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ich lebe nicht allein zusammen - GEW

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BILDUNGSPOLITIK<br />

LÄNGER GEMEINSAM LERNEN<br />

Das <strong>GEW</strong>-Jahresthema 2007 „Gemeinsam länger lernen<br />

- eine Schule für alle“ fand Ende vergangenen<br />

Jahres seinen Höhepunkt und seine Zusammenfassung<br />

im Heinr<strong>ich</strong> Pesch Haus in Ludwigshafen.<br />

Noch immer dominiere in Deutschland die Abschiebe-<br />

statt die Förderkultur, stellte der rheinland-pfälzische<br />

<strong>GEW</strong>-Vorsitzende Tilman Boehlkau in seiner<br />

Begrüßungsrede fest. „Wir machen die Kinder schulgerecht,<br />

n<strong>ich</strong>t die Schule kindgerecht und pressen<br />

Kinder nach wie vor in Schulschubladen.“ Es gebe 18<br />

Länder weltweit, in denen die Kinder schon sehr früh<br />

aufgeteilt werden: „16 davon liegen in Deutschland.“<br />

Die zahlre<strong>ich</strong>en Veranstaltungen zum <strong>GEW</strong>-Jahres-<br />

thema im Land hätten viele Impulse für ein längeres<br />

gemeinsames Lernen gebracht. Jetzt gelte es, die individuelle<br />

Förderung eines jeden Kindes mit modernen<br />

Lehr- und Lernmethoden zu verbinden.<br />

Hins<strong>ich</strong>tl<strong>ich</strong> der Pläne zu einer veränderten Schulstruktur<br />

aus dem Bildungsministerium in Mainz bleiben<br />

nach Boehlkau eine Menge Fragen offen, z.B.:<br />

Wie wird die Lehrerausbildung dem neuen System<br />

angepasst? Was passiert mit den fragwürdigen Empfehlungen<br />

nach der 4. Klasse? Wie groß ist die<br />

Durchlässigkeit nach der Klasse 6?<br />

Gerade wegen der halbherzigen Reform aus Mainz,<br />

so Boehlkau, behalte die <strong>GEW</strong> ihr Hauptziel fest im<br />

Auge: Gemeinsam länger lernen in einer Schule für<br />

alle Kinder.<br />

psw<br />

WAS WIR VON ANDEREN LÄNDERN LERNEN KÖNNEN<br />

Fachvortrag von Renate Hendricks<br />

In ihrem Fachvortrag bei der bildungspolitischen Konferenz der<br />

<strong>GEW</strong> ließ die langjährige Schulelternbeiratsvorsitzende und<br />

heutige SPD-Landtagsabgeordnete in NRW, Renate Hendricks,<br />

erfolgre<strong>ich</strong>e Schulen aus aller Welt Revue passieren.<br />

„Es fasziniert m<strong>ich</strong>, wie man dort mit Kindern umgeht. Man<br />

schätzt sie um ihrer selbst willen. Jedes Kind ist willkommen,<br />

keines stört.“ Dies gelte auch für manche deutsche Schule, denn<br />

n<strong>ich</strong>t alle deutschen Schulen seien schlecht, z.B. die Bodenseeschule<br />

in Friedr<strong>ich</strong>shafen, eine katholische Privatschule. Jahrgangsklassen<br />

und 45-Minuten-Stunden gibt es dort n<strong>ich</strong>t, dafür viel freie<br />

Stillarbeit und vernetzten Unterr<strong>ich</strong>t, der die Grenzen der Fächer<br />

überschreitet. Tests machen die Kinder erst, wenn sie s<strong>ich</strong> fit fühlen,<br />

der Unterr<strong>ich</strong>t wird individualisiert. Der Lehrer ist Lernbegleiter<br />

und n<strong>ich</strong>t einer, der Wissen in Kinderköpfe füllt.<br />

Ein anderes Beispiel: die Max-Brauer-Schule in Hamburg, eine<br />

staatl<strong>ich</strong>e Gesamtschule mit 1200 Kindern aus 30 Nationen. Hier<br />

finden s<strong>ich</strong> alle Jahrgänge von der Vorschule bis zum Abitur, für<br />

Hendricks „Vielfalt als Re<strong>ich</strong>tum“. Für sie ist das Dilemma an<br />

unseren Schulen: „Was Lehrerinnen und Lehrer gelernt haben,<br />

können sie n<strong>ich</strong>t anwenden, denn die Kinder, für die sie ausgebildet<br />

wurden, gibt es n<strong>ich</strong>t“. Den Satz „Ihr Kind passt n<strong>ich</strong>t hierher“<br />

bekommen Eltern in Hamburg n<strong>ich</strong>t zu hören. Die Fiktion von<br />

der homogenen Gruppe ist für Hendricks das „Grundübel unseres<br />

Systems“. Die angebl<strong>ich</strong> überforderten Kinder würden einfach<br />

nach unten weitergere<strong>ich</strong>t“. In einem integrativen System dagegen<br />

bleibe der Schule gar n<strong>ich</strong>ts anderes übrig, als eine Lösung für<br />

jeden noch so schwierigen Fall zu finden - in anderen Ländern<br />

selbstverständl<strong>ich</strong>.<br />

FINNLAND: ZUWENDUNG FÜR JEDES EINZELNE<br />

KIND<br />

In Deutschland, so Hendricks, öffneten wir mit jeder Schulform<br />

eine neue Begabungsschublade, und die Hauptaufgabe in der vierten<br />

Klasse sei es, herauszufinden, welches Kind in welche Schublade<br />

passe. Wie halten es andere Länder mit der Schulstruktur? „Sämtl<strong>ich</strong>e<br />

PISA-Sieger trennen ihre Schüler sehr viel später. In Finnland,<br />

Japan oder Kanada müssen s<strong>ich</strong> die Lehrer deshalb stärker jedem<br />

ENTTÄUSCHUNG ÜBER EINE<br />

NICHT-REFORM<br />

Umfrage von Paul Schwarz bei der<br />

bildungspolitischen Konferenz<br />

„In spätestens fünf Jahren werden wir Bilanz ziehen, dass die Realschule<br />

plus das gle<strong>ich</strong>e Schicksal erleiden wird wie die Regionale Schule.<br />

Der Druck auf das Gymnasium wird zunehmen, immer mehr Eltern<br />

werden ihre Kinder auf dem Gymnasium anmelden. Die Gymnasien<br />

müssen s<strong>ich</strong> weiterentwickeln. Es kann n<strong>ich</strong>t sein, dass nach der 5.<br />

oder 6. Klasse viele Schüler abgeschult werden, weil die gymnasialen<br />

Klassen überfüllt sind und die Lehrkräfte den Kindern bezügl<strong>ich</strong> der<br />

individuellen Förderung n<strong>ich</strong>t gerecht werden können. Ich hätte mir aus<br />

Mainz einen flächendeckenden Ausbau der Integrierten Gesamtschule<br />

gewünscht mit einer gymnasialen Oberstufe. Ich habe mir von einer<br />

SPD-Regierung, die so gerne das Wort von der Chancengle<strong>ich</strong>heit im<br />

Munde führt, mehr erwartet als diese Halbherzigkeit.“<br />

Christine, Hauptschullehrerin<br />

„Als Form wird die Hauptschule abgeschafft, als Bildungsgang bleibt<br />

sie erhalten. Eine Mogelpackung. Mehr Mut, Frau Ahnen, denn die<br />

Probleme liegen n<strong>ich</strong>t im Vorschulbere<strong>ich</strong> und n<strong>ich</strong>t in der Oberstufe,<br />

sondern in der Sekundarstufe I, und hier wird alles so gelassen, wie es ist.<br />

Es ist schon traurig, was aus der SPD-Bildungspolitik geworden ist.“<br />

Rudolf, Hauptschullehrer<br />

„Wir brauchen das längere gemeinsame Lernen, wie es uns die erfolgre<strong>ich</strong>en<br />

PISA-Länder vormachen. In Rheinland-Pfalz laufen die<br />

6<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 3 / 2008

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