05.11.2013 Aufrufe

Rundbrief - Arbeitskreis für Wirtschafts- und Sozialgeschichte ...

Rundbrief - Arbeitskreis für Wirtschafts- und Sozialgeschichte ...

Rundbrief - Arbeitskreis für Wirtschafts- und Sozialgeschichte ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

tion zur traditionellen Geschichtsforschung<br />

im Lande – ins Leben gerufene<br />

<strong>Arbeitskreis</strong> <strong>für</strong> <strong>Wirtschafts</strong>- <strong>und</strong> <strong>Sozialgeschichte</strong><br />

der in den Beiträgen der<br />

vorliegenden Veröffentlichung gezeigten<br />

Art der Geschichtsbetrachtung verpflichtet<br />

fühlt, versteht sich von selbst.<br />

Auch wir wollen aufklären, wollen lieb<br />

gewonnene „Wahrheiten“ kritisch hinterfragen<br />

<strong>und</strong> – wo dies möglich ist – die<br />

von anderen ge- bzw. verzeichneten<br />

Bilder der vergangenen Wirklichkeit als<br />

solche entlarven <strong>und</strong> dekonstruieren.<br />

Einschlägige Arbeiten zur hochmittelalterlichen<br />

Geschichte des nordelbischen<br />

Raumes, zu Ernährung, Alltag <strong>und</strong> Mentalität<br />

der vormodernen Gesellschaften,<br />

zu lesenden <strong>und</strong> schreibenden Bauern,<br />

zu Seefahrenden, die als schillernde Figuren<br />

aus der nordafrikanischen Gefangenschaft<br />

zurückkehrten <strong>und</strong> schon zu<br />

Lebzeiten zum Mythos wurden, wie sie<br />

aus unserem Kreis vorgelegt wurden, legen<br />

davon beredtes Zeugnis ab.<br />

<strong>R<strong>und</strong>brief</strong> 107<br />

Entsprechendes enthält auch der vorliegende<br />

Band, der mit der Dekonstruktion<br />

der vormals ebenso allmächtigen wie<br />

allgegenwärtigen Überfigur Karls des<br />

Großen <strong>für</strong> das Hamburger Selbstverständnis<br />

anhebt. Dabei handelt es sich<br />

keineswegs nur um ein Problem des<br />

Historismus <strong>und</strong> des geschichtsvernarrten<br />

19. Jahrh<strong>und</strong>erts, wie man vielleicht<br />

meinen sollte, erfährt der Leser doch<br />

in diesem Zusammenhang etwa von<br />

einer schon im Gr<strong>und</strong>gehalt anachronistischen<br />

Inschrift, die „erst vor wenigen<br />

Jahren“ an der Figur Karls des Großen<br />

vom ehemaligen Karlsbrunnen (1889)<br />

angebracht wurde. Dieser Karl, der<br />

heute in der Michaelisstraße beim Kleinen<br />

Michel aufgestellt ist, wird in „einer<br />

seltsam unhistorischen Mischung aus<br />

Europaidee, Gründungsmythos, Christianisierung<br />

<strong>und</strong> Bildungsgedanken“<br />

gepriesen (Ortwin Pelc, S. 40), <strong>und</strong> zwar<br />

als „Kaiser Karl der Große 768-814 / Vater<br />

Europas – Gründer Hamburgs / Förderer<br />

der kirchlichen Reformen / des heiligen<br />

Bonifatius des Apostels der Deutschen /<br />

Begründer des karolingischen Bildungswesens“.<br />

Doch geht der kritische Blick durchaus<br />

noch weiter als bis in die Karolingerzeit<br />

zurück:<br />

So nimmt Ralf Wiechmann die in die<br />

heidnische Vorzeit zurückprojizierte<br />

Gründungsgeschichte Hamburgs <strong>und</strong><br />

der Hammaburg zum Anlass, sich mit<br />

frühneuzeitlichen Drucken <strong>und</strong> Realien<br />

zu beschäftigen, die diese Geschichte<br />

in Wort <strong>und</strong> Bild reflektieren bzw. in Anlehnung<br />

an eigene Vorstellungen von<br />

dieser glorreichen Vergangenheit eigentlich<br />

erst erschaffen. Im Mittelpunkt<br />

des Beitrages stehen drei kreisr<strong>und</strong>e<br />

Messingplatten mit mythologischen<br />

Szenen, von denen die größte bei einer<br />

Dicke von 11 mm immerhin 24,3 cm im<br />

Durchmesser misst. Diese vermeintlich<br />

auf uralte Zeiten zurückverweisenden<br />

Stücke, die nach Aussage ihres ursprünglichen<br />

Besitzers im 17. Jahrh<strong>und</strong>ert bei<br />

Grabungen im Untergr<strong>und</strong> der Hamburger<br />

Altstadt gef<strong>und</strong>en worden seien,<br />

dürften selbst wohl kaum vor dieser Zeit<br />

entstanden sein.<br />

Im Folgenden werden weitere Geschichtsklitterungen<br />

als solche entlarvt<br />

bzw. Mythen dekonstruiert: So be-<br />

67

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!