Leseprobe - Maseltrangen
Leseprobe - Maseltrangen
Leseprobe - Maseltrangen
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Anekdoten bei genauer Überprüfung oft als unhaltbar erwiesen, sondern auch, weil er<br />
keinen Weg sah, wie sich eine Verletzung praktisch hätte vererben können. Die<br />
Information über den Ort und die Art der Verletzung hätte ja irgendwie in die Samenzelle<br />
oder in die Eizelle gelangen müssen, denn nur diese Zellen erreichen die nächste<br />
Generation. Die Tatsache, dass eine Maus ihren Schwanz verloren hat, hätte in die<br />
Sprache der Ei- oder Samenzellen übersetzt und in sie eingeschrieben werden müssen.<br />
Das schien Weismann unmöglich.<br />
Er glaubte vielmehr, dass neue Gewohnheiten oder Verletzungen keinen Einfluss auf die<br />
Keimzellen hatten. Das Erbmaterial bleibe unverändert.<br />
Was sich hingegen je nach Umständen änderte, war die Anzahl Nachkommen, die ein<br />
bestimmtes Tier hatte. Eine Giraffe, der eine zufällige Veränderung im Erbmaterial einen<br />
etwas längeren Hals bescherte, kam in einer Steppe mit hohen Bäumen besser an die<br />
Blätter heran, überlebte länger, war stärker und hatte deswegen mehr Nachkommen, die<br />
ihren langen Hals erbten. Der Naturforscher Charles Darwin nannte diesen Prozess<br />
natürliche Auslese und erklärte damit langsame Veränderungen und damit die<br />
Entstehung neuer Arten.<br />
Weismann schnitt den Mäusen noch bis in die 22. Generation die Schwänze ab. Alle<br />
Nachkommen hatten Schwänze.<br />
Das fliegende Angstlabor<br />
Wie wirkt sich Todesangst auf die geistige Leistungsfähigkeit aus? Ein Versuch<br />
gab 1962 die Antwort.<br />
WIE DER MENSCH in Todesangst<br />
reagiert, kann nur herausfinden, wer<br />
ihm Todesangst einjagt. Zu diesem<br />
Schluss kam Mitchell M. Berkun von<br />
der Leadership Human Research Unit<br />
des amerikanischen Militärs. In den<br />
meisten Experimenten, so der<br />
Psychologe, würden die<br />
Versuchspersonen schnell merken,<br />
dass es nicht ernst gelte; das sei das<br />
grösste Hindernis bei der<br />
Untersuchung der Reaktion des<br />
Menschen auf Angst. Doch seine<br />
Versuche, da war sich Berkun sicher,<br />
würden diese «kognitive<br />
Verteidigung» problemlos durchbrechen.<br />
Die Passagiere glaubten, die DC-3 würde<br />
abstürzen.<br />
Die zehn Rekruten, die in Ford Ord, Kalifornien, die zweimotorige DC-3 bestiegen,<br />
glaubten, sie nähmen an einer Studie über die «Wirkung der Flughöhe auf die<br />
psychomotorische Leistung» teil. Sie mussten vor dem Flug Urin abgeben, die<br />
Notfallanweisungen studieren und wurden dann auf eine Höhe von 2000 Metern<br />
geflogen, wo sie einen irrelevanten Fragebogen ausfüllten. Als das Flugzeug höher<br />
steigen wollte, setzte der eine Motor aus, und die Rekruten hörten über die<br />
Gegensprechanlage, dass das Flugzeug in Schwierigkeiten war. Auf dem Flugplatz unter<br />
ihnen konnten sie sehen, wie Feuerwehrautos und Ambulanzen auf die Piste rollten. Ein<br />
paar Minuten später gab der Pilot bekannt, dass er das Fahrwerk nicht ausfahren könne<br />
und die Maschine deshalb im Meer wassern müsse.<br />
Während das Flugzeug der vermeintlichen Bruchlandung entgegensegelte, bekamen die<br />
Rekruten zwei Fragebogen verteilt: das «Emergency Data Form» und die «Offical Data<br />
on Emergency Instructions». Das erste war eine Art Testament. Ein absichtlich<br />
kompliziert gehaltenes Formular, auf dem die Rekruten angaben, was im Todesfall mit<br />
ihrem persönlichen Besitz geschehen sollte. Auf dem zweiten Formular standen zwölf<br />
Fragen zu den Notfallanweisungen, die sie vor dem Flug gelesen hatten. Es musste unter<br />
dem Vorwand ausgefüllt werden, die Versicherung könnte einen Beweis dafür verlangen,<br />
dass die Sicherheitsbestimmungen eingehalten worden seien. Man sagte den Rekruten,<br />
die Formulare würden vor der Notlandung in einem wasserdichten Behälter über Bord<br />
Reto U. Schneider - Verrückte Experimente 35/36