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Rundbrief - Arbeitskreis für Wirtschafts- und Sozialgeschichte ...

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nen Schutz genommen habe: so erhält diese<br />

stille Dorfsfeyer mit den sie begleitenden<br />

Nebenumständen in den Augen des Menschenfre<strong>und</strong>es<br />

einen viel höheren Werth<br />

als die glänzendsten Volksfeste zu erhalten<br />

vermögen. Die Einwohner der Dorfschaft<br />

zu Grosflottbeck haben nämlich, nachdem<br />

sie erst vor wenigen Jahren ein ganz neues<br />

Schulhaus erbauet, sich durch die eindringenden<br />

Vorstellungen des seinem würdigen<br />

Vater in Nienstädten adjungirten Predigers,<br />

Herrn Moritz Georg Witt, zu dem freywilligen<br />

Entschluß bewegen lassen, dem Besten<br />

ihrer Kinder ein neues nicht unbedeutendes<br />

Opfer dadurch zu bringen, daß sie, Behufs<br />

der wechselseitigen Unterrichtsmethode,<br />

die Schulstube durch einen neuen Bau so<br />

weit vergrößern <strong>und</strong> erweitern liessen, daß<br />

dieselbe <strong>für</strong> ungefähr 80 Kinder 800 Quadrat-Fuß<br />

Raum bekam. Der geschickte <strong>und</strong><br />

thätige Schullehrer, Herr Kuhlmann, hatte<br />

sich diese Lehrmethode, unter welcher man<br />

sich nicht den mechanischen geisttödtenden<br />

Lancasterischen denken darf, schon<br />

vor einigen Jahren auf der Normalschule in<br />

Eckernförde bekannt gemacht, <strong>und</strong> seine<br />

Schulkinder allmählig darin einzuüben versucht.<br />

Man wählte zur feyerlichen Einweihung dieser<br />

neuen Unterrichtsmethode absichtlich<br />

den 1. November, den Tag, an welchem die<br />

Herzen aller Dänischen Unterthanen wegen<br />

der Vermählungsfeyer des Prinzen Friedrich<br />

Carl Christian mit Ihrer Königlichen Hoheit<br />

der Prinzeßin Wilhelmine Marie so hoch aufgeregt<br />

waren.<br />

Die neue Schulstube war von den Kindern<br />

mit Kränzen <strong>und</strong> Tannenzweigen ausgeschmückt<br />

worden. Die Kinder saßen in reinlicher<br />

Kleidung vor ihren Pulten. Die ganz<br />

grosse Schulstube war mit schön geschriebenen,<br />

weiß gefirnißten Tabellen, 230 an<br />

der Zahl, behangen, welche der junge Prediger<br />

Witt der Schule geschenkt hatte, um<br />

dadurch den Einwohnern die Kosten dieser<br />

Einrichtung zu vermindern. Eine zahlreiche<br />

<strong>R<strong>und</strong>brief</strong> 107<br />

Versammlung der Väter <strong>und</strong> Mütter dieser<br />

Kinder nebst mehreren Schullehrern aus der<br />

Nachbarschaft hatte die Schulstube gefüllt.<br />

Erst wurde ein der Feyer des Tages angemessener<br />

Gesang von den Kindern <strong>und</strong> den Anwesenden<br />

gesungen, dann hielt der Prediger<br />

Witt eine einfache, die Aufmerksamkeit der<br />

Zuhörer fesselnde Rede über die Vortheile<br />

dieser neuen wechselseitigen Unterrichtsmethode,<br />

<strong>und</strong> über die frohe Veranlassung<br />

zu deren Einweihung. Nach ihm wendete<br />

sich der Schullehrer Herr Kuhlmann mit einer<br />

herzlichen schmucklosen Anrede an<br />

die Kinder, als Einleitung zu einer catechetischen<br />

Prüfung über die Pflichten der Kinder<br />

gegen den König <strong>und</strong> das Vaterland, gegen<br />

ihre Eltern, Lehrer <strong>und</strong> ihre Obrigkeit. Ein<br />

feyerliches Gebet von dem Prediger, Herrn<br />

Moritz Georg Witt, <strong>für</strong> das junge Königliche<br />

Ehepaar wie <strong>für</strong> das ganze Königliche Haus<br />

gesprochen, nebst einem dem Ganzen entsprechenden<br />

Gesang, schloß diese stille<br />

Dorfsfeyer auf eine so würdige als rührende<br />

Weise.<br />

Rellingen, vom 3. November.<br />

Auch unser anspruchsloses Dorf hat die neulichen<br />

schönen Feste <strong>und</strong> Freudentage des<br />

verehrten Königshauses nicht ungefeyert<br />

gelassen. Den nunmehrigen Königlichen<br />

Eidam empfingen bey seiner Durchreise<br />

unter einer ländlich geschmückten Ehrenpforte<br />

zwölf weißgekleidete bekränzte kleine<br />

Mädchen, Blumen streuend <strong>und</strong> einen<br />

schwachen Ausdruck inniger Gefühle überreichend.<br />

Der liebenswürdige Prinz äusserte<br />

auch hier die Ihm so eigenthümliche huldvolle<br />

Fre<strong>und</strong>lichkeit. Abends war fröhlicher<br />

Kindertanz. Am Vermählungs-Abend des<br />

erhabenen Paares waren unsere Häuser <strong>und</strong><br />

Hütten ebenfalls heiter ausgeschmückt <strong>und</strong><br />

erleuchtet. Tags darauf ward in unsrer hübschen,<br />

theilweise neu, – auch durch freywillige<br />

Beyträge der Dienenden in unserer<br />

Gemeinde, – verzierten Kirche ein kräftig<br />

ergreifender Kanzelvortrag gehalten, <strong>und</strong><br />

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