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TOD UND LEBEN

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Ebenso wird die Personhaftigkeit unter dem Evangelium deutlich*<br />

Dadurch gewinnen wir einen neuen wichtigen Gesichtspunkt:<br />

Zunächst gilt das von dem Evangelium der imago Dei: Denn die<br />

Gottebenbildlichkeit bedeutet doch, daß der Mensch durch sein Angerufensein,<br />

durch seine „Ansprechbarkeit" und seine Verantwortung<br />

über die andern Geschöpfe hinausgehoben und in ein besonderes<br />

Gegenüber mit Gott gerufen ist. Imago Dei bedeutet nichts anderes,<br />

als in die Geschichte mit Gott berufen sein. Sie ist auch gemeint, wenn<br />

in der Bergpredigt davon die Rede ist, daß wir unendlich „viel mehr<br />

sind" denn die Lilien und die Sperlinge 1 ). Dieses „Mehr-sein" darf<br />

nicht quantitativ verstanden werden im Sinne von „Höher-gezüchtet-,.<br />

Höher-organisiert-sein". Sondern diesem „Mehr" liegt ein qualitatives<br />

„Anders-sein" zugrunde. Es besteht darin, daß wir im Unterschied<br />

zu den Lilien und den Vögeln „Vater" zu Gott sagen dürfen 2 ) und<br />

daß wir die sind, die nach dem Reiche Gottes trachten sollen 3 ), die<br />

also in die Person-Gemeinschaft mit Gott berufen sind.<br />

Der letzte theozentrische Sinn dieses Person-Charakters wird freilich<br />

erst im Kreuze Jesu Christi sichtbar. Paulus spricht Rom 14 15 und<br />

1 Kor 811 davon, daß man die Leute, die aus an sich irrigen Gründen<br />

an irgend etwas Anstoß nehmen (z. B. an Speisen, Essen von Götzenopferfleisch<br />

usw.) nicht ärgern solle. Man könnte ja wirklich versucht<br />

sein, über solche kleinen Leute mit engem Horizont hinwegzugehen.<br />

Was spielen sie schon für eine Rolle — außer derjenigen vielleicht, daß<br />

sie immer wieder eine Hemmung für die Gemeinschaft sind. Sie sind<br />

keine einmaligen Führer und keine unersetzlichen, „unvertretbaren"<br />

Gestalten, sondern sie sind die Repräsentanten einer gewissen anonymen<br />

Menge, eben der „kleinen Leute". Es ist nicht von ungefähr, daß keiner<br />

von ihren Namen uns überliefert ist. Und doch soll man sie nicht ärgern<br />

— denn „Christus ist für sie gestorben", „sie sind teuer erkauft". So ist<br />

also jeder einzelne von denen, die — sozial gesehen oder nach dem<br />

Kulturniveau bewertet — „Niemande" sind, ja die sogar durch jeden<br />

ersetzbar wären und möglicherweise eine Hypothek auf die Gemeinschaft<br />

bilden —, ist jeder einzelne von diesen „unendlich wert" und<br />

darf nicht angetastet werden. Aber ihren Wert und ihre Würde haben<br />

diese Niemande nicht aus sich selbst und auch nicht so, daß sie eine<br />

bestimmte immanente Qualität eingegossen bekommen hätten, sondern<br />

diesen Wert und diese Würde haben sie außerhalb ihrer selbst<br />

*) Mt 626. *) Mt 632.<br />

3 ) Mt 633.

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