Gemütlichkeit statt Luxus ... und wozu wir ihn ... - bei GOLDENAge
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GOLDEN<br />
Age<br />
Die Eisheiligen<br />
Die katholischen Namenspatrone der<br />
Tage vom 11. bis zum 15. Mai haben<br />
zweifelhafte Berühmtheit <strong>bei</strong> Gärtnern<br />
<strong>und</strong> in der Land<strong>wir</strong>tschaft erhalten:<br />
Mamertus, Pankratius, Servatius,<br />
Bonifatius <strong>und</strong> schließlich die „kalte“<br />
Sophie gelten als Wetterheilige. Die<br />
Annahme beruht auf jahrh<strong>und</strong>ertealten<br />
Erfahrungen <strong>und</strong> Beobachtungen<br />
von Bauern, die bereits vor den Wetteraufzeichnungen<br />
gemacht wurden,<br />
die sich aber heute meteorologisch<br />
nicht mehr bestätigen lassen.<br />
Schafskälte, Johannisflut <strong>und</strong><br />
Sommersonnwende<br />
der Bauernkalender<br />
Der Juni enthält den Tag der Sonnenwende<br />
(21. Juni, abhängig von<br />
der Himmelsmechanik auch am 20. Kalenderjahres beginnt mit demselben<br />
Wochentag wie der Juni. Der<br />
oder 22. Juni möglich), der auf der<br />
Nordhalbkugel der längste Tag mit Februar des Folgejahres hingegen beginnt<br />
mit dem gleichen Wochentag<br />
der kürzesten Nacht des Jahres ist.<br />
Er ist nach der römischen Göttin wie der Juni des laufenden Jahres.<br />
Juno, der Gemahlin des Göttervaters Meteorologisch hat der Juni einiges<br />
Jupiter, benannt. Der alte deutsche zu bieten: Nach der ersten Heumahd<br />
Monatsname ist Brachet oder Brachmond,<br />
da in der Dreifelder<strong>wir</strong>tschaft mitte von Schäfern gefürchtet, da<br />
<strong>wir</strong>d ein Kälteeinbruch zur Monats-<br />
des Mittelalters in diesem Monat den frisch geschorenen Schafen der<br />
die Bear<strong>bei</strong>tung der Brache begann. Tod droht. Heftige Regenfälle am<br />
Kein anderer Monat des laufenden Monatsende lösen die gefürchtete<br />
Für die Hausapotheke:<br />
Johanniskrautöl – selbst gemacht<br />
Seit jeher wussten kräuterk<strong>und</strong>ige Menschen <strong>und</strong> Ärzte, so z.B. auch Paracelsus, um<br />
die vielfältige Heil<strong>wir</strong>kung des Johanniskrautes. Wie kaum eine andere Pflanze ist das<br />
Johanniskraut mit der Sonne assoziiert, deren Kraft es an den längsten Tagen des Jahres<br />
aufnimmt, um sie in den dunklen Tages des Winters an uns Menschen abzugeben.<br />
Rezept: Johanniskrautöl<br />
Ein Glas voll Johanniskrautblüten an einem sonnigen Tag sammeln.<br />
Diese in einem Mörser leicht anquetschen.<br />
Gutes Öl (z.B. Olivenöl) über die zerquetschten Blüten gießen, bis sie<br />
bedeckt sind.<br />
Glas verschießen <strong>und</strong> an einen sonnigen, warmen Platz stellen.<br />
Blütenbrei mit Nach einigen Tagen beginnt das Öl sich rot zu färben. Je wärmer der<br />
Olivenöl bedecken<br />
<strong>und</strong> Glas<br />
Platz, an dem es steht, desto schneller beginnt dieser Prozess. Das Glas<br />
gut verschließen ab <strong>und</strong> zu schütteln. Nach 40 Tagen <strong>wir</strong>d das Öl gefiltert, am besten mit<br />
einem Kaffeefilter. Es dauert mehrere St<strong>und</strong>en bis das Öl durch den Filter<br />
in ein zweites Glas getropft ist. Das Öl in eine dunkle Flasche füllen <strong>und</strong><br />
mit Datum beschriften.<br />
Haltbarkeit: ca. 1 Jahr<br />
Äußerlich angewendet <strong>wir</strong>kt Johanniskrautöl schmerzstillend <strong>und</strong> entzündungshemmend.<br />
Es ist sehr <strong>wir</strong>kungsvoll <strong>bei</strong> Rheuma, Gicht, Hexenschuss,<br />
Prellungen, Quetschungen <strong>und</strong> (Brand)W<strong>und</strong>en. Mehrmals täglich<br />
Nach 40 Tagen<br />
hat sich das Öl<br />
tiefrot gefärbt auf die betreffenden Partien auftragen bzw. einmassieren.<br />
Eine sehr alte, aber immer noch beliebte Form der Wettervorhersage:<br />
Johannisflut aus, die auch <strong>bei</strong> uns in<br />
den letzten Jahren immer wieder für<br />
verheerende Überschwemmungen<br />
gesorgt hat. Diese wiederkehrenden<br />
Beobachtungen waren dazu angetan,<br />
dass die Bevölkerung Rituale zur<br />
Abwendung dieser Wetterkapriolen<br />
entwickelte. Alles zwischen beten<br />
<strong>und</strong> tanzen, büßen <strong>und</strong> hoffen war<br />
erlaubt – <strong>und</strong> half dennoch nicht.<br />
Eine Sonnenwende (lat. Solstitium,<br />
Heliostásion, „Stillstand der Sonne“)<br />
findet zweimal im Jahr <strong>statt</strong>. Zur<br />
Sommersonnenwende (an Orten<br />
nördlich des nördlichen Wendekreises)<br />
erreicht die Sonne ihren<br />
mittäglichen Höchststand über dem<br />
Horizont. Heuer ist dieser Zeitpunkt<br />
am 21. Juni um 19:16 Uhr MESZ.<br />
Der Tag der Sommersonnenwende<br />
gilt seit je als mystischer Tag;<br />
Sonnenwendfeste hatten vor allem<br />
in den germanischen, nordischen,<br />
baltischen, slawischen <strong>und</strong> keltischen<br />
Religionen einen festen Platz. Je größer<br />
der Unterschied zwischen dem<br />
harten Winter <strong>und</strong> dem warmen<br />
Sommer ist, desto intensiver wurde<br />
gefeiert. Im Norden Europas, wo im<br />
Sommer die Nächte gar nicht mehr<br />
dunkel werden (die „Weißen Nächte“),<br />
haben „Mittsommerfeste“ mehr<br />
Bedeutung als in Südeuropa.<br />
Johannistag, Johanniskraut,<br />
Johannistrieb,…<br />
Seit der Christianisierung Europas<br />
werden diese Feiern oft mit dem<br />
Heiligen des 24. Juni, Johannes dem<br />
Fokus & Trend<br />
Täufer, verb<strong>und</strong>en, der als besonders<br />
mächtiger Heiliger galt. Einige der<br />
Sonnenwendbräuche, die sich bis<br />
heute erhalten haben, wie die Johannisfeuer<br />
(auch „Hagelfeuer“), sind<br />
nach ihm benannt. Am Johannistag<br />
werden die grünen Nüsse für den<br />
Nusslikör geerntet <strong>und</strong> das heilsame<br />
Johanniskraut beginnt zu blühen. Traditionell<br />
werden auch Rhabarber <strong>und</strong><br />
Spargel bis zu diesem Tag geerntet<br />
<strong>und</strong> Johanni gilt als spätester Termin<br />
für die Heuernte. Durch Witterungseinflüsse<br />
bedingt treiben manche<br />
Blattknospen von Laubgehölzen,<br />
die für das nächste Frühjahr angelegt<br />
sind, schon um das Datum des<br />
Johannistages am 24. Juni aus. Diese<br />
Besonderheit, der Johannistrieb, ist<br />
für die scherzhafte Bezeichnung einer<br />
gesteigerten Sexualität alter Menschen<br />
namensgebend („zweiter Frühling“).<br />
Johanni gilt auch als Lostag im Zusammenhang<br />
mit Bauernregeln:<br />
„Vor dem Johannistag man Gerst‘<br />
<strong>und</strong> Hafer nicht loben mag.“ (Der<br />
„Johannisschnitt“ gelingt noch <strong>bei</strong><br />
gutem Wetter)<br />
„Der Kuckuck kündet teure Zeit,<br />
wenn er nach Johanni schreit.“ (Eine<br />
verzögerte Entwicklung der Tiere ist<br />
meist verb<strong>und</strong>en mit schlechtem Wetter<br />
<strong>und</strong> daher mit Ernteausfällen)<br />
Und einen Schwerpunkt setzt die<br />
Bauernregel für den 27. Juni: So wie<br />
das Wetter am Siebenschläfertag ist,<br />
<strong>wir</strong>d es die nächsten 7 Wochen sein –<br />
eine Prognose die in unseren Breiten<br />
zu 70 % zutrifft. In diesem Sinne<br />
wünscht Ihnen <strong>GOLDENAge</strong> einen<br />
schönen Sommer! ✵<br />
Johanniskraut, um den Teufel zu<br />
vertreiben: Der Sage nach stammen<br />
die kleinen Löcher im Blatt des<br />
Johanniskrauts vom Teufel, der aus<br />
Bosheit über die Macht, die dieses<br />
Kraut über böse Geister <strong>und</strong> über<br />
<strong>ihn</strong> selbst besaß, die Blätter mit<br />
Nadeln zerstochen haben soll.<br />
Emotionales<br />
Auf- <strong>und</strong> Anregungen von Charlotte Winkler<br />
Winkl(er)<br />
Werk<br />
Stellen Sie sich folgendes Szenario vor: Ein Mann – nimmer ganz<br />
jung, aber noch weit davon entfernt, ein Golden Ager zu sein, schlendert<br />
an einem sonnigen Sonntagvormittag durch die Meidlinger Hauptstraße.<br />
Auf einem Bankerl dort sitzt ein älterer Schwarzer in grün-gelber Stammestracht.<br />
Ein bisschen schräg, in der Umgebung, aber schön anzusehen.<br />
Der junge Mann spricht den älteren Schwarzen an <strong>und</strong> sagt ihm, dass ihm<br />
sein Gewand gut gefällt. Daraus entwickelt sich ein Gespräch, in dem<br />
der ältere Herr dem Jüngeren seine Geschichte erzählt. Er sei 70 Jahre alt,<br />
heiße Jimmy <strong>und</strong> sei der einzige nigerianische Olympiasieger. Tokio 1964.<br />
Als Boxer. Bei einem Kampf in der Stadthalle habe er sein Augenlicht<br />
verloren, hätte dann einen Job von den Wiener Wasserwerken bekommen.<br />
Und nun sei er in Pension. Seine Frau lege ihm jeden Morgen seine<br />
Kleidung zurecht <strong>und</strong> <strong>bei</strong> Sonnenschein sitze er dann auf der Meidlinger<br />
Hauptstraße <strong>und</strong> sei glücklich. Er lacht <strong>und</strong> macht dem Jüngeren, der<br />
keine Behinderung hat, Mut.<br />
Ganz stimmt der Lebenslauf von Nojim Mayegun<br />
nicht. Er ist erst 67. Und Olympiasieger war er auch<br />
nicht, sondern nur Gewinner der Bronzemedaille. Aber<br />
darum geht es nicht.<br />
Der Mann, der in dem Jahr geboren wurde, als<br />
Mayegun seine Medaille gewonnen hat, ist sehr<br />
berührt von der Begegnung <strong>und</strong> schreibt sie ins Facebook.<br />
Er schließt die Geschichte mit: „Ich bin immer<br />
noch fassungslos. So eine gute, positive Laune. Und so<br />
un<strong>wir</strong>klich.“ Und <strong>wir</strong>d damit zur Zielscheibe <strong>bei</strong>ßenden<br />
Spotts einiger junger Frauen, die zu seinen Facebook-<br />
Fre<strong>und</strong>en gehören. Seine Empathie <strong>wir</strong>d ihm zum Vorwurf<br />
gemacht, <strong>und</strong> auch ein vermeintliches besser-sein-Wollen,<br />
Gutmenschentum heißt das Unwort.<br />
Ich habe seinen Eintrag auch gelesen <strong>und</strong> mich<br />
hat er berührt. Über die Prügel, die er dann von Frauen<br />
beziehen musste, die meine Kinder sein könnten, habe ich mir<br />
so meine Gedanken gemacht. Haben nicht gerade die Frauen<br />
meiner/unserer Generation sich Männer gewünscht, die genau<br />
das besitzen, was oben geschildert wurde: einen emotionalen<br />
Zugang zu Situationen, zu anderen Menschen.<br />
Männer dürfen <strong>und</strong> sollen weinen, wurde postuliert, weil die<br />
Machos, die immer so stark waren, uns unendlich nervten. Endlich also gibt<br />
es Männer, die anders ticken. So, wie <strong>wir</strong> es gewollt haben. Aber nun sind<br />
die Frauen so unendlich „cool“ geworden, dass sie das lächerlich finden. Ist<br />
das die neue Frau zum neuen Mann? Rollentausch? Werden Frauen dadurch<br />
im Beruf besser, dass nun sie sich hinter einer Barriere verschanzen, die<br />
Gefühle nimmer zulässt? War es nicht eigentlich die emotionale Intelligenz,<br />
die <strong>wir</strong> Frauen den Männern immer voraus hatten <strong>und</strong> die sollen <strong>wir</strong> jetzt<br />
aufgeben um uns selbst als gleichwertig zu fühlen?<br />
Das kann’s wohl auch nicht sein. Oder wenn, dann sollte man<br />
schleunigst etwas daran ändern. Ein Mann, der zu Empathie fähig ist, darf<br />
nicht als Weichei, Beckenrandschwimmer oder Warmduscher abqualifiziert<br />
werden. Und der Jimmy in Meidling, der nette Menschen an der Stimme<br />
als solche erkennt, soll noch lange zufrieden auf seiner Bank sitzen <strong>und</strong> auch<br />
Frauen wegen ihrer Stimme mögen wollen.<br />
Auf- <strong>und</strong> Anregungen an: ch.winkler@goldenage.eu<br />
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