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TOD UND LEBEN

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Ende und Welt-Tod ist streng an diesem Anruf orientiert. Das Ende<br />

kommt, wenn die dem Euf gesetzte Zeit zu Ende ist, wenn die Gegenrufe<br />

der Menschen und die damit verbundenen Weben der Geschichte<br />

das gesetzte Maß überschreiten. Und das Ende in seiner Gestalt als<br />

jüngstes Gericht ist dann selbst wieder nichts anderes als ein Fazit-<br />

Ziehen gegenüber dem Euf und seiner Nachfolge, ist nichts anderes<br />

als die Ernte der Geschichte, in welcher die Spreu vom Weizen geschieden<br />

wird.<br />

So wird unter dem Aspekt des Welt-Todes noch einmal die Gerichtetheit<br />

der Zeitlinie deutlich: Gottes Euf erklingt, und in ihm ist auch<br />

die Welt als etwas charakterisiert, das seine Zeit hat und an sein Ende<br />

kommen muß: eine Art makrokosmischer Personhaftigkeit unseres<br />

Äons. Damit hängt es weiter zusammen, daß der Welt-Tod und sein<br />

Gericht sich immer wieder in gewissen Antizipationen schon jetzt und<br />

hier vollziehen kann, daß schon hier ein Stück Welt — etwa ein<br />

Volk oder eine Landschaft — den Euf vorbeigehen lassen und vorzeitig<br />

an ihr Ende kommen, gleichsam den Welt-Tod vorwegsterben<br />

können: so, wenn es den „Platzregen des Evangeliums" vorüberläßt<br />

und ungesegnet zurückbleibt. Luther hat sich immer wieder<br />

zum Anwalt dieser apokalyptischen Gedanken gemacht, wobei ihm<br />

vor allem sein eigenes Volk, Deutschland, als jenes Stück „Welt" vorschwebte<br />

1 ).<br />

Der Tod, der persönliche und der Welt-Tod, ist der unerbittliche<br />

Wächter über der Gerichtetheit der Zeitlinie, über der Zeitstrecke,<br />

die geradlinig und gerades wegs auf ihr Ende zuläuft. In der Geschichte<br />

vom „Eeichen Mann und armen Lazarus" (Lk 16 19—31) wird diese<br />

vom Tod bewachte Einmaligkeit unserer Lebensstrecke unüberhörbar<br />

deutlich gemacht. Noch unüberhörbarer aber kommt zum Ausdruck,<br />

daß das Wissen um diese Einmaligkeit nicht durch bloße Betrachtung<br />

des Todesendes zustande kommen kann, sondern daß jenes<br />

Wissen allein im A n r u f durch Gott und sein Wort entsteht : Hören<br />

die fünf noch lebenden Brüder „Mose und die Propheten" nicht, d. h.<br />

stellen sie sich dem Anruf gegenüber taub, dann nützt es ihnen auch<br />

nichts, wenn einer von den Toten auferstünde, d. h. : dann nützt ihnen<br />

keine noch so handfeste Demonstration des Todes und dessen, was<br />

nach ihm kommt. ,<br />

Wächter über die Einmaligkeit unserer Zeitstrecke ist also nicht<br />

x ) Vgl. die Schrift von Dörries, Luther und Deutschland, Göttingen 1933.

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