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Berliner anarchistisches Jahrbuch - North-East Antifascists [NEA]

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der Marsch nach Berlin jedoch eine unabsehbare<br />

Angelegenheit. Würde ein<br />

massenhafter und bewusster Verstoß<br />

gegen die Residenzpflicht nicht sofort<br />

von der Polizei unterbunden werden?<br />

Die bayerisch-thüringische Grenze<br />

überquerten die Flüchtlinge aber nicht<br />

bloß unbehelligt, sondern zerrissen<br />

auch noch in einer spontanen Aktion<br />

ihre Aufenthaltspapiere vor den Kameras.<br />

Die Entschlossenheit, sich nichts mehr<br />

gefallen zu lassen und die Dinge selbst in<br />

die Hand zu nehmen, äußerte sich auch<br />

während des vierwöchigen Marsches.<br />

Wurden NPD-Plakate an Straßenlaternen<br />

entdeckt, wurden sie ohne Zögern<br />

abgerissen. Tauchten, wie am Erfurter<br />

Landtag, NPD-Anhänger*innen auf,<br />

entriss man ihnen unter „Haut ab!“-<br />

Rufen ihre Transparente und gestaltete<br />

diese kreativ um.<br />

Der Protestmarsch selbst wurde so<br />

weit wie möglich gemeinschaftlich und<br />

in wenigen Wochen organisiert. Im<br />

Vorfeld fuhren zwei Flüchtlinge die 600<br />

Kilometer lange Strecke mit dem Fahrrad<br />

ab, über ein Unterstützernetzwerk<br />

wurden anschließend Übernachtungsmöglichkeiten<br />

organisiert. Während<br />

des Fußmarsches gab es täglich zwei<br />

Plena: Eines für die Helfer*innen, die<br />

Verköstigung, Nachtlager und Schutz<br />

vor Nazis organisierten und ein großes<br />

Plenum aller Beteiligten am Abend.<br />

Ähnlich wie in der Würzburger Innenstadt<br />

hielten sich die Unterstützer*innen<br />

auch auf dem Marsch im Hintergrund.<br />

So war es für Journalist*innen<br />

etwa sehr schwierig, eine „Stimme“<br />

der deutschen Helfer*innen zu bekommen.<br />

Konsequent wurde darauf<br />

verwiesen, dass dies der Streik der<br />

Asylbewerber*innen sei und man mit<br />

ihnen selbst zu sprechen habe.<br />

Neuer Hungerstreik in Berlin<br />

Nach der euphorisch gefeierten Ankunft<br />

in Berlin am 5. Oktober wurden<br />

in wenigen Wochen eine Reihe von<br />

Aktionen durchgeführt. Als erstes die<br />

schon erwähnte große Demo, die vom<br />

Camp am Oranienplatz vor den Bundestag<br />

führte. Nur zwei Tage darauf<br />

besetzten Flüchtlinge die nigerianische<br />

Botschaft, um gegen Abschiebungen<br />

zu demonstrieren. Mehr als 20 Menschen<br />

wurden verhaftet, einige durch<br />

die Polizei verletzt. Daraufhin folgten<br />

in nur einer Stunde 500 Menschen einem<br />

Online-Aufruf und machten eine<br />

Demo zur Gefangenensammelstelle.<br />

Versuche der Polizei, die Spontandemo<br />

aufzuhalten, scheiterten.<br />

Dass die Ankunft in Berlin-Kreuzberg<br />

aber auch neue Herausforderungen<br />

mit sich bringen würde, war vielen<br />

Teilnehmer*innen schon während des<br />

Marsches klar, da viele neue Flüchtlinge<br />

und Supporter*innen hinzukommen<br />

würden. Tatsächlich zeigten sich viele<br />

der Flüchtlinge, die den Protestmarsch<br />

mitgemacht haben, nach einiger Zeit<br />

mit der Situation am Oranienplatz unzufrieden.<br />

Man habe sich dort zu dauerhaft,<br />

zu gemütlich eingerichtet und<br />

treibe den Protest nicht konsequent<br />

genug voran, meint etwa der 22jährige<br />

Ali Reza Mirzai: „Wir können und<br />

wollen nicht mehr monatelang am<br />

Lagerfeuer auf eine Verbesserung unserer<br />

Lage warten“, sagt er. Und fügt<br />

hinzu: „Das Zeltlager in Kreuzberg ist<br />

immer noch ein Lager, nur eben eines<br />

von den Flüchtlingen selbst“.<br />

Deshalb sind er, Omid Moradian, Hassan<br />

Osman Jeger und rund 20 andere<br />

Asylbewerber*innen am 24. Oktober in<br />

den unbefristeten Hungerstreik getreten.<br />

Kurz vor Redaktionsschluss haben<br />

sie ihr Zelt mit dem Mut der Verzweiflung<br />

direkt vor dem Brandenburger<br />

Tor aufgeschlagen. Dass es ab diesem<br />

Zeitpunkt zwei Flüchtlingscamps in<br />

Berlin geben wird, soll aber nicht als<br />

Spaltung des Protestes verstanden<br />

werden, wird von allen Seiten betont.<br />

Stattdessen sprechen Aktivist*innen<br />

von „zwei Taktiken“. Die beiden Zeltgruppen<br />

blieben sich solidarisch verbunden.<br />

OKTOBER<br />

BUCH DES<br />

JAHRES 2012<br />

Bibliothek der Freien<br />

Als ›Buch des Jahres 2012‹<br />

wurde prämiert: Jan-Christoph<br />

Hauschild: B. TRAVEN – DIE<br />

UNBEKANNTEN JAHRE.<br />

Edition Voldemeer / Springer, Zürich /<br />

Wien / New York 2012, 696 S., ISBN:<br />

978-3-7091–1154-3, 38.86€ Verlags-<br />

Präsentation<br />

Im Herbst jeden Jahres verleiht die<br />

›Bibliothek der Freien‹ gegebenenfalls<br />

einer oder mehreren Neuerscheinungen<br />

die Auszeichnung Buch<br />

des Jahres, womit auf exzellente (vor<br />

allem deutschsprachige) Publikationen<br />

zu einem anarchistischen Thema<br />

aufmerksam gemacht werden soll.<br />

Zu den Beurteilungs-Kriterien gehören<br />

die wesentliche Vermehrung<br />

des Wissensstands zum jeweiligen<br />

Themenkomplex, sorgfältige Ausführung<br />

in Druck und Layout sowie besondere<br />

Recherchequalität, Originalität<br />

und Internationalität, wodurch<br />

der Publikation insgesamt bleibender<br />

Wert zukommt. Die Auflagenhöhe<br />

spielt für die Prämierung keine Rolle.<br />

Die Auszeichnung Buch des Jahres ist<br />

ein ideeller Preis. Die Auswahl erfolgt<br />

durch die ›Bibliothek der Freien‹. Eine<br />

eigene Ausschreibung findet nicht<br />

statt, Vorschläge werden jedoch gern<br />

per E-Mail entgegengenommen.<br />

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