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ich lebe nicht allein zusammen - GEW

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BILDUNGSPOLITIK<br />

einzelnen widmen. Sogar in den Niederlanden mit seinem gegliederten<br />

Schulwesen gehen die meisten Schüler acht Jahre lang<br />

gemeinsam in eine Klasse.“<br />

Was die Tiere fressen, ist das Thema in diesem Biologieunterr<strong>ich</strong>t der<br />

2. Klasse in der finnischen Grundschule in Espoo.<br />

Schulen halten ihre Prüfungen zur selben Zeit. Noten gibt es ab<br />

Klasse 6. Sitzen bleiben kann man n<strong>ich</strong>t, allenfalls einzelne Kurse<br />

wiederholen, wenn das Ergebnis zu schlecht war. Das Geheimnis<br />

des finnischen Erfolgs, meint Hendricks, sei die Zuwendung, die<br />

jedes Kind von Lehrerinnen und Lehrern erfährt, aber auch von den<br />

anderen Menschen, die an der Schule arbeiten: Sonderpädagogen<br />

und Gesundheitsfürsorger, Schulassistenten und Stundenlehrer.<br />

KANADA: SCHÜLER INDIVIDUELL WAHRNEH-<br />

MEN<br />

Kanada lag bei PISA erneut weit vorn. Warum sind kanadische<br />

Schulen so erfolgre<strong>ich</strong>? Drei der Kinder von Renate Hendricks<br />

haben jeweils ein halbes Jahr lang eine kanadische Schule besucht.<br />

Allen kanadischen Schulen, so ihr Fazit, ist eines gemeinsam: der<br />

Schüler ist als Person w<strong>ich</strong>tig. Alle Schüler werden individuell<br />

wahrgenommen, Lehrer sind Unterstützer und Begleiter, n<strong>ich</strong>t<br />

Stoff- oder Wissensvermittler. Kanada ist genau wie Deutschland<br />

ein föderaler Staat, in dem jede Provinz ihr eigenes Bildungsministerium<br />

hat. Der entscheidende Unterschied zu Deutschland liegt in<br />

der Struktur: Kanadas Schulen sind Gesamtschulen. Sechs bis acht<br />

Jahr dauert die Grundschule, dann folgen drei Jahre Junior High<br />

School, die zwei Zweige haben. Der eine führt zum Studium, der<br />

In Finnland, ber<strong>ich</strong>tet Hendricks, beträgt die Schulpfl<strong>ich</strong>t neun<br />

Jahre, für Kinder mit großen Lernproblemen sind es elf, „anders<br />

als bei uns, wo die Schwächsten die kürzeste Ausbildung haben“.<br />

In den siebziger Jahren sahen s<strong>ich</strong> die Finnen viele Schulen an. Sie<br />

übernahmen schließl<strong>ich</strong> das System der DDR, das in der deutschen<br />

Strukturdebatte gern als „sozialistische Einheitsschule“ beschimpft<br />

wird. In Finnland betreuen Kindertagesstätten die Kinder ab dem<br />

ersten Lebensjahr. In die Vorschule gehen 98 Prozent aller Kinder,<br />

obwohl sie freiwillig ist, und die Hälfte lernt dort Lesen und<br />

Rechnen. Mit sieben Jahren kommen die Kinder in die neunjährige<br />

Gemeinschaftsschule und gehen anschließend auf ein Gymnasium<br />

oder eine Berufsschule. Die gymnasiale Oberstufe führt in zwei, drei<br />

oder vier Jahren zum Abitur, Prüfungen kann man wiederholen, um<br />

die Noten zu verbessern. Ab der 7. Klasse haben die Jugendl<strong>ich</strong>en<br />

regelmäßige Beratungsgespräche, weil sie selbst über ihre Schullaufbahn<br />

entscheiden. Die finnischen Schulen sind sehr selbstständig.<br />

Kerncurricula und Stundentafeln legt die Zentralbehörde für Unterr<strong>ich</strong>tswesen<br />

fest, Lehrpläne entwickeln die Schulen selbst. Alle<br />

Japans Lehrerzimmer sind keine Tabuzonen für Schüler. Jederzeit und<br />

überall sind die Lehrer ansprechbar. Kleine und hellhörige Wohnungen<br />

zwingen dazu, s<strong>ich</strong> in der Schule vorzubereiten und zu korrigieren.<br />

Jeder Lehrer hat einen Arbeitsplatz.<br />

Schularten nebeneinander her, von einer Integration sind wir weit<br />

entfernt.“<br />

Brigitte, Hauptschullehrerin<br />

„Wir kooperieren mit einer Realschule, warum machen wir daraus<br />

keine Integrierte Gesamtschule mit einer gymnasialen Oberstufe?<br />

Ich bin eine Verfechterin des integrierten Systems und des längeren<br />

gemeinsamen Lernens. Jetzt wird die Ausgrenzung der Hauptschüler<br />

noch schlimmer und die Durchlässigkeit nach unten noch stärker. Der<br />

Notendurchschnitt wird bei drei liegen und bedeutet für alle, die ihn<br />

n<strong>ich</strong>t schaffen, eine noch größere Ausgrenzung.“<br />

Gisela, Hauptschullehrerin<br />

„Es ist ein r<strong>ich</strong>tiger Schritt in die r<strong>ich</strong>tige R<strong>ich</strong>tung, aber er geht n<strong>ich</strong>t<br />

weit genug. Noch immer gibt es eine Zweigliedrigkeit. Wir aber wollen<br />

die Mehrgliedrigkeit abschaffen. Denn sie erschwert die Chancengle<strong>ich</strong>heit,<br />

es ist immer noch entscheidend, aus welchem Elternhaus man<br />

kommt, ob re<strong>ich</strong> oder arm.“<br />

Jana vom Vorstand der Landesschülervertretung.<br />

„Kenne nur die Schlagzeilen aus der Presse: Hauptschule wird abgeschafft.<br />

Der Grund, weshalb <strong>ich</strong> hier bin, ist, Hintergrundinformationen<br />

zu bekommen. Ich persönl<strong>ich</strong> bin gegen dieses gegliederte Schulsystem<br />

und habe mein Kind bewusst in der Gesamtschule angemeldet. Als Lehrerin<br />

er<strong>lebe</strong> <strong>ich</strong> die Nachteile des gegliederten Systems. Ich habe eine Klasse<br />

mit zahlre<strong>ich</strong>en Migrantenkindern, die z.T. sehr intelligent sind, die<br />

z.B. in Mathe ohne weiteres in das Gymnasium gehen könnten, die <strong>ich</strong><br />

aber aufgrund der sprachl<strong>ich</strong>en Schwäche n<strong>ich</strong>t dafür empfehlen kann.<br />

Die frühe Selektion nach der 4. Klasse fällt mir immer schwerer.“<br />

Stefanie, Grundschullehrerin<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 3 / 2008<br />

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