Jugend und Gesundheit: Was meinst Du ... - Gesunde Schulen
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<strong>Jugend</strong> <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit: <strong>Was</strong> <strong>meinst</strong> <strong>Du</strong>?<br />
Schweizerisches Netzwerk Ges<strong>und</strong>heitsfördernder <strong>Schulen</strong><br />
Befragung vom Januar 2001<br />
Bericht zur Befragung von Schülerinnen <strong>und</strong> Schülern<br />
von Netzwerkschulen zum Thema „Ges<strong>und</strong>heit + <strong>Jugend</strong>“<br />
„Es ist immer die Frage, was Ges<strong>und</strong>heit überhaupt ist.<br />
Die Schule könnte sagen, du tust etwas für die Ges<strong>und</strong>heit,<br />
wenn du täglich deine 75 mg Vitamin C nimmst.<br />
Oder: du sollst täglich einen Apfel essen! Daher würde ich<br />
es anders sagen: Die Schule sollte schauen, dass alle<br />
Kinder glücklich sind. Das ist jedoch ein sehr schweres<br />
Thema. Und heikel.“ 19<br />
Silvio Sgier<br />
Ausbildner, Berater <strong>und</strong> Supervisor BSO<br />
<strong>Schulen</strong>twicklung, Teamentwicklung <strong>und</strong> Supervision<br />
Alexanderstrasse 38, 7000 Chur<br />
081 250 55 76,<br />
ssgier@spin.ch
Radix Befragung<br />
Ges<strong>und</strong>heitsförderung<br />
Übersicht<br />
3 Daten zur Befragung<br />
4 „<strong>Jugend</strong>liche 2000 – Ges<strong>und</strong>e Körper – verunsicherte<br />
Seelen“ – Focus Bericht<br />
7 A Frage zum Focus-Bericht<br />
- In der jüngsten Ausgabe von „focus“ haben Erwachsene<br />
über <strong>Jugend</strong>liche <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit geschrieben.<br />
Gerne würden wir wissen, was <strong>Jugend</strong>liche davon halten.<br />
Bitte lies die Seiten 6-12 <strong>und</strong> schreibe uns in ein<br />
paar Sätzen, was deiner Meinung nach stimm was<br />
nicht?<br />
B Fragen zur Ges<strong>und</strong>heit<br />
8 1. Muss die Schule etwas Besonderes für die Ges<strong>und</strong>heit<br />
tun? Wenn ja warum? Wenn nein, warum nicht?<br />
a) Wenn nein, warum nicht?<br />
b) Wenn ja, warum?<br />
10 2. Welche Themen findest du besonders wichtig?<br />
12 3. Heute ist überall von Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Fitness die Rede.<br />
Trotzdem rauchen zum Beispiel immer mehr <strong>Jugend</strong>liche.<br />
<strong>Was</strong> ist deiner Meinung nach der Gr<strong>und</strong><br />
dafür?<br />
13 4. Welche Gefühle lösen die vielen „Ges<strong>und</strong>heitsbotschaften“<br />
bei dir aus?<br />
14 5. Deine Schule ist Mitglied im „Schweizerischen Netzwerk<br />
Ges<strong>und</strong>heitsfördernder <strong>Schulen</strong>“. <strong>Was</strong> denkst du<br />
darüber? Hat dies für dich eine Bedeutung?<br />
15 Empfehlungen für die Ges<strong>und</strong>heitsfördernde Schule<br />
16 Die sieben Empfehlungen für die Ges<strong>und</strong>heitsfördernde<br />
Schule<br />
1. Zugang zu Informationen verschaffen <strong>und</strong> persönliche<br />
Auseinandersetzung ermöglichen<br />
2. Nicht für <strong>Jugend</strong>liche, sondern mit <strong>Jugend</strong>lichen<br />
3. Nicht für <strong>Schulen</strong> sondern mit <strong>Schulen</strong><br />
4. Ges<strong>und</strong>e Körper – sinnorientierte Seelen<br />
5. Beziehungsqualität <strong>und</strong> professionelle Unterstützung<br />
6. Ges<strong>und</strong>e Menschen in „ges<strong>und</strong>en“ Organisationen<br />
7. Tue Gutes <strong>und</strong> sprich darüber!<br />
19 Schlusswort<br />
2001-10 -18 Silvio Sgier 2
Radix Befragung<br />
Ges<strong>und</strong>heitsförderung<br />
Daten zur Befragung<br />
Ziel der Befragung<br />
Die Perspektive der Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler zum Thema<br />
Ges<strong>und</strong>heit, das heisst ihre Sichtweise einbeziehen <strong>und</strong><br />
daraus Folgerungen für die Ges<strong>und</strong>heitsförderung abzuleiten.<br />
Zielgruppen<br />
Schüler <strong>und</strong> Schülerinnen von Netzwerk <strong>Schulen</strong> unterschiedlicher<br />
Schulstufen:<br />
Volksschul-Oberstufen<br />
12-16 Jahre<br />
- Bezirksschule Gersau<br />
- Schul- <strong>und</strong> Wohnzentrum Schachen<br />
- Schulhaus Petermoss, Buchs ZH<br />
- Schule Ruggenacher Regensdorf<br />
- Schule Schwabgut Bern<br />
- Schule Spitalacker Bern<br />
- Schule Dennigkofen Osterm<strong>und</strong>igen<br />
- Schulkreis Länggass Bern<br />
- Delta Schule Zürich<br />
Berufsschulen<br />
15-23 Jahre<br />
- Schule für Förderkurse Zürich<br />
- KV Winterthur<br />
- Schule für Ges<strong>und</strong>heits- <strong>und</strong> Krankenpflege Sargans<br />
- Krankenpflege Zürich<br />
- Baldegger Schule für Ges<strong>und</strong>heits- <strong>und</strong> Krankenpflege<br />
Sursee<br />
- Seminar <strong>und</strong> Gymnasium Hitzkirch<br />
- Ausbildungszentrum Insel, Berufsschule für Pflege Bern<br />
Anzahl Fragebogen 376<br />
Geschlecht<br />
Kann nicht angegeben werden, weil der Fragebogen hat<br />
anonym abgegeben werden können.<br />
Alter 12-23<br />
vereinzelte ältere SchülerInnen: bis 28 (42)<br />
2001-10 -18 Silvio Sgier 3
Radix Befragung<br />
Ges<strong>und</strong>heitsförderung<br />
„<strong>Jugend</strong>liche 2000 – Ges<strong>und</strong>e Körper – verunsicherte Seelen“<br />
Der Focus-Beitrag 1 von Christine Kaiser „<strong>Jugend</strong>liche 2000 –<br />
Ges<strong>und</strong>e Körper – verunsicherte Seelen“ vom 5.12.2000<br />
war Ausgangspunkt für die erste Frage.<br />
Christine Kaiser gibt einerseits Einblick in Ergebnisse von<br />
Untersuchungen, Studien <strong>und</strong> Expertenberichte 2<br />
zum Ges<strong>und</strong>heitszustand<br />
von <strong>Jugend</strong>lichen, anderseits ergründet<br />
<strong>und</strong> kommentiert sie diese Ergebnisse. Hier sind die Kernaussagen<br />
des Beitrags zusammengefasst.<br />
Neun von zehn <strong>Jugend</strong>lichen zwischen 15 <strong>und</strong> 24 Jahren<br />
beurteilen ihre Ges<strong>und</strong>heit als gut bis sehr gut. Gleichzeitig<br />
sagen 41% der jungen Frauen <strong>und</strong> 36% der jungen Männer,<br />
sie fühlten sich psychisch unwohl. Jeder fünfte Befragte<br />
gab an, unter ernsten psychischen Problemen zu leiden.<br />
1 Schweizer Magazin für Ges<strong>und</strong>heitsförderung Nr. 5, Dez. 2000<br />
2 Ges<strong>und</strong>heitsbefragung 1997 des B<strong>und</strong>esamts für Statistik, Studie des Zentrums für Kinder- u. <strong>Jugend</strong>psychiatrie der Uni<br />
Zürich 1997, Expertenbericht „Ges<strong>und</strong>heit 21“<br />
2001-10 -18 Silvio Sgier 4
Radix Befragung<br />
Ges<strong>und</strong>heitsförderung<br />
Ges<strong>und</strong>heitsbefragung<br />
1997 des B<strong>und</strong>esamtes<br />
für Statistik <strong>Jugend</strong>liche<br />
in der Schweiz<br />
Werte<br />
- Die grosse Mehrheit der <strong>Jugend</strong>lichen lebt unauffälligangepasst<br />
<strong>und</strong> orientiert sich an konservativen Lebenskonzepten.<br />
9 von 10 suchen Sicherheit in der Familie,<br />
die Rollenverteilung zwischen Männern <strong>und</strong> Frauen bleiben<br />
unangetastet.<br />
Befinden<br />
- Über 95% der <strong>Jugend</strong>lichen zwischen 15 <strong>und</strong> 24 Jahren<br />
hält sich für ges<strong>und</strong> bis sehr ges<strong>und</strong>. Psychisch fühlen<br />
sich in dieser Altersgruppe jedoch ein Drittel schlecht,<br />
<strong>und</strong> 20 Prozent haben starke Symptombeschwerden<br />
(Kopfweh, Rücken, Gelenke, Schlaf usw.)<br />
Gewalt<br />
- Einer von fünf <strong>Jugend</strong>lichen war im Berichtsjahr mit Gewalt<br />
konfrontiert.<br />
Sexuelle Gewalt<br />
- 14 Prozent der r<strong>und</strong> 30'000 Schweizer Rekruten gaben<br />
1997 an, im Jahr vor der Befragung sexuelle Übergriffe<br />
begangen zu haben.<br />
Suizid<br />
- Jeden dritten Tag nimmt sich ein <strong>Jugend</strong>licher das Leben.<br />
Religion<br />
- Drei von vier <strong>Jugend</strong>lichen glauben an Gott.<br />
Tabak<br />
- Die Zahl der jugendlichen RaucherInnen stieg von 1992<br />
bis 1997 um 41 Prozent.<br />
Essen<br />
- 40 Prozent der jungen Frauen sind untergewichtig.<br />
Bewegung<br />
- 80 Prozent der <strong>Jugend</strong>lichen treiben regelmässig Sport.<br />
Soziale Sicherheit<br />
- 100'000 Kinder <strong>und</strong> <strong>Jugend</strong>liche in der Schweiz wachsen<br />
in Armut auf.<br />
Psychosoziale Bedingungen<br />
- Für etwas weniger als die Hälfte der <strong>Jugend</strong>lichen sind<br />
die psychosozialen Bedingungen günstig (25%) oder<br />
sehr günstig (20%).<br />
- Für ein Drittel sind sie ungünstig (18%) oder sehr ungünstig<br />
(15%), für r<strong>und</strong> ein Fünftel (22%) durchschnittlich.<br />
2001-10 -18 Silvio Sgier 5
Radix Befragung<br />
Ges<strong>und</strong>heitsförderung<br />
Materiell gut, emotional unsicher<br />
Veränderung der Lebenswelt<br />
von Kindern<br />
<strong>und</strong> <strong>Jugend</strong>lichen<br />
Materiell geht es heute vielen so gut wie noch keiner Generation<br />
zuvor. Kinder <strong>und</strong> <strong>Jugend</strong>liche spüren aber nicht nur<br />
die Vor- sondern auch die Nachteile unserer kommerziell<br />
gesteuerten Gesellschaft. Auf der einen Seite stehen Konsumzwänge<br />
<strong>und</strong> Konkurrenz zu Gleichaltrigen, auf der anderen<br />
Seite grössere Freiheiten in Erziehung <strong>und</strong> Freizeit.<br />
Gleichzeitig sind die menschlichen Beziehungen instabiler<br />
geworden. Die emotionale Unsicherheit wird zunehmend<br />
grösser.<br />
Die Leistungsanforderungen steigen. Die expandierenden<br />
Möglichkeiten unserer Zeit laufen einher mit zunehmend<br />
fehlenden Gewissheiten in Bezug auf Zukunft.<br />
Entwicklungen in den USA<br />
In den 50er Jahren wurden alle LehrerInnen Nordamerikas<br />
aufgefordert, die fünf Hauptprobleme ihrer Schule anzugeben.<br />
So sah die Liste aus:<br />
Hauptprobleme<br />
50er Jahre<br />
Hauptprobleme<br />
90er Jahre<br />
1. Reden, wenn man nicht dran ist<br />
2. Kaugummi kauen<br />
3. Krach machen<br />
4. Rennen auf den Gängen<br />
5. Sich vordrängen<br />
Vier Jahrzehnte später wurde den LehrerInnen die gleiche<br />
Frage gestellt. Das Ergebnis:<br />
1. Drogen- <strong>und</strong> Alkoholmissbrauch<br />
2. Pistolen <strong>und</strong> Messer in der Schule<br />
3. Schwangerschaften<br />
4. Selbstmord<br />
5. Vergewaltigung<br />
Quelle: Focus Schweizer Zeitschrift für Ges<strong>und</strong>heitsförderung nr. 5 Dezember<br />
2000 (J. Miller, Werte entdecken, Herder Spektrum)<br />
2001-10 -18 Silvio Sgier 6
Radix Befragung<br />
Ges<strong>und</strong>heitsförderung<br />
A Frage zum Focus-Bericht 3 In der jüngsten Ausgabe von „focus“ haben Erwachsene<br />
über <strong>Jugend</strong>liche <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit geschrieben. Gerne<br />
würden wir wissen, was <strong>Jugend</strong>liche davon halten. Bitte<br />
lies die Seiten 6-12 <strong>und</strong> schreibe uns in ein paar Sätzen,<br />
was deiner Meinung nach stimm was nicht?<br />
ges<strong>und</strong>e Körper –<br />
verunsicherte Seelen<br />
„Ges<strong>und</strong>e Körper – verunsicherte Seelen“<br />
Es äussern sich nicht alle Befragten zum siebenseitigen<br />
Focus Beitrag. Etwa die Hälfte gibt ihrer Meinung Ausdruck,<br />
deutlich mehr ältere als jüngere Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler.<br />
Jüngere SchülerInnen<br />
13-16 Jahre alt<br />
Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler zwischen 13 <strong>und</strong> 16 Jahren<br />
Die jüngeren 13-16 Jahre alten Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler,<br />
die auf die Frage eingehen, äussern sich vor allem zu den<br />
im Artikel erwähnten Zahlen, viele zum Rauchen. Sie zeigen<br />
sich überrascht über die Zunahme, zum Teil auch besorgt.<br />
Es fällt auf, dass sie der Kernaussage des Artikels entweder<br />
voll zustimmen oder aber dieser energisch ablehnend gegenüberstehen.<br />
Die Kommentare <strong>und</strong> Meinungsäusserungen sind z.T. kurz<br />
<strong>und</strong> bündig wie: „Das ist alles übertrieben“, „Ja, das stimmt<br />
so“, aber auch differenziert wie:<br />
„Besonders das mit dem körperlich guten Zustand. Dem<br />
muss ich zustimmen, dass es mir zwar körperlich gut, psychisch<br />
aber eher schlecht geht.“ (16)<br />
Ältere SchülerInnen<br />
über 16 Jahre alt<br />
Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler über 16 Jahre<br />
Die älteren über 16 Jahre alten Schülerinnen <strong>und</strong> Schülern<br />
zeigen durchwegs Betroffenheit zur Kernaussage „körperlich<br />
ges<strong>und</strong> – seelisch angeschlagen“, „materiell verwöhnt“ <strong>und</strong><br />
„emotionaler Analphabetismus“ <strong>und</strong> bestätigen diese Entwicklung<br />
mit eigenen Überlegungen, Gedanken <strong>und</strong> Erfahrungen.<br />
„Ich kann mir vorstellen, dass es viele Jungendliche gibt, die<br />
materiell verwöhnt, aber emotional vernachlässigt werden.<br />
Meistens werden diese <strong>Jugend</strong>lichen von Gleichaltrigen<br />
beneidet, später bemitleidet... (18)<br />
„Mich hat der Artikel samt den Zahlen erschüttert <strong>und</strong> sehr<br />
nachdenklich gestimmt. Ich denke, es sind Tatsachen, dass<br />
der ‚Erlebnismarkt die Gefühlswelt bedroht’ <strong>und</strong> ein ‚emotionaler<br />
Analphabetismus“ im Entstehen ist. Es war direkt eine<br />
Wohltat zu lesen, was an einigen <strong>Schulen</strong> bereits unternommen<br />
wird, um dem ‚Chaos’ entgegenzuwirken.“ (23)<br />
3 Frage zum Focus Beitrag „<strong>Jugend</strong>liche 2000 – Ges<strong>und</strong>e Körper – verunsicherte Seelen“ Schweizer Magazin für Ges<strong>und</strong>heitsförderung<br />
Nr. 5, Dez. 2000<br />
2001-10 -18 Silvio Sgier 7
Radix Befragung<br />
Ges<strong>und</strong>heitsförderung<br />
B Fragen zur Ges<strong>und</strong>heit<br />
1 Muss die Schule etwas Besonderes für die Ges<strong>und</strong>heit<br />
tun? Wenn ja warum? Wenn nein, warum nicht?<br />
a) Wenn nein, warum nicht?<br />
Nein, aber ...<br />
Nein aber – informieren <strong>und</strong> aufklären<br />
Nur wenige der Befragten finden, für die „Ges<strong>und</strong>heit“ zu<br />
sorgen sei nicht Aufgabe der Schule. Unter diesen sind es<br />
vor allem Jüngere, die sich partout nicht dreinreden lassen<br />
wollen <strong>und</strong> vehement ihre Autonomie verteidigen. Ihr Ges<strong>und</strong>heitsverständnis<br />
ist körperlich oder medizinisch orientiert,<br />
ihr Selbstverständnis: „ich bin ges<strong>und</strong>“, was so viel<br />
heisst: ich brauche nichts.<br />
Dieser Teil der <strong>Jugend</strong>lichen vertritt die Meinung, die Schule<br />
müsse nicht etwas Besonderes für die Ges<strong>und</strong>heit tun. Dafür<br />
seien sie selber <strong>und</strong> die Eltern verantwortlich oder zuständig.<br />
Gleichzeitig betonen sie aber, dass die Themen<br />
r<strong>und</strong> um Drogen sehr wichtig seien <strong>und</strong> dass sie von der<br />
Schule Aufklärung <strong>und</strong> Information erwarten.<br />
„Für seine Ges<strong>und</strong>heit trägt jeder selber Verantwortung,<br />
aber gegen Rauchen, Alkohol <strong>und</strong> Drogenkonsum sollte die<br />
Schule etwas unternehmen.“ 15<br />
Nein aber – soziale Unterstützung<br />
Aber auch jene, die die Eigenverantwortung betonen, sehen<br />
zum Beispiel die Bedeutung der sozialen Unterstützung.<br />
„Es bringt nichts, wenn die Schule mehr für die Ges<strong>und</strong>heit<br />
der <strong>Jugend</strong>lichen tun würde, weil am Schluss sowieso alle<br />
das machen, was sie für richtig halten.“ Bei der Frage nach<br />
besonders wichtigen Themen antwortet die gleiche Person:<br />
„Ich würde es noch gut finden, wenn Lehrer <strong>und</strong> Schüler<br />
mehr miteinander kommunizieren <strong>und</strong> sie sich gegenseitig<br />
helfen.“ 15<br />
„Ich finde, die Schule muss nichts für meine Ges<strong>und</strong>heit tun,<br />
denn dafür bin ich selbst verpflichtet. Aber wenn man an<br />
etwas leidet, sollte man mit dem Problem zum Lehrer gehen.“<br />
13<br />
2001-10 -18 Silvio Sgier 8
Radix Befragung<br />
Ges<strong>und</strong>heitsförderung<br />
1. Muss die Schule etwas Besonderes für die Ges<strong>und</strong>heit<br />
tun? Wenn ja warum? Wenn nein, warum nicht?<br />
b) Wenn ja. Warum?<br />
Ges<strong>und</strong>heitskonzepte<br />
Die Antworten widerspiegeln auf eindrückliche Weise das<br />
Ges<strong>und</strong>heitsverständnis <strong>und</strong> das Ges<strong>und</strong>heitskonzept der<br />
Befragten.<br />
Ges<strong>und</strong>heitsverständnis <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitskonzept<br />
Für die jüngeren Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler ist Ges<strong>und</strong>heit in<br />
erster Linie körperliche Ges<strong>und</strong>heit, für die jede einzelne<br />
Person zuständig ist. Die psychischen <strong>und</strong> sozialen Aspekte<br />
der Ges<strong>und</strong>heit werden zwar wahrgenommen, scheinen<br />
aber in ihrem Ges<strong>und</strong>heitskonzept nicht bestimmend.<br />
„Wenn die Schule nichts macht, mache ich es. Ist schliesslich<br />
mein Körper. Und wenn ich nichts für meine Ges<strong>und</strong>heit<br />
tue, finde ich ist das mein Problem...“ 16<br />
Ja, die Schule muss ... Ja, die Schule muss ...<br />
Fast alle Befragten sind aber der Meinung, Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong><br />
Ges<strong>und</strong>heitsförderung sei eine Aufgabe, die in die Schule<br />
gehöre. Die Schule sei ein wesentlicher Bestandteil des<br />
Lebens. Man verbringe viel Zeit in der Schule <strong>und</strong> sollte sich<br />
auch wohlfühlen können.<br />
„Die Schule sollte schauen, dass niemand ohne Zukunft aus<br />
der Schule landet.“ 15<br />
„Sie muss ein gutes Schulklima erzeugen.“ 15<br />
Ja, die Schule kann ... ,<br />
aber es ändert nicht viel<br />
Ja, die Schule kann ... , aber es ändert nicht viel<br />
Viele vertreten die Meinung, die Schule könne sicher etwas<br />
zur Ges<strong>und</strong>heit beitragen, sie könne jedoch nicht viel ändern.<br />
Verbote würden reizen <strong>und</strong> zu Trotzreaktionen führen, Regeln<br />
nichts nützen, zu viele seien kontraproduktiv.<br />
Die Schule könne vielleicht gute Rahmenbedingungen<br />
schaffen, für die eigene Ges<strong>und</strong>heit trage jeder selber Verantwortung.<br />
„Die Schule kann vielleicht gute Rahmenbedingungen<br />
schaffen, für die eigene Ges<strong>und</strong>heit trägt jeder selber<br />
Verantwortung.“ 18<br />
ja, trotzdem<br />
oder erst recht<br />
Ja, die Schule muss ... trotzdem oder erst recht<br />
<strong>Jugend</strong>liche über zwanzig vertreten die Meinung, es sei<br />
wichtig, dass die Schule etwas mache, auch wenn nicht alle<br />
direkt Interesse zeigen würden, „innerlich“ treffe es jeden<br />
<strong>und</strong> „jeder denke irgendwann daran“.<br />
„Wahrscheinlich würden viele Jungendliche denken, das<br />
betreffe sie nicht <strong>und</strong> es für unnötig halten. Aber unbewusst<br />
würden sie es trotzdem aufnehmen <strong>und</strong> sich wieder daran<br />
erinnern.“<br />
2001-10 -18 Silvio Sgier 9
Radix Befragung<br />
Ges<strong>und</strong>heitsförderung<br />
2. Welche Themen findest du besonders wichtig?<br />
Die Liste der für die befragten <strong>Jugend</strong>lichen wichtigen Themen<br />
ist lang. Sie umfasst die:<br />
- Information <strong>und</strong> Aufklärung<br />
- Auseinandersetzung mit Problemen <strong>und</strong> Herausforderungen<br />
des <strong>Jugend</strong>alters<br />
- Ernährung <strong>und</strong> Bewegung<br />
- Persönlichkeitsentwicklung<br />
- Schule <strong>und</strong> Schulkultur<br />
- Soziale Unterstützung<br />
Information <strong>und</strong> Aufklärung<br />
über Risiken<br />
Information <strong>und</strong> Aufklärung über Risiken<br />
Drogen, Drogenkonsum <strong>und</strong> -missbrauch, Alkohol, Rauchen<br />
<strong>und</strong> Kiffen, AIDS, Essstörungen, Magersucht, Bulimie<br />
Auseinandersetzung mit<br />
Problemen <strong>und</strong> Herausforderungen<br />
des <strong>Jugend</strong>alters<br />
Auseinandersetzung mit Problemen <strong>und</strong> Herausforderungen<br />
des <strong>Jugend</strong>alters<br />
Gewalt <strong>und</strong> Gruppendruck, Vergewaltigung, Ernährung,<br />
Sexualität <strong>und</strong> Schwangerschaft, Gleichberechtigung Mann<br />
<strong>und</strong> Frau, Suizid, Integrationsprobleme<br />
Suizid<br />
Mit Betroffenheit <strong>und</strong> Anteilnahme wird Suizid als sehr wichtiges<br />
Thema der gemeinsamen Auseinandersetzung genannt,<br />
weil der Suizid „auch für indirekt Betroffene zu grosser<br />
Belastung führe, weil er auch im Umfeld die Schuldfrage<br />
auslöse“.<br />
Ernährung <strong>und</strong> Bewegung<br />
Ernährung <strong>und</strong> Bewegung<br />
Von überraschend vielen der Befragten wird die Verpflegung<br />
in der Znüni-Pause erwähnt. Spürbar ist hier der<br />
Wunsch nach einem (besseren oder grösseren) Angebot.<br />
Der Turn- <strong>und</strong> Sportunterricht bringt eine willkommene Abwechslung<br />
<strong>und</strong> Bewegung in den Schulalltag. Einige möchten<br />
im Sinne der Ges<strong>und</strong>heit den Turn- <strong>und</strong> Sportunterricht<br />
ausbauen, nicht zuletzt weil „viele <strong>Jugend</strong>liche ausserhalb<br />
der Schule keinen Sport betreiben“. Unüberhörbar ist der<br />
Wunsch, vermehrt Wahlmöglichkeiten zu erhalten <strong>und</strong> –<br />
interessant – nach „Konzepte(n), die mehr Bewegung in den<br />
Unterricht bringen“.<br />
Persönlichkeitsentwicklung<br />
Lebenskompetenz<br />
Persönlichkeitsentwicklung<br />
Die Palette der persönlichkeitsbildenden Themen ist breit:<br />
Unterstützung im Suchen <strong>und</strong> Finden des Lebenssinns,<br />
Förderung von Selbstbewusstsein, der Fähigkeit, Gefühle<br />
offen zeigen, „irgendwie ein besseres Körpergefühl vermitteln<br />
(Essstörungen)“, Entspannungstechniken.<br />
Das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten stärken, Selbstverteidigung<br />
(„jede Frau sollte das machen“), die Auseinandersetzung<br />
mit Angst, sie sei „schlimm, die Angst vor Pöbeleien,<br />
Mobbing“, Kreativität, Naturerleben <strong>und</strong> -beziehung<br />
2001-10 -18 Silvio Sgier 10
Radix Befragung<br />
Ges<strong>und</strong>heitsförderung<br />
ermöglichen.<br />
Schule <strong>und</strong> Schulkultur<br />
Schule <strong>und</strong> Schulkultur<br />
Das rauchfreie Schulareal wird positiv vermerkt, gleichzeitig<br />
mit der Erwartung verb<strong>und</strong>en, Lehrer müssten sich auch<br />
daran halten. Sie hätten Vorbildfunktion.<br />
In vielen <strong>Schulen</strong> seien Stühle <strong>und</strong> Tische „sehr unbequem<br />
<strong>und</strong> sicher nicht ges<strong>und</strong>“. Der Wunsch nach besseren, gesünderen<br />
<strong>und</strong> bequemeren Stühlen wird mehrfach geäussert.<br />
Aber auch Aspekte der Schulkultur werden als wichtig eingeschätzt.<br />
Hierunter fallen:<br />
- Ein gutes Schulklima: „Sich wohl fühlen <strong>und</strong> akzeptiert<br />
sein in der Klasse.“<br />
- Vertrauen in die <strong>Jugend</strong>, Einbezug von <strong>Jugend</strong>lichen:<br />
„Projekte mit <strong>Jugend</strong>lichen, nicht für <strong>Jugend</strong>liche.“<br />
- Stärkung des Zusammenhalts- <strong>und</strong> des Zusammengehörigkeitsgefühls:<br />
„Man ist viel selbstbewusster, wenn<br />
man weiss, dass man nicht alleine steht.“<br />
- Gemeinsame Projekte: „Fähigkeiten fördern, Beziehungen<br />
stärken.“<br />
- Rhythmisierung des Schulalltags: „Ich finde es besonders<br />
wichtig, auf genügend Ausgleich während des Tages<br />
zu achten. D.h. auch die Schule müsste noch einmal<br />
über die Bücher ...“ 16<br />
Soziale Unterstützung<br />
Soziale Unterstützung<br />
Viele, auch jüngere Befragte sehen den besonders wichtigen<br />
Beitrag der Schule zur Ges<strong>und</strong>heit in der sozialen Unterstützung:<br />
„Es sei wichtig, mit jemandem über eigene Probleme sprechen<br />
zu können, dass jemand zuhöre.“<br />
„Mit den Lehrern sprechen können, wenn man Probleme<br />
hat.“<br />
„Eine Anlaufstelle, wo professionelle Unterstützung gewährleistet<br />
ist, wenn es um psychische Schwierigkeiten (psychische<br />
Probleme, Selbstmord) geht“.<br />
2001-10 -18 Silvio Sgier 11
Radix Befragung<br />
Ges<strong>und</strong>heitsförderung<br />
3. Heute ist überall von Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Fitness die Rede<br />
(Werbung, Fernsehen, Kiosk-Heftli ...). Trotzdem rauchen<br />
zum Beispiel immer mehr <strong>Jugend</strong>liche. <strong>Was</strong> ist deiner<br />
Meinung nach der Gr<strong>und</strong> dafür?<br />
Das Rauchen ist offensichtlich ein „Allheilmittel“. Es dient zur<br />
Stressbewältigung, Entspannung, gibt Sicherheit, verschafft<br />
Anerkennung <strong>und</strong> vermittelt die „kleine Freiheit“.<br />
Vorteile<br />
Nachteile<br />
Cool sein <strong>und</strong> geniessen<br />
Die jüngeren Befragten betonen in erster Linie die Vorzüge<br />
des Rauchens, interessanterweise auch die Nicht-Raucher.<br />
Cool <strong>und</strong> dabei sein, „nicht als „Weichei“ dastehen wollen“,<br />
erwachsen sein wollen, sich gross fühlen, der Genuss im<br />
Hier <strong>und</strong> Jetzt werden von <strong>Jugend</strong>lichen im Alter zwischen<br />
13 <strong>und</strong> 18 am häufigsten genannt, ebenso Neugier, Ablenkung,<br />
der Reiz wegen der Verbote.<br />
„Ich geniesse heute <strong>und</strong> kümmere mich nicht darum was<br />
später sein wird“, ist unüberhörbar. Ebenso die pragmatische<br />
Haltung, „Rauchen hilft, schlank zu bleiben“ oder „Man<br />
sagt: Mit Rauchen nimmt man ab. Warum denn nicht so.“<br />
Bealstungen<br />
Die älteren <strong>Jugend</strong>lichen benennen auch die belastenden,<br />
problematischen Umstände, die zum Rauchen führen können:<br />
Langeweile, Familienstress, Schulstress, hoher Erwartungsdruck,<br />
Belastungen, Leistungsdruck „man braucht<br />
wieder ein Hochgefühl“, Misserfolge, unglaubwürdige Vorbilder,<br />
Verführung durch Werbebotschaften „du wirst angezogen“.<br />
Die folgenden Zitate äussern die vielfältigen Lebensgefühle,<br />
die mit dem Rauchen in Verbindung gebracht werden:<br />
13-15Jährige<br />
- „Fun haben <strong>und</strong> Cool-sein steht auf dem ersten Rang,<br />
die Ges<strong>und</strong>heit auf dem dritten oder vierten“. „Es ist fein,<br />
es ist cool.“ „Damit bist du cool.“ „Sie denken, es sei<br />
cool.“<br />
- „Wer raucht zeigt, er geht ein Risiko ein.“ „Der Reiz etwas<br />
Bescheuertes zu tun.“<br />
16-19Jährige<br />
- „Tendenz, das Leben heute zu geniessen – was morgen<br />
ist, ist jetzt noch egal.“ „Die ges<strong>und</strong>heitlichen Schäden<br />
sieht man nicht sofort. Man denkt nicht, dass das<br />
einem selber passieren könnte (Lungenkrebs <strong>und</strong> so).“<br />
- „Die Welt ist schon genug kompliziert, da machen sich<br />
viele <strong>Jugend</strong>liche nicht auch noch Gedanken über solche<br />
‚Nebensächlichkeiten’. Spass steht an oberster<br />
Stelle, der Rest wird einfach verdrängt.“<br />
19-23Jährige<br />
- „Die <strong>Jugend</strong>lichen denken: Ich bin ja ges<strong>und</strong>. <strong>Was</strong> soll<br />
ich denn noch für meine Ges<strong>und</strong>heit tun?“<br />
- „Dass Mädchen wegen ihrem Gewicht zu rauchen beginnen,<br />
kann ich mir nicht vorstellen, jedoch dass sie<br />
deswegen nicht aufhören zu rauchen.“<br />
2001-10 -18 Silvio Sgier 12
Radix Befragung<br />
Ges<strong>und</strong>heitsförderung<br />
4. Welche Gefühle lösen die vielen „Ges<strong>und</strong>heitsbotschaften“<br />
bei dir aus?<br />
Ges<strong>und</strong>heitsbotschaften lösen bei den einen „nichts“ aus<br />
bzw. „nicht viel, eigentlich nichts, lassen mich kalt, interessieren<br />
mich gar nicht“. Andere nehmen sie gar nicht wirklich<br />
wahr: „Sie sind zu leise“, oder ignorieren sie: „Bei einem Ohr<br />
rein, beim anderen raus.“ „Moralpredigten – ich werde immun<br />
dagegen, denn zuviel härtet ab.“<br />
Verunsicherung<br />
Verunsicherung<br />
Die vielen <strong>und</strong> unterschiedlichen Botschaften verunsichern<br />
auch <strong>und</strong> können das Gegenteil bewirken: „Wenn es zu viel<br />
wird, hört man nicht mehr hin.“ Oder: „Auf Ges<strong>und</strong>heitsbotschaften<br />
höre ich schon gar nicht mehr. Die erzählen jeden<br />
Tag was Neues. Ich selber höre auf meine Mutter.“<br />
„Wenn sie einen immer <strong>und</strong> überall verfolgen, bewirken sie<br />
genau das Gegenteil.“<br />
„Ich achte schon ein bisschen darauf, wenn mir jemand<br />
sagt, Natels seien krebserregend.“ „Angst, wenn z. B. über<br />
krebserregende Substanzen gesprochen wird.“<br />
Nachdenklichkeit<br />
Nachdenklichkeit<br />
Ges<strong>und</strong>heitsbotschaften machen offensichtlich auch nachdenklich<br />
<strong>und</strong> lösen Skepsis aus:<br />
„Sie machen bewusst, was man sollte.“<br />
„Es ist positiv, dass es so viele davon gibt <strong>und</strong> man ‚theoretisch’<br />
weiss, wie man ges<strong>und</strong> leben kann.“<br />
„Es gibt so viele, man weiss nicht mehr, was man glauben<br />
soll.“ „<strong>Was</strong> ist heutzutage noch ges<strong>und</strong>?“<br />
Widerstand<br />
Widerstand <strong>und</strong> Verständnis<br />
Bei den jüngeren unter den Befragten ist die Widerstandshaltung<br />
unverblümt <strong>und</strong> auch häufiger: „Sie nerven einen<br />
manchmal richtig. Weil sowieso keiner auf sie hört“.<br />
„Botschaften wie ‚das ist ges<strong>und</strong>’ löst bei mir Wut aus, denn<br />
das Gegenteil ist oft auch wahr. Und es ist manchmal ernüchternd<br />
<strong>und</strong> endet mit der Frage: <strong>Was</strong> darf ich überhaupt<br />
noch machen?“<br />
Ältere <strong>Jugend</strong>liche kommentieren auch <strong>und</strong> bereits aus der<br />
Eltern-Perspektive. „Ich denke, dass viele <strong>Jugend</strong>liche sich<br />
bedrängt fühlen <strong>und</strong> denken, dass ihnen schon wieder von<br />
Erwachsenen dreingeredet wird.“<br />
2001-10 -18 Silvio Sgier 13
Radix Befragung<br />
Ges<strong>und</strong>heitsförderung<br />
5. Deine Schule ist Mitglied im „Schweizerischen Netzwerk<br />
Ges<strong>und</strong>heitsfördernder <strong>Schulen</strong>“. <strong>Was</strong> denkst du darüber?<br />
Hat dies für dich eine Bedeutung?<br />
Volkschulen<br />
Volksschulen<br />
Viele beantworten die Frage nicht. Viele erfahren erst durch<br />
die Radix-Befragung von der Netzwerk-Mitgliedschaft der<br />
eigenen Schule .Die meisten der Befragten, die auf die Frage<br />
eingehen, äussern sich sehr positiv zur Mitgliedschaft<br />
zum Netzwerk:<br />
„Ich bin stolz auf unsere Schule, nicht alle <strong>Schulen</strong> setzen<br />
sich für die Schüler ein. Gut, dass die Schule an die Ges<strong>und</strong>heit<br />
denkt <strong>und</strong> nicht nur an die Schule. Gut, wenn sich<br />
die Schule für uns <strong>und</strong> unsere Ges<strong>und</strong>heit einsetzt.“<br />
Nur wenige zeigen eine distanzierte <strong>und</strong> skeptische Haltungen:<br />
„Wir haben zwar vor zwei Jahren eine Ges<strong>und</strong>heitswoche<br />
gehabt, aber jetzt hängen nur noch diese Plakate herum.“<br />
Berufsschulen <strong>und</strong> Gymnasien<br />
Berufsschulen <strong>und</strong> Gymnasien<br />
Für die meisten Antwortenden hat die Mitgliedschaft keine<br />
persönliche Bedeutung. Trotzdem finden sie, es sei eine<br />
gute <strong>und</strong> unterstützendwerte Sache, auch wenn sie vor<br />
dieser Befragung nichts von der Mitgliedschaft gewusst hatten.<br />
Andere wünschten sich mehr Informationen darüber, „um<br />
sich eine Meinung bilden zu können“.<br />
„Ich wusste zuvor nicht davon, finde aber das Engagement<br />
der Schule gut <strong>und</strong> wichtig.“<br />
„Gut, dass es unserer Schule ein Anliegen ist, wie es um<br />
unserer Ges<strong>und</strong>heit steht.“<br />
Schule für Ges<strong>und</strong>heitspflege<br />
Schule für Ges<strong>und</strong>heitspflege<br />
Die Mitgliedschaft wird sehr positiv aufgenommen <strong>und</strong> entsprechend<br />
kommentiert. Sie sei für eine Schule der Ges<strong>und</strong>heits-<br />
<strong>und</strong> Krankenpflegeschule sehr wichtig, zeige<br />
aber auch Verantwortungsbewusstsein der Schule:<br />
„Die Ges<strong>und</strong>heitsorientierung eröffnet neue, erstaunliche<br />
Sicht- <strong>und</strong> Denkweise über Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Krankheit <strong>und</strong><br />
man kann sein Leben daran orientieren.“<br />
„Gut, wenn eine Schule sich Gedanken zur Ges<strong>und</strong>heit der<br />
Schüler macht.“<br />
„Positives Gefühl zu wissen, dass ich in einer fortschrittlichen<br />
Schule bin. Hoffe aber, dass Schüler miteinbezogen werden.“<br />
Aber auch leise Kritik ist vernehmbar: „Man könnte mehr aus<br />
diesem Titel machen (Musik im Aufenthaltsraum, Grünanlagen<br />
<strong>und</strong> Sitzmöglichkeiten im Sommer).“<br />
2001-10 -18 Silvio Sgier 14
Radix Befragung<br />
Ges<strong>und</strong>heitsförderung<br />
Empfehlungen für die Ges<strong>und</strong>heitsfördernde Schule<br />
Ausgehend von der Befragung der <strong>Jugend</strong>lichen <strong>und</strong> den<br />
daraus abgeleiteten <strong>und</strong> zusammengefassten Trends, erlaube<br />
ich mir im Folgenden, Empfehlungen für die Ges<strong>und</strong>heitsfördernde<br />
Schule zu formulieren.<br />
Ich habe die sieben Empfehlungen bewusst als Fragen<br />
formuliert, weil ich davon ausgehe, dass es sich bei Prozessen<br />
im Bereich Ges<strong>und</strong>heitsförderung immer um Optimierungsprozesse<br />
handelt.<br />
2001-10 -18 Silvio Sgier 15
Radix Befragung<br />
Ges<strong>und</strong>heitsförderung<br />
Sieben Empfehlungen<br />
für die Ges<strong>und</strong>heitsfördernde Schule<br />
Das Ges<strong>und</strong>heitskonzept der <strong>Jugend</strong>lichen präsentiert sich<br />
je älter desto differenzierter <strong>und</strong> ganzheitlicher. Ganz im<br />
Sinne der WHO wird Ges<strong>und</strong>heit als physisches, psychisches,<br />
soziales <strong>und</strong> ökologisches Wohlbefinden <strong>und</strong> nicht<br />
nur die Abwesenheit von Krankheit oder Gebrechen verstanden.<br />
Je älter die Befragten sind, desto differenzierter ist auch das<br />
Ges<strong>und</strong>heitsverständnis. Explizit wird allerdings der physischen<br />
Ges<strong>und</strong>heit grössere Bedeutung zugemessen.<br />
Mit Ges<strong>und</strong>heit werden offensichtlich Gebote <strong>und</strong> Verbote in<br />
Verbindung gebracht, aber auch die Unsicherheit, sich im<br />
„Dschungel der unterschiedlichen Botschaften“ zu orientieren.<br />
1. Zugang zu Informationen verschaffen<br />
persönliche Auseinandersetzung ermöglichen<br />
Information, Aufklärung<br />
<strong>und</strong> persönliche Auseinandersetzung<br />
Auch wenn Ges<strong>und</strong>heitsförderung langfristig angelegt <strong>und</strong><br />
prozessorientiert ist, muss der Zugang zu Information <strong>und</strong><br />
Aufklärung gewahrt bleiben. Information ist eine wichtige<br />
Voraussetzung, um in Eigenverantwortung entscheiden <strong>und</strong><br />
handeln zu können. Die Auseinandersetzung mit Risiken,<br />
Krankheiten <strong>und</strong> Herausforderungen des <strong>Jugend</strong>alters müssen<br />
mit den <strong>Jugend</strong>lichen gemeinsam gestaltet werden <strong>und</strong><br />
persönliches affektives Lernen ermöglichen.<br />
Fragestellungen:<br />
- Wie regelt <strong>und</strong> koordiniert unsere Schule die klassische<br />
Information, Aufklärung über Drogen, Drogenkonsum<br />
<strong>und</strong> -missbrauch ihrer Schüler <strong>und</strong> Schülerinnen<br />
- Wie koordiniert <strong>und</strong> gestaltet unsere Schule die Auseinandersetzung<br />
mit für <strong>Jugend</strong>liche relevante Risiken,<br />
Krankheiten <strong>und</strong> Herausforderungen?<br />
2. Nicht für <strong>Jugend</strong>liche, sondern mit <strong>Jugend</strong>lichen<br />
Partizipation<br />
<strong>Jugend</strong>liche reagieren sensibel auf moralisierende Botschaften,<br />
mit Widerständen auf Verbote. Sie wollen ernst genommen<br />
werden <strong>und</strong> sie wollen gefragt bzw. einbezogen<br />
werden. Partizipation muss erfahren werden.<br />
Fragestellungen zur Partizipation<br />
- Wie fördern wir im Schulalltag <strong>Jugend</strong>liche in ihrer<br />
Selbst- <strong>und</strong> Fremdwahrnehmung?<br />
- Wie übertragen wir <strong>Jugend</strong>lichen im Schulalltag Verantwortung?<br />
- Wie beziehen wir <strong>Jugend</strong>liche stärker in ges<strong>und</strong>heitsfördernde<br />
Projekte <strong>und</strong> Prozesse ein?<br />
2001-10 -18 Silvio Sgier 16
Radix Befragung<br />
Ges<strong>und</strong>heitsförderung<br />
3. Nicht für <strong>Schulen</strong> sondern mit <strong>Schulen</strong><br />
Prozesskompetenz<br />
Damit <strong>Jugend</strong>liche den Sinn ges<strong>und</strong>heitsfördernder Anstrengungen<br />
in ihrer Schule nachvollziehen können, müssen<br />
die Beweggründe <strong>und</strong> Ziele kommuniziert werden. Eine Vielzahl<br />
von ges<strong>und</strong>heitsfördernden Einzelaktivitäten können<br />
<strong>Jugend</strong>liche nicht einordnen. Prozesse sind wichtiger als<br />
Strukturen. Fragestellungen zur Prozesskompetenz:<br />
- Wie können <strong>Schulen</strong> befähigt werden, nach dem „Modell<br />
der wirklichen Bedürfnisse“ (Ist-Soll-Zustand) nachhaltige<br />
Prozesse einzuleiten <strong>und</strong> zu gestalten?<br />
- Wie können möglichst alle Betroffenen – auch die <strong>Jugend</strong>lichen<br />
– zu Beteiligten gemacht werden?<br />
4. Ges<strong>und</strong>e Körper – sinnorientierte Seelen<br />
Psychische <strong>und</strong> soziale<br />
Ges<strong>und</strong>heit<br />
Seelische Ges<strong>und</strong>heit ist mehr als nur die Abwesenheit seelischer<br />
oder psychischer Erkrankungen, Störungen <strong>und</strong><br />
Probleme. Diese Tatsache nehmen viele <strong>Jugend</strong>liche wahr,<br />
auch wenn nicht alle dies bewusst mit ihrem Ges<strong>und</strong>heitskonzept<br />
verknüpfen.<br />
Es lohnt sich mit Sicherheit, Lernangebote für die Auseinandersetzung<br />
mit der persönlichen Sinnfindung <strong>und</strong> dem<br />
Kohärenz-Gefühl zu gestalten. Je stärker das Kohärenzgefühl<br />
ausgeprägt ist, desto besser gelingt es den Menschen,<br />
ges<strong>und</strong> zu bleiben.<br />
Das Kohärenzgefühl ist ein dynamisches Gefühl des Vertrauens,<br />
- dass die Anforderungen, die das Leben stellt vorhersagbar,<br />
erklärbar <strong>und</strong> verstehbar sind,<br />
- dass die Ressourcen zur Verfügung stehen, die Anforderungen<br />
zu bewältigen,<br />
- dass es sich lohnt <strong>und</strong> sinnvoll ist, die Anforderungen<br />
als Herausforderung anzunehmen <strong>und</strong> sich zu engagieren.<br />
Fragestellungen zur psychischen <strong>und</strong> sozialen Ges<strong>und</strong>heit:<br />
- Wie begleiten <strong>und</strong> unterstützen wir <strong>Jugend</strong>liche in der<br />
Sinnsuche?<br />
- Wie fördern wir ihre persönlichen Ressourcen?<br />
- Wie stärken wir ihre sozialen Kompetenzen?<br />
- Wie unterstützen wir sie im persönlichen Umgang mit<br />
Belastungen, Schwierigkeiten, <strong>und</strong> Disstress?<br />
- Sind Entspannungsmethoden <strong>und</strong> Meditationsräume ein<br />
Thema an unseren <strong>Schulen</strong>?<br />
2001-10 -18 Silvio Sgier 17
Radix Befragung<br />
Ges<strong>und</strong>heitsförderung<br />
5. Beziehungsqualität <strong>und</strong> professionelle Unterstützung<br />
Beziehungsgestaltung<br />
<strong>und</strong> soziale Unterstützung<br />
Überraschend viele <strong>Jugend</strong>liche würden es wünschen <strong>und</strong><br />
schätzen, mit Lehrpersonen <strong>und</strong> Fachleuten über Probleme<br />
<strong>und</strong> Schwierigkeiten sprechen zu können.<br />
<strong>Jugend</strong>liche bei individuellen, persönlichen <strong>und</strong> sozialen<br />
Schwierigkeiten zu unterstützen, ist eine wesentlicher Beitrag<br />
zur Früherkennung von Problembetroffenen <strong>und</strong> damit<br />
zur „Ges<strong>und</strong>heitsfördernden Schule“.<br />
Fragestellungen zur Beziehungsgestaltung <strong>und</strong> zur sozialen<br />
Unterstützung:<br />
- Wie bewusst gestalten wir unsere Beziehungen zu unseren<br />
Schülerinnen <strong>und</strong> Schülern?<br />
- In wie weit zeigen wir unser Interesse für Schülerinnen<br />
<strong>und</strong> Schüler?<br />
- In wie weit gelingt es uns in Gesprächen mit Schülerinnen<br />
wertschätzend <strong>und</strong> empathisch zu sein?<br />
- Setzen wir uns in unserer Schule für Unterstützungsangebote,<br />
z.B. für eine SchülerInnenberatung ein?<br />
- In wie weit bestehen Kontakte bzw. wie kooperieren wir<br />
als Schule mit professionellen Fachstellen <strong>und</strong> Fachleuten?<br />
6. Ges<strong>und</strong>e Menschen in „ges<strong>und</strong>en“ Organisationen<br />
Schulkultur<br />
Ges<strong>und</strong>heit wird nicht gelehrt, kann nur begrenzt unterrichtlich<br />
abgehandelt werden. Die Schule kann aber für die ges<strong>und</strong>e<br />
Entwicklung von <strong>Jugend</strong>lichen <strong>und</strong> Lehrpersonen<br />
günstige Rahmenbedingungen schaffen.<br />
Fragestellungen zur Schulkultur:<br />
- Wie sorgen wir an unserer <strong>Schulen</strong> für eine gute Schulatmosphäre,<br />
so „dass alle glücklich sind“, wie eine<br />
Schülerin sich äussert?<br />
- Wie gestalten wir bessere, lernfre<strong>und</strong>lichere ges<strong>und</strong>heitsförderliche<br />
Rituale, Rhythmen <strong>und</strong> Routinen im<br />
Schulalltag?<br />
- Wie fre<strong>und</strong>lich <strong>und</strong> einladend wirkt unser Schulhaus <strong>und</strong><br />
in wie weit setzen wir uns für ergonomisches Schulmobiliar<br />
ein?<br />
7. Tue Gutes <strong>und</strong> sprich darüber!<br />
Kommunikation<br />
Es genügt nicht, nur Gutes zu tun. Die Schule muss das,<br />
was sie tut, kommunizieren, heisst über Ziele, Inhalte <strong>und</strong><br />
Beweggründe informieren.<br />
Fragestellungen zur Kommunikation:<br />
- Warum ist unsere Schule Mitglied des Netzwerks?<br />
- Von welchem Ges<strong>und</strong>heitsbegriff <strong>und</strong> -konzept geht<br />
unsere Schule aus?<br />
- <strong>Was</strong> geschieht in Bezug auf Ges<strong>und</strong>heitsförderung an<br />
der unserer Schule, warum <strong>und</strong> mit welchem Ziel?<br />
2001-10 -18 Silvio Sgier 18
Radix Befragung<br />
Ges<strong>und</strong>heitsförderung<br />
Schlusswort<br />
<strong>Was</strong> für alle sieben Empfehlungen gilt, bringt Alfred Herrhausen<br />
auf den Punkt:<br />
„Wir müssen das, was wir denken, auch sagen. Wir müssen<br />
das was wir sagen, auch tun. Und wir müssen das, was wir<br />
tun, dann auch sein.“<br />
Und – das gilt nicht nur für Individuen, sondern ebenso für<br />
Gruppen, Organisationen <strong>und</strong> deren Umfeld.<br />
Das letzte Wort gehört der Stimme der <strong>Jugend</strong>. Ein<br />
16jähriger Schüler zur Bedeutung des Netzwerks Ges<strong>und</strong>heitsfördernder<br />
<strong>Schulen</strong>:<br />
„Ja, alles, was von vielen Menschen, welche gleiche Ziele<br />
verfolgen, kommt, hat auch seine Macht <strong>und</strong> Wirkung.“<br />
2001-10 -18 Silvio Sgier 19