Blickpunkt - Gießener Allgemeine
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SPORTWELT<br />
Mein erstes Mal: Yoga<br />
Mit engen<br />
Leggins und<br />
rosa Stulpen<br />
Beim ersten Mal tut’s noch weh. Diese Erfahrung dürfte wohl so<br />
ziemlich jeder gemacht haben, der schon einmal den Versuch<br />
unternommen hat, mit dem Kopf sein Bein zu berühren,<br />
sei es zu Hause im Wohnzimmer, beim Fußballtraining<br />
oder im Sportunterricht. Was genau<br />
die Stirn allerdings an der Kniescheibe verloren<br />
hat, wo überhaupt der Beckenboden ist, und wer der<br />
herabschauende Hund und der Krieger II sind – darauf gibt<br />
es die Antworten beim Yoga.<br />
Wie erwartet bin ich der einzige Mann im<br />
Kursraum des »World of Fitness« im Schiffenberger<br />
Tal in Gießen. Meine anfängliche<br />
Skepsis, ob es eine gute Idee war, hierher<br />
zu kommen, weicht jedoch schnell einem<br />
durchaus angenehmen Gefühl – zumindest<br />
was die visuelle Wahrnehmung betrifft. Für<br />
einen Moment komme ich mir vor wie in<br />
Eric Prydz’ Videoclip zum Song »Call on<br />
me«, in dem der Protagonist – ebenfalls<br />
Hahn im Korb – in einem Fitnessstudio mit<br />
einer ganzen Menge eng und leicht bekleideter<br />
Damen um die Wette schwitzt.<br />
Zugegeben, eine Menge ist es nicht, dennoch<br />
muss ich mir eingestehen, dass meine<br />
volle Konzentration nicht immer der<br />
jeweiligen Übung gilt, sondern hin und<br />
wieder abschweift auf die holde Weiblichkeit.<br />
Los geht es dann mit dem Sonnengruß,<br />
der mir zunächst keine Probleme bereitet.<br />
In aufrecht stehender Haltung werden die<br />
Hände zusammen vor dem Körper über<br />
den Kopf geführt. Als es aber heißt, den<br />
Oberkörper nach unten zu kippen, die<br />
Finger so nah wie möglich in Richtung<br />
Zehen zu bewegen und am besten sogar<br />
den Boden zu berühren, fängt es so langsam<br />
an zu kribbeln. »Wieso?«, könnte man<br />
jetzt meinen, »nichts leichter als das.« Ich<br />
sollte vielleicht dazu sagen, dass das Ganze<br />
natürlich mit durchgestreckten Beinen<br />
erfolgt, also ohne Beugung im Kniegelenk.<br />
Zum Glück hat mich Veronika Chowdhury,<br />
die Übungsleiterin, vorher darum gebeten,<br />
die Bewegungen nur bis zur Schmerzgrenze<br />
auszuführen – unabhängig davon,<br />
welchen Grad der Verbiegung die anderen<br />
erreichen. Und tatsächlich: Meine etwas<br />
über 20-jährige brünette Matten-Nachbarin<br />
mit ihren rosa Stulpen und der Leggins, die<br />
sitzt wie eine zweite Haut, drückt in dieser<br />
Haltung gemütlich die kompletten Handflächen<br />
auf den Boden, während ich noch<br />
versuche, mich langsam über das Schienbein<br />
bis hin zur Schuhlasche zu tasten.<br />
Fotos: Rainer Schmidt<br />
42 streifzug 2/2012