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.Hallo wie gehts. Nr.4 - Dunlop

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ERSTER: DER PLATZ MIT DER SCHÖNSTEN AUSSICHT.<br />

Wer einmal ganz oben war, weiß: Die Zielflagge als Erster zu sehen,<br />

bedeutet die Strecke auswendig zu kennen und auch bei 290 km/h nicht<br />

die Nerven zu verlieren. Man handelt instinktiv und verlässt sich ganz<br />

auf Wagen und Reifen. Und wer in der DTM fährt, hat auch allen Grund<br />

dazu. Denn <strong>Dunlop</strong> rüstet die DTM exklusiv mit Reifen aus. Rennreifen,<br />

seit Jahren im Motorsport getestet und weiter entwickelt. Immer mit<br />

derselben Überzeugung: Jeder Rekord kann gebrochen werden.<br />

DER BESTE PLATZ<br />

IST IMMER GANZ<br />

VORNE<br />

www.dunlop.de


Vorwort des Autors<br />

Helden vergisst<br />

man nicht …<br />

3<br />

Was macht eigentlich der Böhringer,<br />

der alte Greger oder der<br />

Linge? Solche Fragen, gestellt<br />

von Fans und Freunden, geisterten immer<br />

<strong>wie</strong>der durch die Gegend. Antworten<br />

wusste meist niemand, es sei denn,<br />

man machte sich gezielt ans Recherchieren.<br />

Aus dieser Ratlosigkeit heraus entstand<br />

vor gut vier Jahren die Idee, eine<br />

Serie über die Befindlichkeit unserer<br />

Rennsporthelden, Manager<br />

und Macher der 60er-, 70erund<br />

80er-Jahre dauerhaft zu<br />

platzieren. Mit kurzen, knackigen<br />

Texten und Fotos von<br />

damals und heute.<br />

Bei den Kollegen von<br />

«MOTORSPORT aktuell»<br />

habe ich für die Idee auf<br />

Anhieb viel Begeisterung<br />

vorgefunden – und schon<br />

war die Serie «<strong>Hallo</strong>, <strong>wie</strong><br />

geht’s?» geboren. Seit<br />

Januar 2000 sind exakt<br />

182 Folgen erschienen,<br />

in den beiden ersten Jahren begleitet<br />

von Bilstein, danach bis heute von Partner<br />

und Präsenter <strong>Dunlop</strong>. Der Hanauer<br />

Reifenhersteller passt mit seiner über<br />

100-jährigen Motorsporttradition so<strong>wie</strong>so<br />

bestens zu unseren Serienhelden,<br />

von denen viele ihre Siege und Meistertitel<br />

auf <strong>Dunlop</strong>s schwarzem Gold erzielt<br />

haben. Bereits seit letztem Jahr können<br />

übrigens alle «<strong>Hallo</strong>, <strong>wie</strong> geht’s?»-Folgen<br />

auch im Internet über die Homepage<br />

www.dunlop.de aufgerufen und<br />

heruntergeladen werden.<br />

Die unverändert gute Resonanz hat<br />

dafür gesorgt, dass die Serie bei<br />

den Fans fast schon Kultstatus hat<br />

und dank <strong>Dunlop</strong> und MSa nun ins fünfte<br />

Jahr durchstarten kann. <strong>Dunlop</strong> und<br />

MSa präsentieren überdies hiermit auch<br />

die vierte Auflage des beliebten Sonderdrucks<br />

mit allen bisher erschienenen<br />

182 Einzelbeiträgen.<br />

Trotz zeitraubender Kleinarbeit<br />

beim Recherchieren der Wohnorte<br />

und Telefonnummern so<strong>wie</strong> bei der<br />

Beschaffung alter und neuer Fotos ist<br />

der Spassfaktor für mich als Autor unverändert<br />

gross. Wenn man die meisten<br />

Karrieren derer selbst miterlebt hat, die<br />

man jetzt zu ihrer Befindlichkeit ausfragt,<br />

ist schon allein das Gespräch ein<br />

Erlebnis. Vergleichbar mit einer kurzen<br />

Reise in eine Rennsportzeit,<br />

die sicher nicht die schlechteste<br />

war. Der Motorsport hat mit und<br />

von den Helden von damals gut<br />

gelebt, verdammt gut sogar.<br />

Deshalb haben sie es auch<br />

nicht verdient, in Vergessenheit<br />

zu geraten.<br />

So ist diese Serie für<br />

mich im Laufe der<br />

Zeit auch zu einer<br />

Art Verpflichtung geworden,<br />

die Erinnerung an<br />

jene wach zu halten, die<br />

uns seinerzeit viel Freude<br />

auf und neben der Rennpiste bereitet<br />

haben. Zusammen mit unseren Partnern<br />

<strong>Dunlop</strong> und der Messe Essen wurde deshalb<br />

auch das jährliche «Klassentreffen»<br />

initiiert, zu dem alle vorgestellten<br />

ehemaligen PS-Fürsten am zweiten<br />

Samstag der Motorshow nun schon zum<br />

vierten Mal nach Essen kommen. Der<br />

Zuspruch ist ernorm, die Wiedersehensfreude<br />

gross. Vor allem bei denen, die<br />

sich 30 Jahre und länger aus den Augen<br />

verloren hatten. Allgemeiner Tenor:<br />

«Eine wunderbare Gelegenheit, wenigstens<br />

einmal im Jahr alte Freunde zu treffen.<br />

Und weitaus besser, als sich immer<br />

nur aus traurigem Anlass auf diversen<br />

Friedhöfen über den Weg zu laufen.»<br />

Fans, Freaks und Freunden von<br />

«<strong>Hallo</strong>, <strong>wie</strong> geht’s?» wünsche ich<br />

auch mit der vorliegenden 4. Auflage<br />

des Nostalgie-Booklets viel Spass.<br />

Rainer Braun


Inhaltsverzeichnis<br />

MSa-Jahrgang 2002<br />

Behrmann, Klaus: Höhen und Tiefen 98<br />

Beule-Mühren, Marion: Madame Courage 99<br />

Braun, Hans: Karriere im Käfer 100<br />

Bross, Helmut: Der Vau-Fighter 101<br />

Cassani, Manfred: Schrott und Siege 102<br />

Danco, Fritz: Der alte Fritz 103<br />

Dauer, Jochen: Power mit Dauer 104<br />

Dongus, Lothar: Der Fitness-Freak 105<br />

Engeman, Liane: Der blonde Engel 106<br />

Eppelein, Heinz: Der BMW-Pionier 107<br />

Eymann, Dr. Dieter: Zurück ins Leben 108<br />

Fischhaber, Toni: Tölzer Triumphator 109<br />

Fuchs, Heinz: Der Formel-Fuchs 110<br />

Hähn, Helmut: Ein Leben für Alfa 111<br />

Hardt, Dieter: Der Öl-Baron 112<br />

Hegels, Dieter: Der stille Meister 113<br />

Hero, Manfred: Manfred the Hero 114<br />

Huhn, Robert F.: Sieg für die Airline 115<br />

Klapproth, Günther: Der Perfektionist 116<br />

König, Kurt: Fränkisches Fahrtier 117<br />

Kremer, Erwin: Doppel-Jubiläum 118<br />

Leinenweber, Fritz: Porsche-Jünger 119<br />

Lins, Rudi: Der Gipfelstürmer 120<br />

Loos, Georg: Der Porsche-König 121<br />

Maas, Alfred: Chef-Zeitnehmer 122<br />

Mantzel, Wolf Dieter: Der Totgesagte 123<br />

Maring, Ernst: Pilot und Erbauer 124<br />

Mertel, Rainer: Der Ring-Kämpfer 125<br />

Mezger, Hans: Der Powermann 126<br />

Müller sr., Siegfried: Gentleman Driver 127<br />

Müller, Fritz: Der Mann mit Hut 128<br />

Ortner, Johann: Der Abarth-Bändiger 129<br />

Reisenbichler, Lili: Lili und die Machos130<br />

Schimpf, Eckhard: Herr der Moneten 131<br />

Schmarje, Christian: Der Mini-Mann 132<br />

Schneider, Gerhard: Frust statt Lust 133<br />

Stenzel, Reinhard: Jubel & Tragödien 134<br />

Stockmar, Jürgen: Quattro-Künstler 135<br />

van Lennep, Gijs: Hollands Bester 136<br />

v. Brauchitsch, Manfred †: Silberpfeil-Idol 137<br />

Waldhier, Franz: Der schöne Franz 138<br />

Walter, Heini: Schweizer Legende 139<br />

Waxenberger, Erich: Super-Stratege 140<br />

Weisheidinger, Johann: Untergrund-Mann 141<br />

Wendlinger sr., Karl: Ein Idol aus Tirol 142<br />

Wilcke, Wolfgang: Löwe von Zolder 143<br />

MSa-Jahrgang 2003<br />

Akersloot, Han: Spass und Spiele 144<br />

Becker, Heinz: Der Cup-Spezialist 145<br />

Besier, Günther: Ein flinker Kater 146<br />

Blank, Arthur: Mister Powerslide 147<br />

Braungart, Martin: Der Vordenker 148<br />

Christmann, Werner: Der Terminator 149<br />

Damler, Dieter: Das ZDF-Urgestein 150<br />

Eggenberger, Ruedi: Titel-Architekt 151<br />

Faltz, Rüdiger: Racer mit Herz 152<br />

Flohr, Wolfgang P.: Grosser Zampano 153<br />

Frère, Paul: Leben voller Autos 154<br />

Furtmayr, Ernst: Der Alleskönner 155<br />

Gäb, Hans Wilhelm: Der Sportmanager 156<br />

Gartmann, Dieter: Der Capri-Drifter 157<br />

Glotzbach, Dieter: <strong>Dunlop</strong>s Frontmann 158<br />

Haider, Sepp: Der Driftkönig 159<br />

Hetzer, Heidi: Berlins PS-Lady 160<br />

Heuser, Charlotte: Treue Toyota-Seele 161<br />

Kling, Alfred: Der DKW-Schwabe 162<br />

Koch, Gerhard: Flotter Spediteur 163<br />

König, Willy: Der Überflieger 164<br />

Konrad, Anton: Der Vau-Mann 165<br />

Linzen, Peter: Rallye-Botschafter 166<br />

Lotterschmid, Kurt: Der Dickschädel 167<br />

Lyding, Wilhelm: Macher & Mentor 168<br />

Noell, Alfred: Alis 7. Sinn 170<br />

Oebels, Hubert: Trips-Weggefährte 171<br />

Pauli, Peter: Ring-Zeitnehmer 172<br />

Piedade, Domingos: Multi-Manager 173<br />

Pon, Ben: Der Weinkönig 174<br />

Rosche, Paul: Der Nocken-Paule 175<br />

Ruch, Gerd: Mustang-Reiter 176<br />

Schoppe, Urban: Das Kraftpaket 177<br />

Schornstein, Dieter: Der Markentreue 178<br />

Seegers, Heinz: Der scharfe Hund 179<br />

Singer, Norbert: Porsche forever 180<br />

Steckkönig, Günter: Flotter Ingenieur 181<br />

Steinmetz, Klaus: Der Italien-Fan 182<br />

Stureson, Per: Stiller Schwede 183<br />

Teves, Thomas: Kekes Teamkollege 184<br />

von Bayern, Poldi: Prinz Vollgas 185<br />

von Gundlach, Horst: Mr. Unverwüstlich 186<br />

v. Hohenzollern, Ferfried: Prinz Vollgas II 187<br />

v. Kahlen, Sigismund: Der Sportpolitiker188<br />

Wallrabenstein, Günther: Bananenbieger 189<br />

Werner, Michael: Das ewige Talent 190


98<br />

laus Behrmann kann als einer der frü-<br />

Mercedes-Botschafter im Touren-<br />

Khen<br />

wagensport gelten. Zwischen 1960 und<br />

1971 wuchtete der Automobilkaufmann<br />

aus Norderstedt vor den Toren Hamburgs<br />

seine 220 SE, 300 SE und 300 SEL über die<br />

damals reichlich vorhandenen Flugplätze<br />

und Rallyepfade. Professionelle technische<br />

Vorbereitung, eine ausgeprägte Liebe<br />

zum Detail und seine fahrerischen Möglichkeiten<br />

liessen Behrmann eine Ausnahmeposition<br />

bei den Privatiers einnehmen.<br />

Technik-Transfer durch Mercedes-Mann<br />

Erich Waxenberger und den jungen Hans<br />

Werner Aufrecht sorgte auch dafür, dass<br />

Behrmann im 6,3-Liter-SEL schliesslich alles<br />

in Grund und Boden fuhr. Zuletzt donnerte<br />

der Autohausbesitzer sogar mit 7,2<br />

Liter Hubraum und annähernd 400 PS<br />

durch die Gegend. Nur zwei Punkte fehlten<br />

ihm 1966 zum Gewinn der Rundstrecken-Meisterschaft,<br />

und bei den 6 Stunden<br />

von Paul Ricard 1971, einem EM-Lauf,<br />

wurde er zusammen mit Jean-Pierre Jabouille<br />

und José Dolhem Gesamtvierter.<br />

Der Gesamtsieg bei der Sachs-Baltic-Rallye<br />

1965 und drei norddeutsche Meistertitel<br />

runden die Bilanz ab. Der Tod seiner<br />

Mutter und die daraus resultierenden geschäftlichen<br />

Verpflichtungen bewogen ihn<br />

Ende 1971, den Rennsport aufzugeben.<br />

Behrmann, Klaus (MSa 41/2002)<br />

Höhen und Tiefen<br />

Aus dem Hobby-Rennfahrer ist inzwischen<br />

ein Multi-Geschäftsmann geworden.<br />

Neben dem Mercedes-Autohaus zählen<br />

ein Hotel, mehrere Restaurants und<br />

ein Reiterhof zu seinem kleinen Imperium.<br />

Als Hobby leistet er sich eine Entenzucht<br />

mit ca. 50 verschiedenen Entenund<br />

Gänse-Arten. Mit Hilfe seiner Kinder<br />

Axel (43), Anette (40) und Anja (35)<br />

kümmert sich Behrmann (68) um alles<br />

selber, «sonst würd’s in meinem Leben ja<br />

langweilig».<br />

Dieses hatte für ihn und seine Frau<br />

Christel, mit der er seit 44 Jahren verheiratet<br />

ist, nicht nur Erfolg und Wohlstand<br />

parat: Um zwei Krebserkrankungen «mit<br />

Lebensmut und eisernem Willen» zu besiegen,<br />

musste er insgesamt acht Operationen<br />

über sich ergehen lassen. Und kaum<br />

war das geschafft, war seine Frau mit einer<br />

komplizierten Lungen-Operation an<br />

der Reihe. «Wir denken positiv und lassen<br />

uns nicht unterkriegen», lautet die Devise<br />

der beiden.<br />

Seinen 300 SEL im furchterregenden<br />

Look von ’71 hegt und pflegt er noch immer<br />

– trotz traumhafter Kaufofferten aus<br />

aller Welt. «Dieses Auto ist unverkäuflich»,<br />

tut Behrmann kund. «Es erinnert mich jeden<br />

Tag aufs Neue an die schönsten Jahre<br />

meiner Rennsportzeit.»<br />

Gegner besiegt: Behrmann 1971<br />

Krebs besiegt: Behrmann heute<br />

Optischer Leckerbissen: Behrmanns 300 SEL 7,2 V8 in Paul Ricard 1971


Beule-Mühren, Marion (MSa 48/2002)<br />

Madame Courage<br />

99<br />

arion Beule hatte schon als 14-Jährige<br />

Mim Kart gelernt, sich gegen die Macho-<br />

Männer durchzusetzen. Dass die Herren<br />

mit schneller weiblicher Konkurrenz nicht<br />

immer galant umspringen, gehört mit zu<br />

den ältesten Erkenntnissen des Rennsports.<br />

Mit Kampfstärke und guten<br />

Resultaten brachte es die Schwester der<br />

Kart-Spitzenfahrer Achim und Rainer «Zorro»<br />

Beule bis zum Junioren-WM-Kader der<br />

Nationalmannschaft. Dass sie ausgerechnet<br />

bei der Kart-Weltmeisterschaft 1980,<br />

wo sie nach zweitbester Trainingszeit aus<br />

der ersten Startreihe ins Rennen ging, von<br />

«irgendeinem wildgewordenen Kerl» an<br />

der ersten Ecke abgeschossen wurde, gehört<br />

zu den eher leidvollen Erfahrung aus<br />

dieser Zeit.<br />

Umso reizvoller schien ihr die Herausforderung,<br />

ab 1983 im Ford Fiesta Ladies<br />

Cup «mal nur gegen Frauen anzutreten».<br />

Die Damen-Rennserie befand sich gerade<br />

im zweiten Jahr, als die couragierte Kart-<br />

Pilotin die Fronten wechselte. Besonders<br />

gesittet ging’s allerdings auch hier nicht<br />

zu, denn die Akteurinnen droschen mit<br />

identischen Fiesta XR 2 Sport gnadenlos<br />

aufeinander ein. Obwohl die Werbefachfrau<br />

aus Hagen fast immer in der Spitzengruppe<br />

zu finden war, schaffte sie den<br />

Titelgewinn erst drei Jahre später. Langstreckenpokal<br />

und Formel Opel waren die<br />

nächsten Stationen, bevor Marion Beule<br />

gleichermassen Motivation und Fahrspass<br />

abhanden kamen. Deshalb zog sie 1991<br />

den Schlussstrich unter die Rennerei und<br />

heiratete wenig später mit dem Wegberger<br />

Automobilkaufmann Konrad Mühren jenen<br />

Mann, den ihr der bekannte Fussball-Manager<br />

Norbert Pflippen sieben Jahre zuvor<br />

beim Ladies-Cup-Lauf in Zolder erstmals<br />

vorgestellt hatte.<br />

Heute lebt die inzwischen 38 Jahre alte<br />

Ex-Rennfahrerin mit ihrem Ehegatten (der<br />

sein Autohaus verkauft hat und stattdessen<br />

Motor-Yachten vertreibt) unverändert<br />

in Wegberg bei Mönchengladbach und hat<br />

nahezu jeden Kontakt zum Rennsport verloren.<br />

Selbst die Fernsehübertragungen<br />

von der Formel 1 und der DTM schaut sie<br />

sich nur sehr unregelmässig an. Dafür engagiert<br />

sie sich im gemeinsamen Bootsgeschäft,<br />

pflegt mit Begeisterung den Garten<br />

und kümmert sich um Schäferhund<br />

«Farus». Seit ein paar Monaten hat sie mit<br />

regelmässigem Jogging angefangen, «weil<br />

man was für die Gesundheit tun muss, um<br />

mobil und fit zu bleiben». Und irgendwann,<br />

wenn es die Zeit erlaubt, würde sich<br />

Marion gerne der modernen Malerei widmen.<br />

«So richtig mit Farbe und Leinwand<br />

und vielen Klecksen.»<br />

Karriere mit Ford: Marion Beule 1983 Haushalt und Hund: Marion Beule 2002<br />

Frauenpower im Ladys-Cup: Marion Beule 1983 als eine von 20 Fiesta-Damen


100<br />

ans Braun war der wohl spektakulärste<br />

HVW-Käfer-Pilot der 60er-Jahre. Unverwechselbar<br />

seine ausserirdischen Drifts,<br />

leicht verwechselbar hingegen sein Name.<br />

Denn zu dieser Zeit tobten übrigens noch<br />

drei weitere, ziemlich erfolgreich rennende<br />

Brauns mit dem Vornamen Hans über die<br />

Rennstrecken: Einer aus Nürnberg im Mercedes<br />

220 SE, einer aus Wiesbaden im Alfa<br />

Romeo Giulia TI und einer aus Rüsselsheim<br />

im Glas 600.<br />

Keiner allerdings fuhr so brutal quer <strong>wie</strong><br />

der «Käfer-Braun» aus Lüftelberg bei<br />

Bonn. Der Design-Ingenieur mit beruflichen<br />

Stationen bei Ford, Porsche und bis<br />

zu seiner Pensionierung bei BMW bürstete<br />

mit seinem VW 1200 Standard und später<br />

mit dem Oettinger-VW-Okrasa 1500 auf der<br />

Rundstrecke, bei Bergrennen und Rallyes<br />

ganze Legionen prominenter Zeitgenossen<br />

ab und holte sich 1960 den ONS-Pokal für<br />

Ausweisfahrer.<br />

Als absolutes Highlight seiner Karriere<br />

gelten die beiden Gesamtsiege bei der<br />

Rallye Hanseat, wo er 1962 beispielsweise<br />

das Top-Trio Rudi Golderer (Mercedes 220<br />

SE), Bernhard Grab (Ford 17 M) und Günter<br />

Wallrabenstein (Porsche 1600 S) mit<br />

seinem 30-PS-Käfer auf die Plätze ver<strong>wie</strong>s.<br />

Auch am Steuer anderer Marken gehörte<br />

der Alleskönner immer zu den Besten. So<br />

Braun, Hans (MSa 06/2002)<br />

Karriere im Käfer<br />

erkämpfte er sich 1963 im NSU-Prinz bei<br />

der Tourenwagen-EM den Rang des Klassenprimus<br />

bis 600 ccm, gehörte im Ford<br />

12 M zusammen mit Jochen Neerpasch und<br />

dem amerikanischen Haudegen Bob Bondurand<br />

zur Kölner Werksmannschaft und<br />

steuerte für den Nürburgring-Rennstall<br />

von Willi Martini oft und erfolgreich einen<br />

700er-BMW.<br />

Heute lebt Hans Braun zusammen mit<br />

seiner Frau, mit der er seit 32 Jahren verheiratet<br />

ist, als umtriebiger Pensionär abwechselnd<br />

in München und auf der<br />

Kanareninsel Lanzarote, pflegt sein Hobby<br />

Astronomie, baut alle Ferrari-F1-Rennwagen<br />

ab Baujahr 1953 als 1:24-Modelle<br />

detailgenau nach und beteiligt sich seit<br />

25 Jahren mit sehr viel Engagement und<br />

Begeisterung an historischen Veranstaltungen.<br />

Dafür stehen dem inzwischen 66-<br />

Jährigen gleich vier kostbare Sportgeräte<br />

zur Verfügung: ein Porsche Coupé, ein<br />

Porsche Roadster, ein Stanguellini-Formel-Junior<br />

so<strong>wie</strong> eine Einzylinder-Moto<br />

Guzzi Falcone.<br />

Formel-1- und DTM-Übertragungen sind<br />

für den Ferrari- und Porsche-Fan absolutes<br />

Fernseh-Pflichtprogramm, ansonsten geniesst<br />

er das milde Klima der kanarischen<br />

Inseln und «freut sich über jeden Tag, den<br />

ich gesund erlebe».<br />

Wilder Drifter: Hans Braun 1963<br />

Stiller Geniesser: Braun heute<br />

Winker (Kreis) statt Blinker: Brauns gefürchteter Käfer 1960 in Action


elmut Bross und die wunderbar wilde<br />

HFormel-V-Zeit. Obwohl er mehr als 30<br />

Rennjahre erlebt hat und auch mit neuzeitlichen<br />

Formel- und Sportwagen reichlich<br />

Erfolg einfuhr, landet das Gespräch immer<br />

<strong>wie</strong>der dort, wo alles anfing. «Die Formel<br />

V war das Grösste, wir haben zu viert<br />

im Einzelzimmer gepennt, Kameradschaft<br />

und Spass waren alles. Dein Konkurrent<br />

war damals noch dein Freund, heute ist er<br />

dein Feind. Der Verfall dieser Werte ist erschreckend.»<br />

Bross wuchs Ende der 60er-Jahre mit der<br />

verrücktesten Renn-Clique aller Zeiten<br />

auf, seine Gegner hiessen Marko, Pankl,<br />

Schurti, Luyendyk, Trint & Co. Drei Titelgewinne<br />

in der Formel V 1300 und eine<br />

Meisterschaft in der 1,6-l-Super V machten<br />

ihn zu einem der erfolgreichsten Vertreter<br />

seiner Zunft. Jener «Komet», der<br />

ihm 1972 den Super-V-Titel bescherte, war<br />

übrigens eine Porsche-Konstruktion, die<br />

Weissacher Renningenieure für ihre Kumpels<br />

Günther Steckkönig und Eberhard<br />

Braun gebaut und mit Drehstab- statt Spiralfederung<br />

versehen hatten. «Es gab nur<br />

zwei Exemplare», erinnert sich Bross, «das<br />

Ding war ein echter Hammer.»<br />

Mehrfach trat der Formel-V-Frontmann<br />

auch mit einer Europa-Auswahl bei den berüchtigten<br />

Vergleichskämpfen gegen die<br />

Bross, Helmut (MSa 37/2002)<br />

Der Vau-Fighter<br />

101<br />

US-Boys in Daytona und Sebring an und<br />

kehrte einmal als Dritter und einmal als<br />

Fünfter zurück.<br />

Wundersamer Weise überstand Bross<br />

anders als manche Kollegen die V-Ära ohne<br />

grösseren Unfall, dafür erwischte es ihn<br />

1980 im Chevron-Formel 2 auf der Nordschleife<br />

gewaltig. «Wegen eines Felgenbruchs<br />

flog ich 400 Meter weit. Das Auto<br />

war platt, mir ist fast nichts passiert.»<br />

Lange startete der Veteran noch in der<br />

Interserie (einmal Meister, viermal Vize),<br />

bevor er seine aktive Laufbahn vor drei<br />

Jahren ausklingen liess und seinen Rennautobestand<br />

verkaufte. Noch hält der Herrenberger<br />

regelmässig Kontakt mit Schwaben-Spezi<br />

Roland Asch, ansonsten sitzt<br />

der 63-Jährige oft auf dem Rennrad und<br />

kämpft gegen die Pfunde. Vor allem findet<br />

er jetzt die Zeit, sich seiner Familie (Lebensgefährtin<br />

Petra, zwei Söhne, 14 und<br />

11, eine Tochter, 7) zu widmen. Nebenbei<br />

kümmert sich der Ex-Speditionskaufmann<br />

und -Ölgrosshändler um seine Vertriebsfirma<br />

für sportliches Autozubehör.<br />

Bis aufs Übergewicht fühlt sich Helmut<br />

Bross gesund und fit. Und er arbeitet «konsequent<br />

und gezielt» an der Realisierung<br />

eines lang gehegten Traums: «In ein paar<br />

Jahren will ich auf den Kanaren leben –<br />

bis zum Abwinken.»<br />

Racing und Spass: Bross 1969<br />

Rennrad und Kids: Bross heute<br />

Super-V-Nationencup Sebring 1971: Helmut Bross neben Polesitter Scott


102<br />

Cassani, Manfred (MSa 19/2002)<br />

Schrott und Siege<br />

anfred Cassani, Motorsport-Fan und<br />

MMarkisen-Hersteller aus München,<br />

leistete sich zwischen 1978 und 1980 den<br />

Luxus eines eigenen Rennstalls. Mit Toppiloten<br />

<strong>wie</strong> Manfred Winkelhock, Axel<br />

Plankenhorn, Hans Stuck, Manfred Schurti<br />

oder Christian Danner traten Cassani-<br />

Autos in der Formel-2-EM, der BMW-M1-<br />

Procar-Serie und der Deutschen Rennsport-Trophäe<br />

(DRT) an. Der Teamchef<br />

selbst, aus eigener aktiver Zeit als Hobby-<br />

Rennfahrer mit einigen Formel-V- und F3-<br />

Erfolgen gesegnet, erlebte oft genug ein<br />

Wechselbad der Gefühle. Mal produzierten<br />

Stuck und Winkelhock beim Procar-Rennen<br />

in Monaco Totalschäden, mal standen seine<br />

Piloten als Sieger auf dem Podium.<br />

Christian Danner, der als Talent-Import<br />

aus dem R5-Pokal bei Cassani 1980 sein<br />

erstes Profi-Jahr mit dem M1 in der DRT<br />

erlebte, ist voll des Lobes: «Der Cassani<br />

hat sein letztes Hemd verkauft, um das<br />

Auto schneller und seine Fahrer glücklich<br />

zu machen. Ohne ihn hätte es den Rennfahrer<br />

Danner nie gegeben.»<br />

Die grössten Erfolge feierte das Team<br />

mit Platz 3 beim Formel-2-EM-Lauf auf der<br />

Nürburgring-Nordschleife durch Winkelhock,<br />

dem Gewinn der Procar-Privatfahrerwertung<br />

durch Stuck so<strong>wie</strong> des DRT-Vizetitels<br />

durch Danner. Zum Nürburgring hatte<br />

Cassani ohnehin eine besondere Beziehung<br />

– resultierend aus einer vier Jahre<br />

andauernden Liaison mit der Chefin des<br />

bekannten Hotels und Restaurants «Pistenklause».<br />

Während dieser Zeit verlegte<br />

der Verliebte sogar seinen Wohnsitz nach<br />

Nürburg – für einen Verfechter bayerischer<br />

Lebensart vermutlich die Höchststrafe. Zumindest<br />

die Übernachtungsfrage war für<br />

das Team bei Eifel-Starts sinnvoll und kostensparend<br />

geklärt …<br />

Seit 20 Jahren lebt Cassani (56) <strong>wie</strong>der<br />

in München, ist seit 1986 bei Ehefrau Diana<br />

in festen Händen und produziert nach<br />

<strong>wie</strong> vor Markisen. Besonders stolz ist er<br />

auf seine Söhne Max (12) und Moritz (14).<br />

Der Jüngere ist auch daran schuld, dass<br />

das Lager der gefürchteten Rennfahrer-Väter<br />

Verstärkung bekommen hat. Denn Max<br />

gibt in der Bambini-Kart-Meisterschaft ordentlich<br />

Gas und gilt dort als eine Art<br />

Shooting-Star. «Der Junge hat wirklich Talent»,<br />

vermeldet der Herr Papa als Manager<br />

und Mechaniker in Personalunion,<br />

«deshalb möchte ich aus ihm einen guten<br />

Rennfahrer machen.» Danner zweifelt<br />

nicht daran, dass das Vorhaben gelingt:<br />

«Wenn der Bub wirklich gut ist und der<br />

Alte noch den gleichen Ehrgeiz <strong>wie</strong> früher<br />

hat, wird’s dem Junior an nix fehlen. Nur<br />

fahren muss er halt selbst.»<br />

Cassani: Da gab’s wohl Schrott …<br />

Stolzer Renn-Papa: Cassani heute<br />

Procar-Schlacht 1979 in Hockenheim: Stuck im Cassani-M1 im Dreck


Danco, Fritz (MSa 05/2002)<br />

Der alte Fritz<br />

103<br />

ritz Danco war in seiner mehr als 40-<br />

Fjährigen Reporterzeit beim Südwestfunk<br />

(früher SWF, heute SWR) «der Mann<br />

für den Motorsport». Mit Elan, Begeisterung<br />

und seiner unverwechselbar festen<br />

Stimme brachte der Radio- und TV-Journalist<br />

weit über 1000 Renn-Beiträge auf<br />

den Sender. Auch die ARD klinkte sich oft<br />

ein in seine Reportagen vom Nürburgring,<br />

von den Flugplatzrennen Trier und Mainz-<br />

Finthen, der Hunsrück-Rallye oder aus Hockenheim.<br />

Die Rennsportereignisse im<br />

Bundesland Rheinland-Pfalz und den angrenzenden<br />

Randgebieten waren Dancos<br />

Jagdrevier, der Nürburgring seine zweite<br />

Heimat.<br />

Wenn der grossgewachsene Mainzer<br />

atemlos, mit gehetztem Blick und<br />

schnellen Schrittes über den Rennplatz<br />

eilte, im Vorbeiflitzen ungeduldig Statements<br />

abfragte oder in der Pressestelle<br />

hektisch Informationen einsammelte, war<br />

jedem klar, was die Stunde geschlagen<br />

hatte – der Sendetermin rückte gnadenlos<br />

näher. «Fast immer wurde uns die Zeit zu<br />

knapp», erinnert sich der altgediente<br />

Reporter. «Es musste viel improvisiert werden,<br />

und die Beiträge wurden oft erst auf<br />

den letzten Drücker überspielt.»<br />

Inoffiziell schon seit 1996, endgültig<br />

aber erst seit 1998 ist der heute 70-jährige<br />

frühere Chefreporter des Mainzer SWR-<br />

Landesstudios in den wohlverdienten Ruhestand<br />

getreten. Es gab wirklich nichts,<br />

was der stämmige Mann nicht übertragen<br />

hätte: Formel-1-WM, Formel 2-EM, Deutsche<br />

Rennsport-Meisterschaft, Sportwagen-WM,<br />

DTM, Rallyes, Bergrennen.<br />

Auch ausserhalb seiner Paradedisziplin<br />

Motorsport meldet sich Fritz Danco in Funk<br />

und Fernsehen regelmässig zu Wort. Ob<br />

Bundesliga-Spiele des 1. FC Kaiserslautern,<br />

regionale Grossereignisse oder der<br />

Rosenmontagsumzug – der stämmige<br />

Mann aus Mainz galt im Sender als strapazierfähige<br />

Allzweckwaffe. «Es gibt eigentlich<br />

nichts, was ich nicht gemacht<br />

habe», blickt der Ruheständler zufrieden<br />

zurück, «aber die Rennerei hat mich immer<br />

besonders in ihren Bann gezogen.»<br />

Triumph und Tragik von Jochen Rindt,<br />

Rolf Stommelen und Stefan Bellof sind dem<br />

gestandenen Reporter besonders tief unter<br />

die Haut gegangen. Wenn Fritz Danco und<br />

seine Frau Brigitte, die seit 38 Jahren unerschütterlich<br />

an seiner Seite steht, zur<br />

Abwechslung mal nicht gerade auf Reisen<br />

sind oder mit dem Luxusliner «MS Akona»<br />

in der Karibik kreuzen, sitzt der «alte Fritz»<br />

zu Hause vor dem Fernseher und guckt<br />

Formel 1. «Denn das», lässt er wissen,<br />

«fasziniert mich immer noch.»<br />

Reporter mit Herz: Danco 1970<br />

Reisen statt rasten: Danco heute<br />

Infos von der Basis: Fritz Danco mit Jochen Mass 1990 am Nürburgring


104<br />

Dauer, Jochen (MSa 09/2002)<br />

Power mit Dauer<br />

ochen Dauer war schon immer Berufs-<br />

Ein Beisser, der auch bei<br />

Joptimist.<br />

strammem Gegenwind nie aufgab. Mit den<br />

abenteuerlichsten Finanzkonstruktionen<br />

zog er seine chronisch unterfinanzierten<br />

F3- und F2-Projekte durch, dito die Tourenwagenzeit<br />

im BMW und im Zakspeed-Ford-<br />

Capri Turbo so<strong>wie</strong> den Wechsel in die Sportwagenszene<br />

mit der Übernahme des Porsche-962-Bestands<br />

von John Fitzpatrick.<br />

Die Porsche-Starts markierten «die<br />

schönste und erfolgreichste Zeit meiner<br />

30-jährigen Rennlaufbahn». Die endete<br />

1990 nach mehr als 500 Starts und rund<br />

100 Siegen. Danach blieb Dauer als Teamchef<br />

und Geschäftsmann im Gespräch. So<br />

inszenierte er 1991 den Start der Grossfamilien<br />

Andretti und Unser auf seinen<br />

Autos bei den 24 Stunden in Daytona. Der<br />

Geniestreich wuchs sich freilich zum<br />

finanziellen Desaster aus. Wegen des<br />

Golfkriegs sprangen ihm fast alle US-<br />

Sponsoren kurz vorm Start ab und rissen<br />

ein Loch von fast zehn Millionen Dollar in<br />

die Rennkasse.<br />

Dauer wäre nicht Dauer, hätte er sich<br />

nicht auch aus dieser bedrohlichen Situation<br />

befreit. Schon bald überraschte er<br />

Freund und Feind mit einem neuen Coup:<br />

Seit 1992 lässt er in seiner Firma «Dauer<br />

Sportwagen GmbH» den von ihm heissgeliebten<br />

Porsche 962 als GT-Auto mit Strassenzulassung<br />

bauen. Sein «Dauer 962 Le<br />

Mans» in GT-Ausführung siegte 1994 nicht<br />

nur an der Sarthe, sondern wurde fortan<br />

auch für Ölscheichs und Königshäuser zum<br />

Objekt der Begierde.<br />

Elf der edlen Stücke zu je 900 000 Euro<br />

sind weltweit verkauft, allein drei hat der<br />

Sultan von Brunei. Der steinreiche Herrscher<br />

des Golfstaats übertrug dem Nürnberger<br />

Autobauer auch gleich den technischen<br />

Service des royalen Fuhrparks mit<br />

mehr als 3000 Luxuskarossen.<br />

Während die Rennkarriere des heute 50-<br />

jährigen Junggesellen seit 12 Jahren Vergangenheit<br />

ist, sieht der Tausendsassa geschäftlich<br />

noch viele Optionen. «Ein neues<br />

Grossprojekt steckt schon in der Pipeline,<br />

das wird ein Riesenknaller.» Abseits des<br />

Geschäfts mit den schnellen Autos hat<br />

Jochen Dauer ein neues Hobby entdeckt.<br />

Mit seinen vier Riesenschnauzern («alles<br />

Deckrüden») räumt er bei Hundeausstellungen<br />

gross ab. «Aber nicht in der Provinz,<br />

sondern auf EM- und WM-Niveau»,<br />

stellt Dauer klar.<br />

Unter die Rennerei hat er einen<br />

Schlusspunkt gesetzt – sogar auf den<br />

Besuch seines Heimrennens auf dem<br />

Norisring verzichtet er standhaft. «Was ich<br />

sehen will, sehe ich im Fernsehen.»<br />

Dauer 1979: Wilde F3-Jahre<br />

Heute: Wenn der Sultan ruft …<br />

«Meine schönste Zeit»: Jochen Dauer 1988 im geliebten Porsche 962


Dongus, Lothar (MSa 38/2002)<br />

Der Fitness-Freak<br />

105<br />

othar Dongus kann es in Sachen Fitness<br />

lund Kondition noch mit manch jüngerem<br />

Zeitgenosse locker aufnehmen. Immerhin<br />

wird der Stuttgarter demnächst 72. Was<br />

der Ex-Leiter der Porsche-Sportfahrerschule<br />

und Organisator zahlreicher Porsche-<br />

Sportevents (Golf, Tennis, Rad) abspult,<br />

würde dem einen oder anderen aktuellen<br />

Rennprofi zur Ehre gereichen. So sitzt er<br />

täglich auf dem Rennrad oder dem Mountainbike<br />

und spult so «mehrere 1000 Kilometer<br />

im Jahr» ab. Sollte es dennoch ein<br />

paar Stunden Leerlauf geben, wird schnell<br />

eine Runde Golf (Handicap 12) eingelegt.<br />

Das Tennisspielen musste er allerdings<br />

nach einer Meniskus-OP ebenso reduzieren<br />

<strong>wie</strong> das Skifahren.<br />

So konsequent, <strong>wie</strong> der Schwabe sein<br />

Idealgewicht von 70 Kilogramm pflegt,<br />

war er auch als Motorsportler. Ob Rallye,<br />

Berg- oder Rundstrecke – im Porsche 356<br />

war Dongus immer ein Siegkandidat. Vor<br />

allem der legendäre Porsche Super 90 trug<br />

ihn von Erfolg zu Erfolg. S90-Privatiers<br />

rückten Mitte der 60er in Kompaniestärke<br />

an und sorgten vor allem auf den zahlreichen<br />

Flugplatzkursen für Markenpokal-<br />

Feeling. Die Gegner von damals hiessen<br />

Dieter Glemser, Günther Schwarz oder Hans<br />

Wernle. Gelegentliche Ausflüge in die Formel<br />

V bescherten ihm 1965 den vielbeachteten<br />

Triumph im chaotischen Regenrennen<br />

auf der Stuttgarter Solitude und weitere<br />

Topresultate im badewannenähnlichen<br />

«Beach-Car» aus «Huschkes Formel-<br />

V-Wanderzirkus».<br />

Schliesslich beendete er 1969 seine aktive<br />

Zeit mit dem 2,4-Liter-911er, um sich<br />

den beruflichen Aufgaben bei Porsche zu<br />

widmen. So zählte Dongus 1985 zur Gründer-<br />

und Organisations-Truppe des 944-<br />

Turbo-Cup, aus dem schliesslich der Carrera-Cup<br />

hervorging.<br />

Trotz offiziellem Ruhestand war der leidenschaftliche<br />

Sportfreak bis vor ein paar<br />

Jahren mit einem Porsche-Beratervertrag<br />

ausgestattet. Seit er in Naples/Florida<br />

wohnt und nur noch im Sommer nach<br />

Deutschland kommt, sieht er die alten Porsche-Kumpels<br />

selten. Wenn er aber im Lande<br />

ist, zieht’s ihn zum Porsche-Carrera-Cup<br />

nach Hockenheim oder an den Nürburgring.<br />

Dort wird er stets mit grossem <strong>Hallo</strong><br />

und den Worten «Was siehst du unverschämt<br />

gut aus» begrüsst.<br />

Wie lautet das Erfolgsrezept des überzeugten<br />

Junggesellen für so viel Fitness,<br />

Elan und Gesundheit im fortgeschrittenen<br />

Alter? Dongus: «Ausgewogene Ernährung,<br />

immer in Bewegung bleiben, positive Lebenseinstellung<br />

und von allem nicht zu<br />

viel und nicht zu wenig.»<br />

Strahlender Sieger: Dongus 1965 Fit in Florida: Dongus mit 72<br />

Gewohntes Bild: Dongus führt die S90-Meute 1965 in Mainz-Finthen an


106<br />

iane Engeman erschien der rennenden<br />

LMännerwelt nur auf den ersten Blick als<br />

blonder Engel. Wer es auf der Piste mit ihr<br />

zu tun bekam, wurde rasch mit der Realität<br />

konfrontiert. Die Holländerin fackelte<br />

nicht lange, gab höllisch Gas und pflegte<br />

eine unnachgiebige Infight-Strategie. So<br />

galt sie in den acht Jahren ihrer Karriere<br />

(1966–1974) neben Christine Beckers als<br />

das Beste, was die Niederlande an Vollgas-<br />

Ladys jemals zu bieten hatten. Vor allem<br />

auf ihren Lieblingsstrecken Zandvoort und<br />

Spa-Francorchamps setzte Liane im Alfa<br />

GTA, Capri RS, Ford Escort RS und Abarth-<br />

Spider Sternstunden.<br />

Zuvor hatte sie schon die Monoposto-<br />

Klassen Formel Vau, Formel Ford und Formel<br />

3 mit Bravour gemeistert. So hielt sie<br />

in Thruxton sechs Monate lang den Formel-Ford-Rundenrekord,<br />

bevor ihn ein gewisser<br />

Brasilianer namens Emerson Fittipaldi<br />

unterbot. Am wohlsten aber fühlte<br />

sie sich im Tourenwagen. Im goldfarbenen<br />

Kent-Capri RS etwa kämpfte die hübsche<br />

Blondine mit Kalibern <strong>wie</strong> Stuck, Fritzinger<br />

und Joisten und holte sich 1972 im<br />

Premiererennen der DRM auf der Nordschleife<br />

hinter den drei Stars einen sensationellen<br />

vierten Platz. Von Alfa Romeo bekam<br />

sie einen Werksvertrag für die Tourenwagen-Europameisterschaft.<br />

Hochzeit,<br />

Engeman, Liane (MSa 39/2002)<br />

Der blonde Engel<br />

Schwangerschaft und die Geburt der Zwillinge<br />

setzten der Rennerei ein Ende.<br />

Inzwischen ist Liane Engeman (55) <strong>wie</strong>der<br />

Single und hat ihren Wohnsitz von<br />

niederländischen Haarlem ins spanische<br />

Marbella verlegt. Dort hilft sie den Kindern<br />

bei der täglichen Bewältigung des kaufmännischen<br />

Parts. Michael (28) ist Betreiber<br />

einer Grossraum-Disco (Fassungsvermögen:<br />

1500 Gäste), Eline nennt ein Boulevard-Café<br />

ihr Eigen. «Wir haben rund um<br />

die Uhr zu tun», vermeldet die Ex-Rennfahrerin.<br />

«Für Jet-Set und Faulenzen bleibt<br />

kaum Zeit.» Sogar ihr geliebtes Golfen<br />

musste sie aufgeben, nachdem ihre Schulter<br />

bei einem Autounfall arg in Mitleidenschaft<br />

gezogen wurde.<br />

Trotz eingeschränkter Bewegungsfreiheit<br />

fühlt sie sich topfit. Mit den Weggefährten<br />

aus alten Renntagen hat sie keinen<br />

Kontakt mehr, nur Ex-Ford-Teammanager<br />

Frans Lubin trifft sie gelegentlich.<br />

Aber im Fernsehen schaut sie sich von der<br />

Formel 1 bis zur DTM regelmässig die ganze<br />

Bandbreite des aktuellen Rennsports<br />

an. Am meisten fasziniert sie die Formel<br />

1. Sobald die Kids die Hilfe der Mutter in<br />

Marbella nicht mehr unbedingt brauchen,<br />

möchte Liane das Versäumte nachholen:<br />

«Viele Reisen unternehmen und meine<br />

Lieblings-Grands-Prix besuchen.»<br />

1970: Der hübsche Schein trügt Dame von Welt: Engeman heute<br />

Heimspiel in Zandvoort: Liane 1973 im rechtsgelenkten Ford Escort RS


einz Eppelein darf als gutes Stück<br />

HBMW-Sporthistorie gelten. Mit Alex<br />

von Falkenhausen und Paul Rosche gehörte<br />

der Diplomingenieur zu den Männern<br />

der ersten Sportstunde in München.<br />

Multitalent Eppelein, Motor- und Chassis-<br />

Konstrukteur, Leiter des Fahrwerksversuchs<br />

und Rennfahrer in Personalunion,<br />

pilotierte den legendären BMW 700 in der<br />

Berg-DM zu einem fürs Unternehmen damals<br />

enorm wichtigen Titelgewinn. Zehn<br />

Läufe, zehn Siege und zehn Mal Klassenbestzeit<br />

lautete die Bilanz.<br />

Etwa zur gleichen Zeit gab der leidenschaftliche<br />

Motorsportler den Anstoss für<br />

die Schaffung eines BMW-Sportpokals, der<br />

die erfolgreichsten Piloten der Weiss-<br />

Blauen jeweils am Saisonende mit Sachund<br />

Geldpreisen bedachte. Erster Gewinner<br />

war übrigens 1963 Dieter Quester – und<br />

den Sportpokal gibt es immer noch. Quester<br />

übrigens auch …<br />

Nachdem Eppelein 1964 mit dem 1800<br />

TI nochmals Deutscher Vizemeister am<br />

Berg wurde, löste er ein Versprechen ein,<br />

das er seiner Freundin Edith gegeben hatte:<br />

«Ich habe ihr gesagt, dass ich sofort<br />

aufhöre, wenn wir heiraten.» Beides geschah<br />

vor 37 Jahren.<br />

Gerne blickt der 73-jährige Pensionär<br />

auf seine 34 BMW-Jahre zurück. Nicht nur<br />

Eppelein, Heinz (MSa 11/2002)<br />

Der BMW-Pionier<br />

107<br />

der Sport (so gewann er mit Hubert Hahne<br />

im 2000 TI das 12-h-Rennen auf dem<br />

Nürburgring) hat ihn fasziniert, sondern<br />

vor allem die Technik. So absolvierte er bei<br />

Tests für den Fahrwerksversuch binnen drei<br />

Jahren rund 100 000 Nordschleifen-Kilometer.<br />

Seine grosse Liebe galt aber dem<br />

Berg. Dort mochte er den Schauinsland mit<br />

seinen 178 Kurven besonders. «Die ultimative<br />

Herausforderung für jeden Bergpiloten,<br />

der was auf sich hielt.»<br />

Heute betrachtet Eppelein das rennsportliche<br />

Treiben meist vor dem Fernseher<br />

daheim in Neufahrn bei München und verfolgt<br />

die Husarenritte seines alten<br />

Arbeitgebers in der Formel 1. Gerne würde<br />

sich der BMW-Pionier auch noch vor Ort im<br />

Fahrerlager umsehen, «aber dazu müsste<br />

mich schon einer einladen. Den Karten<br />

mag ich wirklich nicht mehr nachrennen.»<br />

Vielleicht hat bei BMW da ja mal jemand<br />

eine Idee …<br />

Ansonsten geniessen die Eppeleins das<br />

Leben, sind oft wochenlang mit ihrer<br />

Motoryacht im Mittelmeer unterwegs und<br />

freuen sich über die zwei Enkelkinder ihrer<br />

Tochter, die als Staatsanwältin arbeitet.<br />

Und der 33-jährige Sohn ist als Diplomingenieur<br />

in der BMW-Fahrwerkskonstruktion<br />

bereits in die Fussstapfen des Herrn<br />

Papa getreten.<br />

Damals: Unschlagbar am Berg<br />

Heute: Spass auf dem Wasser<br />

Zehn Läufe, zehn Siege: Berg-König Eppelein 1963 im Werks-BMW 700


108<br />

r. Dieter Eymann war einer der vielsei-<br />

Hobby-Rennfahrer der 60er-<br />

Dtigsten<br />

und 70er-Jahre. Bei Bergrennen eine sichere<br />

Bank, eine makellose Rundstrecken-<br />

Bilanz und obendrein blitzsaubere Rallye-<br />

Auftritte (u. a. 12 Monte-Starts und Dritter<br />

der Rallye-DM). Unvergessen seine wilden<br />

Ritte in einem der optisch schönsten<br />

Buckel-Volvo der damaligen Zeit, eindrucksvoll<br />

auch die Auftritte im 4,7-Liter-<br />

Mustang, den der Zahnarzt aus Pirmasens<br />

von Jacky Ickx übernommen hatte. Als er<br />

die Rennerei nach knapp 20 Jahren «mit<br />

reichlich Siegen und besten Erinnerungen»<br />

beendete, nahm er die nächste Herausforderung<br />

an.<br />

Ab 1980 verschrieb er sich der Sportfliegerei,<br />

wurde Deutscher Motorflugmeister<br />

und sah «die halbe Welt aus luftiger<br />

und faszinierender Perspektive». Nimmt<br />

man seine Rennfahrer-Jahre, die Zeit als<br />

Sportflieger und dazu die Motorrad-Exkursionen,<br />

dürfte Dieter Eymann der sportlichste<br />

und schnellste Dentist der Pfalz gewesen<br />

sein. Dass er dieses Prädikat nicht<br />

mehr vollumfänglich für sich in Anspruch<br />

nehmen kann, liegt an gesundheitlichen<br />

Schicksalsschlägen, die den heute fast 67-<br />

Jährigen in rascher Folge trafen. 1994 erlitt<br />

er binnen einer Woche vier schwere<br />

Schlaganfälle, kurz darauf mussten ihm in<br />

Eymann, Dr. Dieter (MSa 24/2002)<br />

Zurück ins Leben<br />

einer hochkomplizierten Herzoperation<br />

vier Bypässe gelegt werden.<br />

Mit reichlich Glück, guten Ärzten, eisernem<br />

Willen und dem Rückhalt durch seine<br />

zweite Frau Irene überlebte er den gesundheitlichen<br />

Supergau. Halbseitig gelähmt<br />

und an den Rollstuhl gefesselt, schaffte er<br />

über viele schlimme Monate in Rehabilitations-Zentren<br />

den beschwerlichen Weg<br />

zurück in ein einigermassen normales Leben.<br />

Heute steht und bewegt er sich auf<br />

seinen eigenen Füssen, treibt Sport, spielt<br />

trotz Restlähmung Golf und geht halbtags<br />

in seine Praxis, wo ihm ein Kollege assistierend<br />

zur Seite steht.<br />

Sogar seinen heissgeliebten 400-PS-<br />

Pontiac Firebird mit 5,7-Liter-Chevy-Alu-<br />

Motor bewegt er <strong>wie</strong>der selbst, allerdings<br />

geht’s nur noch mit Automatic. «Nicht übel<br />

für jemand, der medizinisch gesehen eigentlich<br />

seit acht Jahren tot sein müsste»,<br />

sagt Eymann stolz, «aber mit der Fliegerei<br />

und dem Motorrad fahren ist es leider<br />

vorbei.»<br />

Kontakt zum Rennsportgeschehen hält<br />

er über alte Kumpels <strong>wie</strong> Helle Bein oder<br />

Peter Linzen, am TV sind Formel 1 und NAS-<br />

CAR angesagt. «Mein Leben könnte<br />

schlimmer aussehen», sagt er fast dankbar,<br />

«ich geniesse jeden Tag, an dem ich<br />

mich frei bewegen kann.»<br />

Siegesserien: Eymann 1965<br />

Rückkehr ins Leben: Eymann heute<br />

Wunderschöner Buckel-Volvo 544: Eymann beim Wasgau-Bergrennen ’64


Fischhaber, Toni (MSa 40/2002)<br />

Tölzer Triumphator<br />

oni Fischhaber hat es in 28 Rennjahren<br />

T(1959–87) zu einem der erfolgreichsten<br />

bayerischen Motorsportler gebracht. Sechs<br />

Berg-Europameisterschaften, einen deutschen<br />

Berg-Titel und gut 200 Einzelsiege<br />

hat der kleine, zerbrechlich wirkende Mann<br />

aus Bad Tölz mit allen möglichen Tourenwagen,<br />

GT-Autos und Sportwagen errungen.<br />

Dabei fiel sein erster Antritt 1959 am<br />

Wallberg völlig frustrierend aus: Otto Sensburg,<br />

legendärer Rennleiter und Sportchef<br />

des ADAC Südbayern, liess den damals 18-<br />

Jährigen wegen seines jugendlichen Alters<br />

und der schmächtigen Statur erst gar nicht<br />

zum Start zu. Dass es ausgerechnet Sensburg<br />

war, der dem «kleinen Buben» in der<br />

Folge für seine Siege auf nahezu allen bayerischen<br />

Bergpisten jahrelang Siegerkränze<br />

umhängen musste, entbehrt nicht einer<br />

gewissen Komik.<br />

BMW 700, Alfa Zagato, Lotus-BMW, Abarth<br />

und die gesamte Porsche-Palette bis<br />

zum 8-Zylinder-Berg-Spider markierten<br />

Fischhabers glanzvolle Jahre am Berg und<br />

auf der Rundstrecke. Im Porsche-Werksteam<br />

wurde er Teamkollege von Gerhard<br />

Mitter, bei Abarth kämpfte er an der Seite<br />

von Hans Herrmann. Fischhaber erledigte<br />

alle Jobs mit Ruhe und Routine,<br />

machte wenig kaputt und sah fast immer<br />

das Ziel. Die wohl schönsten Rennen und<br />

109<br />

atemberaubendsten Duelle lieferte er sich<br />

aber Anfang der 60er als Privatier mit seinem<br />

Münchner Dauerrivalen und Freund<br />

Ernst Furtmayr. Was die zwei in ihren Alfa<br />

Zagato auf deutschen und österreichischen<br />

Flugplätzen aufführten, war oft so<br />

aufregend, dass gelegentlich die Begleiterinnen<br />

am Streckenrand in Ohnmacht fielen.<br />

Mit 48 beendete Fischhaber seine<br />

Laufbahn.<br />

Mit 62 sieht er fast ebenso jugendlich<br />

und spitzbübisch aus <strong>wie</strong> früher. Seit 1993<br />

zum zweitenmal verheiratet, drei erwachsene<br />

Töchter, drei Enkel. Statt auf der Piste<br />

gibt er rund um Bad Tölz geschäftlich<br />

Vollgas: Zwölf Mietobjekte mit mehr als 60<br />

Mietparteien, zwei Geschäftshäuser und<br />

acht verpachtete Gastronomie-Betriebe<br />

halten ihn auf Trab. Alte Kontakte gibt es<br />

nur noch zu Eckhard Schimpf und Mario<br />

Ketterer, sonst ist Rennsport Nebensache.<br />

Dafür spielt er Eishockey im Seniorenteam,<br />

war 14 Jahre Vorsitzender des EC Bad Tölz<br />

und steht seit acht Jahren in gleicher<br />

Funktion an der Spitze des örtlichen Konkurrenzklubs.<br />

Einmal im Monat trifft sich<br />

der gesamte Fischhaber-Clan in Kompaniestärke<br />

zum Essen. «Die Grossfamilie zusammenzuhalten<br />

und Gesundheit für alle,<br />

ist mein grösster Wunsch für die Zukunft»,<br />

sagt der Familienmensch.<br />

Grosse Rennen: Fischhaber 1965 Gute Geschäfte: Fischhaber 2002<br />

Erster Titel: Im BMW 700 wurde Fischhaber 1962 Deutscher Bergmeister


110<br />

Fuchs, Heinz (MSa 21/2002)<br />

Der Formel-Fuchs<br />

einz Fuchs und seine Formel-V-Autos<br />

Hzählten zwischen 1965 und 1975 zum<br />

Bild jeder Rennstrecke. Vor allem in der<br />

Anfangszeit der grossen deutschen V-Bewegung<br />

hatten die Monoposti des schwäbischen<br />

Rennwagenbauers ihre besten<br />

Auftritte. Zwar regierte auch mal das<br />

Chaos, und manch mutiger Fuchs-Pilot verzweifelte<br />

gelegentlich an der Technik des<br />

eigenwilligen Konstrukteurs. Aber trotzdem<br />

hatten die schlanken und formschönen<br />

Renner im Streit mit den Kaimann-,<br />

Olympic- und Austro-V-Werksteams die<br />

Nase oft genug vorne.<br />

Alles in allem rund 100 Siege erreichten<br />

Fuchs-Piloten in aller Welt. Helmut<br />

Bross, Werner und Roland Müller, der Belgier<br />

Willy Braillard und der Österreicher Lothar<br />

Schörg gehörten zum engeren Kader.<br />

Zu seinem Lieblingspiloten hatte der Chef<br />

Werner Müller erhoben: «Er war mein erster<br />

und bester Fahrer.» Rund 120 Formel V<br />

1300 und 50 Super V wurden bei Fuchs in<br />

Rutesheim bei Leonberg gebaut, dazu jede<br />

Menge Kits.<br />

Als der V-Boom Ende der 70er-Jahre<br />

nachliess und auch VW Interesse und Engagement<br />

zurückschraubte, beendete<br />

Heinz Fuchs das Kapitel ziemlich frustriert.<br />

Danach arbeitete er in der Präzisionsteilefertigung<br />

verstärkt mit der Porsche-Rennabteilung<br />

zusammen. Zusätzlich eröffnete<br />

er mit dem Slogan «Fuchs Powerbikes –<br />

Kompetenz auch auf zwei Rädern» neue<br />

Perspektiven durch Konstruktion und Bau<br />

hochwertiger Fahrräder mit handgeschweisstem<br />

Alurahmen.<br />

Noch heute baut Fuchs, mittlerweile 68<br />

und Pensionär, für alte Freunde und gute<br />

Kunden «das eine oder andere Rad nach<br />

deren speziellen Vorstellungen». Mit seinen<br />

Piloten aus der Formel-V-Zeit hat er<br />

kaum noch Kontakt, über den aktuellen<br />

Rennsport informiert er sich am TV. Manchmal<br />

setzt er sich auch in Hockenheim auf<br />

die Tribüne oder wandert unerkannt durchs<br />

Fahrerlager. Technik fasziniert ihn noch<br />

immer, er gilt als ausge<strong>wie</strong>sener Porscheund<br />

Oldtimer-Fan, liebt seinen 930 Turbo<br />

über alles.<br />

Gesundheitlich geht’s ihm «bis auf das<br />

übliche Zwicken in meiner Altersklasse<br />

ganz ordentlich». Vor kurzem hat ihn die<br />

ältere der zwei Töchter (33, 30) erstmals<br />

zum Opa gemacht – er selbst ist nach 25-<br />

jähriger Ehe seit 1987 geschieden. Als<br />

nächstes Ziel hat sich Fuchs die Restaurierung<br />

einiger seiner alten Formel V vorgenommen.<br />

Grosse Wünsche hat er nicht<br />

mehr: «Wenn ich meine Autos und Fahrräder<br />

um mich habe, geht’s mir gut. Mehr<br />

brauch’ ich nicht.»<br />

Kreativer Zeichner: Fuchs 1966<br />

Technik-Liebhaber: Fuchs heute<br />

Eigenwillig: Vollverkleideter Fuchs-Super V (Nr. 56) 1972 in Hockenheim


Hähn, Helmut (MSa 31/2002)<br />

Ein Leben für Alfa<br />

elmut Hähn ist mit fast 71 Jahren nicht<br />

Hnur Deutschlands ältester aktiver Alfa-<br />

Händler, sondern auch Ziehvater dreier<br />

grosser Renntalente. In den Alfa-Tourenwagen<br />

des Mannheimers starteten Gerd<br />

Schüler und Jochen Mass ihre Karrieren,<br />

später stiess auch Harald Ertl (starb ’81 bei<br />

einem Flugzeugabsturz) zur Hähn-Truppe.<br />

Alle drei gehörten zur jener wilden Mannheimer<br />

Clique der 60er-Jahre, die das Bergrennen<br />

Eberbach so<strong>wie</strong> alle Hockenheim-<br />

Events ihres örtlichen Motorsportclubs<br />

MHSTC quasi vor der Haustür zu ihrem alljährlichen<br />

Happening machten.<br />

Mit den Hähn-Giulia Super TI und GTA<br />

driftete Schüler regelmässig zu Klassensiegen,<br />

betreut von Mechaniker Mass. Der<br />

<strong>wie</strong>derum nervte seinen Chef so lange, bis<br />

er endlich selbst ans Lenkrad durfte und<br />

fortan Schrott und Siege in buntem Wechsel<br />

ablieferte. Noch heute bekommt Hähn<br />

glänzende Augen: «Der Schüler fuhr rund<br />

und abgeklärt, der Mass wild und risikoreich,<br />

der Ertl <strong>wie</strong> ein Wahnsinniger. Mit<br />

den Drei habe ich die schönste Zeit im<br />

Rennsport erlebt.»<br />

Auf rund 120 Einzelsiege kann der Teamchef<br />

zurückblicken, dazu einen Berg-Titel<br />

(Schüler auf der Giulia TI) und eine Vizemeisterschaft<br />

(Reinhard Stenzel/Alfa<br />

GTA). Oft und gerne zwängte sich der Chef<br />

111<br />

auch selbst in die Cockpits seiner Autos,<br />

aber als Tuner und Techniker war er eindeutig<br />

besser.<br />

Es geht ihm gut, er ist gesund, werkelt<br />

nach <strong>wie</strong> vor «von 8 bis 8 im Geschäft»,<br />

in dem er seit 1958 Alfa Romeo verkauft<br />

und repariert. Noch immer unterzieht der<br />

70-Jährige jedes Auto nach erfolgter Reparatur<br />

persönlich einer Probefahrt. Ehefrau<br />

Ilse, seit 50 Jahren an seiner Seite,<br />

erledigt die Buchhaltung, Tochter Elke<br />

(34) hilft ebenfalls mit. «Ohne meine beiden<br />

Mädels», stellt Hähn klar, «hätte ich<br />

das nicht so lange durchgehalten.» Die<br />

zwei Enkel (16, 11) sollen später mal das<br />

Geschäft übernehmen. Urlaub und Krankheiten<br />

bezeichnet das Mannheimer Original<br />

als Fremdwort, seine Hobbys bestehen<br />

aus drei A – «Alfa, Autos, Arbeit».<br />

In diesem Jahr schlendert der alte Herr<br />

<strong>wie</strong>der verstärkt durchs Fahrerlager: Er hat<br />

sich überreden lassen, nach langer Rennpause<br />

ein Auto im neuen Alfa-Romeo-147-<br />

Diesel-Cup einzusetzen. «Aber das ist<br />

nicht mehr meine Welt», stellt Helmut<br />

Hähn fest. «Das ist mir alles zu ernst, zu<br />

hektisch und zu unpersönlich geworden.»<br />

Einzig das grosse Alfa-Gästezelt lässt ihn<br />

strahlen: «Hier triffst du alte Freunde und<br />

kriegst auch noch was Gescheites zu essen<br />

und zu trinken.»<br />

Autos und Arbeit: Hähn 1968<br />

Autos und Arbeit: Hähn heute<br />

Heimspiel in Hockenheim: Harald Ert 1971 im Hähn-Alfa Romeo GTAM


112<br />

ieter Hardt war allein wegen seiner<br />

Dstattlichen Körpergrösse von knapp<br />

zwei Metern kaum zu übersehen. Und wer<br />

auf die begehrten Sponsorgelder des Öl-<br />

Multis Castrol scharf war, bekam es automatisch<br />

mit dem PR-Direktor des Unternehmens<br />

zu tun. Hardt erinnert sich gerne<br />

der Zeit, als die grosszügig ausgestatteten<br />

Renndienstbusse der führenden Mineralöl-Firmen<br />

<strong>wie</strong> Aral, elf, BP, Veedol,<br />

Caltex oder Shell die Fahrerlager <strong>wie</strong> eine<br />

Wagenburg einrahmten.<br />

Hardts Kundschaft der 70er- und 80er-<br />

Jahre gehörte zu den Top-Adressen der<br />

Branche – die Zakspeed-Escort in der<br />

Rennsport-Meisterschaft, die BMW-CSL-<br />

Coupés im Europa-Championat oder das<br />

Team Toyota Europe in der Rallye-WM.<br />

Volkswagen Motorsport war ein weiterer,<br />

langjähriger Castrol-Partner: Formel Super<br />

VW, Golf-GTI-Rallyeprogramm und alle VW-<br />

Markenpokale präsentierten sich mit dem<br />

Logo des Unternehmens.<br />

Als Hardt 1988 in die Vorstandsetage<br />

der Burmah Oil Holding (zu der auch Castrol<br />

und Veedol gehörten) aufrückte und<br />

mit der Neuausrichtung der Konzern-Strategien<br />

betraut wurde, bedeutete dies<br />

zwangsläufig den beruflichen Schlussstrich<br />

unter das Kapitel Motorsport.<br />

«Trotzdem bin ich ein Fan geblieben, weil<br />

Hardt, Dieter (MSa 27/2002)<br />

Der Öl-Baron<br />

ich dort nur Positives erlebt habe.» Zwar<br />

blieb Castrol, wenn auch eingeschränkt,<br />

weiter im Sport präsent, aber mit Hardts<br />

Abgang endete eine Ära.<br />

Mit einem Festabend in der Semper-<br />

Oper zu Dresden wurde der lebensfrohe<br />

Hamburger vor sechs Jahren mit 65 von<br />

seinem Arbeitgeber in den Ruhestand verabschiedet.<br />

Zeitgleich heiratete er «nach<br />

23-jähriger Probezeit» seine Lebensgefährtin<br />

Jutta. Inzwischen 71, erfreut sich<br />

Hardt nicht nur bester Gesundheit, sondern<br />

brilliert mit erstaunlichen Bestleistungen<br />

in der Leichtathletik-Seniorenklasse<br />

«M70». So unterbot er kürzlich mit<br />

11,83 Meter den elf Jahre alten Hamburg-<br />

Rekord im Kugelstossen, machte zum 28.<br />

Mal das Goldene Sportabzeichen, läuft die<br />

3000 Meter noch immer in 15 Minuten und<br />

die 100 Meter in 14,2 sec.<br />

Überdies engagiert sich der Musik- und<br />

Literatur-Liebhaber im Naturschutz leidenschaftlich<br />

für die Erhaltung von Störchen<br />

und Kranichen. Mit dem Motorsport<br />

verbindet er heute neben dem Fernsehgerät<br />

vor allem die Freundschaft zum ehemaligen<br />

Zakspeed-Chef Erich Zakowski.<br />

Nur zu gerne erinnert sich Hardt an gemeinsame<br />

Escort-Jahre: «Das war für mich<br />

menschlich und sportlich gesehen die<br />

schönste Zeit.»<br />

Ein echter Rennfreak: Hardt ’82<br />

Fit und fesch: Dieter Hardt heute<br />

Farben des Erfolgs: Hans Heyers Zakspeed-Escort aus dem Jahre 1976


Hegels, Dieter (MSa 32/2002)<br />

Der stille Meister<br />

113<br />

ieter Hegels zählte zu den eher Stillen,<br />

DUnauffälligen. Nach drei Motorradsport-Jahren<br />

stieg der Rheinländer 1966<br />

um und trat als Privatier erst im VW Käfer,<br />

dann mit einem Simca und schliesslich vorzugsweise<br />

mit selbstpräparierten BMW-<br />

Tourenwagen an. Und als die Rivalen im<br />

Rundstrecken-Pokal 1970 langsam begriffen,<br />

dass der Kfz-Meister aus Ratingen mit<br />

dem Alpina-BMW auf Titelkurs fuhr, war’s<br />

zu spät. Hegels sicherte sich als Nachfolger<br />

Dieter Glemsers mit der höchsten<br />

Punktzahl in der 1600er-Klasse den Titel,<br />

ohne dass die gelackmeierten Werkspiloten<br />

anderer Hubraumklassen beim Finale<br />

in Hockenheim hätten kontern können.<br />

«Für mich eine tiefe Genugtuung», erinnert<br />

sich der BMW-Mann, «weil mich keiner<br />

so richtig auf der Rechnung hatte.»<br />

Nach dem Triumph stand der BMW-Privatfahrer<br />

auch in den Oberligen Rennsport-Meisterschaft<br />

und Tourenwagen-EM<br />

seinen Mann, erreichte achtbare Resultate<br />

und brachte so manchen Star in Verlegenheit.<br />

Weil seine BMW-Werkstatt mit angeschlossenem<br />

Tuning-Betrieb ihm immer<br />

weniger Zeit für die Rennerei liess, beendete<br />

Hegels 1984 schweren Herzens seine<br />

Laufbahn.<br />

Ironie des Schicksals: Seinen bislang<br />

einzigen bösen Unfall hatte der 62-Jährige<br />

nicht auf der Rennstrecke, sondern fast<br />

vor der Haustür. Im Februar 2002 krachte<br />

er «ohne Vorwarnung auf Blitzeis» mit einem<br />

BMW 318 breitseits gegen einen<br />

Baum. «Ich konnte mich nicht rühren, war<br />

eingeklemmt und musste aus dem Auto<br />

rausgeschnitten werden.» Per Hubschrauber<br />

wurde er in die Klinik geflogen, wo man<br />

neben bösen Prellungen zwei gebrochene<br />

Rückenwirbel diagnostizierte. Fast zwei<br />

Monate lag er im Spital, es folgten eine<br />

lang<strong>wie</strong>rige Rehabilitation und immer <strong>wie</strong>der<br />

Arztbesuche.<br />

Die Tuning-Werkstatt, als Einmann-Betrieb<br />

voll auf ihn fixiert, musste während<br />

der Rekonvaleszenz schliessen. «Das waren<br />

bittere Wochen, sowohl vom Heilungsverlauf<br />

her <strong>wie</strong> auch finanziell.» Dabei hatte<br />

er Glück – der Horrorcrash hätte viel übler<br />

ausgehen können.<br />

Aber schon schmiedet er <strong>wie</strong>der benzingeschwängerte<br />

Pläne. So möchte Hegels,<br />

seit 37 Jahren mit Marlies verheiratet und<br />

kinderlos, einen 70er-Chevy Camaro für<br />

den Einsatz im historischen Sport aufbauen.<br />

Auch für den aktuellen Rennsport interessiert<br />

er sich unverändert, am Fernseher<br />

gibt er sich «das volle Programm von<br />

Formel 1 über NASCAR, V8STAR und DTM».<br />

Und wenn noch Zeit bleibt, frönt er seinem<br />

Hobby als Sportschütze.<br />

In stiller Freude: Hegels 1970 Glück im Unglück: Hegels 2002<br />

Der Meister-Privatier: Hegels 1970 auf Siegesfahrt um die Nordschleife


114<br />

Hero, Manfred (MSa 33/2002)<br />

Manfred the Hero<br />

anfred Hero war zumindest für seine<br />

Msaarländischen Fans in dem Moment<br />

ein echter Hero, als ihm 1982 bei der zu<br />

DM und EM zählenden «Saarland-Rallye»<br />

ein Sieg über den grossen Walter Röhrl im<br />

Lancia 037 gelang. Diesen Triumph über<br />

den Topstar kostete der Porsche-Pilot aus<br />

<strong>wie</strong> kaum einen anderen und bezeichnet<br />

ihn noch heute «als das Grösste meiner<br />

Karriere».<br />

Fast 20 Jahre lang donnerte der Kfz-<br />

Meister aus Schmelz als Privatier über<br />

Deutschlands Rallyepfade, schrammte<br />

zweimal knapp am Gewinn des DM-Titels<br />

vorbei und erkämpfte sich bei der «Monte»<br />

sogar die Position des besten deutschen<br />

Teilnehmers. Mit Porsche 911, Opel<br />

Manta 400, Lancia Delta Integrale und<br />

BMW M3 so<strong>wie</strong> den Co-Piloten Klaus Hopfe,<br />

Dietmar Müller und Guido Horsch erlebte<br />

Hero zwischen 1967 und 1990 nahezu<br />

alle Höhen und Tiefen. Zu den Highlights<br />

gehörte der oben beschriebene Sieg über<br />

Röhrl, zu den Tiefen zählten drei Totalschäden<br />

(zwei Porsche, ein Manta) und die<br />

verlorene Meisterschaft 1981. Als Tabellenführer<br />

kam er zum Finale nach Straubing,<br />

wo ein Getriebeschaden alle Titelhoffnungen<br />

zerschlug.<br />

Aufgehört hat er schliesslich, weil die<br />

Kluft zwischen Privat- und Werksfahrer immer<br />

grösser wurde. «Wenn mir Leute <strong>wie</strong><br />

Winfried Matter nicht geholfen hätten,<br />

wäre viel früher Ende gewesen.» Stattdessen<br />

kümmerte er sich verstärkt um seine<br />

Porsche-Werkstatt und die Betreuung der<br />

Rallyekunden.<br />

Inzwischen hat der 53-Jährige mit grossem<br />

Erfolg ein weiteres Geschäftsfeld erschlossen.<br />

Am Ufer der Moselgemeinden<br />

Minheim und Klüsserath betreibt er zwei<br />

Wohnmobil-Parks mit insgesamt 470 Stellplätzen.<br />

Beide Areale sind vom ADAC bereits<br />

mehrfach ausgezeichnet worden und<br />

liegen im Einzugsbereich einiger Sonderprüfungen,<br />

die beim WM-Lauf im August<br />

gefahren werden. «Das wird ein Riesenfest»,<br />

schwelgt Hero in Vorfreude auf den<br />

deutschen Rallye-Gipfel. «Wir werden keine<br />

Minute versäumen.»<br />

Wir – das sind seine Frau Anny, mit der<br />

er seit 32 Jahren verheiratet ist, und sein<br />

30-jähriger Sohn Marco, der als Rechtsanwalt<br />

arbeitet. Zweimal pro Jahr gönnen<br />

sich Vater und Sohn eine gemeinsame Reise:<br />

Im Wohnmobil geht’s zur Rallye Monte<br />

Carlo und zur Tour de France. Denn das<br />

Rennrad ist Heros zweite grosse Passion.<br />

Spätestens mit 60 soll beruflich Schluss<br />

sein, «dann machen wir eine Europatour<br />

im Wohnmobil – und hinten drauf natürlich<br />

das Rennrad».<br />

Knapp am Titel vorbei: Hero 1981<br />

WM-Lauf-Vorfreude: Hero heute<br />

Echtes Prachtstück: Manfred Heros 3,3-Liter-Turbo-Porsche anno 1983


Huhn, Robert F. (MSa 42/2002)<br />

Sieg für die Airline<br />

obert F. Huhn gelang vor gut 40 Jah-<br />

worum ihn heute jeder Teamchef<br />

Rren,<br />

beneiden würde: Der Hobbypilot konnte<br />

die Deutsche Lufthansa als Sponsor begeistern.<br />

Der Hotelkaufmann aus Oberwinter<br />

bei Bonn, selbst im Flugunternehmen<br />

als Manager tätig und für Aufbau und Perfektion<br />

des Bord-Service zuständig, konnte<br />

im Juli 1961 voller Stolz die «Scuderia<br />

Lufthansa» samt Bewerberlizenz als eingetragenen<br />

Verein präsentieren. «Ein hartes<br />

Stück Überzeugungsarbeit», erinnert<br />

sich der erfolgreiche Porsche-Pilot und Geschäftsführer<br />

der Scuderia. «Das Top-Management<br />

stand der Idee zunächst sehr<br />

skeptisch gegenüber.»<br />

Dank der Siege von Huhn, Hans Werle,<br />

Hans Dieter Dechent und Günther Schwarz<br />

avancierte die Lufthansa-Truppe bald zur<br />

erfolgreichsten deutschen Privatrenngemeinschaft<br />

der 60er-Jahre. Dazu kamen<br />

Gastfahrer vom Schlage eines Reinhold<br />

Joest, Udo Schütz oder Rolf Stommelen.<br />

Die Kranich-Männer bevorzugten durchweg<br />

Porsche – vom Super 90 über den legendären<br />

Carrera 1,6 bis zum 906 und 910<br />

war alles dabei, was die Stuttgarter so im<br />

Angebot hatten.<br />

Huhn hatte seine besten Jahre im Porsche<br />

914/6 und 356er-Carrera. Für den<br />

«persönlich wertvollsten Sieg» beim GT-<br />

115<br />

Rennen im Rahmen des Deutschland-GP<br />

1963 auf der Nordschleife hängte ihm sogar<br />

der grosse Juan Manuel Fangio den<br />

Kranz um den Hals. 1972 wurde das Kapitel<br />

«Scuderia Lufthansa» geschlossen, da<br />

sich die meisten Gründungs- und Stammfahrer<br />

vom aktiven Sport zurückzogen. 62<br />

Siege, 84 zweite und 50 dritte Plätze aus<br />

280 Starts hatten die Lufthansa-Piloten<br />

bis dahin erreicht.<br />

Mit Gattin Inge, mit der er seit 45 Jahren<br />

verheiratet ist, lebt Huhn als Ruheständler<br />

in seiner Heimatstadt Oberwinter.<br />

Langeweile ist für den jugendlich wirkenden<br />

70-Jährigen ein Fremdwort. Die Pflege<br />

seiner Oldtimer, Gartenarbeit, Wanderungen<br />

durchs Siebengebirge und Reisen<br />

halten ihn auf Trab. Die beiden Töchter<br />

(41, 40) arbeiten als Stewardessen – natürlich<br />

bei der Lufthansa. Sein Sohn (39)<br />

ist bei DaimlerChrysler ins Smart-Programm<br />

eingebunden.<br />

Seinen geliebten Nürburgring, auf dem<br />

er in 25 Jahren rund 60 000 km abgespult<br />

hat, besucht er nach <strong>wie</strong> vor gerne, wenngleich<br />

der aktuelle Rennsport hauptsächlich<br />

vorm TV-Gerät stattfindet. Mit seinen<br />

Mannheimer Ex-Weggefährten Werle und<br />

Dorner pflegt er regelmässig Kontakt. Gesundheitlich<br />

geht’s ihm prima. «Dafür<br />

muss man in meinem Alter dankbar sein.»<br />

Respektabler Raser: Huhn 1967 Rüstiger Rentner: Huhn 2002<br />

Im Dienste des Kranichs: Huhn im 914/6 beim 1000-km-Rennen 1970


116<br />

ünther Klapproth hatte einen guten<br />

GGrund, als Copilot dem heissen Rallye-<br />

Sitz adieu zu sagen: «14 Jahre und 168<br />

Rallyes ohne Unfall waren genug – man<br />

muss es ja nicht übertreiben.» Der Hannoveraner<br />

war bei vielen Rallyestars der<br />

ruhende Pol im Cockpit, galt als geradezu<br />

pedantischer Perfektionist in Vorbereitung<br />

und Handling der Fahrtunterlagen. Mit<br />

sicherer Ansage dirigierte er seine Chauffeure<br />

zu rund 70 Goldmedaillen, 18 Gesamt-<br />

und 32 Klassensiegen.<br />

Besonders gerne und lange fuhr er an<br />

der Seite von Herbert «Ernie» Kleint. Die<br />

beiden wurden in den 60er-Jahren vor<br />

allem im Ford-Werksteam zur festen Grösse.<br />

Unvergessen sind die Monte-Starts im<br />

schwachbrüstigen Taunus 12M, die Marathon-Fahrt<br />

London–Sydney im biederen<br />

Ford 20M RS oder der Gesamtsieg bei der<br />

Tour d’Europe 1970. Umso betroffener war<br />

Klapproth, als sein Freund und Weggefährte<br />

1989 beim Absturz seines Privatflugzeugs<br />

ums Leben kam.<br />

Um diese Zeit war Kleints Ex-Co schon<br />

fast 15 Jahre Rennsekretär des ADAC Niedersachsen<br />

und wachte dort als Chef-<br />

Administrator über die Durchführung der<br />

hauseigenen Motorsport-Events mit dem<br />

traditionsreichen Flugplatzrennen Wunstorf<br />

als Saisonhighlight. «Trotz ständiger<br />

Klapproth, Günther (MSa 07/2002)<br />

Der Perfektionist<br />

Sicherheitsdebatten und Anfeindungen<br />

durch Naturschutzverbände, hatten wir vor<br />

allem während der grossen DTM-Ära eine<br />

wunderbare Zeit», resümiert Klapproth.<br />

Als sich 1998 in Wunstorf nach der 34.<br />

Auflage letztmals die Zielflagge senkte,<br />

fiel auch dem altgedienten ADAC-Mann der<br />

Abschied schwer. «Wunstorf wird es leider<br />

nie mehr geben, das war einfach nicht<br />

mehr bezahlbar.»<br />

Seit Juli 2001 ist Klapproth Rentner.<br />

Sein Lebensmittelpunkt sind jetzt die<br />

Familie so<strong>wie</strong> «Tessa». Mit dem Rauhaardackel,<br />

der jüngst die Begleithundprüfung<br />

bestanden hat, unternimmt er Streifzüge<br />

durch die Umgebung. Herr und Tier sind<br />

schliesslich auf Materialsuche für ein<br />

heimatkundliches Buch. Titel: «Gedenksteine<br />

im Deister» (bewaldeter Höhenzug<br />

westlich von Hannover).<br />

Trotzdem kommt der Motorsport nicht<br />

zu kurz; die Rallye-WM und die Formel 1<br />

sind TV-mässig die Favoriten. Dazu gibt’s<br />

pro Jahr zwei bis drei DTM-Besuche und<br />

den Grand Prix in Hockenheim. Verblüffend<br />

die Aussage des 65-Jährigen zum Thema<br />

Gesundheit: «Ich habe noch nie eine<br />

Arztpraxis von innen gesehen, habe keinen<br />

Hausarzt und fühle mich noch immer<br />

gesund und fit.» Der Traum einer jeden<br />

Krankenkasse…<br />

Siege mit Kleint: Klapproth 1969<br />

Spass mit Hund: Klapproth heute<br />

Dream-Team: Klapproth (l.) und Kleint im Ford 12M bei der Monte 1966


König, Kurt (MSa 08/2002)<br />

Fränkisches Fahrtier<br />

urt König zählte in den 20 Jahren seiner<br />

KRennkarriere zu den originellsten Erscheinungen<br />

der Szene. Als klassischer<br />

Privatfahrer präsentierte sich der schwergewichtige<br />

Riese mit dem schütteren<br />

Haupthaar stets locker und lustig. Sein<br />

Markenzeichen war die glimmende Zigarette,<br />

auf der Piste gab er sich unnachgiebig,<br />

schnell und kampfstark. «Ein Fahrtier der<br />

besonderen Sorte», so porträtierte ihn<br />

früher mal ein Kollege.<br />

Nach ersten Erfolgen am Berg und einigen<br />

Jahren im VW-Golf-Cup setzte sich<br />

der Lange aus dem fränkischen Schwabach<br />

vornehmlich mit BMW-Tourenwagen in<br />

Szene. Schon in der alten DRM machte er<br />

im selbst präparierten M1 den Stucks,<br />

Questers und Henzlers das Leben schwer.<br />

In der DTM der 80er-Jahre zählte er zum<br />

unverzichtbaren Inventar der Privatiers,<br />

drosch meist sponsorlose 635 CSi-Coupé<br />

und M3 durchs Feld, sammelte bei 111<br />

Starts knapp 500 DTM-Punkte und schloss<br />

1986 inmitten aller Werkspiloten als<br />

Gesamt-Dritter ab.<br />

Neben dem Prädikat des besten Zweiliter-Fahrers<br />

in der Tourenwagen-EM 1978<br />

und dem Vizetitel in der Rennsport-<br />

Trophäe 1981 freute sich König vor allem<br />

1982 über den M1-Klassensieg beim 1000-<br />

km-Rennen auf dem Nürburgring.<br />

117<br />

Da seine Hausmarke BMW das DTM-Engagement<br />

1992 stoppte, verabschiedete<br />

sich König aus dem Rennsport. Dafür kniete<br />

er sich gemeinsam mit Bruder Uwe in<br />

die Führung des BMW-Autohauses mit rund<br />

50 Mitarbeitern. Das Sportgeschehen in<br />

aller Welt hat er aber nie aus den Augen<br />

verloren. Im Fernsehen wird «alles verschlungen,<br />

was an Racing über den Bildschirm<br />

geht». Bis zu drei F1-GP pro Saison<br />

gönnt er sich ebenso <strong>wie</strong> den jährlichen<br />

Pflichtbesuch am Norisring, «um alte<br />

Freunde zu treffen».<br />

Auch bei der Top-10-Rennserie ist er<br />

neuerdings häufiger präsent, um nach<br />

seinem Schützling Daniel la Rosa (16) zu<br />

sehen. Der Nachwuchsmann steigt von der<br />

Formel König in die Formel VW auf und wird<br />

von dem Ex-DTM-Piloten gefördert. «Mit<br />

dem Jungen möchte ich erreichen, was mir<br />

selbst versagt blieb – einen Meistertitel.»<br />

Auch aus dem Privatleben meldet der<br />

heute 48-Jährige nur Erfreuliches: «Seit<br />

acht Jahren bin ich verheiratet, meine Familie<br />

mit den zwei Kids (4 und 5) ist mein<br />

grösstes Glück.» Hin und <strong>wie</strong>der gönnt er<br />

sich eine Auszeit mit Powerboot-Fahren<br />

vor Mallorca, fühlt sich ansonsten «sehr<br />

gesund, aber mit 110 kg leicht übergewichtig».<br />

Und die Zigarette schmeckt ihm<br />

noch immer …<br />

Treuer BMW-Kunde: König 1989<br />

Spass im Powerboat: König heute<br />

Schrecken der sogenannten Superstars: Kurt König 1984 im BMW M1


118<br />

rwin Kremer kann sich 2002 gleich auf<br />

Ezwei Geburtstage freuen – er selbst wird<br />

im Juni 65, und sein berühmter Rennstall<br />

feiert im Oktober 40-jähriges Bestehen.<br />

«Leider sind wir ja in Deutschland fast in<br />

Vergessenheit geraten», bedauert er mit<br />

dem selben Dackelblick, mit dem er schon<br />

vor 30 Jahren die Gesprächspartner fixierte,<br />

wenn’s ums Geld ging. Und schiebt trotzig<br />

hinterher, dass «es uns noch gibt».<br />

Allerdings ist im Gegensatz zu den<br />

Glanzzeiten des Kölner Teams vieles nicht<br />

mehr so, <strong>wie</strong>’s mal war. Bruder Manfred<br />

(62), als Techniker und Tüftler eine der<br />

tragenden Säulen der Kremer-Erfolgsstory,<br />

hat sich 1998 in den Ruhestand verabschiedet<br />

und lebt nun in Spanien. Und<br />

statt der Traditionsmarke Porsche rennt<br />

seit drei Jahren ein Lola B98-Roush unter<br />

Kremer-Flagge – «Trotzreaktion gegenüber<br />

gewissen Porsche-Entscheidungen».<br />

Dabei haben die Kremer-Brothers mit<br />

Porsche 35 Jahre lang gut gelebt und eine<br />

sensationelle Erfolgsbilanz hingelegt:<br />

Porsche-Cup-Rekordsieger (11 Mal), je vier<br />

Europa- und Interserie-Titel, Deutsche<br />

Rennsportmeisterschaft, Erfolge bei den<br />

24-Stunden-Klassikern in Le Mans, Daytona<br />

und Spa. Dazu 30 Le-Mans-Teilnahmen<br />

in Folge (1970 bis 1999). Mehr als 300<br />

Fahrer aus aller Welt sassen bis heute in<br />

Kremer, Erwin (MSa 15/2002)<br />

Doppel-Jubiläum<br />

den Cockpits der Kremer-Rennwagen. Aber<br />

es gab auch traurige Momente – Manfred<br />

Winkelhock (Mosport 1985) und Jo Gartner<br />

(Le Mans 1986) starben in den Porsche 962<br />

aus Köln, Kris Nissen wäre 1988 in Fuji<br />

beinahe verbrannt.<br />

Erwin Kremer, selbst zehn Jahre lang mit<br />

dem 911er erfolgreich und 1971 sogar<br />

Porsche-Cup-Gewinner, ärgerte das Porsche-Werksteam<br />

oft genug mit revolutionären<br />

Eigenentwicklungen. Dazu gehörte<br />

auch der 935 K3, mit dem Klaus Ludwig<br />

1979 in der Deutschen Rennsport-Meisterschaft<br />

alles in Grund und Boden fuhr.<br />

Unvergessen sind die Pisten- und Wortgefechte<br />

der 70er-Jahre mit dem konkurrierenden<br />

Kölner Porsche-Stall von<br />

Georg Loos. Man jagte sich die Fahrer ab,<br />

Beschimpfungen, üble Nachrede und<br />

Gerichtstermine garnierten die wilden<br />

Jahre, über die Kremer sagt: «Eine harte,<br />

aber schöne Zeit. Manchmal wünsche ich<br />

mir, die Uhr zurückdrehen zu können.»<br />

Demnächst denkt auch der alte Fahrensmann<br />

daran, kürzer zu treten und das<br />

Leben zu geniessen. Mit Gattin Christine<br />

(40 Jahre verheiratet, kinderlos) erholt er<br />

sich immer öfter auf der Kanareninsel<br />

Fuerteventura. «Wir haben dort ein Häuschen,<br />

das auch mal unser Altersruhesitz<br />

werden soll.»<br />

Tolles Haardesign: Kremer 1969<br />

«Es gibt uns noch»: Kremer heute<br />

Siegesserie mit Eigenentwicklung: 1979/80 räumte der 935 K3 alles ab


Leinenweber, Fritz (MSa 20/2002)<br />

Der Porsche-Jünger<br />

ritz Leinenweber war 15 Jahre lang ei-<br />

der treuesten Porsche-Kunden im<br />

Fner<br />

Rennsport. So erzielte er seine rund 90 Siege<br />

ausschliesslich mit Stuttgarter Prachtexemplaren<br />

<strong>wie</strong> 356 B und 911, Spyder RSK<br />

und Abarth-Carrera, 904 GTS, Carrera 906<br />

und Carrera 910. Wo immer der Herrenfahrer<br />

aus dem pfälzischen Pirmasens zwischen<br />

1956 und 1970 antrat, hatten die<br />

Gegner nichts zu lachen. Siege waren die<br />

Norm, zweite Plätze ein Grund zum Lamentieren<br />

und dritte eine mittlere Katastrophe.<br />

Die Gegner hiessen Rolf Stommelen,<br />

Reinhold Joest, Ben Pon oder Joakim Bonnier;<br />

wunderbare Flugplatzkurse <strong>wie</strong> Trier,<br />

Pferdsfeld, Erbenheim oder Innsbruck sahen<br />

Leinenweber-Festspiele.<br />

In seinen Anfangsjahren musste er<br />

manchmal unter Pseudonym antreten, weil<br />

die Wolfsburger VW-Manager ihm den Entzug<br />

der VW-Vertretung androhten, falls er<br />

sich weiter am Rennsport beteiligt. Einen<br />

seiner wertvollsten Erfolge erzielte der<br />

Pfälzer 1961 im Abarth-Carrera beim GT-<br />

Lauf im Rahmen des F1-GP auf der Nordschleife:<br />

Sieg und Rundenrekord, dazu Pokal<br />

und Kranz aus der Hand von Prof. Ferry<br />

Porsche. «Das war ein Riesenerlebnis»,<br />

schwärmt Leinenweber. «Davon zehrt man<br />

ein ganzes Rennfahrerleben.» Obwohl er<br />

seine Einsätze immer häufiger an den Berg<br />

119<br />

verlagerte, blieben die Auftritte im geliebten<br />

Paris-Montlhéry jährliches Pflichtprogramm.<br />

Allein hier feierte der Porsche-Pilot<br />

15 Siege. 1972, exakt an seinem 40.<br />

Geburtstag, hängte Fritz Leinenweber den<br />

Helm an den Nagel.<br />

Offiziell ist der mittlerweile 70-jährige<br />

Ingenieur schon seit fünf Jahren Rentner,<br />

das Autohaus (15 Jahre VW, danach noch<br />

weitere 15 Jahre Renault) ist längst verkauft.<br />

Die zwei Söhne (46, 40) haben solide<br />

Existenzen (Rechtsanwaltskanzlei,<br />

Automobilhandel). Trotzdem sitzt er weiter<br />

unverdrossen in seinem Pirmasenser<br />

Kfz-Sachverständigen-Büro, das Schadens-<br />

und Schätzgutachten für Versicherungen<br />

erstellt.<br />

Gutes Essen, ein ordentlicher Tropfen<br />

Pfälzer Wein und Wanderungen durchs heimatliche<br />

Gelände stehen heute für Leinenweber<br />

im Vordergrund. Zwar plagen ihn Arthrose,<br />

Bandscheiben- und Wirbelsäulen-<br />

Probleme, aber deshalb mag er weder auf<br />

Bewegung verzichten noch wehklagen:<br />

«Wenn ich morgens aufwache und es<br />

zwickt nicht an einer neuen Stelle, bin ich<br />

schon zufrieden.» Neuerdings lässt auch<br />

das Gehör nach, was bei seiner Gattin Marion,<br />

mit der er seit 47 Jahren verheiratet<br />

ist, den Verdacht nährt, «dass er nur noch<br />

hört, was er hören will …».<br />

Porsche-Star: Leinenweber 1962<br />

Manchmal zwickt’s: Fritz L. heute<br />

Lieblingsstrecke: Leinenweber-Sieg 1969 in Montlhéry auf Porsche 910


120<br />

Lins, Rudi (MSa 43/2002)<br />

Der Gipfelstürmer<br />

udi Lins war für die kleine Motorsport-<br />

Österreich in seinen besten Jah-<br />

Rnation<br />

ren ein Aushängeschild <strong>wie</strong> Helmut Marko,<br />

Dieter Quester oder Jo Gartner. Teils<br />

als Privat-, teils als Werksfahrer sammelte<br />

er zwischen 1965 und 1971 mit allen<br />

erdenklichen Porsche-Typen speziell am<br />

Berg Erfolge. Im legendären Carrera 6 driftete<br />

der Vorarlberger 1967 zum Berg-EM-<br />

Titel, im Carrera 10 wurde er ein Jahr später<br />

im selben Championat Vizemeister.<br />

Gleich viermal in Folge sicherte sich der<br />

stets still und bescheiden auftretende Porsche-Sportler<br />

die österreichische Staatsmeisterschaft.<br />

Dabei war Lins nicht nur am Berg<br />

schnell: Auch in Le Mans, bei der Targa Florio<br />

und anderen Langstrecken-Klassikern<br />

der Sportwagen-WM zählte der Kfz-Meister<br />

aus Bludenz mit Partnern <strong>wie</strong> Marko,<br />

Gerard Larrousse, Vic Elford oder Dick Attwood<br />

zu den Besten. Die Porsche-Renngeneräle<br />

Huschke von Hanstein (für Stuttgart)<br />

und Ferdinand Piëch (für Porsche<br />

Austria) schätzten vor allem die Ruhe und<br />

Zuverlässigkeit des Österreichers.<br />

Mit einem letzten Start in seinem Lieblings-Porsche,<br />

dem 910, verabschiedete<br />

sich Rudi Lins beim 1000-km-Rennen auf<br />

dem Nürburgring 1971 vom aktiven Sport.<br />

Um sich gleich der nächsten Herausforderung<br />

zu stellen: Zusammen mit Freund und<br />

Landsmann Gerhard Plattner und vorzugsweise<br />

in Porsche- und VW-Automobilen<br />

brach er zu immer neuen Extrem-Weltrekordfahrten<br />

auf. Ob Weltumrundung, Sahara-Durchquerung<br />

oder Polarkreis-Rundreise<br />

– am Ende blieben nur wenige Länder,<br />

die von den Abenteurern nicht durchquert<br />

wurden.<br />

Gattin Christine, zwei Söhne (32, 22),<br />

zwei Töchter (31, 28) und die 65 Mitarbeiter<br />

der beiden Lins-Autohäuser in Bludenz<br />

und Schruns (Porsche, VW, Audi,<br />

Seat) freuen sich jetzt über die permanente<br />

Anwesenheit des Chefs, der das Tagesgeschäft<br />

zusammen mit seinem jüngeren<br />

Bruder Fritz erledigt. Rennverläufe und Ergebnisse<br />

des aktuellen Sportgeschehens<br />

verfolgt der Hobby-Golfer (Handicap 28)<br />

in den Printmedien und, wenn noch Zeit<br />

bleibt, als TV-Zuschauer.<br />

Persönlich hat er sich seit seinem Rücktritt<br />

an keiner Rennstrecke mehr sehen lassen,<br />

«weil mir dazu einfach die Zeit fehlt».<br />

Auch die alten Weggefährten sieht er kaum<br />

noch, bestenfalls trifft er den einen oder<br />

anderen zufällig beim Skilaufen. Geschäftlich<br />

geht es Lins bestens, auch gesundheitlich<br />

kann er nicht klagen. Nur die Haare<br />

sind ihm im Laufe der Zeit ein wenig<br />

abhanden gekommen.<br />

Siege gefeiert: Rudi Lins 1969<br />

Haare gelassen: Rudi Lins heute<br />

Mit jedem Porsche schnell: Lins 1970 im Werks-908 am Nürburgring


Loos, Georg (MSa 10/2002)<br />

Der Porsche-König<br />

eorg Loos und sein Porsche-Rennstall<br />

Gsorgten immer für Gesprächsstoff. Sei<br />

es durch sportlichen Erfolg, Dauerzoff mit<br />

dem Kölner Lokalrivalen Kremer oder<br />

feuchtfröhliche Feste nach gewonnenen<br />

Rennschlachten. Gierig zückten Journalisten<br />

ihre Notizblöcke, um die neusten Loos-<br />

Storys ins Blatt zu heben. Am Steuer von<br />

Ferrari-, Porsche- und McLaren-Sportwagen<br />

sammelte der Immobilien-Kaufmann<br />

von 1967 bis 1973 zunächst selbst Erfolge,<br />

ehe er sein eigenes Team «Gelo Racing»<br />

gründete und bis zu drei Porsche 935 Turbo<br />

einsetzte.<br />

DRM, Le Mans und Sportwagen-WM<br />

waren seine Spielplätze, zu denen er nicht<br />

selten mit dem eigenen Heli einschwebte.<br />

Auf dem Fahrermarkt bediente er sich nur<br />

vom Feinsten; Topstars <strong>wie</strong> Rolf Stommelen,<br />

Toine Hezemans, Klaus Ludwig, Derek<br />

Bell und John Fitzpatrick gewannen mit<br />

seinen Autos bis auf Le Mans fast alle<br />

wichtigen Rennen. So beendete die Loos-<br />

Truppe als einziges Privatteam der Welt<br />

drei Mal das 1000-km-Rennen auf der Nürburgring-Nordschleife<br />

als Gesamtsieger.<br />

Und Stommelen sicherte Loos in einem<br />

hochdramatischen Finale gegen Kremer-<br />

Mann Bob Wollek 1977 den Titel in der<br />

Deutschen Rennsport-Meisterschaft. Zum<br />

Showdown der verfeindeten Kölner Teams<br />

121<br />

pilgerten trotz strömenden Regens 30 000<br />

Fans an die Betonschleife des Rings.<br />

Die Loos-Piloten verdienten gutes Geld,<br />

mussten sich aber dem Diktat des Teamchefs<br />

bedingungslos unterwerfen. So ging<br />

keiner ins Training, bevor der Boss nicht<br />

persönlich vor Ort das Kommando übernahm.<br />

Und die Teilnahme an der abendlichen<br />

Siegesfeier war so<strong>wie</strong>so Pflicht. Wer<br />

nicht parierte, flog raus.<br />

Ab Mitte der 80er-Jahre wurde es sportlich<br />

still um die schillernde Figur Georg<br />

Loos. Dafür machten wilde Gerüchte über<br />

finanzielle Probleme die Runde. Erst vor<br />

zwei Jahren prangte auf der Titelseite des<br />

«Kölner Express» die Schlagzeile «Porsche-König<br />

auf der Flucht». Loos, inzwischen<br />

58 Jahre alt und Privatier mit<br />

Wohnsitzen in Deutschland und der<br />

Schweiz, mag über solche Latrinenparolen<br />

nur müde lächeln. «Alles kompletter<br />

Unsinn, ich kann in Köln oder sonst wo auf<br />

der Welt unbehelligt mein Bier trinken.»<br />

Der Kontakt zum Rennsport ist abgerissen,<br />

nur mit seinem alten Kölner Kumpel<br />

Rüdiger «Meck» Hagen trifft er sich noch<br />

regelmässig. Von der Lebensqualität im<br />

Alter hat Loos klare Vorstellungen: «Ein<br />

Platz an der Sonne, faulenzen, Blick aufs<br />

Meer, und im Hafen-Bistro mit den Einheimischen<br />

gemütlich beim Rotwein sitzen.»<br />

Ein Chef mit Macken: Loos 1978<br />

Sonne und Meer: Loos heute<br />

Nürburgring 1977: Tim Schenken im Loos-935 auf dem Weg zum Sieg


122<br />

Maas, Alfred (MSa 16/2002)<br />

Chef-Zeitnehmer<br />

lfred Maas und seine engagierte Trup-<br />

von der Frankfurter «Sport Zeitmess<br />

Ape<br />

GmbH» haben im deutschen Motorsport<br />

zweifellos einen Wendepunkt markiert.<br />

Mitte der 70er-Jahre etablierten sie die<br />

vollelektronische Zeitnahme. Zur Freude<br />

von Veranstaltern, Fahrern, Boxencrews<br />

und Journalisten hatte das stundenlange<br />

Warten auf hand- oder maschinengeschriebene<br />

Renn- und Trainingsresultate<br />

ein Ende.<br />

Riesige Mengen an Durchlaufdaten auf<br />

meterlangen Listen, manuelle Rechenverfahren<br />

und mühsames Herausfiltern der<br />

Rundenzeiten durch Subtrahieren der Differenzwerte<br />

aus jeweils zwei Durchlaufzeiten<br />

ersetzten Computer, Bildschirme und<br />

blitzschnelle Ausdrucke. Einer, der damals<br />

schon zur Maas-Mannschaft gehörte, ist<br />

der heutige DTM-Zeitnahmechef Alex Tischer.<br />

«Bevor die Computer bei uns Einzug<br />

hielten, haben wir oft bis in die Nacht<br />

hinein gerechnet. Es war die Hölle.»<br />

Während Maas nach 27 Zeitnehmer-Jahren<br />

dem Motorsport aus privaten Gründen<br />

1987 adieu sagte, erlebte Tischer in der<br />

Folge die rasante Entwicklung der elektronischen<br />

Zeitmess-Systeme hautnah. Vor<br />

allem das Kölner Unternehmen WIGE Media<br />

AG profilierte sich mit immer perfekterer<br />

Technik als internationaler Marktführer.<br />

Längst gelten die WIGE-Spezialprogramme<br />

nicht nur an den Rennstrecken,<br />

sondern auch bei anderen Sport-Events<br />

weltweit als Massstab.<br />

Zeitnahme-Pionier Maas, zwischendurch<br />

auch als Gastronom tätig, ist heute<br />

67 Jahre alt und lebt als Rentner-Single in<br />

Frankfurt. Zwei gescheiterte Ehen mit insgesamt<br />

acht Kindern und eine Bypass-Operation<br />

am offenen Herzen haben sein Leben<br />

nicht leichter gemacht. Mit viel Begeisterung<br />

hat er sich der Öl- und Aquarell-Malerei<br />

zugewandt. «Das Malen ist so<br />

ruhig und friedlich, daraus schöpfe ich<br />

Kraft und Zufriedenheit.» Rund 25 Bilder<br />

hat er verkauft, viele aber auch einfach<br />

verschenkt.<br />

Obwohl er seit 15 Jahren keine Rennstrecke<br />

mehr betreten hat, sind Interesse<br />

und Kontakt zum Motorsport immer noch<br />

da. Via Fernsehen und Telefonate mit seinem<br />

Bruder Helmut, der beim ADAC München<br />

als Betreuer der Ressorts Automobilsport<br />

und Kart wirkt, informiert er sich<br />

über den aktuellen Stand der Dinge. Demnächst<br />

plant Alfred Maas das hektische<br />

Frankfurt zu verlassen: «Ich will mir einen<br />

ruhigen Platz fürs Alter suchen und ein<br />

letztes Mal in diesem Leben umziehen.<br />

Vielleicht nach Münster, wo ich geboren<br />

und aufgewachsen bin.»<br />

Jung-Zeitnehmer: Maas 1962<br />

Hobby-Maler: Alfred Maas heute<br />

Bitte ein Pils: Alfred Maas 1989 als Gastwirt in seiner Frankfurter Kneipe


olf Dieter Mantzel galt in den 60ern<br />

Wam Steuer infernalisch schneller DKW-<br />

F11 und F12 als klassischer Albtraum aller<br />

Tourenwagenpiloten. Vorzugsweise die<br />

Herrschaften in den grossen Hubraumklassen<br />

sahen des Öfteren nicht so gut aus,<br />

wenn Mantzel im selbstgetunten 100-PS-<br />

DKW doppelt und dreifach so starke Jaguar,<br />

Mercedes und Alfa in Verlegenheit brachte.<br />

Nase und Ohr des Betrachters am Pistenrand<br />

wurden derweil arg strapaziert, denn<br />

der Dreizylinder-Zweitaktmotor stank und<br />

lärmte bestialisch.<br />

An die 100 Siege gelangen dem stillen<br />

Kfz-Meister am Berg und auf der Rundstrecke.<br />

Titelgewinne waren für ihn zweitrangig:<br />

«Ich bin immer da gestartet, wo<br />

ordentlich Konkurrenz war und ich die<br />

Grossen so richtig ärgern konnte.» Den<br />

Bergparcours von Eberbach und die<br />

Nordschleife erhob er zu seinen Lieblings-<br />

Rennstrecken.<br />

Als Mantzel sich jedoch bei einem Ausflug<br />

in die Formel 3 mit seinem Lola-DKW<br />

auf der Nürburgring-Südschleife überschlug<br />

und der Monoposto kopfüber auf<br />

einen Baumstumpf krachte, war Schluss<br />

mit Lustig. Der Unfall war so horrormässig,<br />

dass kurz darauf via Radio der Tod des<br />

Rennfahrers aus dem badischen Oftersheim<br />

vermeldet wurde. «Daher staunte<br />

Mantzel, Wolf Dieter (MSa 14/2002)<br />

Der Totgesagte<br />

123<br />

meine Familie nicht schlecht, als ich am<br />

Abend in der Tür stand», schmunzelt er<br />

noch heute. «Die dachten, ein Geist sei<br />

erschienen. Wäre ich jedoch vor dem Aufprall<br />

nicht aus dem Cockpit geflogen und<br />

ziemlich weich gelandet, hätte ich keine<br />

Chance gehabt.»<br />

Im späteren Berufsleben machte sich<br />

Mantzel zusammen mit Partner Helmut<br />

Kissling einen Namen als Opel-Tuner. Ab<br />

1983 gingen beide getrennte Wege;<br />

Mantzel konzentrierte sich in Oberhausen<br />

aufs Strassentuning, während Kissling im<br />

Rennsport blieb. Bis vor sechs Jahren trat<br />

der Ex-DKW-Supermann mit seinem kreischenden<br />

Zweitakter noch gelegentlich bei<br />

historischen Rennen an, heute erlebt er<br />

als interessierter Betrachter Formel 1, DTM<br />

und DTC vor dem Fernseher und simuliert<br />

das eine oder andere Rennen auf der<br />

Playstation.<br />

Seit ein HWS-Syndrom den 61-Jährigen<br />

zur Aufgabe des intensiv betriebenen Radsports<br />

zwang, ist er oft zu Fuss mit seinem<br />

Schäferhund unterwegs. Überhaupt sind<br />

Hunde eins seiner grossen Hobbys, dazu<br />

natürlich die Familie. Ehefrau Irmi ist seit<br />

30 Jahren an seiner Seite. Mantzels Fazit:<br />

«Dafür, dass man mich schon mal für tot<br />

erklärt hat, geht’s mir ganz gut. Ich hoffe,<br />

das bleibt auch noch lange so.»<br />

Mantzel 1964: Nichts als Siege<br />

Heute: Totgesagte leben länger<br />

Der Albtraum der «Grossen»: Mantzels unschlagbarer DKW F12 von 1964


124<br />

rnst Maring gilt als erster offizieller Ti-<br />

in der jüngeren Geschichte der<br />

Etelträger<br />

Deutschen Formel-3-Meisterschaft. Mit<br />

seiner Eigenkonstruktion Maco (Ma für<br />

Maring, co für Construction) mit Toyota-<br />

Motor errang der Braunschweiger ’75 als<br />

39-Jähriger (!) das Championat durch regelmässige<br />

Zielankünfte. Seine Maco-<br />

Rennwagen machten überall eine gute<br />

Figur – neben der F3 auch in der Formel<br />

Super VW und sogar in der Formel 2.<br />

Insgesamt 23 Chassis baute und verkaufte<br />

Maring zwischen 1969 und 1982. Prominente<br />

Piloten <strong>wie</strong> Marc Surer, Arie Luyendyk<br />

oder Giorgio Francia zählten zu seinen<br />

Kunden. Neben seiner Lieblingskategorie<br />

Formel 3 trat der Chef natürlich auch als<br />

Chauffeur in den Disziplinen Formel 2 und<br />

Super VW an.<br />

So sammelten die Maco-Rennwagen am<br />

Berg und auf der Rundstrecke viel Erfolg<br />

und Anerkennung. «Marc Surer hat mir<br />

sogar ein Dankschreiben geschickt», erzählt<br />

Maring stolz. Für die deutsche Fangemeinde<br />

ist der Mann ein echtes Urgestein<br />

aus der Frühzeit der F3, die damals<br />

noch mit einem Saisonetat von rund<br />

75 000 Euro zu bewältigen war. «Ernst hat<br />

grundsolide Autos gebaut und mit wenig<br />

Aufwand viel erreicht», weiss sein Titelnachfolger<br />

Bertram Schäfer. «Ausserdem<br />

Maring, Ernst (MSa 29/2002)<br />

Pilot und Erbauer<br />

war er ein fairer und angenehmer Zeitgenosse.»<br />

Da dem kühlen Rechner aber mit<br />

der Zeit alles zu teuer wurde, beendete er<br />

1982 seine Rennfahrer- und Konstrukteurs-Laufbahn.<br />

Heute ist Maring 66 Jahre alt und führt<br />

zusammen mit Ehefrau Marion noch immer<br />

seinen Neuwagen- und Reparaturbetrieb.<br />

Mit Alfa Romeo arbeitet er unverändert zusammen,<br />

von Jaguar hat er sich letztes<br />

Jahr verabschiedet. «Allerdings», gibt er<br />

zu, «würde ich das Autohaus gerne verkaufen,<br />

wenn sich ein ernsthafter Interessent<br />

findet.» Denn in absehbarer Zeit<br />

möchte er sich aus der Hektik des Tagesgeschäfts<br />

zurückziehen und in erster Linie<br />

drei Dinge tun: «Endlich mal Urlaub<br />

machen, viel reisen und einige Formel-1-<br />

Rennen besuchen.»<br />

Mit Joggen und Wandern hält er sich fit,<br />

eine Bandscheiben-Operation vor vier<br />

Jahren hat er gut überstanden und fühlt<br />

sich auch ansonsten gesund und munter.<br />

Mit der «Braunschweiger PS-Fraktion» Kurt<br />

Ahrens und Eckhard Schimpf erörtert er<br />

noch regelmässig die aktuelle Lage im<br />

Rennsport. Dazu versäumt er keine Formel-<br />

3-Übertragung im DSF. Sein Urteil über<br />

seine Nachfolger: «Spannende Rennen,<br />

tolle Fahrer, technisch hochwertige Autos<br />

– aber alles viel zu teuer.»<br />

F3-Titel mit 39: Maring 1975<br />

F3-Fan mit 66: Maring heute<br />

Hier fährt der Chef: Maring im Maco-Toyota auf dem Weg zum F3-Titel


Mertel, Rainer (MSa 04/2002)<br />

Der Ring-Kämpfer<br />

ainer Mertel gerät ins Schwärmen, wenn<br />

Rman ihn auf seine Zeit als Direktor des<br />

Nürburgrings (1984–1994) anspricht.<br />

«Obwohl ich erst nie in die Eifel wollte,<br />

habe ich hier die besten zehn Jahre meines<br />

Lebens verbracht. Ich möchte keine Minute<br />

missen.» Der Ex-Chef der Eifelrennstrecke,<br />

unter dessen Aufsicht als Ministerialrat<br />

des Wirtschafts- und Verkehrsministeriums<br />

in Mainz der Umbau in einen hochmodernen<br />

Grand-Prix-Kurs ablief, hat noch<br />

immer Blickkontakt auf die Höhenzüge<br />

seiner alten Wirkungsstätte.<br />

Im Kurort Bad Neuenahr, am Fusse der<br />

Eifel, leitet Mertel als Vorstand der «AG<br />

Bad Neuenahr» den Kur-, Gesundheitsund<br />

Bäderbetrieb. In seinen Verantwortungsbereich<br />

fallen auch die Ahr-Thermen,<br />

das Steigenberger-Kurhotel und kulturelle<br />

Einrichtungen <strong>wie</strong> Theater und Fachklinik.<br />

Seinen Vertrag am Ring hat er auf eigenen<br />

Wunsch nicht mehr verlängert, Nachfolger<br />

wurde Dr. Walter Kafitz. «Ich habe<br />

die Rennstrecke auch in sch<strong>wie</strong>rigem<br />

Fahrwasser am Leben erhalten», blickt<br />

Mertel zurück, «und bei meinem Abschied<br />

ein gesundes Unternehmen übergeben.»<br />

Die Tatsache, dass der Eifelkurs vor<br />

allem durch die dauerhafte Präsenz der<br />

Formel 1 heute besser denn je dasteht,<br />

ringt ihm Respekt und Freude ab. «Wenn<br />

125<br />

es dem Ring gut geht, wenn er blüht und<br />

gedeiht, dann ist das ein Segen für die<br />

Region und den deutschen Motorsport.<br />

Alles andere wäre ein einfach nur schade.»<br />

Dass es Mertel in seiner Amtsperiode<br />

nicht geglückt ist, die Formel 1 nach den<br />

beiden ersten Gastspielen 1984 und 1985<br />

dauerhaft auf dem neuen Ring zu halten,<br />

hatte «ausschliesslich kaufmännische<br />

Gründe. Im Interesse unserer Werbepartner<br />

blieb mir keine andere Wahl. Bernie<br />

Ecclestone hat Forderungen gestellt, auf<br />

die ich mich damals beim besten Willen<br />

nicht einlassen konnte.»<br />

Noch heute hat er Kontakt zu seiner<br />

alten Ring-Crew, schaut sich alle wichtigen<br />

Rennsport-Events im TV an. Aber privat<br />

gibt es andere Schwerpunkte – Lesen,<br />

Kunst und Kultur bestimmen die Freizeit<br />

des Mannes, der einmal Deutschlands traditionsreichste<br />

Rennstrecke dirigiert hat.<br />

Sogar ein kleines Kunstmuseum mit Bildern<br />

und Grafiken nennt er sein Eigen. Der<br />

56-Jährige lebt in Bad Breisig, ist seit 33<br />

Jahren verheiratet und fühlt sich «gesundheitlich<br />

und jobmässig» pudelwohl.<br />

Ein Ziel hat Mertel sich für die nächsten<br />

Jahre gesetzt: «Ich will den Laden aufmöbeln<br />

und Bad Neuenahr zum führenden<br />

Kurbadort Deutschlands machen. Dafür<br />

werde ich arbeiten und kämpfen.»<br />

Der King am Ring: Mertel 1986 Kurbad-Chef: Rainer Mertel 2001<br />

Schöne Zeit in der Eifel: Mertel mit Lauda und Ex-BMW-Sportchef Flohr


126<br />

Mezger, Hans (MSa 13/2002)<br />

Der Power-Mann<br />

ans Mezger ist genau der Richtige für<br />

HFolge 100 von «<strong>Hallo</strong>, <strong>wie</strong> geht’s?».<br />

Rekordverdächtig ist er so<strong>wie</strong>so: Von 1962<br />

bis 1993 hat der einstige Motoren-Konstrukteur<br />

für Porsche alle Renntriebwerke<br />

erdacht, entwickelt und mit seinem Team<br />

gebaut. Vom ersten 2-Liter-Aggregat im<br />

Elfer über den kernigen 8-Zylinder im 907<br />

und 908, vom 12-Zylinder-1100-PS-Turbo-<br />

Ungetüm im 917er-CanAm über den unverwüstlichen<br />

6-Zylinder-Turbo im 956/962,<br />

von der 700 PS-Indy-Maschine bis zum<br />

TAG-Turbo-F1-Kraftpaket.<br />

Mezgers Motoren brachten Porsche in<br />

diesem Zeitraum fünf Marken- und Team-<br />

WM-Titel, fünf Fahrer-Weltmeisterschaften,<br />

43 Siege in WM-Läufen, sechs Le<br />

Mans-Siege, vier IMSA-Titel und 52 IMSA-<br />

Einzelerfolge. Phasenweise zeichnete der<br />

Diplom-Ingenieur sogar für die Entwicklung<br />

der Chassis verantwortlich. Jede seiner<br />

Kreationen war gut genug für mindestens<br />

einen Titelgewinn.<br />

Der grösste Geniestreich gelang ihm mit<br />

dem für TAG und McLaren gebauten Porsche-F1-Turbo-Motor,<br />

der im ersten vollen<br />

Jahr (1984) 12 von 16 Grands Prix gewann,<br />

mit Niki Lauda (1984) und Alain Prost (’85/<br />

’86) drei Weltmeisterschaften und 25 GP-<br />

Siege einfuhr. Damit wurde Mezger endgültig<br />

zur Legende. Überhäuft mit internationalen<br />

Auszeichnungen <strong>wie</strong> «Trofeo<br />

Colin Chapman», «Casco d’Oro» oder «Fürst<br />

Metternich Preis», trat er 1993 von der<br />

Rennsport-Bühne ab.<br />

Als persönlich wertvollste Erfolge nennt<br />

Mezger die Premierensiege des 917ers<br />

1970 in Le Mans und des TAG-F1-Motors<br />

’84 in Rio. Als grösste Enttäuschung empfand<br />

er die unrühmliche F1-Partnerschaft<br />

1991 mit Arrows. «Das hatte dieser wundervolle<br />

Motor nicht verdient.»<br />

Gesund, munter und bester Dinge verbringt<br />

Mezger in Freiberg bei Ludwigsburg<br />

seine Tage als Pensionär, pflegt neben dem<br />

Familienleben (seit 44 Jahren verheiratet,<br />

eine Tochter, 42, ein Sohn, 38) vor allem<br />

seine Hobbys Musik und Malerei. Von Kollegen<br />

wird der inzwischen 72 Jahre alte<br />

Experte gerne mal telefonisch oder auch<br />

schriftlich um Rat gefragt, ausserdem<br />

erreichen ihn regelmässig Einladungen als<br />

Referent für Fachseminare.<br />

Der Motorsport hat ihn nicht losgelassen,<br />

«die Faszination ist noch immer da».<br />

So versäumt er keinen Grand Prix am<br />

Fernseher, wo er sich bevorzugt auch über<br />

Wintersport und Leichtathletik informiert.<br />

Und gerne würde er mal ein Buch<br />

schreiben. Titel: «Motorenentwicklung im<br />

Rennsport». Diesem Mann wird’s mit<br />

Sicherheit niemals langweilig.<br />

Titel und Triebwerke: Mezger ’70<br />

Musik und Malerei: Mezger heute<br />

Mezgers Meisterstück: Der 1,5-l-V6 Turbo von 1984 im Lauda-McLaren


Müller, Siegfried sr. (MSa 49/2002)<br />

Gentlemen-Driver<br />

iggi Müller kam über den Motorrad-Ge-<br />

in den frühen 60er-Jahren<br />

Sländesport<br />

zur Rallye und auf die Rundstrecke. Nach<br />

Lehrjahren im Mini Cooper, im Alfa GTA und<br />

im Capri RS wechselte der Geschäftsmann<br />

aus Hagen ins Lager der BMW-Privatfahrer<br />

und wählte als vorrangiges Einsatzgebiet<br />

die Tourenwagen-EM. Dort präsentierte er<br />

sich am Steuer eines Alpina CSL Coupé mit<br />

allen Merkmalen eines klassischen Herrenfahrers.<br />

Was nichts anderes hiess als Spass<br />

so<strong>wie</strong> Geselligkeit – und Siege nicht um<br />

jeden Preis. Der schlaue Rheinländer holte<br />

sich Alain Peltier ins Auto und errang mit<br />

dem belgischen Profi 1975 den EM-Titel<br />

und dazu den BMW-Sportpokal.<br />

1981, als Sohn Siggi jr. längst erfolgreicher<br />

Nachwuchsrennfahrer war, beendete<br />

Müller sr. seine aktive Zeit. Allerdings<br />

nicht, ohne sein letztes Rennen, einen EM-<br />

Lauf in Zolder, zusammen mit den Junior<br />

zu fahren. «Leider», klagt der Senior, «hat<br />

mein talentierter Herr Nachwuchsrennfahrer<br />

den Escort RS kurz vor Schluss rausgefeuert.»<br />

Als persönliche Highlights bleiben<br />

neben dem EM-Titel drei Brünn-Siege<br />

und 110 Einzelerfolge in bester Erinnerung.<br />

Dass Sohn Siggi 1980 ebenfalls Tourenwagen-Europameister<br />

wurde und heute<br />

vielbeschäftigter Rennstallbesitzer (F3,<br />

F3000) ist, sei nur am Rande erwähnt.<br />

127<br />

Seit 1987 lebt der mittlerweile 71-<br />

Jährige «ohne motorsportlichen Rückfall»<br />

in Kressbronn am Bodensee im Ruhestand.<br />

Seine Firmenanteile an einem Unternehmen<br />

für Elektrotechnik hat Müller verkauft,<br />

«um wirklich nur noch Privatmann<br />

zu sein.» Aber ganz ohne Challenge geht<br />

es bei ihm doch nicht – Hochseefischen<br />

heisst sein neues Hobby. Der bislang grösste<br />

Fang war ein «Blue Marlin», den er nach<br />

90-minütigem Kampf ins Boot zog. Auf<br />

dem Bodensee wirft er überdies dreimal<br />

pro Woche die Angel nach Barschen aus.<br />

Und schliesslich muss er auch noch seine<br />

Forellenzucht (drei Teiche mit je 5000<br />

Jungfischen) pflegen. «Langeweile ist für<br />

mich ein Fremdwort», vermeldet der umtriebige<br />

Pensionär, «und im Winter ist<br />

Skilaufen angesagt, die Alpen sind ja<br />

gleich nebenan.»<br />

Über die Geschehnisse im aktuellen<br />

Rennsport hält ihn sein Sohn auf dem<br />

Laufenden. Der konnte erst kürzlich berichten,<br />

dass nun auch die dritte Müller-<br />

Generation auf der Piste rumtobt. Der 19-<br />

jährige Siggi Müller jr. jr., bisher in der<br />

JvO-Kart-Serie unterwegs, absolvierte<br />

Anfang September sein Debütrennen in der<br />

Formel König. «Schneller Sohn, schneller<br />

Enkel – da freut sich jeder Renn-Opa»,<br />

schmunzelt der alte Müller am Bodensee.<br />

Grosse Siege: Siggi Müller 1975 Dicke Fische: Siggi Müller 2002<br />

Im BMW CSL Coupé zum EM-Titel: Müller/Peltier 1975 auf dem Nürburgring


128<br />

ritz Müller und sein unübersehbares<br />

FMarkenzeichen, der schwarze Cowboyhut.<br />

Ohne war Müller nicht Müller, zumindest<br />

nicht an der Rennstrecke. Ursprünglich<br />

als Schutz vor Kopfgrippe gedacht,<br />

wenn er mit verschwitzten Haaren aus<br />

seinem BMW oder Porsche kletterte, gehörte<br />

die Texaner-Kopfbedeckung seit<br />

1977 zu seinem Outfit. Als das gute Stück<br />

bei einer wilden Party nach einem Avus-<br />

Rennen zu Bruch ging, schenkte ihm ein<br />

rennbegeisterter Ami gleich Ersatz. Der<br />

Hut ist noch immer da, auch sieben Jahre<br />

nach dem letzten Rennen zaubert ihn der<br />

Weissbierbrauer aus Pfaffenhofen mit<br />

schnellem Griff hervor.<br />

In seinen 21 aktiven Jahren (1974–<br />

1995) war Müller ein stets froh gelaunter<br />

Hobby-Pilot, der im BMW 635 CSi Coupé<br />

zum Stammpersonal der DTM gehörte. Die<br />

ganz grosse Nummer gelang ihm allerdings<br />

im Langstreckensport: Beim 24-h-Klassiker<br />

auf dem Nürburgring schaffte er zusammen<br />

mit Herbert Hechler im Porsche<br />

Carrera den bislang einzigen Hattrick – drei<br />

Gesamtsiege hintereinander (1977–79).<br />

Einen vierten legte er 1981 im Döring/<br />

Gartmann-Ford Capri nach. Zwar zogen im<br />

Laufe der Jahre der Belgier Marc Duez und<br />

Peter Zakowski mit ebenfalls je vier Siegen<br />

gleich, aber der Hattrick gelang nicht. Falls<br />

Müller, Fritz (MSa 44/2002)<br />

Der Mann mit Hut<br />

Zakowski allerdings auch 2003 <strong>wie</strong>der gewinnt,<br />

wäre der Rekord geknackt.<br />

Heute kümmert sich der 61-jährige<br />

Müller nur noch um Gattin Tanja, die 17-<br />

jährige Tochter und den 15-jährigen Sohn<br />

so<strong>wie</strong> das Geschäft. Das Weissbier bei<br />

«Müllerbräu» wird nach alter bayerischer<br />

Tradition gebraut, mit 40 Mitarbeitern<br />

schafft der 1775 gegründete Familienbetrieb<br />

einen Ausstoss von gut 20 000 Litern<br />

täglich. Müllers Weissbierkundschaft<br />

findet sich hauptsächlich im regionalen<br />

Bereich und in Italien. Nach den Vorstellungen<br />

des Firmenoberhaupts soll sein<br />

Sohnemann irgendwann das Unternehmen<br />

führen, «sofern er sich dafür überhaupt<br />

interessiert – momentan allerdings tobt er<br />

voll Begeisterung mit unseren Autos durch<br />

den Hof.»<br />

Die Rennerei verfolgt Fritz Müller noch<br />

immer gerne am Fernseher, vor allem DTM,<br />

Formel 1 und NASCAR lässt er sich nicht<br />

entgehen. Überdies pflegt er regelmässig<br />

Kontakt mit der Münchner Renn-Clique.<br />

Und einmal pro Jahr erscheint er persönlich<br />

vor Ort, mal am Noris-, mal am Nürburgring.<br />

Dann aber nie ohne Hut. Sonst<br />

würde ihn ja auch keiner erkennen. Zumal<br />

er letztes Jahr mit dem Rauchen aufgehört<br />

und danach punkto Körpergewicht ganz<br />

ordentlich zugelegt hat.<br />

1981: Müller mit Markenzeichen 2002: So sieht er ohne Hut aus<br />

Hoch das Bein: Müllers CSi-Coupé 1987 beim DTM-Lauf Mainz-Finthen


Ortner, Johann (MSa 52/2002)<br />

Der Abarth-Bändiger<br />

129<br />

ohann Ortner hat als Rennfahrer ein<br />

JStück österreichischer Motorsportgeschichte<br />

mitgeschrieben. Mit dem Steyr-<br />

Puch-Pistenfloh 650 TR eilte er ab 1958<br />

bei Rallyes und Rennen von Sieg zu Sieg,<br />

danach gewann er als Werkspilot mit den<br />

Sportwagen des exzentrischen Wieners<br />

Carlo Abarth zwei Europa-Bergtitel und<br />

vier österreichische Staatsmeisterschaften.<br />

Der gross gewachsene, strapazierfähige<br />

Kfz-Meister aus Villach war wohl auch<br />

der einzige Rennfahrer, der mit Abarth<br />

acht Jahre lang offenbar problemlos zurechtkam.<br />

Viel länger als jeder andere<br />

Kollege ertrug er Abarths Wutanfälle, wenn<br />

ein Streckenrekord knapp verfehlt wurde<br />

oder einer der roten Renner als Schrotthaufen<br />

neben der Piste endete. Und Ortner<br />

brachte seinen Chef oft genug in Rage: Mal<br />

feuerte er sein feuerrotes Spielmobil in<br />

den Wald, mal rollte er zu spät zum Start<br />

und vergab damit einen schon sicher geglaubten<br />

Sieg.<br />

So<strong>wie</strong>so waren grundsätzlich die Fahrer<br />

schuld, wenn Abarth-Werksautos nicht gewannen.<br />

«Und damit hatte der Alte», so<br />

Ortners späte Einsicht, «eigentlich sogar<br />

meist recht.» Anderseits sparte der strenge<br />

Teamchef, der auch an der Rennstrecke nur<br />

im piekfeinen Outfit, hellen Schweinslederhandschuhen<br />

und mit exakt gescheiteltem<br />

Haupthaar auftrat, auch nicht mit Lob.<br />

Etwa dann, wenn Ortner bei einer Veranstaltung<br />

gleich mit drei verschiedenen<br />

Abarths in drei Kategorien antrat und auch<br />

dreimal siegte. «Disziplin und Erfolg waren<br />

bei ihm alles», erinnert sich sein treuester<br />

Angestellter. «Abarth liebte zuerst seine<br />

Autos, dann sich selbst und danach seine<br />

Fahrer. Trotzdem habe ich viel bei ihm gelernt.»<br />

Als Abarth seinen Turiner Rennstall<br />

1971 auflöste, beendet auch Ortner mit 36<br />

Jahren seine Karriere und eröffnete in<br />

Villach eine Alfa-Romeo-Vertretung.<br />

Seit 1995 lebt der 67-Jährige Pensionär<br />

in Pörtschach am Wörthersee. Ehefrau<br />

Irmtraud führt noch das Autohaus in<br />

Villach, der 27-jährige Sohn leitet eine<br />

zweite Ortner-Firma, die Sportboote vertreibt.<br />

Das aktuelle Rennsportgeschehen<br />

interessiert den ehemaligen Abarth-Star<br />

nur noch am Rande, selbst die Wegbegleiter<br />

aus alten Renntagen hat er aus den<br />

Augen verloren. Stattdessen pflegt er neue<br />

Hobbys: Motorbootfahren und Fliegen. Nur<br />

mit dem Tennispielen klappt’s nicht mehr<br />

so richtig, weil der Meniskus Ärger macht.<br />

In Ortners Hinterkopf gibt es noch einen<br />

Traum, den er sich in naher Zukunft gerne<br />

erfüllen möchte: «Ein Winterquartier in der<br />

Karibik oder auf den Bahamas wäre erstrebenswert.<br />

Wir arbeiten dran.»<br />

Furchtloser Abarth-Pilot: Ortner 1967 Nur Fliegen ist schöner: Ortner 2002<br />

Wilde Jahre: Ortner im Abarth-Prototyp 1968 beim 500-km-Rennen Nürburgring


130<br />

Reisenbichler, Lili (MSa 18/2002)<br />

Lili und die Machos<br />

ili Reisenbichler galt im Rennsport der<br />

L70er-Jahre als Frontfrau. Mit Mut und<br />

Selbstvertrauen trat die geborene Slowenin<br />

von 1974 bis 1987 in fast allen Tourenwagen-Kategorien<br />

an. Die Dame mit<br />

dem rollenden R, der rauchig-verruchten<br />

Stimme und dem gewinnenden Lächeln<br />

liess sich weder von abschätzigen Männerblicken<br />

noch fiskalischen Rückschlägen<br />

beirren. Ihrem Gatten, einem Mercedes-<br />

Ingenieur, gab sie wegen des Rennsports<br />

den Laufpass, Löcher im Rennbudget besserte<br />

sie mit allerlei lukrativen Nebenjobs<br />

auf, und mit ihrem entwaffnenden Lächeln<br />

knackte sie so manche Sponsorenkasse.<br />

Und das alles schaffte die Wormserin<br />

ohne Luder-Liga, ohne Bett-Episoden.<br />

«Obwohl es genügend Offerten gab, habe<br />

ich meinen Sport stets mit weisser Weste<br />

betrieben.» Im NSU TT, Audi 50 und der<br />

Ford-Palette vom 1,3- bis zum 2-Liter-Escort<br />

fuhr sie auf der Rundstrecke und am<br />

Berg, in der DRT, DRM und in der EM. Krönung<br />

waren die Einsätze im BMW M1 und<br />

im Zakspeed-Turbo-Capri so<strong>wie</strong> ein Ford-<br />

Werksvertrag.<br />

Besonders stolz ist die gelernte Fotografin<br />

auf ihren Klassensieg 1981 beim<br />

1000-km-Rennen auf der Nürburgring-<br />

Nordschleife, wo sie sich mit Dieter Selzer<br />

einen Escort 2000 RS teilte. Ungern erinnert<br />

sich Lili hingegen an den sechsfachen<br />

Überschlag 1979 in Zandvoort: Im Kampf<br />

um Platz 2 drängte sie ein Konkurrent auf<br />

den letzten Metern brutal ins Gras, worauf<br />

ihr Audi 50 aufstieg und kopfüber durchs<br />

Ziel polterte. «Damals gab es viele Machos»,<br />

lächelt sie. «Die haben nur schwer<br />

verdaut, dass ich auch mal besser war als<br />

sie.» Ganz abgesehen davon, dass die<br />

schnelle Lady auch PR-mässig die Nase oft<br />

genug weit vorne hatte.<br />

Seit 1986 lebt die 53-Jährige als Single<br />

(«bin aber noch zu haben, wenn der Richtige<br />

kommt») in Kirchheim vor den Toren<br />

Münchens, besitzt eine eigene Immobilien-Firma,<br />

eine Film- und Video-Produktion<br />

und ist nebenbei auch Vorstandsmitglied<br />

der «Münchner Motor Presse». Sie<br />

spricht sechs Sprachen, schreibt und fotografiert<br />

für Lifestyle-Magazine und hat sogar<br />

noch genügend Zeit für ihre Hobbys<br />

Golf (Handicap 23), Tennis, Motorradfahren<br />

und Skilaufen. Als nächstes würde sie<br />

ganz gerne ihren Pilotenschein für Sportflugzeuge<br />

machen, «weil ich unheimlich<br />

gerne fliege».<br />

Ansonsten weiss die überzeugte MSa-<br />

Leserin nur Erfreuliches zu berichten: «Mir<br />

geht’s richtig gut, ich geniesse das Leben<br />

in vollen Zügen, bin total happy und rundum<br />

zufrieden.»<br />

Schnelle Lady: Reisenbichler 1981<br />

Elegante Lady: Reisenbichler heute<br />

Karriere-Highlight: Reisenbichler 1982 im 700-PS-Zakspeed-Capri Turbo


Schimpf, Eckhard (MSa 26/2002)<br />

Herr der Moneten<br />

ckhard Schimpf war für jeden Rennfah-<br />

ein besonders begehrter Gesprächs-<br />

Erer<br />

partner. Der Braunschweiger Journalist,<br />

Cousin von Jägermeister-Chef Günther<br />

Mast, platzierte 30 Jahre lang die Sponsorgelder<br />

des Kräuterlikör-Herstellers aus<br />

Wolfenbüttel bei siegfähigen Piloten und<br />

Rennställen. «Da brauchte man schon ein<br />

bisschen Durchblick», erinnert sich<br />

Schimpf an zähe Verhandlungen, «sonst<br />

wurde man gnadenlos über den Tisch gezogen.<br />

Täglich hing die Rennprominenz<br />

am Telefon, und alle wollten Kohle.»<br />

Hilfreich im Umgang mit der trickreichen<br />

Klientel war für Schimpf auch, dass<br />

er als Hobby-Pilot mit Porsche und BMW<br />

über 20 Jahre bei Rennen und Rallyes flott<br />

und erfolgreich unterwegs war. Kaum ein<br />

Sponsor-Repräsentant war so dicht am Geschehen<br />

<strong>wie</strong> der Jägermeister-Mann, dessen<br />

Taktik stets lautete: «Je länger du wartest,<br />

desto preiswerter kannst du am Ende<br />

abschliessen.» So trieb er seine Verhandlungspartner<br />

zwar regelmässig zur Verzweiflung,<br />

bekam aber seine Wunschkandidaten<br />

oft genug für die Hälfte der anfangs<br />

aufgerufenen Summe.<br />

Schriftzug, Hirschgeweih und die Jägermeister-Hausfarbe<br />

Orange prangten auf<br />

Hans-Joachim Stucks March-Formel-1-<br />

und Formel-2-Rennwagen ebenso <strong>wie</strong> auf<br />

131<br />

Niki Laudas Alpina-BMW. Dazu kamen die<br />

Kremer-Porsche 935 von Rolf Stommelen,<br />

John Fitzpatrick und Bob Wollek, der C100-<br />

Ford von Klaus Ludwig, der BMW 320 von<br />

Markus Höttinger, das BMW-Coupé von<br />

Harald Grohs oder der Brun-Porsche 956<br />

von Stefan Bellof. Alles in allem rund 120<br />

Fahrer und Teams. Das vorerst letzte Jägermeister-Engagement<br />

gab es 2000 im<br />

ersten Jahr der neuen DTM mit Eric Helary<br />

im Opel. Schimpf: «Seither machen wir<br />

Pause und beobachten den Markt. Eine<br />

Rückkehr will ich nicht ausschliessen.»<br />

Obwohl er im Juli 64 wird, ist der Ruhestand<br />

kein Thema. Als stellvertretender<br />

Chefredakteur der «Braunschweiger Zeitung»<br />

(der er seit 1958 angehört) schreibt<br />

er politische so<strong>wie</strong> regionale Leitartikel<br />

und hat sich auch als Buchautor einen Namen<br />

gemacht. Zehn Titel sind bisher erschienen,<br />

darunter der Bestseller «Klinter<br />

Kater» (ein Braunschweig-Sachbuch mit<br />

mehr als 100 000 verkauften Exemplaren).<br />

Seit 39 Jahren ist er mit seiner Jugendliebe<br />

Heidi verheiratet, Sohn Oliver (38) arbeitete<br />

sich beim Helmhersteller Schuberth<br />

bis zum Entwicklungschef empor. Für<br />

die Zukunft wünscht sich «Ecki» mehr Zeit<br />

für die Bücher, die er noch schreiben<br />

möchte. «Denn auch Bücher können Freunde<br />

fürs Leben sein.»<br />

«Alle wollten Kohle»: Schimpf ’74<br />

Politik und Bücher: Schimpf heute<br />

Glanzvolle Jägermeister-Jahre: Stucks March 1974 beim Deutschland-GP


132<br />

hristian Schmarje hat keine guten Erin-<br />

an jenen September-Sonntag<br />

Cnerungen<br />

1968, an dem in Hockenheim die Titelentscheidung<br />

im Deutschen Rundstrecken-<br />

Championat anstand. Mit seinem Mini<br />

Cooper S hatte der Hamburger bis dahin<br />

in der sonst von Alfa GTA Junior und NSU<br />

TT beherrschten 1,3-Liter-Klasse nur Siege<br />

erzielt. Eine Etage höher, bei den<br />

1600ern, war der Berliner Herbert Schultze<br />

im Alfa GTA ebenfalls ungeschlagen. So<br />

lagen beide vor dem Finale punktgleich an<br />

der Tabellenspitze, andere Titelkandidaten<br />

gab es nicht mehr.<br />

Dass dem Mini-Mann die Meisterparty<br />

verhagelt wurde, lag am Auftauchen einer<br />

ganzen Armada von Werks-Alfa. Die wundersame<br />

Vermehrung hatte der damalige<br />

Alfa-Deutschland-Chef de Bona arrangiert.<br />

Ziel der Aktion: Schmarje sollte bei den<br />

1300ern von einem Alfa besiegt werden,<br />

damit Schultze mit einem weiteren Erfolg<br />

bei den 1600ern den dritten Titel in Folge<br />

einfährt. Dem untadeligen Sportsmann<br />

aus Berlin, der 1971 tödlich verunglückte,<br />

war das Szenario damals übrigens eher<br />

peinlich.<br />

Das Motodrom glich einem Hexenkessel,<br />

als der Mini brutal in die Zange genommen<br />

wurde und dabei zwei Alfa aufs Dach purzelten.<br />

Trotzdem verlor Schmarje sowohl<br />

Schmarje, Christian (MSa 23/2002)<br />

Der Mini-Mann<br />

Endlauf als auch Titel an die Alfa-Konkurrenz.<br />

«Es war so ziemlich das Deprimierendste,<br />

was ich in zehn Jahren Rennsport<br />

erlebt habe.»<br />

Später sah man Schmarje noch in einem<br />

2-Liter-Escort BDA im Clinch mit Stuck,<br />

Mass, Ertl & Co., bevor er 1972 aufhörte.<br />

«Meine Schwester war bei einem Verkehrsunfall<br />

ums Leben gekommen», begründet<br />

der stille Norddeutsche. «Ich habe das als<br />

Wink des Schicksals verstanden und einen<br />

radikalen Schlussstrich gezogen.»<br />

Er übersiedelte auf die Insel Sylt, baute<br />

sich im 1200-Seelen-Örtchen Morsum<br />

ein Häuschen und möchte hier auch den<br />

Rest seines Lebens verbringen. Tochter<br />

Clarissa (27) erinnert den heute 62-Jährigen<br />

an eine kurze Ehe-Episode, die er rasch<br />

<strong>wie</strong>der beendete, «weil ich mich eingeengt<br />

fühlte».<br />

Bis 1990 war Schmarje Mitinhaber des<br />

Kampener Szene-Lokals «Pony». Dort regelte<br />

er das Kaufmännische, verschwand<br />

aber regelmässig, wenn abends die ersten<br />

Gäste anrückten, «weil ich den Promi-<br />

Rummel nicht mochte». Stattdessen verbrachte<br />

er die Zeit mit seinen Hobbys Golf<br />

(Handicap 11), Aquarell-Malerei und dem<br />

alten Jaguar MK 2. «Mir geht’s prächtig,<br />

ich bin kerngesund und fühle mich als<br />

Rentner-Single unverschämt gut.»<br />

Dauersieger: Schmarje 1968<br />

Rentner-Single: Schmarje heute<br />

Kleines Auto, grosse Siege: Schmarje im fast unschlagbaren Mini Cooper S


Schneider, Gerhard (MSa 36/2002)<br />

Frust statt Lust<br />

133<br />

erhard Schneider überlegt keine Sekun-<br />

um auf die Frage zu antworten, mit<br />

Gde,<br />

welchen seiner vielen Top-Piloten er die<br />

schönste Zeit im Rennsport verbracht hat:<br />

«Markus Höttinger und Hans-Georg Bürger.<br />

Das waren richtig gute Jungs, für mich fast<br />

<strong>wie</strong> Söhne.» Beide verunglückten 1980 innerhalb<br />

von drei Monaten in der Formel 2<br />

tödlich. Beide fuhren im GS-Sport-Rennstall<br />

des Freiburger Geschäftsmanns BMW-<br />

320-Tourenwagen in der DRM so<strong>wie</strong> BMW<br />

M1 in der Procar-Serie.<br />

Das GS-Team galt von 1970 bis 1981 als<br />

feste Grösse im deutschen Rennsport. Tourenwagenstars<br />

<strong>wie</strong> Dieter Basche, Hans<br />

Stuck, Albrecht Krebs oder Jörg Obermoser<br />

siegten mit Schneiders BMW 2002 und<br />

320. Hans Heyer führte das GS-Lancia-Projekt<br />

auf Anhieb zum DRM-Titelgewinn.<br />

Stuck und Nelson Piquet gewannen mit einem<br />

GS-BMW-M1-Prototyp 1981 das 1000-<br />

Kilometer-Rennen auf dem Nürburgring.<br />

Solide Sponsoren <strong>wie</strong> BASF, Fruit of the<br />

Loom, Warsteiner oder Jägermeister sorgten<br />

für eine gesunde wirtschaftliche Basis<br />

des Rennstalls.<br />

Dennoch musste das Team verkauft werden,<br />

als Schneiders Imperium (BMW-Autohaus<br />

mit Tuningbetrieb, Autovermietung,<br />

Winnebago-Wohnmobile, Sportartikelvertrieb)<br />

Anfang der 80er-Jahre in finanzielle<br />

Schieflage geriet. Der heute 66-Jährige<br />

stand vor einem Scherbenhaufen und<br />

tauchte frustriert in die Türkei ab. Selbst<br />

engste Wegbegleiter <strong>wie</strong> der Freiburger<br />

Rennfahrer Mario Ketterer wussten jahrelang<br />

nicht, wo sich der ehemalige Rennstallbesitzer<br />

und Vorstand des Fussballclubs<br />

FC Freiburg aufhielt.<br />

Inzwischen ist Schneider <strong>wie</strong>der in seiner<br />

Heimatstadt gelandet, lebt dort still<br />

und zurückgezogen als Pensionär mit seiner<br />

zweiten Frau Serife und Tochter Jasmin<br />

(16). Es geht ihm «den Umständen<br />

entsprechend gut, nur der Blutdruck ist ein<br />

bisschen hoch». Selbstkritisch steht er zu<br />

Fehlern. Aber er stellt auch klar: «Ich war<br />

zu gutgläubig für das Haifischbecken<br />

Rennsport, man hat mich zuletzt schamlos<br />

ausgenutzt.»<br />

So ist er tief enttäuscht von seinen Ex-<br />

Piloten: «Einige haben sich sehr schlecht<br />

benommen, als es zu Ende ging. Was ich<br />

da erlebt habe, war ernüchternd.» Die weit<br />

über 100 Siege seiner Autos sind für ihn<br />

ebenso passé <strong>wie</strong> der Rennsport an sich.<br />

Bestenfalls sieht er sich mal F1 oder DTM<br />

im TV an. «Das Thema ist erledigt, ich habe<br />

einen hohen Preis bezahlt und weiss jetzt,<br />

was ich mit dem Rest meines Lebens anzufangen<br />

habe. Alles, was mit Autos zu tun<br />

hat, gehört sicher nicht dazu.»<br />

Siege am Laufmeter: Schneider 1971 Lebt zurückgezogen: Schneider 2002<br />

«Er war für mich <strong>wie</strong> ein Sohn»: Schneider 1980 mit Hans-Georg Bürger


134<br />

einhard Stenzel zählte zu den Porsche-<br />

RPiloten, die in den 60er- und 70er-Jahren<br />

die Szene aufmischten. Kaum ein Bergoder<br />

Flugplatzrennen, das der Münchner<br />

Hoteliersohn nicht zumindest als Klassensieger<br />

verliess. Zwischendrin gab’s ein<br />

mehrjähriges Engagement als Werkspilot<br />

für Alfa Romeo Deutschland. Die GTA wurden<br />

von AutoDelta angeliefert und vom<br />

Mannheimer Alfa-Händler Helmut Hähn<br />

betreut. Zu den Highlights aus den Alfa-<br />

Jahren zählt der Gesamtsieg mit Partner<br />

Herbert Schultze im GTA 1300 beim verregneten<br />

300-km-Rennen 1971 auf der<br />

Nürburgring-Nordschleife.<br />

Als Schultze vier Monate später beim GP<br />

Tourenwagen tödlich verunglückte, stoppte<br />

Alfa Deutschland die Werkseinsätze. Mit<br />

dem Beginn der DRM-Ära erschien der stets<br />

fröhliche Bayer im eigenen Carrera und<br />

brachte die Werksteams von Ford und BMW<br />

öfter ins Grübeln. Sein sensationeller Gesamtsieg<br />

beim DRM-Finale ’73 öffnete die<br />

Tür zum Reutlinger Porsche-Profiteam<br />

«Max Moritz». Dort blieb er bis zum Laufbahnende<br />

1977 und sicherte sich mit 241<br />

Meisterschaftspunkten, 427 Führungskilometern<br />

und 147 Führungsrunden Platz 15<br />

der ewigen DRM-Bestenliste.<br />

An die 200 Siege hat Stenzel in 18 Jahren<br />

zusammengefahren, «aber zum Schluss<br />

Stenzel, Reinhard (MSa 22/2002)<br />

Jubel & Tragödien<br />

wollte ich nicht mehr, weil Stress und<br />

Druck zu gross wurden». Auf der Liste der<br />

Negativ-Erinnerungen steht neben dem<br />

Tod Schultzes ein dreiwöchiger Klinik-Aufenthalt<br />

in Freiburg, nachdem er den Elfer<br />

am Schauinsland mit dem Dach voraus an<br />

einen Baum gefeuert hatte.<br />

Geschäftlich kämpfte sich der jetzt 61-<br />

Jährige genauso konsequent vor <strong>wie</strong> im<br />

Motorsport. Das Hotel in München ist seit<br />

1980 verkauft, dafür stieg er in den Immobilien-Markt<br />

ein und erzielt heute mit<br />

seinem Vermögensverwaltungs- und Bauträger-Unternehmen<br />

«Stewoh» glänzende<br />

Bilanzen.<br />

Einmal im Jahr geht’s an den Norisring,<br />

ansonsten finden Formel 1, NASCAR und<br />

DTM vor dem Fernsehbildschirm statt. Zum<br />

Freizeitprogramm gehören Golf (Handicap<br />

11), Mountainbike und Rennrad plus viermal<br />

pro Woche Fitnessstudio. «Mit 73 kg<br />

habe ich fast noch mein altes Kampfgewicht»,<br />

erzählt er stolz, «und meine Frau<br />

ist auch noch dieselbe.» Mit Peggy ist er<br />

seit 1968 verheiratet, die Söhne (33, 31)<br />

unterstützen ihn in der Firma. Trotz zweier<br />

Bandscheiben-Operationen ist Stenzel<br />

mit sich und der Welt zufrieden: «Ich hab’<br />

eine gesunde Familie und ein schönes<br />

Häuschen am Englischen Garten. Mehr<br />

brauch’ ich wirklich nicht.»<br />

1973: Rennfahrer Stenzel (32) 2002: Kaufmann Stenzel (61)<br />

Schrieb im Carrera DRM-Geschichte: Reinhard Stenzel 1976 in Diepholz


ürgen Stockmar kann diebische Freude<br />

Jnicht verhehlen, wenn die Rede auf die<br />

alte DTM kommt. Dem einstigen Leiter der<br />

Technischen Entwicklung bei Audi fällt da<br />

auf Anhieb der V8 quattro ein. «Erst haben<br />

uns alle wegen des bulligen Autos ausgelacht»,<br />

schmunzelt der leidenschaftliche<br />

Techniker. «Aber als Stuck dann 1990 im<br />

ersten Anlauf den DTM-Titel geholt hat,<br />

war das ein ganz persönlicher Triumph.»<br />

Auch als Allrad-Fan Stockmar ab 1994 bei<br />

Opel das Vorstandsressort Technische Entwicklung<br />

übernahm und damit in Rüsselsheim<br />

die Motorsportrichtung vorgab, trieb<br />

er unbeirrt die Renneinsätze des Sorgenkinds<br />

Calibra voran.<br />

Erneut musste er so manchen Spott über<br />

sich ergehen lassen. Der Gewinn des ITC-<br />

Titels 1996 durch Manuel Reuter bestätigte<br />

ihn abermals in seiner Überzeugung,<br />

«dass man mit dem Allrad-Konzept letztlich<br />

nur gewinnen konnte». Der findige<br />

Diplom-Ingenieur setzte seine Ideen und<br />

Visionen stets konsequent um. So verpasste<br />

er als junger Versuchsingenieur des<br />

Neusser Vergaser-Unternehmens Solex<br />

Ende der 60er-Jahre dem Koepchen-BMW<br />

2002 von Hans-Joachim Stuck eine revolutionäre<br />

Vergasertechnik, die den 18-<br />

Jährigen prompt zum Dauersieger machte.<br />

Nächster Geniestreich war der Bau eines<br />

Stockmar, Jürgen (MSa 1–3/2002)<br />

Quattro-Künstler<br />

135<br />

eigenen Sportwagens. Die Stockmar-Kreation<br />

«REX» verfügte über einen 2-Liter-<br />

Ford-Cosworth-Motor und erreichte mit<br />

Harald Ertl immerhin zwei Siege. Gelegentlich<br />

griff der Renn-Freak auch mal<br />

selbst ins Lenkrad, so etwa beim berühmtberüchtigten<br />

«Akademischen» in Hockenheim.<br />

Aktenkundig wurde er dort vor allem<br />

durch eine Punktlandung im 700-PS-IMSA-<br />

Audi auf der Leitschiene …<br />

Mittlerweile klappt die Rennerei des<br />

heute knapp 60-Jährigen, der auch als<br />

Entwicklungsvorstand bei Steyr-Daimler-<br />

Puch und Chefredakteur der Kölner «Auto<br />

Zeitung» wirkte, wesentlich besser. In der<br />

Ferrari-Challenge und in der GTP-Serie gelangen<br />

ihm in Spa und Mugello zwei Siege.<br />

«Darauf bin ich richtig stolz. Endlich habe<br />

ich Zeit, Rennautos ohne Stress zu bewegen.»<br />

Stockmar lebt mit seiner Familie in<br />

Ingolstadt, unter der Woche schätzt man<br />

seine Dienste im Vorstand des Zulieferers<br />

«Magna International» in Oberwaltersdorf<br />

bei Wien.<br />

Nach <strong>wie</strong> vor verfolgt er vor dem TV-<br />

Bildschirm die wichtigsten Rennevents.<br />

Seine persönliche Hitliste: «Die Formel 1<br />

gefällt mir am besten, die DTM ist gut, aber<br />

die Schneider-Mercedes-Dominanz ziemlich<br />

deprimierend. Und aus der urigen V8-<br />

STAR kann was wirklich Gutes werden.»<br />

Fan und Freak: Stockmar 1973<br />

Karriere-Mann: Stockmar heute<br />

Techniker mit Visionen: 1972 baute Stockmar seinen eigenen Sportwagen


136<br />

ijs van Lennep brach ’66 <strong>wie</strong> ein Don-<br />

ins Rennsport-Oberhaus ein.<br />

Gnerschlag<br />

Als Frischimport aus der 50-PS-Formel V<br />

setzte ihn Förderer und Freund Ben Pon in<br />

einen seiner 250-PS-Carrera 6. Das<br />

schmächtige Bürschlein aus Bloemendaal<br />

bei Zandvoort lernte rasch – so rasch, dass<br />

er schon nach ein paar Monaten Österreichs<br />

Nationalidol Jochen Rindt auf dessen<br />

Heimterrain in Wien-Aspern nach mitreissendem<br />

Zweikampf niederrang, mit<br />

gleichen Waffen notabene.<br />

Das war sein Durchbruch, der schnellste<br />

Holländer aller Zeiten hatte vor nichts<br />

und niemand mehr Respekt. Bis ihn 1967<br />

in Spa der einzige Highspeed-Crash ereilte:<br />

Als sich die Heckverkleidung löste, hob<br />

der Carrera 6 ab. «Mein Glück war», erinnert<br />

sich van Lennep, «dass es damals noch<br />

keine Gurte gab und ich beim ersten Aufprall<br />

aus dem Cockpit ins Gelände geflogen<br />

bin. Jo Siffert fand mich, ohne Hose,<br />

ohne Schuhe. Das Wrack lag 200 Meter weiter.»<br />

Ein Handbruch und schwere Prellungen<br />

erzwangen zwei Monate Pause, bevor<br />

sich der Shooting-Star in alter Form zurückmeldete.<br />

Nach weiteren Siegeszügen (auch in<br />

Formel 5000 und F3) stiess er zum Porsche-Werksteam,<br />

siegte 1971 mit Helmut<br />

Marko im 917er in Le Mans und beendete<br />

van Lennep, Gijs (MSa 45/2002)<br />

Hollands Bester<br />

mit einem zweiten LM-Sieg (im 936 mit<br />

Ickx) 1976 seine Traumkarriere. Der ’71er-<br />

Siegerschnitt (5335,313 km, 222,304<br />

km/h) bleibt wegen diverser Kursumbauten<br />

wohl ein Rekord für die Ewigkeit. Sogar<br />

acht Starts in der Formel 1 und zwei<br />

WM-Punkte waren ihm vergönnt.<br />

«Ohne Ben Pon», gibt van Lennep zu,<br />

«hätte es mich als Rennfahrer wohl nie gegeben.<br />

Denn ich hatte nichts ausser meinem<br />

Talent.» Aufgehört hat er, «weil ich<br />

im Leben noch was anderes tun und den<br />

rechtzeitigen Absprung nicht verpassen<br />

wollte. Der zweite Le-Mans-Sieg war der<br />

richtige Zeitpunkt.»<br />

Beruflich und privat geht’s dem 60-Jährigen<br />

heute prächtig, in Holland leitet er<br />

das Fahrsicherheitstraining für Audi und<br />

Porsche. Zuvor war er ins Fahrer-Coaching<br />

des Citroën- und Golf-GTI-Cups involviert.<br />

«Durch meine Nachwuchsarbeit in Holland<br />

habe ich rund 200 Jungs im Rennsport etabliert»,<br />

sagt er stolz. Seit 25 Jahren ist<br />

der Kleinwild-Jäger und Hobby-Golfer<br />

(Handicap 12,6) mit Jenny verheiratet,<br />

Kinder gibt es keine. Beide leben in Blaricum<br />

in der Provinz Utrecht und sind<br />

wunschlos glücklich. «Fast», ergänzt van<br />

Lennep, «ich würde gern noch besser Golf<br />

spielen und mal die historische Rallye<br />

Monte Carlo fahren.»<br />

A star was born: van Lennep 1966 Noch immer Idol: van Lennep 2002<br />

Rekordfahrt in Le Mans 1971: Der Porsche 917 von Marko/van Lennep


von Brauchitsch, Manfred † 2003 (MSa 17/2002)<br />

Das Silberpfeil-Idol<br />

anfred von Brauchitsch, im August<br />

M1905 in Hamburg geboren, ist einer<br />

der wenigen noch lebenden deutschen<br />

Vorkriegsrennfahrer. Nur gut zehn Jahre<br />

dauerte seine wilde, mit Höhen und Tiefen<br />

durchsetzte Zeit unter Mercedes-Rennleiter<br />

Alfred Neubauer, bevor der Kriegsausbruch<br />

1939 seine Karriere und alle Mercedes-Renneinsätze<br />

beendete. Bis dahin<br />

hatte der ungestüme von Brauchitsch erst<br />

als Mercedes-Privatier, schon bald aber als<br />

-Werkspilot 14 GP-Siege eingefahren und<br />

45 Mal auf dem Podest gestanden. Überhaupt<br />

ist der Begriff «Silberpfeil» und die<br />

oft zitierte Geschichte, <strong>wie</strong> es dazu kam,<br />

eng mit seinem Namen verbunden.<br />

Denn er war es, der 1934 beim Eifelrennen<br />

auf dem Nürburgring mit dem ersten<br />

Sieg des nicht mehr weissen, sondern aus<br />

Gewichtsgründen bis aufs silbergraue<br />

Blech vom Lack befreiten W25-GP-Renners<br />

(3,3-Liter-V8-Kompressor, 315 PS) die Legende<br />

vom Silberpfeil begründete. Wohl<br />

deshalb pflegen die Stuttgarter den Kontakt<br />

zu dem alten Herrn mit besonders viel<br />

Hingabe. So fehlte er bis vor zwei Jahren<br />

kaum bei einer Motorsport-Schlussfeier<br />

des Unternehmens und war oft Gast bei<br />

Historic-Events.<br />

Das Reisen allerdings fällt ihm zunehmend<br />

schwerer, nur selten verlässt der fast<br />

137<br />

97-Jährige sein Haus in Gräfenwarth bei<br />

Schleiz. Nach drei schweren Operationen<br />

wacht seine Frau Liselotte streng darüber,<br />

dass sich ihr Liebster nicht zu viel zumutet.<br />

So lässt die Chefin im Hause von Brauchitsch<br />

heute kaum noch jemand an das<br />

einstige Rennidol ran, «weil er keinen<br />

Rummel und keine Interviews mehr<br />

braucht und in Ruhe leben soll».<br />

Trotzdem lässt es sich der Mann, der<br />

vom SSKL und W25 über den W125 bis hin<br />

zum W154 in fast allen Vorkriegs-Mercedes-Grand-Prix-Autos<br />

gesiegt hat, nicht<br />

nehmen, auch die moderne Formel 1 vor<br />

dem Fernsehgerät zu verfolgen. Neben<br />

dem Abschneiden der modernen Silberpfeile<br />

von McLaren-Mercedes interessiert<br />

sich von Brauchitsch noch immer fürs regionale<br />

Tagesgeschehen, politische Strömungen<br />

und Weltereignisse. «Er ist da voll<br />

auf der Höhe», weiss Daimler-Museumschef<br />

Gerrit von Pein, der als einer der wenigen<br />

Privilegierten noch regelmässig<br />

Kontakt zu ihm hat.<br />

Sein letztes Rennen fuhr von Brauchitsch<br />

übrigens in Belgrad und ist noch<br />

heute sauer, dass er durch «eigene Dummheit»<br />

nur Zweiter hinter dem Italiener Tazio<br />

Nuvolari im Auto Union wurde. An jenem<br />

3. September 1939 nahm das Unheil<br />

des 2. Weltkriegs seinen Lauf …<br />

Ungestüm: Von Brauchitsch 1936<br />

Heute: Mit 96 voll auf der Höhe<br />

Sein letztes Rennen: Von Brauchitsch im 12-Zylinder-W154 mit 500 PS


138<br />

ranz Waldhier verband schon immer ger-<br />

das Angenehme mit dem Nützlichen.<br />

Fne<br />

Als er 1974 von seinem damaligen Arbeitgeber<br />

Audi zu einem fünfjährigen Griechenland-Aufenthalt<br />

abkommandiert wurde,<br />

nutzte er die Gelegenheit zur Fortsetzung<br />

einer erfolgreichen Rennlaufbahn.<br />

Mit seinem Audi 50 rasierte er die griechischen<br />

Sportsfreunde am Berg nach Belieben.<br />

Zuvor hatte Waldhier im NSU-TTS<br />

schon hierzulande ordentlich abgeräumt.<br />

Klassengegner <strong>wie</strong> Willi Bergmeister, Joe<br />

Weber oder Thomas Ammerschläger mussten<br />

oft grimmig miterleben, <strong>wie</strong> ihnen der<br />

«schöne Franz» die Siege vor der Nase wegschnappte.<br />

Seine Erfolgsserie gipfelte 1971 im Gewinn<br />

der Berg-DM in der Kategorie Spezial-Tourenwagen.<br />

Überdies holte er sich im<br />

selben Jahr den NSU-Sportpokal. Zwar<br />

fühlte er sich auf Bergstrecken <strong>wie</strong> Rossfeld,<br />

Schauinsland oder Eberbach am<br />

wohlsten, was ihn aber nicht davon abhielt,<br />

den TTS auch auf der Nordschleife<br />

fliegen zu lassen. So sprengten er und Sigi<br />

Spiess 1972 beim 6-h-EM-Lauf bei den<br />

1300ern die Werksteams von Autodelta<br />

(Alfa) und Trivellato (Fiat). Die Underdogs<br />

belegten als beste Privatiers neben Klassenrang<br />

3 einen vielbeachteten zehnten<br />

Platz im Gesamtklassement.<br />

Waldhier, Franz (MSa 25/2002)<br />

Der schöne Franz<br />

Ab 1980 fand Waldhier in der Münchner<br />

BMW-Zentrale beruflich eine neue und<br />

endgültige Heimat. Als Vertriebsleiter für<br />

das M1-Geschäft, im Marketing, in der Motorsport-Kommunikation<br />

und sogar als<br />

kurzzeitiger Interims-Einsatzleiter der<br />

BMW-Streitmacht des DTM-Jahres 1989<br />

hat er auch im Sport-Management Duftmarken<br />

hinterlassen.<br />

Offiziell lebt der leidenschaftliche Golfer,<br />

Ski- und Mountainbike-Fahrer seit April<br />

letzten Jahres in Olching bei München<br />

schon im Ruhestand, «aber mit 63», so<br />

Waldhier, «kannst du doch den Tag nicht<br />

nur mit Faulenzen verbringen». Also steht<br />

er BMW weiter als Freier Mitarbeiter zur<br />

Verfügung und begleitet Händler- und Formel-1-Events<br />

als Moderator des VIP-Programms.<br />

Nebenbei kümmert er sich noch<br />

um seinen langjährigen Schützling Alexander<br />

«Sandy» Grau.<br />

Dass Waldhier, seit 1965 mit seiner Frau<br />

Jutta verheiratet, auch im fortgeschrittenen<br />

Alter topfit ist, belegt die Tatsache,<br />

dass er noch vor einigen Jahren alle<br />

Pflichtdisziplinen fürs DLV-Sportabzeichen<br />

erfüllt hat. Besonders stolz ist er,<br />

wenn sich die Leute beim Alter in die<br />

freundliche Richtung verschätzen. «Alles<br />

unter 60 ist ein Kompliment, das ich immer<br />

gerne annehme.»<br />

Am Berg gefürchtet: Waldhier ’72 Flotter Sechziger: Waldhier 2002<br />

Galafahrt am Ring: Waldhier/Spiess mischten 1972 im NSU die Alfa auf


Walter, Heini (MSa 46/2002)<br />

Schweizer Legende<br />

eini Walter erreichte in den 20 Jahren<br />

Hseiner Rennfahrerzeit in diversen<br />

Sportwagen zwischen 1947 und 1967 so<br />

viele Siege und absolvierte so viele Starts,<br />

dass er irgendwann mal aufgehört hat zu<br />

zählen. Das übernahm sein Freund und Fan<br />

Remo Bader umso genauer mit dem Buch<br />

«Heini Walter – eine Schweizer Rennfahrerlegende».<br />

Nach Anfängen mit Bugatti und BMW<br />

begleitete die Marke Porsche den gelernten<br />

Fahrrad- und Motorrad-Mechaniker aus<br />

Aesch bei Basel ab 1955 fast durchgängig,<br />

nur kurz ging er später noch mal fremd mit<br />

Ferrari. Gleichermassen schnell in allen<br />

Disziplinen, liebte er den Kampf am und<br />

gegen den Berg mehr als jedes Rundstreckenrennen.<br />

So brachten ihm seine Siege<br />

am Rossfeld, Gaisberg, Mont Ventoux,<br />

Schauinsland, Timmelsjoch oder in Sestriere<br />

gleich drei Europa-Championate und<br />

fünfmal in Folge den Titel des Schweizer<br />

Sportwagenmeisters ein.<br />

Die herausragenden Autos beim Einsammeln<br />

der Titel waren dabei die Porsche-Typen<br />

RS, RSK und 904 GTS. Geradezu «diebische<br />

Freude» empfand der Sportwagen-<br />

Hero 1959 ob der Tatsache, dass er als<br />

Schweizer den Titel «Int. Deutscher Rennsportmeister»<br />

errang. Seine Gegner waren<br />

immerhin so schwere Kaliber <strong>wie</strong> Edgar<br />

139<br />

Barth, Gerhard Mitter, Hans Herrmann oder<br />

Wolfgang Graf Berghe von Trips.<br />

Sogar der Traum von einem Formel-1-<br />

Einsatz erfüllte sich für den eidgenössischen<br />

Tausendsassa: Im 4-Zylinder-Porsche<br />

der Scuderia Filipinetti qualifizierte<br />

sich Walter beim Grossen Preis von<br />

Deutschland 1962 für die vierte Startreihe<br />

neben den Ferrari-Piloten Baghetti und<br />

Phil Hill und erreichte im strömenden Regen<br />

einen achtbaren 14. Platz.<br />

Sein letztes Rennen fuhr der Schweizer<br />

Rekordmeister im Oktober 1967 beim Nationenpreis<br />

in Hockenheim im Porsche 910<br />

– Platz 2 war sein Abschied von der Rennsportbühne.<br />

Fortan kümmerte sich Walter<br />

vor allem um sein Restaurant in seinem<br />

Heimatort Aesch. Der 75-Jährige ist bis<br />

heute überzeugter Junggeselle, freut sich<br />

über jeden Kontakt mit seinen ehemaligen<br />

Kollegen und besucht gerne mal den einen<br />

oder anderen Oldtimer-Event. Vor dem<br />

Fernsehgerät verfolgt er regelmässig die<br />

Sportwagenrennen der American Le Mans<br />

Series und die DTM-Läufe.<br />

Eine Darmoperation vor 12 Jahren hat<br />

er gut überstanden, fühlt sich längst <strong>wie</strong>der<br />

gesund und fit. «Viel Bewegung, häufige<br />

Spaziergänge und wenig Alkohol»,<br />

lautete sein ganz persönliches Rezept für<br />

ein langes Leben.<br />

Schnelles Leben: Walter 1961<br />

Normales Leben: Walter heute<br />

Sein Lieblingsberg: Heini Walter 1961 im Porsche RSK am Schauinsland


140<br />

rich Waxenberger eilte ein Ruf <strong>wie</strong> Don-<br />

voraus. Als Einsatzleiter von<br />

Enerhall<br />

Mercedes in den Rallye-WM-Jahren 1978<br />

bis 1980 gelangen ihm mit Stars <strong>wie</strong> Hannu<br />

Mikkola oder Björn Waldegaard Erfolge, vor<br />

denen sich die versammelte PS-Zunft ehrfurchtsvoll<br />

verneigte.<br />

Der gebürtige Bayer, seit 1954 als Versuchsingenieur<br />

bei Mercedes in Diensten,<br />

dirigierte seine schweren 450 SLC <strong>wie</strong> ein<br />

Feldherr und packte am Servicepoint auch<br />

selbst mit an, wenn Not am Auto war. Seine<br />

Truppe führte er «mit Kompetenz und<br />

Menschlichkeit», sagt Ex-Weltmeister Waldegaard,<br />

seine Rallye-Autos waren rollende<br />

Mess- und Versuchslabore. «Wir haben<br />

damals alles probiert, was technisch machbar<br />

war», schwärmt Waxenberger, «sogar<br />

die Premiere der Telemetrie mit Helikopter-Relaisstation<br />

ist uns bei der Safari-Rallye<br />

gelungen.»<br />

Die knüppelharte Bandama-Rallye (Elfenbeinküste)<br />

beendeten seine 450 SLC<br />

auf den Plätzen 1 bis 4, obwohl ihm hausintern<br />

ein Startverzicht nahe gelegt wurde,<br />

weil man im afrikanischen Busch keine<br />

Siegchance für die V8-Coupés sah. Aber<br />

gerade solche Herausforderungen machten<br />

ihn erst richtig heiss. «An diesem Mann»,<br />

schrieb Herbert Völker 1980, «ist ein Ferrari-Rennleiter<br />

verloren gegangen.»<br />

Waxenberger, Erich (MSa 28/2002)<br />

Der Super-Stratege<br />

Konstrukteur, Techniker und Rennfahrer<br />

mit jeder Faser seiner kräftigen Statur,<br />

zwängte sich Rundstrecken-Fan Waxenberger<br />

gern auch mal selbst ins Cockpit, obwohl<br />

ihm das offiziell untersagt war. 1968<br />

wuchtete er beim 6-Stunden-Rennen von<br />

Macau einen rechtsgesteuerten 300 SEL<br />

6.3 des Mercedes-Importeurs von Hongkong<br />

zum Sieg, nachdem der einheimische<br />

Chauffeur kurzfristig ersetzt werden musste.<br />

Auf dem Höhepunkt der Rallye-Erfolgsserie<br />

beschloss Mercedes Ende der Saison<br />

1980 aus Kapazitätsgründen das Ende aller<br />

Sportaktivitäten. Waxenberger ging als<br />

Abteilungsleiter «Vorentwicklung und Versuch»<br />

16 Jahre später mit 65 in den Ruhestand.<br />

Seitdem pendelt der begeisterte Skiläufer<br />

und Segler mit seiner Frau Ute, mit der<br />

er seit 44 Jahren verheiratet ist und zwei<br />

Zwillingstöchter so<strong>wie</strong> fünf Enkel hat, zwischen<br />

dem schwäbischen Heimatort Neuhausen<br />

(Frühjahr), Segelschiff auf dem<br />

Bodensee (Sommer) und Winterquartier in<br />

Klosters-Davos. Den Motorsport verfolgt<br />

der heute 71-Jährige noch immer sehr genau:<br />

«Nie hätte ich geglaubt, dass sich<br />

Mercedes so für den Sport öffnen und mit<br />

Niederlagen so locker umgehen würde.<br />

Wenn wir mal verloren haben, gab’s im Vorstand<br />

gleich eine Krisensitzung.»<br />

1980: Rallyechef und Rennfahrer 2002: Hobbysegler im Ruhestand<br />

Bandama-Rallye: Wenns sein musste, packte Waxenberger selbst mit an


Weisheidinger, Johann (MSa 35/2002)<br />

Untergrund-Mann<br />

ohann Weisheidinger gehörte zu den<br />

Jurigsten Typen, die in den 70er-Jahren<br />

am Berg und auf der Rundstrecke erstklassige<br />

Unterhaltung boten. Der gebürtige<br />

Österreicher, von Freunden nur «Wastl» genannt,<br />

gilt als einer der frühen Vorkämpfer<br />

in Sachen Opel-Motorsport. Obwohl er<br />

bis 1971 bei Opel in der Fahrzeug-Konstruktion<br />

arbeitete und noch immer in Rüsselsheim<br />

wohnt, blieb er stets ein lupenreiner<br />

Privatfahrer. Seine Darbietungen<br />

fielen in eine Zeit, in der sich Opel mit offiziellen<br />

Motorsporteinsätzen noch ziemlich<br />

schwer tat. Die Rüsselsheimer Sport-<br />

Clique lebte ihre Begeisterung damals<br />

mehr im Untergrund aus.<br />

Umso bemerkenswerter, <strong>wie</strong> «Wastl» mit<br />

den schweren Limousinen Commodore 2.8<br />

GSE und Monza-Coupé seine ganz persönlichen<br />

Grenzbereiche der Fahrphysik zelebrierte<br />

und 1976 sogar Deutscher Rundstreckenmeister<br />

wurde. Sein Kumpel Dietmar<br />

Hackner, Opel-Versuchsingenieur und<br />

Partner bei den Langstreckenrennen, sorgte<br />

dafür, dass so manches Ersatzteil auf<br />

unkompliziertem Weg in die Renn-Coupés<br />

gelangte. Auch der heutige Formel-3-Präsident<br />

Helmut «Helle» Bein, damals Opel-<br />

Sportbeauftragter mit Mini-Etat, zählte zu<br />

Wastls Sympathisanten und öffnete so<br />

manch inoffizielle Tür.<br />

141<br />

Notgedrungen arbeitete Weisheidinger<br />

mit Minimal-Aufwand. 25 000 Euro pro<br />

Saison mussten reichen. Herrlich seine Erinnerungen<br />

an die 24 Stunden von Spa-<br />

Francorchamps 1979: «Da sind der Hackner<br />

und ich mit einer Kiste Ersatzteile hingefahren<br />

und haben den Monza mal eben<br />

auf Gesamtrang 3 geprügelt.» Und dann<br />

wettert er gleich noch über die Zustände<br />

im Rennsport heute: «Schlimm, dass man<br />

nur noch mit Rechtsanwalt, Therapeut und<br />

Manager im Schlepptau fahren kann.»<br />

Wastl W. pur – er hat schon immer laut gesagt,<br />

was andere nur leise dachten.<br />

Der 57-Jährige, seit 27 Jahren mit Renate<br />

verheiratet, eine Tochter (23), ein<br />

Sohn (17), ist leitender Kfz-Sachverständiger<br />

bei der Allianz. Seit Ende seiner<br />

sportlichen Laufbahn 1985 hat er keine<br />

Rennstrecke mehr besucht, konsumiert<br />

aber alles vor dem Fernsehbildschirm. Seine<br />

persönliche Hitliste: Motorrad-WM<br />

(«bin ein absoluter Rossi-Fan»), Formel 1,<br />

DTC, V8STAR, DTM. Grosses Hobby sind vier<br />

historische Motorräder (Kawasaki Z 900,<br />

250er-BMW, zwei 250er-Adler) und ein 30<br />

Jahre alter Opel GT 1900. Wenn dann noch<br />

Zeit bleibt, begleitet er die Tochter zu Reitturnieren.<br />

«Dass ich mal mit dem Pferdeanhänger<br />

durch die Gegend gondeln würde,<br />

hätte ich auch nie gedacht.»<br />

1976: Opel-Fan Weisheidinger 2002: Rossi-Fan Weisheidinger<br />

Herrliche Zeiten: Wastls Commodore GSE 1976 vor Karl Mauers Escort


142<br />

arl Wendlinger war in den 60er- und<br />

K70er-Jahren im österreichischen Tourenwagensport<br />

eine sichere Bank. So etwa<br />

eine gute Mischung aus Hans Heyer und<br />

Dieter Glemser – trickreich, schnell, stark<br />

im Nahkampf und abonniert auf Meistertitel.<br />

Mehr als 100 Mal stand der Kfz-Meister<br />

aus Kufstein unterm Lorbeerkranz und<br />

räumte im Steyr-Puch 650 TR, Abarth 1000<br />

TC und Alfa GTA vier ÖM-Titel ab.<br />

Auch den internationalen Vergleich<br />

brauchte der populäre Tiroler nicht zu<br />

scheuen. Wenn er bei den Tourenwagen-<br />

EM-Läufen in Monza, Brünn oder Spa im<br />

selbst präparierten GTA die Alfa-Werksclique<br />

aus Milano aufmischte, guckten selbst<br />

hartgesottene Typen <strong>wie</strong> Andrea de Adamich,<br />

Theodore Zeccoli oder Ignazio Giunti<br />

am Ende recht konsterniert. Sogar der<br />

spätere Formel-1-Superstar Gerhard Berger<br />

musste in besten Alfasud-Cup-Tagen<br />

erkennen, dass Landsmann Wendlinger ein<br />

verdammt harter Brocken war.<br />

Auch bei den Ausflügen in die Formel<br />

Super V rang das Allround-Talent seinen<br />

Gegnern Respekt ab. Drei Jahre tobte er<br />

mit Kurt Bergmanns Kaimann-Truppe über<br />

Europas Rennstrecken. Noch heute bescheinigt<br />

Konkurrent Manfred Trint: «Er<br />

war verdammt schnell, obwohl sein Kaimann<br />

damals gegen unsere ATS-Lola kaum<br />

Wendlinger, Karl sr. (MSa 47/2002)<br />

Ein Idol aus Tirol<br />

Chancen hatte.» Wendlinger selbst erinnert<br />

sich vor allem gerne an die Flugplatzrennen<br />

Innsbruck, Klagenfurt, Aspern und<br />

Tulln: «Das war die absolut schönste Zeit<br />

mit dem meisten Spass und der besten Atmosphäre.»<br />

Als Sohnemann Karl 1984 als 16-Jähriger<br />

mit Kartfahren begann, beendete der<br />

Vater seine aktive Karriere und kümmerte<br />

sich fortan um die Betreuung seines hoffnungsvollen<br />

Juniors, der anfangs mit Begeisterung<br />

in Gerhard Bergers abgelegten<br />

Rennoveralls antrat. Die väterliche Begleitung<br />

endete nach der Formel-Ford- und<br />

Formel-3-Zeit. Dr. Helmut Marko übernahm<br />

das Management, der Senior konnte sich<br />

<strong>wie</strong>der vorrangig um sein Autohaus (Alfa,<br />

Peugeot) kümmern.<br />

Weil Karli jr. kein Interesse an der Übernahme<br />

des väterlichen Autohandels zeigt,<br />

soll das Geschäft verkauft oder verpachtet<br />

werden. Denn für 2004 strebt der heute<br />

knapp 60-Jährige Wendlinger den Ruhestand<br />

an, um zusammen mit seiner Frau<br />

Waltraud vor allem viele Reisen zu unternehmen<br />

und seine Hobbys Ski- und Radfahren<br />

zu pflegen.<br />

Dafür, dass die Verbindung zur Rennerei<br />

nicht abreisst, sorgen neben dem Junior<br />

auch die Herren Berger und Stuck, die<br />

im Tiroler Umfeld zu Hause sind.<br />

Siegabonnement: Wendlinger ’70<br />

Heute rast der Sohn: Wendlinger<br />

Umtriebe im Alfasud: Wendlinger (vorne) balgt sich mit Berger und Co.


olfgang Wilcke und seine Zolder-Para-<br />

«Bergischer Löwe» –<br />

Wdeveranstaltung<br />

stets ein geschichtsträchtiges Ereignis im<br />

deutschen Motorsport. 25 Mal dirigierte<br />

der Solinger seit 1969 im Stil eines Kolonialherrn<br />

den alljährlichen Saisonstart der<br />

DRM und DTM auf dem Traditionskurs nahe<br />

Hasselt.<br />

Alle hatten Respekt vor ihm – die trägen<br />

belgischen Funktionäre genauso <strong>wie</strong><br />

die Piloten. Berühmt-berüchtigt seine<br />

Fahrerbesprechungen: Wenn der «Löwe<br />

von Zolder» die Vollgas-Gemeinde in gefährlicher<br />

Stimmlage mit seinen Durchführungs-<br />

und Sonderbestimmungen konfrontierte,<br />

waren Einsicht und Wohlverhalten<br />

empfehlenswert. Wer dennoch aufbegehrte<br />

oder gar eine Diskussion um Sachfragen<br />

anzuzetteln wagte, wurde vom Ober-Löwen<br />

in der Regel barsch abgebürstet und<br />

gab für den Rest des Wochenendes garantiert<br />

Ruhe.<br />

Lange blieb der Saisonstart in Zolder<br />

eine Festung im deutschen Rennkalender.<br />

Als ’95 aber erstmals kein DTM- und F3-<br />

Prädikat an den «Motorsportverband Bergischer<br />

Löwe im AvD» vergeben wurde, bekam<br />

das Traditionsrennen einen Knacks.<br />

Überdies musste Wilcke die Rennleiterfunktion<br />

aus gesundheitlichen Gründen<br />

1996 an seine Tochter abgeben, die ihrem<br />

Wilcke, Wolfgang (MSa 34/2002)<br />

Löwe von Zolder<br />

143<br />

Vater bis dahin als Stellvertreterin zur Seite<br />

gestanden hatte. Im April 2002 startete<br />

Dr. phil. Karin Wilcke, im Hauptberuf Literatur-Dozentin<br />

an der Uni Düsseldorf,<br />

die 33. Auflage des «Bergischen Löwen».<br />

Vor spärlicher Kulisse fuhren Benelux-<br />

Rennserien und Youngtimer-Trophy. Die<br />

Zukunft der Veranstaltung, die in ihren<br />

besten Zeiten bis zu 80 000 Zuschauer sah,<br />

ist mangels wirtschaftlicher und sportlicher<br />

Perspektiven eher ungewiss.<br />

Der fast 73-jährige Wilcke, selbst viele<br />

Jahre aktiver Rallyefahrer und 1981 Gewinner<br />

des ONS-Senioren-Cups, lebt heute<br />

als Pensionär in seiner Heimatstadt Solingen.<br />

Die letzten Jahre waren von<br />

Schicksalsschlägen geprägt: Erst starb seine<br />

Frau Charlotte, mit der er seit 1957 verheiratet<br />

war. Dann trafen ihn ein Herzinfarkt<br />

und zwei Schlaganfälle. «Aber das<br />

wirft mich nicht um», trotzt der Ober-Löwe.<br />

«So schnell lässt sich ein Wilcke nicht<br />

aus dem Verkehr ziehen.»<br />

Die beiden Töchter, ausser Karin (44)<br />

noch Gabriele (43), sehen den Unternehmungsgeist<br />

des angeschlagenen Familienoberhaupts<br />

mit Sorge und mahnen eindringlich<br />

zu ruhigerer Gangart. «Aber eigentlich»,<br />

so Karin resignierend, «ist es<br />

<strong>wie</strong> all die Jahre in Zolder – er duldet keinen<br />

Widerspruch.»<br />

Autoritätsperson: Wilcke 1977<br />

Herz macht Sorgen: Wilcke heute<br />

Immer Flagge zeigen: Zolder-Rennleiter Wilcke 1979 in typischer Pose


144<br />

Akersloot, Han (MSa 31/2003)<br />

Spass und Spiele<br />

an Akersloot nahm das Rennfahrerle-<br />

so <strong>wie</strong> es gerade kam: Siege nicht<br />

Hben<br />

um jeden Preis, Spass auf jeden Fall. Im<br />

Verbund mit Ford-Weggefährte Ernst Berg<br />

und Manager Frans Lubin funktionierte der<br />

vierfache holländische Tourenwagen-<br />

Champion (1970 im Alfa GTA, 71/72/73 in<br />

Ford Escort und Capri RS) jedes Fahrerlager<br />

in eine «Spass- und Spiele-Arena» um.<br />

Während sich die erfolgsbesessene Konkurrenz<br />

mit Fitness abmühte und früh zu<br />

Bett ging, liess es die holländische Spass-<br />

Fraktion erst richtig krachen. Im Nobelclub<br />

«Jimmy’z» in Monaco galten sie als<br />

die wildesten und besten Tänzer, keine<br />

Disco war vor ihnen sicher. «Wir hatten<br />

eine wunderbare Zeit», erinnert sich der<br />

fröhliche Blondschopf. «Vor allem die Rennen<br />

mit Ford waren ein Traum.»<br />

Trotz aller Blödeleien stand Akersloot<br />

jedoch immer seinen Mann, wenns auf der<br />

Piste ernst wurde. In der Tourenwagen-EM<br />

der 70er-Jahre teilte er sich das Cockpit<br />

bisweilen mit Top-Partnern <strong>wie</strong> John Fitzpatrick,<br />

Tom Walkinshaw oder Gerry Birrell.<br />

Werkseinsätze mit Teamchefs <strong>wie</strong> Carlo<br />

Chiti (Alfa) oder Jochen Neerpasch und<br />

Mike Kranefuss (Ford) genoss er ebenso<br />

<strong>wie</strong> die Starts im holländischen Frami-<br />

Team. Für das Ende seiner Laufbahn sorgten<br />

1975 die Hochzeit mit Corinna so<strong>wie</strong><br />

das Angebot, Marketing- und Sportdirektor<br />

von Renault Holland zu werden.<br />

Zwölf Jahre blieb er bei Renault, erlebte<br />

die verrückten R5-Pokal-Jahre, freute<br />

sich über eine starke Holland-Equipe im<br />

Europacup und dirigierte Jan Lammers<br />

trickreich zu zwei Titelgewinnen. Und gelegentlich<br />

durfte er auch noch seinen alten<br />

Kumpel Berg, inzwischen auch im R5-<br />

Cup gelandet, nach dessen nächtlichen Eskapaden<br />

bei der monegassischen Polizei<br />

auslösen. Einem siebenjährigen Intermezzo<br />

bei Lancia folgte der Ruf von Alfa Romeo<br />

Holland, wo er seit 1993 als Verkaufsdirektor<br />

amtiert.<br />

Mehr als Rennsport interessieren den<br />

mittlerweile 58-Jährigen aus Aerdenhout<br />

vor den Toren Zandvoorts heute vor allem<br />

Golf (Handicap 15) und Fussball («ich bin<br />

ein grosser Fan von Ajax Amsterdam»).<br />

Sein 19-jähriger Sohn ist auf dem Weg zum<br />

Golf-Profi, während die beiden Töchter<br />

(25, 22) Medizin und Jura studieren. Gelegentlich<br />

fährt der ehemalige Tourenwagen-Star<br />

noch historische Rallyes mit seinem<br />

58er-Alfa Spider oder ist Instruktor<br />

bei Fahrerlehrgängen für Alfa-Kunden.<br />

Für die Zukunft hat sich Akersloot vorgenommen,<br />

«möglichst viele junge Leute<br />

zum Golfsport zu bringen und sie als Promoter<br />

zu unterstützen».<br />

Siege mit Ford: Akersloot 1971<br />

Spass mit Golf: Akersloot heute<br />

Auf Titelkurs: Akersloot im rechtsgesteuerten Escort 1972 in Zandvoort


Becker, Heinz (MSa 43/2003)<br />

Der Cup-Spezialist<br />

einz Becker genoss als Renault-Cup-<br />

HFrontrunner das Privileg des grössten<br />

Schlitzohrs im Feld. Ob nationaler R5-Pokal,<br />

R5-Turbo-, Alpine-V6- oder R21-Turbo-Europacup<br />

– der Hagener brachte in<br />

den 80er-Jahren Gegner und Kommissare<br />

gleichermassen ins Grübeln. Dabei beteuert<br />

der Schlaufuchs, «dass ich nie wegen<br />

eines faulen Autos disqualifiziert worden<br />

bin». Unvergessen bleibt für die deutsche<br />

Renault-Cup-Führung der Becker-Auftritt<br />

des Jahres 1983, als er zum Entsetzen der<br />

völlig genervten Chefetage ein Rennen<br />

nach dem anderen gewann. «Obwohl wir<br />

das Auto mehrmals in alle Einzelteile zerlegt<br />

haben», so Technikchef Weishaupt,<br />

«fand sich absolut nichts. Ich hätte echt<br />

gerne gewusst, <strong>wie</strong> er uns geleimt hat.»<br />

Becker, der die peniblen Kontrollen zumeist<br />

grinsend verfolgte, kommt aus einem<br />

Umfeld, dem Cleverness und Einfallsreichtum<br />

keineswegs fremd sind: Viele<br />

Jahre Kartsport, Nationalmannschaft mit<br />

Hans Heyer, viermal Europameister, an die<br />

70 Siege. Trotz der beiden deutschen R5-<br />

Titel 1982/83 fand er den meisten Spass<br />

im Europacup. «Da ging’s richtig rund»,<br />

schwärmt der Monaco-Sieger 1988. «Anders<br />

als im deutschen Cup war da fast jedes<br />

Auto faul. Die Schlimmsten waren übrigens<br />

Heyer, Schütz und Strycek.»<br />

145<br />

1991 gönnte sich Hobby-Pilot Becker<br />

noch eine DTM-Saison im eigenen Ford<br />

Mustang, allerdings geriet das Projekt zum<br />

technischen Fiasko. «Das war Frust pur, ich<br />

kam kaum zum Fahren, weil der Motor nur<br />

rumkotzte. Wir sind da wohl zu blauäugig<br />

rangegangen.» Mit 45 beendete der Unternehmer<br />

(«Märkische Transportbeton<br />

GmbH», fünf Betonwerke, 50 Silo-LKW,<br />

Meierling Anhängerbau, Kartbahn Hagen,<br />

weitere Firmen-Beteiligungen) seine Pisten-Präsenz.<br />

Zehn Jahre später tritt Becker kürzer,<br />

zumal verengte Herzkranzgefässe und<br />

Bluthochdruck nach Auszeiten verlangen.<br />

So legen er und Frau Ilse öfter mal Kurzurlaube<br />

im Haus an der Ostsee ein. Sohn<br />

Michael (29) ist in den Betrieb eingestiegen,<br />

nachdem die eigene Rennkarriere<br />

(Kart, Formel König, F3, DTC) nicht nach<br />

Wunsch verlief. Tochter Nicole (34) ist<br />

Hausfrau und Mutter, die den Eltern bereits<br />

ein Enkelkind (3) bescherte.<br />

In MSa und am TV informiert sich der<br />

Ex-Meister regelmässig über das aktuelle<br />

Renngeschehen, aber bis auf die alten<br />

Weggefährten Rolf Rummel und Hans Heyer<br />

gibt es kaum Szene-Kontakte. Zukunftspläne?<br />

«Gesund bleiben und den Betrieb<br />

irgendwann in gutem Zustand an meinen<br />

Nachfolger übergeben.»<br />

Harter R5-Fighter: Becker 1981<br />

Multiunternehmer: Becker heute<br />

Auch Überflieger stolpern mal: Dreifacher Becker-Salto 1982 in Zolder


146<br />

Besier, Günther (MSa 07/2003)<br />

Ein flinker Kater<br />

ünther Besier gehört zu jener legendä-<br />

Wiesbadener Rennfahrer-Clique, die<br />

Gren<br />

dem Motorsport speziell in den 50er- und<br />

60er-Jahren durch Engagement und Erfolge<br />

auch in der hessischen Landeshauptstadt<br />

zu gesellschaftlicher Akzeptanz verhalf:<br />

Zusammen mit schillernden Typen<br />

<strong>wie</strong> Peter Lindner, Egon Vomfell, Leopold<br />

von Zedlitz, Horst Wilhelm oder Hans Wehner<br />

beteiligte sich der Rennfan am Aufbau<br />

der beiden grossen Wiesbadener AvD-Clubs<br />

«HMSC» und «WAC», die sich mit ihren<br />

Flugplatzrennen in Mainz-Finthen, Pferdsfeld<br />

und Erbenheim, dem Taunus-Bergrennen<br />

Lorch oder der Rallye Wiesbaden einen<br />

guten Namen machten.<br />

Wegen eines deftigen Abflugs am Nürburgring<br />

und daraus resultierender Endlos-<br />

Diskussion mit der Familie startete Besier<br />

bald nur noch unter dem Pseudonym «Hans<br />

Kater». Dies geschah allerdings auch mit<br />

Rücksicht auf seinen Unternehmer-Status<br />

(mehrere Foto-Fachgeschäfte in Wiesbaden<br />

und Mainz).<br />

Seinen ersten Sieg errang Besier 1956<br />

im BMW 502 V8 am Berg, danach folgten<br />

seine wildesten Jahre im BMW 700. Kaum<br />

weniger gesittet trieb es der fröhliche Hesse<br />

vorzugsweise am Steuer von diversen<br />

Leichtbau-Carreras und 911 aus dem Hause<br />

Porsche. Fast wäre er als GT-Dauersieger<br />

mit dem 911 gar Rundstrecken-Champion<br />

geworden – nur Udo Schütz im Carrera<br />

6 vereitelte beim Finallauf 1966 den<br />

Titelgewinn. Sein letztes Rennen bestritt<br />

Besier ein Jahr später im 911 S mit Sepp<br />

Greger als Partner in Sebring. Danach hatte<br />

der Aufbau seines innovativen Farbbild-<br />

Projekts «Meisterfoto» mit eigenen Grosslaboren<br />

Vorrang.<br />

Nach einer komplizierten Herzoperation<br />

mit fünf Bypässen musste Besier ab<br />

1992 vieles ruhiger angehen lassen. Bei<br />

dieser Gelegenheit aktivierte der passionierte<br />

Hochwild-Jäger seine Liebe zum Automobilsport<br />

erneut und ist seit Jahren regelmässiger<br />

Teilnehmer bei grossen Oldtimer-Events.<br />

Mit seinen beiden Schmuckstücken,<br />

einem Mercedes 300 SL und einem<br />

Porsche Speedster, erscheint der heute<br />

68-Jährige besonders gerne bei der Mille<br />

Miglia und der Alpenfahrt.<br />

Seit vier Jahren lebt der Jagdkumpel<br />

von Ex-<strong>Dunlop</strong>-Rennchef Gerhard Weber<br />

im Ruhestand, die Fotogeschäfte hat Sohn<br />

Michael (37) übernommen. Der zwei Jahre<br />

ältere Stefan ist Fotograf in den USA,<br />

die 18-jährige Tochter steht vor dem Abitur.<br />

Einen persönlichen Traum möchte Besier<br />

in naher Zukunft realisieren: «Ein Start<br />

bei der historischen Carrera Panamericana<br />

in Mexiko – das wäre das Allergrösste.»<br />

Elan und Erfolge: Besier 1961 Jagd und Oldtimer: Besier 2003<br />

Ehrenrunde nach dem Sieg: Der heisse Kater 1966 im 911 am Norisring


Blank, Arthur (MSa 33/2003)<br />

Mister Powerslide<br />

147<br />

rthur Blank hat dem Motorsport, spe-<br />

in der Schweiz, zwischen 1959 und<br />

Aziell<br />

1976 so einiges gegeben: Siege als Pilot<br />

aller möglichen Touren-, GT- und Sportwagen,<br />

wilde Ritte im Lotus-Cortina, drei<br />

Meistertitel, eine eigene Creation des VW-<br />

Käfers (Blank RS).<br />

Und vor allem den MSa-Vorläufer Powerslide.<br />

Der Monatstitel galt für damalige<br />

Verhältnisse als Premium-Magazin: Hochglanzformat,<br />

faszinierende Fotos, tolle<br />

Storys, Top-Autoren. Das erste Heft kam<br />

Anfang 1963 unter der Regie von Blank als<br />

Verleger und Finanzier in Personalunion.<br />

Mitstreiter der ersten Stunde waren Rico<br />

Steinemann (Chefredakteur) und René<br />

Schöni (Grafik und Karikaturen). Die Powerslide-Macher<br />

installierten die Redaktion<br />

in Blanks Privatwohnung in der Züricher<br />

Florastrasse 45. «Dort hatten wir ständig<br />

Besuch von allen möglichen Formel-1-Piloten»,<br />

erinnert sich der Ex-Verleger. «Jack<br />

Brabham und John Surtees waren oft da,<br />

Jo Siffert fast jede Woche.»<br />

Dieter Stappert und Fritz Reust verstärkten<br />

im Laufe der Jahre das Redaktionsteam.<br />

1967 wechselte Powerslide den<br />

Besitzer, Blank verkaufte für 100 000 Franken<br />

an den Marx-Verlag Zürich – der Erlös<br />

entsprach in etwa der Höhe des Schuldenstands.<br />

Acht Jahre später wurde aus Powerslide<br />

die Motorsportbibel MOTORSPORT<br />

aktuell.<br />

Heute lebt Arthur Blank, der in seiner<br />

aktiven Zeit exakt 32 verschiedene Rennautos<br />

höchst erfolgreich bewegt hat, im<br />

«Teil-Ruhestand» in Feldmeilen bei Zürich.<br />

Im Oktober wird der Ex-Rennfahrer und Powerslide-Erfinder<br />

70. Der Vater eines 34-<br />

jährigen Sohnes, seit 1974 in zweiter Ehe<br />

verheiratet mit Eliane, fühlt sich «absolut<br />

fit und gesund». Immer häufiger zieht es<br />

ihn an den Zürichsee, um die Freizeit zu<br />

verbringen. Am Ufer steht sein Wochenendhäuschen,<br />

auf dem Wasser ankert seine<br />

kleine Yacht. Aus seinem Messebau-Unternehmen<br />

möchte sich Arthur Blank langsam<br />

zurückziehen, «um mehr Zeit fürs Faulenzen<br />

und Schiffchenfahren zu haben».<br />

Vom Motorsport kommt er aber trotzdem<br />

nicht los: Regelmässig gönnt er sich<br />

den Monaco-GP mit Freunden live vor Ort,<br />

DTM und Tourenwagen-EM verfolgt er im<br />

Fernsehen, und bei diversen Sportfahrerlehrgängen<br />

wirkt er nach <strong>wie</strong> vor als Instruktor<br />

mit.<br />

Apropos DTM: Gerne würde er auf seinem<br />

Lieblingskurs, dem Nürburgring, noch<br />

mal ein Rennen von der Box aus erleben –<br />

«am liebsten bei Abt, weil ich mit dem Senior<br />

früher wüste Kämpfe ausgefochten<br />

habe». Also dann, bis bald am Ring.<br />

Cortina-Star Arthur Blank 1965<br />

DTM-Fan Arthur Blank heute<br />

Wilder Bursche: Arthur Blank 1965 im Lotus Cortina in Wien-Aspern


148<br />

artin Braungart galt eigentlich immer<br />

Mals Branchen-Primus – ob als Student,<br />

als Rallye-Copilot, als Ingenieur bei Ford,<br />

als Konstrukteur bei BMW oder als Technischer<br />

Leiter beim Felgenhersteller BBS.<br />

«Martin denkt, Dieter lenkt» – unter diesem<br />

Motto hatten Dieter Glemser und sein<br />

Kumpel zwischen 1961 und 1965 eine tolle<br />

Rallyezeit bei Mercedes. Parallel dazu<br />

absolvierte Braungart ein technisches Studium<br />

an der Uni Stuttgart. «Die Mischung<br />

aus Studieren, Rallyefahren und Geld verdienen<br />

war damals <strong>wie</strong> ein Sechser im Lotto»,<br />

erinnert sich Braungart.<br />

Als Jochen Neerpasch die Ford-Rennabteilung<br />

1969 neu strukturierte, folgte der<br />

Techniker ebenso <strong>wie</strong> Freund Glemser dem<br />

Ruf nach Köln. Beide bestritten im Ford 26<br />

M RS nochmals den Marathon London–Sydney,<br />

bevor Braungarts grosse Zeit als Fahrzeug-Ingenieur<br />

begann. So brachte er dem<br />

Escort TwinCam (laut Gerd Schüler «am<br />

Berg zunächst unfahrbar») Manieren bei,<br />

stellte den legendären Capri RS auf die Räder<br />

und wurde zusammen mit Kollege Thomas<br />

Ammerschläger zum technischen Fixpunkt<br />

der Kölner Rennaktivitäten.<br />

Jenes Bild veränderte sich allerdings<br />

schlagartig, als Neerpasch, Braungart und<br />

Toppilot Hans Stuck 1972 im Dreierpack zu<br />

BMW überliefen. In München vollbrachte<br />

Braungart, Martin (MSa 12/2003)<br />

Der Vordenker<br />

der schwäbische Vordenker sogleich neue<br />

Glanztaten: Er perfektionierte das CSL<br />

Leichtbau-Coupé (das dann prompt die<br />

Capri in der Tourenwagen-EM schlug), konstruierte<br />

den M1-Sportwagen und verlieh<br />

dem Procar-M1 die Rennreife.<br />

Nach sieben BMW-Jahren lockte eine<br />

neue Herausforderung beim renommierten<br />

Felgenhersteller BBS in Schiltach: Braungart<br />

trat als Gesellschafter und Technischer<br />

Vorstand in die Geschäftsführung<br />

ein. Inzwischen ist er dort fast 25 Jahre<br />

an Bord, betreut aktuell die Ressorts Motorsport,<br />

Engineering und Lizenznehmer.<br />

Der 61-Jährige gibt am Schreibtisch noch<br />

immer Vollgas («von 8 bis 8 ohne Mittagspause,<br />

nur ein Becher Joghurt») und will<br />

erst dann in den Ruhestand gehen, wenn<br />

ihm der Spass am Job abhanden kommt.<br />

Neben dem Rennsport fasziniert ihn<br />

heute die Fliegerei. Oft klemmt er sich<br />

selbst ans Steuer einer Cessna 340, ansonsten<br />

bleibt kaum Zeit für weitere Hobbys.<br />

Das will der Familienvater (seit 35<br />

Jahren verheiratet mit Inge, ein Sohn, 29,<br />

eine Tochter, 21) aber nachholen, wenn<br />

mal die Zeit des Ruhestands gekommen ist.<br />

Dann stehen neben Fliegen noch Bootstouren<br />

auf dem Bodensee, Skilaufen und<br />

die Pflege seines M1-Oldtimers auf Braungarts<br />

Freizeit-Programm.<br />

Studium & Rennerei: Braungart ’64<br />

Felgen & Fliegen: Braungart heute<br />

Akropolis ’65: Glemser/Braungart (250 SL) fahren bei König Konstantin vor


erner Christmann hatte zwar kein<br />

WGeld, aber die Gabe, verdammt schnell<br />

Autofahren zu können. Deshalb betrat er<br />

zwischen 1968 und 1973 meist dann die<br />

Rennsportbühne, wenns eng wurde. Entweder<br />

brauchte man im Team einen, der<br />

mal richtig Gas gab. Oder der zahlende<br />

Stammfahrer musste pausieren, da die fällige<br />

Rate nicht eingegangen war. Das war<br />

dann die Stunde des hageren, grossgewachsenen<br />

Tischlers aus Lippstadt. Weder<br />

Tod noch Teufel fürchtend, klemmte sich<br />

der Kamikaze-Pilot wild entschlossen hinters<br />

Lenkrad und erledigte den Job im Stile<br />

eines Terminators. Die Fans hatten an<br />

den Umtrieben des Westfalen zwar ihren<br />

Spass, aber die Begeisterung der Teamchefs<br />

(u.a. Steinmetz, Gerstmann, Zakspeed)<br />

hielt sich mitunter in Grenzen.<br />

Denn neben Siegen fabrizierte Christmann<br />

nur allzu häufig auch Schrott. So<br />

flog er mit dem vollgetankten Gerstmann-<br />

Capri in Spa über die Leitschiene, das Auto<br />

ging in Flammen auf und brannte völlig<br />

aus. Auch Opel-Tuner Steinmetz kann von<br />

verbogenen GT 1900, Ascona und Commodore<br />

berichten. Andererseits gelang es ihm<br />

aber auch, an einem Tag gleich zweimal<br />

aufs Podium zu fahren.<br />

Als Christmann sich Anfang der 70er-<br />

Jahre, kurz vor einem Vertragsabschluss<br />

Christmann, Werner (MSa 47/2003)<br />

Der Terminator<br />

149<br />

mit Zakspeed stehend, auf eine «verhängnisvolle<br />

Affäre» mit der damaligen Ehefrau<br />

des Teampatrons einliess, war der Skandal<br />

perfekt. «Ich werde dafür sorgen», liess<br />

ein empörter Erich Zakowski verlauten,<br />

«dass der Kerl nie mehr in einem siegfähigen<br />

Rennauto sitzt.» Tatsächlich war<br />

dieses Ereignis der Anfang vom schleichenden<br />

Ende der Karriere Christmanns,<br />

«denn Erichs Einfluss war nun mal gewaltig».<br />

Nach elf Jahren trennten sich beide <strong>wie</strong>der,<br />

seitdem lebt der heute 64-Jährige allein<br />

in Lippstadt, treibt viel Sport und hat<br />

noch immer sein altes Kampfgewicht von<br />

60 kg. Wirtschaftlich geht’s ihm dagegen<br />

nicht so gut, nachdem sein Autohandel<br />

1986 Konkurs anmelden musste. «Aber ich<br />

komme über die Runden und will nicht klagen,<br />

Hauptsache, man ist gesund.»<br />

Seit 28 Jahren freut sich Christmann jeden<br />

Dienstag auf die neue MSa-Ausgabe,<br />

und vorm TV gibt er sich zusätzlich die volle<br />

Renn-Dröhnung («täglich bis zum Abwinken»).<br />

Deshalb wäre es für den Mann,<br />

der bei 85 Starts in elf verschiedenen Autos<br />

34 Siege erreichte, auch ein Traum, irgendwann<br />

alle DTM- und F1-Rennen im<br />

Wochenturnus mit dem Wohnmobil abzufahren.<br />

«Wenn ich das noch hinkriege, bin<br />

ich glücklich und zufrieden.»<br />

Wilde Auftritte: Christmann 1972<br />

Ruhiges Leben: Christmann heute<br />

Da tobte Steinmetz: Christmanns zerlegter GT 1900 am Nürburgring 1972


150<br />

ieter Damler hat 33 Jahre lang beim<br />

DZDF die Themen Rennsport und Auto<br />

auf den Bildschirm gebracht. Als Mann der<br />

ersten TV-Stunde des Mainzer Senders gehörte<br />

der Autofan zur legendären Gründermannschaft<br />

der ZDF-Sportredaktion, die<br />

damals scherzhalber «Tele-Sibirsk» hiess,<br />

weil die Sportsendungen zunächst aus<br />

armseligen Baracken im Taunusstädtchen<br />

Eschborn abgesetzt werden mussten. Damler,<br />

Karl Senne und Rainer Günzler galten<br />

beim Sender als die Motorsportexperten,<br />

deren Beiträge aus F1, F2, Sportwagenund<br />

Rallye-WM das ZDF-Sportprogramm<br />

bereicherten. Dabei liess Damler seine Kameraleute<br />

mit Vorliebe hinter die Kulissen<br />

blicken und formte aus den Erkenntnissen<br />

oft preisgekrönte Filme (u.a. die weltbeste<br />

Sport-Dokumentation 1973).<br />

Als besonders eindrucksvoll sind seine<br />

Filmberichte von der Rallye Monte Carlo in<br />

bester Erinnerung. Auch die ZDF-Paradesendungen<br />

Sport Reportage, Sportspiegel,<br />

und Tele-Motor wurden durch seine<br />

Beiträge aus der Welt des Autos geprägt.<br />

Dass ausgerechnet seine Lieblingssendung<br />

Tele-Motor, die er lange im Wechsel mit<br />

Senne moderierte, 1996 dem Rotstift zum<br />

Opfer fiel, hat Damler nur schwer verkraftet.<br />

Als auch noch ein Herzinfarkt dazu<br />

kam, nahm er beide Negativereignisse zum<br />

Damler, Dieter (MSa 50/2003)<br />

Das ZDF-Urgestein<br />

Anlass, sich mit 63 Jahren in den Ruhestand<br />

zu verabschieden.<br />

Der leidenschaftliche Filmemacher zog<br />

sich zusammen mit Ehefrau Karla (ein<br />

Sohn, 28) auf seine Lieblingsinsel Mallorca<br />

zurück, wo er schon seit seiner Studentenzeit<br />

stolzer Besitzer einer Finca bei Capdepera<br />

ist. «Damals haben die Grundstücke<br />

dort fast nichts gekostet», freut sich der<br />

TV-Mann über sein frühes Schnäppchen.<br />

Die Ferieninsel ist Damler im Laufe der Zeit<br />

so ans Herz gewachsen, dass er einen Ratgeber<br />

für Mallorca-Residenten und -Neubürger<br />

geschrieben hat («Mallorca – Ihre<br />

zweite Heimat», ISBN 3613504308, 256<br />

Seiten, 22 Euro). Das Werk ist im März erschienen<br />

und enthält nützliche Tipps, u.a.<br />

zu den Themen Land & Leute, gesetzliche<br />

Zuzugsbestimmungen und Kauf von Grundstücken<br />

und Immobilien.<br />

Der mittlerweile 70-Jährige braust trotz<br />

angeschlagener Gesundheit (Diabetes,<br />

drei Herzinfarke) mit seiner 1000er-BMW<br />

noch immer gerne zu Erkundungsfahrten<br />

über die Insel. Und nur ein paar Kilometer<br />

entfernt wohnt sein alter ZDF-Kollege Senne.<br />

Obwohl er seit 1987 nie mehr an einer<br />

Rennstrecke war, würde Damler gerne noch<br />

mal die schönsten Drehorte, Hotels und<br />

Restaurants der früheren Jahre besuchen.<br />

«Wäre schön, wenn ich das hinbekäme.»<br />

ZDF-Pionier: Dieter Damler 1963<br />

Autor und Geniesser: Damler 2003<br />

Damler in seinem Element: ZDF-Übertragung 1965 aus Hockenheim


Eggenberger, Ruedi (MSa 28/2003)<br />

Der Titel-Architekt<br />

uedi Eggenberger darf man getrost zu<br />

Rden erfolgreichsten Teamchefs Europas<br />

zählen. Was dem stillen Schweizer vor allem<br />

mit den Marken BMW, Volvo und Ford<br />

gelang, ist bemerkenswert: Mit allen drei<br />

Herstellern erreichte er in den 70er- und<br />

80er-Jahren wenigstens einen Tourenwagen-EM-Titel,<br />

mit BMW sogar drei und mit<br />

Ford zusätzlich einen WM-Titel. Schon bevor<br />

der Mann aus Lyss 1977 auf die Seite<br />

der Teameigner wechselte, war er als Rennfahrer<br />

erfolgreich. So gelangen ihm in einer<br />

Saison 32 Siege bei 35 Starts, und mit<br />

einem Renault R8-Gordini schaffte er es bis<br />

zum Vizemeister.<br />

Die blitzsauber vorbereiteten Eggenberger-BMW<br />

wurden schon im ersten Jahr zum<br />

Schrecken der Konkurrenz. Lieblingspilot<br />

des strengen Teamchefs, für den nur Leistung<br />

zählte, war anfangs Helmut Kelleners.<br />

«Der hat uns zu BMW-Zeiten richtig weitergebracht.»<br />

Später, als Eggenberger mit<br />

Ford zusammenarbeitete, lagen zunächst<br />

Klaus Ludwig und später Klaus Niedz<strong>wie</strong>dz<br />

in der Gunst des Chefs ganz vorn.<br />

Die Jahre mit Ford (1986–1989) betrachtet<br />

der Schweizer als «die schönste Zeit<br />

überhaupt», der Sierra 500 RS avancierte<br />

zu seinem absoluten Lieblingsauto. Allerdings<br />

bereitete ihm ein anderes Kölner Produkt<br />

auch die ärgsten Kopfschmerzen: «Der<br />

151<br />

STW-Mondeo hat uns an den Rand der Verzweiflung<br />

gebracht, das war einfach nur<br />

noch grauenvoll.»<br />

Weil er als Teamchef keine Perspektiven<br />

mehr sah, beendete er mit Ablauf der Saison<br />

1995 sein Engagement im Rennsport<br />

und baute sich in der Folge mit einem Mitsubishi-Autohaus<br />

eine neue Existenz auf.<br />

Seit diesem Jahr wurde der 14-Mann-Betrieb<br />

in Lyss um die Marke Alfa Romeo erweitert.<br />

Eggenberger Racing ist aufgelöst,<br />

die Räume sind an das Formel-Renault-<br />

Team von Andreas Jenzer vermietet.<br />

Auch sein Privatleben hat Eggenberger,<br />

der jetzt in Magglingen bei Biel wohnt, neu<br />

geordnet. So trennte sich der heute 64-Jährige<br />

von seiner zweiten Frau Rosi und heiratete<br />

die Kamerunerin Christelle (35), mit<br />

der er eine gemeinsame Tochter (4) hat.<br />

Sohn Thomas (37), kurzzeitig Formel-Ford-<br />

Pilot ohne greifbaren Erfolg, stammt noch<br />

aus erster Ehe. Zur Rennstrecke kommt der<br />

Ex-Teamchef nur noch selten, dafür guckt<br />

er im Fernsehen regelmässig Formel 1 und<br />

DTM. «Das grosse Kribbeln», meint Eggenberger,<br />

«ist aber nicht mehr da.»<br />

Derzeit ist der Titel-Architekt restlos<br />

glücklich und zufrieden, spielt neuerdings<br />

Golf und joggt, so oft es geht. «Schliesslich<br />

hab’ ich eine junge Frau», schmunzelt<br />

er. «Da sollte ich schon fit bleiben …»<br />

WM mit Ford: Eggenberger 1987<br />

Heute: «Das Kribbeln ist weg»<br />

Eggenbergers WM-Quartett 1987: Soper, Ludwig, Niedz<strong>wie</strong>dz, Dieudonné


152<br />

üdiger Faltz schwärmt noch immer vom<br />

Rdenkwürdigen DRM-Jahr 1977. In der<br />

kleinen Division bis 2 Liter herrschte damals<br />

Kriegszustand: Die wilden BMW-Junioren<br />

Surer, Cheever und Manfred Winkelhock<br />

(†) gegen die Ford-Routiniers Heyer/Hahne<br />

– und mittendrin der orangene<br />

Faltz-Alpina-BMW 320 mit dem jungen<br />

Raufbold Harald Grohs. Die Essener Allianz<br />

wirbelte das BMW- und Ford-Staraufgebot<br />

kräftig durcheinander und sorgte für so<br />

manche Sensation. «Unser Wagen war<br />

nicht schlechter als die Werksautos», rekapituliert<br />

Teamchef Faltz voller Stolz,<br />

«und Harald hat mit seinem spektakulären<br />

Fahrstil so<strong>wie</strong>so alle erschreckt.»<br />

In der Tat fuhr Grohs den Superstars<br />

ständig in die Parade, nachdem er zuvor<br />

im Faltz-CSL-Coupé wüste Umtriebe im<br />

Porsche- und Capri-Feld veranstaltet hatte.<br />

Die wildsaumässigen Auftritte seines<br />

Lieblingspiloten kamen den Chef freilich<br />

teuer zu stehen: «Harald war der erste, der<br />

nichts fürs Fahren zahlen musste – dafür<br />

lieferte er Schrott <strong>wie</strong> kein anderer …»<br />

Für Faltz, Fahrzeug-Ingenieur und Inhaber<br />

einer BMW-Alpina-Niederlassung in<br />

Essen, war Rennsport immer eine Herzensangelegenheit.<br />

Der erfolgreiche Ex-Rennfahrer<br />

(u.a. Siege beim 24-h-Rennen) präsentierte<br />

ab 1968 sein eigenes Team.<br />

Faltz, Rüdiger (MSa 21/2003)<br />

Racer mit Herz<br />

Klangvolle Namen, darunter der unvergessene<br />

Hans-Peter Joisten (†), bescherten<br />

dem Rennstall reichlich Siege und sogar<br />

einen EM-Titel.<br />

Zugunsten seines Autohaus-Neubaus<br />

beendete Faltz Ende 1978 das Kapitel<br />

Rennsport. Bis vor drei Jahren war er BMWund<br />

Alpina-Händler. «Leider fiel der Betrieb<br />

dann der Verschlankung des Händlernetzes<br />

zum Opfer, wobei ich mir bei der<br />

Vertragsauflösung mehr Stil und Kultur gewünscht<br />

hätte», blickt der Essener enttäuscht<br />

zurück.<br />

Notgedrungen beschäftigt sich der 61-<br />

Jährige jetzt mit der Vermittlung von Fahrzeugen<br />

aller Art so<strong>wie</strong> Immobilien. «Ich<br />

gehöre zu denen, die weder mit dem Rennsport<br />

noch mit sonst was reich geworden<br />

sind.» Seine erste Ehe zerbrach am Motorsport,<br />

seit 1996 ist er zum zweiten Mal<br />

verheiratet. Fast alle alten Rennsport-Verbindungen<br />

sind gekappt, lediglich mit<br />

Grohs und Wige-Chef Peter Geishecker gibt<br />

es gelegentlich noch Kontakt.<br />

Zwar informiert sich Faltz immer noch<br />

gerne via Fernseher über Formel 1 und DTM,<br />

«aber das Thema ist für mich grundsätzlich<br />

erledigt, Rückfallgefahr besteht nicht<br />

mehr». Ersatzweise kommen dafür nun verstärkt<br />

seine Hobbys Golf, Cross-Trainer,<br />

Skifahren und Schwimmen zum Zuge.<br />

Goldene BMW-Jahre: Faltz 1968 Rückfall ausgeschlossen: Faltz ’03<br />

Wilde Ritte: Harald Grohs im Faltz-BMW 320 1977 auf der Nordschleife


Flohr, Wolfgang Peter (MSa 34/2003)<br />

Grosser Zampano<br />

olfgang Peter Flohr zählte als BMW-<br />

Opel-Sportchef so<strong>wie</strong> Zakspeed-<br />

Wund<br />

Geschäftsführer zu den trickreichsten Machern<br />

der Rennszene. Und er polarisierte<br />

<strong>wie</strong> kaum ein anderer: Für die einen war<br />

er der grosse Zampano, für die anderen ein<br />

durchtriebener Blender. Fest steht, dass<br />

BMW unter seiner Regie mit dem CSi-Coupé<br />

und dem M3 jede Menge Lorbeeren einfuhr<br />

und Opel mit dem Calibra 1996 den bislang<br />

einzigen DTM/ITC-Titel gewann. Und<br />

fest steht auch, dass Flohr mit strategischdiplomatischem<br />

Geschick im Verbund mit<br />

kernigen Verbal-Auftritten so manchen<br />

Amtskollegen glatt an die Wand spielte.<br />

Da konnte es schon mal passieren, dass<br />

eine Runde gestandener Sportkommissare<br />

vor seinen Argumenten kapitulierte – <strong>wie</strong><br />

bei den 24 Stunden Spa 1986 nach einem<br />

Fehltritt seines Piloten Altfrid Heger. «Unser<br />

Auto war eigentlich schon disqualifiziert»,<br />

erinnert sich der Essener. «Aber der<br />

Flohr hat uns <strong>wie</strong>der rausgepaukt und den<br />

schon verloren geglaubten Sieg gerettet.»<br />

Nach der nicht ganz freiwilligen Trennung<br />

von BMW kam eine gewisse Hektik in<br />

Flohrs Berufsleben: In rascher Folge wechselten<br />

Engagements bei AvD, Fiat, Zakspeed<br />

und Opel. Die letzte Station war der<br />

Vorsitz der Geschäftsführung im Speditionsbetrieb<br />

seines Kumpels Gerhard Berger.<br />

153<br />

«Im Grunde war ich BMW-Mann mit ganzem<br />

Herzen», sagt Flohr, der 1954 als junger<br />

Maschinenschlosser zu den Weiss-<br />

Blauen kam. In München legte er als Manager<br />

eine Traumkarriere hin, in dessen<br />

Verlauf ihm der Gesamtvertrieb USA, der<br />

weltweite Kundendienst und schliesslich<br />

1985 die Leitung der damaligen Motorsport<br />

GmbH anvertraut wurden. «Ich hatte<br />

34 grandiose BMW-Jahre», zieht Flohr<br />

Bilanz. «So was ist nur noch sehr schwer<br />

zu toppen.»<br />

Beruf und Rennsport sind Vergangenheit,<br />

der fast 66-Jährige lebt jetzt als Pensionär<br />

wechselweise in München, Österreich<br />

und Spanien. Gesundheitlich geht’s<br />

ihm nach einer Herzoperation (ausgelöst<br />

durch einen verschleppten Infarkt in der<br />

Opel-Zeit) <strong>wie</strong>der ganz gut. Deshalb steht<br />

jetzt die Lebensqualität im Vordergrund:<br />

Viel Sport, Golf und Fischen. Die beiden<br />

Töchter orientieren sich beruflich auch<br />

schon in Richtung Auto – Patricia (22) arbeitet<br />

bei der Hamburger Rennsportagentur<br />

«Speedpool» als Medienkauffrau, Stefanie<br />

(20) ist Automobil-Kauffrau.<br />

Zwar gibt es noch viele Kontakte zu alten<br />

Weggefährten, aber persönliche Rennbesuche<br />

verkneift sich Flohr: «Ohne Aufgabe<br />

fühlst du dich im Fahrerlager <strong>wie</strong><br />

Falschgeld.»<br />

Weggefährten: Berger und Flohr 1985<br />

Der Ruheständler: Flohr heute<br />

Ge<strong>wie</strong>fter Stratege: Flohr mit Heger, Linder, Danner und Vogt 1987 in Spa


154<br />

Frère, Paul (MSa 09/2003)<br />

Leben voller Autos<br />

aul Frère scheint unverwüstlich, durch<br />

Pnichts und niemanden einzubremsen,<br />

noch immer genialer Autofahrer, scharfer<br />

Analytiker, kompetenter Journalist und erfolgreicher<br />

Buchautor. 86 Jahre ist der<br />

Mann gerade geworden, der nach <strong>wie</strong> vor<br />

jenen überschäumenden Spass am Autofahren<br />

hat und vermittelt, der ihn schon<br />

in seinen Rennfahrerjahren zu einem der<br />

Schnellsten und Besten seiner Zunft gemacht<br />

hat. Es gibt fast nichts, was der belgische<br />

Tausendsassa nicht im Renntempo<br />

bewegt oder getestet hätte.<br />

In Le Mans startete er so lange, bis er<br />

nach zwei zweiten Plätzen 1960 mit Landsmann<br />

Olivier Gendebien im Ferrari 250 TR<br />

endlich gewann. In der Formel 1 gab er<br />

nicht eher Ruhe, bis er 1956 bei seinem<br />

Heim-GP in Spa mit Platz 2 im Ferrari endlich<br />

seinen ersten und einzigen Podiumsplatz<br />

erreichte. GT-Autos, Touren- und<br />

Sportwagen – nichts und niemand war vor<br />

ihm sicher, kaum ein Siegerpodest, auf<br />

dem er nicht schon mal gestanden hätte.<br />

Der Übergang vom Rennfahrer zum Motorjournalisten<br />

blieb fliessend, oft tat er<br />

beides zusammen. Noch vor seiner Hausstrecke<br />

in Spa nennt er den Nürburgring<br />

als Lieblingskurs, obwohl er hier 1956 im<br />

Wippermann einen Jaguar zertrümmerte<br />

und 1963 im Fiat 2300 S nach langer Führung<br />

in der letzten Runde mit lächerlichen<br />

2,2 sec ein 12-Stunden-Rennen gegen den<br />

Lindner/Nöcker-Jaguar MK II verlor.<br />

Le Mans fasziniert Paul Frère noch immer.<br />

Das von ihm und den Kollegen Moity<br />

und Teissedre seit 1978 herausgegebene<br />

Jahrbuch über den Klassiker gilt bei Fans<br />

als Dauer-Bestseller. Nach <strong>wie</strong> vor erscheint<br />

der 86-Jährige persönlich am Ort<br />

seines grössten Triumphs, besucht die 24<br />

Stunden von Spa und geht von seiner Wohnung<br />

in Monaco zu Fuss zum Grand Prix.<br />

Er bleibt auf Ballhöhe mit der Rennszene,<br />

testet weiter schnelle Autos und ist ständiger<br />

Mitarbeiter mehrerer Fachzeitschriften.<br />

Seine Autobiographie «My life full of<br />

cars» ist nur einer von mehr als 20 Buchtiteln,<br />

die Frère auch als Autor berühmt<br />

gemacht haben.<br />

In Monaco zittert Gattin Susanne (samt<br />

drei Töchtern, fünf Enkeln und zwei Urenkeln)<br />

nahezu täglich um ihren wilden Paul.<br />

«Mit dem 911er lassen sie mich ja noch<br />

fahren», vermeldet er leicht genervt, «aber<br />

die 600er-BMW haben sie konfisziert.» Aus<br />

gutem Grund, denn bei einem Sturz brach<br />

er sich vor zwei Jahren das Knie. Wunschlos<br />

glücklich? Nicht ganz: «Ich möchte wenigstens<br />

noch einmal mit einem richtigen<br />

Rennauto auf der Rennstrecke rumtoben.»<br />

Der Mann ist einfach sensationell.<br />

Belgischer Tausendsassa: Frère ’59<br />

Lässt’s noch heute krachen: Frère<br />

Elf Starts, elf WM-Punkte: Frère ’55 im Ferrari auf seiner Hausbahn Spa


nst Furtmayr konnte man jedes Auto in<br />

Edie Hand geben – er gewann immer. Das<br />

galt für seine Zeit als Abarth- und Alfa-<br />

Werkspilot genauso <strong>wie</strong> für die gemeinsamen<br />

BMW-Jahre mit seinen Freunden Josef<br />

und Herbert Schnitzer. Souverän und besonnen<br />

erledigte der Chef eines Unternehmens<br />

für Schweisstechnik seine Aufgaben<br />

an der Rennstrecke. Ab 1959 mischte er<br />

mit allen erdenklichen Alfa-Typen die Szene<br />

auf. Titel am Berg und auf der Rundstrecke<br />

waren die logische Konsequenz.<br />

Mitte der 60er-Jahre holte ihn Carlo Abarth<br />

ins Werksteam, wo er ebenfalls Siege<br />

einfuhr. Dabei hatte es der Münchner nicht<br />

leicht: Erst bescherte ihm Alfa-Kollege<br />

Toni Fischhaber ein faszinierendes Dauerduell,<br />

dann folgte die Auseinandersetzung<br />

mit Abarth-Stars <strong>wie</strong> Toine Hezemans, Johannes<br />

Ortner, Erich Bitter oder Kurt Ahrens.<br />

Und schliesslich der nervige Imagekrieg<br />

mit Sepp Greger um die Nummer 1 in<br />

München. Diesen Status beanspruchte<br />

Bergkönig Greger <strong>wie</strong> selbstverständlich.<br />

«Fremde Götter», ätzt Furtmayr, «duldete<br />

der Sepp neben sich nicht.»<br />

Als schönste Zeit seiner Karriere bezeichnet<br />

Furtmayr die Jahre bei Schnitzer.<br />

Dreimal in Folge holte er mit den Autos<br />

der Freilassinger BMW-Tüftler die Berg-<br />

Europameisterschaft für Tourenwagen.<br />

Furtmayr, Ernst (MSa 13/2003)<br />

Der Alleskönner<br />

155<br />

Von Motorengenie Josef Schnitzer (verunglückte<br />

1979 auf der Autobahn tödlich)<br />

hatte Furtmayr eine besonders hohe Meinung:<br />

«Der konnte zwei Minuten vor dem<br />

Start die Haube aufreissen und die Vergaserbestückung<br />

ändern. Und er lag mit seinen<br />

Blitzideen immer richtig.»<br />

Nach 13 Jahren beendete Ernst Furtmayr<br />

1972 seine Laufbahn, um sich mit aller<br />

Kraft dem Ausbau seiner Firma zu widmen.<br />

20 Jahre später wurde er rückfällig<br />

und kehrte mit 55 noch mal zum Langstreckenpokal<br />

an den Nürburgring zurück.<br />

«Einfach so zum Spass», ergänzt er. Heute<br />

ist Furtmayr 64, kerngesund und noch<br />

immer topfit. Bis zu 250 km strampelt er<br />

pro Wochenende auf seinem Rennrad.<br />

Seine Firma läuft prima, er selbst hat<br />

allerdings einen schweren Schicksalsschlag<br />

wegstecken müssen: Seine zweite<br />

Frau starb im vorletzten Jahr an Krebs.<br />

«Jetzt bin ich halt <strong>wie</strong>der Single», sagt er<br />

traurig. «Das ist zwar nicht sehr schön,<br />

aber da muss ich durch.»<br />

Seine beiden Töchter (37, 33), der Sohn<br />

(35) und die vier Enkel haben ihm über die<br />

schlimmen Monate hinweggeholfen.<br />

«Jetzt geht’s <strong>wie</strong>der, ich häng’ mich in meine<br />

Firma rein und finde hier neue Motivation.<br />

Rumhängen und Nichtstun sind für<br />

mich noch längst kein Thema.»<br />

Alfa und Abarth: Furtmayr 1968<br />

Fitness und Firma: Furtmayr heute<br />

Abarth-Demo 1967 am Nürburgring: Furtmayr, Ahrens, Hezemans, Bitter


156<br />

Gäb, Hans Wilhelm (MSa 16/2003)<br />

Der Sportmanager<br />

ans Wilhelm Gäb war und ist für den<br />

Hdeutschen Sport ein Glücksfall. Für den<br />

Sport im Allgemeinen, für das Tischtennis<br />

im Besonderen, für den Motorsport im Speziellen.<br />

Schon früh erlag der engagierte<br />

Sportjournalist, mehrfache deutsche<br />

Tischtennis-Meister und -Nationalspieler<br />

der Faszination des Automobilrennsports.<br />

Als Reporter für «Welt», «Sport-Illustrierte»<br />

und «Düsseldorfer Mittag» besuchte er<br />

fast alle grossen Rennen und zog mit<br />

Freund und BMW-Tuner Hans-Peter Koepchen<br />

von Piste zu Piste. Ende 1968 gründete<br />

er mit ein paar Gleichgesinnten in<br />

Köln die «Deutsche Auto Zeitung» und war<br />

erster Chefredakteur des Wochenblatts mit<br />

grossem Motorsportteil.<br />

Ob später als Vorstand bei Ford, in gleicher<br />

Funktion bei Opel oder als Vizepräsident<br />

von GM Europe – Rennsport war immer<br />

ein Thema. So rettete Gäb mit dem<br />

Calibra-Marschbefehl Ende ’93 den Fortbestand<br />

der alten DTM – und besiegelte drei<br />

Jahre darauf deren Ende. In Absprache mit<br />

Alfa zog der GM-Manager den Stecker, «da<br />

die Kosten aus dem Ruder liefen und die<br />

Werke durch Ecclestone nur zur Kasse gebeten<br />

wurden. Die Bühne war nicht mehr<br />

nach unseren Vorstellungen nutzbar.»<br />

Für Gäb galt stets die Devise: «Makelloser<br />

Sportauftritt, gesundes Kosten-Nutzen-Verhältnis,<br />

Akzeptanz beim Publikum.»<br />

In diesem Sinne hat der Düsseldorfer<br />

das Opel-Sportsponsoring in Tennis,<br />

Fussball, Schwimmen und Tischtennis perfektioniert.<br />

Im Nationalen Olympischen<br />

Komitee stieg er bis ins Präsidium auf und<br />

galt sogar als Nachfolger von NOK-Chef<br />

Willi Daume.<br />

Doch die Manager-Karriere des stetigen<br />

Kämpfers für Fairness im Sport (Leitsatz:<br />

«Lerne mit Anstand zu verlieren und in Bescheidenheit<br />

zu gewinnen») war plötzlich<br />

nebensächlich, als er wegen einer schweren<br />

Lebererkrankung dem Tod ins Auge sah.<br />

Nur eine Organtransplantation rettete<br />

1994 in letzter Minute sein Leben.<br />

Heute geht es dem Träger des Bundesverdienstkreuzes<br />

<strong>wie</strong>der gut, seit ein paar<br />

Jahren ist der jetzt 67-Jährige selbstständiger<br />

Unternehmensberater (u.a. für DaimlerChrysler),<br />

gehört zum Verwaltungsbeirat<br />

des FC Bayern München, ist Vorstandsmitglied<br />

der Stiftung Deutsche Sporthilfe<br />

und Ehrenpräsident des Deutschen Tischtennis<br />

Bundes (DTB). Seinen «Halbruhestand»<br />

geniesst er mit Ehefrau Hella (seit<br />

41 Jahren verheiratet, ein Sohn, 37, eine<br />

Tochter, 35, drei Enkelkinder) im Taunusstädtchen<br />

Eppstein. Und seine Meinung<br />

zur neuen DTM? «Ich sehe gute Ansätze,<br />

aber vieles wirkt noch zu künstlich.»<br />

Journalist mit Visionen: Gäb 1969<br />

Manager mit Idealen: Gäb heute<br />

Rennexperten unter sich: Gäb, Braun, Gerhard Mitter, Karl von Wendt ’67


Gartmann, Dieter (MSa 17/2003)<br />

Der Capri-Drifter<br />

157<br />

ieter Gartmann und sein Capri 3.0 S ge-<br />

von 1978 bis 1984 zum Besten,<br />

Dhörten<br />

was der Serien-Tourenwagensport zu bieten<br />

hatte. Mit seinem Team- und Markenkollegen<br />

Helmut Döring ergab das eine fast<br />

unbezwingbare Konstellation. Die «Capri-<br />

Zwillinge» von Ford-Tuner Helmut Eichberg<br />

lieferten sich wilde Duelle und gewannen<br />

ihre Rennen fast nach Belieben.<br />

Dabei verkörperte der wohlgenährte,<br />

fast gemütlich wirkende Gartmann mit<br />

dem weissen Haupthaar noch nicht mal<br />

den Typus des durchtrainierten Sportsmanns.<br />

Doch hinterm Lenkrad wurde er<br />

zum gnadenlosen Fighter, zirkelte wüste<br />

Drifts auf die Piste und gab sich, wenn<br />

überhaupt, bestenfalls seinem Teamkollegen<br />

geschlagen.<br />

«Wenn unsere Rennen gestartet wurden,<br />

brannte die Luft», blickt der Osnabrücker<br />

fast wehmütig zurück. «Wir haben<br />

uns bekämpft bis aufs Blut und waren<br />

trotzdem dicke Freunde – so was gibt’s<br />

doch heute gar nicht mehr.» Das Capri-Duo<br />

feierte auch als Team oft genug Erfolge und<br />

holte sich 1981 den Gesamtsieg bei den<br />

24 Stunden am Nürburgring.<br />

Mit demselben Gruppe-1-Capri gewann<br />

Gartmann ein Jahr später unter tatkräftiger<br />

Mithilfe der «Ford-Kläuse» Ludwig und<br />

Niedz<strong>wie</strong>dz zum zweiten Mal. Den fast perfekten<br />

dritten Sieg vereitelte 1984 ein<br />

technischer Defekt. Nachts blieb der Capri<br />

mit stattlichen acht Runden Vorsprung<br />

einfach stehen. Als der wackere Capri-<br />

Mann 1987 den Helm «aus Alters- und Konditionsgründen»<br />

an den berühmten Nagel<br />

hängte, hatte er bei rund 250 Starts die<br />

stolze Bilanz von 130 Siegen erreicht.<br />

So oft es geht, besucht der 64-Jährige<br />

noch immer gerne die Schauplätze des aktuellen<br />

Rennsports. Den Rest verfolgt er<br />

im TV, «da gebe ich mir das volle Programm<br />

von der Formel 1 über die DTM bis zur DTC».<br />

Trotz seines schon fortgeschrittenen Alters<br />

möchte der ehemals selbstständige<br />

Installateur-Meister noch längst nicht ans<br />

Rentnerdasein denken. Mit viel Engagement<br />

leitet er in der Reha-Klinik seines<br />

Heimatorts Bad Iburg den Bereich Haustechnik.<br />

Mit Ehefrau Helga freut er sich<br />

auf den ersten Enkel, den die 32-jährige<br />

Tochter demnächst zur Welt bringt. Der<br />

Sohn (25) hat zwar schon erfolgreich Kart-<br />

Luft geschnuppert, eine Rennkarriere aber<br />

nicht weiterverfolgt.<br />

Dafür hat der Herr Papa noch einen grossen<br />

Traum: «Ein stressfreies Senioren-<br />

Team im Langstrecken-Pokal, am liebsten<br />

mit meinen alten Freunden Döring und<br />

Niedz<strong>wie</strong>dz. Da würde sich so mancher<br />

Jung-Rennfahrer noch wundern.»<br />

1979: So lachen Sieger 2003: Comeback am Ring?<br />

Dreamteam: Die Capri-Zwillinge Gartmann (l.) und Döring 1983 (Norisring)


158<br />

Glotzbach, Dieter (MSa 18/2003)<br />

<strong>Dunlop</strong>s Frontmann<br />

ieter Glotzbach war 40 Jahre lang Dun-<br />

mit Leib und See-<br />

Dlop-Reifentechniker<br />

le. Im Motorsport erlebte der Hesse an der<br />

Seite von Renndienstchef Gerhard Weber<br />

ein Highlight nach dem anderen: Die Formel-2-Zeit<br />

mit BMW, die Siegeszüge des<br />

Porsche-Werksteams, die Anfangsjahre der<br />

DRM mit Ford, BMW und privaten Porsche-<br />

Teams so<strong>wie</strong> das Debüt des Porsche 959<br />

bei der Rallye Paris–Dakar. In diese Zeit<br />

fielen Hunderte von Siegen, kaum ein Jahr<br />

ohne Titelgewinn – und jede Menge Spass<br />

obendrein.<br />

Und wenn sich nach dem Training zwei<br />

Männer auf ihre Rennräder schwangen,<br />

dann handelte es sich mit einiger Sicherheit<br />

um Glotzbach und seinen ebenso<br />

rennradverrückten Kumpel Rolf Stommelen.<br />

Die durchschnittliche «Jahresstrampelleistung»<br />

des <strong>Dunlop</strong>-Reifenexperten<br />

lag damals so bei 5000 km, heute sind es<br />

sogar deutlich mehr, «weil ich jetzt als Vorruheständler<br />

genügend Zeit dafür habe».<br />

Glotzbach ohne Rad – undenkbar. Schlimm<br />

genug, dass er mit zwei gebrochenen Lendenwirbeln<br />

drei Monate pausieren musste,<br />

weil er einen Tag nach seinem 58. Geburtstag<br />

auf dem Dach seines Hauses rumkletterte<br />

und prompt runterfiel.<br />

Von den unzähligen Einsätzen an der<br />

Rennfront mochte Glotzbach den Norisring<br />

«wegen der einzigartigen Atmosphäre»<br />

besonders gerne. Mit den Top-Piloten<br />

Stuck, Bellof, Stommelen, Schurti und<br />

Wollek verband ihn eine enge Freundschaft.<br />

«Ein Jammer», so der Hanauer,<br />

«dass drei von diesen wirklich guten Typen<br />

nicht mehr leben.»<br />

Zusammen mit Frau Heike (seit 42 Jahren<br />

verheiratet, ein Sohn, 41, eine Tochter,<br />

39, drei Enkelkinder) lebt der Sportfreak<br />

in Maintal bei Hanau und inszeniert<br />

ständig neue Aktivitäten. So war er erst<br />

kürzlich mit seinem Sohn für vier Wochen<br />

in der algerischen Wüste, um mit einem<br />

Offroader die ehemaligen Sonderprüfungen<br />

der Paris–Dakar abzufahren. Rennsport<br />

war für Glotzbach mehr als nur Job:<br />

«Ich habe das mit Leib und Seele gemacht<br />

und keine Minute bereut.» So gibt’s noch<br />

immer enge Kontakte mit den Ex-<strong>Dunlop</strong>-<br />

Kollegen Weber und Knospe, auch TV-mässig<br />

zieht er sich das ganze Programm von<br />

F1 über DTM bis Paris–Dakar rein.<br />

Damit nicht genug: Eben hat der 61-<br />

Jährige die Rennlizenz neu gemacht, weil<br />

er mit dem Porsche 904 GTS eines Freundes<br />

Oldtimer-Events fahren möchte. «Das<br />

Auto muss bewegt werden», versucht er<br />

dem Besitzer klar zu machen. «Vom Rumstehen<br />

in der Garage wird es ja nicht besser.»<br />

Wetten, er kriegt den Mann rum?<br />

Beruf und Berufung: Glotzbach ’70<br />

Unruheständler: Glotzbach heute<br />

BMW-IMSA-Projekt 1974: Dieter Glotzbach mit Neerpasch und Braungart


epp Haider hat den Rallyesport immer<br />

Sals «gelebte und erlebte Fahrfreude»<br />

empfunden. Und so präsentierte sich der<br />

Österreicher bei den WM-, EM- und DM-<br />

Läufen auch seinem Publikum: Wilde<br />

Drifts, Pistengaudi ohne Ende. Ob im Käfer,<br />

Kadett, Audi, Escort oder Peugeot –<br />

die Show war stets perfekt. Trotz der atemberaubenden<br />

Ritte fühlten sich die Copiloten<br />

an Haiders Seite immer sicher. Dies<br />

galt für Jörg Pattermann genauso <strong>wie</strong> für<br />

die Herren Hinterleitner, Wendel oder<br />

Geistdörfer. Dass sein Freund Ferdi Hinterleitner,<br />

mit dem er 1989 für Opel den DM-<br />

Titel und zuvor sogar einen WM-Lauf in<br />

Neuseeland gewann, ausgerechnet als<br />

Fussgänger in Wien tödlich verunglückte,<br />

hat ihn tief schockiert. Erst Christian<br />

Geistdörfer gelang es, Haider aus dem psychologischen<br />

Tief herauszuholen und neu<br />

zu motivieren. Die beiden kehrten alsbald<br />

auf die Siegerstrasse zurück.<br />

Der Hotelier aus Saalbach brachte die<br />

unmöglichsten Sachen fertig. So prügelte<br />

er bei seiner Rundstrecken-Premiere 1986<br />

in Wunstorf einen 190er-Mercedes zur Verblüffung<br />

altgedienter DTM-Profis an die<br />

Spitze des Feldes. «So quer hab’ ich noch<br />

nie ein DTM-Auto um die Ecken fliegen sehen»,<br />

gab Rover-Pilot Kurt Thiim damals<br />

konsterniert zu Protokoll. Der Däne war es<br />

Haider, Sepp (MSa 22/2003)<br />

Der Driftkönig<br />

159<br />

auch, der die Haider-Show mit einem unbeabsichtigten<br />

Nahkampf-Rempler vorzeitig<br />

stoppte. Gegen Ende seiner Karriere<br />

animierte Haider 1997 Peugeot zu einem<br />

Engagement in Österreich und wurde mit<br />

dem 306 Kit-Car prompt erneut Meister.<br />

Obwohl er seit 1999 nicht mehr angetreten<br />

ist, schliesst er eine Rückkehr auf die<br />

Schotterpiste nicht aus: «Kann jederzeit<br />

passieren – am liebsten mit einem Hecktriebler.<br />

Damit kann man so schön quer<br />

fahren.»<br />

Gleichzeitig aber fände er es «sehr beunruhigend,<br />

wenn meine Söhne Rallyes<br />

fahren wollten». Die vier Buben (22, 14,<br />

6, 4) schenkten ihm drei verschiedene Damen,<br />

von denen der Spassvogel «momentan<br />

aber keine heiraten» will. Der 49-jährige<br />

lebt jetzt in Zell am See, das Hotel in<br />

Saalbach führt sein jüngerer Bruder Wolfgang.<br />

Seit sechs Jahren arbeitet er als Instruktor<br />

im «Audi Driving Experience<br />

Team». Regelmässig trifft er noch die alten<br />

Opel-Spezis Röhrl, Kleint und Berger,<br />

ansonsten spielt er Golf (Handicap 4),<br />

läuft Ski, radelt auf seinem Mountainbike<br />

oder geht Surfen.<br />

Eines will der Haider Sepp unbedingt<br />

noch loswerden: «Ich bin sehr traurig über<br />

den Niedergang des Rallyesports in Österreich<br />

und Deutschland. Wirklich schade.»<br />

Frontmann bei Opel: Haider 1989 Fahrlehrer bei Audi: Haider 2003<br />

Die Lust am Querfahren: Haider/Hinterleitner 1989 im Opel Kadett GSi


160<br />

eidi Hetzer – ein Name, der zugleich<br />

HProgramm ist: «Seit 40 Jahren hetze<br />

ich durch die Welt», meldet die Berliner<br />

Powerfrau, «und ich bin glücklich dabei.»<br />

Ihre Liebe ist der Rallyesport, den sie fast<br />

drei Jahrzehnte vorzugsweise mit der ganzen<br />

Opel-Palette der 60er-, 70er- und<br />

80er-Jahre (Kadett, Ascona, Manta, Omega,<br />

Calibra) höchst erfolgreich betrieben<br />

hat. Neun Starts bei der Tour d’Europe, jede<br />

Menge nationale und internationale Rallyes,<br />

hin und <strong>wie</strong>der auch mal ein Rennen<br />

– <strong>wie</strong> etwa jenes auf der Avus mit einem<br />

V8-Opel-Diplomat-Vorführwagen aus dem<br />

väterlichen Autosalon. Dabei ist die Ur-<br />

Berliner Kodderschnauze und Chefin eines<br />

der grössten Opel/GM-Autohäuser nie um<br />

Titel und Pokale gefahren und hasste Damenwertungen<br />

<strong>wie</strong> die Pest.<br />

Sie hat in ihrem Sport so ziemlich alles<br />

erreicht und viel erlebt: Tolle Erfolge,<br />

schmerzliche Niederlagen, heftigste<br />

Crashs. Eine zertrümmerte Kniescheibe erinnert<br />

sie noch heute an die übelsten Einschläge<br />

– Frontalknall in der Türkei, 80-<br />

Meter-Sturz in einen guatemaltekischen<br />

Abgrund, Überschlag in Spanien. Die gelernte<br />

Kfz-Mechanikerin war nie zimperlich,<br />

immer hart im Nehmen und schraubt<br />

noch heute mit Begeisterung selbst an ihren<br />

Oldtimern. Davon hat sie jede Menge:<br />

Hetzer, Heidi (MSa 24/2003)<br />

Berlins PS-Lady<br />

23 wertvolle Einzelstücke vom Opel-Doktorwagen<br />

(1909) über den Hispano Suiza<br />

(1921) bis zur 57er-Chevy Corvette. «Ohne<br />

meine Autos», sagt die Frau mit Benzin im<br />

Blut, «fühle ich mich amputiert.»<br />

Auch beruflich gibt Heidi Hetzer mächtig<br />

Gas. Pro Jahr verkaufen ihre Berliner<br />

Filialen rund 1200 Neuwagen (Opel, Chevrolet,<br />

Cadillac) und 1000 Gebrauchte. 130<br />

Mitarbeiter stehen stramm, wenn die quirlige<br />

Madame Vollgas (Motto: «Geht nicht<br />

gibt’s nicht») nach dem Rechten sieht.<br />

Trotz des zeitraubenden Jobs findet sie<br />

noch Platz für ihre Hobbys: Oldtimer-<br />

Events, Tauchen, Skilaufen. «Ich würde<br />

gerne noch viele mehr verrückte Sachen<br />

machen, wenn ich nur Zeit dazu hätte.»<br />

Ihrem Mann, einem Amerikaner, gab sie<br />

nach 24-jähriger Ehe 1990 genervt den<br />

Laufpass, «weil er nur Golf spielen und<br />

nicht im Geschäft mithelfen wollte». Umso<br />

engagierter zeigt sich Tochter Marla (34)<br />

im Betrieb, während Sohn Dyllen (31)<br />

Techniker mit Leib und Seele ist.<br />

Am 20. Juni feiert Heidi Hetzer ihren<br />

66. Geburtstag, aber ein Ende der Hetzjagd<br />

ist nicht abzusehen. Schon reifen<br />

neue Pläne: «Ich will die Carrera Panamericana<br />

bestreiten und mit dem Auto nach<br />

Peking fahren so<strong>wie</strong> einmal die Welt umrunden.<br />

Und zwar in dieser Reihenfolge.»<br />

1975: Spass bei Rallyes Heute: Spass mit Oldtimern<br />

Grosse Sprünge: Hetzer mit Kadett GS/E in der Rallye-EM der 70er-Jahre


Heuser, Charlotte (MSa 39/2003)<br />

Treue Toyota-Seele<br />

harlotte Heuser gehört zu den rekord-<br />

Rallye-Copilotinnen. Fast<br />

Cverdächtigen<br />

30 Jahre lang nahm sie auf dem heissen<br />

Sitz Platz, startete erst an der Seite ihres<br />

Gatten, später bevorzugt mit Oda Denker,<br />

Heidi Hetzer oder Heide Utz bei DM-, EMund<br />

WM-Läufen, bei der Tour d’Europe und<br />

in der südafrikanischen Meisterschaft. Als<br />

1975 ihre Ehe zerbrach, zog sie von Wiesbaden<br />

nach Köln und fand bei Toyota<br />

Deutschland eine neue berufliche Heimat.<br />

Das damals noch junge Unternehmen<br />

wurde für das Organisationstalent Charlotte<br />

Heuser zur grossen Herausforderung. Als<br />

Frau der ersten Stunde half sie Pressechef<br />

Adolf Hüngsberg, dessen Assistentin Jutta<br />

Sein und PR-Dame Marion Bell (heutige<br />

Ehefrau von TTE-Boss Ove Andersson)<br />

beim Aufbau der hauseigenen Sportabteilung,<br />

hob den Starlet-Cup als ersten Markenpokal<br />

im Rallyesport mit aus der Taufe<br />

und betreute Toyotas zunächst bescheidene<br />

Aktivitäten in der Rallye-DM. Wenn<br />

mal ein Copilot fehlte, sprang sie freudig<br />

ein, und wenn keiner fürs Serviceauto da<br />

war, übernahm sie auch diesen Job.<br />

Der Sport lief bei ihr allerdings nur nebenbei<br />

als «Berufshobby». Ihre eigentliche<br />

Tagesarbeit bestand in der Verwaltung<br />

von Toyotas Testwagen-Fuhrpark. Der umfasste<br />

in guten Zeiten bis zu 140 Autos.<br />

161<br />

Als die flotte Charlotte nach 25 Toyota-Jahren<br />

1990 in den Vorruhestand ging,<br />

verloren die «Kölschen Japaner» eine ihrer<br />

treuesten Mitarbeiterinnen. «Sie war<br />

Toyotas gute Seele», erinnert sich MSa-<br />

Rallye-Experte Rolf F. Nieborg. «Immer ansprechbar,<br />

immer hilfsbereit und niemals<br />

übellaunig.»<br />

Heute lebt Charlotte Heuser (67) als<br />

Single in Frechen bei Köln. Ihren Ruhestand<br />

nutzt sie zu zahlreichen Sportaktivitäten,<br />

darunter Mountainbiking, Segeln,<br />

Schwimmen und Wandern. Die Mutter von<br />

zwei Söhnen (48, 43) und einer Tochter<br />

(44) ist fest davon überzeugt, «dass Bewegung<br />

gerade im Alter wichtiger ist als<br />

alles andere». Übrigens freut sie sich auch<br />

noch über sieben Enkelkinder im Alter zwischen<br />

1 und 18 Jahren.<br />

Ihren geliebten Motorsport hat sie keineswegs<br />

aus den Augen verloren. Als Copilotin<br />

von Heidi Hetzer startet sie noch<br />

oft bei historischen Rallyes, und einmal im<br />

Monat trifft sie sich zum Stammtisch mit<br />

der alten Kölner Rallye-Zunft. Damit es ihr<br />

nicht langweilig wird, plant sie als nächstes<br />

eine Reise nach Südamerika und Australien.<br />

Und dann ist da noch was: «Ich<br />

träume davon, mit einem Boot um die Welt<br />

zu segeln. Wenn ich das auch noch hinkriege,<br />

bin ich glücklich.»<br />

Frühe Toyota-Jahre: Heuser 1976<br />

Sportlicher Single: Heuser heute<br />

Jenseits von Afrika: Denker/Heuser 1970 bei einer Rallye in Südafrika


162<br />

Kling, Alfred (MSa 27/2003)<br />

Der DKW-Schwabe<br />

lfred Kling aus dem schwäbischen<br />

ASchömberg zählte zum Kreis der<br />

grossen Tourenwagen-Akteure der 50erund<br />

60er-Jahre. Der Kfz-Meister und Hotelier<br />

gehörte zur berühmten «Pforzheim-<br />

Connection», die mit Kurt Geiss, Fred Katz<br />

und Roger Schweickert vor allem bei den<br />

diversen Bergrennen kräftig abräumte.<br />

Kling, der seine Rennwurzeln im Motorradsport<br />

hatte, galt mit seinen selbst vorbereiteten<br />

DKW F11, F12 und 1000 S als<br />

versiertester und schnellster Mann innerhalb<br />

des Pforzheimer Quartetts. Zwei Bergund<br />

ein Rallye-Titel so<strong>wie</strong> weit über 100<br />

Siege dokumentieren seine Extraklasse.<br />

Bis auf ein kurzes Gastspiel im Mercedes-Werksteam<br />

vertraute Kling hauptsächlich<br />

auf die Ingolstädter Marke DKW.<br />

«Meine selbst gemachten Motoren», stellt<br />

der Zweitaktspezialist klar, «waren oftmals<br />

schneller als die vom Werk.»<br />

Der ehemalige Porsche-Rennleiter Peter<br />

Falk, seit den 50er-Jahren einer von Klings<br />

engsten Freunden, hatte seinerzeit mitgeholfen,<br />

dem Klingschen DKW Beine zu<br />

machen: «Der Alfred war ein ebenso guter<br />

Techniker <strong>wie</strong> Rennfahrer», erinnert sich<br />

Falk. «Wir sind oft als Team bei Rallyes angetreten.»<br />

Der Porsche-Mann macht auch<br />

keinen Hehl daraus, «dass ich dem Alfred<br />

Kling beruflich sehr viel zu verdanken<br />

habe». Der Stuttgarter Eberhard Mahle als<br />

einer der Spitzenpiloten aus der Kling-Ära<br />

spart ebenfalls nicht mit Lob: «Er war<br />

immer ein strammer Konkurrent im Titelkampf,<br />

vor allem aber ein gemütlicher und<br />

überaus fairer Zeitgenosse, der niemals auf<br />

die Idee gekommen wäre, gegen einen<br />

Konkurrenten zu protestieren.»<br />

Der einstige DKW-Star Alfred Kling ist<br />

mittlerweile beinahe 78 Jahre alt und lebt<br />

unverändert in seinem Heimatdorf Schömberg.<br />

Gegenwärtig erholt er sich noch von<br />

den Folgen eines vor zwei Jahren erlittenen<br />

Schlaganfalls. Seine Gemahlin Lotte,<br />

die seit 50 Jahren unerschütterlich an<br />

seiner Seite ist, so<strong>wie</strong> die ältere der beiden<br />

Kling-Töchter führen das 60-Betten-Familienhotel<br />

«Krone». Der Genesungsprozess<br />

des Hausherrn macht so gute Fortschritte,<br />

dass er schon <strong>wie</strong>der im Hotel mithelfen<br />

und seinem grossen Steckenpferd, der<br />

Kleinwild-Jagd im Gemeinderevier, nachgehen<br />

kann.<br />

Auch den traditionellen «Stuttgarter<br />

Motorsportstammtisch» steuert er nach<br />

<strong>wie</strong> vor gerne an, um seine alten Weggefährten<br />

zu treffen. Besonders stolz ist<br />

der Altmeister auf seine sportiven Töchter<br />

Karin und Susanne, die als Damenteam<br />

schon so manchen Rallyepokal mit nach<br />

Hause gebracht haben.<br />

Karriere im DKW: Kling 1967<br />

Hotelier und Jäger: Kling heute<br />

Eingespieltes Duo: Kling (r.) und Falk im DKW 1000 S vor der Monte 1959


Koch, Gerhard (MSa 15/2003)<br />

Flotter Spediteur<br />

erhard Koch ist einer der klassischen<br />

GVertreter jener Porsche-Carrera-Clique,<br />

die in den 60er-Jahren die Siege im GT-<br />

Sport unter sich aufteilte. Im wilden Carrera-Club<br />

um Herbert Linge, Paul-Ernst<br />

Strähle, Ben Pon, Udo Schütz oder Gijs van<br />

Lennep fühlte sich der Juniorchef einer<br />

Neusser Grossspedition so richtig wohl. Jeder<br />

schlug jeden, man focht hochdramatische<br />

Kämpfe untereinander und gegen die<br />

Ferrari 250 GTO und Abarth 2000 aus.<br />

Dabei hat speziell die Zeit mit dem eleganten,<br />

lang gestreckten Abarth-Carrera<br />

ihren Platz in der Historie des Grand-Tourismo-Sports.<br />

Der baumlange Koch hatte<br />

stets seine liebe Not, seine 1,94 Meter im<br />

Cockpit des ultraflachen Abarth-Carrera<br />

zusammenzufalten. Was ihn nicht daran<br />

hinderte, 1962 den Titel im deutschen GT-<br />

Rundstrecken-Championat einzufahren.<br />

Weil der coole Rheinländer als sichere<br />

Bank für Siege galt, holte ihn Porsche für<br />

vier Jahre ins Werksteam, wo er Bekanntschaft<br />

machte mit dem 904 GTS, dem Carrera<br />

6 und dem offenen 908. Als wertvollsten<br />

Erfolg bezeichnet er den zusammen<br />

mit Toni Fischhaber im 904 GTS erkämpften<br />

zweiten Platz in Le Mans. Am Ende seiner<br />

11-jährigen Erfolgslaufbahn standen<br />

für Koch rund 150 Siege aus 450 Rennen<br />

zu Buche. Der Abschied von der Rennerei<br />

163<br />

ergab sich notgedrungen, als sein Vater<br />

plötzlich starb: «Ich musste die Verantwortung<br />

für die Spedition und 500 Lkw<br />

übernehmen – da kann man sich nicht<br />

mehr unbelastet in ein Rennauto setzen.»<br />

Mit Frau Marie-Luise, die er 1962 am Tag<br />

seines Titelgewinns auf der Solitude kennen<br />

lernte, lebt der 67-Jährige heute in<br />

Remscheid. Die Tochter (33) ist Tierärztin,<br />

der Sohn (31) Unternehmensberater. Die<br />

Spedition hat Koch vor zehn Jahren verkauft,<br />

nachdem eine Krebserkrankung andere<br />

Prioritäten erzwang. Trotz acht Operationen<br />

und unsäglicher Leidenszeit über<br />

viele Jahre hat er die Krankheit mit eisernem<br />

Willen und Disziplin besiegt.<br />

Die permanente Angst vor einem Rückfall<br />

verdrängt er jeden Tag aufs Neue. «Mir<br />

geht’s <strong>wie</strong>der gut, ich geniesse mein zweites<br />

Leben und pflege mein Hobby.» Das ist<br />

die Hochwild-Jagd im eigenen Revier bei<br />

Bitburg so<strong>wie</strong> der sonntägliche Jägerstammtisch.<br />

Alle zwei Jahre gönnt er sich<br />

einen Ausflug zur Grosswildjagd nach Afrika.<br />

Leerlauf gibt es für ihn aber auch zwischen<br />

den Jagdausflügen nicht: «Seit meine<br />

Frau von ihrem Vater zwei VW-Betriebe,<br />

ein Audi- und ein Skoda-Zentrum in<br />

Remscheid übernommen hat, helfe ich ein<br />

bisschen mit. Denn nur Faulenzen ist auch<br />

nicht mein Ding.»<br />

Die Gegner besiegt: Koch 1966<br />

Den Krebs besiegt: Koch heute<br />

Goldene 60er-Jahre: Gerhard Koch im Porsche 908 auf dem Norisring


164<br />

illy König liess die Herzen deutscher<br />

WFerrari-Fans in den 60er-Jahren höher<br />

schlagen. Nachdem der Münchner Verlagskaufmann<br />

zuvor schon mit einem Borgward<br />

Isabella TS Berge und Flugplätze unsicher<br />

gemacht hatte, gab es im Ferrari 250<br />

GT kein Halten mehr: Im bildschönen Berlinetta-Coupé<br />

stürmte der Bayer derart<br />

flott über die Bergkurse, dass der Konkurrenz<br />

nur noch Resignation blieb. Selbst der<br />

legendäre Berg-Papst Sepp Greger und sein<br />

fast unschlagbarer Porsche Carrera wurden<br />

vom Lokalrivalen gnadenlos verblasen –<br />

und das ausgerechnet auf Gregers Hausstrecke<br />

am Gaisberg. Dort verpasste ihm<br />

König satte zehn Sekunden. Krönung des<br />

Rekordjahres 1962 war für den Mann im<br />

silbergrauen Ferrari der Gewinn des deutschen<br />

GT-Bergtitels. Nach vielen weiteren<br />

erfolgreichen Auftritten zog er sich 1968<br />

vom aktiven Sport zurück, um sich seinen<br />

Geschäften zu widmen.<br />

Fast 20 Jahre später kam es zum Rücktritt<br />

vom Rücktritt. Mit beinahe 50 Jahren<br />

klemmte sich der inzwischen etablierte<br />

Autoveredler und -Tuner <strong>wie</strong>der hinters<br />

Lenkrad, um sich mit schweren Kalibern<br />

<strong>wie</strong> etwa Porsche 962, Porsche 935 Turbo<br />

oder BMW M1 auszutoben. Nach neuer Siegesserie<br />

folgte im Oktober 1990 der<br />

Schock: Bei einer Testfahrt auf dem alten<br />

König, Willy (MSa 37/2003)<br />

Der Überflieger<br />

Österreichring bekam sein Porsche 935 K3<br />

am Sprunghügel vor der Rindt-Kurve Unterluft.<br />

Das 800-PS-Geschoss stieg mit gut<br />

250 km/h auf, rasierte im Vorbeiflug in<br />

acht Metern Höhe ein TV-Stahlgerüst ab<br />

und überschlug sich dann mehrmals.<br />

«Wäre nicht zufällig ein Arzt vor Ort gewesen,<br />

hätte ich den grausamen Crash<br />

nicht überlebt.» Eine Notoperation an Ort<br />

und Stelle rettete ihn, an die zehn weitere<br />

Eingriffe folgten im Laufe der Jahre.<br />

Noch heute leidet König an den Spätfolgen<br />

seiner Brüche und Verletzungen,<br />

darunter ein Bauchvenenriss und eine perforierte<br />

Lunge durch eingedrungene Rippen.<br />

«Aber es geht mir <strong>wie</strong>der ganz gut»,<br />

vermeldet der mittlerweile 65-Jährige. Zusammen<br />

mit seiner Frau Rosi (seit 1966 an<br />

seiner Seite) und den Söhnen Walter (36)<br />

und Oliver (32) teilt er sich die Führung<br />

des Verlags- und Tuning-Betriebs.<br />

Von der Rennerei hat König nun endgültig<br />

genug, aber PS-starke Sportwagen<br />

bleiben dennoch seine heimliche Liebe.<br />

Das gilt übrigens auch für seine Heimat<br />

Bayern: «Ich bin fest verwurzelter Münchner<br />

mit Leib und Seele. Hier möchte ich<br />

den Rest meines hoffentlich noch langen<br />

Lebens verbringen. Bayern ist viel schöner<br />

als Malta oder Mallorca.» So spricht<br />

eben ein wahrer Patriot.<br />

Ferrari-Fan: Willy König 1962<br />

Bayern-Fan: Willy König heute<br />

Da verzweifelte sogar Greger: König ’68 im Ferrari 275 am Schauinsland


Konrad, Anton (MSa 06/2003)<br />

Der Vau-Mann<br />

165<br />

nton Konrad geht bei jenen, die ihn<br />

Anicht näher kennen, rein optisch leicht<br />

als Finanzbeamter oder Buchhalter durch.<br />

Doch dieser Eindruck trügt gewaltig. Der<br />

Mann hat dem internationalen Motorsport<br />

mit der Rennwagenklasse «Formel V» eine<br />

Art Massenbewegung beschert. Als Generalsekretär<br />

des in München stationierten<br />

und von Volkswagen gestützten Verbandes<br />

«Formel V Europa» lenkte der gelernte<br />

Journalist die VW-Monopostoklasse mit<br />

strammem Management in ebenso geordnetes<br />

<strong>wie</strong> professionelles Fahrwasser. Zwischen<br />

1968 und 1972 machte er aus der<br />

FV 1300 einen weltweiten Markenartikel<br />

und bereitete parallel dazu die Vermarktung<br />

und Einführung der Formel Super V<br />

1600 vor.<br />

«Das war eine irre Zeit», schwärmt Konrad<br />

mit glänzenden Augen, «der Umgang<br />

mit den jungen Wilden <strong>wie</strong> Rosberg, Marko,<br />

Lauda oder Pankl war faszinierend und<br />

aufregend zugleich. Mit denen habe ich so<br />

irre Sachen erlebt – das glaubt mir heute<br />

kein Mensch mehr.» Zwischendurch zwängte<br />

sich der Macher und Manager selbst ins<br />

FV-Cockpit, startete sogar mal neben Lauda<br />

in Hockenheim aus der ersten Reihe und<br />

galt als kompetenter Racer.<br />

Das änderte sich auch nicht, als ihn VW<br />

1972 nach Wolfsburg berief, um erst die Leitung<br />

der Motorpresse und später die Konzern-Kommunikation<br />

zu übernehmen.<br />

Highlight seiner rennsportlichen Ausflüge<br />

war 1976 der Gewinn des Europatitels für<br />

Serien-Tourenwagen gemeinsam mit Audi-<br />

Ingenieur Hans Nowak in einem Audi 80 GT.<br />

Heute lebt der inzwischen 65-jährige<br />

Konrad, seit 37 Jahren verheiratet mit Ehefrau<br />

Bettina (zwei Töchter, zwei Enkel), als<br />

selbstständiger Industrie-PR-Berater in<br />

Hamburg. Einer seiner wichtigsten und besten<br />

Kunden ist ZF-Sachs. Der Job für den<br />

Stossdämpfer- und Kupplungs-Spezialisten<br />

hat die Verbindung zur Rennszene <strong>wie</strong>der<br />

vertieft. Mit wachem Geist und scharfem<br />

Blick beobachtet und analysiert er das aktuelle<br />

Geschehen.<br />

So ist ihm auch nicht entgangen, «dass<br />

die neue Formel VW zwar technisch top ist,<br />

aber Rennverläufe und Atmosphäre nur ein<br />

müder Abklatsch der 70er-Jahre sind».<br />

Wann immer er zum Ring kommt, gönnt er<br />

sich im Leihwagen eine flotte Nordschleifen-Runde,<br />

«weil das einfach sein muss».<br />

Genauso <strong>wie</strong> seine Hobbys Golf (Handicap<br />

24), Fahrrad fahren und Joggen.<br />

Deshalb fühlt er sich auch topfit und<br />

denkt vorerst nicht ans Aufhören: «Solange<br />

ich in 50 Minuten um die Alster joggen<br />

kann, kann ich auch guten Gewissens noch<br />

arbeiten.»<br />

PR-Macher bei VW: Konrad 1972<br />

Berater bei Sachs: Konrad heute<br />

Flotter Formel-V-Racer: Konrad 1969 im Austro V 1300 in Hockenheim


166<br />

Linzen, Peter (MSa 20/2003)<br />

Rallye-Botschafter<br />

eter Linzen <strong>wie</strong>s 15 Jahre lang seinen<br />

PPiloten als professioneller Beifahrer<br />

den rechten Weg auf Europas Rallyepfaden.<br />

Mit fester Stimme dirigierte der stämmige<br />

Autoverkäufer (Porsche und Mercedes-Lkw)<br />

Topleute <strong>wie</strong> Gerd Raschig, Walter<br />

Schewe oder Reinhard Hainbach routiniert<br />

und trickreich auf Erfolgskurs. Ob<br />

BMW, Irmscher-Opel, Porsche 911 oder<br />

Ford Escort RS – wo Linzen drin sass, waren<br />

Sieg- und Titelchancen meist intakt.<br />

Als Höhepunkte seiner Copiloten-Karriere<br />

gelten der Gewinn der Deutschen Rallye-Meisterschaft<br />

’78 mit Hainbach und<br />

der Gesamtsieg bei der Hunsrück-Rallye<br />

ebenfalls mit Hainbach über einen Grossteil<br />

der damaligen Weltelite. Und natürlich<br />

die sensationelle Vorstellung bei der RAC-<br />

Rallye mit Schewe im Porsche 911. Allerdings<br />

gab’s auch einen Tiefpunkt: «Wenn<br />

du in zehn DM-Läufen zehn Mal mit Technik-Defekt<br />

ausfällst», erinnert sich Linzen<br />

an eine Katastrophensaison mit Gerd Raschig<br />

im 6er-BMW, «ist das wirklich nicht<br />

mehr zum Lachen.»<br />

Dabei waren es gerade der Spass, die<br />

gute Laune und die kernigen Sprüche, mit<br />

denen Linzen seine Mitbewerber oft genug<br />

verunsicherte. «Das gehörte bei ihm zur<br />

psychologischen Kriegsführung», wissen<br />

einstige Gegner, denen die derben Auftritte<br />

des Osnabrückers noch gut im Gedächtnis<br />

sind. Mit der stolzen Bilanz von rund<br />

100 Siegen aus etwa 400 Starts beendete<br />

Linzen 1978 seine aktive Laufbahn. «Die<br />

Luft war einfach raus, neue Herausforderungen<br />

haben gefehlt.»<br />

Die gab es alsbald bei der ONS (heute<br />

DMSB): Linzen wurde als Fahrervertreter in<br />

die Sportkommission berufen, reiste noch<br />

bis 1998 als Rallye-Observer und Sportkommissar<br />

zu DM-, EM- und WM-Läufen<br />

und führte den deutschen Rallyesport auch<br />

durch sch<strong>wie</strong>rige Zeiten. «Vor allem die Zusammenarbeit<br />

mit dem damaligen ONS-Geschäftsführer<br />

Siggi von Kahlen war ebenso<br />

angenehm <strong>wie</strong> konstruktiv.»<br />

Mittlerweile ist Linzen 58 Jahre alt, lebt<br />

mit Ehefrau Margret und den Kindern (ein<br />

16-jähriger Sohn, eine 11-jährige Tochter)<br />

als Vorruheständler in seiner Heimatstadt<br />

Osnabrück. Gesundheitlich ist bis auf eine<br />

Diabetes fast alles im grünen Bereich.<br />

Geblieben ist natürlich die Liebe zum<br />

Rallyesport. So geht’s noch immer einmal<br />

pro Jahr zur Monte, die restlichen WM- und<br />

DM-Rallyes verfolgt er im Fernsehen.<br />

«Schade nur, dass man so wenig Kontakt<br />

mit den alten Weggefährten hat», beklagt<br />

Linzen. Wir empfehlen den Besuch des<br />

nächsten «Klassentreffens» am 6. Dezember<br />

in Essen.<br />

Trickreicher Copilot: Linzen 1977 Noch immer Rallye-Fan: Linzen ’03<br />

Über Stock und Stein: Das Erfolgsduo Hainbach/Linzen 1977 im Escort RS


urt Lotterschmid ist ein Prachtexemp-<br />

aus der Abteilung «bayerischer Dick-<br />

Klar<br />

schädel». Hatte sich im Kopf des ehrgeizigen<br />

Kfz-Meisters und Konstrukteurs aus<br />

Kolbermoor bei Rosenheim eine Idee festgesetzt,<br />

zog er sie auch gnadenlos durch.<br />

Das war schon so, als er in der Formel-V-<br />

Blütezeit Ende der 60er-Jahre als Nobody<br />

gegen vermeintlich unschlagbare Superstars<br />

antrat – und gewann. Weder am Berg<br />

noch auf Rundstrecke konnten die Etablierten<br />

vor ihm sicher sein. Das blieb auch<br />

so, als er später mit der LOTEC-BMW-Eigenkonstruktion<br />

Sportwagenrennen bestritt<br />

und zwei Interserie-Titel einfuhr. Einer<br />

seiner wichtigsten Förderer und Sponsoren<br />

war der heutige ADAC-Sportpräsident<br />

Hermann Tomczyk (HERTO-Schuhe).<br />

Sogar in der Topliga Rennsportmeisterschaft<br />

setzte sich Lotterschmid als Gewinner<br />

der Subwertung «Gruppe C Junior»<br />

durch. Seine DRM-Auftritte nutzte der Gerechtigkeitsfanatiker<br />

auch dazu, gegenüber<br />

einem namhaften Porsche-Team seine<br />

Vorstellung von der Einhaltung geltender<br />

Reglements durchzusetzen. «Ich lass’<br />

mich von denen nicht verarschen», polterte<br />

der Bayer damals und zog das Protestverfahren<br />

über sämtliche Instanzen durch.<br />

Das beklagte Porsche-Team wurde<br />

schliesslich neben einer Geldstrafe von<br />

Lotterschmid, Kurt (MSa 35/2003)<br />

Der Dickschädel<br />

167<br />

10 000 Mark zu einer Sperre verdonnert.<br />

Noch 20 Jahre später erinnert sich Lotterschmid<br />

mit Schaudern: «Ich wurde anonym<br />

mit Mord bedroht und habe monatelang<br />

nur mit dem Revolver unterm Kopfkissen<br />

geschlafen.»<br />

Solche Ängste muss der 62-Jährige<br />

längst nicht mehr ausstehen. Seine LOTEC<br />

GmbH hat sich als Spezial-Unternehmen<br />

für Karosserieumbauten und Sonderkonstruktionen<br />

einen Namen gemacht. Unter<br />

der weltweiten Kundschaft befindet sich<br />

auch Scheich Al Maktoum in Dubai, dem<br />

LOTEC einen 5,6-Liter-Mercedes V8 mit<br />

zwei Turbos und 850 PS lieferte. Das ehrgeizigste<br />

LOTEC-Projekt aber ist der «Sirius».<br />

Eckdaten des Mittelmotor-Sportwagens:<br />

Knapp 1000 PS, 6-Liter-V12-Doppelturbo,<br />

400 km/h, ca. 850 000 Euro. Geplant<br />

ist eine Kleinserie von fünf Autos.<br />

«Ich gebe erst Ruhe, wenn der Sirius rollt<br />

und seine Kundschaft gefunden hat.»<br />

Damit haben sich wohl auch Frau Renate<br />

(seit 1985 an seiner Seite), die zwei<br />

Töchter (16, 11) und der Sohn (18) abgefunden.<br />

Im Alter von 60 Jahren hat Lotterschmid<br />

übrigens das Kartfahren entdeckt,<br />

mit einem Schaltkart macht er Inund<br />

Outdoor-Bahnen unsicher. Das Kartfieber<br />

grassiert sogar im Urlaub: «Wohnwagen<br />

am Gardasee, Kart nebenan.»<br />

Kampf ums Recht: Lotterschmid ’82 Kampf um Kunden: Lotterschmid ’03<br />

Titel bei den «Kleinen»: Lotterschmids Lotec-C-Junior in der DRM 1982


168<br />

Lyding, Wilhelm (MSa 41/2003)<br />

Macher & Mentor<br />

ilhelm Lyding muss zum kleinen Kreis<br />

Wjener Männer gezählt werden, die im<br />

deutschen Motorsport wirklich grosse Dinge<br />

bewegt haben. So gelangen dem früheren<br />

ADAC-Sportchef, ONS-Präsidenten und<br />

FIA-Vize Projekte <strong>wie</strong> etwa die Realisierung<br />

der ONS-Formel-3-Nachwuchsförderung<br />

(mit Michael Schumacher, Jörg Müller<br />

und Heinz-Harald Frentzen), die Etablierung<br />

des Supertourenwagen-Cups<br />

(STW) oder die Rückkehr der Formel 1 zum<br />

Nürburgring.<br />

Kontakt zur Basis und Praxisnähe bestimmten<br />

das Handeln des ADAC-Mannes,<br />

der in seiner Jugendzeit als Motorrad- und<br />

Automobilsportler selbst jahrelang aktiv<br />

und erfolgreich war. Immerhin reichte es<br />

zum Klassensieg bei der Rallye Monte Carlo<br />

und zu achtbaren Resultaten bei anderen<br />

Rallyes und Rennen.<br />

1997 hat Lyding, ausgezeichnet mit<br />

dem Bundesverdienstkreuz 1. Klasse und<br />

dem Bayerischen Verdienstorden, alle Ämter<br />

aus Altersgründen niedergelegt. «Man<br />

muss auch loslassen und Platz für Jüngere<br />

machen können», begründet der heute<br />

fast 75-Jährige. Aber auch als Pensionär<br />

beschäftigt sich Lyding noch hobbymässig<br />

mit seinem Lieblingsthema Nachwuchsförderung.<br />

So gelang es ihm, die<br />

«ADAC Stiftung Sport» als finanziell gut<br />

ausgestattetes neues Instrument für die<br />

Förderung von talentierten Motorrad- und<br />

Automobilsportlern erfolgreich auf den<br />

Weg zu bringen.<br />

Zusammen mit Ehefrau Irmelin (die beiden<br />

sind seit beinahe 50 Jahren verheiratet<br />

und haben drei Töchter, 47, 46, 38)<br />

lebt Lyding gesund und putzmunter in<br />

Puchheim bei München. Sein Verlagsbüro<br />

hat er verkauft. An Langeweile oder gar<br />

Vereinsamung leidet der einstmals mächtigste<br />

Mann des deutschen Motorsports<br />

jetzt aber keineswegs. So erscheint er hin<br />

und <strong>wie</strong>der persönlich an den Rennpisten,<br />

«um mich über den Leistungsstand des<br />

deutschen Nachwuchses zu informieren».<br />

Zusätzlich gönnt er sich pro Jahr mindestens<br />

einen Formel-1-GP und einen DTM-<br />

Lauf live vor Ort. Der grosse Rest findet zu<br />

Hause vorm Fernsehgerät statt, darunter<br />

regelmässig die Rallye- und Motorrad-WM.<br />

Und wenn ihm dann noch immer freie<br />

Zeit bleibt, kümmert er sich um seine<br />

selbstgezogenen Bonsai-Bäumchen oder<br />

schreibt an weiteren Kapiteln für sein geplantes<br />

Buch (Arbeitstitel: «Die Geschichte<br />

des deutschen Motorsports nach dem 2.<br />

Weltkrieg»). Lydings grösster Wunsch für<br />

die Zukunft: «Dass möglichst bald ein neuer<br />

Schumacher oder Waldmann aus der<br />

ADAC-Sport-Stiftung hervorgehen möge.»<br />

Aktiver und Förderer: Lyding 1960<br />

Bonsaipflanzer: Lyding heute<br />

Praxistest: Lyding im Opel Commodore bei der Rallye Monte Carlo 1976


Motorsport im ADAC<br />

Für Rennprofis<br />

eine gute Tradition<br />

Seit Generationen vertrauen Rennprofis<br />

dem ADAC. Und sind damit am Ring<br />

immer sehr gut gefahren.<br />

www.adac.de/motorsport<br />

e-mail: motorsport@adac.de


170<br />

lfred Noell war und ist auch mit fast 70<br />

Anoch Filmemacher aus Leidenschaft.<br />

Schon in den frühen 60er-Jahren brach er<br />

als Chef der TV-Produktionsfirma «Cine Relation»<br />

im Januar regelmässig zur Rallye<br />

Monte Carlo auf, um als Kameramann und<br />

Reporter in Personalunion von den Glanztaten<br />

der Herren Aaltonen, Hopkirk, Carlsson<br />

& Co. zu berichten.<br />

Bei seinen «Drehs» suchte er stets das<br />

maximal Machbare. So liess sich «Ali», <strong>wie</strong><br />

ihn seine Freunde noch heute nennen, öfter<br />

auf der Motorhaube eines Begleitautos<br />

festzurren, um besonders eindrucksvolle<br />

Drifts einzufangen. Hunderte von Beiträgen<br />

über die Monte, die Safari und andere<br />

Motorsport-Grossereignisse hat der Kölner<br />

im Laufe der Jahre bei seinem Haussender<br />

WDR und den ARD-Paradesendungen<br />

Tagesschau und Sportschau platziert.<br />

Parallel zu seinen leidenschaftlichen<br />

Sport-Reportagen entwickelte der umtriebige<br />

TV-Mann den Dauerbrenner «Der 7.<br />

Sinn». Die ARD-Sendereihe mit nützlichen<br />

Tipps für den Verkehrsalltag ist seit 1966<br />

bundesweit mehr als 1400 Mal ausgestrahlt<br />

worden. Seit 36 Jahren läuft Folge<br />

für Folge mit dem gleichen Team: Alfred<br />

Noell als Regisseur und Autor, Egon Hoegen<br />

als die Stimme aus dem Off. Weitere<br />

TV-Formate (unter anderem auch im ZDF)<br />

Noell, Alfred (MSa 04/2003)<br />

Alis 7. Sinn<br />

mit Schwerpunkt Verkehrssicherheit kamen<br />

im Laufe der Jahre hinzu. Honoriert<br />

wurden die Produktionen des Rheinländers<br />

mit über 50 Auszeichnungen, darunter das<br />

Bundesverdienstkreuz, acht Christophorus-Preise<br />

und die Graf-Berghe-von-Trips-<br />

Medaille.<br />

Heute residiert Alfred Noell mit seinem<br />

Unternehmen «Cine Relation» und Lebensgefährtin<br />

Angela Recino (die zugleich<br />

auch als CR-Geschäftsführerin agiert) in<br />

Bergisch Gladbach. «Ein berufliches<br />

Ende», vermeldet der kerngesunde Fast-<br />

Siebziger, «ist für mich nicht absehbar.»<br />

Will heissen: Weiter 7. Sinn, weiter soziales<br />

Engagement für den von ihm gegründeten<br />

Verein HVK (Hilfe für das verkehrsgeschädigte<br />

Kind), weiter Beiträge über<br />

Oldtimer-Events.<br />

Ohnehin zählt die historische Szene zu<br />

seinen Hobbys; ein Fiat Dino Coupé und<br />

ein Mercedes 280 SL wollen in Schuss gehalten<br />

und bewegt werden. Noch heute<br />

pflegt er freundschaftliche Kontakte zu<br />

Hans Herrmann, Rauno Aaltonen und den<br />

alten Kölner Ford-Seilschaften. Für den<br />

Fall, dass es doch mal eine Art Ruhestand<br />

geben sollte, schwebt ihm Konkretes vor:<br />

«Eine Weinplantage in Südafrika oder den<br />

USA mit Anbau eines guten Tropfens – am<br />

besten weiss und trocken.»<br />

Rallye-Freak: Ali Noell anno 1970<br />

Noell heute: Für den 7. Sinn geehrt<br />

Noell-Weggefährte und -Freund: Rauno Aaltonen 1971 am Col de Turini


Oebels, Hubert (MSa 45/2003)<br />

Trips-Weggefährte<br />

ubert Oebels hat ein ebenso aufregen-<br />

<strong>wie</strong> vielseitiges Motorsportleben<br />

Hdes<br />

hinter sich. Der heute 80-Jährige aus Düren<br />

erlebte die 50er- und 60er-Jahre als<br />

erfolgreicher Rennfahrer (Porsche, Borgward,<br />

Volvo, BMW), kurbelte als erster Importeur<br />

das Geschäft mit Rennkarts in<br />

Nordrhein-Westfalen an, war einer der<br />

engsten Wegbegleiter von Wolfgang Graf<br />

Berghe von Trips, gehörte zu den Gründungsmitgliedern<br />

der berühmten «Scuderia<br />

Colonia» und leitete 22 Jahre lang den<br />

Valvoline-Renndienst. Diesen Job erledigte<br />

der rüstige Rennsport-Freak bis zu seinem<br />

75. Lebensjahr, bevor er sich endgültig<br />

in den Ruhestand verabschiedete.<br />

Als ehemaliger Präsident und Ehrenpräsident<br />

des von seinem Freund Trips initiierten<br />

SC-Colonia-Rennfahrerclubs pflegt<br />

er noch immer den Mythos des Renngrafen<br />

in Gestalt des Rennsport-Museums<br />

«Villa Trips» auf Burg Hemmersbach in Kerpen-Horrem.<br />

Oebels gilt als einer der Letzten,<br />

mit denen Trips noch kurz vor dem<br />

verhängnisvollen Grossen Preis von Italien<br />

in Monza am 10. September 1961 gesprochen<br />

hat. Bei der Kollision mit Jim<br />

Clark in der Startrunde kamen neben dem<br />

WM-Leader 13 Zuschauer ums Leben. Aus<br />

den gemeinsamen Jahren besitzt der Trips-<br />

Freund neben zahlreichen Fotos auch noch<br />

171<br />

mehr als 3000 Meter Super-8-Filmmaterial,<br />

das von Experten als besonders wertvoll<br />

und exklusiv eingeschätzt wird.<br />

Durch sein Engagement bei Valvoline<br />

wurde der stets froh gelaunte Rheinländer<br />

speziell im Breitensport zu einer festen<br />

Grösse und zum kompetenten Ansprechpartner<br />

im Fahrerlager. «Vor allem die Formel-Ford-Zeit<br />

mit den vielen jungen Talenten<br />

der 80er-Jahre gehören zu meinen<br />

schönsten Erinnerungen», schwärmt der<br />

ehemalige Valvoline-Mann. «Aber auch mit<br />

meiner übrigen Kundschaft hatte ich viel<br />

Freude und Spass.»<br />

Deshalb macht er sich auch heute noch<br />

hin und auf zum Nürburgring oder nach<br />

Zolder, um Rennluft zu schnuppern und mit<br />

alten Weggefährten zu plaudern. Überdies<br />

startet Oebels öfter mal bei Oldtimer-Rallyes<br />

im Porsche Speedster seines Freundes<br />

Eberhard Hess. Nach <strong>wie</strong> vor lebt «Hubsi»<br />

mit seiner Frau Irmgard (eine Tochter, 37,<br />

ein Enkel, 6) in seiner Heimatstadt Düren<br />

und will dort uralt werden.<br />

An diesem Vorhaben sollen ihn auch<br />

eine Herzoperation mit drei Bypässen so<strong>wie</strong><br />

ein Herzschrittmacher nicht hindern.<br />

«Ich habe das neueste US-Modell, besonders<br />

gross und besonders stark. Und ausserdem:<br />

Mein Grossvater wurde 106, meine<br />

Grossmutter 102, meine Mutter 100.»<br />

Des Grafen Begleiter: Oebels 1960<br />

Wird hoffentlich auch 100: Oebels<br />

Früheres Oebels-Reich im Fahrerlager: Servicebus und Sieger-Oldtimer


172<br />

Pauli, Peter (MSa 14/2003)<br />

Ring-Zeitnehmer<br />

eter Pauli arbeitete stets nach dem<br />

PGrundsatz: «Ein guter Zeitnehmer sieht<br />

weder Freund noch Feind, sondern nur<br />

Startnummer und Zeit.» Dieses Motto absoluter<br />

Neutralität und Unbestechlichkeit<br />

begleitete ihn 50 Jahre lang bei mehr als<br />

1000 Einsätzen. 1948 trat er erstmals als<br />

Aushilfsrechner im Zeitnahmeteam des<br />

Dieburger Dreiecksrennens an, 1998 beim<br />

historischen 750-Meilen-Rennen auf dem<br />

Nürburgring hatte er den letzten Einsatz.<br />

Speziell die Eifelrennstrecke vor den Toren<br />

seiner Heimatstadt Bonn hatte es ihm<br />

angetan, hier absolvierte er die meisten<br />

Einsätze, hier wurde er vorrangig für den<br />

ADAC Nordrhein zum unverzichtbaren Partner.<br />

Pauli hat die zuerst schleppende, dann<br />

fast stürmische Entwicklung der Zeiterfassung<br />

im Rennsport in jeder Phase miterlebt<br />

– von der simplen Stoppuhr bis zur<br />

computergesteuerten Zeitmessung via<br />

Transponder.<br />

Als Elektronik und Computer in der Zeiterfassung<br />

noch Fremdwörter waren, tat<br />

sich Pauli bereits mit innovativen Ideen<br />

als Spezialist für das Errechnen von Durchschnittsgeschwindigkeiten<br />

hervor. Als Berühmtheit<br />

gilt sein ein Meter langer Rechenschieber,<br />

mit Hilfe dessen er die Stundenmittel<br />

der Rundenzeiten bis auf eine<br />

Stelle hinter dem Komma ermittelte. Und<br />

das Nachkontrollieren von Hand liess er<br />

sich selbst in den Jahren mit modernstem<br />

Equipment nie nehmen («Elektronik ist<br />

gut, Kontrolle noch besser»). Wo andere<br />

Kollegen reklamierenden Teamchefs<br />

barsch die Tür <strong>wie</strong>sen, nahm sich Pauli Zeit<br />

und Ruhe, um der Beschwerde nachzugehen.<br />

«Denn auch Computer», realisierte er<br />

völlig frei von Arroganz und Selbstherrlichkeit,<br />

«werden von Menschen gefüttert<br />

– und die machen gelegentlich Fehler.»<br />

Im Dezember feierte Peter Pauli seinen<br />

80. Geburtstag. Zusammen mit seiner Frau<br />

Hannelore (45 Jahre verheiratet, keine<br />

Kinder) lebt der ehemalige Ring-Zeitnehmer<br />

in einer gemütlichen Penthouse-Wohnung<br />

am Bonner Markt mit Blick auf das<br />

historische Rathaus und das tägliche Treiben<br />

der örtlichen Obst- und Gemüsehändler.<br />

Frische Ware und günstige Angebote<br />

erspäht er von seinem Balkon aus. «Ich<br />

hab’s hier wirklich gut und geniesse mein<br />

Zuhause in vollen Zügen.»<br />

Auf grössere Reisen muss er allerdings<br />

inzwischen verzichten, weil ihm eine alte<br />

Kriegsverletzung und Knochenprobleme zu<br />

schaffen machen. Trotzdem ist er mit sich<br />

und der Welt zufrieden: «Jeden Tag ein<br />

bisschen frische Luft schnappen, gut essen<br />

gehen und gelegentlich Skat spielen –<br />

was will man mehr.»<br />

Zeitnehmer am Ring: Pauli 1975<br />

Pensionär in Bonn: Pauli heute<br />

Ein bissl Spass muss sein: Paulis «blinde» Zeitnehmertruppe ’87 am Ring


omingos Piedade betreute zwischen<br />

D1970 und 1990 hochkarätige Rennprofis,<br />

vorzugsweise aus Südamerika. Stars<br />

<strong>wie</strong> Emerson Fittipaldi oder Ayrton Senna<br />

gehörten zu den Klienten des smarten<br />

Portugiesen, der in Köln residierte und als<br />

Fan von Rolf Stommelen 1965 zur Rennerei<br />

kam. Geschick und Sachverstand zeichneten<br />

seine Arbeit aus. Bald machten sich<br />

auch europäische Piloten und Teams <strong>wie</strong><br />

Walter Röhrl, Willi Kauhsen, Hans Heyer,<br />

Reinhold Joest, Pedro Lamy oder Michele<br />

Alboreto die Qualitäten und Verbindungen<br />

des Super-Managers zunutze. Piedade, der<br />

sechs Sprachen plus Kölsch fliessend<br />

spricht und als Endzwanziger aussah <strong>wie</strong><br />

ein Zwillingsbruder des früheren saudischen<br />

Ölministers Scheich Ahmed Jamani,<br />

denkt besonders gerne an die unbeschwerten<br />

Kölner Jahre zurück. «Mit Fittipaldi,<br />

Stommelen und Co. gab es Spass ohne<br />

Ende. Was wir da alles aufgeführt haben,<br />

glaubt uns heute so<strong>wie</strong>so kein Mensch<br />

mehr.» Obwohl er mit dem Management<br />

seiner Piloten und Teams eigentlich schon<br />

restlos ausgelastet war, schaffte es Multi-<br />

Talent Domingos auch noch, für den portugiesischen<br />

TV-Sender RTP regelmässig<br />

die Formel 1 zu kommentieren.<br />

Gegen Ende der 80er-Jahre ergab sich<br />

durch Heyer ein Kontakt zu AMG. «Ich kam<br />

Piedade, Domingos (MSa 52/2003)<br />

Multi-Manager<br />

173<br />

als Kunde zu Hans Werner Aufrecht und<br />

ging als Angestellter.» Der AMG-Chef<br />

engagierte den graduierten Wirtschafts-<br />

Ingenieur für die Ressorts Marketing und<br />

Verkauf. Piedade, im Auftritt stets adrett<br />

und weltmännisch, passte zur Edelmarke<br />

AMG <strong>wie</strong> die Faust aufs Auge. Und als sich<br />

1999 die Umwandlung von AMG in eine<br />

hundertprozentige Mercedes-Tochter vollzog,<br />

wurde Piedade zu einem von drei Geschäftsführern<br />

berufen. Der Job forderte<br />

allerdings seinen Preis – für den geliebten<br />

Rennsport blieb immer weniger Zeit. Trotzdem<br />

hat er noch zwei grosse Ziele: «Ich<br />

möchte die DTM und die Rallye-WM nach<br />

Portugal zurückbringen.» Wer den Mann<br />

kennt, weiss, dass es ihm damit ernst ist.<br />

Seit 1988 ist Piedade in zweiter Ehe mit<br />

der portugiesischen TV-Moderatorin und<br />

Psychologin Ana-Paula verheiratet. Sie<br />

schenkte ihm zwei Söhne (14, 12). Die<br />

Söhne aus erster Ehe haben sich bereits zu<br />

erfolgreichen Managern hochgearbeitet:<br />

Marc (32), zur Zeit der alten DTM Logistik-<br />

Chef im Team Joest, führt zusammen mit<br />

einem Partner eine Entertainment-Agentur<br />

in Lissabon, Guido (29) ist Assistent<br />

im F1-Team von BAR-Chef David Richards.<br />

Weitere Piedades sind schon unterwegs –<br />

demnächst erwartet «Opa Domingos» die<br />

Ankunft der Enkel Nr. 3 und 4.<br />

Portugiese in Köln: Piedade 1973<br />

Direktor bei AMG: Piedade heute<br />

Kurz vor der Tragödie in Imola: Ayrton Senna und Piedade im Frühjahr 1994


174<br />

en Pon, korrekter Vorname Bernardus-<br />

BMarinus, war schon zu seiner grossen<br />

Zeit als Porsche-Sportwagen- und -GT-Pilot<br />

zwischen 1959 und 1969 ein Genussmensch.<br />

Dass aus seiner Vorliebe für gutes<br />

Essen und feine Weine einmal eines der<br />

grössten Weingüter Kaliforniens mit angeschlossenem<br />

First-Class-Hotelbetrieb und<br />

mehrfach preisgekröntem Feinschmecker-<br />

Restaurant werden würde, konnte damals<br />

freilich niemand ahnen.<br />

Zumal der niederländische VW- und Porsche-Generalimporteur<br />

aus Amersfoort eigentlich<br />

nur für den Rennsport zu leben<br />

schien. Seine Welt waren die Cockpits von<br />

Porsche 911, Abarth-Carrera, Carrera 6,<br />

904 GTS und Carrera 10, in denen er von<br />

Sieg zu Sieg driftete. Der Begründer des<br />

«Dutch Racing Teams», Förderer Gijs van<br />

Lenneps und vieler anderer niederländischer<br />

Jungtalente, fuhr wild und quer,<br />

hielt nichts von Fitness, ass und trank, was<br />

ihm gerade schmeckte. Und trotzdem präsentierte<br />

sich der kleine, wohlgenährte<br />

und lebensfrohe Mann stets in Topform.<br />

Wenn es bei ihm freilich mal krachte,<br />

dann gleich richtig. So überschlug er sich<br />

bei seinem ersten und einzigen Formel-1-<br />

Einsatz 1962 in Zandvoort im Porsche der<br />

Ecurie Maarsbergen nach nur zwei Runden<br />

und verwandelte nebenbei, <strong>wie</strong> sich Pon<br />

Pon, Ben (MSa 01-03/2003)<br />

Der Weinkönig<br />

grinsend erinnert, «auch ein paar 904 GTS<br />

und Carrera 10 zu Totalschäden». Als sein<br />

Vater starb und der Junior den VW- und<br />

Porsche-Betrieb übernehmen musste, besann<br />

er sich seiner Verantwortung und beendete<br />

1969 seine Rennfahrer-Karriere.<br />

Der heute 66-Jährige hat sein Leben<br />

längst neu geordnet, das Auto-Geschäft<br />

verkauft und sich im kalifornischen Carmel<br />

Valley einen persönlichen Traum erfüllt.<br />

Sein Hotel «Bernadus Lodge» (57 Zimmer<br />

und Suiten, Preise von 245 bis 1800 Dollar<br />

pro Nacht) gehört zu den besten und<br />

teuersten Adressen der Westküste, das integrierte<br />

«Marinus Restaurant» ist mehrfach<br />

preisgekrönt, und sein Weingut «Bernardus<br />

Winery and Vineyard» produziert<br />

pro Jahr rund 600 000 Flaschen Chardonnay,<br />

Sauvignon Blanc und Pinot Noir.<br />

Trotzdem hat Pon auch noch Zeit zum Golfen<br />

(Handicap 5) oder für die Grosswildjagd<br />

in Afrika.<br />

Zwar versäumt der bekennende Nürburgring-Fan<br />

noch heute kein F1-Rennen<br />

am TV, aber bis auf seinen alten Freund<br />

van Lennep gibt es kaum noch Kontakte<br />

zu den ehemaligen Porsche-Weggefährten.<br />

Ben Pon ist seit 40 Jahren verheiratet, die<br />

Ehe blieb aber kinderlos. Der Edel-Gastronom<br />

sieht’s pragmatisch: «Keine Kinder,<br />

kein Ärger.»<br />

Porsche und Partys: Ben Pon 1965 Wein und Wohlstand: Pon 2003<br />

Solitude 1965: Die Porsche-904-Meute mit Pon, Schütz und Stommelen


Rosche, Paul (MSa 32/2003)<br />

Der Nocken-Paule<br />

175<br />

aul Rosche war als oberster BMW-Mo-<br />

eine Art Galionsfigur – ohne<br />

Ptorenmann<br />

ihn ging bei den Weiss-Blauen nichts. Der<br />

gemütlich wirkende Mann mit ausgeprägter<br />

Vorliebe für Weissbier und bayerische<br />

Lebensart gilt als Architekt des gesamten<br />

BMW-Motorsports und als Personifizierung<br />

des Münchner F1-Engagements. Jede seiner<br />

Kreationen wurde zum Hit – egal ob<br />

im 700er oder in den 2-Liter-Tourenwagen,<br />

im legendären CSL Coupé, M1 oder M3, im<br />

F2-March oder im F1-Brabham.<br />

Aber nicht alles, was «Nocken-Paule»<br />

und seine ihm treu ergebenen Männer konstruierten<br />

und initiierten, hatte offiziellen<br />

Segen der Vorstandsetage. So mussten<br />

neue Projekte oft genug auf eigene Faust<br />

vorangetrieben werden, die Untergrundarbeit<br />

wurde sogar zur einer Art Rosche-Spezialität:<br />

«Wir wurden so oft dazu gezwungen,<br />

dass wir im Laufe der Zeit eine gewisse<br />

Routine entwickelt haben», erinnert<br />

sich der PS-Guru grinsend vor allem an die<br />

70er- und frühen 80er-Jahre.<br />

Die Situation besserte sich erst, als er<br />

in BMW-Marketing-Mann Karl-Heinz Kalbfell<br />

einen dauerhaften Verbündeten fand.<br />

Unermüdlich schoben sie neue Ideen an,<br />

so auch den erfolgreichen neuen F1-V10-<br />

Motor. Ende 1999 wurde Rosche in den Ruhestand<br />

verabschiedet. Als absolute Highlights<br />

seiner fast 40 BMW-Jahre gelten der<br />

Formel-1-WM-Titel 1983 mit dem bärenstarken<br />

Turbo, der 2-Liter-4-Zylinder-F2-<br />

Motor (129 Rennsiege, 6 EM-Titel) und der<br />

6-Liter-V12-Sauger mit zwei Le Mans-Erfolgen<br />

(1995, ’99).<br />

Rosche, inzwischen 69, ist BMW nach<br />

<strong>wie</strong> vor als Berater verbunden und flüchtet<br />

mit Vorliebe in seine «Dienstvilla»,<br />

wenn Gattin Hildegard (fast 40 Jahre verheiratet;<br />

Tochter Susanne, 32, arbeitet bei<br />

BMW im Marketing), ihn zur Haus- und Gartenarbeit<br />

verpflichten will. Oder er schiebt<br />

wichtige Oldtimer-Events vor, <strong>wie</strong> Mille Miglia,<br />

Silvretta- oder Ennstal-Classic. Natürlich<br />

verfolgt er alle F1-GP und freut sich<br />

über jeden Sieg der BMW-Truppe. Vor Ort<br />

ist er selten, «weil man sich da ohne Job<br />

so komisch vorkommt». Da fühlt er sich im<br />

Biergarten bei Weissbier und Brotzeit viel<br />

wohler. Auch gesundheitlich geht’s ihm<br />

gut – «bis auf das übliche Alterszwicken».<br />

Wer mehr über «Nocken-Paule» wissen<br />

möchte, kann sich auf eine demnächst in<br />

der Buchreihe «BMW Portraits» erscheinende<br />

Biographie freuen. Das Werk erscheint<br />

unter dem Titel «Ein genialer Motoreningenieur<br />

– Geschichten zur Geschichte»,<br />

160 Seiten, 29,90 Euro, Autor:<br />

Kalli Hufstadt, Herausgeber: BMW Mobile<br />

Tradition.<br />

BMW-Erfolgsgarant: Rosche 1982 Flucht vor Hausarbeit: Rosche ’03<br />

Einer von Rosches grössten Würfen: Weltmeister-Turbo 1983 mit Piquet


176<br />

Ruch, Gerd (MSa 19/2003)<br />

Mustang-Reiter<br />

erd Ruch und sein feuerspeiender Ford<br />

GMustang – für Fans und Freaks waren<br />

sie eines der grossen Highlights der alten<br />

DTM. Und die gelegentlichen Auftritte von<br />

Bruder Jürgen in einem zweiten Mustang<br />

verstärkten den Sympathie-Effekt noch<br />

zusätzlich. Gerd, von der Statur her genauso<br />

bullig <strong>wie</strong> sein 550-PS-Bolide, avancierte<br />

trotz aller Superstars zum Publikumsliebling,<br />

weil er als Underdog eine tolle<br />

Show lieferte. Genau dieses Sympathie-<br />

Element, meinen eingefleischte Edelfans,<br />

würde auch der neuen DTM ganz gut tun.<br />

Der Mustang-Reiter bestätigt das: «Noch<br />

immer kriege ich jede Menge Fanpost, die<br />

Leute wollen, dass ich zurückkomme.»<br />

Diesbezüglich macht er keine Hoffnung:<br />

«Ich hatte eine unvergesslich schöne DTM-<br />

Zeit, dabei soll’s bleiben.»<br />

Jede Zielankunft seiner 89 Starts mit<br />

dem US-Exoten wurde damals lautstark bejubelt.<br />

Und als er 1995 seine letzte Saison<br />

in einem AMG-Mercedes bestritt, waren<br />

die Fans teilweise richtig sauer und bezichtigten<br />

ihn des Verrats an der Mustang-<br />

DTM-Tradition. Zum Thema Nordschleife<br />

gesteht der gewiss nicht zimperliche Berliner<br />

übrigens offen: «Nach dem ersten<br />

Lauf hatte ich nur noch nackte Angst. Um<br />

nicht zum zweiten Durchgang antreten zu<br />

müssen, habe ich einen Defekt vorgetäuscht.<br />

Der Mustang war dort absolut unfahrbar.»<br />

101 Starts, vier Punkte und jede<br />

Menge tolle Erinnerungen – Ruchs persönliche<br />

Bilanz aus acht DTM-Jahren.<br />

Mit dem Gewinn der BPR-Trophy im Porsche<br />

911 GT2 zog der Berliner Ende 1996<br />

unter das Kapitel Rennsport einen Schlussstrich.<br />

Seine neuen Hobbys sind die Fliegerei<br />

und Golf. So oft <strong>wie</strong> möglich geht der<br />

49-jährige Lockenkopf mit seiner Cessna<br />

210 in die Luft. «Solange ich mir das leisten<br />

kann, werde ich die genialen Ausblicke<br />

geniessen», schwärmt Ruch, dessen<br />

Heizungsbau-Betrieb ebenso unter der Rezession<br />

leidet <strong>wie</strong> andere Unternehmen.<br />

«Gerade bei uns in Berlin ist die Geschäftslage<br />

nicht berauschend, Aufträge werden<br />

zögerlich vergeben, alle wollen sparen.»<br />

Nur selten lässt er sich an den Rennstrecken<br />

sehen, versäumt aber keine DTM-<br />

Übertragung im Fernsehen. Sein Eindruck<br />

von der neuen DTM: «Am Anfang war’s echt<br />

ätzend, aber langsam wird’s besser.» Gelegentlich<br />

telefoniert er noch mit seinem<br />

DEKRA-Kumpel Sigi Berner, ansonsten gibt<br />

es keine Kontakte mehr zur alten DTM-<br />

Truppe. Lebensmittelpunkte sind für Gerd<br />

mehr denn je seine Lebensgefährtin Petra,<br />

seine 19-jährige Tochter und sein Flugzeug.<br />

«Ich vermisse nichts, bin gesund,<br />

und mir geht’s gut.»<br />

Publikumsliebling: Gerd Ruch 1993<br />

Nur Fliegen ist schöner: Ruch heute<br />

Wenn er kam, wackelte die Bude: Gerd Ruch 1993 in seinem V8-Mustang


an Schoppe – ein Kerl <strong>wie</strong> ein Baum,<br />

Ustrotzend vor Kraft, topfit <strong>wie</strong> ein Leistungssportler<br />

und unverschämt gesund.<br />

Man schätzt ihn auf höchstens 55, tatsächlich<br />

ist er 62. Fitness und Sport sind<br />

für ihn unverzichtbare Lebensinhalte. Harald<br />

Grohs kann ein Lied davon singen, was<br />

es heisst, mit Schoppe Sport zu treiben.<br />

«Als ich Harald in den 70er-Jahren kennen<br />

lernte», erinnert sich das Kraftpaket, «hatte<br />

das Bürschchen konditionell nichts<br />

drauf. Wir haben dann gemeinsam ein hartes<br />

Programm durchgezogen.» Und Grohs,<br />

der anfangs oft kraftlos aus dem BMW-<br />

Cockpit torkelte, ist dem Fitnessfreak noch<br />

heute dankbar. «Der hat mich ganz schön<br />

rangenommen, aber ohne seine Schleiferei<br />

wäre ich als Rennprofi wahrscheinlich<br />

gescheitert. Das war verdammt hart, aber<br />

was fürs Leben.»<br />

Urban Schoppe ist nicht nur stolz auf<br />

seinen Schützling Grohs, sondern auch darauf,<br />

zu den frühen Mitbegründern der Essener<br />

Motorsportkultur gehört zu haben.<br />

Zusammen mit Gleichgesinnten <strong>wie</strong> Rüdiger<br />

Faltz, Otto Lux, Friedhelm Slowik, Dieter<br />

Fröhlich, Fritz Striewisch oder Horst<br />

und Ursula von Gundlach verschaffte er zu<br />

Beginn der 60er-Jahre dem Rallye- und<br />

Rennsport in der Messestadt Akzeptanz<br />

und Medieninteresse. Bei den Lehrgängen<br />

Schoppe, Urban (MSa 46/2003)<br />

Das Kraftpaket<br />

177<br />

der Scuderia Hanseat lernte Schoppe alles<br />

über Kurventechnik und Ideallinie – sein<br />

Instruktor war damals der rennfahrende<br />

ZDF-Mann Rainer Günzler. Schon bald steuerte<br />

der Essener im Porsche S90 seinen ersten<br />

Titelgewinn an – den «ONS Pokal für<br />

GT-Wagen 1962», eine Kombination aus<br />

Rallyes, Slaloms und Rennen. Mit Carrera<br />

2, 911 und BMW 1800 TI folgten weitere<br />

siegreiche Jahre. Aber auch die schmerzhafte<br />

Seite lernte der Erfolgsverwöhnte<br />

kennen: Bei einem Mega-Unfall auf der<br />

Nordschleife, ausgelöst durch Radverlust,<br />

erlitt er einen Schädelbasisbruch und verlor<br />

linksseitig das Gehör. «Aber das Ohr»,<br />

feixt Schoppe, «ist noch da.»<br />

Heute fordert der Karosseriebau- und<br />

Lackierbetrieb des Junggesellen (dreimal<br />

verheiratet, keine Kinder) mit 16 Mitarbeitern<br />

alle Kraft und Konzentration. Die<br />

knappe Freizeit ist für sportliche Aktivitäten<br />

reserviert: Golf (Handicap 13), verschärftes<br />

Skilaufen, Rennrad, Joggen, Fitnessstudio.<br />

Auch der Kontakt mit der Essener<br />

Rennclique funktioniert noch prächtig.<br />

Und wenn sein Freund Wolfgang Schöller<br />

im Vorfeld der Motorshow Hilfe braucht,<br />

ist Schoppe zur Stelle und unterzieht die<br />

Fun-Cars einer Schnell-Restaurierung, die<br />

in verrostetem oder beschädigtem Zustand<br />

angeliefert wurden.<br />

Porsche und Pokale: Schoppe 1965<br />

Firma und Fitness: Schoppe heute<br />

Flugplatz Achum 1965: Schoppe (Abarth Carrera) in Linges Windschatten


178<br />

Schornstein, Dieter (MSa 29/2003)<br />

Der Markentreue<br />

ieter Schornstein gehörte zu den Spät-<br />

im Rennsport. Erst mit 35 be-<br />

Dstartern<br />

gann der Aachener im Porsche Carrera die<br />

ersten Erfolge einzufahren. Seine bevorzugten<br />

Spielplätze waren die Sportwagen-<br />

WM so<strong>wie</strong> die Deutsche Rennsportmeisterschaft<br />

(DRM). In den zehn Jahren seiner<br />

Privatfahrerlaufbahn blieb er dabei stets<br />

seiner Lieblingsmarke Porsche treu – dem<br />

Carrera folgten der 935 Turbo in allen Variationen<br />

und der 956. «Ausser Porsche»,<br />

versichert er stolz, «habe ich nie ein anderes<br />

Rennauto angerührt.»<br />

Als Partner und Sponsor für sein Team<br />

konnte er die Aachener VEGLA-Glaswerke<br />

begeistern. Während er selber sich immer<br />

als Amateur verstand, waren Vollprofis als<br />

Verstärkung stets willkommen. Gastpiloten<br />

<strong>wie</strong> Walter Röhrl, Harald Grohs oder<br />

Volkert Merl sorgten gemeinsam mit dem<br />

Chef für bemerkenswerte Erfolge. Als Highlight<br />

in der Geschichte des «VEGLA-Team<br />

Schornstein» gilt der DRM-Titel ’82 durch<br />

Bob Wollek im Porsche 936. Mit Reinhold<br />

Joest, auf dessen technischen Beistand<br />

Schornstein oft und gerne setzte, teilte er<br />

sich in der Langstrecken-WM 1983 das<br />

Cockpit eines 956.<br />

Insgesamt sieben Mal startete Schornstein<br />

in Le Mans – die Anreise dorthin dauerte<br />

übrigens mal ganze fünf Tage, weil er<br />

und Freund Wollek die Strecke ab Aachen<br />

zusammen auf Rennrädern zurücklegten.<br />

«Aber nur one way, zurück war uns das<br />

Auto dann doch lieber.»<br />

Mammuttouren auf dem Rennrad unternimmt<br />

der inzwischen 63-Jährige zwar<br />

noch immer («jedes Jahr im Sommer einmal<br />

mit Freunden von Aachen nach Tirol<br />

und zurück»), aber ansonsten geniesst er<br />

zusammen mit Lebensgefährtin Helga seit<br />

zwei Jahren die Vorzüge eines sorgenfreien<br />

Rentnerlebens. Im Winter Skifahren in<br />

Österreich, im Frühjahr und Herbst Faulenzen<br />

auf Mallorca, im Sommer Natur pur auf<br />

dem Landsitz in Niederforsbach bei Aachen.<br />

Auf dem grosszügigen Grundstück<br />

tummeln sich Gänse, Hühner, Schafe, Ziegen<br />

und sonstiges Kleingetier. Die Leitung<br />

seines Betriebs für Metallbau-Konstruktionstechnik<br />

hat er 2001 an seinen 33-jährigen<br />

Sohn übergeben: «Ich habe mein Leben<br />

lang hart gearbeitet und nie richtig<br />

Urlaub gemacht. Es war einfach an der Zeit,<br />

mehr Wert auf Lebensqualität zu legen.»<br />

Dabei achtet er weiterhin auf Fitness<br />

und Gesundheit, ist ständig in Bewegung,<br />

spielt Fussball bei den Senioren von Alemania<br />

Aachen und neuerdings auch noch<br />

Golf. Stolz vermeldet er: «Mein Kampfgewicht<br />

beträgt immer noch 69 Kilo – <strong>wie</strong> zu<br />

besten Porsche-Zeiten.»<br />

Flotter Radler: Schornstein 1979<br />

Flotter Rentner: Schornstein heute<br />

DRM Hockenheim 1982: Schornstein im farbenfrohen Joest-Porsche 935


Seegers, Heinz (MSa 10/2003)<br />

Der scharfe Hund<br />

einz Seegers sorgte 40 Jahre lang als<br />

HTechnischer Kommissar bei Rallyes und<br />

Rennen für die buchstabengetreue Einhaltung<br />

der Regelwerke – und nicht selten<br />

auch für Wirbel und Endlos-Diskussionen.<br />

Vor allem die Rallye-Zunft bekam regelmässig<br />

Bauchweh, wenn der ehemalige<br />

Marine-Offizier die Technische Abnahme<br />

leitete. Da blieben auch schon mal Autos<br />

einfach stehen, weil man sich über Detailfragen<br />

nicht einig werden konnte.<br />

Der kleine Mann (Markenzeichen:<br />

stramme Haltung, militanter Auftritt) liess<br />

sich auch von grossen Namen nicht einschüchtern.<br />

Dabei biss er sich gerne an<br />

Kleinigkeiten fest und trieb die Betroffenen<br />

mitunter bis an den Rand der Verzweiflung.<br />

Galten bei den Rallyes vorzugsweise<br />

Art und Anbringung von Zusatzlampen<br />

als sein Lieblingsthema, fahndete er bei<br />

Rundstreckenrennen mit Vorliebe nach<br />

strittigen Distanzscheiben und sonstigen<br />

Grauzonen.<br />

Gelegentlich gipfelte der Zorn auf den<br />

gestrengen Diplom-Ingenieur gar in wüsten<br />

Drohungen. «Wenn ich Sie mal auf der<br />

Strasse finde», liess ihn etwa die wütende<br />

Frau eines Wettbewerbers wissen,<br />

«dann überfahre ich Sie, ohne mit der Wimper<br />

zu zucken.» Aber das hielt den Hüter<br />

korrekter Technik keineswegs davon ab,<br />

179<br />

seinen strengen Kurs unverdrossen beizubehalten.<br />

«Der Mann war schon ein scharfer<br />

Hund und trieb uns oft bis zum Wahnsinn»,<br />

erinnert sich Rallye-Profi Peter Linzen<br />

an hochdramatische Abnahme-Szenen,<br />

«aber er lag meistens richtig. Wer<br />

pampig wurde, hatte ganz schlechte Karten.<br />

Mit Diplomatie und Höflichkeit kam<br />

man mit ihm noch am besten zurecht.»<br />

Der mittlerweile fast 78-Jährige erfreut<br />

sich bester Gesundheit, treibt regelmässig<br />

Sport und geht oft zum Segeln. Mit Ehefrau<br />

Gisela (40 Jahre verheiratet, der 38-<br />

jährige Sohn hat eine eigene Zahnklinik)<br />

lebt Seegers in Hannover. Offiziell als Pensionär,<br />

tatsächlich jedoch noch genauso<br />

umtriebig <strong>wie</strong> eh und je. Gleich nach seiner<br />

Pensionierung 1990 eröffnete er ein<br />

Ingenieurbüro, wurde Industrie-Berater,<br />

half dem ADAC als TK der Formel-BMW-Junior<br />

und überwachte kürzlich die Volkswagen-Weltrekordfahrten<br />

mit dem W12. Zudem<br />

kümmert er sich um die Ausbildung<br />

junger TK-Anwärter nach dem Motto: «Je<br />

gewissenhafter die Abnahme vor der Veranstaltung,<br />

desto weniger Proteste und<br />

Ärger gibt es danach.»<br />

Sollte es im Leben des Heinz Seegers<br />

wirklich mal ein bisschen ruhiger zugehen,<br />

träumt er von einer Kreuzfahrt rund um die<br />

Welt. Aber das kann noch dauern …<br />

1956: Ingenieur mit Inbrunst<br />

2003: Pensionär mit Power<br />

Da zitterten die Schlawiner: Seegers 1967 bei der «Harz-Winter-Fahrt»


180<br />

orbert Singer ist einer der letzten Mo-<br />

aus Porsches Rennsport-Glanz-<br />

Nhikaner<br />

zeiten der 70er-, 80er- und 90er-Jahre.<br />

Seine alten Weggefährten Helmut Bott und<br />

Huschke von Hanstein leben nicht mehr,<br />

Peter Falk, Hans Mezger und andere sind<br />

schon pensioniert. Und auch der Renningenieur<br />

mit Halbbrille als Markenzeichen<br />

wird Ende nächsten Jahres mit 65 in den<br />

Ruhestand gehen.<br />

Im beruflichen Leben des engagierten<br />

Diplomingenieurs gab es nichts anderes als<br />

Porsche, Porsche und nochmals Porsche. Er<br />

hat alle 16 Le-Mans-Siege der Stuttgarter<br />

miterlebt – den ersten 1970 mit dem 917<br />

genauso <strong>wie</strong> den letzten 1998 mit dem<br />

GT1. Als «schönstes Erlebnis überhaupt»<br />

gilt für ihn der grandiose Dreifachsieg des<br />

nagelneuen 956 gleich beim ersten Le-<br />

Mans-Antritt 1982. Der 956 und das Nachfolgemodell<br />

962 gehörten ebenso zu seinen<br />

Lieblingsautos <strong>wie</strong> der 2-Liter-«Baby-<br />

Porsche 935» von ’77. Als grösste Enttäuschung<br />

nennt er das werkseigene Indy-<br />

Projekt, das letztlich politischen Querelen<br />

im eigenen Haus zum Opfer fiel.<br />

Von den zahlreichen Werkspiloten beeindruckten<br />

ihn besonders die unvergessenen<br />

Bob Wollek und Stefan Bellof. «Bob<br />

war ein zäher Arbeiter am Auto, Stefan ein<br />

begnadetes Fahrtalent vom anderen Stern.<br />

Singer, Norbert (MSa 23/2003)<br />

Porsche forever<br />

Ihr Tod hat bei uns allen tiefe Wunden hinterlassen.»<br />

Seit Porsche keinen Werkssport mehr<br />

betreibt, findet man Singer nur noch an<br />

der Rennstrecke, wenn private Porsche-<br />

Teams ihn anfordern. Dort sind sein Rat,<br />

sein Wissen und seine strategischen Tricks<br />

nach <strong>wie</strong> vor gefragt – vor allem in Le Mans.<br />

Offiziell ist er bei Porsche noch immer<br />

«Leiter für Werkssport und Einsätze». Obwohl<br />

er notgedrungen die meiste Zeit im<br />

Büro verbringt, bleibt er immer auf Ballhöhe<br />

mit dem aktuellen Rennsportgeschehen.<br />

So sind Formel 1, ALMS und FIA-GT-<br />

Serie für ihn an den Wochenenden Pflichtsendungen<br />

im TV. Und wenn er mal persönlich<br />

an der Piste aufkreuzt, gibt’s meist<br />

ein fröhliches Wiedersehen mit Freunden<br />

aus früheren Jahren. «Die kommen dann<br />

aus allen Ecken und sagen <strong>Hallo</strong>.»<br />

Zusammen mit seiner Familie (bestehend<br />

aus Gattin Doris, Sohn Andy, 22, und<br />

Tochter Conny, 18) lebt Singer in Vaihingen.<br />

Gesundheitlich bewegt er sich «bis<br />

auf ein Zwicken im Kreuz» auf der Sonnenseite.<br />

Zu seinen Hobbys Fotografie, Filmen<br />

und Garten soll nach der Pensionierung ein<br />

weiteres kommen: «Dann will ich mein<br />

Rennarchiv mit mehreren tausend Fotos<br />

sichten und ordnen.» Da wäre wohl jeder<br />

echte Porsche-Fan gerne dabei.<br />

Le-Mans-Experte: Singer 1973 Der Ruhestand naht: Singer 2003<br />

Die Väter des Erfolgs: Bischof, Singer, Bott und Falk 1983 in Le Mans


Steckkönig, Günter (MSa 44/2003)<br />

Flotter Ingenieur<br />

ünter Steckkönig verstand die Welt<br />

Gnicht mehr, als ihn sein damaliger Boss<br />

Ferdinand Piëch nach einem gewonnenen<br />

Rennen anknurrte: «Gute Rennfahrer kann<br />

ich überall kaufen, gute Techniker nicht.<br />

Sie sollten sich mehr um ihren Job kümmern.»<br />

Tatsächlich sah es der Porsche-Chef<br />

nie gerne, wenn seine Ingenieure nebenbei<br />

Rennen fuhren. «Das betraf mich genauso<br />

<strong>wie</strong> Herbert Linge», erinnert sich der<br />

Fahrwerks-Entwickler aus der Weissacher<br />

Rennabteilung. «Statt Gratulationen gab’s<br />

regelmässig was auf den Deckel.»<br />

Dabei machte Steckkönig aus der Not<br />

eine Tugend und fuhr immer dann bei anderen<br />

mit, wenn’s nichts kostete. Eigene<br />

Mittel hatte der ebenso schnelle <strong>wie</strong> talentierte<br />

Renningenieur nicht anzubieten<br />

– seine Mitgift war sein technisches Wissen.<br />

So gab es kaum ein Porsche-Modell,<br />

das der Schwabe nicht im Renntempo bewegt<br />

hätte – und wenn es nur auf der Teststrecke<br />

in Weissach war.<br />

Zwischen 1963 und 1988 startete er bei<br />

nahezu allen Klassikern: Le Mans, Daytona,<br />

Sebring, Targa Florio. Sein Lieblingsauto<br />

war der Porsche 908/3. Die erfolgreiche<br />

Karriere endete erst, als ohne Geld<br />

selbst bei den Kundenteams nichts mehr<br />

ging. Noch dicker kam’s ’92, als es Porsche<br />

wirtschaftlich nicht gut ging. Zusammen<br />

181<br />

mit 70 Kollegen musste sich Steckkönig<br />

nach 35 Porsche-Jahren notgedrungen in<br />

den Vorruhestand verabschieden. «Das war<br />

der traurigste Moment in meinem Porsche-<br />

Leben, als wir zum letzten Mal durch das<br />

Werkstor in Weissach gingen.»<br />

Die freie Zeit wurde rasch mit neuen Aktivitäten<br />

belegt. Er fand Gefallen am Segelfliegen<br />

(Ultraleicht-Motorsegler), intensivierte<br />

sein Fitnessprogramm (Rennrad,<br />

Mountainbike) und frönte seiner Leidenschaft<br />

für Jazz, in dem er alle erreichbaren<br />

Konzerte besucht. Ausserdem ist er<br />

noch immer ein gefragter Instruktor bei<br />

Fahrsicherheitslehrgängen, wo er sein<br />

Wissen als Fahrer und Techniker an die Porsche-Kunden<br />

weitergibt.<br />

Wie sein Ex-Mitstreiter Norbert Singer<br />

lebt Steckkönig mit Ehefrau Ellen (seit<br />

1965 verheiratet, zwei Töchter, 35, 31) in<br />

Vaihingen/Enz. Der mittlerweile 67-Jährige<br />

ist nach <strong>wie</strong> vor Racing-Fan, schaut gerne<br />

Formel 1 und DTM im Fernsehen und<br />

hält regen Kontakt mit alten Wegbegleitern<br />

<strong>wie</strong> Herbert Linge, Roland Asch, Paul-<br />

Ernst Strähle oder <strong>Dunlop</strong>-Renndienstmann<br />

Gerd Knospe. Stolz berichtet Steckkönig<br />

von seinem neuesten Hobby: «Statt<br />

Powerslide mit dem Auto mach’ ich jetzt<br />

Powerwalking mit meiner Frau. Das ist<br />

auch Competition und hält obendrein fit.»<br />

Haar ja, Bart nein: Steckkönig ’73 Bart ja, Haar nein: Steckkönig ’03<br />

84-h-Ring-Marathon 1970: Porsche-914-Dreifachsieg mit Steckkönig (2)


182<br />

laus A. Steinmetz kann auf eine beweg-<br />

Motorsportkarriere zurückblicken.<br />

Kte<br />

Der gelernte Diplomingenieur erlebte die<br />

60er-Jahre bei Abarth und BMW als Pilot,<br />

Rennleiter und Technikchef in Personalunion.<br />

An die 100 Siege in Sport- und Tourenwagen<br />

fuhr Steinmetz am Berg und auf<br />

der Rundstrecke zusammen. Den Tourenwagen-EM-Titel<br />

verpasste er im 1000er-<br />

Abarth nur, weil er sich an die Stallregie<br />

zugunsten von Giancarlo Baghetti hielt.<br />

Dann wurde Opel für ihn zum Dreh- und<br />

Angelpunkt, das Unternehmen «Steinmetz<br />

Opel Tuning» zum Mekka für Kadett-, Ascona-,<br />

Commodore- und GT-1900-Fans.<br />

Auch auf der Piste verschaffte sich der<br />

Opel-Tuner mit eigenem Rennstall Akzeptanz.<br />

Das jähe Ende für den Tuningbetrieb<br />

kam im Gefolge der Benzinkrise von 1973:<br />

Viele Tuning-Unternehmen gerieten damals<br />

ins Trudeln, darunter auch Steinmetz.<br />

Erst 1993 wurde der Name Steinmetz-<br />

Opel von der Aachener Kohl-Gruppe <strong>wie</strong>derbelebt,<br />

allerdings ohne den Gründervater,<br />

der sich Mitte der 70er neu orientiert<br />

hatte. Die wichtigsten Stationen: Eröffnung<br />

eines Ingenieurbüros für Industrieanlagen,<br />

Sportdirektor bei Alfa Romeo<br />

Deutschland und Leiter der Alfasud-Cups,<br />

DMV-Sportpräsident, Mitglied der ONS-<br />

Sportkommission, FIA-Delegierter für<br />

Steinmetz, Klaus (MSa 30/2003)<br />

Der Italien-Fan<br />

Rennstrecken- und Fahrzeugsicherheit.<br />

Die DTM bot ihm als ITR-Vize und Alfa-Koordinator<br />

zwischen 1993 und 1996 die<br />

letzte sportliche Bühne.<br />

Heute lebt der Italien-Fan, der fliessend<br />

Italienisch und Englisch so<strong>wie</strong> ordentlich<br />

Französisch spricht, in Bietigheim bei<br />

Stuttgart und ist Vorsitzender der «Interessengemeinschaft<br />

Fördertechnik AG».<br />

«Eigentlich wollte ich mit 65 Schluss machen,<br />

aber das ist mir leider nicht gelungen»,<br />

sagt der geschiedene Familienvater<br />

(zweimal je 20 Jahre verheiratet, zwei<br />

Söhne, 42/40, zwei Töchter, 26/17).<br />

Bis auf ein Augenleiden (das ihn schon<br />

seit Abarth-Zeiten begleitet) und die eingeschränkte<br />

Beweglichkeit der linken<br />

Hand (die ihm bei einem Verkehrsunfall<br />

1993 halb abgerissen und <strong>wie</strong>der angenäht<br />

wurde) geht es dem jetzt 68-Jährigen gesundheitlich<br />

«ganz ordentlich». Was motorsportlich<br />

interessiert, sieht er sich im<br />

TV an. F1 und V8STAR hat er zu Pflichtsendungen<br />

erhoben, der neuen DTM stand er<br />

lange skeptisch gegenüber: «Aber seit dem<br />

Wahnsinnsrennen letztes Jahr am A1-Ring<br />

habe ich meine DTM-Einstellung in den positiven<br />

Bereich verschoben.»<br />

Für die Zeit seines Ruhestands hofft er,<br />

«das Meer mal vor mir zu sehen, und wenns<br />

irgend<strong>wie</strong> geht, in Italien».<br />

Abarths Multitalent: Steinmetz ’65 «Wahl-Italiener»: Steinmetz 2003<br />

Flugplatz Ulm 1967: Steinmetz im legendären BMW-«Monti»-Sportwagen


er Stureson gehörte zu den prägenden<br />

PFiguren der frühen DTM-Jahre. 1985<br />

stieg der Inhaber eines Malerbetriebs mit<br />

einem Volvo 240 Turbo des IPS Teams in<br />

die deutsche Parade-Rennserie ein und gewann<br />

auf Anhieb den Titel. Teamchef war<br />

jener Ingmar Persson, der in der aktuellen<br />

DTM für Mercedes drei CLK einsetzt. Der<br />

still und unauffällig agierende Schwede<br />

chauffierte den schweren Volvo souverän<br />

durch die Saison. Zwar machten ihm seine<br />

härtesten Konkurrenten – Olaf Manthey<br />

im Rover V8 und Harald Grohs im BMW 635<br />

CSi – das Leben nach Kräften schwer, aber<br />

letztlich setzten sich Turbo-Power und<br />

schwedische Nervenstärke durch.<br />

Die beiden folgenden Volvo-Jahre<br />

brachten dann nur noch die DTM-Ränge 4<br />

und 6, «was für mich eine Riesenenttäuschung<br />

war, denn als Titelverteidiger hätte<br />

ich einfach besser sein müssen». Der<br />

Frust wurde noch gesteigert durch eine<br />

verkorkste Mercedes-Saison, die Stureson<br />

zum Anlass nahm, seine Rennkarriere 1988<br />

nach insgesamt 16 Jahren zu beenden. In<br />

den DTM-Bestenlisten verewigte sich der<br />

schwedische Schweiger mit 350 Punkten,<br />

209 Führungskilometern, zwei Siegen und<br />

vier Poles.<br />

Sohnemann Johan, mit 10 Jahren schon<br />

Kart-Meister, sorgte dafür, dass der Vater<br />

Stureson, Per (MSa 08/2003)<br />

Stiller Schwede<br />

183<br />

eine neue Aufgabe an der Rennstrecke bekam.<br />

Als Betreuer und Berater seines Juniors<br />

erlebte der Ex-Champion, <strong>wie</strong> Johan<br />

zum Frontrunner in der Formel BMW und<br />

der Deutschen Formel-3-Meisterschaft<br />

wurde. Für dieses Jahr nimmt Stureson jr.,<br />

inzwischen 29, mit Seat das schwedische<br />

Tourenwagen-Championat ins Visier.<br />

Und der Herr Papa, Vorsitzender der<br />

schwedischen Malermeister-Innung, kann<br />

es auch noch nicht so richtig lassen. «Nur<br />

so zum Spass» startet er gelegentlich mit<br />

einem Renault-Spider oder einem Porsche<br />

968 bei diversen Langstreckenrennen im<br />

Heimatland.<br />

Im März wird Per Stureson 55, ist seit<br />

33 Jahren verheiratet mit Anita und hat<br />

neben Johan noch eine 27-jährige Tochter,<br />

die ihren Sport vorzugsweise auf dem<br />

Rücken der Pferde ausübt. Über Satellit<br />

sieht er sich zu Hause jedes DTM-Rennen<br />

an, dazu natürlich die Formel 1 und ein<br />

paar andere PS-Leckerbissen. Mit seinen<br />

früheren DTM-Weggefährten Ingmar Persson<br />

und Roland Asch hat er noch heute regelmässig<br />

Kontakt.<br />

Schon jetzt freut er sich auf das nächste<br />

«<strong>Hallo</strong> <strong>wie</strong> geht’s»-Klassentreffen am 6.<br />

Dezember anlässlich der Motorshow Essen,<br />

«weil das die einzige Möglichkeit ist, viele<br />

alte Freunde <strong>wie</strong>der zu sehen».<br />

Schneller Amateur: Stureson 1979<br />

Noch heute ein DTM-Fan: Stureson<br />

Schweden-Hammer: Per Stureson im Volvo 240 Turbo 1986 auf der Avus


184<br />

homas Teves lässt keinen Zweifel daran,<br />

Twas ihm in seinen zehn Rennjahren den<br />

meisten Spass gebracht hat: Die Saison<br />

1975 mit Keke Rosberg und Poldi von<br />

Bayern in der Formel Super VW. Im Team<br />

des Sylter Boutiquen-Königs Uwe Jürdens<br />

(«Uwe’s Mode Racing») genossen die drei<br />

Kumpels in jenem Jahr nicht nur die Profi-<br />

Unterstützung des Kaimann-Chefs Kurt<br />

Bergmann, sondern liessen es auf und neben<br />

der Piste auch richtig krachen. «Keke<br />

war noch der Vernünftigste von uns», erinnert<br />

sich Teves feixend. «Poldi und ich<br />

waren mehr für den Blödsinn zuständig.»<br />

Die Rollenverteilung führte zwangsläufig<br />

dazu, dass Teamleader Rosberg meistens<br />

siegte und auch den Titel des deutschen<br />

Super-VW-Meisters einfuhr.<br />

Der Enkel des Gründers der Teves-<br />

Firmengruppe (u.a. Ate Bremsen, 1968<br />

verkauft an ITT, jetzt Continental-Teves)<br />

hatte seine Laufbahn als Hobby-Rennfahrer<br />

zusammen mit Prinz Poldi 1965 im<br />

Mini-Cooper-Team von Don Wooding begonnen.<br />

Weil der schnauzbärtige Hesse<br />

ziemlich flott unterwegs war, durfte er als<br />

damals jüngster Lizenzfahrer Deutschlands<br />

mit 18 Jahren schon einen Werks-<br />

BMW bei der Rallye Monte Carlo steuern.<br />

Aber seine Liebe gehörte eindeutig den<br />

Flugplatzrennen, wo er in Minis, Alfas und<br />

Teves, Thomas (MSa 49/2003)<br />

Kekes Teamkollege<br />

Porsches wüste Drifts zelebrierte. Eindeutig<br />

gehörte die Frohnatur zur Kategorie der<br />

Spass-Piloten. Als aber der erste Familienzuwachs<br />

kam, war Schluss mit Racing – mit<br />

Ablauf des Super-VW-Jahrs 1975 beendete<br />

Teves seine motorsportlichen Exzesse.<br />

Die wilde Zeit im Rennauto ist genauso<br />

Vergangenheit <strong>wie</strong> die häufigen Wohnungswechsel.<br />

Nach Bad Homburg, Sylt,<br />

Hamburg und München hat der mittlerweile<br />

56-jährige Diplom-Ingenieur zusammen<br />

mit seiner Frau Karin im Taunusstädtchen<br />

Friedrichsdorf seine endgültige Heimat gefunden.<br />

Die drei erwachsenen Kinder (zwei<br />

Söhne, 27/25, eine Tochter, 21) stecken<br />

noch im Studium. Golfen und Radfahren<br />

sind zwar die neuen Hobbys des Familienvorstands,<br />

aber der Motorsport ist noch<br />

immer ein Thema. So verbindet ihn mit<br />

Poldi und Keke nach <strong>wie</strong> vor eine enge<br />

Freundschaft, man sieht sich regelmässig.<br />

Und wenn er mal die DTM besucht, steuert<br />

er zielstrebig das Rosberg-Motorhome an.<br />

Die Karriere von Kekes Sohn Nico fasziniert<br />

ihn. «Der Bursche ist so gut <strong>wie</strong> sein<br />

alter Herr damals», glaubt Teves, «genau<br />

das gleiche Kaliber.» Dass es nicht mehr<br />

so locker und lustig <strong>wie</strong> vor 30 Jahren zugeht,<br />

hat auch Kekes alter Gefährte<br />

erkannt. «Gerade deshalb sind wir froh,<br />

diese wunderbare Zeit erlebt zu haben.»<br />

Fahrer: Teves 1975 im Kaimann<br />

Fan: Teves 2003 bei der DTM<br />

Frühliches Super-VW-Trio: Die Kaimann-Asse Teves, Rosberg und Poldi 1975


eopold Prinz von Bayern, von den Renn-<br />

LKumpanen kurz und respektlos Poldi genannt,<br />

hat sein schnelles Hobby immerhin<br />

35 Jahre lang ziemlich konsequent und erfolgreich<br />

betrieben. Die Begeisterung der<br />

königlichen Familie hielt sich zwar in Grenzen,<br />

aber der Vollgas-Prinz zog sein Ding<br />

durch. Nach wilden Jahren im Mini Cooper<br />

S in den 60er- und der Formel Super VW in<br />

den 70er-Jahren fand Poldi seine dauerhafte<br />

Heimat als Profi bei BMW.<br />

Als er sich mit 55 anlässlich des STW-<br />

Laufs im Oktober 1998 am Nürburgring als<br />

Rennfahrer verabschiedete, hatte er rund<br />

25 BMW-Jahre in allen möglichen Rennserien<br />

auf dem Buckel. Für die Weiss-Blauen<br />

fuhr er alles, was wichtig war und gute PR<br />

brachte: DRM mit dem Gruppe-5-320, DRT<br />

mit dem M1, DTM mit dem M3, japanische<br />

und deutsche STW mit dem 320i.<br />

Dramatische Zwischenfälle gab es kaum<br />

– nur zweimal hat’s ihn arg gebeutelt.<br />

Beim Bergrennen Zotzenbach flog er samt<br />

Mini Cooper «in den ersten Stock eines Apfelbaums».<br />

Und 1994 bei den 24 Stunden<br />

am Nürburgring überholte er des Nachts,<br />

in Führung liegend, Jockel Winkelhocks<br />

BMW im freien Flug über dessen Dach und<br />

riss dem Schwaben dabei sogar die Scheibenwischer<br />

ab. Poldis M3 war platt, der<br />

Chauffeur verletzt im Adenauer Spital.<br />

von Bayern, Leopold Prinz (MSa 26/2003)<br />

«Prinz Vollgas»<br />

185<br />

«Aber am schlimmsten war», jammert er,<br />

«dass es mir beim Anprall meine goldene<br />

Rolex vom Arm gerissen hat und das teure<br />

Teil nie mehr aufgetaucht ist.» Was das<br />

bayerische Blaublut sonst noch so alles erlebt<br />

und angestellt hat, ist in seinem Bestseller<br />

«Ein Prinz erzählt» nachzulesen.<br />

Am Samstag, den 21. Juni, feiert Prinz<br />

Poldi seinen 60. Geburtstag. Seitdem<br />

Schluss ist mit der professionellen Rennerei,<br />

sehen ihn seine Gemahlin Uschi (die<br />

er 1977 geheiratet hat), seine beiden Söhne<br />

Manuel (30) und Constantin (16) so<strong>wie</strong><br />

die Töchter Pilar (25) und Felipa (22) auch<br />

öfter mal zu Hause in Berg am Starnberger<br />

See.<br />

Fad wird’s ihm trotzdem nie: Für BMW<br />

ist Poldi als Botschafter unterwegs, in<br />

gleicher Mission repräsentiert er die Deutsche<br />

Bank und Löwenbräu. Zu ein paar Oldtimer-Events<br />

reicht die Zeit auch noch, darunter<br />

die Mille Miglia als jährliches<br />

Pflichtprogramm (diesmal im BMW 328 mit<br />

Carl Gustav von Schweden als Co). Im Übrigen<br />

dürfte sein jüngster Spross dafür sorgen,<br />

dass der Rennsport im Hause des Bayern-Prinzen<br />

ein Thema bleibt: «Der Constantin»,<br />

erzählt Poldi stolz , «ist sehr talentiert<br />

und lässt es im Kart richtig krachen.<br />

Ich hoffe, er wird auch mal BMW-<br />

Werkspilot.»<br />

Au weia: Poldi ’73 im Hippie-Look<br />

«Ein Prinz erzählt»: Poldi 2003<br />

Das erklärte Lieblingsauto seiner Königlichen Hoheit: Poldi 1982 im M1


186<br />

von Gundlach, Horst (MSa 11/2003)<br />

Mr. Unverwüstlich<br />

orst von Gundlach, engagierter Renn-<br />

Rallyefahrer aus Essen und zwi-<br />

Hund<br />

schen 1953 und 1965 neunmal Sieger der<br />

Rallye Wiesbaden, hat auf seine Art deutsche<br />

Rennsport-Historie geschrieben. Der<br />

erfolgreiche Mercedes-300-SL-Pilot bescherte<br />

dem Zeitschriftenmarkt ab März<br />

1961 mit dem Titel «Automobilsport» das<br />

erste Fachblatt in Deutschland.<br />

Zusammen mit seiner ebenfalls rallyefahrenden<br />

Ehefrau Ursula stand der adelige<br />

Sportsmann der Monatspublikation als<br />

Finanzier, Verleger, Herausgeber, Anzeigenakquisiteur<br />

und Chefredakteur in Personalunion<br />

vor. Mitstreiter der ersten<br />

Stunde waren überdies der Essener Hobby-<br />

Rennfahrer Friedhelm Slowik und ein begeisterter<br />

Jung-Journalist.<br />

Der Verkaufspreis betrug eine Mark, Umfang<br />

und Anzeigenaufkommen waren<br />

dünn, Papier- und Fotoqualität dürftig.<br />

Egal: Deutschland hatte seine Fachzeitschrift.<br />

Obwohl das Blatt von der Fangemeinde<br />

gierig verschlungen wurde, standen<br />

die Erträge von Anfang an in krassem<br />

Missverhältnis zu den Kosten. Trotzdem<br />

hielt Initiator von Gundlach solange tapfer<br />

durch, bis der Titel 1967 vom Dobler-<br />

Verlag übernommen und mit dem Fachblatt<br />

«Rallye und Racing» verschmolzen<br />

wurde. In voller Schärfe entbrannte nun<br />

auch die Kiosk-Schlacht mit dem MOTOR-<br />

SPORT-aktuell-Vorläufer «Powerslide» um<br />

die Gunst der Leser.<br />

Die Trennung von «seinem Blatt» war<br />

für den Essener Pionier zwar schmerzhaft,<br />

aber viel schlimmer hatte ihn zuvor der<br />

Unfalltod seiner Frau getroffen. Trotzdem<br />

blieb er dem Sport als gefragter Instruktor<br />

und Referent treu. Der Nürburgring<br />

wurde für ihn zur zweiten Heimat – hier<br />

feierte er seinen 80. Geburtstag, und hier<br />

wird der unverwüstliche Rennsportfan in<br />

ein paar Wochen auch den 90. begehen.<br />

Neben vielfältigen Engagements rund<br />

um den Rennsport arbeitete von Gundlach<br />

bis zu seiner Pensionierung vor 15 Jahren<br />

als Automobilkaufmann im Essener VWund<br />

Audi-Zentrum Schultz. Bis vor kurzem<br />

hat er sogar noch für seinen alten Arbeitgeber<br />

Autos überführt und ausgeliefert –<br />

quasi als Beschäftigungstherapie. Der rüstige<br />

Rentner lebt seit dem Tod seiner Frau<br />

alleine.<br />

Nachdem sich eine neue Herzdame kurz<br />

nach der Hochzeit als stramme Lesbierin<br />

outete, schmiss er sie raus und beschloss,<br />

sein Leben fortan ohne weiblichen Beistand<br />

zu verbringen. Jetzt hat von Gundlach<br />

nur zwei Wünsche: «Gesund bleiben<br />

und möglichst viele ‹<strong>Hallo</strong>, <strong>wie</strong> geht’s?-<br />

Klassentreffen› erleben.»<br />

Presse-Pionier: von Gundlach ’62<br />

Erstes Fachblatt: Automobilsport<br />

Freut sich auf möglichst viele «Klassentreffen»: Horst von Gundlach (90)


von Hohenzollern, Ferfried Prinz (MSa 48/2003)<br />

erfried Prinz von Hohenzollern, von<br />

Fseinen Freunden kurzerhand «Pfaff» genannt,<br />

war neben Leopold Prinz «Poldi»<br />

von Bayern der zweite Vertreter des deutschen<br />

Hochadels im Rennsport. Wie Poldi<br />

begann auch Blaublutkollege Ferfried Mitte<br />

der 60er-Jahre mit seinen Umtrieben<br />

am Steuer von vorzugsweise BMW- und<br />

Porsche-Rennautos. Überhaupt haben die<br />

zwei Vollgas-Prinzen diverse Gemeinsamkeiten:<br />

Zum Beispiel das gleiche Geburtshaus<br />

in Umkirch bei Freiburg, eine gute<br />

Portion Fahrtalent, der ausgeprägte Hang<br />

zum Blödeln und eine ziemlich lockere<br />

Einstellung zu ihrem Sport. Wenn so ein<br />

Spassvogel dann auch noch mit einem<br />

Urviech <strong>wie</strong> dem Österreicher Gerold Pankl<br />

eine Fahrerpaarung im Werks-Alpina BMW<br />

2002 bildet, kann der Teamchef eigentlich<br />

nur noch resignieren und dem Unheil<br />

freien Lauf lassen. Genau das hat Alpina-<br />

Chef Bovensiepen damals gemacht.<br />

Und siehe da – die Spasstruppe gewann<br />

1971 die zweite Auflage der 24 Stunden<br />

am Nürburgring. «Was doch ein ziemlich<br />

klarer Beweis dafür ist», so der schnelle<br />

Prinz, «dass hochgradiger Blödsinn den<br />

Erfolg nicht unbedingt ausschliesst.» Und<br />

davon hat der Hohenzollern-Spross in<br />

seiner relativ kurzen Laufbahn erstaunlich<br />

viel eingefahren, insgesamt rund 50 Siege.<br />

Prinz Vollgas II<br />

187<br />

Am wohlsten fühlte er sich auf Flugplätzen<br />

und in Hockenheim, wo er auch den<br />

grössten Teil seiner Siege erkämpfte.<br />

Zugunsten von Studium und Beruf verabschiedete<br />

sich der Münchner 1972 für<br />

immer aus der Rennsport-Szene.<br />

Seit 13 Jahren lebt der gelernte Jurist<br />

in Berlin. Dort hat er 1999 zum dritten Mal<br />

geheiratet (seine erste Frau Angela lief zu<br />

Schauspieler-Freund Fritz Wepper über)<br />

und sich im Event-Marketing eine neue<br />

berufliche Existenz geschaffen. Seine vier<br />

erwachsenen Kinder (drei Töchter, ein<br />

Sohn) haben ihn schon zum zweifachen<br />

Grossvater gemacht. Seine Frau Maja (32)<br />

hält ihn ordentlich auf Trab und lässt den<br />

Prinzen vergessen, dass er im Frühjahr<br />

2004 schon 61 wird. Trotz neuer Hobbys<br />

(Golfen und Kochen) ist die Rennerei nach<br />

<strong>wie</strong> vor ein Thema, wenn auch nur noch<br />

vor dem Fernseher.<br />

Dort nimmt der Hausherr immer Platz,<br />

wenn Formel 1 und NASCAR zur Aufführung<br />

kommen. «Leider», bedauert er, «gibt es<br />

kaum noch Kontakt zu den Rennkumpanen<br />

von früher.» Deshalb kann er es auch kaum<br />

abwarten, wenn sich die alte Garde am 6.<br />

Dezember zum <strong>Dunlop</strong>-MSa-Happening in<br />

Essen trifft. «Ich werde da sein», verspricht<br />

der Prinz, «und wenn ich auf allen<br />

vieren dorthin kriechen muss.»<br />

Racing & Fun: von Hohenzollern 1971<br />

Kochen & Golf: von Hohenzollern 2003<br />

Triumph bei den 24 h Nürburgring: Hohenzollern/Pankl 1971 im Alpina-BMW


188<br />

von Kahlen, Sigismund (MSa 36/2003)<br />

Der Sportpolitiker<br />

igismund von Kahlen prägte 34 Jahre<br />

Slang als Lenker und Denker den deutschen<br />

Automobilsport. In die Amtszeit des<br />

ehemaligen Geschäftsführers der Frankfurter<br />

ONS/DMSB-Zentrale fielen Aufbau und<br />

Realisierung so erfolgreicher Projekte <strong>wie</strong><br />

Deutsche Rennsport-Meisterschaft (DRM),<br />

Olympia-Rallye, Formel-3-DM, Rettungs-<br />

Staffel, ONS-Nachwuchsförderung, DTM<br />

oder die Modernisierung der angestaubten<br />

Meisterehrung. Seit vier Jahren lebt der<br />

67-Jährige im Ruhestand und verfolgt das<br />

nationale Renngeschehen aus seinem Heimatstädtchen<br />

Auringen bei Wiesbaden via<br />

Fernseher und Printmedien.<br />

Dabei ist ihm der klare Blick für die Realitäten<br />

als Pensionär keineswegs abhanden<br />

gekommen. «Meinen Nachfolger beim<br />

DMSB beneide ich derzeit nicht unbedingt»,<br />

gesteht von Kahlen. «Der Motorsport<br />

befindet sich mal <strong>wie</strong>der in sch<strong>wie</strong>rigem<br />

Fahrwasser. Bis auf die DTM kränkeln<br />

fast alle deutschen Rennserien.»<br />

Die Gründe für den Teilnehmer- und Zuschauerschwund<br />

sieht der frühere Sportpolitiker<br />

in der desolaten Wirtschaftslage,<br />

in Sparzwängen bei Industrie, Sponsoren<br />

und zahlendem Publikum und daraus resultierender<br />

Geldnot der Veranstalter. «Ein<br />

gefährlicher Teufelskreis, der uns wohl<br />

noch lange zu schaffen machen wird.»<br />

Der CDU-Mann hat während des Ruhestands<br />

seine kommunalpolitischen Ambitionen<br />

<strong>wie</strong>der reaktiviert. Als CDU-Vorsitzender<br />

und ehemaliger Bürgermeister von<br />

Auringen steht er jetzt seinem Sohn Alexander<br />

(29) mit Rat und Tat zur Seite. Denn<br />

der Junior ist seit zwei Jahren ebenfalls<br />

Ortsvorsteher der 3000-Seelen-Gemeinde.<br />

Ehefrau Gerti, die ihren Sigismund 1970<br />

als ONS-Sekretärin schätzen und lieben<br />

lernte, wechselte nach der Hochzeit sinnvollerweise<br />

den Arbeitgeber und ist seit<br />

mittlerweile einem Vierteljahrhundert Geschäftsstellenleiterin<br />

bei der Polizeigewerkschaft<br />

GdP.<br />

Sorgen macht nur die Gesundheit des<br />

Familienoberhaupts, der sich, kaum pensioniert,<br />

einer Bypass-Operation an der<br />

Halsschlagader und kurz darauf einer<br />

hochdramatischen Not-Operation (perforierte<br />

Aorta in der Bauchhöhle) unterziehen<br />

musste. «Das war ziemlich knapp, um<br />

ein Haar hätte mich der Sensenmann geschnappt.»<br />

Inzwischen blickt von Kahlen mit neuem<br />

Mut in die Zukunft. Traurig stimmt ihn<br />

indes die Tatsache, dass sich aus der DMSB-<br />

Zentrale seit Jahren keiner mehr meldet.<br />

Und Einladungen zur alljährlichen Meisterehrung<br />

erreichen ihn auch nicht mehr –<br />

ein wahrlich schwaches Bild.<br />

Sportpolitiker: von Kahlen 1966 CDU-Politiker: von Kahlen 2002<br />

Kontakt zur Basis: von Kahlen (2.v.l.) 1966 mit Weber, Schütz, Glemser


Wallrabenstein, Günther (MSa 05/2003)<br />

Der Bananenbieger<br />

ünther Wallrabenstein kann mit Recht<br />

Gbehaupten, die schönsten und unbeschwertesten<br />

Jahre des Rallyesports miterlebt<br />

zu haben. Zusammen mit seinen Co-<br />

Piloten Exner, Stock, Herborn und Säckel<br />

erschreckte der Limburger Geschäftsmann<br />

Deutschlands und Europas Rallye-Elite<br />

zwischen 1960 und 1970 vorzugsweise in<br />

Porsche Carrera und 911ern. Zwischendurch<br />

gab es auch Abstecher ins BMW-<br />

Werksteam und zu Oettinger-VW.<br />

Die Ausbeute dieser zehn Jahre konnte<br />

sich sehen lassen: Deutscher GT-Meister<br />

1962, Mitropa-Cup-Champion. Monte-Carlo-Klassensieger<br />

im VW-Käfer, dreimal Gesamtsieger<br />

der Semperit-Rallye und zweimal<br />

Gewinner der berüchtigten österreichischen<br />

Alpenfahrt.<br />

Obwohl Wallrabenstein vom damaligen<br />

BMW-Sportchef Helmut Bein sogar ins Rallye-Werksteam<br />

berufen wurde und dort<br />

auch seine Karriere beendete, galt seine<br />

grosse Liebe stets der Marke Porsche. So<br />

holte er sich den grössten Teil der rund<br />

100 Siege am Steuer seiner insgesamt fünf<br />

911 und drei Carrera. Über ein ärgerliches<br />

Missgeschick lamentiert der Hesse allerdings<br />

noch heute: Bei der Rallye Genf zerlegte<br />

er auf der Mont-Blanc-Prüfung den<br />

bildschönen 904 GTS, mit dem Böhringer/<br />

Wütherich bei der denkwürdigen Rallye<br />

189<br />

Monte Carlo 1965 im Tiefschnee sensationell<br />

auf den zweiten Rang gefahren waren.<br />

Auch Berg- und Flugplatzrennen nahm<br />

der «Bananenbieger» (so sein Branchenspitzname)<br />

mit Begeisterung und Erfolg in<br />

Angriff. Besonders wohl fühlte sich der<br />

Chef eines der grössten Bananen-Reiferei-<br />

Betriebes Deutschlands auf der Nürburgring-Nordschleife.<br />

«Das ist was für richtige<br />

Männer, nix für Weicheier.»<br />

Inzwischen hat sich Familienmensch<br />

Wallrabenstein, seit über 40 Jahren verheiratet,<br />

zwei erwachsene Töchter, zwei<br />

Enkelkinder, längst der Fliegerei verschrieben.<br />

Regelmässig geht er mit seiner grüngelb<br />

lackierten «Beach Bonanza» in die<br />

Luft. Und von Ruhestand noch keine Spur<br />

– noch immer leitet der heute 70-Jährige<br />

gemeinsam mit seinem Bruder die Geschäfte<br />

(pro Woche reifen in seinem Betrieb<br />

bis zu 300 Tonnen grün angelieferte<br />

Bananen aus Mittel- und Südamerika).<br />

Kontakt zum Rennsportgeschehen hält<br />

er über die Giessener Rallye-Clique und den<br />

ehemaligen <strong>Dunlop</strong>-Renndienstchef Gerhard<br />

Weber. Neben der Fliegerei ist die Börse<br />

übrigens sein zweites grosses Hobby.<br />

Beinahe triumphierend stellt der alte<br />

Schlaufuchs klar: «Mein Aktiendepot hab’<br />

ich noch rechtzeitig geleert, bevor die<br />

grosse Talfahrt begann.»<br />

1967: Erfolg in Rallyes und Rennen 2003: Erfolg in Bananen und Börse<br />

Porsche über alles: Wallrabenstein (r.) 1963 mit dem 1600er-Carrera


190<br />

Werner, Michael (MSa 40/2003)<br />

Das ewige Talent<br />

ichael Werner hat nie seine Enttäu-<br />

darüber verheimlicht, dass er<br />

Mschung<br />

im Rallyesport gerne weiter vorgekommen<br />

wäre. Sein Pech war, dass bei Ford Köln<br />

stets mit schmalem Budget und kaum siegfähigen<br />

Autos operiert wurde. Sein Glück,<br />

dass es unter den Sportchefs Mike Kranefuss<br />

und Lothar Pinske in den 70er- und<br />

80er-Jahren überhaupt Rallyeprogramme<br />

gab. Anfangs diente Werner als Copilot,<br />

danach prügelte er 13 Jahre als «ewiges<br />

Talent» fast die ganze Ford-Palette über<br />

Stock und Stein. «Nur der Transit blieb mir<br />

erspart», merkt er sarkastisch an.<br />

Seine Copiloten mussten nervenstarke<br />

Typen sein, schon allein wegen der zahlreichen<br />

Landungen im Abseits. «Aber ich<br />

habe weniger Autos platt gemacht als Ari<br />

Vatanen», stellt Werner klar. Vier Beifahrer<br />

<strong>wie</strong>sen ihm den Weg, darunter Arwed<br />

Fischer, der unvergessene Egon Meurer und<br />

Rechtsanwalt Matthias Feltz. Letzterer erzählt<br />

noch heute respektvoll von Werners<br />

akrobatischen Künsten mit dem schwergewichtigen<br />

Taunus 3.0 S, auf dessen Dach<br />

mal aus Jux ein Taxischild prangte. «Mein<br />

Gemütszustand schwankte meistens zwischen<br />

Entsetzen und Gottesfurcht», so<br />

Feltz. «Gelegentlich war ich mir nicht sicher,<br />

ob ich meine Kanzlei noch mal lebend<br />

sehen würde.»<br />

Immerhin gelangen dem Duo mit dem<br />

unhandlichen Schlachtschiff verschiedene<br />

Gruppen- und Klassensiege. Seine grössten<br />

Erfolge feierte Werner mit den Escort-<br />

Typen RS2000, RSi und RS Turbo, dazu erreichte<br />

er die Vizemeisterschaft in der Rallye-Trophäe<br />

und Platz 3 in der DM. Im Jahre<br />

1989 beendet der Kaufmannssohn aus<br />

dem oberpfälzischen Kemnath seine Rallye-Laufbahn,<br />

nachdem sein Vater plötzlich<br />

starb und Werner nun die elterliche<br />

Druckerei übernehmen musste.<br />

Heute kümmert sich der 49-Jährige «als<br />

Impressario um alles» in dem kleinen Familienbetrieb,<br />

den er komplett umgekrempelt<br />

und modernisiert hat. Die knappe Freizeit<br />

verbringt er mit seiner Lebensgefährtin<br />

Susanne und gelegentlichen Konzertund<br />

Theaterbesuchen. Aus Zeitmangel<br />

kann er sich pro Saison nur ein bis zwei<br />

Rallyes persönlich vor Ort ansehen, für den<br />

grossen Rest müssen der Fernseher und<br />

MOTORSPORT aktuell herhalten.<br />

Ein Gehfehler als Spätfolge eines dreifachen<br />

Überschlags im Taunus 3.0 S bei<br />

der Rallye Vorderpfalz 1981 erinnert ihn<br />

dauerhaft an seine wilden Rallye-Jahre.<br />

Aber Michael Werner hadert nicht: «Es gibt<br />

nichts zu bereuen, ich habe Ford viel zu<br />

verdanken und meine Möglichkeiten genutzt,<br />

so gut es eben ging.»<br />

Immer voller Einsatz: Werner 1981 Drucken statt Driften: Werner ’03<br />

«Zwischen Entsetzen und Gottesfurcht»: Werner/Feltz ’81 im Taunus 3.0S


Winkelhock<br />

(folgt seperat)

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