ich lebe nicht allein zusammen - GEW
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GASTKOMMENTAR<br />
8. MÄRZ 2008<br />
INTERNATIONALER FRAUENTAG<br />
Dorothea Schäfer, stellv.<br />
<strong>GEW</strong>-Landesvorsitzende<br />
Nordrhein-Westfalen<br />
In meinem Arbeitszimmer hängt ein Plakat<br />
von 1976, signiert von Klaus Staeck. Es zeigt<br />
einen Blick in den Deutschen Bundestag. Es<br />
zeigt ausschließl<strong>ich</strong> Männer, Männer in Anzügen<br />
und mit Krawatten, Männer zuhörend<br />
oder nachdenkl<strong>ich</strong>. Es trägt die schl<strong>ich</strong>te<br />
Überschrift: „Jeder zweite Abgeordnete ist<br />
eine Frau.“<br />
S<strong>ich</strong>er ist die Situation heute anders. Wir<br />
Frauen haben viel erre<strong>ich</strong>t. Aber der internationale<br />
Frauentag hat auch heute seine<br />
Funktion als Protesttag n<strong>ich</strong>t verloren. Als<br />
gesellschaftl<strong>ich</strong>es Mahnmal weist er auf Menschenrechtsverletzungen,<br />
Benachteiligungen<br />
und Diskriminierungen von Mädchen und<br />
Frauen hin und hebt die geschlechtergerechte<br />
Gle<strong>ich</strong>stellung für Mädchen und Frauen auf<br />
die politische Agenda.<br />
„Deutschland weiterhin Entwicklungsland für Frauen!“<br />
- titelt Lissy Gröner, die frauenpolitische Sprecherin der<br />
Fraktion der Sozialdemokratischen Partei Europas (SPE)<br />
im Europäischen Parlament, anlässl<strong>ich</strong> des aktuellen<br />
Ber<strong>ich</strong>ts zur Gle<strong>ich</strong>stellung von Frauen und Männern<br />
in der EU 2008. Und sie hat Recht. Nach dem Ber<strong>ich</strong>t<br />
ist die Beschäftigungsquote von Frauen zwar prinzipiell<br />
gestiegen, die Beteiligung an höherwertigen Stellen<br />
entspr<strong>ich</strong>t aber bei weitem n<strong>ich</strong>t dem Anteil der Frauen,<br />
die Universitätsabschlüsse haben und über ein besseres<br />
Bildungsniveau verfügen als Männer. Vor allem die Bezahlung<br />
ihrer Arbeit bleibt weit hinter der ihrer männl<strong>ich</strong>en<br />
Kollegen zurück.<br />
Im EU-Durchschnitt verdienen Frauen 15 Prozent weniger<br />
pro Arbeitsstunde, in Deutschland klafft die Schere<br />
in einigen Branchen sogar bis zu 30 Prozent auseinander.<br />
Deutschland schneidet im europäischen Vergle<strong>ich</strong> bei<br />
fast allen gemessenen Indikatoren schlecht ab und zeigt<br />
erhebl<strong>ich</strong>e Defizite bei der Gle<strong>ich</strong>stellung von Frauen<br />
und Männern.<br />
Während z. B. in Norwegen ein Gesetz zur Frauenförderung<br />
in der Wirtschaft geschaffen wurde, nach dem ein<br />
Unternehmen die Börsennotierung verliert, wenn n<strong>ich</strong>t<br />
mindestens 30 Prozent der Frauen im Aufs<strong>ich</strong>tsrat vertre-<br />
ten sind, hinkt Deutschland wieder einmal einer solchen<br />
Entwicklung hinterher. Elterngeld für Väter und damit<br />
die Mögl<strong>ich</strong>keit, zwei Monate länger Elterngeld beziehen<br />
zu können, ist s<strong>ich</strong>er ein Schritt in die r<strong>ich</strong>tige R<strong>ich</strong>tung.<br />
Insgesamt gibt es aber immer noch zu viele Appelle und<br />
freiwillige Vereinbarungen und zu wenig verbindl<strong>ich</strong>e<br />
gesetzl<strong>ich</strong>e Regelungen.<br />
Auch wenn es für<br />
die im Bildungsbere<strong>ich</strong><br />
Beschäftigten<br />
im Prinzip<br />
die gle<strong>ich</strong>e Bezahlung<br />
für Frauen<br />
und Männer<br />
gibt, ist die Benachteiligung<br />
offenkundig und<br />
vielfältig:<br />
• Frauen unterbrechen<br />
ihre<br />
Berufstätigkeit<br />
aufgrund der<br />
Familienplanung<br />
häufiger, arbeiten überproportional in Teilzeit und<br />
verz<strong>ich</strong>ten auf Beförderungsstellen, insbesondere auf<br />
Leitungspositionen.<br />
• In den schlechter bezahlten Erziehungsberufen in Kindergärten,<br />
Kindertagesstätten oder Jugendhilfeeinr<strong>ich</strong>tungen<br />
arbeiten überwiegend Frauen. Zum Teil müssen<br />
sie befristete Stellen annehmen und sind abhängig von<br />
der Verlängerung ihrer Verträge oder der Einr<strong>ich</strong>tung<br />
neuer Projekte.<br />
• Die Lehrkräfte an Grundschulen z.B. gehören zu den<br />
am schlechtesten bezahlten Lehrerinnen und Lehrern<br />
mit den geringsten Beförderungsmögl<strong>ich</strong>keiten. Selbst<br />
die Übernahme einer Schulleitungsstelle bringt wenig<br />
mehr Bezahlung, dabei aber viel mehr Arbeit und Verantwortung.<br />
Auch hier sind überwiegend Frauen betroffen.<br />
Es gibt viel zu tun - packen wir‘s an. Nehmen wir den<br />
Internationalen Frauentag zum Anlass, die Gle<strong>ich</strong>stellung<br />
der Geschlechter als w<strong>ich</strong>tiges Arbeitsgebiet für Frauen<br />
und Männer neu auf unsere Agenda zu setzen. Nehmen<br />
wir Gendermainstreaming endl<strong>ich</strong> ernst und wenden<br />
es an!<br />
Erstabdruck in: neue deutsche schule,<br />
Mitgliedermagazin der <strong>GEW</strong> NRW, Ausgabe 2/08<br />
<strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 3 / 2008<br />
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