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TOD UND LEBEN

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in gewaltiger Monotonie an sein Ernstnehmen gemahnt, es also vor<br />

der üblichen Verdrängung und dem üblichen Augenzukneifen bewahrt.<br />

Indem die Bibel so den Finger auf das Todeswissen legt, legt sie ihn<br />

gleichsam auf die Menschlichkeit des Todes. Denn das.Wissen<br />

um den Tod war ja nach unserer Einsicht eine spezifisch menschliche<br />

und den Menschen vom Tierreich unterscheidende Angelegenheit.<br />

Ebenso wichtig aber ist es zu sehen, daß die Bibel das Todeswissen<br />

keineswegs um seiner selbst willen pflegt. Es kommt ihr z. B. nicht<br />

darauf an, dem Menschen klar zu machen, daß er doch ebensowenig,<br />

wie er Essen und Trinken und die andern Lebensfunktionen vergäße,<br />

ausgerechnet die Kealität seines Sterbens übersehen möge. Ein solches<br />

memento mori wäre ein Stück Lebenspraxis, das in seinem Ziel und<br />

in seiner Einseitigkeit dem biblischen Denken ganz ferne liegt, ja<br />

sogar zuwiderläuft: Denn das „Stieren" auf einen bestimmten als wichtig<br />

angenommenen Punkt unseres Lebens (in diesem Falle auf den<br />

E n d-Punkt) würde zur gleichen Verhexung und Faszination des Menschen<br />

führen wie der'gebannte Blick auf andere Lebensrealitäten : etwa<br />

auf Essen und Trinken („Lasset uns essen und trinken, denn morgen<br />

sind wir tot") oder auf den Mammon: Es gibt nicht nur eine Vergottung<br />

der strahlenden hellen Daseinsmächte, sondern ebenso eine<br />

Divination des Dunklen und Düsteren. Sie wäre in ihrer einseitigen<br />

Verabsolutierung nicht weniger Götzendienst, „Gebanntheit" wie die<br />

andere. (Das sollen sich die allzu billigen „Kritiker des Christentums"<br />

hinter die Ohren schreiben, wenn sie die dunklen Glocken eines offengehaltenen<br />

Todeswissens läuten hören und wieder einmal nicht wissen,<br />

wo sie hängen. Man muß eben hier wie überall im Leben nicht nur die<br />

Symptome sehen, in diesem Falle die Schwere des christlichen Todeswissens,<br />

sondern vor allem die Wirklichkeit, die hinter den Symptomen<br />

steht und sie hervorgetrieben hat.)<br />

Nein : Wenn die Bibel das Todeswissen betont, dann meint sie nicht<br />

nur und nicht einmal in erster Linie das „Daß" unseres Sterbenmüssens,<br />

sondern das von Luther ausgemachte „Warum". Erst in<br />

dieser Dimension wird das Menschliche des menschlichen Todes sichtbar.<br />

Denn nur diese Dimension läßt uns einen Blick tun in jene<br />

Unordnung zwischen Gott und Mensch, wie sie der Tod offenbart.<br />

Hier sitzt die eigentliche Hintergründigkeit menschlichen Sterbens,<br />

hier geht es um die Lösung der Warum-Frage.<br />

Wir können es auch so ausdrücken: Indem die Bibel vom Wissen<br />

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