TOD UND LEBEN
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TOD UND LEBEN
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A. Der anthropologische Charakter d^r Frage nach dem Tod<br />
I. Die Frage nach dem Tod als Frage nach dem Sinn des Lebens<br />
In jeder Sinndeutung des Lebens taucht die Frage nach dem Tode<br />
auf. Schon aus dem einfachen Grunde muß das so sein, weil der Tod<br />
in jedem Leben auftaucht. Ja, der Tod ist in diesem Leben das Aliergewisseste<br />
und läßt es in jedem seiner Augenblicke als „Zugehen auf<br />
ihn" bestimmt sein. So wie Gehen ein gehemmtes Fallen ist, so ist die<br />
Bahn des Lebens ein Leben auf den Tod zu, ein gehemmtes Sterben.<br />
Dabei ist Eines charakteristisch: daß nämlich der Tod nicht als<br />
jäher Überfall, mit dem wir nicht rechnen konnten, auf uns zufährt,<br />
sondern daß er schon zu unserer Seite geht, während wir noch im<br />
Lichte wandern : Er gehört in unser Leben hinein, so gewiß wir als<br />
Lebende bereits um ihn wissen müssen. Unsere Straße führt vorüber<br />
an Friedhöfen, an Prozessen der Lebenzerstörung aller Art, und es ist<br />
unmöglich, diesen Mahnmalen unseres Endes auszuweichen. So gewiß<br />
wir Menschen um den Tod wissen, so gewiß gehört er bereits als auszeichnendes<br />
Moment in dies unser wissendes, unser wissen müssendes<br />
Leben hinein: Wir sind gezwungen, der Tatsache standzuhalten, daß er<br />
das Einzige ist, was ganz feststeht und das uns zu bestimmter Stunde<br />
in den Weg treten wird, nachdem es diesen Weg lange genug begleitet<br />
und uns selber und unsere Weggenossen „umfangen" hat (Luther).<br />
Aber damit ist die Frage des Todes ja nicht gelöst, sondern<br />
allererst gestellt. Denn die Frage heißt genauer: Was denn jenes<br />
Allergewisseste nun sei. Da der Tod offenbar ebenso wie die Geburt<br />
zum Leben selbst gehört, da er offenbar so zu ihm gehört wie zu einem<br />
Lande seine Grenze (und wie schicksalhaft und gescbichtesetzend die<br />
Grenze ist, braucht man uns Deutschen ja nicht zu sagen), so ist<br />
die Fragen ach dem Tode offenbar nur so zu<br />
s teilen.,.daß man nach dem Leben fragt.<br />
In jeder Aussage über unser Leben steckt implizit eine Aussage<br />
über den Tod. Was aber das Leben sei, ist wiederum nur so zu bestimmen,<br />
daß ich sage, was der Sinn dieses Lebens sei. Denn die<br />
Frage „Was ist das Leben?" kann ich ja nicht so beantworten, daß<br />
ich sage — im Blick etwa auf ein Beamtenleben: Es ist Wachsen,<br />
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