Bericht über den 1. Konvent der Baukultur 4. und ... - stiftung baukultur
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„Wenn Ingenieure versagen, gibt’s Tausende Tote – bei einem Dammbruch o<strong>der</strong><br />
Erdbeben – zumindest ein Riesentheater, wenn am Sonntagnachmittag ein Brückenlager<br />
versagt <strong>und</strong> sich <strong>der</strong> Verkehr staut … Anbetrachts dieses hohen Risikos, dieser großen<br />
Verantwortung, dieses Psychodrucks einer gna<strong>den</strong>losen Gesellschaft kommt <strong>den</strong><br />
Ingenieuren die Kultur natürlich zunächst gar nicht in <strong>den</strong> Sinn. Vielmehr versuchen sie,<br />
sich im Dickicht von Vorschriften zu schützen. Denn nur wer die anerkannten Regeln <strong>der</strong><br />
Technik befriedigt, ist vor Scha<strong>den</strong>sersatzansprüchen einigermaßen sicher. Man<br />
wie<strong>der</strong>holt dann notwendigerweise das Bewährte, <strong>den</strong>n bei einer neuartigen, so noch nie<br />
da gewesenen Brücke kann immer etwas schief gehen <strong>und</strong> dann sind die Zeitungen voll<br />
davon. Und wenn da noch <strong>der</strong> Kostendruck mit dem Rechnungshof im Hintergr<strong>und</strong> dazu<br />
kommt … bleibt die Kultur auf <strong>der</strong> Strecke.“ (Jörg Schlaich)<br />
Wenn wir also im Rahmen einer Initiative <strong>Baukultur</strong> anstreben, gerade die Kultur <strong>der</strong><br />
Ingenieurbauten wünschbar zu machen, dann wird es wohl notwendig, das<br />
Risikobewusstsein in <strong>der</strong> Gesellschaft zu än<strong>der</strong>n <strong>und</strong> die zunehmende Ten<strong>den</strong>z zur<br />
„Übersicherung“ <strong>und</strong> „Freizeichnung von Verantwortlichkeit“ in Frage zu stellen.<br />
Gleichzeitig müssen wir erreichen, dass die Gesellschaft bereit ist, <strong>den</strong> Preis für die<br />
„Kultur in <strong>den</strong> Ingenieurbauten“ mit zu bezahlen <strong>und</strong> zwar nicht im Verständnis von<br />
„Zusatzkosten“, son<strong>der</strong>n von notwendigen Kosten, die nicht als „Son<strong>der</strong>belastung“ aus<br />
<strong>den</strong> Gesamtkosten herausgerechnet wer<strong>den</strong> können.<br />
Wir, <strong>und</strong> in diesem Fall sind in erster Linie wohl die Architekten im Netzwerk <strong>der</strong> <strong>Baukultur</strong><br />
angesprochen, müssten dann allerdings auch das Verständnis <strong>und</strong> die Arbeitsteilung<br />
zwischen Architekten <strong>und</strong> Ingenieuren gründlich revidieren: Zum Beispiel bei<br />
Wettbewerben, bei <strong>den</strong>en <strong>der</strong> Tragwerksplaner zwar beteiligt wird, aber am Ende keinen<br />
Anspruch auf einen Bauauftrag hat.<br />
„Die Ingenieure wer<strong>den</strong> dafür zusätzlich mit einem schlechten Image bestraft. In <strong>der</strong><br />
Zusammenarbeit mit <strong>den</strong> Architekten kennt man sie als papierene Tragwerksplaner – was schon<br />
besser klingt als Statiker – <strong>und</strong> die schauen, dass das, was die Architekten entworfen haben,<br />
stehen bleibt. Wenn sie dann doch einmal einen Beitrag zum Wettbewerbsgewinn geleistet<br />
haben, müssen sie sich in erniedrigen<strong>der</strong> Weise einem VOF-Verfahren unterwerfen, mit geringen<br />
Chancen, das bauen zu dürfen, was sie entworfen haben. So ist <strong>der</strong> Bauingenieur im Bild <strong>der</strong><br />
Öffentlichkeit mausgrau <strong>und</strong> technokratisch, die mit dem Helm <strong>und</strong> <strong>den</strong> Gummistiefeln …“<br />
(Jörg Schlaich)<br />
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