong>m<br />
Mandanten manchmal auch sagen, dass<br />
Qualität eben seinen Preis hat.“ Daher<br />
hält von Alvensleben wenig von Pauschalen.<br />
„Im Arbeitsrecht gibt es kaum<br />
Bereiche mit Routinearbeiten, die man<br />
einfach so abwickeln kann. Es ist immer<br />
wie<strong>de</strong>r Kreativität gefragt und man<br />
muss über das Problem hinaus<strong>de</strong>nken.“<br />
Altenburg: Boutiquen meist schneller<br />
Dr. Anja Mengel von Altenburg stellt<br />
vor allem bei angloamerikanischen<br />
Mandanten fest, dass diese häufiger<br />
auf Pauschalen pochen. „Diese Art <strong>de</strong>r<br />
Preisbildung ist <strong>de</strong>n meisten <strong>de</strong>utschen<br />
Kanzleien noch fremd. Der Aufwand ist<br />
einfach schwer abzuschätzen, weil Arbeitsrecht<br />
meist gera<strong>de</strong> kein Standardgeschäft<br />
ist“, erklärt Mengel. Dennoch<br />
gebe es eine klare Erwartungshaltung<br />
<strong>de</strong>r Mandanten zur Produktbildung, etwa<br />
bei <strong>de</strong>r Erstellung von Arbeitsverträgen.<br />
Natürlich wer<strong>de</strong>n hier gute Anwälte<br />
12 / 12 personalmagazin<br />
Bei Fragen wen<strong>de</strong>n Sie sich bitte an michael.miller@personalmagazin.<strong>de</strong>
56 spezial_Rechtsberatung<br />
benötigt, aber keine, die bereits über<br />
Jahre Erfahrungen in diesem Bereich<br />
aufgebaut haben. „Da wird <strong>de</strong>r Kostendruck<br />
steigen. Momentan sehe ich eher<br />
eine Unbeholfenheit bei Kanzleien. Eine<br />
Herausfor<strong>de</strong>rung wird sein, in diesem<br />
Bereich künftig neue Mo<strong>de</strong>lle zu entwickeln“,<br />
sagt Mengel.<br />
Das Thema „Branchenspezialisierung“<br />
sieht die Anwältin differenziert.<br />
Im Bereich M&A und großen Transaktionen<br />
habe es sich bewährt, wenn man die<br />
Standards <strong>de</strong>r Branche kenne. Und auch<br />
im Arbeitsrecht profitiere <strong>de</strong>r Anwalt<br />
natürlich von langjährigen Erfahrungen<br />
in bestimmten Branchen. „An<strong>de</strong>rerseits<br />
ist das Betriebsübergangsrecht etwa<br />
nicht so unterschiedlich quer durch die<br />
Branchen. Vielmehr kommt es auf das<br />
rechtliche Know-how und die Erfahrung<br />
dazu an. Wichtig ist es, Verhandlungsgeschick<br />
zu haben und die Strukturen<br />
zu beherrschen und die sind im Arbeitsrecht<br />
mit ganz wenigen Ausnahmen<br />
nicht branchenabhängig“, sagt Mengel.<br />
Die Struktur <strong>de</strong>s Kanzleimarkts hat<br />
sich in <strong>de</strong>n vergangenen Jahren verän<strong>de</strong>rt.<br />
„Arbeitsrecht als Beratungsbereich<br />
ist in Großkanzleien stark unter<br />
Druck geraten und wur<strong>de</strong> ausgedünnt.“<br />
Der Partner im Arbeitsrecht wird für<br />
Transaktionen benötigt, ein eigenständiges<br />
Geschäft nur selten zugelassen.<br />
„Arbeitsrecht gibt es in einigen Großkanzleien<br />
nur noch hinter <strong>de</strong>n Kulissen.<br />
Das stärkt natürlich die Boutiquen und<br />
kleineren Kanzleien. Wir wer<strong>de</strong>n auch<br />
mandatiert, weil wir unsere Beratungsleistung<br />
meist schneller und günstiger<br />
anbieten können“, stellt Mengel fest,<br />
die zuletzt selbst <strong>de</strong>n Weg von <strong>de</strong>r Großkanzlei<br />
zur Boutique gegangen ist.<br />
Allerdings sieht sie auch Herausfor<strong>de</strong>rungen<br />
für Boutiquen. „Auf <strong>de</strong>m Bewerbermarkt<br />
haben die Großkanzleien<br />
ein Imageproblem. Boutiquen müssen<br />
jedoch aufpassen, nicht dieselben Fehler<br />
zu begehen, also zum Beispiel sehr<br />
guten Mitarbeitern die grundsätzlich<br />
besseren Aufstiegschancen in Boutiquen<br />
verwehren“, sagt Mengel. „Die<br />
„Unternehmen bearbeiten wie<strong>de</strong>r mehr<br />
intern. Das ist wirtschaftlich sinnvoll.“<br />
Dr. Marcus Richter, Partner, Görg Partnerschaft von Rechtsanwälten<br />
Philosophie, an<strong>de</strong>rs zu sein, müssen wir<br />
auch leben. Es besteht die Gefahr, dass<br />
Boutiquen diese Philosophie wie<strong>de</strong>r ein<br />
stückweit verraten.“<br />
Görg: Persönlicher Kontakt ist wichtig<br />
Dr. Marcus Richter von Görg sieht <strong>de</strong>n<br />
Trend, dass Unternehmen wie<strong>de</strong>r mehr<br />
arbeitsrechtliche Themen intern bearbeiten,<br />
auch weil sie es sich wie<strong>de</strong>r leisten<br />
können, mehr eigene Arbeitsrechtler zu<br />
beschäftigen. „An vielen Stellen ist das<br />
auch wirtschaftlich sinnvoll, etwa wenn<br />
„Arbeitsrecht gibt es in einigen Großkanzleien<br />
nur noch hinter <strong>de</strong>n Kulissen.“<br />
Dr. Anja Mengel, Partnerin bei Altenburg Fachanwälte für Arbeitsrecht<br />
schon das Tagesgeschäft diese Kollegen<br />
auslastet. Auch das beraten wir gerne.<br />
Aber es kostet und führt nicht selten dazu,<br />
dass an an<strong>de</strong>rer Stelle, nämlich bei<br />
strategischen Themen, auf die Beratung<br />
verzichtet wird. Am En<strong>de</strong> fährt das Unternehmen<br />
damit schlechter“, erklärt<br />
Marcus Richter.<br />
Soweit Mandanten Alltagsthemen wie<strong>de</strong>r<br />
intern bearbeiten, scha<strong>de</strong> das <strong>de</strong>r<br />
Mandatsbeziehung in aller Regel nicht.<br />
Dazu sagt Richter: „Natürlich wer<strong>de</strong>n wir<br />
auch gebeten, die Arbeitsergebnisse zu<br />
kontrollieren, gera<strong>de</strong> wenn Sachverhalte<br />
mit großer Breitenwirkung o<strong>de</strong>r mit hohen<br />
Haftungsrisiken verbun<strong>de</strong>n sind.<br />
Wenn gute Leute im Unternehmen am<br />
Werk sind, führt diese Herangehensweise<br />
zu erheblichen Kostenersparnissen.<br />
Das ist für das Unternehmen effektiver<br />
und funktioniert auch gut in <strong>de</strong>r Zusammenarbeit.“<br />
Das Thema „Honorar“ sieht Richter<br />
entspannt. Natürlich sei es nicht vergleichbar<br />
mit <strong>de</strong>m Transaktionsgeschäft<br />
großer Kanzleien. „Arbeitsrecht ist und<br />
bleibt ein kleinteiliges Geschäft.“ Für<br />
die Mandanten sei neben <strong>de</strong>r hohen<br />
fachlichen Qualifikation auch <strong>de</strong>r persönliche<br />
Kontakt wichtig. Es wer<strong>de</strong> Wert<br />
darauf gelegt, vor allem mit <strong>de</strong>m Partner<br />
und maximal bis zu zwei Associates in<br />
<strong>de</strong>r Dauerberatung zusammenzuarbeiten.<br />
„Das schafft Effektivität. In diesem<br />
Umfeld sind unsere Stun<strong>de</strong>nsätze akzeptiert.<br />
Bei größeren Unternehmen wird<br />
inzwischen gera<strong>de</strong> vor einer Neumandatierung<br />
durchaus härter verhan<strong>de</strong>lt.<br />
Meist stehen aber weniger die Stun<strong>de</strong>nsätze,<br />
als etwa die Vergütung von Reisezeiten<br />
zur Diskussion.“<br />
Pauschalen vereinbart er sehr selten.<br />
Auch Anfragen danach sieht Richter<br />
rückläufig. „Es braucht nur einen Monat<br />
mit wenig Arbeit. Die Rechnung bleibt<br />
aber hoch, zumin<strong>de</strong>st relativ zum Aufwand.<br />
Das lässt <strong>de</strong>n Mandanten unzufrie<strong>de</strong>n<br />
zurück. Im umgekehrten Fall<br />
verhält es sich auf Seiten <strong>de</strong>s Beraters<br />
unwesentlich an<strong>de</strong>rs. Letztlich funktioniert<br />
das nicht“, sagt Richter.<br />
Günstiger wäre es dagegen, wenn<br />
das eine o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re Unternehmen <strong>de</strong>n<br />
Rechtsberater früher im Prozess einschalten<br />
wür<strong>de</strong>. „Gera<strong>de</strong> im Mittelstand<br />
könnten Unternehmen viel Geld sparen,<br />
wenn sie uns frühzeitiger ins Boot holen<br />
wür<strong>de</strong>n“, ist sich Richter sicher. „Häufig<br />
wür<strong>de</strong>n wenige Stun<strong>de</strong>n Aufwand ausreichen,<br />
um Konsequenzen und tragfähige<br />
Lösungen aufzuzeigen.“<br />
personalmagazin 12 / 12
57<br />
„HR-Geschäft verdoppeln“<br />
INTERVIEW. KPMG hat Dr. Geke & Associates übernommen. Wer von <strong>de</strong>m Zukauf wie<br />
profitiert, erklären Vorstand Dr. Robert Gutsche und Partner Dr. Michael Geke.<br />
personalmagazin: Herr Dr. Gutsche, ist <strong>de</strong>r<br />
Wirtschaftsprüfungsmarkt ausgereizt,<br />
weil Sie im HR-Markt einkaufen?<br />
Dr. Robert Gutsche: Nein, die Wirtschaftsprüfung<br />
ist für KPMG Kernbestandteil<br />
<strong>de</strong>r Strategie und Rückgrat unserer Marke.<br />
Gleichzeitig investieren wir in Beratungsbereiche.<br />
Dabei passt <strong>de</strong>r Zukauf<br />
von Dr. Geke & Associates hervorragend<br />
in unser Geschäftsmo<strong>de</strong>ll. Denn mit einer<br />
HR-Beratung von A bis Z besetzen wir<br />
eines <strong>de</strong>r Zukunftsthemen überhaupt.<br />
Wir beraten bereits heute Personalabteilungen,<br />
etwa zur Auslandsentsendung,<br />
bAV o<strong>de</strong>r in arbeitsrechtlichen Fragen.<br />
Nun haben wir einen wichtigen Baustein<br />
im Bereich HR-Consulting hinzugefügt<br />
und zu<strong>de</strong>m eng vernetzt mit unseren an<strong>de</strong>ren<br />
Beratungsdienstleistungen.<br />
personalmagazin: Herr Dr. Geke, geht Ihr<br />
Unternehmen bei KPMG nicht unter?<br />
Dr. Michael Geke: Die Sorge habe ich da<br />
überhaupt nicht. Im Gegenteil: Wir sind<br />
nun in eine Organisation eingepasst, die<br />
uns sehr viel Potenzial gibt, Produkte<br />
und Leistungen, die wir heute schon<br />
erbringen, in einem ganz an<strong>de</strong>ren Kontext<br />
für unsere Kun<strong>de</strong>n zu erweitern.<br />
Das betrifft die große nationale sowie<br />
internatio nale Präsenz und Synergien<br />
zu an<strong>de</strong>ren Beratungsdisziplinen – auch<br />
über <strong>de</strong>n HR-Bereich hinaus.<br />
personalmagazin: Wachsen Managementund<br />
Rechtsberatung enger zusammen?<br />
Gutsche: Das Zusammenspiel wird immer<br />
intensiver. In <strong>de</strong>r HR-Beratung gehen<br />
oft arbeitsrechtliche Aufgaben mit <strong>de</strong>r<br />
strategischen Frage zur Ausrichtung <strong>de</strong>r<br />
Dr. Robert Gutsche ist Vorstand für <strong>de</strong>n<br />
Bereich Consulting bei KMPG.<br />
Personalabteilung einher. Es ist nicht<br />
zwingend, Antworten aus einer Hand anzubieten.<br />
Aber unsere Mandanten schätzen<br />
es sehr, wenn wir in <strong>de</strong>r Lage sind,<br />
ganzheitliche Lösungen anzubieten.<br />
Geke: Durch <strong>de</strong>n Zusammenschluss haben<br />
wir die Möglichkeit, mit mehreren<br />
Spezialisten in einem Team Lösungen<br />
für einen Kun<strong>de</strong>n zu erarbeiten. Nehmen<br />
Sie ein zentrales Thema unserer Division<br />
„People & Change“, etwa Talentmanagement<br />
o<strong>de</strong>r soziale Netzwerke innerhalb<br />
<strong>de</strong>s Unternehmens. Einerseits ergeben<br />
sich da künftig große strategische Herausfor<strong>de</strong>rungen.<br />
An<strong>de</strong>rerseits gilt es,<br />
die wenig fassbaren Strukturen <strong>de</strong>s „Social<br />
Network“ rechtssicher abzubil<strong>de</strong>n.<br />
personalmagazin: Welche Ziele verfolgen Sie<br />
in <strong>de</strong>n nächsten Jahren?<br />
Dr. Michael Geke ist Partner im Bereich<br />
Consulting bei KPMG.<br />
Gutsche: Wir sehen großes Potenzial, in<br />
diesem Bereich Wachstum zu generieren,<br />
und möchten das Geschäft min<strong>de</strong>stens<br />
vedoppeln. Schließlich för<strong>de</strong>rt<br />
die Übernahme auch <strong>de</strong>n internen Dialog,<br />
etwa zwischen HR-Consulting und<br />
Rechtsanwaltsgesellschaft. Durch die<br />
verschie<strong>de</strong>nen Disziplinen bringen wir<br />
neue I<strong>de</strong>en und Lösungen auf <strong>de</strong>n Markt,<br />
die an<strong>de</strong>re so nicht vor<strong>de</strong>nken können.<br />
Geke: Inhaltlich wer<strong>de</strong>n wir uns mit<br />
<strong>de</strong>n HR-Schlüsselthemen beschäftigen,<br />
zum Beispiel „Future Workforce“ o<strong>de</strong>r<br />
„Employability“, und etwa in Studien<br />
und Tools investieren. Wir möchten die<br />
Potenziale und das Angebot an HR-Consulting<br />
signifikant ausbauen – mit <strong>de</strong>r<br />
Infrastruktur, die KPMG bietet. <br />
Das Interview führte Michael Miller.<br />
12 / 12 personalmagazin<br />
Bei Fragen wen<strong>de</strong>n Sie sich bitte an michael.miller@personalmagazin.<strong>de</strong>
58 spezial_Rechtsberatung<br />
Raus aus <strong>de</strong>r Gleichförmigkeit<br />
Praxis. Unter Wirtschaftskanzleien herrscht ein intensiver Wettbewerb um exzellente<br />
Juristen. Ein Beispiel zeigt, wie Kanzleien Alleinstellungsmerkmale erarbeiten.<br />
Von Torsten Schnei<strong>de</strong>r und Michael Eger <br />
Allen Schwankungen <strong>de</strong>r Konjunktur<br />
zum Trotz hat sich <strong>de</strong>r<br />
Fachkräftemangel in einigen<br />
Branchen als unternehmensstrategisches<br />
Problem fest installiert.<br />
Eine beson<strong>de</strong>rs umworbene Zielgruppe<br />
sind qualifizierte Juristen mit sehr guten<br />
Examina.<br />
Statistisch gibt es zwar jährlich über<br />
10.000 Absolventen <strong>de</strong>r Rechtswissenschaft.<br />
Doch erfüllt nur ein Bruchteil davon<br />
die hohen Anfor<strong>de</strong>rungen an eine<br />
Tätigkeit bei großen Wirtschaftskanzleien<br />
und Topadressen <strong>de</strong>r Industrie.<br />
Die magischen Kriterien sind zwei min<strong>de</strong>stens<br />
vollbefriedigen<strong>de</strong> Examina,<br />
Auslandserfahrung und Promotion. Nur<br />
rund 2.000 Absolventen in Deutschland<br />
erfüllen dies, bei jährlich über 2.500 offenen<br />
Stellen für diese Zielgruppe.<br />
Untypische Wettbewerbssituation<br />
Die Einstiegsbedingungen sind so transparent<br />
wie nirgendwo sonst. In kaum<br />
einer Branche wird selbst vonseiten <strong>de</strong>r<br />
Arbeitgeber so offen über Einstiegsgehälter<br />
und Arbeitsbedingungen diskutiert.<br />
Verglichen mit <strong>de</strong>r Industrie, wo<br />
neben Großunternehmen Hun<strong>de</strong>rte von<br />
„Hid<strong>de</strong>n Champions“ um Ingenieure<br />
kämpfen, scheint <strong>de</strong>r Markt klar aufgeteilt.<br />
Exzellente Juristen, die nicht in <strong>de</strong>n<br />
Staatsdienst o<strong>de</strong>r die Industrie möchten,<br />
gehen zu einer renommierten Kanzlei.<br />
In dieser Situation sticht die Gleichförmigkeit<br />
hervor, mit <strong>de</strong>r die Kanzleien<br />
<strong>de</strong>n Nachwuchs umwerben. Schon<br />
2010 kam eine Gemeinschaftsstudie <strong>de</strong>r<br />
Schweizer Business School ZFU und <strong>de</strong>r<br />
Unternehmensberatung Promerit zu <strong>de</strong>r<br />
Erkenntnis, dass es, bis auf eine erhebliche<br />
Spannweite bei <strong>de</strong>n Einstiegsgehältern,<br />
in <strong>de</strong>r Außendarstellung kaum<br />
Differenzierungsfaktoren gab. Die Unternehmen<br />
wirken ansonsten aus Sicht<br />
<strong>de</strong>r Kandidaten „teilweise fast austauschbar“.<br />
Das überrascht angesichts<br />
<strong>de</strong>r Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>r Nachwuchsgewinnung<br />
in dieser Branche. Für die gro ßen<br />
Wirtschaftskanzleien ist es absolut erfolgsrelevant,<br />
die richtigen Talente für<br />
sich zu gewinnen.<br />
Denn im Gegensatz zu an<strong>de</strong>ren Branchen<br />
gibt es keine Patente o<strong>de</strong>r Innovationen,<br />
die Wettbewerbsvorteile langfristig<br />
sichern. Die Mitarbeiter selbst und <strong>de</strong>ren<br />
Know-how sind quasi das Produkt,<br />
das diese Unternehmen <strong>de</strong>n Mandanten<br />
Vorgehensweise im Überblick<br />
Initialisierung Analyse Konzeption Umsetzung<br />
Ziele,<br />
Scope,<br />
Zielgruppen<br />
Zielgruppen-<br />
Präferenzen<br />
authentisch<br />
relevant<br />
kurzfristig<br />
Tatsächliche<br />
und relevante<br />
Stärken und<br />
Schwächen<br />
Employer<br />
Value<br />
Proposition<br />
laufen<strong>de</strong> Optimierung<br />
Arbeitgebereigenschaften<br />
Kreativumsetzung,<br />
Medien,<br />
Formate …<br />
Wettbewerbssituation<br />
beson<strong>de</strong>rs<br />
mittelfristig<br />
Optimierung<br />
<strong>de</strong>r Arbeitgeberleistung<br />
Quelle: Promerit AG<br />
personalmagazin 12 / 12
59<br />
Analysephase<br />
Interne Sicht Externe Sicht Strategische Sicht Sicht Kommunikation Marktsicht<br />
Fragestellung<br />
Wie Mitarbeiter die<br />
Kanzlei sehen<br />
Wie Bewerber die<br />
Kanzlei sehen und wie<br />
in <strong>de</strong>r Zielgruppe <strong>de</strong>r<br />
Wunscharbeitgeber<br />
aussieht<br />
Wie das Management<br />
die Kanzlei jetzt und<br />
in Zukunft sieht<br />
Wie Recruiter die<br />
Kanzlei beschreiben<br />
Welche Wettbewerber<br />
am Arbeitsmarkt<br />
bestehen und welche<br />
Stärken sie verglichen<br />
mit Luther haben<br />
Instrument<br />
Interviews und Fokusgruppe<br />
mit anwaltlichen<br />
Mitarbeitern<br />
Onlinebefragung <strong>de</strong>r<br />
Bewerber und <strong>de</strong>r<br />
Karriere-Alumnis sowie<br />
<strong>de</strong>ren Netzwerk<br />
Enge Abstimmung mit<br />
Managing-Partnern<br />
Interviews mit <strong>de</strong>m<br />
Recruiting-Team<br />
Recherche; zusätzliche<br />
Frage in allen Befragungsperspektiven<br />
In <strong>de</strong>r Phase <strong>de</strong>r Analyse hat das Projektteam aus verschie<strong>de</strong>nen Blickwinkeln einen umfassen<strong>de</strong>n Eindruck über die vorhan<strong>de</strong>nen Arbeitgebereigenschaften erlangt. Dazu wur<strong>de</strong>n<br />
Mitarbeiter, das Management und Externe befragt. Das dadurch entstan<strong>de</strong>ne Profil wur<strong>de</strong> anschließend in <strong>de</strong>r Konzeptionsphase mit <strong>de</strong>n Zielen abgeglichen (siehe Grafik Seite 58).<br />
Quelle: Promerit AG<br />
zur Verfügung stellen. Der Unterschied<br />
zwischen guten und exzellenten Mitarbeitern<br />
ist erheblich, sodass die Kanzleien<br />
bei ihren Anfor<strong>de</strong>rungen kaum<br />
Kompromisse machen.<br />
Dies macht <strong>de</strong>n Markt schwierig für<br />
Kanzleien, die we<strong>de</strong>r <strong>de</strong>n ganz großen<br />
internationalen Namen mitbringen noch<br />
beim Wettbieten um die höchsten Einstiegsgehälter<br />
mitmachen wollen. Diese<br />
Kanzleien sind beson<strong>de</strong>rs darauf angewiesen,<br />
die Themen zu i<strong>de</strong>ntifizieren<br />
und herauszustellen, mit <strong>de</strong>nen sie bei<br />
Nachwuchstalenten punkten und sich<br />
als attraktive Arbeitgeber positionieren<br />
können.<br />
Phase 1: Initialisierung<br />
Anfang 2012 entschied sich daher die<br />
Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH,<br />
eine <strong>de</strong>utsche Wirtschaftskanzlei mit<br />
insgesamt mehr als 300 Anwälten in elf<br />
nationalen und sechs internationalen<br />
Büros, das Talentmanagement zu professionalisieren.<br />
<strong>Als</strong> wichtigen Bestandteil<br />
<strong>de</strong>r neuen Talentmanagementstrategie<br />
betrachtet die Kanzlei das Thema „Employer<br />
Branding“. Die Arbeitgebermarke<br />
sollte vor <strong>de</strong>m Hintergrund <strong>de</strong>s künftig<br />
anhaltend engen Bewerbermarkts langfristig<br />
gestärkt wer<strong>de</strong>n. Hierbei sollten<br />
die Auswirkungen <strong>de</strong>r Arbeitgebermarke<br />
sowohl nach außen als auch nach innen<br />
betrachtet wer<strong>de</strong>n. Bei <strong>de</strong>r Projektgestaltung<br />
wur<strong>de</strong> daher Wert darauf gelegt,<br />
die Erwartungen und Sichtweisen<br />
potenzieller Bewerber ebenso intensiv<br />
in das Projekt einzubin<strong>de</strong>n wie die <strong>de</strong>r<br />
Mitarbeiter. Mit <strong>de</strong>n Managing-Partnern<br />
wur<strong>de</strong> als strategisches Ziel vereinbart,<br />
die Erkenntnisse zu <strong>de</strong>n Stärken nicht<br />
nur in Kommunikationsmaßnahmen zu<br />
verwerten, son<strong>de</strong>rn i<strong>de</strong>ntifizierte Entwicklungsfel<strong>de</strong>r<br />
parallel in die kontinuierliche<br />
Verbesserung <strong>de</strong>r Attraktivität<br />
als Arbeitgeber einfließen zu lassen.<br />
Phase 2: Analyse<br />
Zum Auftakt wur<strong>de</strong> eine qualitative<br />
Analyse <strong>de</strong>r vorhan<strong>de</strong>nen Arbeitgebereigenschaften<br />
durchgeführt. Um blin<strong>de</strong><br />
Flecken zu minimieren, wur<strong>de</strong>n hier<br />
Mitarbeiter aller Ebenen einbezogen.<br />
Konkret wur<strong>de</strong>n Berufseinsteiger und<br />
Anwälte bis zur Partnerebene interviewt<br />
und anschließend in einem mo<strong>de</strong>rierten<br />
Fokusgruppen-Workshop die<br />
Eigenschaften i<strong>de</strong>ntifiziert, die Luther<br />
als Arbeitgeber attraktiv macht. Gleichzeitig<br />
wur<strong>de</strong> untersucht, wo Entwicklungspotenzial<br />
besteht.<br />
Diese Analyse brachte vielfältige Einschätzungen<br />
zutage. Zitate und konkrete<br />
Beispiele wur<strong>de</strong>n umfassend dokumentiert.<br />
I<strong>de</strong>ntifizierte Merkmale, wie zum<br />
Beispiel „allürenfreier Umgang“, „Karriereför<strong>de</strong>rung<br />
durch maßgeschnei<strong>de</strong>rte<br />
Weiterbildungsprogramme“ und „frühe<br />
Übernahme von Verantwortung“, sollten<br />
so auch für Außenstehen<strong>de</strong> greifbar und<br />
überprüfbar gemacht wer<strong>de</strong>n. Hieraus<br />
ergaben sich später wertvolle Hinweise<br />
für die Arbeitgeberpositionierung.<br />
Um Stärken und Schwächen objektiv zu<br />
erfassen, führte <strong>de</strong>r Beratungspartner<br />
Promerit diesen Schritt ohne direkte Beteiligung<br />
<strong>de</strong>r Projektleitung von Luther<br />
durch.<br />
Parallel wur<strong>de</strong>n über eine Online-Umfrage<br />
ehemalige und aktuelle Bewerber<br />
und Praktikanten interviewt und dadurch<br />
eine Außensicht eingeholt. Die<br />
Teilnehmer wur<strong>de</strong>n zu ihren generellen<br />
Präferenzen für einen attraktiven Arbeitgeber<br />
und ihrem aktuellen Bild zu Luther<br />
befragt. Diese Außenperspektive war<br />
wichtig, da sie sicherstellte, dass Luther<br />
sich auch hinsichtlich <strong>de</strong>r Erwartungen<br />
an <strong>de</strong>r relevanten Zielgruppe orientierte.<br />
Phase 3: Konzeption<br />
Nach <strong>de</strong>r Analysephase glich das Projektteam<br />
die i<strong>de</strong>ntifizierten Charakteristika<br />
mit <strong>de</strong>n zu Beginn <strong>de</strong>finierten Zielen und<br />
Erwartungen ab. Anschließend arbeitete<br />
das Projektteam daraus das Arbeitgeber<br />
12 / 12 personalmagazin<br />
Bei Fragen wen<strong>de</strong>n Sie sich bitte an michael.miller@personalmagazin.<strong>de</strong>
60 spezial_Rechtsberatung<br />
profil mit zentralen Stärken und Schwächen<br />
heraus. In dieser Phase war von<br />
zentraler Be<strong>de</strong>utung, dass <strong>de</strong>r externe<br />
Berater <strong>de</strong>n Prozess intensiv mo<strong>de</strong>rierte<br />
und die inhaltliche Positionierung <strong>de</strong>m<br />
Projektteam von Luther überließ. Die Positionierung<br />
sollte aus <strong>de</strong>r Organisation<br />
heraus abgeleitet wer<strong>de</strong>n. In <strong>de</strong>r Rolle<br />
<strong>de</strong>s externen Beobachters stellte <strong>de</strong>r Berater,<br />
quasi als „advocatus diaboli“, die<br />
Positionierung immer wie<strong>de</strong>r infrage.<br />
So entstand die „Employer Value Proposition“<br />
(EVP). Diese umschreibt die vorhan<strong>de</strong>nen,<br />
für die Zielgruppe relevanten<br />
und im Wettbewerb differenzieren<strong>de</strong>n<br />
Eigenschaften von Luther.<br />
Die Erkenntnis: In vielen Bereichen<br />
ist Luther genauso attraktiv wie viele<br />
Wettbewerber, ohne sich signifikant abzusetzen<br />
– we<strong>de</strong>r positiv noch negativ.<br />
Bei <strong>de</strong>n für die Zielgruppe relevanten<br />
Punkten „anspruchsvolle Arbeitsaufgaben“,<br />
„Internationalität“ und „Entwicklungsperspektiven“<br />
war dies beson<strong>de</strong>rs<br />
wichtig. Es wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>utlich, dass das Unternehmen<br />
mit <strong>de</strong>n besten Wettbewerbern<br />
mithalten kann. Gleichzeitig wur<strong>de</strong><br />
<strong>de</strong>utlich, dass diese Fakten in <strong>de</strong>r Kommunikation<br />
künftig wesentlich stärker<br />
hervorgehoben wer<strong>de</strong>n müssen.<br />
Um sich vom Wettbewerb abzuheben,<br />
mussten weitere qualitative Kriterien in<br />
<strong>de</strong>n Vor<strong>de</strong>rgrund gerückt wer<strong>de</strong>n. Gera<strong>de</strong><br />
die Unternehmenskultur zeichnet<br />
sich organisatorisch und auch in <strong>de</strong>r täglichen<br />
Zusammenarbeit zwischen jüngeren<br />
und erfahrenen Anwälten durch<br />
eine echte Partnerschaft aus. Das Arbeitsklima<br />
wur<strong>de</strong> von <strong>de</strong>n Mitarbeitern<br />
als „frei von Allüren und Status<strong>de</strong>nken“<br />
charakterisiert. Für Wirtschaftskanzleien<br />
ist das nicht selbstverständlich.<br />
Junge Menschen, die eine Karriere in Wirtschaftskanzleien<br />
anstreben, <strong>de</strong>finieren „Work-Life-Balance“<br />
an<strong>de</strong>rs als diejenigen mit geregeltem Arbeitsalltag.<br />
Außer<strong>de</strong>m wur<strong>de</strong> das Konzept <strong>de</strong>r Luther<br />
Aca<strong>de</strong>my, welches die Angebote für<br />
die fachliche und persönliche Weiterentwicklung<br />
bün<strong>de</strong>lt, von <strong>de</strong>n Mitarbeitern<br />
als herausragend bezeichnet.<br />
Realistisch betrachteten die Mitarbeiter<br />
die für eine Wirtschaftskanzlei<br />
typisch hohen Leistungserwartungen.<br />
Differenzierend hervorgehoben wur<strong>de</strong><br />
insoweit jedoch, dass <strong>de</strong>n Mitarbeitern<br />
im Umgang mit dieser Belastung Freiräume<br />
und Rahmenbedingungen gewährt<br />
wer<strong>de</strong>n, die ein angemessenes<br />
Verhältnis von Karriere und Privatleben<br />
ermöglichen. Angesichts <strong>de</strong>r auf <strong>de</strong>n Arbeitsmarkt<br />
drängen<strong>de</strong>n Generation Y<br />
ist das eine wichtige Erkenntnis für die<br />
Arbeitgeberpositionierung. Gleichwohl<br />
dürften junge Menschen, die sich für eine<br />
Karriere in einer Wirtschaftskanzlei<br />
entschei<strong>de</strong>n, „Work-Life-Balance“ sicherlich<br />
an<strong>de</strong>rs <strong>de</strong>finieren, als diejenigen,<br />
die ein Umfeld mit einem klar geregelten<br />
Arbeitsalltag bevorzugen.<br />
Die Beispiele zeigen ein<strong>de</strong>utige Eigenschaften,<br />
die Luther positiv von Wettbewerbern<br />
differenzieren. Gera<strong>de</strong> in einem<br />
Wettbewerbsumfeld, wo in Sachen Karriereentwicklung<br />
einige Arbeitgeber<br />
schonungslos nach <strong>de</strong>m Prinzip „Up or<br />
Out“ (entwe<strong>de</strong>r man erreicht das nächste<br />
Karrierelevel o<strong>de</strong>r man muss die Kanzlei<br />
verlassen) verfahren, bot sich hier die<br />
Chance zu einer klaren Positionierung.<br />
Phase 4: Umsetzung<br />
In enger Abstimmung mit <strong>de</strong>n Managing-Partnern<br />
entstand anschließend<br />
auf dieser Grundlage ein Maßnahmenplan.<br />
Die i<strong>de</strong>ntifizierten Elemente wer<strong>de</strong>n<br />
in ein Konzept zur Kommunikation<br />
<strong>de</strong>r Arbeitgeberstärken überführt. So<br />
wur<strong>de</strong>n etwa Aspekte, wie „anspruchsvolle<br />
Mandate“, „Integration von Beruf<br />
und Privatleben“ und „passgenaue<br />
Angebote für die fachliche und persönliche<br />
Weiterentwicklung“, die bei aller<br />
Leistungsbereitschaft die Kombination<br />
aus eigenen Interessen und <strong>de</strong>n berechtigten<br />
Interessen von Arbeitgebern und<br />
Mandanten ermöglichen, als wichtige<br />
Merkmale <strong>de</strong>r Arbeitgebermarke mit <strong>de</strong>r<br />
Klammer „Luther und Ich – kein entwe<strong>de</strong>r<br />
o<strong>de</strong>r“ verbun<strong>de</strong>n.<br />
Der Maßnahmenplan geht weit über<br />
das Kommunikationskonzept hinaus.<br />
Er folgt <strong>de</strong>m strategischen Ziel, Employer<br />
Branding nicht als einmaliges Projekt,<br />
son<strong>de</strong>rn als laufen<strong>de</strong>n Prozess zu<br />
begreifen. Dieser soll vorhan<strong>de</strong>ne Potenziale<br />
weiter stärken und zusätzliche<br />
Differenzierungsmerkmale entwickeln.<br />
Konsequenterweise wur<strong>de</strong>n daher auch<br />
Entwicklungsfel<strong>de</strong>r <strong>de</strong>finiert. Hierzu gehören<br />
zum Beispiel die Weiterentwicklung<br />
von Instrumenten und Prozessen<br />
für ein strukturierteres Talentmanagement.<br />
Die Wirkung richtet sich damit<br />
konsequent nicht nur an potenzielle<br />
Mitarbeiter und Bewerber, son<strong>de</strong>rn – im<br />
Sinne eines Entwicklungs- und Retentionkonzepts<br />
– auch an die bereits im Unternehmen<br />
aktiven Leistungsträger.<br />
Die Ergebnisse und Erkenntnisse <strong>de</strong>s<br />
Employer-Branding-Projekts bei Luther<br />
bestätigten <strong>de</strong>n Ansatz, die I<strong>de</strong>ntifikation<br />
<strong>de</strong>r Arbeitgebermarke als Auftakt für<br />
ein strategisches Talentmanagement zu<br />
nutzen. So können Wirtschaftskanzleien<br />
die passen<strong>de</strong>n Mitarbeiter gewinnen,<br />
entwickeln und an das Unternehmen<br />
bin<strong>de</strong>n. <br />
Torsten Schnei<strong>de</strong>r<br />
ist Director Human Resources<br />
bei <strong>de</strong>r Luther Rechtsanwaltsgesellschaft<br />
mbH in Köln.<br />
Michael Eger<br />
ist Manager bei <strong>de</strong>r Promerit<br />
Management Consulting AG<br />
in Frankfurt am Main.<br />
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62 recht_NEWS<br />
Die genormte Lohnabrechnung<br />
Dass je<strong>de</strong>m Arbeitnehmer eine<br />
Lohnabrechnung mit einem<br />
bestimmten Min<strong>de</strong>st inhalt<br />
überreicht wer<strong>de</strong>n muss, ist allgemein<br />
bekannt. Weniger bekannt ist,<br />
dass sich diese Pflicht aus § 108 Gewerbeordnung<br />
ergibt. Noch weniger<br />
bekannt ist, dass das Bun<strong>de</strong>sarbeitsministerium<br />
durch Absatz 3 dieser<br />
Vorschrift Näheres zur Entgeltbescheinigung,<br />
„die zu Zwecken nach<br />
<strong>de</strong>m Sozialgesetzbuch verwen<strong>de</strong>t<br />
wer<strong>de</strong>n kann“, festlegen darf. Die<br />
Form <strong>de</strong>r Bescheinigung wur<strong>de</strong> bisher<br />
we<strong>de</strong>r vom Gesetzgeber noch von<br />
<strong>de</strong>n Software-Anbietern son<strong>de</strong>rlich<br />
ernst genommen, was im Jahr 2013<br />
an<strong>de</strong>rs wer<strong>de</strong>n soll. Erstmalig soll<br />
es dann eine Rechtsverordnung geben,<br />
die die Details dieser Entgeltbescheinigung<br />
regelt. Jetzt wird es an<br />
<strong>de</strong>n Software-Herstellern liegen, die<br />
Ausgabe <strong>de</strong>r Entgeltbescheinigung<br />
zu implementieren und i<strong>de</strong>alerweise<br />
mit <strong>de</strong>r herkömmlichen monatlichen<br />
Lohnabrechnung zu verknüpfen.<br />
Genauere Details über Entgeltarten müssen in Zukunft bescheinigt wer<strong>de</strong>n.<br />
Nachgelesen<br />
Textform o<strong>de</strong>r Schriftform?<br />
„Am besten machen wir es gleich schriftlich.“<br />
Mit diesem Satz wird im Allgemeinen<br />
ausgedrückt, dass man Wichtiges nicht einfach<br />
mündlich und per Handschlag festlegen,<br />
son<strong>de</strong>rn zu späteren Beweiszwecken lieber<br />
dokumentieren sollte. Wenn <strong>de</strong>r Gesetzgeber<br />
im Arbeitsrecht für bestimmte Fälle genau<br />
dieses vorschreibt, spricht er jedoch nicht<br />
etwa von „Schriftform“, son<strong>de</strong>rn von „Textform“.<br />
Dabei kann dieser Text auch in einer<br />
E-Mail o<strong>de</strong>r einer sonstigen elektronischen<br />
Form abgelegt sein.<br />
Ist aber die „Schriftform“ angeordnet, so<br />
geht es <strong>de</strong>m Gesetzgeber darum, dass für<br />
bestimmte Rechtshandlungen ein schriftliches,<br />
vor allem aber ein unterzeichnetes<br />
„Original“ vorliegen muss. Das ist <strong>de</strong>r Grund,<br />
warum beispielsweise befristete Arbeitsverträge<br />
nicht per E-Mail-Versand ausgetauscht<br />
wer<strong>de</strong>n können. Die Schriftform ist hier aber<br />
auch bei einer elektronischen Übermittlung<br />
gewahrt, wenn sich die Vertragsparteien<br />
einer „elektronischen Signatur“ bedienen,<br />
was sich aus § 126 BGB für das gesamte<br />
Vertragsrecht ergibt. Aber Achtung: Für<br />
Kündigungen o<strong>de</strong>r Aufhebungsverträge wird<br />
die Möglichkeit einer elektronischen Signatur<br />
durch § 623 BGB wie<strong>de</strong>rum ausgeschlossen.<br />
News <strong>de</strong>s Monats<br />
Anteile gegen Verzicht auf Kündigungsschutz Die britische Regierung plant ein Gesetz, nach <strong>de</strong>m Arbeitnehmer unter<br />
an<strong>de</strong>rem auf ihre Kündigungsschutzrechte verzichten können und im Gegenzug Unternehmensanteile erhalten.<br />
Krisen-Kurzarbeit (noch) kein Thema Derzeit gibt es keine Indikationen, die das erneute Aufgreifen von Son<strong>de</strong>rregelungen in<br />
<strong>de</strong>r Kurzarbeit rechtfertigen wür<strong>de</strong>n. Das teilte das Bun<strong>de</strong>sarbeitsministerium auf Anfrage <strong>de</strong>r <strong>Haufe</strong> Online-Redaktion mit.<br />
Beleidigung auf Facebook Ein Auszubil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>r hatte seinen Chef als „Menschenschin<strong>de</strong>r“ tituliert. Ein Kündigungsgrund, so das LAG<br />
Hamm, da <strong>de</strong>r Auszubil<strong>de</strong>n<strong>de</strong> nicht annehmen durfte, dass seine Facebook-Äußerungen keine Auswirkungen haben wür<strong>de</strong>n.<br />
Erstattungsanträge bei Entgeltfortzahlung Zum Jahreswechsel gibt es Än<strong>de</strong>rungen im elektronischen Erstattungsantrag bei<br />
Entgeltfortzahlung. Künftig muss eine Abtretungserklärung abgegeben wer<strong>de</strong>n, wenn die Arbeitsunfähigkeit durch Dritte verschul<strong>de</strong>t wur<strong>de</strong>.<br />
Umzugskosten-Pauschbeträge Die Verwaltung hat neue Pauschbeträge für Umzugskosten veröffentlicht, die bereits rückwirkend<br />
ab März 2012 anzuwen<strong>de</strong>n sind. Die bisherigen Pauschbeträge sind nur noch für Umzüge bis einschließlich Februar 2012 anzuwen<strong>de</strong>n.<br />
+++ Aktuelle News +++ Hintergrün<strong>de</strong> +++ täglich unter www.haufe.<strong>de</strong>/personal +++<br />
personalmagazin 12 / 12
63<br />
Die lange Bank wird<br />
immer länger<br />
Das im Jahr 2010 spektakulär angekündigte<br />
neue Beschäftigtendatenschutzgesetz<br />
hat es bis heute nicht über die<br />
parlamentarischen Hür<strong>de</strong>n geschafft, und<br />
<strong>de</strong>r Entwurf wur<strong>de</strong> immer wie<strong>de</strong>r auf die lange<br />
Bank geschoben. Jetzt wur<strong>de</strong> die Bun<strong>de</strong>sregierung<br />
über eine parlamen tarische<br />
Anfrage aufgefor<strong>de</strong>rt, endlich Farbe zu bekennen,<br />
ob und gegebenenfalls wann mit<br />
einer Realisierung dieses für die Praxis sehr<br />
wichtigen Gesetzes zu rechnen ist. Hinsichtlich<br />
<strong>de</strong>s „Ob“ beteuerte die Bun<strong>de</strong>sregierung<br />
in ihrer Antwort, dass sie weiterhin am Gesetzesentwurf<br />
festhalten wer<strong>de</strong>. Hinsichtlich<br />
<strong>de</strong>s „Wann“ führt die Regierung aus: „Der Gesetzentwurf<br />
liegt nunmehr <strong>de</strong>m Deutschen<br />
Bun<strong>de</strong>stag zur Beratung vor. Inwieweit dort<br />
Än<strong>de</strong>rungen erfolgen wer<strong>de</strong>n, liegt in <strong>de</strong>r<br />
Entscheidungsbefugnis <strong>de</strong>s Deutschen Bun<strong>de</strong>stages.“<br />
All das <strong>de</strong>utet darauf hin, dass mit<br />
einer Realisierung <strong>de</strong>s Gesetzes vor <strong>de</strong>n Bun<strong>de</strong>stagswahlen<br />
im Herbst 2013 wohl nicht<br />
mehr zu rechnen ist.<br />
Minijobber: Ab 2013 gelten 450 Euro als Höchstentgelt.<br />
Minijob-Grenze wird angehoben<br />
Die Än<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Minijob-Grenze kommt und ist zunächst einfach<br />
zu formulieren. Ansteigen soll das bisherige Höchstentgelt von 400<br />
Euro auf 450 Euro. Aber wer <strong>de</strong>n Gesetzgeber kennt, <strong>de</strong>r weiß, dass<br />
<strong>de</strong>r Teufel im Detail liegt. So auch hier, <strong>de</strong>nn das Än<strong>de</strong>rungsgesetz strotzt<br />
gera<strong>de</strong>zu von Ausnahme- und Übergangsregelungen. Die wichtigste ist:<br />
Bestehen<strong>de</strong> Vertragsverhältnisse mit Minijobbern wer<strong>de</strong>n noch nach <strong>de</strong>n<br />
bisherigen Rechtsvorschriften abgerechnet, je<strong>de</strong>nfalls so lange, wie diese<br />
nicht über die bisherige Grenze von 400 Euro angehoben wer<strong>de</strong>n. Wer dagegen<br />
seine bisherigen Minijobber ab 2013 über 400 Euro hinaus bezahlen<br />
möchte, <strong>de</strong>r muss sich an das neue Recht halten. Die wichtigste Verän<strong>de</strong>rung<br />
dabei: Es besteht dann grundsätzlich eine Beitragspflicht in <strong>de</strong>r<br />
Rentenversicherung. Richtig kompliziert wird es für Arbeitgeber mit Mitarbeitern,<br />
welche bisher zwischen 400 und 450 Euro verdient haben. Hier<br />
gelten für eine zweijährige Übergangsfrist komplizierte Son<strong>de</strong>rregelungen,<br />
die unter an<strong>de</strong>rem zur Folge haben können, dass Doppelanmeldungen für<br />
diese Mitarbeiter bei <strong>de</strong>r Einzugsstelle und <strong>de</strong>r Minijob-Zentrale abgegeben<br />
wer<strong>de</strong>n. Hinweis: In unserem „Entgelt Spezial“ wer<strong>de</strong>n wir in <strong>de</strong>r nächsten<br />
Ausgabe über die Auswirkungen <strong>de</strong>r neuen Rechtslage berichten.<br />
Der Umlagesatz beträgt künftig 0,15 Prozent.<br />
Insolvenzgeldumlage steigt 2013<br />
Ab <strong>de</strong>m 1. Januar 2013 wird die Umlage zur Finanzierung <strong>de</strong>s Insolvenzgelds<br />
für Arbeitgeber erheblich teurer. Der Umlagesatz beträgt<br />
künftig 0,15 Prozent. Bis 31. Dezember 2012 sind es noch 0,04 Prozent.<br />
Der <strong>de</strong>utliche Anstieg resultiert daraus, dass in <strong>de</strong>n Jahren 2011 und 2012<br />
aufgelaufene Reserven <strong>de</strong>r Insolvenzgeldumlage abgebaut wer<strong>de</strong>n mussten.<br />
Berücksichtigt man die Überschüsse nicht, so hätte sich bereits 2011 und 2012<br />
ein Umlagesatz von 0,1 Prozent errechnet.<br />
Der nun festgelegte Umlagesatz entspricht <strong>de</strong>m durchschnittlichen Umlagesatz<br />
seit <strong>de</strong>r Begrenzung auf das Bemessungsentgelt im Jahr 2005. Künftig<br />
wird die Insolvenzgeldumlage im Gesetz festgeschrieben. Die Norm schafft<br />
eine Art Finanzkorridor, innerhalb <strong>de</strong>ssen <strong>de</strong>r Umlagesatz konstant bleiben<br />
und <strong>de</strong>n Finanzbedarf bei normalen konjunkturellen Schwankungen ohne<br />
Anpassung <strong>de</strong>s Umlagesatzes ab<strong>de</strong>cken soll.<br />
Der Bun<strong>de</strong>stag hat das Gesetz En<strong>de</strong> Oktober verabschie<strong>de</strong>t. Der Bun<strong>de</strong>srat<br />
wird das Gesetz voraussichtlich En<strong>de</strong> November abschließend beraten.<br />
12 / 12 personalmagazin Bei Fragen wen<strong>de</strong>n Sie sich bitte an thomas.muschiol@personalmagazin.<strong>de</strong>
64 Recht_Urteilsdienst<br />
Urteil <strong>de</strong>s monats<br />
Fehlen<strong>de</strong>s BEM ist kein K.-o.-Kriterium bei <strong>de</strong>r Kündigung<br />
Wird einem Arbeitnehmer krankheitsbedingt<br />
gekündigt, so ist die Kündigung<br />
nicht allein schon <strong>de</strong>swegen unwirksam,<br />
weil <strong>de</strong>m Arbeitgeber vorzuwerfen ist,<br />
er sei seiner Pflicht zur Durchführung<br />
eines betrieblichen Einglie<strong>de</strong>rungsmanagements<br />
(BEM) nicht o<strong>de</strong>r nicht ausreichend<br />
nachgekommen.<br />
Vielmehr muss es <strong>de</strong>m Arbeitgeber möglich<br />
sein, vorzutragen und unter Beweis<br />
zu stellen, dass auch bei <strong>de</strong>r Durchführung<br />
eines betrieblichen Einglie<strong>de</strong>rungsmanagements<br />
keine Möglichkeiten einer<br />
alternativen Beschäftigung o<strong>de</strong>r Umsetzung<br />
bestan<strong>de</strong>n hätten.<br />
Das Urteil beschäftigt sich mit <strong>de</strong>r in Rechtsprechung und Literatur<br />
immer noch umstrittenen Frage, welche Konsequenzen <strong>de</strong>m Arbeitgeber<br />
aus <strong>de</strong>r Nichtbeachtung <strong>de</strong>r Pflicht zur Durchführung eines<br />
betrieblichen Einglie<strong>de</strong>rungsmanagements (BEM) drohen. Teilweise<br />
wird hierzu die Auffassung vertreten, dass beim Fehlen eines BEM<br />
die Voraussetzungen für eine krankheitsbedingte Kündigung von<br />
vornherein nicht vorliegen können. Entsprechend hatte auch das<br />
Arbeitsgericht in <strong>de</strong>r ersten Instanz entschie<strong>de</strong>n und die Kündigung<br />
für unwirksam erklärt, weil <strong>de</strong>r Arbeitgeber kein ordnungsgemäßes<br />
betriebliches Einglie<strong>de</strong>rungsmanagement durchgeführt hatte. Das<br />
LAG sah dies jedoch an<strong>de</strong>rs und brachte <strong>de</strong>n BEM-Streit wie folgt<br />
auf <strong>de</strong>n Punkt: „Eine Kündigung kann nicht allein <strong>de</strong>shalb als sozial<br />
ungerechtfertigt qualifiziert wer<strong>de</strong>n, weil das betriebliche Einglie<strong>de</strong>rungsmanagement<br />
nicht beziehungsweise nicht ordnungsgemäß<br />
durchgeführt wur<strong>de</strong>. Es müssen vielmehr auch bei gehöriger Durchführung<br />
<strong>de</strong>s betrieblichen Einglie<strong>de</strong>rungsmanagements überhaupt<br />
Möglichkeiten einer alternativen (Weiter-)Beschäftigung bestan<strong>de</strong>n<br />
haben, die eine Kündigung vermie<strong>de</strong>n hätten.“<br />
Für die Praxis be<strong>de</strong>utet dies, dass bei krankheitsbedingten Kündigungen<br />
<strong>de</strong>r Arbeitgeber zwar stets die Vortrags- und gegebenenfalls<br />
Beweislast hat, warum<br />
<strong>de</strong>r weitere Einsatz auch<br />
unter Berücksichtigung<br />
einer lei<strong>de</strong>nsgerechten<br />
Anpassung o<strong>de</strong>r Umsetzung<br />
auf einen an<strong>de</strong>ren<br />
Arbeitsplatz nicht möglich<br />
war. Dieser Vortrag<br />
muss in einem Kündigungsschutzverfahren<br />
auch dann berücksichtigt<br />
wer<strong>de</strong>n, wenn die<br />
Alternativüberlegungen<br />
<strong>de</strong>s Arbeitgebers nicht<br />
in einem betrieblichen<br />
Einglie<strong>de</strong>rungsmanagement<br />
bereits Eingang<br />
gefun<strong>de</strong>n haben.<br />
Mehr als sechs Wochen arbeitsunfähig?<br />
Dann heißt es BEM für <strong>de</strong>n Arbeitgeber.<br />
Quelle LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 5.7.2012, 10 SA 685/11<br />
Verzicht auf Reisekosten<br />
Zusammenfassung Ein Arbeitgeber verstößt gegen seine Fürsorgepflicht,<br />
wenn er die Genehmigung für die von einem Lehrer<br />
beantragte Schulfahrt damit verknüpft, dass die Lehrkraft darauf<br />
verzichtet, sich die Reisekosten erstatten zu lassen. <strong>Als</strong> Konsequenz<br />
daraus können die benachteiligten Lehrer trotz Verzichts ihre Reisekosten<br />
in voller Höhe abrechnen.<br />
relevanz Nach <strong>de</strong>m Urteil <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>sarbeitsgerichts ist nicht nur<br />
bei Lehrern Vorsicht bei Verzichtsvereinbarungen über Reisekosten<br />
geboten. Vielmehr müssen Sie bei solchen Absprachen immer dann<br />
aufpassen, wenn es sich um Dienstreisen han<strong>de</strong>lt, die aufgrund<br />
beruflicher Richtlinien zu <strong>de</strong>n allgemeinen dienstlich gefor<strong>de</strong>rten<br />
Aufgaben <strong>de</strong>r betreffen<strong>de</strong>n Arbeitnehmer gehören.<br />
Fehlen<strong>de</strong>r Arbeitszeitausschuss<br />
Zusammenfassung We<strong>de</strong>r das Arbeitssicherheitsgesetz noch das<br />
Betriebsverfassungsgesetz räumen <strong>de</strong>m Betriebsrat das Recht ein,<br />
<strong>de</strong>n Arbeitgeber vor <strong>de</strong>m Arbeitsgericht im Wege <strong>de</strong>s Beschlussverfahrens<br />
dazu zu verpflichten, einen Arbeitszeitausschuss einzusetzen.<br />
relevanz Die Mitwirkungsrechte <strong>de</strong>s Betriebsrats bei <strong>de</strong>r Arbeitssicherheit<br />
lassen nicht <strong>de</strong>n Schluss zu, dass daraus eine Einsetzung<br />
<strong>de</strong>s Arbeitszeitausschusses gefor<strong>de</strong>rt wer<strong>de</strong>n könne, entschie<strong>de</strong>n<br />
die Richter am Lan<strong>de</strong>sarbeitsgericht. Allein verantwortlich für die<br />
Durchführung <strong>de</strong>s Arbeitsschutzes sei <strong>de</strong>r Arbeitgeber. Er kann nur<br />
durch die für die Arbeitssicherheit zuständige Behör<strong>de</strong> dazu aufgefor<strong>de</strong>rt<br />
wer<strong>de</strong>n, seine Pflichten einzuhalten.<br />
Quelle BAG, Urteil vom 16.10.2012, 9AZR 183/110<br />
Quelle LAG Ba<strong>de</strong>n-Württemberg, Beschluss vom 9.8.2012, 3 TaBV 1/12<br />
Bei Fragen wen<strong>de</strong>n Sie sich bitte an thomas.muschiol@personalmagazin.<strong>de</strong><br />
personalmagazin 12 / 12
65<br />
Ein „Durchschlag“ ersetzt nicht die Schriftform<br />
Zusammenfassung Die Abre<strong>de</strong>, ein Arbeitsvertrag soll nur<br />
befristet abgeschlossen wer<strong>de</strong>n, bedarf <strong>de</strong>r Schriftform. Die<br />
frühere Verwaltungspraxis in einigen öffentlichen Behör<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>n<br />
Durchschlag für die Personalakte arbeitgeberseits nur mit einem<br />
Namenszeichen zu versehen, kann diese Schriftform keinesfalls<br />
ersetzen. Die Einhaltung <strong>de</strong>r Schriftform ist durch <strong>de</strong>n darlegungsund<br />
beweispflichtigen Arbeitgeber im gerichtlichen Streitfall dann<br />
nicht nachgewiesen, wenn er zwar nachweisen kann, dass die<br />
Parteien ein Original unterzeichnet hatten, wenn dieser bestreitet,<br />
ein solches erhalten zu haben.<br />
relevanz Auch wenn es im entschie<strong>de</strong>nen Fall um einen Sachverhalt<br />
(Durchschlag!) geht, <strong>de</strong>n man eigentlich in erster Linie nur im<br />
öffentlichen Dienst vermuten könnte, enthält die Entscheidung <strong>de</strong>s<br />
LAG einen für alle Unternehmen äußerst wichtigen Aspekt.<br />
Dieser besteht in <strong>de</strong>n Ausführungen <strong>de</strong>r Kammer zum konkreten<br />
Beweisablauf. Hier hatte <strong>de</strong>r Arbeitgeber zunächst die beidseitige<br />
Unterzeichnung einer Befristungsabre<strong>de</strong> erfolgreich durch Zeugenbeweis<br />
nachgewiesen. Auch <strong>de</strong>r klagen<strong>de</strong> Arbeitnehmer bestritt<br />
nicht, dass es „irgendwann“ einmal zu einer beidseitigen Unterzeichnung<br />
auf „<strong>de</strong>rselben“ Urkun<strong>de</strong> gekommen sei.<br />
Gleichwohl gewann er <strong>de</strong>n Rechtsstreit, in<strong>de</strong>m er schlicht und<br />
einfach <strong>de</strong>n Zugang <strong>de</strong>r Befristungsabre<strong>de</strong> bestritten hat. Und für<br />
<strong>de</strong>n Zugang einer solchen Abre<strong>de</strong> ist bekanntlich <strong>de</strong>r Arbeitgeber in<br />
vollem Umfang beweispflichtig. Kann er die Originalurkun<strong>de</strong> nicht<br />
beibringen, geht dies zu seinen Lasten.<br />
Quelle LAG München, Urteil vom 21.8.2012, 6 SA 1149/11<br />
Zum Thema ... Personalmagazin diese Ausgabe, Seite 62<br />
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66 Recht_gesetzesän<strong>de</strong>rung<br />
Der Einmarsch <strong>de</strong>r Mediatoren<br />
Streitkultur. Im anhängigen Gerichtsverfahren auf ein Mediationsverfahren umschalten:<br />
Darauf zielt die neue Möglichkeit zur gerichtsnahen Mediation.<br />
Workshop statt Gerichtssaal: Der Mediator setzt auf Eigenverantwortung <strong>de</strong>r Parteien.<br />
Von Thomas Muschiol (Red.)<br />
Besser man einigt sich, als dass<br />
man auf ein Urteil wartet. Diese<br />
Binsenweisheit führt im Personalbereich<br />
schon heute dazu,<br />
dass <strong>de</strong>r Löwenanteil an Auseinan<strong>de</strong>rsetzungen<br />
nicht durch richterliche<br />
Entscheidung, son<strong>de</strong>rn durch einvernehmlichen<br />
Vergleich en<strong>de</strong>t.<br />
Jetzt möchte <strong>de</strong>r Gesetzgeber durch<br />
die Aufwertung eines neuen Berufszweigs<br />
<strong>de</strong>m Streitvermeidungsgedanken<br />
eine zusätzliche Dimension geben.<br />
Das Zauberwort heißt „Mediationsgesetz“.<br />
Um es vorwegzunehmen: Mediation<br />
ist keine neue Erfindung, son<strong>de</strong>rn<br />
eine schon seit Jahrzehnten bestehen<strong>de</strong><br />
Metho<strong>de</strong> zur einvernehmlichen Beendigung<br />
von Streitigkeiten. Insbeson<strong>de</strong>re<br />
im Bereich <strong>de</strong>r familienrechtlichen Auseinan<strong>de</strong>rsetzung<br />
gilt Mediation als sehr<br />
erfolgreiches Mo<strong>de</strong>ll.<br />
Neu: Die gerichtsnahe Mediation<br />
Wenn jetzt die Mediation erstmals in<br />
einem Gesetz beschrieben wird, so hat<br />
dies zwei Grün<strong>de</strong>: Zum einem hat man<br />
die Anfor<strong>de</strong>rungen an das Berufsbild<br />
eines Mediators gesetzlich <strong>de</strong>finiert.<br />
Zum an<strong>de</strong>ren will man in <strong>de</strong>n Bereich <strong>de</strong>r<br />
„gerichtsnahen Mediation“ vorstoßen.<br />
Dies mit <strong>de</strong>m Ziel, auch Streitigkeiten,<br />
die schon die Schwelle <strong>de</strong>r Gerichte<br />
übertreten haben, alternativ zu <strong>de</strong>n herkömmlichen<br />
„Vergleichsmetho<strong>de</strong>n“ zu<br />
been<strong>de</strong>n. Ein durchaus erprobtes Verfahren,<br />
<strong>de</strong>nn an einigen Gerichten wur<strong>de</strong><br />
dies schon erfolgreich eingesetzt. So<br />
beispielsweise am LG Rostock, wo <strong>de</strong>m<br />
Richter und Mediator Jochen Apprich<br />
seit 2005 Hun<strong>de</strong>rte von Verfahren aus<br />
streitigen Verhandlungen übertragen<br />
wur<strong>de</strong>n. Dies mit einer hohen positiven<br />
Abschlussquote, so Apprich, <strong>de</strong>r vor<br />
allem die „Nachhaltigkeit“ <strong>de</strong>r Media tion<br />
ins Feld führt. Bei guter Vorbereitung<br />
könnten nach Ansicht <strong>de</strong>s Rostocker<br />
Vorzeigemediators Erfolge erzielt wer<strong>de</strong>n,<br />
für die man bei einer herkömmlichen<br />
Streitlösung durch Urteil o<strong>de</strong>r<br />
mühsamen gerichtlichen Vergleich ein<br />
Vielfaches an Zeit hätte aufwen<strong>de</strong>n müssen<br />
– von <strong>de</strong>n Kosten ganz zu schweigen.<br />
Aber lässt sich ein solches Erfolgsmo<strong>de</strong>ll<br />
auf <strong>de</strong>n speziellen arbeitsgerichtlichen<br />
Prozess übertragen? Darüber hat sich<br />
in <strong>de</strong>r Praxis eine rege Diskussion entwickelt.<br />
Man darf gespannt sein, ob <strong>de</strong>r<br />
Einmarsch <strong>de</strong>r Mediatoren bei <strong>de</strong>n Arbeitsgerichten<br />
zu einer Verän<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r<br />
Streitkultur führen wird.<br />
Netzstimmen<br />
Die rege Teilnahme aus <strong>de</strong>r Praxis an<br />
<strong>de</strong>r Diskussion über <strong>de</strong>n Sinn einer<br />
Mediation hat uns überrascht. So verfolgten<br />
wir mit Interesse einen Dialog<br />
auf <strong>de</strong>r Internet-Plattform XING, bei <strong>de</strong>r<br />
die Mitglie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r exklusiven Gruppe<br />
„Expertenforum Arbeitsrecht“ interessante<br />
Einblicke in <strong>de</strong>n praktischen<br />
Wert einer Mediation geben. Auch wir<br />
wer<strong>de</strong>n über das Thema „Mediation<br />
im Arbeitsrecht“ weiter berichten und<br />
freuen uns über Ihre Zuschriften. (tm)<br />
personalmagazin 12 / 12
67<br />
„Vertraulich und nachhaltig“<br />
INTERVIEW. Was sind die Vorteile einer Mediation? Wir sprachen mit einem mediationserfahrenen<br />
Richter über seine Erfahrungen mit dieser Konfliktlösungsmetho<strong>de</strong>.<br />
personalmagazin: Herr Apprich, was<br />
antworten Sie einem Richterkollegen, <strong>de</strong>r<br />
auf <strong>de</strong>n Mediationseffekt <strong>de</strong>s arbeitsrechtlichen<br />
Gütetermins hinweist?<br />
Jochen Apprich: Gütetermin und Mediation<br />
sind im Grun<strong>de</strong> wie Äpfel und Birnen.<br />
Bei<strong>de</strong> Formen sollen zwar Konflikte lösen.<br />
Im Gütetermin bestimmt aber <strong>de</strong>r<br />
Richter <strong>de</strong>n Ablauf <strong>de</strong>s Gesprächs, bis<br />
hin zu einem richterlichen Vergleichsvorschlag.<br />
Ganz an<strong>de</strong>rs ist es bei <strong>de</strong>r<br />
Mediation. Hier bestimmen die Parteien<br />
<strong>de</strong>n Gang <strong>de</strong>s Verfahrens. Allein<br />
sie verständigen sich auf <strong>de</strong>n Umfang<br />
<strong>de</strong>s zu lösen<strong>de</strong>n Konfliktstoffs. Die im<br />
Rahmen <strong>de</strong>r Mediation vorzunehmen<strong>de</strong><br />
Erörterung <strong>de</strong>r Interessen schafft das<br />
Fundament für kreative Lösungen, die<br />
im Gütetermin in <strong>de</strong>r Regel nicht erzielt<br />
wer<strong>de</strong>n können.<br />
personalmagazin: Be<strong>de</strong>utet dies auch, dass<br />
durch <strong>de</strong>n Mediator, an<strong>de</strong>rs als es beim<br />
Gütetermin <strong>de</strong>r Fall ist, kein Zeitpunkt<br />
für eine Einigung vorgegeben wer<strong>de</strong>n<br />
darf?<br />
Apprich: Im Prinzip ja, <strong>de</strong>nn eine <strong>de</strong>r<br />
Grundlagen einer erfolgreichen Mediation<br />
ist auch, dass über <strong>de</strong>n zeitlichen<br />
Umfang <strong>de</strong>r Einigungsgespräche allein<br />
die Parteien entschei<strong>de</strong>n. Ein Gütetermin<br />
en<strong>de</strong>t dagegen nach <strong>de</strong>n Vorstellungen<br />
<strong>de</strong>s Arbeitsrichters üblicherweise<br />
spätes tens nach 20 bis 30 Minuten. Dadurch,<br />
dass bei <strong>de</strong>r Mediation die Parteien<br />
auch über die Frage entschei<strong>de</strong>n,<br />
wie viel Zeit man sich für die jeweiligen<br />
Streitfragen nehmen sollte, wird bei<br />
einem Mediationsver fahren eine Verhandlungsatmosphäre<br />
geschaffen, die<br />
Jochen Apprich ist Richter am LG Rostock<br />
und hat dort in einem Pilotprojekt zahlreiche<br />
Mediationsverfahren durchgeführt.<br />
differenzierte und kreative Lösungsoptionen<br />
begünstigt.<br />
personalmagazin: „Ich könnte mir vorstellen,<br />
dass folgen<strong>de</strong>r Vergleich interessengerecht<br />
ist“, so o<strong>de</strong>r ähnlich lautet<br />
im Gütetermin oft das Resümee <strong>de</strong>s<br />
Arbeitsrichters. Ist an dieser Stelle die<br />
mediatorische Einigung im Vorteil?<br />
Apprich: Ein<strong>de</strong>utig ja, <strong>de</strong>nn die Lösungen<br />
wer<strong>de</strong>n nicht vom Mediator, son<strong>de</strong>rn<br />
von <strong>de</strong>n Parteien vorgeschlagen. Nur<br />
sie entschei<strong>de</strong>n, welche Lösung fair<br />
und interessengerecht ist. Dazu bedarf<br />
es allerdings Eigenverantwortung und<br />
Entscheidungsfreu<strong>de</strong>, Elemente, die ja<br />
gera<strong>de</strong> vom Mediator vermittelt und geför<strong>de</strong>rt<br />
wer<strong>de</strong>n müssen.<br />
personalmagazin: Kommen wir noch mal<br />
zur Verhandlungsatmosphäre zurück.<br />
Wie unterschei<strong>de</strong>t sich diese vom<br />
herkömmlichen Richtergespräch im<br />
Gütetermin?<br />
Apprich: Das zentrale Geschehen fin<strong>de</strong>t<br />
in einem Gespräch statt. Es wird in <strong>de</strong>r<br />
Alltagssprache kommuniziert. Der Mediator<br />
o<strong>de</strong>r die Mediatorin haben vor allem<br />
die Aufgabe, die Motive und Bedürfnisse<br />
<strong>de</strong>r Parteien aufzunehmen und bei <strong>de</strong>r<br />
Suche nach Lösungen zu unterstützen.<br />
personalmagazin: Gibt es für Streitigkeiten<br />
arbeitsrechtlicher Natur weitere Vorteile,<br />
die einen Anreiz zu dieser neuen Verfahrensart<br />
darstellen?<br />
Apprich: Ja, zum Beispiel die Vertraulichkeit,<br />
<strong>de</strong>nn die Mediation ist nicht<br />
öffentlich. In Verfahren, in <strong>de</strong>nen<br />
Umstän<strong>de</strong> aus <strong>de</strong>m Privatleben o<strong>de</strong>r<br />
Betriebsgeheimnisse erörtert wer<strong>de</strong>n,<br />
kann die Vertraulichkeit ein wesentliches<br />
Entscheidungskriterium für die<br />
Mediation sein.<br />
personalmagazin: Ist „Nachhaltigkeit“ auch<br />
ein Argument für die Mediation?<br />
Apprich: Sicherlich, <strong>de</strong>nn eine gemeinsam<br />
gefun<strong>de</strong>ne Lösung bietet eine<br />
höhere Gewähr ihrer freiwilligen Umsetzung.<br />
Hier gibt es im Übrigen auch<br />
nur höchst selten Vollstreckungsprobleme.<br />
Die Nachhaltigkeit im weiteren<br />
Sinne liegt aber auch darin, dass die<br />
Parteien durch eine gelungene Mediation<br />
erfolgreich gelernt haben, Konflikte<br />
allein zu lösen.<br />
Das Interview führte Thomas Muschiol.<br />
12 / 12 personalmagazin<br />
Bei Fragen wen<strong>de</strong>n Sie sich bitte an thomas.muschiol@personalmagazin.<strong>de</strong>
68 Recht_gesetzesän<strong>de</strong>rung<br />
Noch überwiegt die Skepsis<br />
Wird das Mediationsverfahren auch im Arbeitsrecht<br />
eine überlegenswerte Alternative? Wir haben dazu die<br />
Meinung von Fachleuten eingeholt.<br />
Professor<br />
Jobst<br />
Hubertus<br />
Bauer,<br />
Rechtsanwalt<br />
Christoph Gross Rechtsanwalt,<br />
Präsi<strong>de</strong>nt <strong>de</strong>s<br />
AG Sachsen-Anhalt a.D.<br />
„Ein zahnloser Tiger für die Arbeitsgerichtsbarkeit“<br />
Die Einführung <strong>de</strong>s Mediationsverfahrens wi<strong>de</strong>rspricht schon<br />
<strong>de</strong>m Beschleunigungsgrundsatz im Arbeitsgerichtsverfahren. Es<br />
ist sogar zu befürchten, dass ein Gutteil <strong>de</strong>r Parteien die Möglichkeit<br />
ergreifen wird, sich ins Mediationsverfahren zu flüchten,<br />
da durch die Verfahrensverzögerung wegen <strong>de</strong>r Anordnung <strong>de</strong>s<br />
Ruhens <strong>de</strong>s Verfahrens ein nicht unerheblicher Druck auf die<br />
eine o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re Seite ausgeübt wer<strong>de</strong>n kann. Außer<strong>de</strong>m darf<br />
man nicht außer Acht lassen: Ein Mediationsverfahren, das die<br />
Parteien nach § 2 Abs. 5 <strong>de</strong>s neuen Gesetzes je<strong>de</strong>rzeit ohne<br />
Grund been<strong>de</strong>n können, dürfte daher im Bereich <strong>de</strong>r Arbeitsgerichtsbarkeit<br />
ein „zahnloser Tiger“ sein.<br />
„Gespür <strong>de</strong>s Eingangsrichters ist gefor<strong>de</strong>rt“<br />
Einigungsstellen und Mediationen stellen völlig unterschiedliche<br />
Verfahren dar. Gleiches gilt für die Güteverhandlung. Die bloße<br />
Nutzung von mediativen Elementen im herkömmlichen Verfahren<br />
mag wünschenswert sein, macht aber aus Einigungsstellen ebenso<br />
wenig eine Mediation wie <strong>de</strong>r Einsatz von psychologischen<br />
Elementen eine Verhandlung zur Gruppentherapie wer<strong>de</strong>n lässt.<br />
Ob die gerichtsnahe Mediation im Arbeitsrecht Erfolg hat, hängt<br />
nicht zuletzt von <strong>de</strong>m Gespür <strong>de</strong>s Richters ab, bei <strong>de</strong>m eine Klage<br />
eingeht und <strong>de</strong>ssen Vorschlag für <strong>de</strong>n Einsatz einer Mediation<br />
maßgeblich sein dürfte.<br />
Nicholas Hölting,<br />
Deutsche Telekom AG<br />
„Es kommt auf <strong>de</strong>n Fall an“<br />
Im typischen Kündigungsstreit – wo<br />
meist nur um Abfindungen gefeilscht<br />
wird – ergibt eine Mediation<br />
keinen Sinn. Wenn es aber um<br />
Versetzung, Än<strong>de</strong>rungskündigung,<br />
Teilzeitbegehren und Ähnliches<br />
geht, also jene Fälle, in <strong>de</strong>nen die<br />
Parteien auch künftig miteinan<strong>de</strong>r<br />
auskommen müssen, bietet dieses<br />
neue Verfahren Chancen. Ärgerlich<br />
ist, dass <strong>de</strong>r Gesetzgeber handwerklich<br />
geschlampt hat: § 54<br />
Abs. 6 ArbGG erweckt <strong>de</strong>n Eindruck,<br />
als ob das Gericht die Parteien vor<br />
<strong>de</strong>n Güterichter zwingen könnte.<br />
Dr. Hans-<br />
Peter Löw,<br />
Rechtsanwalt<br />
Christoph Tillmanns,<br />
Vorsitzen<strong>de</strong>r Richter<br />
am LAG Ba<strong>de</strong>n-<br />
Württe mberg<br />
„Mediation wird Schattendasein führen“<br />
Die gerichtsnahe Mediation ist überflüssig, <strong>de</strong>nn die Parteien<br />
konnten auch bisher, wenn sie <strong>de</strong>n Konflikt durch eine Mediation<br />
lösen wollten, dieses vereinbaren. Das Verfahren konnte dann<br />
vom Gericht wegen außergerichtlicher Vergleichsverhandlungen<br />
ruhend gestellt wer<strong>de</strong>n. Eine gute Ausbildung <strong>de</strong>r Arbeitsrichter<br />
in Gesprächs- und Verhandlungsführung und die Bereitschaft <strong>de</strong>r<br />
Richter, sich im Gütetermin ausreichend Zeit zu nehmen, sind<br />
mehr wert als ein unvollkommenes Gesetz über gerichtsnahe<br />
Mediation. Ich wage die Prophezeiung, dass die Mediation im<br />
arbeitsgerichtlichen Verfahren ein Schattendasein führen wird.<br />
„Beim Führungskräftestreit“<br />
Die Konfliktbeilegung ohne Gerichtsentscheidung<br />
hat im Arbeitsrecht<br />
Tradition. Kündigungsschutzverfahren<br />
wer<strong>de</strong>n bekanntlich mehrheitlich<br />
im Gütetermin verglichen. Für<br />
Konflikte zwischen <strong>de</strong>n Betriebsparteien<br />
steht die Einigungsstelle bereit.<br />
Einen Anwendungsbereich für<br />
Mediation sehe ich aber durchaus<br />
bei Konflikten zwischen Arbeitgebern<br />
und Führungskräften.<br />
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personalmagazin 12 / 12
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70 Recht_social media<br />
„Twittern Sie mal or<strong>de</strong>ntlich!“<br />
trend. Immer mehr Unternehmen ent<strong>de</strong>cken das Twittern als Marketinginstrument.<br />
Wer seine Mitarbeiter darauf ansetzt, muss arbeitsrechtliche Lösungen fin<strong>de</strong>n.<br />
Von Thomas Muschiol (Red.)<br />
Die Kommunikationserweiterung<br />
durch <strong>de</strong>n Nachrichtendienst<br />
„Twitter“ hat mittlerweile<br />
eine gigantische Dimension<br />
erreicht und durchdringt alle Lebensbereiche<br />
und Situationen. Dabei ist es nicht<br />
nur <strong>de</strong>r Pendler im Vorort-Zug o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r<br />
Spaziergänger auf <strong>de</strong>r Parkbank, <strong>de</strong>r mit<br />
konzentriertem Blick auf sein Smartphone<br />
eine unbekannte Zahl von Twitter-<br />
Kollegen an seinen aktuellen Erlebnissen<br />
teilnehmen lässt. Twittern ist viel mehr<br />
Wertvolle Twitter-Kontakte:<br />
Ob privat o<strong>de</strong>r dienstlich erworben,<br />
ist eine entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Frage.<br />
© Fotolia.com / volksgrafik<br />
gesellschaftsfähig gewor<strong>de</strong>n. Dies nicht<br />
nur durch Politiker, die sich zunehmend<br />
gerne twitternd vor laufen<strong>de</strong>n Kameras<br />
zeigen, auch <strong>de</strong>n Business-Bereich hat<br />
die virtuelle und grenzenlose Kommunikationsform<br />
schon längst erreicht.<br />
Zunächst eher zur lieben Not von Personalverantwortlichen.<br />
Die beschäftigten<br />
sich ursprünglich damit, wie sie <strong>de</strong>n<br />
Trend zur ständigen Twitter-Verbindung<br />
arbeitsrechtlich in <strong>de</strong>n Griff bekommen.<br />
Denn ein geübter Twitterer hält parallel<br />
zu seiner Arbeitstätigkeit permanent<br />
Kontakt zu seinen virtuellen Gruppierungen,<br />
neu<strong>de</strong>utsch auch „Follower“<br />
genannt. Das „Zwitschern“ zu verbieten<br />
ist allerdings ein schwieriges Unterfangen,<br />
<strong>de</strong>nn gegen entsprechen<strong>de</strong><br />
Twitter-Verbote stellten sich oftmals die<br />
Führungskräfte selbst. Sie erkannten,<br />
dass das Twittern auch durchaus zu Geschäftszwecken<br />
nutzbar ist.<br />
Es besteht Regelungsbedarf<br />
Darüber sind sich die Experten einig:<br />
Twittern im Betrieb sollte arbeitsrechtlich<br />
geregelt sein. Insbeson<strong>de</strong>re Möglichkeiten<br />
o<strong>de</strong>r auch Verbote <strong>de</strong>s privaten<br />
Twitterns sollten fixiert wer<strong>de</strong>n.<br />
Ist es aber nicht von vornherein ein<br />
untauglicher Versuch, mit <strong>de</strong>m aus <strong>de</strong>r<br />
Jahrhun<strong>de</strong>rtwen<strong>de</strong> stammen<strong>de</strong>n BGB<br />
und <strong>de</strong>ssen Grundzügen <strong>de</strong>s Arbeitsvertragsrechts<br />
<strong>de</strong>rartige virtuelle Quantensprünge<br />
in praktikable Vorschriften<br />
zu fassen? Prinzipiell ist dies möglich,<br />
meint Arbeitsrechtsexperte Professor<br />
Stefan Lunk. Er sieht die Probleme eher<br />
darin, dass sich Privates und Dienstliches<br />
faktisch oft nicht trennen lasse.<br />
Aber die Arbeitsrechtler, die <strong>de</strong>rzeit<br />
zu Dutzen<strong>de</strong>n an sogenannten „Social-<br />
Media-Gui<strong>de</strong>lines“ arbeiten, können<br />
kaum Luft holen. Immer öfter stellt sich<br />
ein weiteres, speziell arbeitsrechtliches<br />
Twitter-Problem. Das Zauberwort heißt<br />
„Twittern als Arbeitspflicht“ und trägt<br />
<strong>de</strong>m Umstand Rechnung, dass immer<br />
mehr Marketingstrategen das Twittern<br />
als Kontakt und Verkaufsmo<strong>de</strong>ll <strong>de</strong>r Zukunft<br />
erkannt haben. Da liegt es nahe,<br />
das Twittern nicht etwa einzuschränken,<br />
son<strong>de</strong>rn im Gegenteil vom Mitarbeiter<br />
zu for<strong>de</strong>rn, dass er in Zukunft doch bit-<br />
personalmagazin 12 / 12
71<br />
te schön nach Kräften twittern solle.<br />
In welche Dimensionen und Probleme<br />
dies mün<strong>de</strong>n kann, zeigt ein Rechtsstreit,<br />
<strong>de</strong>r <strong>de</strong>rzeit in <strong>de</strong>n USA ausgetragen<br />
wird. Hier geht es um ein Folgeproblem<br />
<strong>de</strong>s „Twitterns im Arbeitgeberauftrag“,<br />
nämlich um die Frage, ob <strong>de</strong>r twittern<strong>de</strong><br />
Arbeitnehmer nach Verlassen <strong>de</strong>s Unternehmens<br />
seine dienstlich erworbenen<br />
Kontakte schlicht und einfach mitnehmen<br />
kann (vergleiche unten stehen<strong>de</strong>n<br />
Expertenrat).<br />
Dass es dabei nicht nur um „Peanuts“<br />
geht, zeigen die Rahmendaten <strong>de</strong>r Klage.<br />
Immerhin 17.000 Kontakte hatte<br />
<strong>de</strong>r dienstlich twittern<strong>de</strong> Mitarbeiter<br />
arbeitsvertraglich angesammelt. Das taxierte<br />
die klagen<strong>de</strong> Firma mit 2,50 Dollar<br />
pro Kontakt und machte somit einen<br />
Scha<strong>de</strong>nsersatzanspruch von 340.000<br />
Dollar geltend. <br />
expertentipp<br />
Wem gehören „Twitter-Follower“?<br />
Immer mehr Unternehmen verpflichten ihre Verkäufer, über eine ständige Präsenz in <strong>de</strong>r<br />
Twitter-Gemein<strong>de</strong> Kontakte zu akquirieren und zu pflegen. Was aber geschieht, wenn<br />
<strong>de</strong>r Arbeitsvertrag en<strong>de</strong>t und <strong>de</strong>r Mitarbeiter sich mit seinen Kontakten „aus <strong>de</strong>m Staub<br />
macht“? Wir befragten dazu <strong>de</strong>n Arbeitsrechtsexperten Professor Stefan Lunk.<br />
„Bei <strong>de</strong>r Twitter-Follower-Problematik<br />
kommt es darauf an, was arbeitsvertraglich<br />
geregelt ist. Ist es Verpflichtung <strong>de</strong>s<br />
Arbeitnehmers, in Netzwerken wie Twitter<br />
aktiv zu sein, so ist dies im Ergebnis<br />
nicht an<strong>de</strong>rs zu beurteilen als wenn ein<br />
Arbeitnehmer in herkömmlicher Weise<br />
arbeitsvertraglich verpflichtet ist, etwa<br />
<strong>de</strong>n Markenauftritt <strong>de</strong>s Arbeitgebers zu<br />
för<strong>de</strong>rn. Die dadurch gewonnenen Unterlagen<br />
und Kun<strong>de</strong>nkontakte sind dann<br />
<strong>de</strong>m Arbeitgeber zuzurechnen. Dies<br />
trifft auch auf die Adressen et cetera <strong>de</strong>r<br />
Follower zu.<br />
Um langwierige Auseinan<strong>de</strong>rsetzungen<br />
zu vermei<strong>de</strong>n, sollten von vornherein<br />
Regelungen insbeson<strong>de</strong>re für <strong>de</strong>n<br />
Fall <strong>de</strong>s Ausschei<strong>de</strong>ns <strong>de</strong>s Mitarbeiters<br />
vereinbart wer<strong>de</strong>n. Hierzu zählen die<br />
„Nutzungsrechte“ sowie die Herausgabe<br />
<strong>de</strong>r Follower-Daten und Passwörter.<br />
Wer<strong>de</strong>n über einen privaten Account<br />
auch Geschäftsbeziehungen geknüpft,<br />
so sind auch diese Daten beziehungsweise<br />
Follower grundsätzlich von <strong>de</strong>r<br />
Rückgabepflicht erfasst. Bezüglich <strong>de</strong>r<br />
Weitergabe dieser Daten bestehen jedoch<br />
datenschutzrechtliche Probleme,<br />
insbeson<strong>de</strong>re wenn sich <strong>de</strong>r Geschäftskontakt<br />
aus einem privaten Kontakt entwickelt.<br />
Daher kann die Löschung o<strong>de</strong>r<br />
Weitergabe <strong>de</strong>rartiger Daten im Zweifel<br />
nicht verlangt wer<strong>de</strong>n. Der Arbeitgeber<br />
wird sich daher entschei<strong>de</strong>n müssen:<br />
Will er durch fehlen<strong>de</strong> Hinweise auf die<br />
Beziehung <strong>de</strong>s twittern<strong>de</strong>n Mitarbeiters<br />
zum Arbeitgeber <strong>de</strong>n Eindruck erwecken,<br />
es preise sozusagen ein Neutraler<br />
die Produkte an, so wird man mangels<br />
entgegenstehen<strong>de</strong>r Vereinbarungen im<br />
Zweifel diese Kontakte auch als privat<br />
ansehen müssen. Allerdings hätte eine<br />
Klage auf Scha<strong>de</strong>nsersatzklage, wie aus<br />
<strong>de</strong>n USA zu hören ist, in Deutschland<br />
keinen Erfolg. Denn <strong>de</strong>r Arbeitgeber<br />
müsste seinen Scha<strong>de</strong>n konkret darlegen<br />
und gegebenenfalls beweisen. Dies<br />
erscheint kaum möglich, zumal es eine<br />
Pauschalierung, wie in <strong>de</strong>n USA, nach<br />
<strong>de</strong>utschen Regeln nicht gibt. Ein Ausweichen<br />
auf Vertragsstrafen ist angesichts<br />
PRof. Dr.<br />
Stefan Lunk ist<br />
Rechtsanwalt bei<br />
<strong>de</strong>r Kanzlei Latham<br />
& Watkins LLP in<br />
Frankfurt am Main.<br />
„Wer<strong>de</strong>n über einen privaten Account auch Geschäftsbeziehungen<br />
geknüpft, so sind auch diese Daten beziehungsweise<br />
Follower von <strong>de</strong>r Rückgabepflicht erfasst.“<br />
<strong>de</strong>r damit verbun<strong>de</strong>nen AGB-Problematik<br />
gleichfalls praktisch nicht sinnvoll.<br />
Somit blieben Unterlassungs- o<strong>de</strong>r Herausgabeansprüche,<br />
die sich aus <strong>de</strong>m<br />
unbefugten Verwen<strong>de</strong>n von Geschäftsgeheimnissen<br />
ergeben könnten. Hierbei<br />
sind aber nur solche Daten geschützt,<br />
die nicht offenkundig sind, also nicht –<br />
wie die bloße Adresse <strong>de</strong>s Kun<strong>de</strong>n – ohne<br />
Weiteres zu erlangen sind. Hat <strong>de</strong>r<br />
Arbeitnehmer über das Twittern <strong>de</strong>rart<br />
nicht offenkundige Kun<strong>de</strong>ndaten erlangt<br />
und gespeichert, so stellen <strong>de</strong>rartige Listen<br />
regelmäßig selbst dann Geschäftsgeheimnisse<br />
dar, wenn <strong>de</strong>r Arbeitnehmer<br />
die Kun<strong>de</strong>n selbst „geworben“ hat (BGH<br />
26.6.2009 – I ZR 28/06). Will man <strong>de</strong>m<br />
Mitarbeiter vertraglich generell untersagen,<br />
nach seinem Ausschei<strong>de</strong>n für bisherige<br />
„Twitter-Kontakte“ tätig zu wer<strong>de</strong>n,<br />
ist eine Abgrenzung zum karenzentschädigungspflichtigen<br />
nachvertraglichen<br />
Wettbewerbsverbot vorzunehmen.“<br />
12 / 12 personalmagazin<br />
Bei Fragen wen<strong>de</strong>n Sie sich bitte an thomas.muschiol@personalmagazin.<strong>de</strong>
72 Recht_Personalabbau<br />
Wann ist ein Arbeitsplatz frei?<br />
rechtsprechung. Ist die Pflicht zur vorrangigen Kündigung von Leiharbeitnehmern<br />
ein Angriff auf die freie Unternehmerentscheidung? Eine Zwischenbilanz <strong>de</strong>s Streits.<br />
Von Wolfgang Lipinski und Anne Praß<br />
Bei betriebsbedingten Kündigungen<br />
ist vom Arbeitgeber<br />
stets zu prüfen, ob für <strong>de</strong>n<br />
betroffenen Arbeitnehmer<br />
im Unternehmen nicht eine Beschäftigungsalternative<br />
besteht, für ihn also ein<br />
freier Arbeitsplatz zur Verfügung steht.<br />
Was aber sind „freie Arbeitsplätze“ und<br />
gehören dazu auch Tätigkeitsbereiche,<br />
bei <strong>de</strong>nen sich <strong>de</strong>r Arbeitgeber dafür<br />
entschie<strong>de</strong>n hat, sie nicht mit eigenen<br />
Arbeitnehmern, son<strong>de</strong>rn mit Leiharbeitnehmern<br />
zu besetzen?<br />
Das Bun<strong>de</strong>sarbeitsgericht hat sich mit<br />
Urteil vom 15. Dezember 2011, 2 AZR<br />
42/10 jetzt erstmals eher versteckt zu<br />
<strong>de</strong>r Frage geäußert, ob ein Arbeitgeber<br />
bei einem geplanten Personalabbau bei<br />
ihm eingesetzte Leiharbeitnehmer vorrangig<br />
„kündigen“ muss, bevor er eigene<br />
Arbeitnehmer kündigen kann.<br />
Die LAG-Rechtsprechung und das<br />
„Rahmenvertragsurteil“ <strong>de</strong>s BAG<br />
Die Rechtsprechung <strong>de</strong>r Lan<strong>de</strong>sarbeitsgerichte<br />
(LAG Berlin vom 3.3.2009, 12<br />
Sa 2468/08; LAG Hamm vom 6.8.2007,<br />
8 Sa 2311/04; LAG Hamm vom 5.3.2007,<br />
11 Sa 1338/06) hatte <strong>de</strong>n vorrangigen<br />
Abbau <strong>de</strong>r Leiharbeiter vor <strong>de</strong>r betriebsbedingten<br />
Kündigung eigener<br />
Arbeitnehmer gefor<strong>de</strong>rt, soweit die Leiharbeitnehmer<br />
nicht nur vorübergehend<br />
zur Ab<strong>de</strong>ckung von Auftragsspitzen<br />
o<strong>de</strong>r Vertretungen eingesetzt waren. Die<br />
Lan<strong>de</strong>sarbeitsgerichte hatten insoweit<br />
bei <strong>de</strong>r betriebsbedingten Kündigung<br />
eigener Arbeitnehmer die von Leiharbeitnehmern<br />
dauerhaft besetzten Arbeitsplätze<br />
als freie Arbeitsplätze im<br />
Sinne <strong>de</strong>s § 1 Abs. 2 KSchG gewertet<br />
und die Kündigungen daran scheitern<br />
lassen. Auch das Bun<strong>de</strong>sarbeitsgericht<br />
hatte mit Urteil vom 1.3.2007, 2 AZR<br />
Betriebsbedingte Kündigung:<br />
Wer muss zuerst seinen<br />
Arbeitsplatz räumen?<br />
650/05 entschie<strong>de</strong>n, dass Arbeitsplätze,<br />
die als sogenannte Rahmenverträge extern<br />
vergeben wer<strong>de</strong>n, nur dann nicht<br />
frei im Sinne eines an<strong>de</strong>rweitigen Arbeitsplatzes<br />
sind, wenn ausgeschlossen<br />
ist, dass auch nicht vertretungsbedingter<br />
Bei Fragen wen<strong>de</strong>n Sie sich bitte an thomas.muschiol@personalmagazin.<strong>de</strong><br />
personalmagazin 12 / 12
73<br />
HPO<br />
ARBEITSHILFE<br />
Beschäftigungsbedarf in größerem Umfang<br />
durch die Rahmenverträge abge<strong>de</strong>ckt<br />
wird.<br />
Die Kernfrage bleibt lei<strong>de</strong>r ungeklärt<br />
In seiner Entscheidung vom 15. Dezember<br />
2011 bestätigte das BAG noch einmal,<br />
dass ein mit Leiharbeitnehmern besetzter<br />
Arbeitsplatz nicht als frei gilt, wenn<br />
die Leiharbeitnehmer zur Ab<strong>de</strong>ckung von<br />
Auftragsspitzen o<strong>de</strong>r Vertretungsbedarf<br />
eingesetzt wer<strong>de</strong>n. Über die eigentliche<br />
praxisrelevante Kernfrage, ob ein Arbeitgeber<br />
– entgegen seiner ausdrücklichen<br />
konzeptionellen Unternehmerentscheidung,<br />
einen Teil <strong>de</strong>r anfallen<strong>de</strong>n Arbeit<br />
durch Leiharbeitnehmer verrichten zu<br />
Fachbeitrag Wann eine betriebsbedingte<br />
Kündigung sozialwidrig ist (HI569909)<br />
Die Arbeitshilfe fin<strong>de</strong>n Sie im <strong>Haufe</strong><br />
Personal Office (HPO). Internetzugriff:<br />
www.haufe.<strong>de</strong>/hi569909<br />
lassen – gezwungen wer<strong>de</strong>n kann, diese<br />
Leiharbeitnehmer vor <strong>de</strong>r Kündigung eigener<br />
Arbeitnehmer abzubauen, hat das<br />
BAG nicht entschie<strong>de</strong>n. Nach <strong>de</strong>m BAG<br />
„kann“ die Beschäftigung von Leiharbeitnehmern<br />
zur Ab<strong>de</strong>ckung eines ständigen<br />
Sockelarbeitsvolumens eine alternative,<br />
das heißt freie Beschäftigungsmöglichkeit<br />
im Sinne <strong>de</strong>s § 1 Abs. 2 Satz 2 KSchG<br />
darstellen. Im vorliegen<strong>de</strong>n Fall waren<br />
die Leiharbeitnehmer jedoch nur zur Ab<strong>de</strong>ckung<br />
von Auftragsspitzen eingesetzt.<br />
Das BAG verwies auf <strong>de</strong>n uneinheitlichen<br />
Meinungsstand, wenn Leiharbeitnehmer<br />
aufgrund einer konzeptionellen<br />
Entscheidung <strong>de</strong>s Arbeitgebers beschäftigt<br />
wer<strong>de</strong>n. Einerseits hat das BAG einen<br />
generell verpflichten<strong>de</strong>n vorrangigen<br />
Abbau von mit Leiharbeitnehmern besetzten<br />
Stammarbeitsplätzen in Betracht<br />
gezogen. An<strong>de</strong>rerseits hat das BAG erkannt,<br />
dass bei einer konzeptionellen<br />
Unternehmerentscheidung <strong>de</strong>s Arbeitgebers<br />
die freie grundgesetzlich geschützte<br />
Unternehmerentscheidung im Raum<br />
steht und die Sachlage gegebenenfalls<br />
<strong>de</strong>shalb an<strong>de</strong>rs zu beurteilen ist. Die Entscheidung<br />
<strong>de</strong>s BAG wirft weitere Fragen<br />
auf, zum Beispiel, ob im Anschluss an<br />
THEMEN<br />
Umstrukturierung, Restrukturierung<br />
Arbeitsrecht und Neue Medien<br />
Datenschutz<br />
Alter und Arbeitsverhältnis<br />
Befristungen<br />
Neues vom Betriebsverfassungsrecht<br />
Aktuelle Entwicklungen in <strong>de</strong>r arbeitsrechtlichen Gesetzgebung<br />
Neues zur Arbeitsvertragsgestaltung<br />
REFERENTEN U. A.<br />
Prof. Dr.<br />
Jobst-Hubertus Bauer Prof. Dr. Björn Gaul Dr. Alexan<strong>de</strong>r Insam<br />
Dr. Stefan Lingemann<br />
Dr. Barbara Reinhard<br />
Prof. Dr.<br />
Gregor Thüsing<br />
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74 Recht_Personalabbau<br />
Mitbestimmung<br />
Betriebsverfassungsrechtliche Relevanz<br />
Nicht selten wird über <strong>de</strong>n Einsatz von Leiharbeitnehmern auch mit <strong>de</strong>m Betriebsrat<br />
gestritten. Für diesen bestehen zwar diverse Informations- und Wi<strong>de</strong>rspruchsrechte,<br />
jedoch keine echten erzwingbaren Mitbestimmungsrechte.<br />
Der Betriebsrat kann und wird sich angesichts <strong>de</strong>r umstrittenen Rechtslage oft auf <strong>de</strong>n<br />
Standpunkt stellen, dass ein mit einem Leiharbeitnehmer besetzter Arbeitsplatz „frei“ im<br />
Sinne <strong>de</strong>s § 1 Abs. 2 KSchG ist.<br />
Mitbestimmung bei Kündigungen § 102 BetrVG<br />
In diesem Fall wird <strong>de</strong>r Betriebsrat einer Kündigung nach § 102 Abs. 3 Nr. 3 BetrVG<br />
wi<strong>de</strong>rsprechen. Das hat zur Konsequenz, dass <strong>de</strong>r Gekündigte im Rahmen eines Kündigungsschutzprozesses<br />
for<strong>de</strong>rn kann, bis zum rechtskräftigen Abschluss <strong>de</strong>s Prozesses<br />
vorläufig weiterbeschäftigt zu wer<strong>de</strong>n (§ 102 Abs. 5 BetrVG). Dagegen kann <strong>de</strong>r Arbeitgeber<br />
mittels einstweiliger Verfügung nach § 102 Abs. 5 S. 2 BetrVG vorgehen. Die Frage,<br />
ob <strong>de</strong>r Betriebsrat <strong>de</strong>n Begriff <strong>de</strong>s „freien“ Arbeitsplatzes richtig bewertet hat, spielt hier<br />
jedoch nur dann eine Rolle, wenn die Ansicht <strong>de</strong>s Betriebsrats „offensichtlich unbegrün<strong>de</strong>t“<br />
wäre, wovon man angesichts <strong>de</strong>s Meinungsstreits in diesem Fall nicht ausgehen<br />
kann. Ob <strong>de</strong>r Betriebsrat <strong>de</strong>r Kündigung zu Recht wi<strong>de</strong>rsprochen hat, kann daher nicht im<br />
Streit mit <strong>de</strong>m Betriebsrat ausgefochten wer<strong>de</strong>n, son<strong>de</strong>rn wird sich allenfalls im Rahmen<br />
<strong>de</strong>s Kündigungsschutzverfahrens als Argument <strong>de</strong>s Klägers wie<strong>de</strong>rfin<strong>de</strong>n.<br />
Mitbestimmung beim Einsatz von Leiharbeitnehmern § 99 BetrVG<br />
Die Bewertung von Leiharbeitnehmerstellen als freie Arbeitsplätze im Sinne <strong>de</strong>s § 1 Abs.<br />
2 KSchG ist, auch im Hinblick auf anstehen<strong>de</strong> Personalabbaumaßnahmen, kein zulässiger<br />
Zustimmungsverweigerungsgrund nach § 99 Abs. 2 BetrVG für die Einstellung von Leiharbeitnehmern.<br />
Der Betriebsrat kann mit seiner Zustimmungsverweigerung die Einstellung<br />
nicht blockieren, <strong>de</strong>nn <strong>de</strong>r Arbeitgeber kann trotz Wi<strong>de</strong>rspruch eine vorläufige Einstellung<br />
nach § 100 Abs. 1 BetrVG vornehmen und, an<strong>de</strong>rs als bei <strong>de</strong>r Kündigung, im Zustimmungsersetzungsverfahren<br />
direkt gegenüber <strong>de</strong>m Betriebsrat gerichtlich klären lassen,<br />
ob ein Zustimmungsverweigerungsgrund nach § 99 Abs. 2 BetrVG vorliegt o<strong>de</strong>r nicht.<br />
Mitbestimmung nach § 92 BetrVG<br />
Auch § 92 BetrVG räumt <strong>de</strong>m Betriebsrat lediglich ein Unterrichtungs- und Beratungsrecht<br />
bezüglich <strong>de</strong>r Personalplanung ein, jedoch kein echtes Mitbestimmungsrecht. Die<br />
Entscheidung <strong>de</strong>s Arbeitgebers, ob und welche Arbeitsplätze er mit Leiharbeitnehmern<br />
besetzen will, ist daher auch hier vom Betriebsrat nicht angreifbar.<br />
<strong>de</strong>n Abbau <strong>de</strong>r Leiharbeit die eigenen Arbeitnehmer<br />
<strong>de</strong>s Arbeitgebers, die sonst<br />
von einer Kündigung betroffen gewesen<br />
wären, nunmehr eine Än<strong>de</strong>rungskündigung<br />
erhalten müssen.<br />
Das Warten auf weitere Verfahren<br />
Letztlich hat die vorliegen<strong>de</strong> Entscheidung<br />
das Risiko <strong>de</strong>r Unwirksamkeit von<br />
betriebsbedingten Kündigungen gegenüber<br />
betriebseigenen Arbeitnehmern erhöht,<br />
wenn Leiharbeitnehmer dauerhaft<br />
eingesetzt wer<strong>de</strong>n. Es bleibt abzuwarten,<br />
ob das Bun<strong>de</strong>sarbeitsgericht in einer<br />
Fallkonstellation, in <strong>de</strong>r sich ein Arbeitgeber<br />
nachweisbar aufgrund einer ausdrücklichen<br />
Unternehmerentscheidung<br />
für <strong>de</strong>n dauerhaften Einsatz von Leiharbeitnehmern<br />
entschie<strong>de</strong>n hat, auch<br />
hier die freie Unternehmerentscheidung<br />
aushebeln und <strong>de</strong>n Arbeitgeber zum vorrangigen<br />
Einsatz eigener Arbeitnehmer<br />
verpflichten wür<strong>de</strong>. Aus Sicht <strong>de</strong>r Verfasser<br />
wür<strong>de</strong> eine solche BAG-Entscheidung<br />
<strong>de</strong>r grundgesetzlich geschützten freien<br />
Unternehmerentscheidung nicht ausreichend<br />
Rechnung tragen.<br />
Darauf sollten Sie aktuell achten<br />
Bis zum Vorliegen einer diesbezüglich<br />
ein<strong>de</strong>utigen BAG-Entscheidung verbleiben<br />
Arbeitgebern – je nach rechtlicher<br />
Risikobereitschaft – jedoch eine Reihe<br />
von Gestaltungsmöglichkeiten, die Personalabbaumaßnahme<br />
erfolgreich umzusetzen.<br />
• Abbau <strong>de</strong>r Leiharbeit vor Kündigung eigener<br />
Arbeitnehmer, gegebenenfalls auch<br />
kommunikativ in <strong>de</strong>r Öffentlichkeit besser<br />
darstellbar<br />
• Vorübergehen<strong>de</strong>r Abbau von Leiharbeitnehmern,<br />
Personalreduktion von eigenen<br />
Arbeitnehmern und anschließen<strong>de</strong><br />
Aufstockung von Leiharbeitnehmern<br />
• Einsatz von Leiharbeitnehmern ausschließlich<br />
und nachweisbar zur Ab<strong>de</strong>ckung<br />
von Auftragsspitzen und<br />
Vertretungsbedarf<br />
• Personalabbau eigener Arbeitnehmer<br />
unter konsequenter Stützung auf<br />
eine nachweisbare konzeptionelle Unternehmerentscheidung<br />
bezüglich <strong>de</strong>s<br />
Leiharbeitnehmereinsatzes unter Inkaufnahme<br />
<strong>de</strong>s oben dargestellten rechtlichen<br />
Risikos bei <strong>de</strong>n betriebsbedingten<br />
Kündigungen und – sofern nicht eine<br />
adäquate gütliche Einigung mit <strong>de</strong>m eigenen<br />
Mitarbeiter bei Gericht erreicht<br />
wer<strong>de</strong>n kann – Durchfechtung einer<br />
Grundsatzentscheidung beim BAG, gegebenenfalls<br />
sogar beim Bun<strong>de</strong>sverfassungsgericht.<br />
Dr. Wolfgang Lipinski<br />
ist Fachanwalt für Arbeitsrecht<br />
bei Beiten Burkhardt in<br />
München.<br />
Anne PraSS ist Rechtsanwältin<br />
bei Beiten Burkhardt<br />
in München.<br />
Bei Fragen wen<strong>de</strong>n Sie sich bitte an thomas.muschiol@personalmagazin.<strong>de</strong><br />
personalmagazin 12 / 12
Recht_Kolumne<br />
75<br />
Juristen wollen nicht<br />
nur vom Recht re<strong>de</strong>n<br />
KOLUMNE. Wer Arbeitsrechtler bei <strong>de</strong>n schönen Dingen<br />
<strong>de</strong>s Lebens ausgrenzt, muss mit Gegenangriffen rechnen.<br />
Seien Sie wachsam,<br />
wenn Sie<br />
die Weihnachtsfeier<br />
planen. beachten<br />
Sie auch Die<br />
Eine o<strong>de</strong>r An<strong>de</strong>re<br />
arbeits-rechtliche<br />
Frage.<br />
Liebe Personalexperten, Weihnachten steht<br />
vor <strong>de</strong>r Tür und damit die Aufgabe für<br />
die Personalabteilungen, sich mit <strong>de</strong>r<br />
Planung <strong>de</strong>r traditionellen Weihnachtsfeier<br />
zu beschäftigen. Für Sie endlich<br />
einmal eine Tätigkeit, die sich allein mit<br />
<strong>de</strong>n schönen Dingen <strong>de</strong>s Lebens beschäftigt<br />
und bei <strong>de</strong>r man in gemütlichen Vorbesprechungsrun<strong>de</strong>n<br />
schon einmal das<br />
für die Weihnachtsfeier vorgesehene<br />
Gebäck ausprobieren kann.<br />
Ich hatte kürzlich Gelegenheit, in eine<br />
solche Planungsrun<strong>de</strong> eingela<strong>de</strong>n zu<br />
wer<strong>de</strong>n und freute mich schon darauf,<br />
meine I<strong>de</strong>en über die Menüabfolge und<br />
vor allem zur endlich mal richtig guten<br />
Weinauswahl vortragen zu dürfen. Aber<br />
Sie ahnen es: Erst am Schluss erteilte<br />
man mir das Wort, weil man angeblich<br />
noch wissen wollte, worauf man bei einer<br />
Weihnachtsfeier „rechtlich so achten<br />
müsse“. Dass ich bei dieser Frage in<br />
eine Run<strong>de</strong> feixen<strong>de</strong>r Kollegen schauen<br />
musste, steigerte meine Enttäuschung<br />
über die Ausgrenzung meines Berufstands<br />
von <strong>de</strong>n schönen Dingen im Leben<br />
ins Unermessliche.<br />
Eigentlich hätte ich die Run<strong>de</strong> unter<br />
Protest verlassen müssen, besann mich<br />
aber auf meine Fachehre und ging zum<br />
Gegenangriff über: „Rechtsfragen zum<br />
Thema Weihnachtsfest“, so begann ich<br />
meinen 30-minütigen Vortrag, gäbe<br />
es nicht nur unendlich viele, son<strong>de</strong>rn<br />
auch so wichtige, dass ich mich schon<br />
wun<strong>de</strong>re, wieso mir diese Frage erst<br />
jetzt gestellt wer<strong>de</strong>. Da müsse in <strong>de</strong>r<br />
12 / 12 personalmagazin<br />
Vergangenheit ja einiges schiefgelaufen<br />
sein. Zum Beispiel habe man ja gera<strong>de</strong><br />
beschlossen, dass Mitarbeiter, die nicht<br />
an <strong>de</strong>r Weihnachtsfeier teilnehmen,<br />
zeitgleich mit sinnlosen Lagerarbeiten<br />
beschäftigt wer<strong>de</strong>n. Wenn das mal kein<br />
AGG-Thema ist. Und was die Tombola<br />
betrifft, so zeigte ich mich darüber entsetzt,<br />
in welcher lohnsteuerlichen Grauzone<br />
man sich bewege.<br />
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Und dann gibt es ja noch Haftungsfragen!<br />
Wenn man schon fest damit<br />
rechne, dass auch dieses Jahr wie<strong>de</strong>r<br />
eine Rauferei zwischen <strong>de</strong>n Abteilungen<br />
Versand und Buchhaltung stattfin<strong>de</strong>n<br />
wer<strong>de</strong>, dann müsse man doch reagieren<br />
und sicherstellen, dass jemand die Veranstaltung<br />
für been<strong>de</strong>t erklärt bevor die<br />
Fäuste fliegen.<br />
Hier unterbrach mich <strong>de</strong>r beim Wort<br />
„Haftungsfragen“ sichtlich erblasste<br />
Personalleiter mit <strong>de</strong>n Worten: „Sie meinen<br />
also, wir sollten es lieber ganz sein<br />
lassen?“ Jetzt hatte ich es in <strong>de</strong>r Hand!<br />
Einen Satz noch und ich sehe schon <strong>de</strong>n<br />
Aushang am Schwarzen Brett vor mir:<br />
„Die Weihnachtsfeier muss aus arbeitsrechtlichen<br />
Grün<strong>de</strong>n lei<strong>de</strong>r ausfallen.“<br />
Gerettet wur<strong>de</strong> die Situation übrigens<br />
vom Auszubil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>r mir reaktionsschnell<br />
die Getränkeliste in die Hand<br />
drückte und mich unter Zustimmung<br />
aller Anwesen<strong>de</strong>n bat, die Auswahl <strong>de</strong>r<br />
richtigen Rotweinsorte vorzunehmen.<br />
Ich wünsche auch Ihnen eine gelungene und<br />
stressfreie Weihnachtsfeier ohne arbeitsrechtliche<br />
Begleiterscheinungen.<br />
Thomas Muschiol<br />
ist Leiter <strong>de</strong>s Ressorts Recht<br />
im Personalmagazin.
76 Persönlich_News<br />
Lesen Sie mehr!<br />
Häufig sind o<strong>de</strong>r waren erfolgreiche<br />
Manager zugleich begeisterte<br />
Leser. Das kommt nicht von<br />
ungefähr. Die Vorteile <strong>de</strong>s Lesens für die<br />
persönliche und berufliche Entwicklung<br />
hat Buchautor John Coleman im Harvard<br />
Business Manager herausgestellt: Lesen<br />
för<strong>de</strong>rt die Intelligenz. Es ist nicht nur<br />
eine <strong>de</strong>r besten Metho<strong>de</strong>n, um rasch neues Wissen aufzunehmen, son<strong>de</strong>rn<br />
auch um die eigene Kreativität zu för<strong>de</strong>rn. Lesen kann die Führungskompetenz<br />
verbessern, da es die verbale Intelligenz steigert. Lesen entspannt und<br />
trägt zum Stressabbau bei. Seine Empfehlungen: Treten Sie einer Lesegruppe<br />
bei, in <strong>de</strong>r Sie sich über Bücher und Themen austauschen. Bringen Sie<br />
Abwechslung in Ihren Lesestoff, in<strong>de</strong>m Sie pro Jahr min<strong>de</strong>stens drei Bücher<br />
aus Themenbereichen lesen, die außerhalb Ihrer Komfortzone liegen. Passen<br />
Sie Ihren Lesestoff an Ihre Arbeit an und suchen Sie Lösungen in entsprechen<strong>de</strong>n<br />
Grundlagenwerken. Lesen Sie aber auch aus Vergnügen und suchen<br />
Sie sich Ihren Lesestoff nicht nur aus Nützlichkeitserwägungen aus.<br />
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Im „Vergütungs-Check“ stellt das Personalmagazin in Zusammenarbeit mit<br />
<strong>de</strong>m Gehaltsexperten Personalmarkt Services die Gehälter zentraler Tätigkeitsfel<strong>de</strong>r<br />
im Personalwesen vor. Das Durchschnittsgehalt eines Syndikus<br />
reicht je nach Unternehmensgröße von 46.624 Euro (Q1) bis 94.246 Euro (Q3).<br />
Überstun<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n im Mittel mit 6.307 Euro vergütet, die Prämien liegen im<br />
Mittel bei 6.760 Euro. Rund 53 Prozent <strong>de</strong>r Personen erhalten Prämien, 33 Prozent<br />
eine betriebliche Altersversorgung und sieben Prozent einen Firmenwagen.<br />
Vergütungs-Check<br />
Firmengröße (in Mitarbeiter) Q1 Median Q3<br />
< 21 48.478 Euro 56.098 Euro 66.900 Euro<br />
21–50 46.624 Euro 58.886 Euro 82.549 Euro<br />
51–100 50.660 Euro 62.870 Euro 83.445 Euro<br />
100–1.000 52.916 Euro 63.137 Euro 75.949 Euro<br />
> 1.000 62.826 Euro 74.042 Euro 94.246 Euro<br />
übersicht<br />
Sept.: Personalentwickler<br />
Okt.: Fachlicher Trainer<br />
Nov.: Persönlichkeitstrainer<br />
Dez.: Syndikus<br />
Jan.: Lohn und Gehalt<br />
Feb.: Personalmarketing<br />
März: Personalleiter<br />
April: Personalreferent<br />
Mai: Personalsachbearbeiter<br />
Juni: Personalberater<br />
Juli: Personaldisponent<br />
Aug.: Branchenvergleich<br />
Q3: oberes Quartil (25 Prozent aller Personen mit dieser Funktion verdienen mehr)<br />
Q1: unteres Quartil (25 Prozent unterschritten diesen Betrag). Verän<strong>de</strong>rungen gegenüber<br />
<strong>de</strong>m Vorjahr (über alle Firmengrößen): plus 5,3 Prozent. Quelle: Personalmarkt, 2012<br />
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Entgelt spezial: Sachbezüge<br />
Tel. 0180 5050-440<br />
www.haufe-online-training.<strong>de</strong><br />
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Tel. 0180 5050-440<br />
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personalmagazin 12 / 12
77<br />
Business Phrases:<br />
„work experience“<br />
Wenn ein neuer Mitarbeiter<br />
Berufserfahrung<br />
mitbringen sollte,<br />
können Sie das in <strong>de</strong>r Stellenanzeige<br />
so formulieren: „Work experience an<br />
advantage“ (Berufserfahrung von Vorteil).<br />
Sollte es etwas spezifischer sein,<br />
bieten sich Formulierungen an wie:<br />
„experience in purchasing/finance“<br />
(Erfahrung in Einkauf/Finanzwesen),<br />
„experience abroad“ (Auslandserfahrung)<br />
o<strong>de</strong>r „experience in a crosscultural<br />
company necessary“ (Erfahrung<br />
in einem interkulturellen Unternehmen<br />
erfor<strong>de</strong>rlich).<br />
An dieser Stelle stellen wir Ihnen hilfreiche<br />
Re<strong>de</strong>wendungen aus <strong>de</strong>m Englischen vor. Diese<br />
sind <strong>de</strong>m <strong>Haufe</strong> Praxisratgeber „Business<br />
English für Personaler“ entnommen.<br />
www.business-english.<strong>de</strong>/personalmodul<br />
Weiterbildung für Personalprofis<br />
Gesundheitsmanager. Im Dezember<br />
startet <strong>de</strong>r Universitäts-Zertifikatslehrgang<br />
„Gesundheitsmanager<br />
(univ.) am Zentrum für Fernstudien<br />
und Universitäre Weiterbildung<br />
(ZFUW). Der siebenmonatige<br />
berufsbegleiten<strong>de</strong> Lehrgang richtet<br />
sich an Personen mit Universitätso<strong>de</strong>r<br />
Fachhochschulabschluss und<br />
mehrjähriger Berufserfahrung im<br />
Personal- o<strong>de</strong>r Gesundheitsbereich.<br />
Die Teilnehmer lernen, wie<br />
sie die Gesundheitsför<strong>de</strong>rung im<br />
Betrieb koordinieren und mit nachhaltigem<br />
ökonomischen Nutzen<br />
implementieren.<br />
<br />
www.zfuw.uni-kl.<strong>de</strong><br />
Personalmaster. Der Master in<br />
Personalmanagement <strong>de</strong>r „Greater<br />
Munich Area Hochschulen“<br />
HR Augs burg, HS Landshut und<br />
HS München richtet sich unter<br />
an<strong>de</strong>rem an Mitarbeiter in Personalabteilungen,<br />
die dort eine Leitungsfunktion<br />
anstreben. Er kann<br />
auf fünf Semester verteilt wer<strong>de</strong>n,<br />
sodass ein berufsbegleiten<strong>de</strong>s Studium<br />
möglich ist. Der Studiengang ist<br />
modular aufgebaut und beinhaltet<br />
sach- und personenorientierte Themen<br />
von Arbeitsrecht bis Personalführung,<br />
von Change Management<br />
bis internationale Projektarbeit.<br />
www.personalmanagement-master.<strong>de</strong><br />
HR-Netzwerke<br />
BPM Regionalgruppe Ba<strong>de</strong>n-Württemberg<br />
Ansprechpartner: Detlef Georg<br />
E-Mail: ba<strong>de</strong>n-wuerttemberg@bpm.<strong>de</strong><br />
Seit <strong>de</strong>m 19. Januar 2010 besteht die Regionalgruppe Ba<strong>de</strong>n-Württemberg<br />
<strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>sverbands <strong>de</strong>r Personalmanager (BPM), die inzwischen über<br />
400 Mitglie<strong>de</strong>r zählt. Viermal im Jahr treffen diese sich in wechseln<strong>de</strong>n<br />
Städten innerhalb <strong>de</strong>r Region, um sich über verschie<strong>de</strong>ne Themen aus<br />
<strong>de</strong>m HR-Bereich auszutauschen. Die Treffen starten normalerweise mit<br />
einem Impulsvortrag zu einem aktuellen Thema und mün<strong>de</strong>n dann in<br />
eine Diskussion unter <strong>de</strong>n Teilnehmern. Ziel <strong>de</strong>s HR-Netzwerks ist <strong>de</strong>r<br />
Austausch vor Ort über Unternehmens- und Branchengrenzen hinweg.<br />
Teilnehmen können Personaler, die in einem Unternehmen o<strong>de</strong>r einer<br />
Organisation tätig sind und die über eine Mitgliedschaft im BPM verfügen.<br />
Die Kosten <strong>de</strong>r BPM-Mitgliedschaft betragen 130 Euro pro Kalen<strong>de</strong>rjahr.<br />
Welche weiteren Regionalgruppen <strong>de</strong>s BPM es gibt, können Sie unter<br />
www.bpm.<strong>de</strong> einsehen.<br />
Unterhalten auch Sie einen nicht kommerziellen Personaler-Treff und sind offen für<br />
neue Mitglie<strong>de</strong>r? Dann schreiben Sie unter <strong>de</strong>m Stichwort „HR-Netze“ eine<br />
Nachricht an: redaktion@personalmagazin.<strong>de</strong>.<br />
Auch Ulm kann ein Treffpunkt <strong>de</strong>r BPM-Regionalgruppe sein.<br />
12 / 12 personalmagazin<br />
Bei Fragen wen<strong>de</strong>n Sie sich bitte an daniela.furkel@personalmagazin.<strong>de</strong>
78 Persönlich_Karrierewege<br />
Generalist o<strong>de</strong>r Spezialist?<br />
Praxis. Wer<strong>de</strong> ich erfolgreich sein als HR-Generalist o<strong>de</strong>r soll ich mich spezialisieren?<br />
Wer sich diese Frage stellt, sollte sich von seinen Stärken und Präferenzen leiten lassen.<br />
Von Doris Walger<br />
Noch vor einigen Jahren bestand<br />
das Karriereziel im Personalbereich<br />
meist darin, eine<br />
Generalistenrolle zu übernehmen.<br />
Denn diese wur<strong>de</strong> gleichgesetzt<br />
mit Führungsverantwortung. Wer seine<br />
Tätigkeit als Spezialist startete, hatte<br />
meist das Ziel, sich mittelfristig „breiter“<br />
aufzustellen, um künftig eine Führungsrolle<br />
übernehmen zu können. Doch diese<br />
Laufbahnplanung hat sich geän<strong>de</strong>rt.<br />
Neue Anfor<strong>de</strong>rungen, neue Rollen<br />
Der Grund liegt in <strong>de</strong>n erheblichen<br />
Verän<strong>de</strong>rungen, welche die Personalbereiche<br />
in <strong>de</strong>n mittelständischen und<br />
großen Unternehmen durchlaufen haben.<br />
Wachsen<strong>de</strong> und internationalere<br />
Anfor<strong>de</strong>rungen haben bewirkt, dass<br />
die Unternehmen die Rollen ihrer HR-<br />
Mit arbeiter neu <strong>de</strong>finiert haben. Wo<br />
früher das klassische Personalleiter-/Referentenmo<strong>de</strong>ll<br />
vorherrschte, fin<strong>de</strong>n sich<br />
heute HR-Business-Partner und Service-<br />
Center-Mo<strong>de</strong>lle. Unterstützt wer<strong>de</strong>n die<br />
Generalistenrollen <strong>de</strong>r HR-Business-Partner<br />
durch Spezialistenrollen wie Recruiting<br />
& Personalmarketing, Performance<br />
& Potenzialmanagement, Compensation<br />
& Benefits, Executive Development,<br />
Payroll. Die HR-Spezialisten sind zum<br />
Beispiel als Fach- und Führungskräfte<br />
in Centers of Excellence o<strong>de</strong>r in Shared-<br />
Service-Centern für <strong>de</strong>finierte Aufgaben<br />
und Prozesse verantwortlich.<br />
Durch die organisatorischen Verän<strong>de</strong>rungen<br />
entstan<strong>de</strong>n neue Rollen und Anfor<strong>de</strong>rungen<br />
im Personalmanagement,<br />
die von <strong>de</strong>n Unternehmen mit bestehen<strong>de</strong>n<br />
o<strong>de</strong>r neuen Mitarbeitern umgesetzt<br />
wer<strong>de</strong>n. Somit haben sich auch die Karrieremöglichkeiten<br />
für HR-Professionals<br />
<strong>de</strong>utlich erweitert.<br />
In einigen bekannten Spezialistenfunktionen<br />
wie Lohn- und Gehaltsabrechnung,<br />
Compensation & Benefits,<br />
HR-IT fehlen bereits heute die Fachleute<br />
am Arbeitsmarkt. Für neue Rollen in<br />
<strong>de</strong>n Bereichen Social Media, Employer<br />
Branding und Talentmanagement gibt<br />
es noch zu wenig erfahrene Spezialisten.<br />
Gleichzeitig sind die wirtschaftlichen<br />
Entwicklungen am Arbeitsmarkt ein Indikator<br />
für die Beschäftigungsfähigkeit<br />
<strong>de</strong>r Personalexperten.<br />
Wo Generalisten gefragt sind<br />
HR-Generalisten verfügen über fundiertes<br />
Wissen, das sie in die Lage bringt,<br />
gleichzeitig mehrere Anfor<strong>de</strong>rungen<br />
und Anfragen, oft ungeplant, erfüllen<br />
zu können. Beson<strong>de</strong>rs in kleineren und<br />
mittelständischen Firmen wer<strong>de</strong>n Generalisten<br />
benötigt, da sie die zahlreichen<br />
verschie<strong>de</strong>nen Skills mitbringen, die<br />
diese Unternehmen benötigen. In Abbauund<br />
Restrukturierungsphasen sind die<br />
Beschäftigungschancen für Generalisten<br />
höher. Unternehmen erwarten, dass diese<br />
dann auch Aufgabenbereiche von Spezialisten<br />
übernehmen.<br />
Die Karrierechancen für Generalisten<br />
sind grundsätzlich größer, da <strong>de</strong>r Markt<br />
mehr Angebote bereithält. Gleichzeitig<br />
besteht aber auch mehr Wettbewerb<br />
durch an<strong>de</strong>re Generalisten. Innerhalb<br />
dieses Wettbewerbs kann sich ein Generalist<br />
durch Branchenwissen o<strong>de</strong>r Busi-<br />
Ein Karriereweg im Personalwesen<br />
muss nicht völlig geradlinig sein.<br />
Viele Firmen bieten <strong>de</strong>n Wechsel<br />
zwischen verschie<strong>de</strong>nen Rollen.<br />
personalmagazin 12 / 12
79<br />
© Friedberg / Fotolia.com<br />
ness-Know-how hervorheben, durch<br />
internationale Erfahrung, Fremdsprachen<br />
o<strong>de</strong>r durch Projektmanagementund<br />
Metho<strong>de</strong>n-Skills.<br />
Einsatzgebiete für Spezialisten<br />
HR-Spezialisten sind Experten in ihrem<br />
Fachgebiet. Sie müssen ihr Wissen stets<br />
auf <strong>de</strong>m neuesten Stand halten und können<br />
sich sogar einen Vorreiterstatus in<br />
ihrem Spezialthema erarbeiten. Innerhalb<br />
<strong>de</strong>s Personalbereichs arbeiten sie<br />
in einem eng abgegrenzten Fachbereich.<br />
Deshalb ist es für sie beson<strong>de</strong>rs wichtig,<br />
sich im Unternehmen und auch außerhalb<br />
zu vernetzen.<br />
Die Beschäftigungsmöglichkeit hängt<br />
stärker von <strong>de</strong>r wirtschaftlichen Entwicklung<br />
ab als dies bei <strong>de</strong>n Generalisten<br />
<strong>de</strong>r Fall ist. Ist die Wirtschaftslage positiv,<br />
wer<strong>de</strong>n Spezialisten im Recruiting<br />
stark nachgefragt. Aber was passiert,<br />
wenn es zum Abschwung kommt? Deshalb<br />
sollten Spezialisten ihre Karrieremöglichkeiten<br />
nicht dadurch limitieren,<br />
in<strong>de</strong>m sie sich ausschließlich auf ihre<br />
Expertenfunktion konzentrieren. Business-Know-how<br />
und fachübergreifen<strong>de</strong><br />
Erfahrungen sind auch für Experten<br />
wichtig. Doch die weiteren Aussichten<br />
für Spezialisten sind sehr gut, dank <strong>de</strong>r<br />
zunehmen<strong>de</strong>n Globalisierung von Unternehmen<br />
und <strong>de</strong>r damit verbun<strong>de</strong>nen<br />
Zunahme an Anfor<strong>de</strong>rungen und Aufgaben.<br />
Künftig wer<strong>de</strong>n mehr Spezialisten<br />
benötigt, die oftmals global in virtuellen<br />
Teams zusammenarbeiten.<br />
Steigen<strong>de</strong> Anfor<strong>de</strong>rungen<br />
Die Rolle <strong>de</strong>s HR-Business-Partners ist<br />
ein gutes Beispiel für die gestiegenen<br />
Anfor<strong>de</strong>rungen an Personalexperten. Die<br />
Unternehmen erwarten vom HR-Business-Partner<br />
eine gewisse Rollenflexibilität.<br />
Für einen nächsten Karriereschritt<br />
sollte durchaus auch eine Spezialistenrolle<br />
o<strong>de</strong>r eine Aufgabe mit Projektverantwortung<br />
übernommen wer<strong>de</strong>n, gerne<br />
auch eine Rolle im operativen Geschäft.<br />
Wie stark sich die Anfor<strong>de</strong>rungen an<br />
Personalexperten verän<strong>de</strong>rt haben, zeigt<br />
Egal für welche Richtung<br />
Sie sich entschei<strong>de</strong>n:<br />
Achten Sie stets<br />
darauf, sich interdisziplinäre<br />
Kenntnisse anzueignen<br />
– und über <strong>de</strong>n<br />
Tellerrand zu blicken!<br />
auch eine Umfrage <strong>de</strong>r HRblue AG unter<br />
jungen HR-Professionals mit zwei bis<br />
sechs Jahren Berufserfahrung, die vor<br />
Kurzem auf einer Veranstaltung <strong>de</strong>r Initiative<br />
„Next HR Lea<strong>de</strong>rs“ durchgeführt<br />
wur<strong>de</strong>. Befragt zu ihrer bisherigen Entwicklung,<br />
gab ein Großteil <strong>de</strong>r Teilnehmer<br />
an (71 Prozent), als HR-Generalisten<br />
tätig zu sein. 27 Prozent sagten, sie arbeiteten<br />
in einer Spezialistenrolle. Fast zwei<br />
Drittel <strong>de</strong>r Befragten (64 Prozent) hatten<br />
bereits Führungsverantwortung.<br />
Drei entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Fragen<br />
Die Entscheidung, ob sich jemand eher<br />
als Spezialist o<strong>de</strong>r Generalist entwickeln<br />
sollte, hängt in erster Linie von <strong>de</strong>n persönlichen<br />
Stärken und Präferenzen ab.<br />
Drei Fragen können Hilfestellung geben.<br />
Erstens: Möchte ich viel Abwechslung<br />
im Job? Kann ich mit spontanen,<br />
neuen Aufgabenstellungen gut umgehen?<br />
Wenn Sie diese Fragen mit „Ja“<br />
beantworten, empfiehlt sich eine Generalistenrolle.<br />
In dieser Rolle müssen Sie<br />
Fragen und Problemstellungen aus allen<br />
HR-Bereichen beantworten können. Und<br />
Sie sollten Flexibilität mitbringen. In <strong>de</strong>r<br />
Praxis kann es durchaus vorkommen,<br />
dass Sie eigentlich für <strong>de</strong>n Tag gepl ant<br />
hatten, die neue Employer-Branding-<br />
Strategie vorzubereiten und dann aber<br />
plötzlich einen Teamkonflikt in Ihrem<br />
Betreuungsbereich lösen müssen.<br />
Zweitens: Bin ich <strong>de</strong>tailorientiert? Dann<br />
bietet sich für Sie eine Spezialistenrolle<br />
an. Die meisten Expertenpositionen verfügen<br />
über eine hohe Detailorientie rung.<br />
So kennen Benefits-Experten genau ihre<br />
Benefits-Planung o<strong>de</strong>r Recruiter die zu<br />
besetzen<strong>de</strong>n Positionen, <strong>de</strong>ren Anfor<strong>de</strong>rungsprofile<br />
und mit welchen Strate-<br />
gien sie die offenen Positionen besetzen<br />
können. Management und HR-Kollegen<br />
verlassen sich auf das Expertenwissen –<br />
sowohl intern als auch extern.<br />
Drittens: Was sind meine langfristigen<br />
Karriereziele? Möchten Sie eher in kleinen,<br />
mittelständischen Unternehmen<br />
tätig sein, dann ist die HR-Generalisten-<br />
Erfahrung die passen<strong>de</strong>re. Streben Sie<br />
Führungsverantwortung an, dann können<br />
bei<strong>de</strong> Rollen inzwischen dahin führen.<br />
Auch Spezialisten können sich in<br />
Führungsrollen entwickeln, etwa als Leiter<br />
eines Fachgebiets wie „Head of HR<br />
Development“ o<strong>de</strong>r „Head of Recruiting“.<br />
Diese Positionen fin<strong>de</strong>n sich allerdings<br />
vornehmlich in Großunternehmen mit<br />
starker Aufgabenteilung innerhalb <strong>de</strong>s<br />
Personalbereichs.<br />
Die Mischung macht‘s<br />
Egal welchen Weg Sie einschlagen –<br />
be<strong>de</strong>nken Sie: Die Mischung macht‘s!<br />
Wichtig ist, dass Sie sich interdisziplinäre<br />
Kenntnisse aneignen und sich dazu<br />
befähigen, über <strong>de</strong>n Tellerrand hinauszuschauen.<br />
Außer<strong>de</strong>m muss Ihre Entscheidung<br />
für eine Generalisten- o<strong>de</strong>r<br />
eine Spezialistenrolle keinen Weg in eine<br />
Einbahnstraße be<strong>de</strong>uten. Denn auch<br />
im weiteren Verlauf Ihrer Karriere können<br />
Sie in unterschiedliche Richtungen<br />
abbiegen. Denn Unternehmen benötigen<br />
immer häufiger Personalexperten,<br />
die die Vorzüge von Generalisten und<br />
Spezialisten in sich vereinen. Und die<br />
Durchlässigkeit zwischen Generalistenund<br />
Spezialistenrollen nimmt in vielen<br />
Unternehmen zu. Deshalb sollten Sie<br />
stets auch darauf achten, fachübergreifen<strong>de</strong>s<br />
Wissen wie Business-Know-how,<br />
Branchenwissen, strategische Unternehmensentwicklung,<br />
interkulturelle Erfahrung<br />
und überzeugen<strong>de</strong> Soft Skills zu<br />
erwerben, um Ihre weitere Entwicklung<br />
in alle Richtungen zu ermöglichen. <br />
Doris Walger leitet <strong>de</strong>n Bereich<br />
Recruitment Services bei <strong>de</strong>r HRblue AG<br />
in Baldham bei München.<br />
12 / 12 personalmagazin Bei Fragen wen<strong>de</strong>n Sie sich bitte an daniela.furkel@personalmagazin.<strong>de</strong>
80<br />
Persönlich_Buchtipps<br />
Forsche Deutsche und unsichere Schweizer<br />
Kultur. Was ist nicht schon alles<br />
über Kulturunterschie<strong>de</strong> im Job<br />
geschrieben wor<strong>de</strong>n? Von Fachbüchern<br />
zu <strong>de</strong>n kulturellen Differenzen<br />
zwischen China und<br />
Deutschland o<strong>de</strong>r innerhalb <strong>de</strong>r Europäischen<br />
Union bis zu Ratgebern<br />
für internationale Business-Etikette.<br />
Ein Buch, das sich speziell mit<br />
<strong>de</strong>n Verschie<strong>de</strong>nartigkeiten von<br />
Deutschen und Schweizern – zwei<br />
benachbarten Nationen, die (fast)<br />
die gleiche Sprache sprechen –<br />
auseinan<strong>de</strong>rsetzt, ist uns bislang noch nicht untergekommen.<br />
Im Buch <strong>de</strong>s Schweizer Persönlichkeitstrainers Thomas Kölliker<br />
geht es in erster Linie um Unterschie<strong>de</strong> in <strong>de</strong>r Sozialisation<br />
in Familie, Schule und Militär. So orientieren sich Deutsche<br />
eher an einem direkten, Schweizer an einem partizipativen<br />
Führungsstil. Deutsche wollen bei einer Problem lösung schnell<br />
Klarheit, Schweizer suchen erst eine gemeinsame Diskussionsgrundlage.<br />
Zu<strong>de</strong>m ist es Deutschen oft gar nicht bewusst, dass<br />
Schweizer das Hoch<strong>de</strong>utsche meist erst in <strong>de</strong>r Schule lernen –<br />
und es eine Fremdsprache für sie bleibt. Auch die Tatsache, dass<br />
sich schweizerische Teams o<strong>de</strong>r Abteilungen üblicherweise<br />
auch privat auf einen „Apéro“ treffen, ist für die <strong>de</strong>utschen Kollegen<br />
zunächst gewöhnungsbedürftig. Umgekehrt müssen sich<br />
Schweizer zunehmend daran gewöhnen, dass <strong>de</strong>utsche Kollegen<br />
in ihren Unternehmen arbeiten. Wer also selbst Mitglied<br />
eines <strong>de</strong>utsch-schweizerischen Teams ist, erhält hier Tipps und<br />
Hilfsmittel, um die tägliche Zusammenarbeit zu optimieren.<br />
Bewertung: Thomas Kölliker beschreibt und begrün<strong>de</strong>t nicht<br />
nur die Unterschie<strong>de</strong> zwischen <strong>de</strong>n Nationen, son<strong>de</strong>rn belegt<br />
auch anhand <strong>de</strong>r Psychologie, wo die Herausfor<strong>de</strong>rungen im<br />
kommunikativen Umfeld liegen. Und er zeigt, wie die Vertreter<br />
bei<strong>de</strong>r Nationen besser aufeinan<strong>de</strong>r eingehen können. Kurzweilig<br />
zu lesen, trotz<strong>de</strong>m fehlt <strong>de</strong>r Tiefgang nicht. (dfu)<br />
Thomas Kölliker: Was Deutsche nicht hören wollen und Schweizer nicht zu sagen<br />
wagen. 192 Seiten, Orell Füssli Verlag, Zürich. 21,95 Euro.<br />
Humoristischer Rundumschlag<br />
aus <strong>de</strong>r Jurispru<strong>de</strong>nz<br />
Arbeitsrecht. Was meinen Sie vorzufin<strong>de</strong>n,<br />
wenn Sie die neueste Publikation<br />
<strong>de</strong>s Arbeitsrechtlers Jobst Hubertus<br />
Bauer zur Hand nehmen? Einen Leitfa<strong>de</strong>n<br />
zum AGG o<strong>de</strong>r etwas zum Jugendarbeitsschutzgesetz?<br />
Letzteres wäre<br />
ein Treffer, <strong>de</strong>nn in <strong>de</strong>r Tat beschäftigt<br />
sich Bauer, wenn auch kurz, mit<br />
dieser Materie. Allerdings lautet die<br />
Überschrift hierzu „Auf Schalke“. Das<br />
allein <strong>de</strong>utet schon darauf hin, dass<br />
Bauers Buch etwas an<strong>de</strong>res ist, als man sich unter einem Fachbuch<br />
gemeinhin vorstellt. So erfährt man im Schalke-Kapitel,<br />
wie <strong>de</strong>r 17-jährige Julian Draxler beim Stand von 2:2 noch ein<br />
Siegtor schoss, obwohl er nach § 14 <strong>de</strong>s JArbSchG doch eigentlich<br />
einem Arbeitsverbot unterlegen wäre.<br />
Bewertung: Ein humoristischer und nach<strong>de</strong>nklicher Rundumschlag<br />
aus <strong>de</strong>r Welt <strong>de</strong>r Jurispru<strong>de</strong>nz, <strong>de</strong>r mit Kapiteln wie<br />
„Über richterliche Narren und ihre Elaborate“ o<strong>de</strong>r „Highlights<br />
arbeitsrechtlicher Rechtsprechung“ zeigt, dass es auch in <strong>de</strong>r<br />
trockenen Juristerei durchaus „menschelt“. (tm)<br />
Jobst Hubertus Bauer: Recht kurios: Amüsantes und Trauriges, 292 Seiten, C.H. Beck,<br />
München, 2012. 29,80 Euro.<br />
Führungskräfte sollten keine<br />
Therapeuten sein<br />
Management. „Führungskräfte wer<strong>de</strong>n<br />
immer mehr dazu gedrängt, für ihre<br />
Mitarbeiter die Psychologenrolle zu<br />
übernehmen“, schreibt Regina Mahlmann.<br />
In ihrem Buch plädiert sie dafür,<br />
das psychologische Pflichtenheft von<br />
Führungskräften auszudünnen und<br />
Unternehmen aus <strong>de</strong>r Zuständigkeit<br />
für das leibliche, seelische und soziale<br />
Wohl <strong>de</strong>r Mitarbeiter zu entlassen. Ihre<br />
provokante These lautet: Nicht <strong>de</strong>r<br />
Anspruch an die Mitarbeiter in Unternehmen ist totalitär, son<strong>de</strong>rn<br />
<strong>de</strong>r Anspruch <strong>de</strong>r Mitarbeiter an Führungskräfte und<br />
Unternehmen, etwa das Verlangen nach familienfreundlichen<br />
Leistungen und ganzheitlich umsorgen<strong>de</strong>n Vorgesetzten. Ein<br />
Kapitel hat sie <strong>de</strong>m „Ausweg aus <strong>de</strong>r Psychofalle“ gewidmet –<br />
mit Tipps für Führung und Kommunikation.<br />
Bewertung: Die Autorin spricht eine Entwicklung an, die bislang<br />
kaum thematisiert wur<strong>de</strong>. Allerdings sind ihre Ausführungen<br />
stark provokant formuliert. Etwas mehr Praxis hätte<br />
<strong>de</strong>m Buch gutgetan. (dfu)<br />
Ernst Pöppel, Beatrice Wagner: Von Natur aus kreativ. 256 Seiten, Carl Hanser Verlag,<br />
München, 2012. 18,90 Euro.<br />
personalmagazin 12 / 12
81<br />
Die Rolle <strong>de</strong>r Frauen über<strong>de</strong>nken<br />
Management. Schluss mit <strong>de</strong>r maskulinen<br />
<strong>de</strong>utschen Unternehmenskultur! So könnte<br />
die Aussage <strong>de</strong>s Buchs von Gisela Erler zusammengefasst<br />
wer<strong>de</strong>n. Die Politikerin und<br />
Grün<strong>de</strong>rin <strong>de</strong>s Unternehmens PME Familienservice<br />
zieht Bilanz über das Miteinan<strong>de</strong>r<br />
im Betrieb. Dabei stellt sie bisherige Lehren<br />
<strong>de</strong>r Gen<strong>de</strong>rforschung infrage und sagt: Es<br />
geht nicht darum, Männer und Frauen anzugleichen,<br />
son<strong>de</strong>rn vielmehr darum, ihre<br />
unterschiedlichen Stärken zu nutzen. Ein<br />
Kapitel hat sie <strong>de</strong>m Personalwesen gewidmet, <strong>de</strong>m sie die Einführung<br />
einer kooperativen Unternehmenskultur nahelegt. Ein Weg,<br />
um dorthin zu kommen, sei die anonymisierte Bewerbung.<br />
Bewertung: Die Ausführungen sind plausibel hergeleitet und bringen<br />
neue Aspekte für <strong>de</strong>n Gen<strong>de</strong>r- und Diversity-Ansatz. An einigen Stellen<br />
kommt die Praxis etwas zu kurz. (dfu)<br />
Gisela A. Erler: Schluss mit <strong>de</strong>r Umerziehung! 383 Seiten, Wilhelm Heyne Verlag, München,<br />
2012. 17,99 Euro.<br />
Faulenzer gezielt ausbremsen<br />
Teamarbeit. Mehr und mehr Menschen arbeiten<br />
in Teams miteinan<strong>de</strong>r. Doch bei dieser<br />
Form <strong>de</strong>r Zusammenarbeit sind Leistung<br />
und Einsatzbereitschaft meist ungleich<br />
verteilt. Deshalb stellen die Buchautoren<br />
zunächst empirisch auffällige Faulenzertypen<br />
vom notorischen Zuspätkommer über<br />
<strong>de</strong>n operativen Hektiker bis zum phlegmatischen<br />
Bremser und jovialen Müßiggänger<br />
vor und beschreiben, was man gegen sie<br />
unter nehmen kann. In <strong>de</strong>n folgen<strong>de</strong>n Ausführungen<br />
benennen sie die Grenzen falscher<br />
Teamorganisation und ungeschickter Teamführung und erklären,<br />
welche Stellschrauben wie gedreht wer<strong>de</strong>n müssen, um das Team<br />
wie<strong>de</strong>r zum Erfolg zu führen. Ein weiteres Kapitel widmen die Autoren<br />
wichtigen Freiräumen in <strong>de</strong>r Teamorganisation: Warum ein<br />
bisschen Müßiggang nicht scha<strong>de</strong>t.<br />
Bewertung: Es gibt viele Bücher über die Organisation von Teamarbeit.<br />
Dieses Buch, das bei <strong>de</strong>n Individuen ansetzt und dann auf<br />
die organisatorischen Rahmenbedingungen eingeht, ist sicherlich<br />
nicht das schlechteste. Es ist fundiert geschrieben und amüsant zu<br />
lesen. (dfu)<br />
Dietrich von <strong>de</strong>r Oelsnitz, Michael W. Busch: Toll, ein an<strong>de</strong>rer macht’s! Die Wahrheit über<br />
Teamarbeit. 222 Seiten, Orell Füssli Verlag, Zürich, 2012. 21,95 Euro.<br />
Impressum<br />
Verlag<br />
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Kommanditgesellschaft, Sitz Freiburg<br />
Registergericht Freiburg, HRA 4408<br />
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Ganz persönlich<br />
Was machen Sie gera<strong>de</strong>?<br />
Ich beschäftige mich mit <strong>de</strong>r Verknüpfung <strong>de</strong>r Business-<br />
Strategie mit <strong>de</strong>r HR-Strategie 2013.<br />
Was sind Ihre aktuellen Herausfor<strong>de</strong>rungen in HR?<br />
Qualität in Recruiting und nochmals Qualität in Recruiting.<br />
Welches Projekt wür<strong>de</strong>n Sie gern umsetzen, wenn Ihnen<br />
ein verdoppeltes HR-Budget zur Verfügung stün<strong>de</strong>?<br />
Ich <strong>de</strong>nke lieber darüber nach, das vorhan<strong>de</strong>ne Budget bestmöglich<br />
und effizient einzusetzen.<br />
Eine wichtige Tugend für einen Personalmanager ist …?<br />
Immer daran zu <strong>de</strong>nken, dass man Akzeptanz bei <strong>de</strong>n Kollegen<br />
nur dann fin<strong>de</strong>n kann, wenn man das Business kennt.<br />
Welche berufliche Entscheidung war bisher die schwierigste<br />
für Sie?<br />
Von Operations zu HR zu wechseln.<br />
Was war Ihr bislang schönstes Projekt?<br />
Integration von Menschen mit Behin<strong>de</strong>rung bei McDonald’s<br />
Deutschland.<br />
Wie halten Sie es mit <strong>de</strong>r Work-Life-Balance?<br />
Ich <strong>de</strong>nke gar nicht an <strong>de</strong>n Begriff, dann klappt’s schon.<br />
Zum Schluss läuft’s auf eine Life-Balance hinaus.<br />
Wann haben Sie im Job zum letzten Mal geschwänzt?<br />
Ich weiß es echt nicht, generell versuche ich ermü<strong>de</strong>n<strong>de</strong><br />
Meetings zu mei<strong>de</strong>n.<br />
Wie kam es, dass Sie sich für eine HR-Laufbahn entschie<strong>de</strong>n<br />
haben?<br />
Ich bin gefragt wor<strong>de</strong>n und habe am Anfang die Komplexität<br />
unterschätzt.<br />
Wolfgang Goebel ist seit Mai 2007 als Vorstand Personal<br />
von McDonald’s Deutschland verantwortlich für über 64.000<br />
Mitarbeiter. Angefangen hat er vor 27 Jahren als Trainee in Köln.<br />
Nach nur einem Jahr wur<strong>de</strong> er zum Restaurantmanager beför<strong>de</strong>rt,<br />
schnell folgten weitere verantwortliche Positionen. Mit<br />
<strong>de</strong>r Ernennung zum Vorstand Operations kam 2006 <strong>de</strong>r Umzug<br />
nach München. In seiner heutigen Funktion kümmert er sich vor<br />
allem um die Verbesserung <strong>de</strong>r Arbeitsbedingungen sowie <strong>de</strong>r<br />
Entwicklungs- und Fortbildungsmöglichkeiten <strong>de</strong>r Mitarbeiter.<br />
Wie haben Sie sich zuletzt weitergebil<strong>de</strong>t?<br />
Je<strong>de</strong>s Mal, wenn ich mich mit meinen Mitarbeiterinnen und<br />
Mitarbeitern über Fachthemen unterhalte.<br />
Wer inspiriert Sie?<br />
Die Generation Y und <strong>de</strong>ren Vertreter, mit <strong>de</strong>nen ich zusammenarbeite.<br />
Wofür hätten Sie gern mehr Zeit?<br />
„Dafür habe ich keine Zeit“ lasse ich für mich nicht gelten.<br />
Je<strong>de</strong>r entschei<strong>de</strong>t selbst, welche Prioritäten er setzt.<br />
Vorschau Ausgabe 01/13<br />
Titel Die wichtigsten HR-Trends 2013<br />
Management<br />
Welche Führungskompetenzen wirklich zählen<br />
Organisation Was Wissensarbeiter für ein Umfeld brauchen<br />
Recht<br />
Persönlich<br />
Betriebsübergang nach Kooperation<br />
Personalleiter als Prokuristen<br />
Das nächste Personalmagazin erscheint am 27. Dezember.<br />
Bei Fragen wen<strong>de</strong>n Sie sich bitte an redaktion@personalmagazin.<strong>de</strong> personalmagazin 12 / 12
82 Persönlich_fragebogen<br />
© McDonald’s Deutschland<br />
Ganz persönlich<br />
Was machen Sie gera<strong>de</strong>?<br />
Ich beschäftige mich mit <strong>de</strong>r Verknüpfung <strong>de</strong>r Business-<br />
Strategie mit <strong>de</strong>r HR-Strategie 2013.<br />
Was sind Ihre aktuellen Herausfor<strong>de</strong>rungen in HR?<br />
Qualität in Recruiting und nochmals Qualität in Recruiting.<br />
Welches Projekt wür<strong>de</strong>n Sie gern umsetzen, wenn Ihnen<br />
ein verdoppeltes HR-Budget zur Verfügung stün<strong>de</strong>?<br />
Ich <strong>de</strong>nke lieber darüber nach, das vorhan<strong>de</strong>ne Budget bestmöglich<br />
und effizient einzusetzen.<br />
Eine wichtige Tugend für einen Personalmanager ist …?<br />
Immer daran zu <strong>de</strong>nken, dass man Akzeptanz bei <strong>de</strong>n Kollegen<br />
nur dann fin<strong>de</strong>n kann, wenn man das Business kennt.<br />
Welche berufliche Entscheidung war bisher die schwierigste<br />
für Sie?<br />
Von Operations zu HR zu wechseln.<br />
Was war Ihr bislang schönstes Projekt?<br />
Integration von Menschen mit Behin<strong>de</strong>rung bei McDonald’s<br />
Deutschland.<br />
Wie halten Sie es mit <strong>de</strong>r Work-Life-Balance?<br />
Ich <strong>de</strong>nke gar nicht an <strong>de</strong>n Begriff, dann klappt’s schon.<br />
Zum Schluss läuft’s auf eine Life-Balance hinaus.<br />
Wann haben Sie im Job zum letzten Mal geschwänzt?<br />
Ich weiß es echt nicht, generell versuche ich ermü<strong>de</strong>n<strong>de</strong><br />
Meetings zu mei<strong>de</strong>n.<br />
Wie kam es, dass Sie sich für eine HR-Laufbahn entschie<strong>de</strong>n<br />
haben?<br />
Ich bin gefragt wor<strong>de</strong>n und habe am Anfang die Komplexität<br />
unterschätzt.<br />
Wolfgang Goebel ist seit Mai 2007 als Vorstand Personal<br />
von McDonald’s Deutschland verantwortlich für über 64.000<br />
Mitarbeiter. Angefangen hat er vor 27 Jahren als Trainee in Köln.<br />
Nach nur einem Jahr wur<strong>de</strong> er zum Restaurantmanager beför<strong>de</strong>rt,<br />
schnell folgten weitere verantwortliche Positionen. Mit<br />
<strong>de</strong>r Ernennung zum Vorstand Operations kam 2006 <strong>de</strong>r Umzug<br />
nach München. In seiner heutigen Funktion kümmert er sich vor<br />
allem um die Verbesserung <strong>de</strong>r Arbeitsbedingungen sowie <strong>de</strong>r<br />
Entwicklungs- und Fortbildungsmöglichkeiten <strong>de</strong>r Mitarbeiter.<br />
Wie haben Sie sich zuletzt weitergebil<strong>de</strong>t?<br />
Je<strong>de</strong>s Mal, wenn ich mich mit meinen Mitarbeiterinnen und<br />
Mitarbeitern über Fachthemen unterhalte.<br />
Wer inspiriert Sie?<br />
Die Generation Y und <strong>de</strong>ren Vertreter, mit <strong>de</strong>nen ich zusammenarbeite.<br />
Wofür hätten Sie gern mehr Zeit?<br />
„Dafür habe ich keine Zeit“ lasse ich für mich nicht gelten.<br />
Je<strong>de</strong>r entschei<strong>de</strong>t selbst, welche Prioritäten er setzt.<br />
Vorschau Ausgabe 01/13<br />
Titel Die wichtigsten HR-Trends 2013<br />
Management<br />
Welche Führungskompetenzen wirklich zählen<br />
Organisation Was Wissensarbeiter für ein Umfeld brauchen<br />
Recht<br />
Persönlich<br />
Betriebsübergang nach Kooperation<br />
Personalleiter als Prokuristen<br />
Das nächste Personalmagazin erscheint am 27. Dezember.<br />
Bei Fragen wen<strong>de</strong>n Sie sich bitte an redaktion@personalmagazin.<strong>de</strong> personalmagazin 12 / 12