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SEK-Bulletin 2/2010 - Evangelisch-Reformierte Kirche des Kantons ...

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– Ekklesiologie<br />

15<br />

<strong>Kirche</strong> auf dem<br />

Markt<br />

Die <strong>Kirche</strong> kann sich ihren Ort nicht aussuchen. Sie ist Teil einer<br />

pluralistischen Gesellschaft, die Religionen und Weltanschauungen auf<br />

den Marktplatz verweist. Die <strong>Kirche</strong>n können ihren Platz darauf nur<br />

dann weiterhin behaupten, wenn sie sich an den Bedürfnissen ihrer<br />

Kunden orientieren.<br />

VON ALBRECHT GRÖZINGER *<br />

Der Markt und das Marketing haben bei<br />

Theologinnen und Theologen keine gute<br />

Presse. «Markt» klingt in vielen Ohren<br />

nach Raubtierkapitalismus, nach schamloser<br />

Bereicherung durch Boni, nach sich immer weiter<br />

auftuender Kluft zwischen Armen und Reichen.<br />

Wer wollte sich an einem solchen Ort schon wohl fühlen?<br />

Und «Marketing» klingt nach Anbiederung und<br />

Anpassung an die Gesetze eben dieses unwohnlichen<br />

Ortes. Dieses Vorurteil wird aber weder dem gerecht,<br />

was der Markt ist, noch den reflektierten Theorien eines<br />

Marketings. Gleichwohl gibt es Tücken und Fallstricke,<br />

wenn sich <strong>Kirche</strong> und Theologie auf den Markt<br />

begeben, und wenn sie sich in ihrem Handeln am<br />

Marketing orientieren möchten. Im Zwischenraum<br />

von vorurteilsbehafteter Ablehnung und unreflektierter<br />

Anpassung sehe ich den einzigen Weg, sich den<br />

Herausforderungen zu stellen, die von Markt und<br />

Marketing ausgehen.<br />

In den Gottesdienst oder ins Fitnesscenter?<br />

Zunächst: <strong>Kirche</strong> steht schon auf dem Markt. Sie<br />

kann sich ihren Ort nicht aussuchen. Wir leben nun<br />

einmal in einer Gesellschaft <strong>des</strong> weltanschaulichen<br />

und religiösen Pluralismus. Dieser Pluralismus wird<br />

auf dem Markt verhandelt, ob uns das nun sympathisch<br />

ist oder nicht. In den Regalen der Buchhandlungen<br />

stehen theologisch reflektierte Bücher neben<br />

seriösen und unseriösen New-Age-Ratgebern. In denselben<br />

Regalen gibt es nicht die eine Religion Christentum,<br />

sondern auch Islam und fernöstliche Religionen,<br />

wobei der Bücherbestand an fernöstlichen<br />

Religionen nicht selten der grösste ist − was etwas<br />

über ihren Marktwert aussagt. Unsere Gottesdienste<br />

konkurrieren mit den Öffnungszeiten der Museen, der<br />

Fitnesscenter und zunehmend auch der Einkaufspassagen.<br />

Die Freiheit, unbevormundet zu glauben<br />

Wer die Augen aufmacht, sieht, der Markt ist da.<br />

Und er sieht auch, dass die <strong>Kirche</strong>n auf diesem Markt<br />

agieren, wie gross der Vorbehalt dagegen auch sein<br />

mag. Die <strong>Kirche</strong>n haben sich auf dem Markt genauso<br />

eingerichtet wie die Kritiker der Marktwirtschaft. Diese<br />

handeln mit ihrer Kritik meistens recht geschickt,<br />

bringen sie also marktkonform an.<br />

Nun bedeutet diese Beschreibung nicht, dass ich<br />

den Markt glorifizieren möchte. Mir geht es um eine<br />

nüchterne Wahrnehmung und Beschreibung der Tatsache,<br />

dass sich <strong>Kirche</strong> und Theologie seit eh und je<br />

auf dem Markt der Religionen und Weltanschauungen<br />

befinden. Auch die grössten Marktkritiker möchten<br />

wohl nicht hinter diesen religiösen und weltanschaulichen<br />

Pluralismus zurücktreten. Denn er bedeutet<br />

nichts anderes als Freiheit – die Freiheit, religiöse und<br />

weltanschauliche Loyalitäten unbevormundet einzu-

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