Bericht über den 1. Konvent der Baukultur 4. und ... - stiftung baukultur
Bericht über den 1. Konvent der Baukultur 4. und ... - stiftung baukultur
Bericht über den 1. Konvent der Baukultur 4. und ... - stiftung baukultur
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
9<br />
Nachgerufen<br />
Rauterberg hatte die dankbare <strong>und</strong> zugleich <strong>und</strong>ankbare Aufgabe, am Ende eines langen<br />
Tages dem <strong>Konvent</strong> etwas nachzurufen, was an die persönlichen Einstellungen apelliert.<br />
„Doch wird dieser <strong>Konvent</strong> nur dann etwas bewegen, etwas verän<strong>der</strong>n können, wenn er<br />
nicht in Verzweiflung erstarrt, wenn er die Verantwortung nicht an an<strong>der</strong>e abschiebt,<br />
son<strong>der</strong>n sich selbst verantwortlich zeigt. Wenn er nicht nach dem Staat, <strong>der</strong> Schule, <strong>den</strong><br />
Investoren o<strong>der</strong> nach <strong>den</strong> Medien ruft, son<strong>der</strong>n nach <strong>der</strong> eigenen Initiative.<br />
… Der <strong>Konvent</strong> möchte die <strong>baukultur</strong>elle Geistesverfassung dieser Republik umgestalten.<br />
Nur, auf welchem Wege kann das gelingen? Ich fürchte, die Hauptstraßen <strong>der</strong><br />
Verän<strong>der</strong>ung, die Autobahnen <strong>der</strong> Umgestaltung, sie sind versperrt. Nur <strong>über</strong><br />
beschei<strong>den</strong>e, persönliche Pfade wird man etwas bewirken können. Nur indem sich die<br />
Idee einer besser gebauten Welt immer weiter herumspricht, indem alle Begeisterten hier<br />
im Saale hinausgehen, um an<strong>der</strong>e zu begeistern.“ (Hanno Rauterberg)<br />
Hier wird dem <strong>Konvent</strong> also in Gestalt je<strong>der</strong> Person ein persönlicher Auftrag zugerufen.<br />
Dabei ist auch zu klären, wem etwas zugerufen wer<strong>den</strong> soll.<br />
„Wenn sich die Architektur nur auf Äußerlichkeiten verlässt, dann wird sie das Innere des<br />
Menschen nicht erreichen können <strong>und</strong> bald von <strong>der</strong> nächsten Mode <strong>über</strong>holt wer<strong>den</strong>.<br />
Nicht Gestalt, Gehalt muss zum Kern <strong>der</strong> <strong>Baukultur</strong>debatte wer<strong>den</strong>.<br />
… Die Herausfor<strong>der</strong>ungen von heute sind nicht mehr die materielle Obdachlosigkeit,<br />
son<strong>der</strong>n die, verzeihen Sie die pathetische Formulierung, seelische Obdachlosigkeit.<br />
… Wie lässt sich ein Mittel gegen seelische Obdachlosigkeit fin<strong>den</strong>? Simpel gesagt, man<br />
findet Gehalt nur, wenn man ihn sucht. Das bedeutet ganz konkret: sich nicht zu scheuen<br />
vor schlechtem Geschmack, vor <strong>der</strong> Trivialkultur <strong>und</strong> ihren Kitsch-Eskapa<strong>den</strong>. Genau<br />
hinzusehen, was sich <strong>den</strong>n in <strong>den</strong> vermeintlichen Wüsten <strong>der</strong> Hässlichkeit eigentlich<br />
ereignet.<br />
Denn zumindest eine Erkenntnis wartet dort draußen im Unwirtlichen, die Erkenntnis, dass<br />
viele Menschen ihrer gebauten Umwelt keineswegs desinteressiert begegnen, son<strong>der</strong>n ein<br />
großes Verlangen nach Gestaltung haben. Die große Frage ist, wo lässt sich dieses<br />
Gestaltbedürfnis aus <strong>den</strong> Heimwerkerkellern herauslenken, wie kann <strong>der</strong> <strong>Konvent</strong>, wie<br />
können wir die Architektur wie<strong>der</strong> zu einer öffentlichen Angelegenheit wer<strong>den</strong> lassen?<br />
… Und noch eine Erkenntnis lässt sich aus <strong>den</strong> Wüsten <strong>der</strong> Hässlichkeit gewinnen: die<br />
Erkenntnis, dass sich unsere Gesellschaft wie<strong>der</strong> dem Politischen zuwendet. Überall<br />
grün<strong>den</strong> sich Agenda-Gruppen <strong>und</strong> Organisationen wie ATTAC wachsen <strong>und</strong> wachsen<br />
<strong>und</strong> können zu Streitgenossen für <strong>Baukultur</strong> heranwachsen.<br />
… Architekten <strong>und</strong> Planer selbst damit beginnen, sich einzulassen <strong>und</strong> einzumischen,<br />
wenn sie neugierig <strong>und</strong> unvoreingenommen hinausschauen in jene Welt, die ihnen so oft<br />
zuwi<strong>der</strong> ist.<br />
b 28