TOD UND LEBEN
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24 . •<br />
Gestalt zu Gestalt, im Aktus des „Immer strebenden Bemühens" und<br />
n i c h t im statischen Ausruhen an einem vermeintlich erreichten verabsolutierten<br />
Ziel.<br />
In beiden Fällen wird das sterbende individuelle Leben aufgelöst,<br />
in einem überwölbenden höheren Sinnzusammenhang, sei es, daß dieser<br />
Sinnzusammenhang repräsentiert ist in einem konkret gesetzten, individuellen<br />
Telos (z.B. „Volk" oder „Menschheit"); oder sei es,<br />
daß er die nur im Kämpfen und Wandern sich offenbarende Weltganzheit<br />
ist ; sei es, daß er statisch oder aktiv gedacht ist.<br />
Damit wäre es dann gelungen, den Tod als zum Leben gehörig zu<br />
erweisen. Er wäre nicht mehr Fremdheit, Widerspruch und Bätsei.<br />
Er wäre als Tod und Zuende-sein ebenso entmächtigt, aufgehoben und<br />
unernst geworden wie der Gott entmächtigt, aufgehoben und unernst<br />
geworden ist, der dieser Wirklichkeit angepaßt wird im Sinne von<br />
„wirklichkeitsgemäß", „menschengemäß", „artgemäß". An beiden —<br />
an diesem Tode und an diesem' Gotte — stirbt man nicht mehr ganz.<br />
Man geht ungebrochen durch beide in die eigentliche Form seines<br />
Lebens über.<br />
Dem Mythos unserer Tage ist es nicht schwer gefallen, diese Entmächtigung<br />
zu unternehmen:<br />
Der Tod ist verzaubert in „Vergänglichkeit", und der Bhythmus<br />
von Werden und Vergehen überdauert — als solcher „ewige" Bhythmus<br />
— das innerhalb seiner stattfindende Sterben. Die Gattung lebt<br />
länger als das Exemplar und das Volk länger als der Volksgenosse.<br />
Es ist nicht umsonst, daß von da aus die am meisten gefeierte Gestalt<br />
des Todes der Untergang für eine Idee ist. Denn darin wird der<br />
Tod als Aufgehen des Persönlichen im Überpersönlichen am hellsten<br />
offenbar. Er wird am deutlichsten sichtbar als bloßer Gestaltwandel<br />
des Lebens selber, als bloße „Transformation". Er scheint deutlicher<br />
als irgendeine andere Form des Sterbens das Lebensgesetz der Vergänglichkeit<br />
zu verkünden, das im Bereiche des Menschen noch personhaft<br />
dadurch überhöht wird, daß er im Untergange für eine Idee in<br />
dieser „aufgehoben" und darin un-sterblich wird. Wer sein Leben erfüllte,<br />
geht in die Ewigkeit ein. Nur „wer sein Leben nicht voll erlebte,<br />
stirbt mit dem Schrei des Tieres 1 ).<br />
') „Das Schwarze Korps", 22. Juni 1939, Folge 25, S. 1].