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Tagungsband - UFZ

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Statusseminar des BMBF-Ad-hoc-Verbundprojektes<br />

Schadstoffbelastung im<br />

Mulde- und Elbe-Einzugsgebiet<br />

nach dem Augusthochwasser<br />

2002<br />

Ergebnisse und Forschungsbedarf<br />

Freiberg, 27.-29. August 2003<br />

<strong>Tagungsband</strong>


Aktuelle Informationen zur Tagung und<br />

zum Verbundprojekt finden Sie unter<br />

http://www.halle.ufz.de/hochwasser/.<br />

Tagung<br />

Leitung/Fachliche Koordination<br />

Prof. Dr. Walter Geller, Dr. Klaus Ockenfeld, Michael Böhme, Monika Voigt<br />

<strong>UFZ</strong>-Umweltforschungszentrum Leipzig-Halle GmbH in der Helmholtz-Gemeinschaft<br />

Koordinationsgruppe Ad-hoc-Projekt Schadstoffuntersuchungen Elbe-Hochwasser August 2002<br />

Brückstr. 3a, 39114 Magdeburg<br />

Tel. 0391/8109-601, Fax -150<br />

hw@gm.ufz.de<br />

Organisation der Tagung<br />

Frau Dr. Feldmann<br />

<strong>UFZ</strong>-Umweltforschungszentrum Leipzig-Halle GmbH in der Helmholtz-Gemeinschaft<br />

Infrastruktur<br />

Permoserstraße 15, 04318 Leipzig<br />

Tel. 0341/235-2413, Fax -2782<br />

hochwasser@ufz.de<br />

<strong>Tagungsband</strong><br />

Zusammenstellung/Layout<br />

Michael Böhme<br />

<strong>UFZ</strong>-Umweltforschungszentrum Leipzig-Halle GmbH in der Helmholtz-Gemeinschaft<br />

Koordinationsgruppe Ad-hoc-Projekt Schadstoffuntersuchungen Elbe-Hochwasser August 2002<br />

Brückstr. 3a, 39114 Magdeburg<br />

Tel. 0391/8109-449, Fax -150<br />

boehme@gm.ufz.de<br />

Druck und Verarbeitung<br />

KDD GmbH<br />

Kompetenzzentrum Digital-Druck<br />

http://www.kdd-online.com<br />

Umschlagbild: Ölfilm auf vom Hochwasser überschwemmten Flächen in Segrehna am 21.08.2002;<br />

Rückseite: Einzugsgebiet der Elbe mit den vom Hochwasser betroffenen UND im Rahmen des Verbundprojekts<br />

bearbeiteten Fließstrecken, Teilprojektpartner


<strong>Tagungsband</strong> Statusseminar des BMBF-Ad-hoc-Verbundprojektes in Freiberg, 27.-29.08.2003<br />

Vorwort<br />

Die Klimageschichte Mitteleuropas zeigt, daß es im vergangenen Jahrtausend an der Elbe<br />

vergleichbare Hochwasserereignisse gab wie wir sie im August 2002 erlebt haben. Das Extremhochwasser<br />

1874 war vergleichbar, die gewaltigen Überschwemmungen des Jahres 1342 waren<br />

sogar noch deutlich schwerwiegender. In Anbetracht der aktuellen, unbestreitbar vom<br />

Menschen mit verursachten Klimaveränderungen stellt sich jedoch die Frage, ob derartige<br />

"Jahrtausendfluten" in der Zukunft nicht häufiger erwartet werden müssen als in der Vergangenheit.<br />

Über die direkten Schadenswirkungen des Hochwasserereignisses hinaus gibt es indirekte<br />

Schäden, die durch die Verbreitung von toxischen Schadstoffen in der Folge der Überflutungen<br />

durch belastete Schlammrückstände entstehen. Auch mit dem extremen Hochwasser im August<br />

2002 wurden Schadstoffe aus unterschiedlichsten Altlasten frei gesetzt, belastete fluviatile<br />

Sedimente remobilisiert, belastete Industrieflächen und Bergbauhalden überspült bzw. erodiert,<br />

ausgelaufenes Öl aus häuslichen Öltanks großflächig verteilt. Zusätzlich gelangten nach dem<br />

Zusammenbruch des Kläranlagenbetriebes unbehandelte kommunale und industrielle<br />

Abwässer in die Gewässer.<br />

Untersuchungen einzelner Forschungseinrichtungen hatten sehr schnell potentielle Gefährdungen<br />

aufgedeckt. Durch nicht im notwendigen Umfang vorhandene Koordinierungen - auch<br />

über Ländergrenzen hinaus - fehlen bisher zusammenhängende Abschätzungen. Im Rahmen<br />

des vom BMBF kurzfristig initiierten und für ein Jahr geförderten Ad-hoc-Projektes sollten<br />

daher bisherige Messungen zusammengestellt, aus- und bewertet und die aktuellen Daten und<br />

deren Bewertungen im Internet zugänglich gemacht werden. Dabei sollte auch die Umsetzung<br />

der Anforderungen von Ländern, Landkreisen und Kommunen im Bezug auf die Untersuchungen<br />

der Schadstoffbelastung gewährleistet und eine zusammenführende Aus- und Bewertung<br />

aller Untersuchungen mit Abschlußbericht und Maßnahmenkatalog gesichert werden.<br />

Letztlich sollten auch weiterführende Problemstellungen benannt und angemessene Lösungswege<br />

empfohlen werden.<br />

Im Einzugsgebiet der Elbe waren von den Extremniederschlägen im August 2002 zunächst der<br />

Bereich der Moldau in der tschechischen Republik betroffen, in der Folge auch die deutschen<br />

Gebiete am Nordhang des Erzgebirges. Schadstoffe wurden somit vorwiegend aus Belastungsquellen<br />

des tschechischen Gebietes und aus dem Bereich des Einzugsgebietes der Mulde mit<br />

dem Hochwasser freigesetzt und transportiert. Im Überschwemmungsbereich der hochwasserführenden<br />

Flüsse waren in der Folge auch regionale und lokale weitere Altlasten betroffen.<br />

Weiter westlich gelegene Nebenflussgebiete wie das Saalegebiet waren wenig betroffen. Die<br />

wichtigsten Altlasten und Schadstoffquellen lassen sich für das deutsche Gebiet benennen mit<br />

den erodierten Halden des Altbergbaus der mittelalterlichen und neuzeitlichen Erzgewinnung,<br />

Tailings des Uranbergbaus der Nachkriegszeit (Wismut), lokal betroffenen Braunkohlentagebauen,<br />

industriellen Altlasten, z.B. dem kontaminierten Grundwasser im Chemiedreieck Bitterfeld-Wolfen,<br />

und sekundären Altlasten wie Buhnenfeldern der Elbe, die im Zuge des<br />

Hochwassers frei gespült wurden. Dazu kamen weitere Schadstofffreisetzungen aus überschwemmten<br />

Wohngebieten, Kläranlagen und Industriebetrieben. Damit hatte sich nach dem<br />

Extremhochwasser im Mulde- und Elbeeinzugsgebiet eine neue Situation durch die Remobilisierung<br />

und Umlagerung bzw. evtl. regional durch neuen Eintrag der Schadstoffe ergeben, und<br />

der gegenwärtige Belastungszustand war aus den zuvor vor allem während der 90er Jahre erhobenen<br />

Daten nicht mehr abzuschätzen.<br />

1


’Schadstoffbelastung nach dem Augusthochwasser 2002 - Ergebnisse und Forschungsbedarf’<br />

Neue detaillierte Untersuchungen zur Ermittlung der aktuellen Schadstoffbelastung im<br />

Einzugsgbiet der Elbe, Moldau und Mulde waren deshalb nach dem Hochwasser unumgänglich.<br />

Die vom Hochwasser betroffenen Flächen wurden aus vorliegenden Satellitenbildern, die von<br />

der DLR zur Verfügung gestellt wurden, identifiziert und als Grundlage für vorläufige Probenahmen<br />

und für einen Befliegungsplan der DLR verwendet. Für die deutschen Flussabschnitte<br />

gibt es weiteres Bildmaterial, das als Grundlage für einen Hochwasseratlas von Mulde und Elbe<br />

dienen kann.<br />

Das Problem der Schadstofffolgen von Hochwasserereignissen besteht also in der qualitativen<br />

und quantitativen Erfassung der Einzelstoffe und Schadstoffklassen und in der Herstellung des<br />

Flächenbezuges, zu dem die schwierige Frage der heterogenen Verteilung der Schlämme und<br />

Schadstoffe in den Überflutungsgebieten gelöst werden mußte, um repräsentativen Probenahmen<br />

zu ermöglichen.<br />

Die immensen Schäden in der Folge des Hochwasserereignisses 2002 haben in vieler Hinsicht<br />

zu einem Umdenken und zu Neubewertungen geführt, die ihren Ausdruck nicht nur in der<br />

Anlage des hier vorgelegten Ad-hoc-Programmes zur Schadstoffproblematik als Hochwasserfolge,<br />

sondern auch zu einem allgemeinen 5-Punkte-Programm der Bundesregierung mit Ziel<br />

der Verbesserung des Hochwasserschutzes geführt haben. Bei der Diskussion der vielen<br />

Vorschläge zu Optionen des Ad-hoc-Programms wurden einige wichtige Fragestellungen nur<br />

deshalb nicht in den aktuellen Projektvorschlag aufgenommen, da das angesprochene Problem<br />

nicht kurzfristig überwunden werden kann, sondern mittel- und langfristig bearbeitet und gelöst<br />

werden muß.<br />

Die Problemstellungen dieser Art sollen im Rahmen dieser Freiberger Tagung zusammengetragen<br />

und Lösungswege aufgezeigt werden. Es ist somit nicht nur Ziel des Ad-hoc-Projektes,<br />

die hochwasserbedingte aktuelle Schadstoffsituation und deren Zustandekommen ursächlich zu<br />

beschreiben, sondern auch Forschungsansätze für die weiterführende Behandlung anderer<br />

längerfristiger Probleme mit Hochwasserbezug zu definieren und Empfehlungen für deren<br />

Lösung und angemessene Förderung zu erarbeiten.<br />

Der vorliegende <strong>Tagungsband</strong> repräsentiert heute, genau ein Jahr nach der Flut, einen<br />

Zwischenstand in der Bearbeitung der Teilprojekte. Er enthält bereits detaillierte Aussagen über<br />

die verschiedenen Teilaspekte ’Schadstoffbelastung in Folge des Hochwassers’. Die Teilprojekt-übergreifende<br />

Zusammenschau wird am Ende der Projektlaufzeit im umfassenden Endbericht<br />

vorgestellt.<br />

Magdeburg, 18. August 2003<br />

Prof. Dr. W. Geller<br />

2


<strong>Tagungsband</strong> Statusseminar des BMBF-Ad-hoc-Verbundprojektes in Freiberg, 27.-29.08.2003<br />

Inhalt<br />

(alphabetisch geordnet nach Hauptautor; alle Einträge im PDF zu den Abstracts verlinkt)<br />

Schicksale fakultativ pathogener Mikroorganismen während und nach dem<br />

Sommerhochwasser an Elbe und Mulde Wolf-Rainer Abraham, Dirk F. Wenderoth. . . . . 6<br />

Identifizierung und Analyse des ökotoxikologischen Potentials von Flußsedimenten<br />

als Folge der durch Hochwasser mobilisierten Kontaminationen Rolf Altenburger,<br />

Werner Brack, Matthias Grote, Susanne Moschütz, Albrecht Paschke, Kristin Schirmer,<br />

Helge Walter, Klaus Wenzel, Gerrit Schüürmann. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9<br />

Schadstoffbelastung in Hochwassersedimenten Ursula Anacker, Ulrich Gutteck,<br />

Matthias Welker. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12<br />

Transport von Schwermetallen bei Hochwasserführung der Elbe: gelöst, partikeloder<br />

kolloidgebunden? Martina Baborowski, Frank von der Kammer, Kurt Friese. . . . . 17<br />

Hochwasservoraussagen und Forschungsbedarf aus der Sicht der Meteorologie<br />

Christian Bernhofer, Franz Berger, Valeri Goldberg. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22<br />

Elbehochwasser 2002: organische Spurenstoffe in Wasser- und Schlammproben im<br />

Raum Dresden Hilmar Börnick, Thomas Grischek, Eckhard Worch. . . . . . . . . . . . . . . . . . 28<br />

Vergleich der Wassergüte vor/während/nach dem Sommerhochwasser in der<br />

sächsischen Elbe Sophie Conradt, Lutz Küchler, Holm Friese, Sylvia Rohde. . . . . . . . . . . 32<br />

Schwermetallbelastungen der Böden in Elbauen ober- und unterhalb der<br />

Muldemündung Alexander Gröngröft, Frank Krüger, Günter Miehlich. . . . . . . . . . . . . . . 37<br />

Flächenhafte Erfassung der Hochwassergebiete mittels Fernerkundungsdaten<br />

Dagmar Haase, Thilo Weichel, Martin Volk, Cornelia Gläßer, Jens Birger, Doreen<br />

Zober, Peter Reinartz, Thomas Heege, Rupert Müller, Manfred Schroeder. . . . . . . . . . . . 43<br />

Non Target Screening organischer Schadstoffe des Sediments der unteren Mulde<br />

(TP 3.10) Nicolas Heinzel, Michael Specht, Stephan Franke, Wittko Francke. . . . . . . . . . . 58<br />

Ökotoxikologische Befunde aus dem Wattenmeer Susanne Heise, Sebastian Höss,<br />

Wolfgang Ahlf. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61<br />

Brandenburger Elbauen - Schadstoffbelastung der Böden durch<br />

Hochwasserereignisse und Folgen für die Nutzung Gundula Herwig ,<br />

Wolfgang Dinkelberg, Jürgen Ritschel. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65<br />

Aktivitäten des BMU im Hochwasserbereich Corinna Hornemann. . . . . . . . . . . . . . . . . 71<br />

Schwebstoff- und Schwermetalldeposition im Bitterfelder Muldestausee<br />

Frank W. Junge, Karl Jendryschik, Burkhard Scharf, Peter Morgenstern,<br />

Hanns-Christian Treutler, Wolfgang Czegka, Christiane Hanisch, Lutz Zerling. . . . . . . . . . 74<br />

Vergleich der Wassergüte vor, während und nach dem Sommerhochwasser in der<br />

sachsen-anhaltinischen Elbe Petra Kasimir, Bettina Friede. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78<br />

3


’Schadstoffbelastung nach dem Augusthochwasser 2002 - Ergebnisse und Forschungsbedarf’<br />

Schwermetalle und Arsen in der Mulde Werner Klemm, Ulrich Knittel, Annia Greif,<br />

Jose A.C. Broekaert, Volker Siemens. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83<br />

Schadstoff- und Flussgebietsmanagement im Muldesystem - Eine Konsequenz des<br />

Augusthochwassers 2002 Arndt Knöchel. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88<br />

Verlagerungen natürlicher Radionuklide im Muldesystem als Folge des<br />

Augusthochwassers Arndt Knöchel, Rolf Michel, Stephan Ritzel, Carsten Wanke. . . . . . . 92<br />

Analytische Qualitätssicherung - auch in der Forschung ein Thema?<br />

Corinna Kowalik, Jürgen W. Einax. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95<br />

Keim- und Schwermetallbelastung landwirtschaftlich und gärtnerisch genutzter<br />

Böden im Überschwemmungsbereich der Elbe Frank Krüger, Karsten Grunewald,<br />

Heike Petzoldt, Ralph Meissner. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98<br />

Einfluss des Hochwassers 2002 auf die Wassergüte der Elbe in Tschechien<br />

Jirí Medek, Petr Martínek, Stanislav Verner. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102<br />

Schadstoffe im landwirtschaftlich genutzten Überflutungsbereich -<br />

Forschungsbedarf Ralph Meissner, Karsten Grunewald, Frank Krüger, Heike Petzoldt,<br />

René Schwartz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106<br />

Isotopengeochemische Untersuchungen zur Grundwassergefährdung durch<br />

organische Schadstoffe in Folge des Flutereignisses Walter Michaelis,<br />

Siegmund Ertl. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107<br />

Schadstoffe und Radionuklide in urbanen Räumen des Elbe- und<br />

Muldeeinzugsgebietes Peter Popp, Wolf v. Tümpling, Klaus Freyer, Matthias Lincke,<br />

Matthias Schreiber, Hanns-Christian Treutler, Rainer Wennrich. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110<br />

Schadstoffbelastungen im Mulde- und Elbe-Einzugsgebiet nach dem<br />

Augusthochwasser 2002 Günter Rank, Kati Kardel, Werner Pälchen, Annia Greif. . . . . 114<br />

Schwermetalle in Auenböden der Elbe - ihre Verbreitung, Mobilitäten,<br />

Bindungsformen und ihr Transfer in Nutzpflanzen Jörg Rinklebe. . . . . . . . . . . . . . . . 121<br />

Ansätze einer integrierten und adressaten-orientierten Forschung zum<br />

gesellschaftlichen Hochwasserrisiko-Management Jochen Schanze. . . . . . . . . . . . . . . 127<br />

Langfristige Belastungen von Flusseinzugsgebieten durch Metalle und<br />

Radionuklide aus dem Altbergbau - Forschungs- und Handlungsbedarf für die<br />

Zukunft Petra Schneider, Karsten Osenbrück. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133<br />

Vorkommen und Verhalten von xenobiotischen Organika in Elbsedimenten<br />

Katrin Schröder, Jan Stien, Frank Sacher, Hans-Jürgen Brauch, Widow Schmidt. . . . . . . 137<br />

Die Überflutung des Goitschesees und ihre Folgen Martin Schultze,<br />

Andrea van der Veen, Kurt Friese. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141<br />

Bestimmung des Gefahrenpotenzials feinkörniger Buhnenfeldsedimente für die<br />

Wasser- und Schwebstoffqualität der Elbe sowie den Stoffeintrag in Auen<br />

René Schwartz, Hans-Peter Kozerski. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145<br />

4


<strong>Tagungsband</strong> Statusseminar des BMBF-Ad-hoc-Verbundprojektes in Freiberg, 27.-29.08.2003<br />

Auswirkungen des Hochwassers im August 2002 auf die Gewässergüte der Elbe in<br />

Hamburg Susanne Sievers, Wolfgang Ahlf, Otto-Heinrich Bauer, Harald Berger,<br />

Werner Blohm, Robert Dannenberg, Susanne Heise, Rainer Götz, Raimund Lauer,<br />

Klaus Roch. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149<br />

Auswirkungen der Augusthochwasserereignisse 2002 auf den Tal-<br />

Grundwasserkörper im Stadtgebiet Dresden Thomas Sommer, Kirsten Ullrich,<br />

Ludwig Luckner. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154<br />

Das Vorkommen von "Dioxinen" in der Elbe Burkhard Stachel, Wilhelm Knoth,<br />

Frank Krüger, Heinrich Reincke, René Schwartz, Steffen Uhlig. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158<br />

Belastungssituation im Regierungsbezirk Lüneburg: Der Pfad Boden-Pflanze-Tier.<br />

Ein Zwischenbericht. Dorit Stehr. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161<br />

Belastung der Sedimente in Trinkwassereinzugsgebieten von Elbe und Mulde<br />

Gerhard Strauch, André Sbjeschni, Anke Bittkau, Dietmar Schlosser. . . . . . . . . . . . . . . . . 166<br />

Entwicklung der Wasserbeschaffenheit in den Trinkwassertalsperren nach dem<br />

August-Hochwasser 2002 Ralf Sudbrack. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172<br />

Urbane Schadstoffquellen und Präventionsmaßnahmen Wolf von Tümpling,<br />

Peter Popp, Rainer Wennrich, Hanns-Christian Treutler. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176<br />

Hochwasserinduzierte Effekte auf Grundwasserstände und -belastungen im Raum<br />

Bitterfeld Holger Weiß, Michael Rückert. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180<br />

Ermittlung räumlicher Risikobereiche und Auswirkungen auf die Landnutzung<br />

Peter Wycisk, Christian Neumann, Gerd Fleck, Wolfgang Gossel. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185<br />

5


’Schadstoffbelastung nach dem Augusthochwasser 2002 - Ergebnisse und Forschungsbedarf’<br />

Schicksale fakultativ pathogener Mikroorganismen während und nach dem<br />

Sommerhochwasser an Elbe und Mulde<br />

Wolf-Rainer Abraham, Dirk F. Wenderoth<br />

GBF - Gesellschaft für Biotechnologische Forschung mbH, Umweltmikrobiologie, Mascheroder Weg 1,<br />

38124 Braunschweig, Tel. 0531/6181-419, Fax 0531/6181-411, wab@gbf.de<br />

1 Einleitung<br />

Nach dem Rückgang des Wassers aus den von der Flutkatastrophe der Elbe und der Mulde<br />

betroffenen Städten, ist der vom Wasser eingetragene Schlamm zurückgeblieben. Dieser<br />

Schlamm ist in einem unbekannten Maße mit potentiell pathogenen Mikroorganismen angereichert,<br />

die größtenteils durch die Überflutung von Klärwerken und der Kanalisation in die<br />

Umwelt gelangten und an die Schlammpartikel gebunden sedimentierten. Diese Mikroorganismen<br />

stellen in geringen Konzentrationen keine Gefährdungen dar, sondern sind sogar<br />

Bestandteil der normalen menschlichen und tierischen Bakteriengemeinschaft. Durch den<br />

hohen Schlammeintrag erreichen die Bakterien allerdings eine solch hohe Konzentration, dass<br />

sie pathogen wirken können. Somit stellt der Schlamm mit seinen Mikroorganismen in den<br />

Kellern der Häuser, auf den Spielplätzen und zum Teil in den Strassen beim Kontakt ein pathogenes<br />

Potential für den Menschen dar.<br />

Um das Gefährdungspotential für die Menschen abschätzen zu können, ist ein grundlegendes<br />

Verständnis über das Vorkommen und das Schicksal der pathogenen Bakterien im Schlamm des<br />

Hochwassers, welches in diesem Ausmaß in Deutschland noch nicht vorgekommen ist, erforderlich.<br />

Um zu dieser zentralen Frage einen Beitrag zu leisten, wurden zunächst die Keimzahlen<br />

der Bakterien im Schlamm von verschiedenen Probenahmestandorten auf Selektivmedien<br />

bestimmt und die im Schlamm vorkommenden Bakterien phylogenetisch analysiert. Dazu<br />

wurden die Nukleinsäuren extrahiert und ein Abschnitt der 16S rRNA Gene in einer Polymerase<br />

Kettenreaktion (PCR) amplifiziert. Die Amplikons wurden anschließend sequenz-spezifisch in<br />

einer single-strand conformation polymorphism (SSCP) Analyse aufgetrennt. Diese Analyse<br />

erlaubt den Vergleich der Biodiversität in verschiedenen Umweltproben und die Bestimmung<br />

der einzelnen Bakterienarten in einer Umweltprobe (Lünsdorf et al., 2001). Aus den so erhaltenen<br />

einzelnen Fingerprints können dann Sequenzinformationen gewonnen werden, um Bakterienarten<br />

zu identifizieren und um real time PCR-Sonden zu generieren, die dann die einzelnen<br />

pathogenen Bakterien schnell in den jeweiligen Proben (Wasser oder/und Schlamm) quantifizieren<br />

können (Lübeck und Hoorfar, 2003). Hierzu sind Keimzahlbestimmungen der einzelnen<br />

Bakteriengruppen auf Selektivagarnährböden unerlässlich. Zwar wachsen auf diesen Medien<br />

nicht nur fakultativ pathogene Bakterien, sondern auch eng verwandte Stämme, welche auch in<br />

der Umwelt vorkommen, aber nicht pathogen sind, die Keimzahlen auf den unterschiedlichen<br />

Medien stellen aber eine erste wichtige Größe bei derartigen Untersuchungen dar (Strauba und<br />

Chandlerb, 2003). So können kritische Bereiche identifiziert werden, in denen diese Bakterien<br />

längere Zeit eine Gefahr darstellen und geeignete Gegenmaßnahmen ergriffen werden. Die<br />

Kenntnis solcher Reservoirs pathogener Bakterien erlaubt ihre sehr gezielte Bekämpfung nach<br />

entsprechenden Katastrophen und damit die Abwehr einer möglichen Gefährdung für die<br />

betroffenen Menschen.<br />

2 Ergebnisse<br />

Bei zwei Serien von Beprobungen mit einem mobilen Feldlabor in der Stadt Hitzacker (Elbe)<br />

und im Kreis Bitterfeld (Mulde) wurden aus überschwemmten Kellern, Gartenteichen und<br />

Brunnen Wasserproben genommen und anschließend in der GBF im Labor mikrobiologisch<br />

untersucht. Als Sofortmaßnahme nach der Flut wurde z. T. eine Desinfektion der Gebäudeteile<br />

6


<strong>Tagungsband</strong> Statusseminar des BMBF-Ad-hoc-Verbundprojektes in Freiberg, 27.-29.08.2003<br />

propagiert, welche mit dem Flutwasser in Berührung gekommen waren. Wo diese Desinfektion<br />

vorgenommen wurde, wurden von uns keine Proben genommen, um den Datensatz nicht zu<br />

divers zu machen. Die Proben werden vor Ort fixiert bzw. eingefroren, um eine nachträgliche<br />

Veränderung der mikrobiellen Gemeinschaften zu verhindern. Der Teil der Proben, welcher für<br />

die Kultivierung auf Selektivagar-Nährböden vorgesehen war, wurde unmittelbar nach der<br />

Rückkehr ins Labor ausplattiert. Die Agarnährböden wurden nach den EU-Richtlinien für<br />

Gewässerhygiene kultiviert und die entstehenden Kolonien wurden ausgezählt, wobei nach<br />

verschiedenen Koloniefarben unterschieden wurde. Zunächst wurden Keimzahlen auf Selektivagarnährböden<br />

zur klassischen Bestimmung von pathogenen Bakterien (coliforme Keime,<br />

Salmonellen) bestimmt. Hierzu kamen Salmonella Shigella Agar (Escherichia, Enterobacter,<br />

Salmonella, Shigella, Proteus), Gassner Agar (Escherichia, Staphylococcus), Bile Aesculin<br />

Agar (Enterococcus, Streptococcus) und Endo Agar (Escherichia, Enterobacter, Klebsiella)<br />

zum Einsatz.<br />

Anschließend wurden von den Platten Bakterienstämme isoliert und phylogenetisch identifiziert<br />

(über den Vergleich mit Referenzstämmen bzw. mittels Sequenzierung der 16S rRNA<br />

Gene). Diese Stämme werden dann auf ihre Resistenz gegenüber verschiedenen Antibiotika<br />

getestet. Die auf den verschiedenen Nährböden bestimmten Keimzahlen gaben zunächst<br />

Auskunft über das pathogene Potential der einzelnen Proben. Eine genauere Charakterisierung<br />

wurde dann schließlich in den SSCP Fingerprint-Analysen erreicht, welche auf den Nukleinsäuren<br />

basieren, die zum einen aus den Umweltproben und zum anderen aus den auf den Nährböden<br />

gewachsenen Kolonien gewonnen wurden. Hierzu wurde ein Stück der 16S rRNA Gene<br />

mittels PCR amplifiziert und unter SSCP-Bedingungen analysiert. Die Identifizierung der<br />

Banden erfolgte zum einen über den Vergleich mit Referenzstämmen, die in unserer großen<br />

Stammsammlung zahlreich vorhanden sind. Zum anderen wurden aber auch prominente und/<br />

oder charakteristische Banden aus dem Gel ausgeschnitten und anschließend sequenziert. Die<br />

erhaltenen Sequenzen wurden dann über die öffentlich zugänglichen 16S rDNA Datenbanken<br />

Abbildung 1: Keimzahlen BFT und Hitzacker<br />

280000<br />

260000<br />

240000<br />

220000<br />

200000<br />

cfu/ml<br />

180000<br />

160000<br />

140000<br />

120000<br />

100000<br />

80000<br />

60000<br />

40000<br />

20000<br />

0<br />

1 2 3 4 5 6 8 9 10 11 13 14 15<br />

Probe<br />

Endo Agar<br />

Bile - Äsculin Agar<br />

Gassner Agar<br />

SS Agar<br />

7


’Schadstoffbelastung nach dem Augusthochwasser 2002 - Ergebnisse und Forschungsbedarf’<br />

und unsere Arbeitsgruppen-interne Banken (welche hauptsächlich klinische und Umwelt-<br />

Isolate umfasst) identifiziert (Lünsdorf et al., 2002).<br />

Mit Hilfe der so generierten Daten können die einzelnen Proben nun untereinander und auch<br />

über die Zeit verglichen werden. Dabei ergab sich ein klarer Unterschied zwischen den Proben<br />

aus Hitzacker (Nr. 13-15) und dem Bitterfelder Raum (Nr. 1-11). Man sieht zudem, dass das<br />

Wasser des Goitsche-Sees (Probe Nr. 1), das Wasser eines Brunnens in Priorau (Probe Nr. 5)<br />

und der nach der Flut gesäuberte und durch Brunnenwasser neu geflutete Teich in Raguhn<br />

(Probe Nr. 11) keine besorgniserregenden Keimzahlen aufwiesen, interessanterweise auch nicht<br />

das Wasser einer überfluteten Senke vor dem neuen Kreiskrankenhaus in Bitterfeld (das von der<br />

Flut stark betroffene Krankenhaus selbst war uns leider aus sicherheitstechnischen Gründen<br />

nicht zur Beprobung zugänglich gewesen). Weit höhere Keimzahlen wurden im Oberflächenwasser<br />

in Priorau (Probe Nr. 6) gefunden (unmittelbar neben dem Brunnen, aus dem Probe Nr.<br />

5 stammt), jedoch sind darunter nur wenige E. coli Keime.<br />

Die Diversitätsuntersuchungen basierend auf den 16S rRNA Genen der mikrobiellen Gemeinschaften<br />

zeigten eine gute Übereinstimmung mit den Keimzahlen auf den verschiedenen Selektivnährböden.<br />

Dabei zeigte sich, dass E. coli Stämme in den Proben aus dem Bitterfelder Raum<br />

nur wenig vertreten waren bzw. fehlten, während sie in den meisten Hitzacker Proben klar nachweisbar<br />

waren. Dies ist insofern bemerkenswert, da die Bitterfelder Proben als solche schon<br />

sehr divers waren, d. h. aus sehr unterschiedlichen Habitaten stammten. So waren darin Proben<br />

aus Kellern, welche von der Mulde geflutet waren, aber auch solche, die zusätzlich noch eine<br />

Verunreinigung durch Heizöl aufwiesen. Weiter waren in dem Probenspektrum auch offene<br />

Gewässer auf überfluteten Weiden und aus dem Goitsche-See. Wenn nun alle diese Bitterfelder-Proben<br />

eine solche geringe E. coli-Keimzahl zeigen, so deutet dies auf Ursachen hin,<br />

welche dem Bitterfelder-Raum gemeinsam sind und welche sich nicht in Hitzacker finden<br />

lassen. Eine solche Ursache könnte zum Beispiel der relativ hohe Gehalt an Schwermetallen,<br />

insbesondere an Arsen sein.<br />

3 Ausblick<br />

Die weiteren Arbeiten werden dann weitere Einblicke vermitteln, wo potentiell pathogene<br />

Bakterien noch solchen Flutkatastrophen vorhanden sind und wo sie am besten bzw. am<br />

wenigsten überleben. Aus diesen Erkenntnissen können dann unmittelbar Gegenmaßnahmen<br />

abgeleitet werden wie beispielsweise die Desinfizierung von Kellern (die zum Teil im Bitterfelder<br />

Raum breit durchgeführt wurde, aber in Hitzacker nicht erfolgt ist) oder die Einschränkung<br />

der Benutzung von Brunnenwässern. Für zukünftige Überschwemmungen können zudem<br />

Vorhersagen getroffen werden wie sich potentiell pathogene Bakterien in der Umwelt verhalten<br />

werden, wo sie keine Gefahr darstellen und wo sie zu kontrollieren und ggf. zu bekämpfen sind.<br />

Es wird vermutet, da es sich bei den in den Umwelt gelangten Bakterien, um habitatfremde<br />

Organismen handelt, dass diese Organismen auch nur eine geringe Persistenz in der Umwelt<br />

haben. Dies ist allerdings noch nachzuweisen. Wir erhoffen uns weiter auch Erkenntnisse über<br />

den Einfluss anderer, ökologisch relevanter Faktoren, wie sie beispielsweise mit den Arsenverbindungen<br />

im Bitterfelder Raum vorkommen, auf das Überleben dieser Bakterien. Diese Informationen<br />

werden sehr wertvoll sein für zukünftige Vorhersage-Modelle zu den Folgen großer<br />

Überschwemmungen.<br />

4 Danksagung<br />

Für die engagierte Unterstützung durch Mitarbeiter des Gesundheitsamts in Bitterfeld und<br />

durch Bewohner in der Stadt Hitzacker bedanken wir uns ganz herzlich.<br />

8


<strong>Tagungsband</strong> Statusseminar des BMBF-Ad-hoc-Verbundprojektes in Freiberg, 27.-29.08.2003<br />

5 Publikationen<br />

Lübeck PS, und Hoorfar J (2003) PCR Technology and applications to zoonotic food-borne bacterial pathogens.<br />

In: Methods in Molecular Biology, Vol. 216 "PCR Detection of microbial pathogens" (Eds.:<br />

Sachse K, und Frey J), Humana Press, Totowa, NJ, USA. pp. 65-85.<br />

Lünsdorf H, Strömpl C, Osborn AM, Bennasar A, Moore ERB, Abraham WR, und Timmis KN (2001)<br />

Approach to analyse interactions of microorganisms, hydrophobic substrates, and soil colloids leading<br />

to formation of composite biofilms, and to study initial events in microbiogeological processes.<br />

Methods Enzymol., 336: 317-331.<br />

Lünsdorf H, Wenderoth DF, und Abraham WR (2002) Microbial consortia in composite biofilms from acidic<br />

mining lakes. Water, Air and Soil Pollution (Focus), 2: 69-79<br />

Strauba T M, und Chandlerb D P (2003) Towards a unified system for detecting waterborne pathogens. J.<br />

Microbiol. Methods, 53: 185-197.<br />

Identifizierung und Analyse des ökotoxikologischen Potentials von<br />

Flußsedimenten als Folge der durch Hochwasser mobilisierten<br />

Kontaminationen<br />

Rolf Altenburger, Werner Brack, Matthias Grote, Susanne Moschütz, Albrecht Paschke,<br />

Kristin Schirmer, Helge Walter, Klaus Wenzel, Gerrit Schüürmann<br />

<strong>UFZ</strong>-Umweltforschungszentrum Leipzig-Halle, Sektion Chemische Ökotoxikologie und<br />

Nachwuchsgruppe Molekulare Tierzelltoxikologie, Permoserstraße 15, 04318 Leipzig, Tel 0341/235-2224,<br />

Fax 0341/235-2401, rolf.altenburger@uoe.ufz.de<br />

1 Zielstellung und Problem<br />

Das Jahrhunderthochwasser im Elbeeinzugsgebiet im August 2002 führte u.a. zu einer Überflutung<br />

hochbelasteter Flächen z.B. in der Region Bitterfeld und in den tschechischen Chemiestandorten<br />

(Spolana) entlang der Elbe. Durch die mögliche Verlagerung und Remobilisierung<br />

von hoch belasteten Sedimenten und den Neueintrag von Schadstoffen z.B. aus zerstörten Tankanlagen<br />

ergibt sich die Notwendigkeit einer ökotoxikologischen Analyse von Flußsedimenten.<br />

Mit einer Pilotstudie im Raum Bitterfeld konnte gezeigt werden, daß die untersuchten<br />

Schlämme teilweise ein deutliches toxikologisches Potential aufweisen bei gleichzeitig<br />

beträchtlichen Gehalten an organischen Schadstoffen und Schwermetallen (Brack et al., 2002a).<br />

Ziel des Vorhabens ist es, mit Hilfe einer geeigneten Kombination von chemischen und biologischen<br />

Untersuchungsmethoden mögliche ökotoxische Effekte zu identifizieren und den für<br />

eine Beurteilung notwendigen Zusammenhang zur Exposition gegenüber i.a. komplexen<br />

Fremdstoffmischungen zu analysieren. Potentielle Gefährdungen werden durch die Anwendung<br />

einer breiten Palette biologischer Wirkungstests identifiziert. Belastungsschwerpunkte<br />

werden ermittelt, und durch eine Längsprofil-orientierte Untersuchung der Flüsse Elbe und<br />

Mulde werden Belastungsquellen räumlich eingegrenzt. Die stofflichen Ursachen an den Belastungsschwerpunkten<br />

werden mittels wirkungsorientierter Analytik identifiziert. Die Exposition<br />

der aquatischen Lebensgemeinschaft und das Remobilisierungspotential der Schadstoffe wird<br />

mit Hilfe biomimetischer Passivsammlermethoden (SPMDs) abgeschätzt.<br />

2 Selektion der Probenstandorte<br />

Im Rahmen des Teilprojektes wurden im März/April 2003 an 14 Stellen Sedimentproben aus<br />

der Elbe sowie je eine aus dem Spittelwasser und der Mulde entnommen. Es handelt sich um<br />

9


’Schadstoffbelastung nach dem Augusthochwasser 2002 - Ergebnisse und Forschungsbedarf’<br />

Mischproben aus 0-10 cm Tiefe von größtenteils schlammig-feinkörniger Konsistenz, die in<br />

Stillwasserbereichen (Hafenbecken) mit dem Sediment-Stechrohr genommen wurden. Die<br />

Probenahmeorte an der Elbe waren Bad Schandau, Königstein, Dresden, Mühlberg, Riesa,<br />

Torgau, Wittenberg, Dessau (Leopoldhafen), Barby, Magdeburg, Arneburg und Hitzacker. Das<br />

Spittelwasser wurde bei Jessnitz beprobt, und die Mulde bei Dessau.<br />

3 Probenvorbereitung und chemische Analyse<br />

Die Sedimentproben wurden bei -20 bis -25 °C über Nacht vorgefroren, gefriergetrocknet und<br />

anschließend im Siebsatz gesiebt. Folgende Fraktionen wurden abgetrennt, für jeden Standort<br />

ausgewogen und verschiedenen Verwendungen zugeführt:<br />

• Fraktion 2 mm: Schwermetallanalytik nach Königswasseraufschluß und TOC-Bestimmung.<br />

• Fraktion 63 µm: Extraktion und chemische Analyse der stofflichen Belastung (Analytik von<br />

Chlororganika (DDX-Verbindungen, PCBs, Chlorbenzole, HCHs) und PAHs (insgesamt ca.<br />

50 Analyte).<br />

Die 63µm-Fraktion wurde mit ASE (Accelerated Solvent Extraction) mit einem Gemisch von<br />

Toluol/Aceton 70:30 extrahiert. Elementarer Schwefel wurde durch Zugabe von aktiviertem<br />

Kupfer entfernt. Die Analyse erfolgte mittels GC/MS unter Verwendung interner Standards.<br />

Die Wiederfindung betrug für die Organochlorverbindungen zwischen 86 % und 97 % und für<br />

die PAHs zwischen 75 % und 90 % (Wenzel et al., 1998, Hubert et al., 2000, Hubert et al.,<br />

2001).<br />

4 Extraktion und Identifizierung von organischen und anorganischen Schadstoffen<br />

Zur Ermittlung der stofflichen Ursachen der gemessenen Wirkungen wurden die Extrakte einer<br />

biotestgeleiteten Fraktionierung und Analytik unterzogen (Brack et al., 1999). Dabei wird durch<br />

eine Fraktionierung der Stoffgemische die Komplexität der Proben reduziert. Die anschließende<br />

Analytik kann sich dann auf die wirksamen Fraktionen konzentrieren, die in der Regel weniger<br />

komplex und damit einer chemischen Identifizierung leichter zugänglich sind. Das Ziel ist die<br />

Herstellung eines Kausalzusammenhanges zwischen stofflicher Belastung und biologischer<br />

Wirkung, aus der maßgeschneiderte Sanierungsstrategien abgeleitet werden können.<br />

Eine erste säulenchromatografische Fraktionierung erfolgte an Alumnia. Auf diese Weise wird<br />

eine Trennung der Komponenten in vier Fraktionen erreicht, deren Komponenten sich durch<br />

unterschiedliche Polarität auszeichnen. Nach einem Lösungsmittelwechsel zu DMSO wurde<br />

die Probe für die biologische Wirkungstestung bereit gestellt. Bis dato liegen die Extrakte der<br />

Standorte Königstein, Dresden, Wittenberg, Dessau (Leopoldhafen), Barby und Magdeburg<br />

vor. Die Extraktion und Fraktionierung der verbleibenden Standorte ist in Arbeit.<br />

5 Biologische Wirkungstestung<br />

Die Belastung der Sedimentproben hinsichtlich einer biologische Wirksamkeit wird sowohl an<br />

Sedimentextrakten als auch an Gesamtsedimenten untersucht.<br />

Durch die Anwendung von Sedimentkontakttesten in Form eines pflanzlichen Aufwuchstests<br />

mit Lemna minor sowie eines Entwicklungsbiotests mit Fischeiern von Danio rerio werden<br />

sowohl unterschiedliche trophische und physiologische Kompetenzen von Organismen repräsentiert<br />

als auch die Frage der Bioverfügbarkeit von Expositionen gegenüber belasteten Sedimenten<br />

direkt adressiert. Bisherige Ergebnisse zeigen für alle bis dato getesteten 6 Standorte<br />

eine deutliche Toxizität (Abb. 1).<br />

10


<strong>Tagungsband</strong> Statusseminar des BMBF-Ad-hoc-Verbundprojektes in Freiberg, 27.-29.08.2003<br />

Wachstumshemmung (%)<br />

50<br />

45<br />

40<br />

35<br />

30<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

Königstein<br />

Dresden<br />

Wittenberg<br />

Dessau<br />

Barby<br />

Magdeburg<br />

Abbildung 1: Toxizität von Gesamtsedimenten gegenüber Lemna minor.<br />

Zur Herstellung von kausalen Beziehungen zwischen erkennbaren Belastungen und wirkspezifischen<br />

Effekten werden die Sedimentextrakte mit wirkweisenorientierten Bioassays charakterisiert.<br />

Zur wirkweisenspezifischen Analyse werden molekulare Assays sowie organismische<br />

Biotests zur Detektion von Photosynthesestörungen (Algenkurzzeittest), von Hemmungen des<br />

bakteriellen Energiestoffwechsel (Kurzzeit-Leuchtbakterientest), von akuter Invertebratentoxizität<br />

(Daphnien-Immobilisierungstest) und von dioxin-ähnlichen Effekten (EROD-Assay an<br />

Fischzellen) sowie ein Gentoxizitätstest (bakterieller umu-Assay) und ein Cytotoxizitätstest an<br />

Fischzellkulturen (Neutralrot-Assay) eingesetzt (Altenburger und Segner 2000, Dayeh et al.<br />

2002, Schirmer et al. 2001).<br />

6 Zeitintegriertes Monitoring der Wasserphase mit SPMDs<br />

Als Instrument zur zeitintegrierten Erfassung der gelösten (und damit leicht bioverfügbaren)<br />

Anteile an hydrophoben organischen Schadstoffen und zur Abschätzung des Risikos kontaminierter<br />

Sedimente für aquatische Organismen werden lipid-gefüllte semipermeable Membranen<br />

(SPMDs) genutzt (Vrana et al., 2001a, Vrana et al., 2001b). Sie sind über einen Zeitraum von 4<br />

Wochen in Stillwasserbereichen an den Standorten Bad Schandau, Torgau, Wittenberg, Dessau<br />

und Barby der vorausgegangenen Sediment-Probenahme exponiert worden. Zusätzlich erfolgte<br />

bei Mühlberg die SPMD-Exposition direkt im Elbestrom. Aus den akkumulierten Schadstoffmengen<br />

können mit Hilfe des Fugazitätsmodells Aussagen zum Remobilisierungspotential der<br />

Schadstoffe aus den belasteten Sedimenten getroffen werden. Außerdem ist aufgrund der Langzeitakkumulation<br />

bei Einsatz sehr nachweisempfindlicher Analysenverfahren die Identifizierung<br />

gelöster Verunreinigungen noch in extremen Spuren möglich.<br />

7 Literatur<br />

Altenburger R, Segner H 2000. Anwendung biologischer Testverfahren für ökotoxikologische Wirkungsanalysen.<br />

In: Fomin A et al. (Hrsg.) Bioindikation. Biologische Testverfahren. Verlag G. Heimbach, Stuttgart,<br />

S. 23-31.<br />

Brack W, Altenburger R, Dorusch F, Hubert A, Möder M, Morgenstern P, Moschütz S, Mothes S, Schirmer<br />

K, Wennrich R, Wenzel K-D, Schüürmann G 2002a. Hochwasser 2002. Chemische und toxische Belastung<br />

überschwemmter Gemeinden im Raum Bitterfeld. UWSF - Z. Umweltchem. Ökotox. 14: 213-220.<br />

11


’Schadstoffbelastung nach dem Augusthochwasser 2002 - Ergebnisse und Forschungsbedarf’<br />

Brack W, Altenburger R, Ensenbach U, Möder M, Segner H, Schüürmann G 1999. Bioassay-directed identification<br />

of organic toxicants in river sediments in the industrial region of Bitterfeld (Germany) - A<br />

contribution to hazard assessment. Arch. Environ. Contam. Toxicol. 37: 164-174<br />

Dayeh, VR, Schimer K., and Bols NC 2002. Development and application of fish cell line bioassays for<br />

evaluating the toxicity of industrial effluents. Water Res. 36: 727-3738.<br />

Hubert A, Wenzel K-D, Manz M, Weissflog L, Engewald W, Schüürmann G 2000. High extraction efficiency<br />

of POPs in real contaminated soil samples using accelerated solvent extraction. Anal. Chem. 72: 1294-<br />

1300.<br />

Hubert A, Wenzel K-D, Engewald W, Schüürmann G 2001. Accelerated solvent extraction - More efficient<br />

extraction of POPs and PAHs from real contaminated plant and soil samples. Rev. Anal. Chem. 20: 101-<br />

144.<br />

Vrana B, Paschke A, Popp P, Schüürmann G 2001a. Use of semipermeable membrane devices (SPMDs):<br />

Determination of bioavailable, organic, waterborne contaminats in the industrial region of Bitterfeld,<br />

Saxony-Anhalt, Germany. ESPR - Environ. Sci. & Pollut. Res. 8: 27-34.<br />

Vrana B, Paschke A, Popp P 2001b. Polyaromatic hydrocarbon concentrations and patterns in sediments and<br />

surface water of the Mansfeld region, Saxony-Anhalt, Germany. J. Environ. Monitor. 3: 602-609.<br />

Wenzel K-D, Hubert A, Manz M, Weissflog L, Engewald W, Schüürmann G 1998. Accelerated solvent<br />

extraction of semivolatile organic compounds from biomonitoring samples of pine needles and mosses.<br />

Anal. Chem. 70: 4827-4835.<br />

Schadstoffbelastung in Hochwassersedimenten<br />

Ursula Anacker, Ulrich Gutteck, Matthias Welker<br />

Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt, Dezernat Bodenschutz/Altlasten, Reideburger Straße 47,<br />

06116 Halle (Saale), Tel 0345/5704-443, Fax 0345/5704-405, ursula.anacker@lau.mu.lsa-net.de<br />

1 Untersuchungsziel und Probennahmen<br />

Die vom Landesamt für Umweltschutz wenige Tage nach Eintritt des Hochwassers eingeleiteten<br />

Untersuchungen dienten dem Ziel, Hinweise auf die Schadstoffbelastung zu erhalten, die<br />

in den überschwemmten bzw. überfluteten Gebieten durch das extreme Hochwasser selbst und<br />

die Ablagerung der Sedimente entstand. Dazu wurde ein Untersuchungsprogramm nach<br />

behördlicher Abstimmung per Erlass als "Sondermessprogramm Hochwassersedimente und<br />

Boden" durch das zuständige Ministerium verfügt und umgesetzt. Die gewonnenen Untersuchungsergebnisse<br />

werden mit Prüf- und Maßnahmenwerten der Bundes-Bodenschutz- und<br />

Altlastenverordnung verglichen; die Forderungen dieser Verordnung an die Beprobungsdichte<br />

konnten nicht eingehalten werden. Das Landesamt für Umweltschutz hat Proben auf insgesamt<br />

nur 75 Flächen aus dem mehrere Hundert Quadratkilometer (!) großen Überflutungsgebiet<br />

entnommen.<br />

Weil eine Gefährdungsabschätzung im Sinne des Bodenschutzrechts weder möglich noch beabsichtigt<br />

war, stand die Frage im Vordergrund, ob nach dem Hochwasser vom August 2002 deutlich<br />

andere als aus den Vorjahren bekannte Verhältnisse festzustellen sind. Dieses<br />

Untersuchungsziel war am besten zu erfüllen, indem an jenen Stellen Proben entnommen<br />

wurden, zu denen aus früheren Probennahmen bereits Untersuchungsergebnisse vorlagen - alle<br />

vom Landesamt für Umweltschutz entnommenen Proben stammen von solchen Stellen /1/.<br />

Im Zeitraum vom 23.08.02 bis 09.10.02 wurden Proben aus den Überschwemmungsgebieten<br />

und den durch Deichbrüche überfluteten Gebieten entnommen. In Abstimmung mit anderen<br />

12


<strong>Tagungsband</strong> Statusseminar des BMBF-Ad-hoc-Verbundprojektes in Freiberg, 27.-29.08.2003<br />

Behörden des Landes Sachsen-Anhalt betrafen die Beprobungen die freie Fläche und nicht die<br />

kommunalen Innenbereiche. Die Beprobung der ausgewählten Flächen erfolgte für Sedimentproben<br />

oberflächennah, für Bodenproben bei Grünlandflächen in 0-10 cm und bei Ackerflächen<br />

in 0-10 und 10-30 cm. Im Vergleich mit den früheren Ergebnissen konnten damit Aussagen zum<br />

Einfluss des Überschwemmungsereignisses tiefendifferenziert gewonnen werden.<br />

2 Bewertung der Ergebnisse<br />

Insgesamt hat das Landesamt für Umweltschutz an 75 Stellen Proben genommen. Nur an 65<br />

Stellen waren auch gleichzeitig Proben vom Hochwassersediment möglich. Es wurden 157<br />

einzelne Proben ausgewertet.<br />

Im Ergebnis ist festzustellen, dass durch das Hochwasser im August 2002 im Allgemeinen<br />

keine Verschlechterung der stofflichen Belastung der Böden in den Überschwemmungsgebieten<br />

der Elbe und der Mulde eingetreten ist. Im Wesentlichen unterscheidet sich die Situation<br />

der stofflichen Bodenbelastung vor und nach dem Hochwasser nicht.<br />

Auffällig ist die große Schwankungsbreite bei den Untersuchungsergebnissen aller Schwermetalle<br />

und Arsen (Abb 1). Die Maßnahmenwerte der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung<br />

für die Grünlandnutzung sind im Falle von Arsen und Quecksilber regelmäßig<br />

überschritten, ebenso wie vor dem Hochwasserereignis. Die Streubreite der gemessenen<br />

Konzentrationen für Arsen ist vor dem Hochwasserereignis vielfach deutlich höher als zur Zeit<br />

des Hochwassers. Bei Kupfer treten Überschreitungen der Maßnahmenwerte von 200 mg/kg ab<br />

Elbe-km 330 bei Magdeburg auf. Dieser Maßnahmenwert für Kupfer gilt für die Grünlandnutzung<br />

durch Schafe; andernfalls liegt der Maßnahmenwert bei 1300 mg/kg und wird in keinem<br />

Fall erreicht. Die Konzentrationen von Cadmium, Blei und Nickel erreichen die Maßnahmenwerte<br />

nach dem Hochwasserereignis nicht. Für Quecksilber ist die Tendenz einer stärkeren<br />

Belastung oberhalb der Saalemündung (Elbe-km 290) zu erkennen, die sich im weiteren Elbeverlauf<br />

fortsetzt. Dieser Sachverhalt wird in Abbildung 2 deutlich. Ein Anstieg der Arsenkonzentrationen<br />

auf Flächen durch den Einfluss der Mulde bei Dessau ist erkennbar<br />

(Muldemündung bei Elbe-km 260), dieser ist jedoch räumlich begrenzt. Im Überschwemmungsbereich<br />

der Mulde ist die Arsenbelastung stark ausgeprägt, die Maßnahmenwerte sind<br />

z.T. deutlich überschritten.<br />

Auffallend ist, dass kritische Bodenbelastungen (vgl. Arsen und Quecksilber) auf die Überschwemmungsgebiete<br />

beschränkt sind. Die während der Flutkatastrophe aufgrund von Deichbrüchen<br />

einmalig überschwemmten Flächen weisen in keinem Fall eine Überschreitung der<br />

Maßnahmenwerte auf.<br />

Zwar ist eine schwach ausgeprägte Tendenz zunehmender Arsen-Gehalte mit zunehmender<br />

Bindigkeit der Böden erkennbar, Häufigkeit und Dauer von Überflutungsereignissen scheinen<br />

aber als Einflussfaktoren bedeutender zu sein. Überschwemmungsereignisse werden durch die<br />

Reliefverhältnisse gesteuert - so erklärt sich, dass in relativ geringen Abständen deutlich<br />

voneinander abweichende Schadstoffgehalte gemessen werden. Abbildung 3 zeigt ein Höhenprofil<br />

zur Verdeutlichung der Reliefunterschiede.<br />

Deutliche Unterschiede der Schadstoffkonzentrationen zwischen oberflächennaher Boden- und<br />

zugehöriger Sedimentprobe sind nicht festzustellen, auch wenn die Schwermetallkonzentration<br />

der oberflächennahen Bodenproben vielfach geringfügig höher ist als jene der Sedimentproben.<br />

Ein Tiefengradient ist nachweisbar; bereits in der zweiten Tiefenstufe (10 - 30 cm) ist eine deutliche<br />

Abnahme der Arsen- und Quecksilbergehalte festzustellen.<br />

Für organische Schadstoffe liegen Untersuchungsergebnisse 'vor dem Hochwasserereignis'<br />

vom jeweiligen Untersuchungsauftrag abhängige Messungen ausgewählter Summenparameter<br />

13


’Schadstoffbelastung nach dem Augusthochwasser 2002 - Ergebnisse und Forschungsbedarf’<br />

Pb, mg/kg (Maßnahmenwert 1.200, Vorsorgewert 40/70/100)<br />

Ni, mg/kg (Maßnahmenwert 1.900, Vorsorgewert 15/50/70)<br />

vor<br />

400<br />

vor<br />

120<br />

nach<br />

nach<br />

300<br />

80<br />

200<br />

40<br />

100<br />

0<br />

150 200 250 300 350 400 450 500<br />

Elbe-km<br />

0<br />

150 200 250 300 350 400 450 500<br />

Elbe-km<br />

Cd, mg/kg (Maßnahmenwert 20, Vorsorgewert 0,4/1,0/1,5)<br />

Hg, mg/kg (Maßnahmenwert 2, Vorsorgewert 0,1/0,5/1,0)<br />

25<br />

vor<br />

nach<br />

40<br />

vor<br />

nach<br />

20<br />

30<br />

15<br />

20<br />

10<br />

5<br />

10<br />

0<br />

150 200 250 300 350 400 450 500<br />

Elbe-km<br />

0<br />

150 200 250 300 350 400 450 500<br />

Elbe-km<br />

Cr, mg/kg (kein Maßnahmenwert, Vorsorgewert 30/60/100)<br />

Zn, mg/kg (kein Maßnahmenwert, Vorsorgewert 60/150/200)<br />

400<br />

vor<br />

nach<br />

2500<br />

vor<br />

nach<br />

300<br />

2000<br />

1500<br />

200<br />

1000<br />

100<br />

500<br />

0<br />

150 200 250 300 350 400 450 500<br />

Elbe-km<br />

0<br />

150 200 250 300 350 400 450 500<br />

Elbe-km<br />

Cu, mg/kg (Maßnahmenwert 200/1.300, Vorsorgewert 20/40/60)<br />

As, mg/kg (Maßnahmenwert 50, nach LAGA Vorsorgewert 20)<br />

400<br />

vor<br />

nach<br />

250<br />

vor<br />

nach<br />

300<br />

200<br />

150<br />

200<br />

100<br />

100<br />

50<br />

0<br />

150 200 250 300 350 400 450 500<br />

Elbe-km<br />

0<br />

150 200 250 300 350 400 450 500<br />

Elbe-km<br />

Abb. 1:<br />

Werte von Bodenproben aus den Überschwemmungsgebieten der Elbe vor und nach<br />

dem Hochwasserereignis im August 2002<br />

(An den Diagrammen stehen die Maßnahmenwerte für den Wirkungspfad Boden – Nutzpflanze, Grünland, und die nach<br />

Substrat gestaffelten Vorsorgewerte der BBodSchV, im Falle von Arsen gilt die Empfehlung der LAGA für den natürlichen<br />

Schwankungsbereich des Arsengehaltes im Boden als Vorsorgewert, Mitteilungen der LAGA 20 /2/)<br />

14


<strong>Tagungsband</strong> Statusseminar des BMBF-Ad-hoc-Verbundprojektes in Freiberg, 27.-29.08.2003<br />

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Flusslauf Elbe und Mulde<br />

Überschwemmungsgebiete der Elbe<br />

aufgrund von Deichbrüchen<br />

überflutete Flächen<br />

As, mg/kg<br />

#S 0 - 20 (LAGA Vorsorgewert unterschritten)<br />

#S<br />

#S<br />

#S<br />

20 - 50 (Maßnahmenwert unterschritten)<br />

50 - 100 (Maßnahmenwert überschritten)<br />

> 100 (Maßnahmenwert deutlich überschritten)<br />

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#S#S#S<br />

#S#S#S<br />

#S#S<br />

#S#S#S #S#S#S #S#S#S<br />

#S<br />

#S#S<br />

#S#S#S#S#S<br />

#S#S#S#S<br />

#S#S<br />

#S#S<br />

#S#S<br />

#S<br />

#S#S<br />

#S#S<br />

#S#S<br />

#S#S#S #S#S#S<br />

#S#S<br />

#S#S<br />

#S<br />

#S#S<br />

#S#S<br />

#S#S<br />

#S<br />

#S#S<br />

#S#S<br />

#S#S<br />

#S#S<br />

#S#S<br />

#S#S<br />

Hg, mg/kg<br />

#S < 1 (Maßnahmenwert deutlich unterschritten)<br />

#S<br />

#S<br />

#S<br />

#S<br />

1 - 2 (unterhalb des Maßnahmenwertes)<br />

2 - 5 (Maßnahmenwert überschritten)<br />

5 - 10 (Maßnahmenwert deutlich überschritten)<br />

> 10 (Maßnahmenwert sehr deutlich überschritten)<br />

#S#S#S#S #S #S#S #S#S<br />

#S#S<br />

#S#S #S#S<br />

#S#S<br />

#S#S #S #S#S #S#S<br />

#S#S<br />

#S #S #S#S#S #S#S<br />

#S#S<br />

#S#S#S #S#S#S<br />

#S#S<br />

#S#S #S#S#S<br />

#S#S#S #S#S#S #S#S#S<br />

#S#S#S<br />

#S<br />

#S#S<br />

#S<br />

#S#S<br />

#S#S<br />

#S#S<br />

#S#S<br />

#S#S#S#S#S<br />

#S#S<br />

#S#S#S<br />

#S<br />

#S#S #S#S<br />

#S#S#S<br />

#S<br />

#S#S#S<br />

#S#S<br />

#S#S#S<br />

#S<br />

#S#S#S<br />

Abb. 2:<br />

Verteilung der Arsen- und Quecksilbergehalte nach dem Hochwasserereignis<br />

im August 2002<br />

und Screening-Messungen vor. Als Einzelstoffe wurden 'vor dem Hochwasserereignis' Dioxine<br />

an den Bodendauerbeobachtungsflächen des Landes gemessen.<br />

Alle gemessenen Konzentrationen organischer Schadstoffe wurden 'vor dem Hochwasserereignis'<br />

im Überschwemmungsgebiet der Elbe als unkritisch eingeschätzt. Gefundene Höchstwerte<br />

'nach dem Hochwasserereignis' zeigt die Tabelle beispielhaft für die Grünland-Nutzung.<br />

Organische Schadstoffe stellen mit Ausnahme der Überschwemmungsgebiete der Mulde kein<br />

sonderliches Problem dar. Die Vergleichswerte werden unterschritten. Ausnahmen bilden<br />

β-HCH, PCB und DDT auf einer Fläche in der Muldeaue. In der Muldeaue hat insbesondere die<br />

Kontamination mit β-HCH schon im Jahre 1994 zum Erlass einer Gefahrenabwehrverordnung<br />

geführt.<br />

b e i E l b e - k m 2 4 3<br />

6 3<br />

6 2 , 5<br />

Höhe in m über NN<br />

6 2<br />

6 1 , 5<br />

6 1<br />

6 0 , 5<br />

6 0<br />

5 9 , 5<br />

5 9<br />

0 2 0 0 4 0 0 6 0 0 8 0 0 1 0 0 0 1 2 0 0 1 4 0 0 1 6 0 0<br />

B r e i t e i n m<br />

Abb. 3: Querschnitt durch das Überschwemmungsgebiet der Elbe bei km 243<br />

(Stark überhöhte Darstellung. Das Flussbett befindet sich bei Meter 1.600, Deiche wurden nicht dargestellt.)<br />

15


’Schadstoffbelastung nach dem Augusthochwasser 2002 - Ergebnisse und Forschungsbedarf’<br />

Tabelle:<br />

Gefundene Höchstwerte organischer Schadstoffe in Boden- und Sedimentproben auf<br />

Grünland in den Überschwemmungsgebieten der Elbe und Mulde nach dem Hochwasserereignis<br />

im August 2002<br />

Grünland<br />

Parameter n Höchster Wert Vergleichswert<br />

n Vergleichs-<br />

Mittelwert<br />

(mg/kg)<br />

(mg/kg) wertüber-<br />

(mg/kg)<br />

schreitung<br />

B(a)P 112 0,831 1 - 0,153<br />

-HCH 112 53 10 2 0,7<br />

PCB 111 0,4 0,2 1 0,04<br />

DDT 112 86,1 80 1 1,63<br />

HCB 112 4,1 8 - 0,16<br />

Dioxine 10 870 . 10 –6 1.000 . 10 –6 - 360 . 10 –6<br />

MKW 112 100 13,11<br />

Bei Benzo(a)pyren wurde zum Vergleich der Prüfwert aus der Bundes-Bodenschutz- und<br />

Altlastenverordnung für den Wirkungspfad Boden-Nutzpflanze, Nutzungsart Ackerbau, Nutzgarten,<br />

herangezogen, bei β-HCH, DDT und Hexachlorbenzol der Prüfwert für den Wirkungspfad<br />

Boden-Mensch, Nutzungsart Wohngebiet, bei Dioxinen der Maßnahmenwert für den<br />

Wirkungspfad Boden-Mensch, Nutzungsart Wohngebiet. Natürliche MKW-Gehalte im Boden<br />

betragen 10…100 mg/kg /3/. Prüfwerte sind Werte, bei deren Überschreiten - im Gegensatz zu<br />

Maßnahmenwerten - nicht zwangsläufig eine Gefahrenlage anzunehmen ist.<br />

Insgesamt hat das Hochwasser im August 2002 die landwirtschaftlichen und gärtnerischen<br />

Pflanzenbestände mehr physisch vernichtet als dass ihre Verwertung durch die stoffliche Belastung<br />

eingeschränkt worden wäre. Die Beachtung der Empfehlungen /4/, wie sie vom Ministerium<br />

für Landwirtschaft und Umwelt gemeinsam mit dem Ministerium für Arbeit, Frauen,<br />

Gesundheit und Soziales des Landes Sachsen-Anhalt für den Umgang mit landwirtschaftlich<br />

und gärtnerisch genutzten Flächen in den Überschwemmungsgebieten herausgegeben wurden,<br />

mindert die Hochwasserauswirkungen auf die neue Vegetation.<br />

Alle ausgewerteten Untersuchungsergebnisse stehen digital zur Verfügung, ebenso wie eine<br />

Dokumentation der Probennahmeorte /5/.<br />

3 Ausblick<br />

Dass durch das Hochwasserereignis im August 2002 keine Verschlechterung der stofflichen<br />

Belastung in den Überschwemmungsgebieten der Elbe und Mulde eingetreten ist, kann über die<br />

insgesamt bestehende Belastung nicht hinwegtäuschen. Den zuständigen Behörden obliegt es,<br />

den Anhaltspunkten für das Vorliegen schädlicher Bodenveränderungen nachzugehen. Die<br />

Forderungen der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung an die Beprobungsdichte<br />

empfehlen dabei eine Konzentration der Beprobungskapazitäten auf Teilflächen, wenn<br />

Vorkenntnisse eine Hypothese über die räumliche Verteilung der Schadstoffe dies gestatten.<br />

Bisherige Kenntnisse deuten auf eine enge Kopplung der stofflichen Belastung mit der Bodenbeschaffenheit<br />

hin, die ihrerseits von den Sedimentationsbedingungen und damit von der<br />

Geländegestalt abhängt. Bodenkartierungen im notwendig großen Maßstab sowie digitale<br />

Geländemodelle stehen jedoch nicht flächendeckend zur Verfügung. Eine Ausgrenzung der zu<br />

untersuchenden Teilflächen ist deshalb erst möglich, wenn die Daten der beabsichtigten Höhenvermessung<br />

der Überschwemmungsgebiete sowie die bodenkundliche Interpretation der vorliegenden<br />

Bodenschätzungsdaten in digitaler Form vorliegen werden.<br />

Seit dem Jahre 2001 fördert das Umweltministerium des Landes Sachsen-Anhalt ein<br />

Forschungsvorhaben des Umweltforschungszentrums Leipzig-Halle zum Thema "Gefahrenab-<br />

16


<strong>Tagungsband</strong> Statusseminar des BMBF-Ad-hoc-Verbundprojektes in Freiberg, 27.-29.08.2003<br />

schätzung für Grundwasser und Nutzpflanzen bei erhöhten Gehalten von Cadmium, Zink,<br />

Kupfer, Chrom, Nickel, Blei, Quecksilber und Arsen in Auenböden der Elbe". Das im Frühjahr<br />

2004 abzuschließende Vorhaben soll den zuständigen Behörden eine prototypische Bewertung<br />

der stofflichen Belastung in den Überschwemmungsgebieten bereitstellen.<br />

4 Literatur<br />

/1/ Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt: Bodenzustand in den Flussauen des Landes Sachsen-<br />

Anhalt, 1997, Elbaue-Beprobung, 2000, Muldeaue-Sachstandsbericht, 2001. Untersuchungsberichte<br />

/2/ Mitteilungen der Länderarbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA) 20: Anforderungen an die stoffliche<br />

Verwertung von mineralischen Reststoffen/Abfällen - Technische Regeln -, September 1995.<br />

/3/ Hübner, T.: Eignung verschiedener Pflanzen zur Sicherung und Langzeitdekontamination für feste bis<br />

pastöse Kontaminationen aus der carbo- und petrolchemischen Industrie; Hallenser Bodenwissenschaftliche<br />

Abhandlungen, Februar 2000.<br />

/4/ Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt des Landes Sachsen-Anhalt: Empfehlungen zum Umgang<br />

mit überfluteten Flächen"; Erlass MLU AZ 26.1/67203/1, 27.September 2002.<br />

/5/ Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt: Untersuchungsergebnisse "Schadstoffbelastung in<br />

Hochwassersedimenten (Schlussbericht)", Dezember 2002.<br />

Transport von Schwermetallen bei Hochwasserführung der Elbe: gelöst,<br />

partikel- oder kolloidgebunden?<br />

Martina Baborowski 1 , Frank von der Kammer 2 , Kurt Friese 1<br />

1 <strong>UFZ</strong> Umweltforschungszentrum Leipzig-Halle GmbH, Sektion Gewässerforschung Magdeburg,<br />

Brückstr. 3a, 39114 Magdeburg, Tel./Fax 0391/8109630/150, babo@ufz.gm.de<br />

2 TU Hamburg Harbug, Arbeitsbereich Umweltschutztechnik, Eissendorfer Straße 40, 21073 Hamburg<br />

1 Einleitung<br />

Die Wasserbeschaffenheit an der IKSE Messstelle Magdeburg spiegelt unter normalen Abflussbedingungen<br />

das Ergebnis von Einträgen aus dem Oberlauf der Elbe, der Mulde sowie der Saale<br />

wider und repräsentiert damit die Belastungssituation der mittleren Elbe.<br />

Während des Augusthochwassers 2002, das durch extreme Abflüsse aus der Oberelbe und der<br />

Mulde charakterisiert war, wurden an dieser Messstelle über einen Zeitraum von zwei Wochen,<br />

täglich Wasserproben entnommen und analysiert. Neben der Konzentration von Schwermetallen<br />

und Arsen, wurde die Konzentration und Partikelgrößenverteilung der abfiltrierbaren<br />

Stoffe sowie die Konzentration organischer Summenparameter (DOC,UV) bestimmt.<br />

2 Untersuchungsstrategie<br />

Das erste signifikante Ereignis im Verlauf einer Hochwasserwelle im Bereich der mittleren Elbe<br />

stellt das Überspülen der Buhnenköpfe der Buhnenfelder dar. Dabei werden durch Erosion die<br />

in der Zeit vor dem Hochwasser sedimentierten, nicht konsolidierten Sedimente resuspendiert<br />

und in die fließende Welle des Hauptstroms eingetragen. Im Ergebnis sind in der Wasserphase<br />

des Hauptstroms kurzzeitig deutlich erhöhte Schweb- und Schadstoffkonzentrationen messbar.<br />

Diese, zeitlich mehrere Tage vor dem Abflussmaximum auftretenden Konzentrationsmaxima,<br />

stellen ein Maß für die vor dem Hochwasser in den Buhnenfeldern im Bereich der Messstelle<br />

deponierten, leicht erodierbaren Stoffe dar. Alle weiteren im Verlauf der Hochwasserwelle<br />

17


’Schadstoffbelastung nach dem Augusthochwasser 2002 - Ergebnisse und Forschungsbedarf’<br />

messbaren, erhöhten Stoffkonzentrationen spiegeln weiter oberhalb der Messstelle erfolgte<br />

Einträge bzw. Einträge aus den Nebenflüssen wider.<br />

Für die Messstrategie ist somit die Kenntnis des Abflussschwellwertes erforderlich, bei dem die<br />

Buhnenköpfe überspült werden. Im Bereich der Messstelle Magdeburg liegt dieser bei ca. 800<br />

m³/s (Spott und Guhr, 1996).<br />

Bei einsetzendem Hochwasser werden daher nach Überschreiten des Schwellwertes ein Mal<br />

täglich Proben über einen Zeitraum von mindestens 2 Wochen genommen. Danach erfolgt die<br />

Weiterführung der Untersuchungen als wöchentliche Stichprobenahme.<br />

3 Bewertung<br />

Zur Bewertung der Ergebnisse wurden diese mit Ergebnissen von Hochwässern verglichen, die<br />

in der Vergangenheit nach der gleichen Strategie beprobt wurden. Da Hochwässer untereinander<br />

wegen ihrer in der Regel unterschiedlichen hydrologischen Vorgeschichte schwer zu<br />

vergleichen sind, werden nachfolgend ausschließlich solche Hochwässer betrachtet, in deren<br />

Verlauf wegen der hohen Wasserführung der Elbe das Pretziener Wehr gezogen werden musste.<br />

Dadurch soll gewährleistet werden, dass zumindest die Überflutungsbedingungen oberhalb der<br />

Messstelle ähnlich sind.<br />

4 Material und Methoden<br />

In täglich entnommenen Wasserproben wurden folgende Messgrößen bestimmt:<br />

• Konzentration und Partikelgrößenverteilung der Schwebstoffe (Trockenrückstand nach<br />

DIN 38409/H2, Partikelgrößenverteilung mittels PARTmasterL )<br />

• Gesamte und gelöste Elementkonzentrationen (AAS, ICP-OES, ICP-MS)<br />

• DOC (Dimatoc 100)<br />

• UV-Extinktion bei 254 nm (Lambda 200)<br />

• Kolloide (Asymmetrische Feld Fluss Fraktionierung: AFFF)<br />

Die Abtrennung der suspendierten partikulären Stoffe (SPM) erfolgte über Whatman GF/F<br />

Glasfaserfilter (Vakuumfiltration, -200 mbar). Die ökologisch wirksamen, partikulären bzw.<br />

schwebstoff-gebundenen Konzentrationen der Elemente wurden durch Mikrowellenaufschluss<br />

(HNO 3 /H 2 O 2 ) der Gesamtprobe und anschließende Substraktion der gelösten Anteile bestimmt.<br />

Die Abtrennung der gelösten Elemente erfolgte durch Filtration unmittelbar nach der Probenahme<br />

(Einwegspritzen mit Einwegfiltervorsätzen) unter Verwendung von Zelluloseacetat-<br />

Membranfiltern der Porengröße 0,45 µm. DOC und UV wurden nach Filtration der Wasserprobe<br />

über 0,45 µm PVDF-Filter (Millipore Millex HV) gemessen.<br />

5 Ergebnisse<br />

Augusthochwasser 2002<br />

Im Ergebnis zeigte sich, dass neben partikulären auch gelöste und kolloidale Stoffe in stark<br />

erhöhten Konzentrationen transportiert wurden. Erwartungsgemäß trat das Maximum der abfiltrierbaren<br />

Stoffe zeitlich lange vor dem Abflußmaximum auf. Die suspendierten partikulären<br />

Stoffe wiesen dabei einen hohen Anteil Feinmaterial auf (Abb. 1). Die in ihrer Zusammensetzung<br />

unterschiedlichen Wässer der Teileinzugsgebiete waren an der Messstelle noch zu differenzieren.<br />

Mit der ablaufenden Welle aus dem Bereich der oberen Elbe wurden die<br />

Maximalwerte der partikulären Konzentrationen von Cr, Fe, Cu, Mn, Ni, Hg und Zn, zeitgleich<br />

mit denen der abfiltrierbaren Stoffe, ermittelt. Die darauffolgende Muldewelle war durch<br />

18


<strong>Tagungsband</strong> Statusseminar des BMBF-Ad-hoc-Verbundprojektes in Freiberg, 27.-29.08.2003<br />

gleichzeitig auftretende Maximalkonzentrationen von partikulärem As, Pb und Cd, Feinpartikeln<br />

und Kolloiden charakterisiert (Abb. 2, Abb. 3).<br />

Während die Schwebstoffkonzentration nach Erreichen ihres Höchstwertes schnell wieder<br />

abnahm, blieb die Konzentration der gelösten Schwermetalle, ebenso wie die des DOC (6,2-<br />

10,8 mg/l) und der UV-Werte (0,18-0,34) längere Zeit erhöht. Die schlechte Filtrierbarkeit der<br />

Proben sowie die Möglichkeit der Detektion von Nanopartikeln mittels AFFF, ohne jegliche<br />

Voranreicherung, belegen den Transport eines hohen Anteils von kolloidalen Stoffen.<br />

Bei Messungen während des Hochwassers im August 2002 am Wehr Geesthacht wurden in der<br />

ablaufenden Welle rund 30 % der Schwebstoffe in der Größenfraktion kleiner 0.45 µm<br />

gefunden (Abb. 3).<br />

Das rechte Bild zeigt üblicherweise als "gelöst" bezeichnete kolloidale Partikel einer während<br />

der Hochwasserwelle am Wehr Geesthacht entnommenen Wasserprobe.<br />

Q Partikelzahl TR<br />

300<br />

Q [m 3 /s] &<br />

Partikelzahl [10 5 /l]<br />

4000<br />

3000<br />

2000<br />

1000<br />

0<br />

12.8<br />

13.8<br />

14.8<br />

15.8<br />

16.8<br />

17.8<br />

18.8<br />

19.8<br />

20.8<br />

21.8<br />

22.8<br />

23.8<br />

24.8<br />

Datum<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

TR [mg/l]<br />

Partikelanzahl [10 5 /l]<br />

250<br />

200<br />

150<br />

100<br />

50<br />

0<br />

1 10 100<br />

Partikeldurchmesser<br />

13.08.02<br />

14.08.02<br />

15.08.02<br />

16.08.02<br />

17.08.02<br />

Abb. 1: Änderung von Durchfluss (Q), Konzentration (TR) und Partikelzahl (Messbereich 2-200<br />

µm, linkes Bild) sowie Partikelzusammensetzung (rechtes Bild) der Schwebstoffe während<br />

des Augusthochwassers 2002 an der Messstelle Magdeburg<br />

TR Cu gelöst Cu partikulär<br />

Partikel As_gelöst As partikulär<br />

TR [mg/l]<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

10,0<br />

8,0<br />

6,0<br />

4,0<br />

2,0<br />

0,0<br />

Cu [µg/l]<br />

Partikelanzahl<br />

[10 5 /l]<br />

4000<br />

3000<br />

2000<br />

1000<br />

0<br />

12.8<br />

13.8<br />

14.8<br />

15.8<br />

16.8<br />

17.8<br />

18.8<br />

19.8<br />

20.8<br />

21.8<br />

22.8<br />

23.8<br />

24.8<br />

12.8<br />

14.8<br />

16.8<br />

18.8<br />

20.8<br />

22.8<br />

24.8<br />

10,0<br />

8,0<br />

6,0<br />

4,0<br />

2,0<br />

0,0<br />

As [µg/l]<br />

Datum<br />

Datum<br />

Abb. 2: Verlauf vonTrockenrückstand (TR) der abfiltrierbaren Stoffe vs. Cu-Konzentrationen (linkes<br />

Bild) sowie Partikelzahl vs. As-Konzentrationen (rechtes Bild) während des Augusthochwassers<br />

2002 an der Messstelle Magdeburg.<br />

19


’Schadstoffbelastung nach dem Augusthochwasser 2002 - Ergebnisse und Forschungsbedarf’<br />

Partikel < 5 µm<br />

Kolloide<br />

Partikel < 5µm<br />

[10 5 /l]<br />

500<br />

400<br />

300<br />

200<br />

100<br />

0<br />

7.8<br />

12.8<br />

17.8<br />

22.8<br />

27.8<br />

1.9<br />

6.9<br />

11.9<br />

16.9<br />

Datum<br />

0,6<br />

0,5<br />

0,4<br />

0,3<br />

0,2<br />

0,1<br />

0<br />

Kolloide [rel.<br />

Einheiten]<br />

Abb. 3: Änderung der Partikel- und Kolloidkonzentrationen während des Augusthochwassers 2002<br />

an der Messstelle Magdeburg (linkes Bild) sowie kolloidale Partikel im Rasterelektronenmikroskop<br />

(Wehr Geesthacht, nach Filtration < 0.45 µm, rechtes Bild).<br />

( p )<br />

Q [m 3 /s]<br />

TR [mg/L]<br />

2002<br />

4000<br />

1995<br />

2000<br />

0 1999<br />

2002<br />

300<br />

1995<br />

150<br />

0 1999<br />

2000<br />

2000<br />

Pb ges [µg/L]<br />

Hg [µg/L]<br />

2002<br />

40<br />

1995<br />

20<br />

0 1999<br />

2002<br />

0,4<br />

1995<br />

0,2<br />

0 1999<br />

2000<br />

2000<br />

Abb. 4: Vergleich der Maximalwerte ausgewählter Messgrößen während der Winterhochwässer<br />

1995, 1999 und 2000 sowie des Augusthochwassers 2002.<br />

6 Vergleich mit früheren Hochwasseruntersuchungen<br />

Im Vergleich zu 1995, 1999, und 2000 untersuchten Winterhochwässern waren im August 2002<br />

signifikant erhöhte Konzentrationen an partikulärem As und Pb sowie erhöhte Konzentrationen<br />

an gelöstem As, Fe und Cu messbar. Für alle übrigen Schwermetalle, wie auch Hg, sowie für<br />

die abfiltrierbaren Stoffe lagen die im August 2002 ermittelten Konzentrationen unter den<br />

Maximalwerten der zum Vergleich herangezogenen Hochwässer. Sie unterlagen somit einem<br />

Verdünnungseffekt (Beispiele: Abb. 4).<br />

20


<strong>Tagungsband</strong> Statusseminar des BMBF-Ad-hoc-Verbundprojektes in Freiberg, 27.-29.08.2003<br />

7 Zusammenfassung<br />

Neben Einträgen von partikulärem Arsen und Blei waren für das Hochwasser 2002 an der Messstelle<br />

Magdeburg erhöhte Konzentrationen gelöster und kolloidaler Stoffe charakteristisch.<br />

8 Diskussion<br />

Der Transport und Verbleib von Schwermetallen im Fließgewässer wird wesentlich durch deren<br />

Verteilung zwischen gelöster, kolloidaler und partikulärer Phase bestimmt. Nach Definition der<br />

IU-PAC werden Spezies mit einer Größe < 1nm als gelöst, Feststoffe oder feststoffgebundene<br />

Substanzen zwischen 1nm und 1 µm als kolloidal bzw. kolloidal gebunden sowie Feststoffe<br />

bzw. feststoffgebundene Substanzen > 1 µm als Partikel bzw. partikelgebunden bezeichnet. In<br />

der wasserwirtschaftlichen Praxis wird gegenwärtig in der Regel mit einer operationell definierten<br />

Trenngrenze von 0,45 µm bzw. 0,2 µm zur Unterscheidung von gelösten und partikulären<br />

Substanzen gearbeitet.<br />

Gelöste und kolloidal gebundene Schwermetalle können über große Distanzen transportiert<br />

werden, da sie nicht sedimentieren. Hydrochemische und geochemische Parameter bestimmen<br />

dabei sowohl die Verteilung zwischen gelösten und feststoffgebundenen Anteilen, als auch die<br />

Stabilität der nicht sedimentierenden kolloidalen Träger gegen Koagulation/Aggregation und<br />

nachfolgender Ablagerung in Sedimenten. Ob eine relevante Konzentration an stabilen kolloidalen<br />

Feststoffen in einer Hochwasserwelle aufgebaut wird, hängt neben hydrochemischen und<br />

-biologischen Bedingungen auch von der Art des Hochwassers ab. Hierbei sind der Ursprung<br />

der suspendierten Feststoffe und organischen Substanzen von Bedeutung. Niedrige Ionenstärke,<br />

geringe Kalziumkonzentrationen und ein hoher Anteil an pedogenen Huminstoffen führen zu<br />

einer erhöhten Konzentration stabiler kolloidaler Schadstoffträger. Ein Umstand, der für das<br />

Augusthochwasser und die hierbei gefundenen, hohen Konzentrationen kolloidaler Partikel<br />

zutreffen kann. Zänker et al. (2000 & 2002) fanden in Grubenwässern stillgelegter Minen im<br />

Einzugsgebiet der Mulde nach Vermischung mit neutralen Wässern neu gebildete Kolloide mit<br />

Größen zwischen 100 und 300 nm. Nahezu das gesamte Arsen und Blei in den Wässern war an<br />

diese Kolloide gebunden. Der Aufklärung der Wechselwirkungen zwischen partikulären,<br />

gelösten und kolloidalen Stoffen kommt somit aktuelle Bedeutung für die Abschätzung und<br />

Bewertung der von früheren Einrichtungen des Altbergbaus ausgehenden Gefahren zu.<br />

Der Kenntnis über die Bedeutung von gelösten und kolloidalen Stoffen steht ein Defizit im<br />

Bereich der analytischen Erfassung, Bewertung und Modellierung gegenüber.<br />

Die Bestimmung gelöster bzw. kolloidaler Komponenten ist in der Regel nicht Bestandteil von<br />

Behördenmessprogrammen. Ebenso ist das Verhalten der hochmobilen kolloidalen Schwebstofffraktion<br />

bisher nur unzureichend untersucht. Daher besteht Forschungsbedarf sowohl<br />

hinsichtlich der Entwicklung als auch der Anwendung der entsprechenden Trenn- und Messtechniken.<br />

9 Danksagung<br />

Unser Dank gilt den Mitarbeitern des Umweltlabor Magdeburg des Landebetriebs für Hochwasserschutz<br />

(im Aufbau) Sachsen Anhalt (Herrn Becker, Frau Göring) für die Unterstützung<br />

in der Zeit, in der das <strong>UFZ</strong> Labor in der Folge des Hochwassers nicht arbeitsfähig war.<br />

Besonderer Dank gilt Raimo Kopetzky, Hans-Joachim Dahlke und Florian Zander für ihren<br />

Einsatz während der Hochwasserprobenahmen, Christina Hoffmeister, Renate Götzke, Andrea<br />

Hoff und Marlies Wengler für die Durchführung der Elementanalysen und Bestimmung der<br />

organischen Summenparameter.<br />

21


’Schadstoffbelastung nach dem Augusthochwasser 2002 - Ergebnisse und Forschungsbedarf’<br />

10 Literatur<br />

Zänker, H., Moll, H., Richter, W., Brendler, V., Hennig, Chr. Reich, T., Kluge, A., Hüttig, G. (2002). The<br />

colloid chemistry of acid rock drainage solution from an abandoned Zn-Pb-Ag mine. Applied geochemistry.17,<br />

5, 633-648<br />

Zänker, H., Richter, W., Brendler, V. and Nitsche, H. (2000). Colloid-borne uranium and other heavy metals<br />

in the water of a mine drainage gallery. Radiochimica acta. 88, 619-624.<br />

Spott, D. and Guhr, H., (1996). The dynamics of suspended solids in the tidally unaffected area of the river<br />

Elbe as a function of flow and shipping. Arch. Hydrobiol. Spec.Issues Advanc. Limnol. 47, 127-133.<br />

Hochwasservoraussagen und Forschungsbedarf aus der Sicht der<br />

Meteorologie<br />

Christian Bernhofer, Franz Berger, Valeri Goldberg<br />

Institut für Hydrologie und Meteorologie, Technische Universität Dresden, 01069 Dresden, Tel. 0351/<br />

463-31340, Fax 0351/463-31302, bernhofer@forst.tu-dresden.de<br />

1 Einleitung<br />

Bei großen Einzugsgebieten genügt für eine rechtzeitige Prognose des Hochwassers oft der<br />

Stand der Pegel oberstrom, solange diese Informationen zeitgerecht zur Verfügung stehen.<br />

Hochwasservoraussagen für kleine und mittlere Einzugsgebiete sind auf eine frühe, örtlich und<br />

räumlich konkrete Voraussage bzw. Diagnose des Niederschlags angewiesen. Die geforderte<br />

Prognose des Niederschlags ist bis heute äußerst schwierig und versagt oft gerade bei kleinräumigen,<br />

z.B. orographischen Verstärkungen. Gleichzeitig wurde in der Niederschlagsprognose<br />

in den letzten Jahrzehnten wenig Verbesserung der Güte und Vorhersagedauer erzielt, obwohl<br />

andere Größen seit den 60-er Jahren ständig früher und genauer vorhergesagt werden konnten.<br />

Dieses Manko versucht ein gerade bewilligtes SPP der DFG zur Niederschlagsprognose durch<br />

Intensivierung der Grundlagenforschung zu beheben.<br />

In der Diagnose ist durch Kombination von konventionellen Niederschlagsmessungen mit Fernübertragung,<br />

flächendeckender Radarinformation und dem Einsatz neuer Satelliten bald eine<br />

deutliche Verbesserung der Eingangsinformation für die Hochwasservorhersage zu erwarten.<br />

Eine besondere Rolle spielt dabei der METEOSAT Zweite Generation (MSG), der im August<br />

2002 erfolgreich gestartet wurde und bald in 15-min Takt Wolkenbilder mit 1 km Auflösung<br />

liefern wird. So lässt sich die Niederschlagswahrscheinlichkeit und -menge mit der für die<br />

Hochwasservoraussage notwendigen Auflösung bereitstellen. Ein zusätzlicher Schwerpunkt ist<br />

in der Datenassimilation von Messung und Modell sowie in der Nutzung von Wahrscheinlichkeitsvoraussagen<br />

zu erwarten.<br />

Die Ereignisse des Jahres 2002 machen aber auch deutlich, dass bei der statistischen Bewertung<br />

der Niederschläge - und der Trockenperioden! - die bereits historische und zu erwartende<br />

Klimaänderung zu berücksichtigen sind. Das bedeutet, in Zukunft die Dimensionierung des<br />

Hochwasserschutzes an diese zu erwartenden räumlich und zeitlich anders verteilten Niederschläge<br />

anzupassen.<br />

22


<strong>Tagungsband</strong> Statusseminar des BMBF-Ad-hoc-Verbundprojektes in Freiberg, 27.-29.08.2003<br />

2 Niederschlagsbeobachtung<br />

Bodenmessung<br />

Unverzichtbare Basis jeder Hochwasserforschung sind die Daten der Klima- und Wetterstationen,<br />

dabei kommt der Fragestellung die eingeübte internationale Zusammenarbeit im Rahmen<br />

der Weltorganisation für Meteorologie (WMO), eine Unterorganisation der UNO, zugute. Der<br />

Niederschlag ist ein Klimaelement mit hoher räumlicher und zeitlicher Variabilität, das in<br />

Deutschland operationell mit Hellmann-Ombrometern (200 cm², 1 m über Grund, Beobachtung<br />

einmal täglich) gemessen wird. Für dieses Messverfahren existieren etablierte Korrekturverfahren,<br />

die in der Wasserhaushaltsmodellierung zur Anwendung kommen. Für die Hochwasservorhersage<br />

kommen aber vor allem die sogenannten hauptamtlichen Stationen (Nachteil:<br />

geringe Stationsdichte) und automatische Stationen (Nachteil: wenig Qualitätskontrolle) in<br />

Frage. Bei den automatischen Stationen sollten wägende Ombrometer genutzt werden, die auch<br />

die Messung von festem Niederschlag ohne Heizung erlauben. Generell ist anzustreben, dass<br />

die zahlreichen Messnetze auf Bundes- und Landesebene, sowie private Messnetze in eine den<br />

Hochwasserzentralen zugängliche Datenbank einfließen, die auch für die Qualitätskontrolle<br />

zuständig sein sollte. Dabei ist auf eine katastrophensichere Datenübermittelung und Datenzugänglichkeit<br />

zu achten. Keineswegs dürfen die vorhandenen Messnetze weiter ausgedünnt<br />

werden, da diese Daten als Input und zur Verbesserung der Hochwasservorhersage unverzichtbar<br />

sind.<br />

In Abb.1 ist die Niederschlagsverteilung des hochwasserauslösenden Niederschlags vom 12./<br />

13. August 2002 dargestellt (Bernhofer und Goldberg, 2003). Durch die Kombination dreier<br />

Messnetze ist die orographische Verstärkung am Kamm des Osterzgebirges deutlich zu<br />

erkennen (verbreitet mehr als 300 mm/24 Std.), wobei im Lee durch frontales Aufgleiten lediglich<br />

etwa 60 mm/24 Std. beobachtet wurden. Im einzelnen ist die Wirkung des Gebirges an der<br />

Ereignissumme abzulesen: Dresden-Klotsche 182 mm, Grillenburg 268 mm, Schmiedeberg/<br />

Dönschten 308 mm und Zinnwald 406 mm. Für Zinnwald wurden mit 353 mm in 24 Std. deutlich<br />

mehr Niederschlag gemessen, als nach statistischer Analyse für 24 Std. zu erwarten war<br />

(272 mm nach Dyck und Peschke, 1995).<br />

Abb. 1. Verteilung des 24 Std.-Niederschlags am 12./13. August 2002<br />

(Quellen: DWD, Meteomedia AG, eigene Daten)<br />

23


’Schadstoffbelastung nach dem Augusthochwasser 2002 - Ergebnisse und Forschungsbedarf’<br />

Fernerkundung<br />

Seitens der Fernerkundung stehen bodengestützt Radardaten und die Daten von zahlreichen<br />

Satelliten zur Verfügung. Radar liefert dabei eine Rückstreuinformation der flüssigen und<br />

festen Wolkenteilchen, die als Hinweis für die räumliche Verteilung der Niederschläge dienen;<br />

die Niederschlagsmenge lässt sich aus Radardaten allein nicht bestimmen. In der Kombination<br />

mit automatischen Bodenstationen für die Niederschlagsmenge werden Radarsysteme heute<br />

bereits zur Steuerung städtischer Kanalsysteme eingesetzt. Satelliten liefern einerseits Input für<br />

die meteorologische Modellierung (Wetter- und damit auch Hochwasservorhersage), andererseits<br />

können Daten der Wolkenentwicklung genutzt werden, um die Niederschlagsraten abzuschätzen.<br />

Für Europa ist das mithilfe der Meteosat 6 Rapid Scan-Daten (zeitl. Auflösung 10<br />

min, räuml. Auflösung ca. 7 km) bereits heute möglich. Eine deutliche Verbesserung ist mit<br />

voller Inbetriebnahme des MSG (zeitl. Auflösung 15 min, räuml. Auflösung ca. 1 km) zu<br />

erwarten.<br />

3 Niederschlagsmodellierung<br />

Wasserhaushalt der Atmosphäre<br />

In der Numerischen Wetterprognose (NWP) wird der Zustand der Atmosphäre in Form von<br />

dreidimensionalen Feldern vorhergesagt. Aufgrund der Zeitbeschränkung operationeller<br />

Vorhersagen bleibt die räumliche Auflösung der Modelle begrenzt. Das Lokalmodell des DWD<br />

(LM) hat z.B. eine horizontale Auflösung von derzeit 7 km und 35 Schichten in der Vertikalen.<br />

Abb. 2. Verteilung der Niederschlagsraten am 10. August 2002, 1200 UTC auf Basis<br />

von Meteosat 6 Rapid Scandaten (Verstärkung des Tiefs „Ilse“ über dem Golf von Genua)<br />

24


<strong>Tagungsband</strong> Statusseminar des BMBF-Ad-hoc-Verbundprojektes in Freiberg, 27.-29.08.2003<br />

Für die Güte der Niederschlagsprognose ist die Parametrisierung der Wolkenbildung ausschlaggebend,<br />

die wiederum auf empirischen Daten und sorgfältiger Modellanpassung beruht. Im<br />

Gegensatz zu anderen meteorologischen Größen, z.B. dem Luftdruck, wird die atmosphärische<br />

Feuchte lediglich über eine Haushaltsgleichung (die Massenbilanz unter Berücksichtigung aller<br />

Aggregatzustände des Wassers muss erfüllt sein) berücksichtigt. In Konsequenz hat sich die<br />

Punktprognose des Niederschlags in den letzten Jahrzehnten kaum verbessert (wohl aber die<br />

großräumige Prognose).<br />

Im Rahmen des genehmigten Schwerpunktprogrammes der DFG "Quantitative Niederschlagsprognose"<br />

(Hense et al., 2003) soll Abhilfe geschaffen werden.<br />

Wolken<br />

Eine zentrale Rolle bei der Verbesserung der Niederschlagsvorhersage spielt die Beobachtung<br />

und Modellierung von Wolken. Dabei ist sowohl in der Grundlagenforschung (Wolkenphysik,<br />

Vertikaltransporte durch Konvektion), als auch in der Anwendung in Wettervorhersage- und<br />

Klimamodellen (Niederschlagsentstehung, Strahlungstransfer) erheblicher Forschungsbedarf<br />

vorhanden.<br />

Lokales Recycling<br />

Lokale Verstärkung oder Abschwächung des Niederschlags kann auch über die Rückkopplung<br />

mit den Landoberflächen geschehen. Dabei wird der frontale oder konvektive Niederschlag<br />

einerseits durch die Intensivierung des turbulenten Austauschs über rauen Oberflächen (z.B.<br />

Wäldern) gefördert, andererseits durch die Landoberflächenverdunstung beeinflusst. Die<br />

Rauigkeit, ausgedrückt über die Rauigkeitslänge z 0 , kann dabei über mehr als drei Größenordnungen<br />

variieren. Für Modellanwendungen ist die effektive Rauigkeit entscheidend, die<br />

wiederum von der Größe und Verteilung von Landschaftselementen abhängig ist. In der kleinräumigen<br />

Landschaft Mitteleuropas ist die modellkonforme Beschreibung der effektiven<br />

Rauigkeit besonders schwierig.<br />

Die Verdunstung beeinflusst die Niederschlagsentstehung durch zusätzliche Labilisierung der<br />

unteren Luftschichten und durch das Rückführen von Niederschlagswasser in den Wolkenentstehungsprozess<br />

(‚lokales Reycling'). Die Unterschiede zwischen den einzelnen Landnutzungen<br />

sind für einem durchschnittlichen Tag in Tabelle 1 zusammengefasst. Wälder spielen dabei eine<br />

besondere Rolle: Sie sind gleichzeitig auch in Trockenperioden eine Quelle für Wasserdampf,<br />

extrem rau und können so große Bereiche der atmosphärischen Grenzschicht beeinflussen.<br />

Aufgrund ihrer Lage (bevorzugt in Gebirgen) kommt es auch zu einer Verstärkung der Wirkung<br />

der Orographie.<br />

Im Rahmen von BMBF-Programmen (AFO 2000, DEKLIM) werden Wolkenprobleme und<br />

lokales Recycling behandelt, die Fortsetzung dieser wichtigen Projekte ist aber gefährdet.<br />

Tabelle 1. Modellierte Evapotranspiration für verschiedene Vegetationstypen/Landnutzungen<br />

bei gleichem Strahlungsinput (29.9.2001); Ergebnisse des BMBF-Projektes VERTIKO (Bernhofer<br />

und Köstner, 2003)<br />

Landnutzung Fichte Kiefer Gras krautige Unbedeck Versiegelt<br />

Pflanzen ter Boden<br />

Verdunstung (mm) 1.1 1.05 0.9 0.75 0.3 – 0.8 0<br />

25


’Schadstoffbelastung nach dem Augusthochwasser 2002 - Ergebnisse und Forschungsbedarf’<br />

4 Gebietswasserhaushalt und Vorfeuchte<br />

Landnutzung und Verdunstung<br />

Auf die Bedeutung der Verdunstung in Abhängigkeit von der Landnutzung wurde bereits oben<br />

hingewiesen. Bei der Reduzierung der Hochwasserwelle in der Fläche (Retention) ist die<br />

Vorfeuchte des Gebietes ausschlaggebend. Diese kann wiederum durch tiefwurzelnde Pflanzen<br />

(insb. Wälder) und durch gut wasserspeichernde Böden gefördert werden. Dabei werden<br />

Extremhochwässer kaum beeinflusst, solche mit niedrigen Jährlichkeiten deutlich (siehe<br />

Seegert et al., 2003).<br />

Klimawandel<br />

Im Zusammenhang mit dem Hochwasser im August 2002 wurde rasch ein Zusammenhang zur<br />

stattfindenden globalen Erwärmung hergestellt. Dieser Schluss ist für ein Einzelereignis nicht<br />

möglich, wenngleich die Wahrscheinlichkeit für heftige Niederschläge mit höheren Temperaturen<br />

und größeren Wassergehalt der Atmosphäre steigt. Aufgrund der zahlreichenden Rückkopplungen<br />

im System Erde-Atmosphäre ist eine Prognose der Niederschlagsentwicklung sehr<br />

schwierig. Es ist daher wichtig vorhandene lange Niederschlagsreihen statistisch zu untersuchen.<br />

Dabei zeigt sich z.B. für Sachsen, dass die Starkniederschläge > 20 mm in den letzen 30<br />

Jahren deutlich zugenommen haben und gleichzeitig immer häufiger von längeren Trockenperioden<br />

unterbrochen werden (Abb. 3 und 4). Damit wird auch das Paradoxon aufgelöst, dass bei<br />

immer trockneren Sommern die Starkregenwahrscheinlichkeit ansteigt. Es ist dabei zu<br />

beachten, dass dieser Trend in den östlichen Bundesländern deutlicher ausfällt. Im Winter ist<br />

die Niederschlagsmenge in den letzten 50 Jahren in ganz Deutschland gestiegen, so dass<br />

Winter- und Frühlingshochwässer im Zusammenhang mit der Schneeschmelze (im Hochgebirge<br />

entsteht eine Zunahme der in der Schneedecke gespeicherten Wassermenge) ebenfalls<br />

wahrscheinlicher geworden sind.Abb. 4. Häufigkeit der Trockenperioden in Sachsen nach<br />

Dezenien.<br />

5 Ausblick: Modellierung des Gesamtsystems und Datenassimilation<br />

Bis auf weiteres wird es spezielle Modellsysteme geben, die an bestimmte Einzugsgebiete angepasst<br />

sind und die spezifische Datensituation des Gebietes berücksichtigen. Gerade deshalb<br />

Abb. 3. Trend der sommerlichen Starkniederschläge in Sachsen für die<br />

klimatologischen Standardperioden 1961-1990 bzw. 1971-2000<br />

(Quelle DWD, aus dem Endbericht CLISAX)<br />

26


<strong>Tagungsband</strong> Statusseminar des BMBF-Ad-hoc-Verbundprojektes in Freiberg, 27.-29.08.2003<br />

20<br />

18<br />

16<br />

> 2 weeks<br />

> 2.5 weeks<br />

> 3 weeks<br />

Identification of Dry Periods in Northern Saxony<br />

(dry day: P < 0.1 mm)<br />

14<br />

abs. frequency<br />

12<br />

10<br />

8<br />

6<br />

4<br />

2<br />

0<br />

1951/ 60 1961/ 70 1971/ 80 1981/ 90 1991/ 00<br />

decades<br />

Abb. 4. Häufigkeit der Trockenperioden in Sachsen nach Dezenien<br />

kommt der Datenassimilation meteorologischer und hydrologischer Information in meteorologische<br />

und hydrologische Modelle besondere Bedeutung zu. Die Voraussetzung dafür ist neben<br />

der Entwicklung geeigneter Assimilierungsmethoden die Zusammenarbeit über Fachgebietsgrenzen.<br />

Im einzelnen haben folgende Aspekte besondere Priorität:<br />

• Niederschlagsstatistik mit Extremen, zeitnaher Datengrundlage und unter Berücksichtigung<br />

des Klimawandels (lokale Effekte des globalen Wandels)<br />

• Abschätzung der Landnutzungseffekte:<br />

- Welche Landnutzung ist nachhaltig? (Berücksichtigung von Dürreresistenz);<br />

- Welche Jährlichkeiten können beeinflusst werden?<br />

• Werkzeuge zur Kombination von Radar- und Satellitenbildern mit konventioneller Niederschlagsmessung<br />

als Echtzeit-Input für hydrologische Modelle (Ort, Intensität und Dauer)<br />

• Verbesserte Niederschlagsvorhersage (NWP) mit regionaler Verstärkung (Orographie.<br />

Landnutzung) und Wahrscheinlichkeitsaussagen<br />

• Entwicklung und Nutzung fortgeschrittener Werkzeuge der Datenassimilation zur Anpassung<br />

der NWP-Modelle und der hydrologischen Modelle<br />

Es existieren zahlreiche weitere Forschungslücken zur Verbesserung des integrierten Hochwasserschutzes!<br />

Es bleibt jedoch abzuwarten, ob das Interesse aus dem Hochwasserjahr 2002 auch<br />

im "Dürrejahr" 2003 vorhanden ist! Dabei ist der seit Juni 2003 zu beobachtende Wassermangel<br />

nur die Kehrseite des Hochwasserproblems und sollte gerade bei der Bemessung von Speicherräumen<br />

(in der Fläche und technisch durch Stauwerke) gleichermaßen berücksichtigt werden.<br />

27


’Schadstoffbelastung nach dem Augusthochwasser 2002 - Ergebnisse und Forschungsbedarf’<br />

Stets ist eine Kombination mit hydrologischen Modellen notwendig, so dass der Forschungsbedarf<br />

aus Sicht der Meteorologie nie isoliert betrachtet werden darf. Mehr noch: Flutforschung<br />

ist eine interdisziplinäre Aufgabe zwischen Natur-, Technik- und Sozialwissenschaften!<br />

Diesem Gedanken wird das im Dezember 2002 gegründete virtuelle Flutforschungszentrum<br />

(Dresden Flood Research Center) gerecht, in dem alle relevanten Teilgebiete der Flutforschung<br />

mit ihren sächsischen Vertretern zusammengefasst sind.<br />

6 Danksagung:<br />

Die hier dargestellten Forschungen wurden gefördert im Rahmen von Projekten des BMBF<br />

(AFO 2000 VERTIKO, AFO 2000 4D-Wolken) und des Sächsischen Ministeriums für Umwelt<br />

und Landwirtschaft (CLISAX). Das Dresden Flood Research Center geht auf eine Initiative des<br />

Sächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kunst zurück. Ihnen allen sei an dieser Stelle<br />

gedankt.<br />

7 Literatur<br />

Bernhofer, Ch, und V. Goldberg, 2003: Meteorologische Aspekte des Hochwassers 2002. AFZ-DerWald, 5/<br />

2003, 220-222.<br />

Bernhofer, Ch. and B. Köstner, 2003: Vertical transports of trace gases at Anchor Stations and their spatial/<br />

temporal extrapolation under complex natural conditions. AFO2000 Newsletter 2, 3-6.<br />

Dyck, S., Peschke, G., 1995: Grundlagen der Hydrologie. Verl. f. Bauwesen, 3. Aufl.<br />

Hense, A., Adrian, G., Kottmeier, Ch., Simmer, C. und V. Wulfmeyer, 2003: Quantitative Niederschlagsvorhersage:<br />

Ein Anspruch der Gesellschaft an die Meteorologie. Genehmigtes SPP der DFG, http://<br />

www.meteo.uni-bonn.de/proiekte/SPPMeteo/<br />

Seegert, J., M. Armbruster, K.-H. Feger und Ch. Bernhofer, 2003: Einfluss unterschiedlicher Bestockung auf<br />

die Dynamik des Gebietsabflusses. AFZ-DerWald, 8/2003, 419-423.<br />

Elbehochwasser 2002: organische Spurenstoffe in Wasser- und<br />

Schlammproben im Raum Dresden<br />

Hilmar Börnick, Thomas Grischek, Eckhard Worch<br />

TU Dresden, Fakultät Forst-, Geo- und Hydrowissenschaften, Institut für Wasserchemie, 01062 Dresden,<br />

Tel. 0351/463-32759, Fax. 0351/463-37271, boernick@rcs.urz.tu-dresden.de<br />

1 Einleitung<br />

Als Ergebnis von Untersuchungen im Zusammenhang mit dem Hochwasser vom August 2002<br />

wurde in verschiedenen Veröffentlichungen und Berichten festgestellt, dass sich keine oder nur<br />

geringfügige Zunahmen der Konzentration an Pestiziden, Mineralölen und Nährstoffen in der<br />

Elbe ergaben. Eine Erhöhung der Schadstoffkonzentration in der Wasserphase resultierte in<br />

erster Linie aus der Aufwirbelung der Sedimente [1,2]. In anderen Meldungen wurde auf eine<br />

deutlich erhöhte Belastung der Elbe mit Schwermetallen und organischen Substanzen wie<br />

Quecksilber und Dioxin hingewiesen, die durch die Überflutung und nachfolgende Emission<br />

von Schadstoffen von Chemiewerken in Tschechien verursacht wurde. Mehrfach wurde prognostiziert,<br />

dass ein hohes Gefährdungspotential von den Hochwasserschlämmen ausgeht [3].<br />

Ziel der hier vorgestellten Untersuchungen war es, durch Messung wichtiger Summenparameter<br />

und ausgewählter Wasserinhaltsstoffe einen Beitrag zur objektiven Bewertung einer<br />

möglichen Gefährdung der Trinkwasserversorgung durch Schadstoffe im Elbewasser bzw. in<br />

28


<strong>Tagungsband</strong> Statusseminar des BMBF-Ad-hoc-Verbundprojektes in Freiberg, 27.-29.08.2003<br />

den Schlämmen infolge des Hochwassers zu leisten. Einen Schwerpunkt der Untersuchungen<br />

stellten dabei Screeninganalysen mittels GC/MS dar, um mögliche organische Umweltschadstoffe<br />

identifizieren zu können. Mit Hilfe von Probennahmen an ufernahen Messstellen im<br />

Fassungsbereich des Wasserwerkes Torgau-Ost sollte außerdem überprüft werden, ob im Elbewasser<br />

nachgewiesene Schadstoffe auch im Uferfiltrat nachweisbar sind. Unter Verwendung<br />

von Testfilterversuchen nach SONTHEIMER wurde das Abbauverhalten einiger gemessener<br />

Parameter charakterisiert.<br />

2 Probennahme<br />

Die Wasserproben wurden im Zeitraum vom 16. bis 22. August täglich stichpunktartig von<br />

Brücken im Zentrum von Dresden mittels Schöpfer entnommen. Zur Einordnung der Messwerte<br />

während der Hochwasserperiode wurden weitere Beprobungen im September und<br />

Dezember 2002 durchgeführt.<br />

Die Entnahme von Schlammproben erfolgte kurz nach Rückgang des Hochwassers im Zeitraum<br />

vom 21. bis 27. August 2002. Die noch feuchten Schlamm- bzw. Bodenproben wurden an<br />

verschiedenen Stellen links- und rechtsseitig der Elbe im Bereich von Pillnitz (km 43) bis<br />

Cossebaude (km 68) mittels Probenstecher oder Spatel genommen.<br />

3 Methodik<br />

Wasserphase<br />

Elbewasserproben wurden bezüglich folgender organischer Parameter untersucht: SAK<br />

(254 nm), DOC, AOX, aromatische Amine nach Festphasenextraktion (HPLC/DAD) sowie<br />

Atrazin (GC/MS; SIM-Modus). Ein Screening auf mittel- bis unpolare verdampfbare organische<br />

Wasserinhaltsstoffe erfolgte nach SPE-Anreicherung auf Festphasen unterschiedlicher<br />

Polarität (Phenyl, C8, SDB1) mittels GC/MS im SCAN-Modus bei Verwendung der Trennsäule<br />

HP-5 MS.<br />

Sedimentphase<br />

Die Hochwasserschlämme wurden gefriergetrocknet, im Achatmörser gemahlen und auf < 0,2<br />

mm gesiebt. Für die Untersuchung der organischen Einzelstoffe wurde zur Vermeidung möglicher<br />

Verluste beim Mahlvorgang die Kornfraktion < 2 mm ohne vorherige Aufmahlung<br />

verwendet. Die vorbehandelten Feststoffproben wurden auf folgende organische Parameter<br />

analysiert: AOX, TOC, ausgewählte Chlorkohlenwasserstoffe (GC/MS; SIM) und Screening<br />

bezüglich mittel- bis unpolarer organischer Stoffe (Soxhletextraktion mit Toluol, SPE-cleanup)<br />

mit GC/MS im SCAN-Modus.<br />

4 Ergebnisse und Diskussion<br />

Wasserphase<br />

Der Summenparameter DOC und der SAK waren im Vergleich zu den sonst üblichen Werten<br />

in der Elbe (ca. 5 mg/L bzw. 15 m -1 ) deutlich erhöht. Dieser Anstieg wurde durch Abschwemmungen<br />

von organischem Material (vorrangig Huminstoffe) aus Böden sowie den Ausfall von<br />

Kläranlagen infolge Überflutung verursacht, wobei die Auswirkungen noch einige Monate nach<br />

dem Hochwasser erkennbar sind. Für den Parameter AOX wurde keine Konzentrationserhöhung<br />

während des Hochwassers im Vergleich zur Mittel- und Niedrigwasserführung beobachtet.<br />

29


’Schadstoffbelastung nach dem Augusthochwasser 2002 - Ergebnisse und Forschungsbedarf’<br />

Anhand der Screeninguntersuchungen wurde neben einigen sehr kleinen Signalen verschiedener<br />

PAK und Phenole das in Deutschland verbotene Atrazin identifiziert und nachfolgend<br />

sicher verifiziert. Atrazin wurde in den letzten Jahren häufig im unteren ng/L-Bereich in der<br />

Elbe bestimmt [4]. Da trotz der hohen Wasserführung während der Flut ein Konzentrationsanstieg<br />

registriert wurde (Bild 1), wird von einer erheblichen Ausspülung des Stoffes aus Böden<br />

insbesondere in Tschechien ausgegangen. Die höchste Konzentration bzw. Fracht wurde mit<br />

269 ng/L bzw. 23,2 g/d am 18.08.2002 gemessen.<br />

Testfilterversuche nach SONTHEIMER mit Elbewasser, das eine Atrazinkonzentration von<br />

124 ng/L aufwies, ergaben, dass der Wirkstoff innerhalb von 3 Wochen unter aeroben Bedingungen<br />

nicht abgebaut wird. Dennoch wurde in elbenahen Messstellen einer Uferfiltrationsstrecke<br />

im Fassungsbereich des Wasserwerkes Torgau-Ost kein Atrazin nachgewiesen<br />

(analytische Nachweisgrenze: 25 ng/L). Möglicherweise erfolgt hier eine anoxische Umsetzung<br />

des Atrazins.<br />

Mit Hilfe von weiteren Testfilterversuchen wurde festgestellt, dass die erhöhten DOC-Konzentrationen<br />

im Elbewasser während und nach dem Hochwasser vor allem auf einen erhöhten<br />

Anteil schwer oder nicht abbaubarer organischer Verbindungen zurückzuführen sind.<br />

Aromatische Amine, die in den vergangenen Jahren mehrfach in der Elbe nachgewiesen wurden<br />

und Abwassereinleitungen der chemischen Industrie in Tschechien zugeordnet werden konnten<br />

[5], wurden während des Hochwassers nicht nachgewiesen (Nachweisgrenzen 26 bis 120 ng/L).<br />

Schlämme<br />

Die TOC- und AOX-Gehalte der Schlämme liegen im für Elbesedimente typischen Bereich<br />

bzw. etwas darunter.<br />

1000<br />

300<br />

Pegel in cm<br />

900<br />

800<br />

700<br />

600<br />

500<br />

400<br />

300<br />

200<br />

Pegel Dresden<br />

Atrazin<br />

250<br />

200<br />

150<br />

100<br />

50<br />

Konzentration Atrazin in ng/L<br />

100<br />

0<br />

0<br />

13.7.02<br />

7.8.02<br />

1.9.02<br />

26.9.02<br />

21.10.02<br />

15.11.02<br />

10.12.02<br />

Bild 1:<br />

Verlauf der Atrazinkonzentration während des Hochwassers im Vergleich zu<br />

September bzw. Dezember 2002<br />

30


<strong>Tagungsband</strong> Statusseminar des BMBF-Ad-hoc-Verbundprojektes in Freiberg, 27.-29.08.2003<br />

700<br />

Gehalt in µg/kg Trockenmasse<br />

600<br />

500<br />

400<br />

300<br />

200<br />

100<br />

0<br />

1,2,4-Trichlorbenzen<br />

Hexachlorbenzen<br />

Pillnitz<br />

Kleinzschachwitz<br />

Altstadt<br />

DD-Neustadt<br />

Blasewitz<br />

Gohlis<br />

Cossebaude<br />

Kötzschenbroda<br />

Tolkewitz<br />

Laubegast<br />

Bild 2:<br />

Gehalt von 1,2,4-Trichlorbenzen und Hexachlorbenzen in Hochwasserschlämmen<br />

im Raum Dresden<br />

Anhand der Screeninguntersuchungen der Schlämme wurden verschiedene organische Schadstoffe<br />

identifiziert, z.B. Phenole, PAK, PBSM (DDT, DDD) und Chloraromaten. Obwohl die<br />

Proben an verschiedenen Stellen genommen wurden und erhebliche Unterschiede in ihrer<br />

Konsistenz aufwiesen, war ein relativ ähnliches Muster für eine Reihe von organischen Verbindungen<br />

zu erkennen.<br />

Mittels GC/MS im SIM-Modus wurden mehrere Chlorkohlenwasserstoffe quantifiziert. Insbesondere<br />

für die Verbindungen 1,2,4-Trichlorbenzol und Hexachlorbenzol wurde ein häufiges<br />

Auftreten mit zum Teil relativ hohen Konzentrationen beobachtet (Bild 2). Die Bewertung und<br />

die sich daraus ergebene Ableitung von Maßnahmen muss in Abhängigkeit von der nachfolgenden<br />

Nutzung der überfluteten Flächen erfolgen. Für Hexachlorbenzol liegen die gemessenen<br />

Konzentration deutlich unterhalb des Prüfwertes von 4 mg/kg im Bereich von Kinderspielplätzen<br />

gemäß Bundesbodenschutzgesetz § 8 Abs. 1 [6]. Im Bereich der Landwirtschaft, wo<br />

z.T. deutlich niedrigere Grenz- und Richtwerte gelten, können verschiedene Maßnahmen wie<br />

Umpflügen der betroffenen Böden oder ein Abtragen der obersten Bodenschicht notwendig<br />

sein. So wird beispielsweise der Belastungswert für Böden zum Schutz von Nahrungs- und<br />

Futterpflanzen sowie von Tieren, der für Hexachlorbenzen bei 50 µg/kg Boden liegt, deutlich<br />

überschritten [7].<br />

5 Literatur<br />

[1] Sächsisches Landesamt für Umwelt und Geologie (www.umwelt.sachsen.de/lfug).<br />

[2] <strong>UFZ</strong>-Umweltforschungszentrum Leipzig-Halle GmbH, Pressemitteilung vom 06.09.2002.<br />

[3] Greenpeace, Belastung der Elbe mit Schadstoffen beim Hochwasser, Bericht vom 23.08.02.<br />

[4] Arbeitsgemeinschaft für die Reinhaltung der Elbe 2001, Wassergütedaten der Elbe, Zahlentafel 1999.<br />

31


’Schadstoffbelastung nach dem Augusthochwasser 2002 - Ergebnisse und Forschungsbedarf’<br />

[5] Börnick, H., Grischek, T., Worch, E. (2001) Determination of aromatic amines in surface waters and<br />

comparison of their behavior in HPLC and on sediment columns. Fresenius J. Anal. Chem. 371, 607-<br />

613.<br />

[6] Gesetz zum Schutz vor schädlichen Bodenveränderungen und zur Sanierung von Altlasten (Bundes-<br />

Bodenschutzgesetz - BBodSchG), 17. März 1998<br />

[7] 4. Verwaltungsvorschrift des Umweltministeriums zum Bodenschutzgesetz über die Ermittlung und<br />

Einstufung von Gehalten organischer Schadstoffe im Boden (VwV Organische Schadstoffe), 10.12.95,<br />

GABI. 1996, S.87<br />

Vergleich der Wassergüte vor/während/nach dem Sommerhochwasser in<br />

der sächsischen Elbe<br />

Sophie Conradt, Lutz Küchler, Holm Friese, Sylvia Rohde<br />

Sächsisches Landesamt für Umwelt und Geologie, Zur Wetterwarte 11, 01109 Dresden, Tel. 0351/<br />

8928231, Fax 0351/8928245, Sophie.Conradt@lfug.smul.sachsen.de<br />

1 Situationsbeschreibung des extremen Starkniederschlagsereignisses im August 2002 in<br />

Sachsen<br />

Das Hochwasser vom August 2002 gestaltete sich zur größten Naturkatastrophe Sachsens seit<br />

Menschengedenken. Das extreme Niederschlagsereignis im August 2002 war vor allem das<br />

Ergebnis des Zusammenspiels vieler Prozesse in der Atmosphäre, die in ihrer Summe die<br />

dramatische Hochwassersituation in Sachsen auslösten. An mehreren sächsischen Messstationen<br />

ergaben sich neue Rekordwerte für den 24stündigen Niederschlag. So wurden in Dresden<br />

158 mm Niederschlag registriert. An der Station Zinnwald-Georgenfeld wurden sogar 312 mm<br />

gemessen (bisheriger Spitzenwert in Deutschland 260 mm, Zeithain bei Riesa am 06.07.1906).<br />

Vom 11. bis 13. August fielen in Zinnwald 406 mm, in Altenberg sogar 420 mm Regen. Das<br />

entspricht etwa dem vierfachen des Normalwertes für den gesamten Monat August.<br />

2 Entwicklung der Abflüsse an den Elbepegeln<br />

Das Hochwasser hat sich für die Zuflüsse in den Entstehungsgebieten und für die Elbe zum<br />

größten verlässlich registrierten Ereignis entwickelt. Erste Abschätzungen gehen für die Elbe<br />

von einem 100 bis 200 jährlichen Hochwasser aus.<br />

Der Scheitel in Dresden lag bei ca. 4580 m³/s. In der Abb. 1 sind für die Pegel Usti, Dresden<br />

und Torgau die Abflussganglinien des Hochwasserereignisses hinterlegt (BfG, 2002).<br />

3 Sondermesssprogramm<br />

Die Sonderuntersuchungen wurden zum einen zur Gefährdungsabschätzung und zum anderen<br />

zur Information des Krisenstabes und der Bevölkerung aufgenommen. Die Gewässergüte der<br />

Elbe wurde durch das August-Hochwasser 2002 stark beeinflusst. Hochwässer dieses<br />

Ausmaßes haben ein gewaltiges zusätzliches Mobilisierungspotential. Durch das Hochwasser<br />

wurden erhebliche Mengen von Schadstoffen in die Flüsse gespült bzw. in Schlämmen abgelagert.<br />

Weit über das Maß hinaus gehende Stoffeinträge traten hauptsächlich durch Abflüsse und<br />

Abschlämmungen von Flächen aller Art, durch Aufräumarbeiten (Keller), defekte Kläranlagen,<br />

ausgelaufene Behälter mit wassergefährdenden Stoffen (insbesondere Heizöl) und Unfälle auf.<br />

Das Sächsische Landesamt für Umwelt und Geologie hat im Auftrag des Katastrophenstabes zu<br />

den qualitativen Auswirkungen des Elbehochwassers in der Zeit vom 15.08.02 bis zum<br />

32


<strong>Tagungsband</strong> Statusseminar des BMBF-Ad-hoc-Verbundprojektes in Freiberg, 27.-29.08.2003<br />

6000<br />

5000<br />

Quelle: BfG, 2002<br />

4000<br />

3000<br />

2000<br />

1000<br />

0<br />

7.8.02<br />

8.8.02<br />

9.8.02<br />

Q [m³/s]<br />

10.8.02<br />

11.8.02<br />

12.8.02<br />

13.8.02<br />

14.8.02<br />

15.8.02<br />

16.8.02<br />

17.8.02<br />

18.8.02<br />

19.8.02<br />

20.8.02<br />

21.8.02<br />

22.8.02<br />

23.8.02<br />

24.8.02<br />

25.8.02<br />

26.8.02<br />

27.8.02<br />

28.8.02<br />

29.8.02<br />

30.8.02<br />

31.8.02<br />

1.9.02<br />

2.9.02<br />

3.9.02<br />

Usti Dresden Torgau<br />

Abb. 1: Abflussganglinien von den Elbepegeln Usti, Dresden und Torgau während des<br />

Hochwassers 2002<br />

06.09.02 die Durchführung von Sondermessungen veranlasst. Die Entnahme der Elbwasserproben<br />

erfolgte in Bad Schandau (Straßenbrücke), Dresden (Albertbrücke) und Meißen (Alte<br />

Straßenbrücke) Das untersuchte Parameterspektrum umfasste im Wesentlichen folgende Stoffgruppen<br />

bzw. Parameter: allgemeine- und Summenparameter, Schwermetalle und Arsen, Pflanzenschutzmittel<br />

und weitere organische Spurenstoffe sowie bakteriologische und<br />

toxikologische Untersuchungen. Die Analytik der Wasserproben wurde von der Staatlichen<br />

Umweltbetriebsgesellschaft durchgeführt.<br />

Während des Scheitelpunktes der Hochwasserwelle in Sachsen wurde eine Längsschnittbeprobung<br />

per Hubschrauber durch die Arbeitsgemeinschaft für die Reinhaltung der Elbe (ARGE)<br />

durchgeführt, was aus der Sicht der Erreichbarkeit der Probenahmestellen bei der angespannten<br />

Verkehrslage die einzige Probenahmemöglichkeit war. Die Ergebnisse stellen eine wertvolle<br />

Ergänzung der Untersuchungen dar und wurden in die nachfolgende Auswertung einbezogen.<br />

4 Auswertung der Untersuchungsergebnisse<br />

Allgemeine- und Summenparameter<br />

Die Messergebnisse der allgemeinen Parameter und Summenparameter wie beispielsweise pH-<br />

Wert, Leitfähigkeit, CSB, AOX, Schwebstoffe sowie Nährstoffe überschritten nicht hochwasserübliche<br />

Werte, lagen jedoch kurzzeitig über den langjährigen Mittelwerten. Nach dem Hochwasser<br />

sind diese Belastungen mit Ausnahme der Parameter SAK 254 nm und DOC relativ<br />

schnell wieder zurückgegangen. Erhöhte Werte des SAK 254 nm sowie des DOC konnten noch<br />

bis etwa Anfang Dezember 2002 festgestellt werden.<br />

Für die aquatische Lebensgemeinschaft stellen Sauerstoffgehalt und Sauerstoffsättigung besonders<br />

wichtige Komponenten dar. Die Konzentrationen für Sauerstoff lagen während der Hochwassersituation<br />

im fließenden Wasser immer weit über dem kritischen Wert von 3 mg/l.<br />

33


’Schadstoffbelastung nach dem Augusthochwasser 2002 - Ergebnisse und Forschungsbedarf’<br />

Schwermetalle und Arsen<br />

Für Schwermetalle und Arsen wurden ebenfalls deutlich erhöhte Konzentrationen gefunden.<br />

Aufgrund des extrem erhöhten Abflusses kam es zu erheblichen Frachten. Nach einem starken<br />

Anstieg bis zum Scheitelpunkt der Hochwasserwelle war eine langsam abnehmende Belastung<br />

zu verzeichnen. In der Elbe wurden insbesondere für Arsen, Cadmium, Quecksilber, Uran und<br />

Blei Konzentrationen über den langjährigen Maximalwerten gemessen. Für Cadmium ist dieser<br />

Sachverhalt beispielhaft für die Messstellen Bad Schandau (Straßenbrücke) bzw. Schmilka,<br />

rechts dargestellt.<br />

An der Messstelle Meißen (Alte Straßenbrücke) lagen die Cadmium-Konzentrationen kurzzeitig<br />

mit Werten bis zu 1,8 µg/l über der Qualitätsnorm der Wasserrahmenrichtlinie (Entwurf<br />

des SMUL, 2003). Nach dem Hochwasserereignis gingen die Arsen- und Schwermetallkonzentrationen<br />

langsam zurück und liegen nunmehr wieder auf mittlerem Konzentrationsniveau.<br />

Pflanzenschutzmittel und weitere organische Spurenstoffe<br />

Für die organischen Komponenten: 1,2-cis-Dichlorethen, 1,2-Dimethylbenzol (o-Xylol), 1,3-<br />

u.1,4-Dimethylbenzol (m, p-Xylol), p,p-DDT, Ethylbenzol, Tributylphosphat (TBP) und Vinylchlorid<br />

lagen die Konzentrationen über den bisherigen langjährigen Maximalwerten. Für<br />

PCB´s, Metazachlor und Alachlor konnten ebenfalls erhöhte Konzentrationen festgestellt<br />

werden. Überschreitungen der Qualitätsnorm der Wasserrahmenrichtlinie (Entwurf des SMUL,<br />

2003) traten bei den PCB´s (Wasserphase) auf. Aus den Konzentrationsverläufen der einzelnen<br />

organischen Komponenten, wie beispielhaft in der Abb. 3 für den Parameter PCB 138 dargestellt,<br />

wird ersichtlich, dass es sich bei den organischen Belastungen nur um kurzzeitige Spitzenbelastungen<br />

handelte.<br />

Abb. 3: Entwicklung der Konzentration von PCB 138 vom 17.08.-06.09.02 an der Messstelle<br />

Bad Schandau bzw. vom 15.08.-16.08.02 sowie 09.09.-30.09.2002 an der Messstelle Schmilka<br />

und Vergleich mit dem langjährigen Mittel- bzw. Maximalwert der Messstelle Schmilka, rechts<br />

Cadmium in der Elbe<br />

Zeitraum 15.08.02 - 30.09.02<br />

0,8<br />

0,7<br />

0,6<br />

rot: Hubschrauberprobe der ARGE ELBE<br />

Konzentration in µg/l<br />

0,5<br />

0,4<br />

0,3<br />

0,2<br />

0,1<br />

Maximum 1998-2001: 0,42 µg/l<br />

Mittelwert 1998-2001: 0,13 µg/l<br />

0<br />

15.<br />

17.<br />

19.<br />

21.<br />

23.<br />

25.<br />

27.<br />

29.<br />

31.<br />

2.<br />

4.<br />

6.<br />

8.<br />

10.<br />

12.<br />

14.<br />

16.<br />

18.<br />

20.<br />

22.<br />

24.<br />

26.<br />

28.<br />

30.<br />

August<br />

September<br />

Abb. 2: Entwicklung der Cadmiumkonzentrationen vom 17.08.-06.09.02 an der Messstelle<br />

Bad Schandau bzw. am 16.08.02 und vom 09.09.-30.09.2002 an der Messstelle Schmilka und<br />

Vergleich mit dem langjährigen Mittel- bzw. Maximalwert der Messstelle Schmilka, rechts<br />

34


<strong>Tagungsband</strong> Statusseminar des BMBF-Ad-hoc-Verbundprojektes in Freiberg, 27.-29.08.2003<br />

Insgesamt ist festzustellen, dass die gesamte organische Belastung ein niedriges Konzentrationsniveau<br />

aufwies und nur die Konzentrationen der hier genannten organischen Stoffe zeitweise<br />

erhöht waren. Für alle anderen untersuchten Stoffe des Sondermessprogramms wurden<br />

Werte unterhalb der Bestimmungs- bzw. Nachweisgrenze gefunden oder die Werte lagen im<br />

Bereich der üblicher Weise anzutreffenden Mittelwerte. Nach dem Hochwasserereignis lagen<br />

die Konzentrationen der organischen Stoffe wieder auf mittlerem Konzentrationsniveau. Die<br />

während des Hochwassers gemessenen Konzentrationen an Mineralölkohlenwasserstoffen sind<br />

nicht mehr nachweisbar.<br />

PCB 138 in der Elbe<br />

Zeitraum 15.08.02 - 30.09.02<br />

3<br />

Konzentration in ng/l<br />

2,5<br />

2<br />

1,5<br />

1<br />

0,5<br />

Maximum 1997-2001: 1,9 ng/l<br />

Mittelwert 1997-2001: 0,57 ng/l<br />

0<br />

15.<br />

17.<br />

19.<br />

21.<br />

23.<br />

25.<br />

27.<br />

29.<br />

31.<br />

2.<br />

4.<br />

6.<br />

8.<br />

10.<br />

12.<br />

14.<br />

16.<br />

18.<br />

20.<br />

22.<br />

24.<br />

26.<br />

28.<br />

30.<br />

August<br />

September<br />

Abb. 3: Entwicklung der Konzentration von PCB 138 vom 17.08.-06.09.02 an der Messstelle<br />

Bad Schandau bzw. vom 15.08.-16.08.02 sowie 09.09.-30.09.2002 an der Messstelle Schmilka<br />

und Vergleich mit dem langjährigen Mittel– bzw. Maximalwert der Messstelle Schmilka,<br />

rechts<br />

Bakteriologische Parameter<br />

Der Nachweis der Koliformen gilt als Hinweis, der Nachweis von Fäkalkoliformen ist ein<br />

Nachweis für fäkale Gewässerverunreinigung und damit für eine vom Wasser ausgehende<br />

potentielle Infektionsgefahr. Diese hygienischen Kenngrößen indizieren eine allochthone<br />

Keimbelastung des Gewässers.<br />

Zu bemerken ist, dass schon die Hintergrundwerte der Fäkalkoliformen, als auch der Koliformen<br />

(Tab.1) über dem Grenzwert der Sächsischen Badewasserverordnung liegen (2000 bzw.<br />

10 000 Keime/100 ml); der Entwurf der EU-Richtlinie enthält noch deutlich höhere Anforderungen.<br />

Das bedeutet, dass die Elbe unabhängig von der Abflusssituation eine deutliche bakteriologische<br />

Belastung aufweist.<br />

Die bakteriologischen Untersuchungen im Hochwassersondermessprogramm begannen am<br />

19.08.02, also unmittelbar nach dem Hochwasserscheitel. Möglicherweise wurden aus diesem<br />

Grunde Spitzenwerte nicht mehr erfasst.<br />

Erhöhte Fäkalkolizahlen wurden zuerst am 20.08.02 in Bad Schandau und Dresden gefunden,<br />

am 21.08.02 dann in Meißen (Abb. 4). Nach dem 20.08.02 wurden in Bad Schandau keine<br />

erhöhten Keimzahlen mehr gefunden. In Dresden wurde die Größenordnung der Hintergrund-<br />

35


’Schadstoffbelastung nach dem Augusthochwasser 2002 - Ergebnisse und Forschungsbedarf’<br />

Tabelle 1: Auswertung der bakteriologischen Untersuchungen der Hochwasserbeprobung<br />

Fäkalkolizahlen während des Elbhochwassers im August 2002<br />

KBE/ml<br />

450<br />

400<br />

350<br />

300<br />

250<br />

200<br />

Bad Schandau<br />

Dresden<br />

Meißen<br />

150<br />

100<br />

50<br />

0<br />

19.08.2002 26.08.2002 02.09.2002 09.09.2002 16.09.2002<br />

Datum<br />

Abb. 4 : Verlauf der Keimzahlen der Fäkalkoliformen während des Elbhochwassers<br />

werte um den 25.08.02 erreicht, während ab 27.08.02 bis etwa Mitte September erhöhte Keimzahlen<br />

nur noch in Meißen gefunden wurden.<br />

Weniger klar sind die Befunde bei den Koliformen: Die höchsten Einzelwerte (bis 7100 KBE/<br />

ml) wurden Ende August und Anfang September in Meißen gefunden. Einige Tage vorher<br />

treten entsprechende Peaks in Kurvenverlauf von Bad Schandau auf; die Spitzenwerte sind<br />

jedoch deutlich geringer.<br />

Die Werte von Dresden liegen in der Größenordnung von 2000 KBE/ml und zeigen leicht<br />

fallende Tendenz.<br />

Die Bakteriengruppe der Fäkalindikatoren ist i.d.R. im Flusswasser nicht vermehrungs- bzw.<br />

lange überlebensfähig, so dass keine nachhaltigen Auswirkungen der hochwasserbedingten<br />

36


<strong>Tagungsband</strong> Statusseminar des BMBF-Ad-hoc-Verbundprojektes in Freiberg, 27.-29.08.2003<br />

bakteriellen Belastung zu erwarten waren. Das wird durch die ab Oktober 2002 wieder monatlich<br />

durchgeführten bakteriologischen Untersuchungen bestätigt.<br />

Zur Einschätzung der Toxizität des Elbwassers wurden während des Sondermessprogramms<br />

täglich Leuchtbakterientests (DIN 38412 - L 34) und Daphnientests (DIN 38412 - L 30) mit<br />

Proben der oben angegebenen Messstellen durchgeführt. Alle untersuchten Proben zeigten das<br />

Ergebnis GL 1 bzw. GD 1; d.h. das Wasser zeigte in der unverdünnten Probe keine giftige<br />

Wirkung auf die Testorganismen. Diese Testergebnisse belegen, dass Schadstoffe in toxisch<br />

wirksamen Konzentrationen im Elbabschnitt zwischen Bad Schandau und Meißen nicht nachzuweisen<br />

waren.<br />

5 Ausblick<br />

Nach nunmehr einem Jahr liegt im Sächsischen Landesamt für Umwelt und Geologie ein abgestimmtes<br />

Hochwassergütemessprogramm vor. Meldewege, Messstellen und Parameterauswahl<br />

wurden auf Grund der Erfahrungen optimiert und Bewertungsgrundlagen festgelegt.<br />

6 Literatur<br />

BfG, 2002: Interne Mitteilung der BfG<br />

SMUL, 2003: Entwurf der Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums für Umwelt und Landwirtschaft<br />

zur Umsetzung der Anhänge II und V der Richtlinie 2000/60/EG zur Schaffung eines Ordnungsrahmens<br />

für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik sowie zur weiteren Umsetzung der<br />

Richtlinie 76/464/EWG betreffend die Verschmutzung infolge der Ableitung bestimmter gefährlicher<br />

Stoffe in die Gewässer der Gemeinschaft vom Juli 2003<br />

Schwermetallbelastungen der Böden in Elbauen ober- und unterhalb der<br />

Muldemündung<br />

Alexander Gröngröft 1 , Frank Krüger 2 , Günter Miehlich 1<br />

1 Institut für Bodenkunde der Universität Hamburg, Allende-Platz 2, 20146 Hamburg, Tel. 040/42838-4395,<br />

Fax. 040/42838-2024, A.Groengroeft@ifb.uni-hamburg.de<br />

2 ELANA Boden Wasser Monitoring, Dorfstr. 55, 39615 Falkenberg, Tel 039386/97121, Fax 039386/97116,<br />

krueger@lysi.ufz.de<br />

1 Einleitung und Fragestellung<br />

Die Schwebstoffe von Mulde und Elbe sind bis heute, trotz der Verbesserungen der Flusswasserqualität,<br />

immer noch in einem Maße mit Spurenmetallen belastet, dass Maßnahmenwerte des<br />

BBodSchV überschritten werden. Wesentliche Ursache für die Belastung der Böden ist die<br />

Sedimentation von Schwebstoffen während der Überflutung (Krüger et al. 2001). Die bislang<br />

gemessene Oberbodenbelastung in der maßgeblichen Tiefe 0-10 cm schwankt in Abhängigkeit<br />

von der Überflutungshäufigkeit (vereinfacht der Geländehöhe) und der während einer Überflutung<br />

wirksamen Strömungsgeschwindigkeit des Wassers (Morphologie) erheblich. Belastungsspitzen<br />

treten an Standorten auf, die häufig überflutet wurden und bei denen die Morphologie<br />

eine Strömungsberuhigung bewirkt (ehemalige Altarme und Flutrinnen, Bracks, Abbaustellen;<br />

bodentypologisch: Auennassgleye, Auenanmoorgleye). Die niedrigsten Belastungen finden<br />

sich an hochgelegenen Standorten (Uferwälle, bodentypologisch: Vegen, Auenbraunerden).<br />

Die Bodenbelastung führt zu erhöhten Gehalten in der Vegetation (MIEHLICH 1983), insbesondere<br />

bei den Elementen Arsen, Cadmium, Quecksilber und Zink. Dabei sind die für Auen<br />

typischen regelmäßigen Übergänge von reduzierten zu oxidierten Zuständen entscheidend.<br />

37


’Schadstoffbelastung nach dem Augusthochwasser 2002 - Ergebnisse und Forschungsbedarf’<br />

Um die Auswirkungen des Elbehochwassers auf Böden der Vordeichsländer zu erfassen,<br />

werden im Arbeitspaket 4.4 folgende Fragestellungen untersucht:<br />

• Wie beeinflussen Höhenlage, Bodentyp und Abstand zum Fluss die Belastung der Oberböden<br />

mit Spurenmetallen ?<br />

• Wie hoch ist der mobilisierbare Anteil der Spurenmetalle an den Gesamtgehalten ?<br />

• Welcher Transfer von Spurenmetallen tritt in die Vegetation auf ?<br />

• Können erhöhte Spurenmetallgehalte im oberflächennahen Grundwasser nachgewiesen<br />

werden ?<br />

In Absprache mit den anderen Partnern werden die Auen der unteren Mulde sowie die Elbauen<br />

im Bereich Stromkilometer 200 - 300 bearbeitet. Weil in diesem Flussabschnitt Mulde und<br />

Saale in die Elbe münden, werden in dieser Zone erhebliche Unterschiede in der Sediment- und<br />

damit in der Bodenbelastung erwartet.<br />

2 Standorte der Untersuchung<br />

Für die Durchführung der Untersuchungen wurden zunächst vier Flächen ausgewählt, die<br />

jeweils vom Elbufer bis an die natürliche oder künstliche Grenze (Deich) der Überflutung<br />

reicht:<br />

1. Schleusenheger Wiesen bei Wörlitz (Elbe-km 240, linksseitig). Hierbei handelt es sich um<br />

ein 1580 m breites Auengebiet mit hoher Biotopvielfalt (Grünland, Ruderalflächen,<br />

Auwälder und Forsten), das in seinem elbseitigen Teil bereits durch das RIVA-Projekt bodenkundlich<br />

untersucht wurde (SCHOLZ ET AL. 2001) und für das daher bereits Informationen<br />

zur Oberbodenbelastung vor dem Hochwasser vorlagen. Das Hochwasser wird durch<br />

Deiche begrenzt.<br />

2. Muldemündung bei Dessau (rechtsseitig, Einmündung bei Elbe-km 259). Hierbei handelt es<br />

sich um ein stadtnahes Erholungsgebiet (1150 m Breite) mit parkartigem Charakter<br />

(Mischung aus nicht wirtschaftlich genutzten Grünflächen mit Einzelbäumen und Waldparzellen).<br />

Das Hochwasser wird durch Deiche begrenzt.<br />

3. Schöneberger Wiesen bei Steckby (Elbe-km 285, rechtsseitig). Dieses Gebiet (600 m<br />

Breite) weist einen Auwaldstreifen am Elbufer und ansonsten Grünland auf, das an der<br />

hochwasserberenzenden Geest in Röhrichte übergeht. Dieses Gebiet wurde ebenfalls durch<br />

das RIVA-Projekt untersucht.<br />

4. Glinde bei Barby (Elbe-km 301). Dieses schmale Gebiet (330 m Breite, linksseitig) weist<br />

morphologisch reich gegliederte Grünlandflächen auf. Das Hochwasser wird durch Deiche<br />

begrenzt.<br />

Für jede Fläche wurde eine Transektlinie quer zur Flussrichtung so gewählt, dass sie die charakteristischen<br />

morphologisch-bodenkundlichen Einheiten schneidet.<br />

3 Methodik<br />

Die Kartierung der Böden der vier Flächen ist abgeschlossen. Es wurden insgesamt 96<br />

Bohrungen abgeteuft und die maßgeblichen Bodenmerkmale aufgenommen, die Geländehöhen<br />

an den Bohrpunkten nivelliert und jeweils Oberbodenproben in gestörter und volumengerechter<br />

Form genommen.<br />

Außerdem wurden Bodenproben auf denjenigen Flächen der Standorte 1) und 3) entnommen,<br />

die im Rahmen des RIVA-Projektes angelegt worden sind, um zeitliche Trends aus dem<br />

direkten Vergleich ablesen zu können (32 Flächen mit jeweils zwei Entnahmetiefen).<br />

38


<strong>Tagungsband</strong> Statusseminar des BMBF-Ad-hoc-Verbundprojektes in Freiberg, 27.-29.08.2003<br />

Als Bodenkenndaten wurden bestimmt: Lagerungsdichte, Anteil an Kohlenstoff und Stickstoff,<br />

pH-Wert, Leitfähigkeit, die Elementgehalte von Ca, Fe, K, Mg, Mn, Na, P und S und für ausgewählte<br />

Proben die Korngrößenverteilung. Die Belastung der Böden mit Spurenmetallen wurde<br />

aus den Gesamtgehalten der Elemente As, Cd, Cu, Cr, Hg, Pb und Zn ermittelt.<br />

4 Anlage von Monitoringflächen<br />

Der Nachweis von Veränderungen der Bodenbelastung infolge von Hochwässern kann nur<br />

gelingen, wenn die Ausgangsbelastung bekannt ist. Da in Auenböden eine hohe räumliche Variabilität<br />

der Bodenbelastung die Regel ist, kann die Veränderung nur dann mit ausreichender<br />

Sicherheit bei akzeptablem Untersuchungsaufwand analysiert werden, wenn die Bezugsfläche<br />

immer gleich bleibt. Es wurden daher Flächen zum Monitoring der Oberbodenbelastung eingerichtet.<br />

Mit der Einrichtung und dem auf den Flächen angewandten Beprobungsschema wurden<br />

folgende Ziele verfolgt:<br />

• Die Monitoringfläche soll eine Fläche einheitlicher Nutzung und einheitlicher morphologischer<br />

Situation repräsentieren.<br />

• Die Monitoringfläche wird in allen Fällen gleich groß gehalten, um eine Vergleichbarkeit<br />

der Standorte unter einander herzustellen und ein einheitliches Beprobungsschema anwenden<br />

zu können.<br />

• Die Flächengröße orientiert sich an den Vorgaben für die Einrichtung von Dauerbeobachtungsflächen<br />

[BARTH ET AL. 2000].<br />

• Das Verhältnis der Seitenlängen der Monitoringflächen wird variabel gehalten, um die in<br />

den Auen vorhandenen Längsstrukturen beproben zu können.<br />

• Die Beprobungsdichte orientiert sich ebenfalls an den Vorgaben für die Untersuchung von<br />

Dauerbeobachtungsflächen.<br />

• Die Probenzahl und Beprobungstiefe berücksichtigt die Vorgaben der BBodSchV [1999].<br />

• Die Fläche wird so markiert, dass eine Wiederholungsbeprobung sicher möglich ist.<br />

5 Vergleich der Oberbodenbelastung<br />

Im folgenden werden ausgewählte Daten zur Oberbodenbelastung vorgestellt: Dazu wird am<br />

Beispiel von Zink auf die Bedeutung unterschiedlicher Einflussfaktoren eingegangen. Abb. 1<br />

zeigt die gemessenen Gesamtgehalte von Zink, getrennt für die vier Untersuchungsflächen in<br />

Abhängigkeit vom Gesamt-Aluminiumgehalt. Es ist bekannt, dass der größte Teil der Schwermetalle<br />

der Schwebstoffe an die Tonfraktion gebunden ist. Da die Tongehalte nur an einer<br />

Auswahl von Proben analysiert wurden, wird hier der Gehalt an Aluminium als Maß für den<br />

Gehalt an Tonmineralen verwendet. Die Graphik verdeutlicht, dass innerhalb einer Fläche die<br />

Anreicherung mit Zink trotz Normierung gegen die Aluminiumgehalte erheblich variiert, dass<br />

die höchsten Anreicherungen auf der Fläche Glinde, also unterhalb der Einmündung der Saale<br />

vorkommen und dass alle Oberböden Gehalte aufweisen, die oberhalb der geogenen Gehalte<br />

liegen. Die Linie geogener Gehalte wurde aus der Untersuchung von 166 Auenlehmen der<br />

Mittelelbe (Raum Lenzen, siehe SCHWARTZ 2001) abgeleitet. Die Variabilität der Belastung<br />

trotz Normierung ergibt sich damit aus dem variierenden Eintrag von Schwebstoffen in die<br />

Böden, wodurch Mischungen unterschiedlicher Anteile aus belasteten Sedimenten und unbelasteten<br />

Auenlehmen entstanden sind.<br />

Um die anthropogene Schadstoffanreicherung zu erfassen, ist eine Berücksichtigung geogener<br />

Gehalte notwendig. Um neben der Belastung des Bodenmaterials (mg/kg Trockensubstanz)<br />

39


’Schadstoffbelastung nach dem Augusthochwasser 2002 - Ergebnisse und Forschungsbedarf’<br />

1200<br />

1000<br />

Wörlitz<br />

Muldemündung<br />

Steckby<br />

Glinde<br />

Zink (mg/kg)<br />

800<br />

600<br />

400<br />

200<br />

geogener Hintergrund<br />

0<br />

3 4 5 6 7 8<br />

Aluminium (g/kg)<br />

Abb. 1 Gesamtgehalt an Zink (mg/kg) in den Oberböden<br />

(0-10 cm Tiefe) der vier Flächen<br />

rel. Höhe (m)<br />

4<br />

2<br />

0<br />

1200<br />

1000<br />

Glinde<br />

Messwert<br />

Anreichung<br />

100<br />

90<br />

80<br />

70<br />

Zink (mg/kg)<br />

800<br />

600<br />

400<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

Zink (g/m2*dm)<br />

20<br />

200<br />

Flächenbelastung<br />

10<br />

0<br />

0<br />

0 50 100 150 200 250 300<br />

Abstand zur Elbe<br />

Abb. 2 Gesamtgehalte (mg/kg TS), anthropogene Zinkanreicherung<br />

(mg/kgTS und Flächenbelastung (g/m2*dm) )der Fläche Glinde<br />

rel. Höhe (m)<br />

4<br />

2<br />

0<br />

1200<br />

1000<br />

Wörlitz<br />

Messwert<br />

Anreichung<br />

100<br />

90<br />

80<br />

70<br />

Zink (mg/kg)<br />

800<br />

600<br />

400<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

Zink (g/m2*dm)<br />

20<br />

200<br />

10<br />

Flächenbelastung<br />

0<br />

0<br />

0 100 200 300 400 500 600 700 800 900 1000 1100 1200 1300 1400 1500<br />

Abstand zur Elbe<br />

Abb. 3 Gesamtgehalte (mg/kg TS), anthropogene Zinkanreicherung<br />

(mg/kgTS und Flächenbelastung (g/m2*dm) der Fläche Wörlitz<br />

40


<strong>Tagungsband</strong> Statusseminar des BMBF-Ad-hoc-Verbundprojektes in Freiberg, 27.-29.08.2003<br />

4,0<br />

3,5<br />

Glinde<br />

4,0<br />

3,5<br />

Wörlitz<br />

relative Geländehöhe (m)<br />

3,0<br />

2,5<br />

2,0<br />

1,5<br />

1,0<br />

relative Geländehöhe (m)<br />

3,0<br />

2,5<br />

2,0<br />

1,5<br />

0,5<br />

1,0<br />

30 40 50 60 70 80<br />

Zink-Anreicherung (g m -2 *dm -1 )<br />

0 10 20 30 40 50 60 70<br />

Zink-Anreicherung (g m -2 *dm -1 )<br />

Abb. 4 Abhängigkeit der flächigen Zinkanreicherung von der Geländehöhe (Glinde und Wörlitz)<br />

auch die Belastung von Teilflächen (g/m²*dm) abschätzen zu können, muss außerdem die<br />

Rohdichte des Bodens in der beprobten Tiefe 0-10 cm einbezogen werden. Die Abb. 2 und 3<br />

zeigen für die Gebiete Glinde und Wörlitz die Gesamtgehalte an Zink, die anthropogene Zinkanreicherung<br />

und die Flächenbelastung. Deutlich wird, dass die Gesamtgehalte sich zum überwiegenden<br />

Teil aus anthropogenen Einträgen erklären lassen, also aus dem Eintrag partikulärer<br />

Stoffe bei Hochwasser herrühren. Im Verlauf des Transekts treten die Belastungsspitzen<br />

ufernah auf. Dort sind es die Rinnenlagen, in denen sich die höchsten Belastungen finden lassen.<br />

Die Flächenbelastung (g/m²*dm) nimmt vor allem dort relativ ab, wo die Böden sehr humusreich<br />

sind. Dies ist z. B. im Bereich des Deichfußes der Fläche Glinde (Abb. 2) der Fall, wo zwar<br />

die Zinkgehalte in mg/kg deutlich ansteigen, die Flächenbelastung aufgrund der geringen Lagerungsdichten<br />

der anmoorigen Oberböden jedoch nur geringfügig höher liegt als an den Nachbarstandorten.<br />

Anhand der oben in den Abb. 2 und 3 wiedergegebenen relativen Geländehöhen kann erkannt<br />

werden, dass generell eine Beziehung zwischen Geländehöhe und damit der Überflutungshäufigkeit<br />

und der anthropogenen Zinkanreicherung besteht. Allerdings ist diese Beziehung insbesondere<br />

in den breiteren Auengebieten nicht sehr eng.<br />

In Abb. 4 sind die Abhängigkeiten der flächigen Zinkanreicherung von der Geländehöhe für die<br />

Flächen Glinde und Wörlitz dargestellt. Die jeweils höchsten Werte sind die ufernahen Rinnenlagen.<br />

Aber es treten sowohl in Glinde als auch in Wörlitz innerhalb der Auenflächen Rinnen<br />

auf, die fast ähnliche Tiefe wie die ufernahen aufweisen, aber deutlich weniger mit schwebstoffbürtigen<br />

Schadstoffen angereichert sind. Damit zeigt sich, dass neben den dargestellten<br />

Faktoren 'Bindungsfähigkeit der Böden' (Tongehalt) und 'Geländehöhe' weitere Faktoren zur<br />

Erklärung der Schadstoffanreicherung herangezogen werden müssen.<br />

In dem Vortrag werden die Faktoren Geländehöhe (Überflutungshäufigkeit), Abstand zur Elbe<br />

und Bindungsfähigkeit des Oberbodens (Ton- und Humusgehalte) für die Verteilung der<br />

Spurenmetalle in den untersuchten Auen erläutert. Außerdem wird überprüft, welche Bedeutung<br />

der Bodentyp auf die Anreicherungen hat.<br />

6 Zitate<br />

BARTH, N., W. BRANDTNER, E. CORDSEN, T. DANN, K. EMMERICH, D. FELDHAUS, B. KLEE-<br />

FISCH, B. SCHILLING & J. UTERMANN [2000]: Bodendauerbeobachtung. Einrichtung und Betrieb<br />

von Boden-Dauerbeobachtungsflächen. in: Bodenschutz-Handbuch Lfg. XI/00, Nr. 9152, 127 S.<br />

41


’Schadstoffbelastung nach dem Augusthochwasser 2002 - Ergebnisse und Forschungsbedarf’<br />

KRÜGER, F., H. RUPP, O. BÜTTNER, M. KUNERT, R. MEIßNER, K. MUHS & B. WITTER (2001):<br />

Wirkung von Hochwasserereignissen auf die Schadstoffbelastung von Auen und kulturwirtschaftlich<br />

genutzten Böden im Überschwemmungsbereich von Oka und Elbe. Unveröff. Abschlussbericht an das<br />

BMBF, FKZ 02 WT 9617/0.Falkenberg: 209 S.<br />

MIEHLICH, G. (1983): Schwermetallanreicherung in Böden und Pflanzen der Pevestorfer Elbaue (Kreis<br />

Lüchow-Dannenberg).. Abh.naturwiss.Ver. Hamburg, 25, S.75-89.<br />

SCHOLZ, M., S. STAB & K. HENLE (2001): Indikation in Auen. Präsentation der Ergebnisse aus dem<br />

RIVA-Projekt. <strong>UFZ</strong>-Bericht 8/2001.<br />

SCHWARTZ, R. (2001): Die Böden der Elbaue bei Lenzen und ihre möglichen Veränderungen nach Rückdeichung.<br />

Diss. Univ. Hamburg.Hamburg: 434 S.<br />

42


<strong>Tagungsband</strong> Statusseminar des BMBF-Ad-hoc-Verbundprojektes in Freiberg, 27.-29.08.2003<br />

Flächenhafte Erfassung der Hochwassergebiete mittels<br />

Fernerkundungsdaten<br />

Dagmar Haase 1 , Thilo Weichel 1 , Martin Volk 1 , Cornelia Gläßer 2 , Jens Birger 2 , Doreen Zober 2 , Peter<br />

Reinartz 3 , Thomas Heege 3 , Rupert Müller 3 , Manfred Schroeder 3 1<br />

1 Umweltforschungszentrum Leipzig-Halle GmbH, Sektion Angewandte Landschaftsökologie,<br />

Permoserstr. 15, 04318 Leipzig, haase@alok.ufz.de<br />

2 Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Institut für Geographie, Domstraße 5, 06108 Halle (Saale),<br />

Tel. 0345/5526020 Fax. 0345/5527186, glaesser@geographie.uni-halle.de<br />

3 DLR, Institut für Methodik der Fernerkundung, Bildwissenschaften, 32234 Oberpfaffenhofen (Wessling)<br />

Zusammenfassung<br />

Die Arbeiten zur flächenhaften Erfassung der Überflutungsgebiete des Augusthochwassers<br />

2002 an Elbe und Mulde im Teilprojekt 2 umfassen einerseits die Auswertung von Luftbildern<br />

und Orthofotos mit hoher geometrischer Auflösung für die detaillierte und v.a. scheitelnahe<br />

Erfassung der Flut (Mulde, Abb.1). Andererseits wurden für die Tagebauregion Bitterfeld-<br />

Goitzsche, den Raum Dessau sowie den Raum Wittenberg/Torgau multitemporale und multispektrale<br />

Satellitendaten (LANDSAT ETM, SPOT, IRS und IKONOS) sowie Daedalus-Flugzeugscannerdaten<br />

für die Klassifizierung der Realnutzung, der Feuchtigkeitsstufen in den Aue<br />

und der Sedimentablagerungen herangezogen. Darüber hinaus erfolgte eine Auswertung der in<br />

Sachsen verfügbaren Orthofotos sowie der Scannerdaten nach der Flut zur Dokumentation von<br />

Schäden, morphologischen Veränderungen an den Mulden sowie der Genese von Erosions- und<br />

Akkumulationsformen. Die flächenhaften Daten in Kombination mit topographischen Informationen<br />

(TK10, 25) dienten zudem als Unterstützung bei der Probenahme in den Teilprojekten 3<br />

bis 8.<br />

1 Einleitung<br />

Das Sommerhochwasser im August 2002 in seinen extremen Ausprägungen erfordert eine<br />

Spezifizierung des hydrologischen Potentials von Mulde und Elbe (Abb.1; Mudelsee et al.<br />

2002, LfUG 2002). Die Folgen der technischen Regulierung der Vorfluter in Form von Begradigung,<br />

Eindeichung, Aufstau und Gewässerbettveränderung im Zuge weitreichender Bergbauund<br />

Siedlungsaktivitäten der letzten 200 Jahre führten abschnittsweise zu starken Veränderungen<br />

der Gewässermorphologie, der Landnutzung sowie der Bodenverhältnisse (Neumeister<br />

1964, Fuhrmann 1999, Eißmann & Litt 1994, Haase 1999, Haase 2002, Uhlenbrook & Steinbrich<br />

2002, Dyck 1980, Niehoff & Bronsert 2002).<br />

Darüber hinaus überstieg die Intensität des Hochwassers im August 2002 ein einhundertjähriges<br />

Ereignis (Böhm 2001, Goreczka 2003) und führte dadurch zu zahlreichen Dammbrüchen bzw.<br />

zu bisher noch nicht registrierten Pegelhöchstständen sowie immensen volkswirtschaftlichen<br />

Schäden (ca. 9,2 Mrd. Euro; Schanze 2002). Die ungünstige Konstellation von Niederschlagsmengen<br />

und Vorfeuchte der Böden in weiten Teilen der Gesamteinzugsgebiete der Mulde und<br />

Elbe hatte aufgrund der Intensität eine selbstverstärkende Wirkung, die sich in einem bis dahin<br />

noch nicht festgestellten rapiden Anstieg der Hochwasserganglinie widerspiegelte (StUFA<br />

Leipzig 2002). Die im Zuge des Frontensystems der Vb-Wetterlage (Tief "Ilse" mit > 300 mm/<br />

m²) eingetragenen Niederschlagsmengen über dem mittleren und oberen Muldeeinzugsgebiet<br />

konnten durch die vorhandenen Retentionsflächen nicht zurückgehalten werden (Schanze 2002,<br />

Kramer 2002).<br />

Eine flächendeckende Erfassung der Verbreitung des Hochwassers und dessen Schäden mittels<br />

Feldmethoden ist nur mit enormem personellen, zeitlichen und finanziellen Aufwand möglich.<br />

43


’Schadstoffbelastung nach dem Augusthochwasser 2002 - Ergebnisse und Forschungsbedarf’<br />

Die Kenntnis der räumlichen Verteilung des Hochwassers ist jedoch eine unabdingbare Voraussetzung<br />

für eine optimierte Beprobung und insbesondere für die Bewertung der Analytik. Hier<br />

setzt das Potential der Fernerkundung (vgl. Tab. 1) an, mit der ein gesamtes Flusssystem zu<br />

einem einheitlichen Zeitpunkt erfasst werden kann und bei regelmäßigen Befliegungen<br />

Aussagen zur Situation vor, während und nach dem Hochwasserscheitel und damit auch<br />

Analysen zum Abflussverhalten erlaubt. Ihre GIS-gestützte Auswertung sollte im Sinne<br />

zukünftiger ökonomisch und ökologisch nachhaltiger Hochwasserschutzplanungen als Maß<br />

potentieller Risiken Berücksichtigung finden.<br />

Panchromatische Luftbilder Daedalus-Flugzeugscannerdaten multispektrale Satellitendaten<br />

- sehr hohe geometrische Auflösung<br />

- hohe geometrische Auflösung - gerine geometrische Auflösung<br />

- während ablaufendem Hoch-<br />

- großflächig operationelle Ver-<br />

- zeitnah zum Hochwasserscheitel<br />

wasser<br />

fügbarkeit der Daten<br />

- sehr hohe spektrale und damit - hohe spektrale Auflösung<br />

- geringer stofflicher Informationsgehalt<br />

stoffliche Information<br />

Abb.1: Lage des Muldeeinzugsgebietes<br />

mit Mündung in die Elbe –<br />

Untersuchungsgebiet TP 2.1<br />

2 Zielstellung<br />

Basierend auf der oben skizzierten Problemstellung wurden folgende Themen im Teilprojekt 2<br />

bearbeitet:<br />

• flächenhafte Erfassung und Bewertung der Hochwassergebiete mittels Fernerkundungsdaten,<br />

• Bereitstellung von digitalen und GIS-fähigen Informationen für verschiedene Maßstabsebenen<br />

(lokal, regional, landesweit, Mulde/Elbe-EZG) sowie<br />

• die Unterstützung der Beprobungskampagne im Ad-hoc-Projekt (TP 3-8) zur Lokalisierung<br />

und Interpretation der Schadstoffdaten.<br />

Entsprechend der Daten von verschiedenen Sensoren und den unterschiedlichen Maßstabsebenen<br />

werden im folgenden die Zielstellungen für die Teilprojekte 2.1 bis 2.3 konkreter erläutert:<br />

Teilprojekt 2.1<br />

• digitale Darstellung der Hochwasserverbreitung an der Vereinigten und Zwickauer Mulde<br />

in Sachsen und Sachsen-Anhalt auf der Basis von sw-Luftbildern (1:3500, 1:5000, 1:6000)<br />

im Zielmaßstab 1:10.000 (Weichel & Haase 2003a, b),<br />

• Auswertung der Nachbefliegung im Hoheitsbereich des Freistaates Sachsen und Dokumentation<br />

infrastruktureller Schäden (Straßen, Eisenbahnen, Brücken, Häuser, etc.) und land-<br />

44


<strong>Tagungsband</strong> Statusseminar des BMBF-Ad-hoc-Verbundprojektes in Freiberg, 27.-29.08.2003<br />

Abb.2: Lage der Untersuchungsgebiete der TP 2.2 und 2.3<br />

(Landsat ETM-Szene vom 20.08.2002)<br />

schaftlicher Veränderungen (Gewässerläufe, Schlammablagerungen, Erosion, Bewuchs<br />

etc.), insbesondere zurückgebliebener Schädigungen in Schutzgebieten und auf landwirtschaftlich<br />

genutzten Flächen,<br />

• Erfassung der vom Hochwasser betroffenen Landnutzungen innerhalb und außerhalb der<br />

Deiche sowie Ausweisung von möglichen Austragsflächen für Schadstoffe,<br />

• Unterstützung von Beprobungskampagnen der analytischen und bodenkundlichen Teilprojekte<br />

3-8 sowie<br />

• Analyse potenzieller Retentionsflächen in ausgewählten Bereichen der Vereinigten Mulde.<br />

Teilprojekt 2.2<br />

• Erstellung von Karten zur Vegetationsbedeckung und Freiflächenverteilung vor dem Hochwasser<br />

mittels Satellitendaten<br />

• Erfassung des Hochwasserganges anhand der verfügbaren Satellitenfernerkundungsdaten<br />

• Ausweisung der überschwemmten und durchfeuchteten Areale innerhalb und außerhalb der<br />

Deiche mit möglichst großer Zeitnähe zum Hochwasserscheitel<br />

• Multitemporale Analysen vor dem Hochwasser zur Ausweisung der betroffenen Hauptflächennutzungsarten<br />

(Acker, Grünland, Brache, Wald, Siedlungsflächen, Altwasserarme und<br />

Flachwasserbereiche)<br />

45


’Schadstoffbelastung nach dem Augusthochwasser 2002 - Ergebnisse und Forschungsbedarf’<br />

• Ausweisung der durch Überflutung betroffenen Flächen nach Ablaufen des Hochwassers<br />

(Daedalus-Daten)<br />

• Ausweisung von Flachwasserbereichen in der Aue nach Ablaufen des Hochwassers zur<br />

Erfassung von Akkumulationssenken der Schadstoffe (Daedalus-Daten)<br />

• Kennzeichnung der aus den Daten identifizierbaren Vegetationsschäden anhand der Daedalus-Daten<br />

vom 9./12. und 13.09.2002<br />

• Verschneidung der Hochwasserflächen mit den Datensätzen der Biotop- und Nutzungstypen<br />

der Länder Sachsen und Sachsen-Anhalt und Bewertung der Ergebnisse<br />

• Unterstützung von Beprobungskampagnen der analytischen und bodenkundlichen Teilprojekte<br />

3.8<br />

Teilprojekt 2.3<br />

• Erstellung von atmosphärenkorrigierten Bildmosaiken aus den Daedalus-Daten der<br />

Gebiete: Torgau, Wittenberg, Bitterfeld, Dessau, Havelberg (20 Flugstreifen)<br />

• Generierung einer "Überschwemmungsmaske" aus den Satellitendaten (Landsat ETM)<br />

• Klassifizierung der überfluteten Gebiete bzgl. Sedimenten und Oberflächenfeuchte<br />

• Unterstützung von Beprobungskampagnen der analytischen und bodenkundlichen Teilprojekte<br />

3-8<br />

3 Material und Methodik<br />

Teilprojekt 2.1: Auswertung von Luftbilddaten und Orthofotos<br />

Für die Erfassung der vom Hochwasser direkt betroffenen Gebiete entlang der Mulde in<br />

Sachsen und Sachsen-Anhalt erfolgte die digitale Aufbereitung von mehr als 2500 Luftbildern<br />

und Orthofotos (Abb.3).<br />

Während der Bildbearbeitung (Abb. 4) und Digitalisierung erfolgte die Erstellung eines Interpretationsschlüssels<br />

für sw-Luftbilder zur Ausweisung von überschwemmten Gebieten,<br />

welcher die Klassifikation in überflutete, trockene und feuchte (aber nicht überflutete) Bereiche<br />

ermöglichte. Ebenso wurden für die Nachbefliegung drei Klassen (Erosionsformen, Akkumulationsformen<br />

und Erosions-Akkumulationsformen) ausgewiesen.<br />

Teilprojekt 2.2: Analyse von Satelliten- und Flugzeugscannerdaten<br />

Zur Erfassung der aktuellen Hochwassersituation wurden zum Zeitpunkt des Muldedurchbruches<br />

in den Tagebaukomplex Goitzsche (15.08.2002) sowie nach dem Hochwasserabfluss<br />

(30.08.2002) im Bereich der Mulde zwischen Muldestausee und Elbmündung, des Tagebaukomplexes<br />

Goitzsche sowie der Stadt Dessau Befliegungen zur Erstellung von Schrägluftbildern<br />

durchgeführt. Zusätzlich wurden feldspektrometrische Messungen (Feldspektrometer<br />

GER Mark V und ASD im Wellenlängenbereich 400-2500 nm) von Eichflächen sowie der<br />

während des Augusthochwassers 2002 beeinflussten Böden und Vegetationsareale durchgeführt,<br />

die zur Korrektur der Fernerkundungsdatensätze bzw. zur spektralen Charakterisierung<br />

der Schädigungen als Referenzflächen genutzt wurden.<br />

46


<strong>Tagungsband</strong> Statusseminar des BMBF-Ad-hoc-Verbundprojektes in Freiberg, 27.-29.08.2003<br />

Für die Bearbeitung standen Satellitendaten unterschiedlicher Sensoren sowie unterschiedlicher<br />

geometrischer und spektraler Auflösung (Landsat-ETM, SPOT, IRS und IKONOS) zur Verfügung,<br />

die unter Verwendung von pixelbasierten und objektorientierten Auswerteverfahren klassifiziert<br />

wurden. Als Basis diente die Landsat-Szene vom 20.08.02, die dem<br />

Hochwasserereignis zeitlich am nächsten kam. Die Durchführung der Veränderungsanalysen<br />

und deren statistische Aufbereitung - zur Ausweisung betroffener Flächen und deren Nutzungen<br />

- erfolgte mit Hilfe des Change-detection-Verfahrens FESPA (Birger 2002).<br />

Die multispektralen Daedalus - Flugzeugscannerdaten, welche am 9. und 11.9.2002 aufgezeichnet<br />

wurden, stellen die Datenbasis für detaillierte Auswertungen dar. Da zu diesem Zeitpunkt<br />

das Hochwasser in weiten Bereichen bereits abgeflossen war, eignen sich die Daten somit<br />

sehr gut, um die Auswirkungen der Überflutung darzustellen. Hierfür wurden automatisierte<br />

Klassifikatoren, wie der Model Maker und Expert-Classifier des ERDAS-Imagine für die<br />

Untersuchungen herangezogen, um optimierte Algorithmen zu entwickeln. Zudem wurde das<br />

Potential der HRSC-AX-Daten vom 13.09.2002 mit einer Auflösung von 40 x 40 cm und einem<br />

integrierten Höhenmodell von 1 x 1m Auflösung für spezifische Fragestellungen herangezogen.<br />

Teilprojekt 2.3: Analyse von Scannerdaten (Daedalus)<br />

Befliegungen:<br />

Im Rahmen einer ad hoc Aktion wurden vom DLR insgesamt 8 Überschwemmungsgebiete in<br />

Absprache mit dem <strong>UFZ</strong> Magdeburg und dem Umweltamt Dresden entlang der Elbe und Mulde<br />

überflogen und mit dem Daedalus-Scanner aufgezeichnet. Die Befliegungen erfolgten am 9.<br />

47


’Schadstoffbelastung nach dem Augusthochwasser 2002 - Ergebnisse und Forschungsbedarf’<br />

und 11./12. September also nach Abfluss des Hochwassers, so dass die hinterlassenen Rückstände<br />

gut erfasst werden konnten.<br />

Prozessierung:<br />

Die Datenprozessierung für die Georeferenzierung und die methodische Auswertung erfolgt<br />

durch automatisier- und übertragbare Verfahren. Folgende Vorteile bietet diese im wesentlichen<br />

physikalisch basierte Prozessierung: Es können in kurzer Zeit größere Datenmengen<br />

prozessiert werden, die methodische und automatisierte Auswertung ist objektiver und sollte<br />

auch für unterschiedliche Untersuchungsflächen quantifizierbare und vergleichbare Ergebnisse<br />

liefern. Allerdings kann im Vergleich zu visuellen oder visuell unterstützen Auswertemethoden<br />

nur eine geringere Anzahl von Parametern aus den Fernerkundungsdaten abgeleitet werden.<br />

Folgende Prozessierschritte wurden durchgeführt:<br />

• Systemkorrekturen<br />

• Radiometrische Kalibrierung mittels Laboreichung<br />

• Georeferenzierung mittels eines vom DLR erstellten Digitalen Höhenmodels aus ERS-<br />

Daten sowie den mitaufgezeichneten Flugzeuglage- und -positionsdaten<br />

• Atmosphärenkorrektur mit ATCOR 4 des DLR<br />

• Mosaikierung der Streifen zu je einem Bildverband für die zusammenhängenden Gebiete<br />

• Flächendeckende Klassifizierungen in Grobklassen mit XDIBIAS (Maximum-Likelihood-<br />

Klassifizierung)<br />

• Ausgewählte Teilgebiete (Auenlandschaften) werden mittels spectral unmixing im Modular<br />

Inversion Program (MIP) zur Ableitung von Bedeckungsgraden der Sedimentablagerungen,<br />

des Durchnässungsgrades und der Vegetation analysiert.<br />

4 Ergebnisse<br />

Teilprojekt 2.1<br />

Als Ergebnisse liegen Karten mit klassifizierten Flächen der Überflutungsgebiete vor, welche<br />

im Maßstab 1:10.000 bis 1:50.000 für die örtliche und regionale Planung zur Verfügung stehen.<br />

Für die Ausweisung des Hochwasserrisikos in den Talbereichen der Mulde sind die Daten<br />

ebenso anwendbar wie für die Evaluierung von modellierten Wasserspiegellagen bei bekannten<br />

Abflüssen (Abb.5).<br />

Es erfolgte darüber hinaus eine statistische Auswertung der vom Hochwasser betroffenen<br />

Flächenanteile und Landnutzungen auf Basis der Biotoptypenkartierung (Sachsen, Sachsen-<br />

Anhalt) sowie ein Vergleich der Verbreitung des Hochwassers 2002 mit dem Hochwasser der<br />

Mulde 1954 und der holozänen Auelehmverbreitung (Quelle: Lithofazieskarte 1:50.000). In<br />

großen Bereichen stimmt die Auelehmgrenze mit der Ausbreitung des Augusthochwassers<br />

2002 überein und zeigt nochmals den extremen Charakter dieser Flut (Abb.6).<br />

Mittels eines Vergleichs der Überflutungsbereiche in Bezug zur Lage und Höhe der ersten<br />

Grundwasserleiter im Einzugsgebiet der Mulde konnte gezeigt werden, dass Damm- und Deichbrüche<br />

insbesondere an den Stellen erfolgten, wo unterirdisch eine Verbindung zu heute inaktiven<br />

ehemaligen Muldegrundwasserleitern existiert. Mittels der Nachbefliegung an den<br />

sächsischen Mulden konnten großflächig morphodynamische Formen (Kiesheger, Auskolkungen,<br />

Sander) im Flussverlauf aufgezeichnet werden (Abb.7).<br />

48


<strong>Tagungsband</strong> Statusseminar des BMBF-Ad-hoc-Verbundprojektes in Freiberg, 27.-29.08.2003<br />

Schließlich stellen die digitalisierten Überflutungsbereiche eine wichtige Interpretationshilfe<br />

für die Schadstoffwerte der Beprobungskampagne im Rahmen des Ad-hoc-Projektes dar<br />

(Abb.5).<br />

Teilprojekt 2.2<br />

Als Ergebnisse werden im TP 2.2 großflächig Vegetationsbedeckung und aktuelle Landnutzungsverteilung<br />

klassifiziert und mittels multitemporaler Satellitenbilddaten die Situation vor,<br />

während und nach dem Hochwassergang verdeutlicht. Darüber hinaus wurden der Hochwasser-<br />

49


’Schadstoffbelastung nach dem Augusthochwasser 2002 - Ergebnisse und Forschungsbedarf’<br />

gang und die Dauer der Hochwasserbeeinflussung der unterschiedlichen Nutzungstypen innerhalb<br />

und außerhalb der Deiche untersucht.<br />

Zur Identifizierung der betroffenen Areale und Nutzungen wurde eine Veränderungsanalyse<br />

mittels des Change-detection-Verfahrens FESPA (Birger 2002) durchgeführt (Abb. 12).<br />

Auf Basis der Daedalus-Daten war es möglich, die überschwemmten und durchfeuchteten<br />

Areale (Abb. 9 u. 11) sowie die Verbreitung möglicher Akkumulationen zu ermitteln und die<br />

nach Rückgang des Wassers verbliebenen Senkenflächen, die potentielle Kontaminationen<br />

aufweisen können, zu erfassen. Die Hochwasser beeinflussten Flächen wurden innerhalb und<br />

außerhalb der Deiche in folgende Klassen unterteilt:<br />

- Fließgewässer<br />

- Altwasserarme<br />

- Standgewässer<br />

- überflutete Gebiete<br />

- Vernässungsflächen<br />

- Flächen erhöhter Bodenfeuchte<br />

- Gewässer mit hoher Suspensionsfracht<br />

- Erosions- und Akkumulationsflächen (Abb. 10 u. 11).<br />

Die ausgewiesenen Flächen werden für eine gezielte Analytik zur Verfügung gestellt. Zusätzlich<br />

erfolgt eine Validierung der Klassifikationsergebnisse mit den Analysedaten.<br />

Die aus den Fernerkundungsdaten ermittelten Ergebnisse werden mit den klassifizierten Realnutzungsflächen,<br />

den Biotop- und Nutzungstypen der Länder sowie den ausgewiesenen Retentionsflächen<br />

auf GIS-Ebene verschnitten und bewertet.<br />

Zusätzlich wird ein Geoinformationssystem aufgebaut (Abb. 13), das für die gekoppelte GIS-<br />

Fernerkundungsdaten-Klassifikation genutzt wird und zusätzlich einen umfassenden Überblick<br />

zum Hochwassergeschehen und dessen Auswirkungen ermöglicht.<br />

50


<strong>Tagungsband</strong> Statusseminar des BMBF-Ad-hoc-Verbundprojektes in Freiberg, 27.-29.08.2003<br />

Abb. 10: Fallbeispiel: Klassifikation von Gewässern<br />

(hellblau), überfluteten Flächen (dunkelblau), Vernässungsflächen<br />

(grün) und Flächen erhöhter Bodenfeuchte<br />

(gelb) (Landsat ETM-Daten 20.08.2002) mittels<br />

WLI-0312 vom Untersuchungsgebiet Wittenberg<br />

Abb. 11: Fallbeispiel: Klassifikation der hochwasserbeeinflussten<br />

Flächen (Daedalus-Daten 09.09.2002)<br />

mittels FID-05 vom Untersuchungsgebiet Muldeaue<br />

südlich Muldestausee<br />

Abb. 12: Veränderungsanalyse mittels FESPA (Birger 2002) basierend auf Landsat ETM-Daten vom<br />

14.08.2000 und 20.08.2002<br />

Abb. 13: Dokumentation des Hochwassers im Geoinformationssystem<br />

Martin-Luther-Universität-Halle Wittenberg<br />

Fachbereich Geowissenschaften, Institut für Geographie<br />

Arbeitsgruppe Kartographie/Geofernerkundung<br />

51


’Schadstoffbelastung nach dem Augusthochwasser 2002 - Ergebnisse und Forschungsbedarf’<br />

Teilprojekt 2.3<br />

Fünf Gebiete (insgesamt 20 Flugstreifen) wurden bislang kalibriert, georeferenziert und mosaikiert.<br />

Vier der fünf Gebiete wurden atmosphärenkorrigiert. Dies ist für viele thematische<br />

Auswertungen der Bilddaten auch in anderen Teilprojekten und zur Integration in ein GIS-<br />

System unabdingbar (Abb. 14 a). Thematisch wurde zunächst das Befliegungsgebiet Torgau<br />

(ca. 500 km²) klassifiziert (Abb. 14 b). Für die unmittelbaren Auengebiete wurden thematisch<br />

hochaufgelöste Karten von Bedeckungsgraden der Sedimentablagerungen, der Durchfeuchtung<br />

und der Vegetationsanteile prozessiert (Abb. 14 c).<br />

Um die Situation vor, während und nach dem Hochwasser besser analysieren zu können,<br />

wurden weiterhin ausgewählte Daten von verschiedenen Satellitensensoren für die anderen<br />

Teilprojekte zur Verfügung gestellt. Aus diesen Daten wurde für Teilgebiete eine Hochwassermaske<br />

erstellt, die für die Stratifizierung der im Detail zu untersuchenden Überschwemmungsgebiete<br />

dient (Abb. 14 d).<br />

5 Diskussion und Integration der Ergebnisse aus den Teilprojekten<br />

Basierend auf den vorliegenden Ergebnissen von Teilprojekt 2 können Aussagen hinsichtlich<br />

der Verbreitung des Augusthochwassers 2002 sowie des Abflussverhaltens in den verschiedenen<br />

Flussabschnitten der Vereinigten Mulde und der Elbe gemacht werden.<br />

Durch die Kombination verschiedener Fernerkundungssensoren (Luftbild, Flugzeugscanner,<br />

Satellitenbilddaten) ergibt sich ein detailliertes Bild der Flutausbreitung zu den entsprechenden<br />

Aufnahmezeitpunkten in unterschiedlichen zeitlichen und räumlichen Skalenebenen. Die Daten<br />

ermöglichen dabei eine Differenzierung der Flächen in vollständig überflutete, grundwassernasse,<br />

feuchte und nicht überflutete Bereiche in planungsrelevanten Maßstäben 1:100.000 bis<br />

1:10.000.<br />

Die nach der Flut erfolgte Aufnahme der Daedalus-Daten, die HRSC-AX-Daten und die Nachbefliegung<br />

(Orthobilder) in Sachsen ermöglichen darüber hinaus eine Klassifizierung der<br />

flächenhaften Folgen (Erosion, Akkumulation, Auskolkungen, Dammbrüche und Straßenschäden)<br />

der Flut (Abb.7 u. 16a, b, c).<br />

Der Vergleich multitemporaler Satellitendaten vor und nach der Flut gestattet zudem Aussagen<br />

hinsichtlich Art, Größe und Veränderung betroffener Landnutzungen.<br />

Ein weiteres wesentliches Ergebnis von Teilprojekt 2 stellt die Unterstützung der Beprobung im<br />

Bereich der Mulde- und Elbeflut zur besseren Interpretation der geochemischen Daten während<br />

des Ad-hoc-Projektes dar.<br />

6 Ausblick, Forschungsbedarf<br />

Teilprojekt 2.1<br />

Hauptziel zukünftiger Arbeiten zur Beschreibung der Hochwasserretentionsfunktion ist die<br />

räumlich differenzierte Ermittlung der Minderungspotenziale für Abflussspitzen. Die Ausbreitung<br />

von Hochwasser durch standortangepasste Landnutzungsformen in Abflussentstehungsgebieten<br />

ist deshalb zu erfassen bzw. zu modellieren. Erfahrungen mit entsprechenden<br />

Modellsystemen (SWAT, ArcEGMO, ABIMO, MIKE 11) liegen der Sektion Angewandte<br />

Landschaftsökologie zur weiteren Auswertung vor. Die Effizienz raumplanerisch relevanter<br />

und hochwasserreduzierender Maßnahmen gilt es zu überprüfen, um andererseits dadurch<br />

bedingte Restriktionen für eventuell notwendige Maßnahmen aufzuzeigen.<br />

52


<strong>Tagungsband</strong> Statusseminar des BMBF-Ad-hoc-Verbundprojektes in Freiberg, 27.-29.08.2003<br />

Abb. 14: Befliegungsgebiet Torgau, DAEDALUS-Flugstreifenmosaik (a), Multispektral-Klassifizierung (b), Spektral Unmixing (c), Verschnitt von LANDSAT-Daten mit<br />

Hochwassermaske (d)<br />

53


’Schadstoffbelastung nach dem Augusthochwasser 2002 - Ergebnisse und Forschungsbedarf’<br />

Die Umsetzung der Arbeiten zur Retentionsfunktion von Flächen und Böden wird dabei sowohl<br />

für die Talbereiche als auch für die Einzugsgebiete als Entstehungsräume geschehen.<br />

Im Talraum selbst erfolgt die Nutzung der in Teilprojekt 2 erarbeiteten Überflutungsdaten zur<br />

Verifizierung und Überprüfung modellierter Wasserspiegellagen sowie Retentionsvolumina für<br />

ausgewählte Bereiche an der Mulde unter Berücksichtigung des natürlichen und technogenen<br />

Reliefs (MIKE 11, ESRI Hydromodel, ESRI 3D-Analyst, Abb. 15). Darüber hinaus erfolgt z.Z.<br />

eine modellgestützte Bewertung der Retentionseigenschaften (Oberflächenrauhigkeit, Sickerwasserregime<br />

und Abflussregulation) auf den vom Hochwasser 2002 betroffenen Flächen an<br />

der Mulde.<br />

Abb. 15: Modellierung von Wasserspiegellagen für einen ausgewählten Abschnitt an der Vereinigten Mulde, wo<br />

Retentionsflächen geplant werden.<br />

Für die Einzugsgebiete als Entstehungsräume müssen langfristige Maßnahmen und Strategien<br />

in Form von Handlungsoptionen formuliert werden. Die Minderung der Abflussspitzen durch<br />

räumlich differenzierte Maßnahmen, wie die Entwicklung der Bodenversiegelung, landwirtschaftlicher<br />

Nutzungsformen, des Waldumbaus oder der Auenreaktivierung müssen analysiert<br />

und bewertet werden.<br />

Die nachfolgende Kopplung der Strategien für Gewässer und Fläche sind weiterführend mit den<br />

in der Planung vorgesehenen Schutz-, Vorsorge- und Vorranggebieten, Hochwasserschutzkonzeptionen,<br />

Regionalplänen und Landschaftsprogrammen abzustimmen und zu bewerten.<br />

Ebenso wird eine Integration der Abflussmodellierung mit Nähr- und Schadstoffflüssen im<br />

Einzugsgebiet und im Gerinne angestrebt (TP. 3-8). Eine diesbezügliche Erweiterung auf den<br />

lateralen Stofftransport (potentieller Ein- und Austrag) lässt Ergebnisse zur Ausweisung der<br />

"signifikanten anthropogenen Belastungspotentiale" im Sinne der EU-WRRL erwarten.<br />

Teilprojekt 2.2 und 2.3<br />

Für langfristige Aussagen zum Schutz der Auen vor Hochwasser sowie im Rahmen der übergeordneten<br />

Fragestellung der nachhaltigen Entwicklung von Landschaften stellen die Ergebnisse<br />

des Ad-Hoc Projektes eine ausgezeichnete Datenbasis dar. Um eine bessere Bewertung der<br />

Ergebnisse dieses Projektes vornehmen zu können und zukunftsorientierte Lösungen zu finden,<br />

sind weiterführende Arbeiten dringend notwendig.<br />

Die künftigen Arbeiten gliedern sich in folgende Teilaufgaben:<br />

• Die durch die Fernerkundungsdaten ausgewiesenen hochwasserbeeinflussten Flächen werden<br />

für eine gezielte Analytik zur Verfügung gestellt. Im Anschluss erfolgt eine Validierung<br />

der Klassifikationsergebnisse mit den Analysedaten. Darauf aufbauend können die Daten<br />

auf weitere Gebiete extrapoliert werden, die bisher noch nicht bearbeitet werden konnten.<br />

• Repräsentative Standorte der am intensivsten betroffenen Gebiete werden zusätzlich mittels<br />

feldspektrometrischer Messungen fortlaufend kontrolliert.<br />

54


<strong>Tagungsband</strong> Statusseminar des BMBF-Ad-hoc-Verbundprojektes in Freiberg, 27.-29.08.2003<br />

• Die flächenhafte Ausweisung von Schadstoff-/Schwermetallakkumulationen des Flusses im<br />

Deichvorland werden u.a. für den Vertragsnaturschutz und die Bonitierung von Erträgen in<br />

Bereichen der Schadstoffsenken benötigt. Für sich daraus ergebende Konsequenzen eventueller<br />

Deichrückverlegungen oder Klärung von Entschädigungsfragen können die Ergebnisse<br />

beitragen. Konkrete Anfragen diesbezüglich wurden bereits an die Martin-Luther-<br />

Universität gerichtet.<br />

• Gegenwärtig werden in den Ländern über laufende Laserscannerbefliegungen hochauflösende<br />

Geländemodelle zur Verfügung gestellt. Es ist erforderlich, dass diese hochauflösenden<br />

Geländemodelle für die gesamte Aue und nicht nur für die eingedeichten Gebiete<br />

verfügbar sind. Die Verschneidungen der Höhenmodelle mit den Fernerkundungsdaten des<br />

laufenden Projektes ermöglichen zusätzliche Aussagen über die Intensität der Wirkung der<br />

belasteten Wässer.<br />

• Für die Bewertung der Gesamtsituation ist es wichtig, großräumig sehr gute Kenntnisse<br />

über die Veränderungen in den Einzugsgebebieten in der Vergangenheit zu erhalten. Dies ist<br />

in verschiedenen zeitlichen Dimensionen und mittels unterschiedlicher Datenbasen realisierbar.<br />

Die rasanten Veränderungen in der Flächennutzungsstruktur seit 1989/1990 lassen<br />

sich großräumig ausgezeichnet mittels multispektralen Satellitenbilddaten realisieren.<br />

Neben den Flächennutzungsklassifikationen sollten zusätzlich verschiedene Landschaftsstrukturparameter<br />

zur Anwendung kommen, um verbesserte Aussagen zu den räumlichen<br />

Verteilungsmustern von Flächennutzungen und der Bewertung des anthropogenen Einflusses<br />

in den Flusseinzugsgebebieten zu erhalten. Die Ergebnisse sollen in Relation zu den<br />

Niederschlags- und Abflussverhältnissen stehen. Somit kann eine Bewertung des Einflusses<br />

der Änderungen der Flächennutzung erfolgen.<br />

• Für ausgewählte kleinere Testgebiete können zusätzlich auf der Basis multitemporaler Karten-<br />

und Luftbildanalysen die Veränderungen in den vergangenen 100 Jahren untersucht<br />

werden. Hierfür eignen sich vergleichend Gebiete sehr geringer und sehr hoher anthropogener<br />

Beeinflussung.<br />

• Im Ad-Hoc Teilprojekt 8.3 werden die räumlichen Risikobereiche und Auswirkungen auf<br />

die Landnutzungen durch die Veränderungen des Grundwasserregimes bewertet. Im Rahmen<br />

dieses Teilprojektes und der darauf aufbauenden weiterführenden Arbeiten besteht<br />

ebenfalls ein sehr hoher Informationsbedarf an flächendeckenden Landnutzungsdaten und<br />

deren Beeinflussung für die Hochwassersituation. Aus diesem Grund ist eine Einbeziehung<br />

der industriell geprägten Regionen zusätzlich zu den naturnah geprägten Auen dringend<br />

notwendig.<br />

• Der Muldedurchbruch im Bereich der Goitzsche hat zu enormen Erosionsprozessen sowohl<br />

innerhalb des Tagebaus an bereits sanierten Böschungen als auch durch rückschreitende<br />

Erosion auf angrenzenden landwirtschaftlichen Flächen geführt. Auf der Basis von aus<br />

HRSC-AX-Daten generierten DHM - Differenzmodellen können Aussagen zur qualitativen<br />

und quantitativen erosiven Wirkung des Hochwassers ermittelt werden. Die gleiche Methodik<br />

zur Detektion der erosiven Veränderungen können für den Muldelauf angewendet werden.<br />

Insbesondere sind die Uferabbrüche und die Bildung rezenter Sandbänke im<br />

Uferbereich und im Fliessgewässer zu nennen (Abb. 16a, b, c).<br />

Die Weiterführung des Projektes kann mit der übergeordneten der Zielstellung der Nachhaltigkeit<br />

künftiger Retentionsflächen unter Berücksichtigung der ökologischen und sozio-ökonomischen<br />

Kriterien und unter Verwendung aller Daten erfolgen.<br />

55


’Schadstoffbelastung nach dem Augusthochwasser 2002 - Ergebnisse und Forschungsbedarf’<br />

Abb. 16a: HRSC-AX-Flugzeugscannerdatensatz<br />

(Auflösung: x,y=40 cm;<br />

Kanalkombination: 4/3/2 in R/G/B)<br />

Abb. 16b: Digitales Oberflächenmodell<br />

(Höhenschichtungsdarstellung)<br />

generiert aus HRSC-AX-Daten<br />

(Auflösung: x,y=100 cm; z=10 cm)<br />

Abb. 16c: Querprofil durch<br />

Erosionsrinnen<br />

(Berechnung von Abtragsvolumen<br />

möglich)<br />

7 Dankssagung<br />

Dem Landesbetrieb für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft Sachsen-Anhalt (Dr.<br />

Uhlmann, Herr Friedrich), den Kollegen Heinze und Siebert sowie Herrn Häfner und Frau Dr.<br />

Palmer vom STUFA Leipzig als auch Dr. Frietsch und Frau Rösler vom LfUG (Naturschutz und<br />

Landschaftspflege) sei für die Bereitstellung der Daten und die fachliche Kooperation gedankt.<br />

Dem BMBF und den <strong>UFZ</strong>-Koordinatoren danken die Autoren für die Förderung und Unterstützung<br />

im Ad-hoc-Elbehochwasser-Projekt.<br />

8 Literatur<br />

AG QS PHOTOGRAMMETRIE & DTM-GENERIERUNG (2000): Leitfaden Qualitätssicherung - Photogrammetrie<br />

und DTM-Generierung, Muttenz (CH).<br />

BELZ, S. (2000): Nutzung von Landsat Thematic Mapper Daten zur Ermittlung hydrologischer Parameter.<br />

IN: Nestmann, F. (Hrsg.) Mitteilungen des Institutes für Wasserwirtschaft und Kulturtechnik der<br />

Universität Karlsruhe (TH), H. 206.<br />

BIRGER, J. (2002): Multisensorale und multitemporale Fernerkundungsdaten zur Erfassung, Differenzierung<br />

und Veränderungsanalyse ausgewählter Vegetationsstrukturen der Bergbaufolgelandschaft Mitteldeutschlands.<br />

Online-Dissertationen der Universität Halle-Wittenberg an der Universitäts- und<br />

Landesbibliothek Sachsen-Anhalt. http://sundoc.bibliothek.uni-halle.de/diss-online/fach.htm<br />

BÖHM, A. (2001): Die Hochwasser in der Vereinigten Mulde. Sächische Heimatblätter 47: 93-95.<br />

DYCK, S. (1980): Angewandte Hydrologie, Teil 1 und 2, Berlin.<br />

EIßMANN, L., LITT, T. (1994): The Quarternary in Central Germany. Altenburger Naturwissenschaftliche<br />

Forschungen 7: 1-458.<br />

ERDAS FIELD GUIDE (1999):ERDAS , Inc. Atlanta, Georgia.<br />

FUHRMANN, R. (1999): Klimaschwankungen im Holozän nach Befunden aus Talsedimenten Mitteldeutschlands.<br />

- In: Altenburger Naturwissenschaftliche Forschungen, Heft 11.<br />

GORECZKA, F. (2003): Ursachen und Verlauf des Hochwassers - meteorologische und hydrologische Übersicht.<br />

Vortrag zur BWK-Fortbildung 3. April 2003, Magdeburg.<br />

HAASE, D. (2002): Holocene floodplains and their distribution in urban areas - functionality indicators for<br />

their retention potentials. Landscape & Urban Planning (in print).<br />

KRAMER, M. (2002): Das Katastrophenhochwasser im Einzugsgebiet der Elbe im August 2002 in Sachsen.<br />

Sächsische Heimatblätter 3: 2-7.<br />

Mudelsee, M., Börngen, M. & G. Tetzlaff (2002): Elbe-Hochwasser August 2002. http://www.uni-leipzig.de/<br />

~meteo/AKTUELLES/ELBE2002/elbe2002.html.<br />

56


<strong>Tagungsband</strong> Statusseminar des BMBF-Ad-hoc-Verbundprojektes in Freiberg, 27.-29.08.2003<br />

NEUMEISTER, H. (1964): Beiträge zum Auelehmproblem des Pleiße- und Elstergebietes, Wissenschaftliche<br />

Veröffentlichungen des Institutes für Länderkunde 1992, N.F. 21/22.<br />

NIEHOFF, D., BRONSTERT, A. (2002): Landnutzung und Hochwasserentstehung: Modellierung anhand<br />

dreier mesoskaliger Einzugsgebiete. Wasser & Boden 54 (10): 20-28.<br />

SAMIMI, C. (1996): Raum-zeitliche Modellierung der aktuellen Evapotranspiration und der Bodenfeuchte<br />

unter Einsatz von Landsat-TM. IN: Fränkische Geographische Gesellschaft (Hrsg.) Erlanger Geographische<br />

Arbeiten, H. 57.<br />

Sächsisches Landesamt für Umwelt und Geologie (2002): Erfassung und Auswertung der Hochwasserschäden<br />

im Einzugsgebiet sächsischer Fließgewässer mittels Fernerkundungsmethoden. Info-Brief 01/<br />

2002, Dresden.<br />

Sächsisches Landesamt für Umwelt und Geologie (2002): Analyse der meteorologisch-hydrologischen Situation<br />

beim Hochwasser im August 2002. Materialien zur Wasserwirtschaft 2002, Dresden.<br />

Sächsisches Landesamt für Umwelt und Geologie (2002): Vorläufiger Kurzbericht über die meteorologischhydrologische<br />

Situation beim Hochwasser im August 2002. http://www.ufz.de/webftp/index.php<br />

Sächsisches Landesamt für Umwelt und Geologie (2002): Bewertung der Gewässerbelastung im Elbeeinzugsgebiet<br />

- August Hochwasser 2002. http://www.ufz.de/webftp/index.php<br />

SCHANZE, J. (2002): Nach der Elbeflut 2002: Die gesellschaftliche Risikovorsorge bedarf einer transdisziplinären<br />

Hochwasserforschung. GAIA 11 (4): 241-254. Wasser & Boden 54 (10): 50-51.<br />

SEMBRITZKI, R.A., ZENS, C. (2002b): Hochwasser- und Versiegelungskartierung mit fernerkundlichen<br />

Methoden.<br />

Staatliches Umweltfachamt Leipzig (2002): Das Augusthochwasser 2002 der Mulden im Regierungsbezirk<br />

Leipzig, Statusbericht, Abteilung Wasser, Referat 12.<br />

STAU DESSAU/WITTENBERG (2000): Studie zur Bewertung der Mulddeiche von Möst/Retzau bis zur<br />

Landesgrenze nach Sachsen, Ingenieurgesellschaft Prof.Dr.-Ing. E. Macke, Dessau.<br />

UHLENBROOK, S., STEINBRICH, A. (2002): Einflussgrößen auf die Hochwasserbildung im regionalen<br />

Maßstab. Wasser & Boden 54 (10): 8-15.<br />

WEICHEL, T., HAASE, D. (2003a): GIS-basierte Analyse der Überschwemmungsflächen an der Mulde im<br />

Freistaat Sachsen während der Hochwaserereignisse 08/02 unter Verwendung von Luftbildern.<br />

Abschlussbericht für das STUFA Leipzig, (unveröff.).<br />

WEICHEL, T., HAASE, D. (2003b): GIS-basierte Analyse der Überschwemmungsflächen der Mulde im<br />

Land Sachsen-Anhalt während der Hochwasserereignisse 08/02 unter Verwendung von Luftbilddaten.<br />

Abschlussbericht für den Landesbetrieb für Hochwaserschutz und Wasserwirtschaft, (unveröff.).<br />

5-Punkte-Programm der Bundesregierung: Arbeitsschritte zur Verbesserung des vorbeugenden Hochwasserschutzes<br />

ZOBER, D. (2003): Untersuchung der Entwicklung der hydrochemischen Eigenschaften von Tagebaurestseen<br />

mittels Satellitenfernerkundung. Diplomarbeit, MLU Halle-Wittenberg, unveröffentlicht.<br />

57


’Schadstoffbelastung nach dem Augusthochwasser 2002 - Ergebnisse und Forschungsbedarf’<br />

Non Target Screening organischer Schadstoffe des Sediments der unteren<br />

Mulde (TP 3.10)<br />

Nicolas Heinzel, Michael Specht, Stephan Franke, Wittko Francke<br />

Universität Hamburg, Institut für Organische Chemie, Labor für organisch-chemische Mikroanalytik,<br />

Tel. 040/42838 6506, Fax 040/42838 2893, heinzel@chemie.uni-hamburg.de<br />

1 Einleitung<br />

Die Mulde, die einen der größeren Nebenflüsse der Elbe darstellt, hat sich in zurückliegenden<br />

Untersuchungen als herausragend belastet mit Schwermetallen und organischen Schadstoffen<br />

erwiesen1. Ein besonderer Schwerpunkt der Kontamination mit organischen Schadstoffen lag<br />

dabei am Unterlauf der Mulde abwärts des Stausees Muldenstein in der Region Bitterfeld-<br />

Wolfen bis zur Einmündung in die Elbe bei Dessau.<br />

Im Rahmen des auf ein Jahr Laufzeit angelegten Ad-hoc-Projekts "Schadstoffuntersuchungen<br />

Elbe-Hochwasser August 2002" dient das Teilprojekt 3 der Ermittlung des Schadstoffpotentials<br />

in Elbe und Mulde und innerhalb dieses Teilprojekts das Arbeitspaket 3.10, über das hier<br />

berichtet wird, der Identifizierung organischer Schadstoffe durch gaschromatographische (GC)<br />

und gaschromatographisch/massenspektrometrische (GC/MS) Non Target Screening Untersuchungen.<br />

Untersuchungsgegenstand sind dabei Sedimente, Oberflächen- und Grundwasser<br />

ausgewählter Standorte des Muldeeinzugsgebiets zwischen Bittterfeld-Wolfen und Dessau<br />

sowie der Elbe nahe der Muldemündung.<br />

Bedingt durch die kurze Laufzeit des Projekts (Beginn Februar 2003), fällt die Vorbereitung<br />

dieses Tagungsbeitrags in eine Projektphase, in der bereits erste Ergebnisse von Sedimentuntersuchungen<br />

vorliegen, Wasseruntersuchungen plangemäss jedoch nicht abgeschlossen sind.<br />

Darüber hinaus werden weitere Beprobungen im September 2003 durchgeführt. Der Tagungsbeitrag<br />

liefert daher als Schwerpunkt Ergebnisse von Sedimentuntersuchungen, Analysen des<br />

Grundwassers aus dem Gebiet Bitterfeld-Wolfen und von Oberflächenwasser werden zu einem<br />

späteren Zeitpunkt ausführlicher dargestellt.<br />

2 Methoden: Non Target Screening<br />

Die Analyse organischer Substanzen wird in Umweltproben häufig durch schwierige Matrices<br />

und die unbekannte Anzahl der darin vorliegenden Schadstoffe erschwert. Bei Target-<br />

Analysen, die sich auf mehr oder minder begründet ausgewählte Substanzen beschränken,<br />

werden selektive oder spezifische analytische Methoden in entsprechend validierten Verfahren<br />

angewandt, um zu quantitativen Aussagen zu gelangen. Substanzen, für die das Verfahren nicht<br />

validiert ist, entziehen sich dieser Analytik.<br />

Das Ziel von Non Target Analysen besteht darin, eine breite Palette organischer Substanzen zu<br />

erfassen, ohne dass bereits bekannt sein muss, welche Analyten in den Proben vorliegen.<br />

Dementsprechend müssen hier weniger selektive Methoden für die Matrixabtrennung und<br />

Anreicherung der Probenkomponenten zur Anwendung kommen.<br />

Eine vollständige analytische Non Target Methode zur Identifizierung unbekannter Substanzen<br />

umfasst folgende, für die zuverlässige Identifizierung originärer Probenkomponenten gleichermassen<br />

wesentliche Schritte: (1) Kontaminationsfreihe Probenahme. (2) Matrixabtrennung und<br />

Anreicherung organischer Substanzen durch unselektive Extraktion mit mehreren Lösungsmitteln<br />

unterschiedlicher Polarität. Um dabei Anreicherungen von Lösungsmittelverunreinigungen<br />

zu vermeiden, müssen Extraktionsmittel von hoher, durch Laborkontrollen bestätigter Reinheit<br />

verwendet werden. Ein Zusatz isotopenmarkierter ( 2 H, 13 C) interner Standards dient der Überwachung<br />

der Effizienz der Extraktion. (3) Trennung des isolierten Substanzgemischs durch<br />

58


<strong>Tagungsband</strong> Statusseminar des BMBF-Ad-hoc-Verbundprojektes in Freiberg, 27.-29.08.2003<br />

chromatographische Verfahren. Extrakte von Wasserproben sind häufig bereits für gaschromatographische<br />

Trennungen geeignet. Sedimentextrakte sind dafür in der Regel zu komplex und<br />

erfordern eine flüssigchromatographische Fraktionierung. (4) Analyse der Extrakte und Fraktionen<br />

durch GC und GC/MS. Ein Zusatz weiterer isotopenmarkierter ( 2 H, 13 C) Standards dient<br />

der internen Instrumentenkontrolle und liefert den Bezug für Kalbrierungen mit internem Standard.<br />

(5) Prüfung der Analysendaten auf Konsistenz durch Vergleich mit Parallelproben,<br />

Lösungsmittelkontrollen und Verfahrens-Blanks. (6) Identifizierung bekannter Substanzen<br />

durch Vergleiche mit Massenspektrendatenbanken und Retentionsindex-Sammlungen oder<br />

durch Messung authentischer Referenzsubstanzen. (7) Vertiefte Auswertung der Massenspektren<br />

unbekannter Substanzen, Erarbeitung von Strukturvorschlägen. Suche in chemischen<br />

Datenbanken nach identischen oder ähnlichen Substanzen. Strukturbeweis durch Synthese oder<br />

authentische Vergleichssubstanz aus anderer Quelle.<br />

3 Ergebnisse<br />

Sedimentbeprobungen vom April 2003 zeigten, dass infolge der Überschwemmungsereignisse<br />

des August 2002 und späterer Hochwasserführung der Mulde das feinkörnige Material weitgehend<br />

aus dem Flussbett der Mulde und des Spittelwassers ausgetragen worden ist. Die Auswahl<br />

der Probenahmepunkte an der Mulde orientierte sich an Orten, an denen in Rahmen des Projektverbunds<br />

Elbe 2000 - Elbenebenflüsse bereits Sedimente beprobt worden waren 1a,b . Im April<br />

2003 konnte hier teilweise kein feinkörniges Sediment mehr festgestellt werden, so dass andere<br />

Orte gesucht werden mussten. Die wenigen Stellen an denen feinkörniges Sediment gefunden<br />

werden konnte, haben eine teilweise noch hochgradige Belastung mit Chlorbenzolen, HCH,<br />

DDT-Metaboliten und weiteren Chloraromaten ergeben. Darüber hinaus stellen Kongenerengemische<br />

von Alkylsulfonsäureestern des Phenols und des Kresols, die in der unteren Mulde erstmals<br />

als Umweltkontaminanten erkannt worden waren 2 , weiterhin herausragende Kontaminanten<br />

des Muldesediments dar.<br />

Im Sediment des Beprobungsorts 2 (vgl. Lageplan) wurden Hinweise auf hohe Konzentrationen<br />

von Benzyl-, β-Phenylethyl-, und Kresylestern langkettiger Carbonsäuren gefunden, die hier in<br />

homologen Reihen auftreten. Auch eine dünne Schaumschicht in Ufernähe auf dem Wasser, die<br />

hier ebenfalls beprobt wurde, enthielt diese Substanzen. Bekannt ist die Verwendung solcher<br />

Ester in kosmetischen Formulierungen, jedoch nicht ihr Vorkommen in der Umwelt. Diese<br />

Substanzen wurden früher in der Mulde nicht beobachtet; sie könnten Indikatoren der Veränderung<br />

von Belastungsquellen darstellen.<br />

Demgegnüber wurde im Sediment des Spittelwassers (vgl. Lageplan, 3) neben den genannten,<br />

verbreitet in den Sedimenten vorhandenen Chlorbenzolen, HCH-Isomeren und DDT-Metaboliten<br />

eine Fülle von weiteren überwiegend chlorierten Industriechemikalien nachgewiesen<br />

(chlorierte Butadiene, Hexadiene, Styrole, Aniline, Naphthaline, Bromcumene, sowie nicht<br />

halogenierte aromatische Amine und Ether). Dies dokumentiert die nach wie vor ausserordentlich<br />

hohe Belastung durch die in diesem Gebiet über Jahrzehnte stattgefundenen Umweltverschmutzung.<br />

Dennoch können aus dem Vergleich mit Untersuchungsergebnissen von<br />

Muldesedimenten aus dem Jahr 1993 zum Teil Verringerungen bei der Kontamination mit<br />

bestimmten chloraromatischen Substanzen 3 , wie chlorierten Diphenyl- und Triphenylmethanen<br />

4 , sowie Pestiziden abgeleitet werden.<br />

4 Zitate<br />

1a S. Franke, S. Hildebrandt, J. Schwarzbauer, M. Link, W. Francke, Identifizierung und quantitative<br />

Bestimmung organischer Substanzen in Wasser und Sedimenten der Elbe und der Mulde, in: Belastung<br />

der Elbe und ihrer Nebenflüsse mit organischen Schadstoffen, Workshop-Abstracts, S. 177-190, GKSS-<br />

Forschungszentrum Geesthacht GmbH (1995).<br />

59


’Schadstoffbelastung nach dem Augusthochwasser 2002 - Ergebnisse und Forschungsbedarf’<br />

Lageplan zur Sedimentbeprobung TP 3.10, 14. - 16. 04. 2003:<br />

1, 2, 4 Mulde; 3 Spittelwasser; 5, 6 Elbe.<br />

60


<strong>Tagungsband</strong> Statusseminar des BMBF-Ad-hoc-Verbundprojektes in Freiberg, 27.-29.08.2003<br />

b W. Francke, S. Franke, S. Hildebrandt, M. Link, J. Schwarzbauer, Spurenanalytik organischer<br />

Substanzen zur Charakterisierung der Belastung und Festlegung sanierungsrelevanter Leitparameter, in:<br />

Die Belastung der Elbe, Teil I - Elbenebenflüsse, Hrsg. Forschungszentrum Karlsruhe GmbH (PtWT)<br />

S. 136-160 (1994).<br />

c A. Arnold, K. Jendryschik, A. Müller, Der Bitterfelder Muldestausee - eine bedeutende Schadstoffsenke<br />

im Einzugsgebiet der Elbe, in: Gewässerschutz im Einzugsgebiet der Elbe / 8. Magdeburger Gewässerschutzseminar,<br />

S. 147 f., Hrsg. W. Geller, <strong>UFZ</strong> Leipzig - Halle GmbH. Teubner, Stuttgart, Leipzig<br />

(1998).<br />

d W. Brack, R. Altenburger, U. Ensenbach, S. Nehls, H. Segner, G. Schüürmann, Identifikation ökotoxikologisch<br />

wirksamer Substanzen in Sedimenten des Spittelwassers, in: Gewässerschutz im Einzugsgebiet<br />

der Elbe / 8. Magdeburger Gewässerschutzseminar, S. 149 f., Hrsg. W. Geller, <strong>UFZ</strong> Leipzig - Halle<br />

GmbH. Teubner, Stuttgart, Leipzig (1998).<br />

e R. Lüschow, K.-H. Runte, E. Becker, H. Erlenkeuser, I. Große, M. Pohl, H. Reincke, T. Schillings, B.<br />

Stachel, Untersuchungen zur Belastung von Ablagerungsfolgen der Mulde mit organischen Schadstoffen<br />

und Metallen auf der Grundlage von Bohrkernen, in: Gewässerschutz im Einzugsgebiet der Elbe<br />

/ 8. Magdeburger Gewässerschutzseminar, S. 155 f., Hrsg. W. Geller, <strong>UFZ</strong> Leipzig - Halle GmbH.<br />

Teubner, Stuttgart, Leipzig (1998).<br />

f L. Zerling, A. Arnold, C. Hainisch, K. Jendryschik, M. Lohse, der Einsatz von Sedimentfallen als<br />

Beitrag zur Schadstoffbilanzierung im Bitterfelder Muldestausee, in: Gewässerschutz im Einzugsgebiet<br />

der Elbe / 8. Magdeburger Gewässerschutzseminar, S. 163 f., Hrsg. W. Geller, <strong>UFZ</strong> Leipzig - Halle<br />

GmbH. Teubner, Stuttgart, Leipzig (1998).<br />

2 S. Franke, J. Schwarzbauer, W. Francke, Arylesters of alkylsulfonic acids in sediments, Part III of<br />

organic compounds as comtaminants of the Elbe river and its tributaries, Fresenius J. Anal. Chem. 360<br />

(1998) 580-588.<br />

3 S. Franke, S. Hildebrandt, J. Schwarzbauer, M. Link, W. Francke, Organic compounds as contaminants<br />

of the Elbe river and its tributaries. Part II: GC/MS screening for contaminants of the Elbe water, Fresenius<br />

J. Anal. Chem. 353 (1995) 39-49.<br />

4 J. Schwarzbauer, S. Franke, W. Francke, Chlorinated di- and triphenylmethanes in sediments of the<br />

Mulde and Elbe rivers, Part IV of organic compounds as comtaminants of the Elbe river and its tributaries,<br />

Fresenius J. Anal. Chem. 365 (1999) 529-536.<br />

Ökotoxikologische Befunde aus dem Wattenmeer<br />

Susanne Heise 1 , Sebastian Höss 2 , Wolfgang Ahlf 3<br />

1<br />

BIS, TUHH, Eissendorferstr. 40, 21073 Hamburg, Tel 040/42878-2862, Fax 040/42878-2315, s.heise@tuharburg.de<br />

2 ECOSSA, Thierstr. 43, 80538 München, hoess@ecossa.de<br />

3<br />

AB Umweltschutztechnik; TUHH, Eissendorferstr. 40, 21073 Hamburg, Tel 040/42878-2862, Fax 040/<br />

42878-2315, ahlf@tu-harburg.de<br />

1 Einleitung<br />

Bei den Strategien zur Bewertung von Sedimenten und Schwebstoffen dominiert in der Bundesrepublik<br />

Deutschland der chemisch-numerische Ansatz. Eine rein chemisch-analytische Unterscheidung<br />

gefährlicher von nicht gefährlichen Sedimenten erscheint jedoch in Anbetracht der<br />

Vielzahl bekannter sedimentassoziierter Verbindungen und dem geringen Wissen über deren<br />

toxische Wirkung nur in einem sehr begrenzten Maße möglich. Für eine Bewertung von Sedimenten<br />

und Schwebstoffen sind vielmehr biologische Wirkungstests notwendig, um summarisch<br />

die Wirkung aller Inhaltsstoffe zu erfassen. Somit kann eine ökotoxikologische Bewertung<br />

61


’Schadstoffbelastung nach dem Augusthochwasser 2002 - Ergebnisse und Forschungsbedarf’<br />

der Sedimentqualität nur mittels einer Kombination von standardisierten chemischen und biologischen<br />

Testverfahren erfolgen (Ahlf et al. 2002a).<br />

Nachdem die Sedimenttoxizität in der ersten Untersuchungsphase in Biotests direkt bestimmt<br />

wird, kann die Bewertung einer Sedimentqualität mit einem ökotoxikologischen Klassifikationssystem<br />

durchgeführt werden, das auf der Basis eines großen Datensatzes für Elbesedimente<br />

entwickelt wurde. Diese Vorgehensweise wurde benutzt, um die Auswirkungen der Hochwasserwelle<br />

auf die Sedimente im Elbmündungsgebiet zu bestimmen. Es wurden Sedimente in<br />

Höhe von Brunsbüttel vom 21. bis 24. August 2002, vor Erreichen der Hochwasserwelle,<br />

genommen und nach der Flutwelle vom 30. September bis 2. Oktober nochmals an den gleichen<br />

Probeorten.<br />

2 Methoden<br />

Die Vorgehensweise nutzt biologische Testverfahren, die entweder DIN normiert sind oder sich<br />

im Normierungsverfahren befinden. In einem Projekt des Umweltbundesamtes wurde eine<br />

Testkombination auf Eignung für die Ableitung von Qualitätszielen geprüft. Im Abschlussbericht<br />

wurden die verwendeten Methoden detailliert beschrieben (Ahlf & Gratzer 1999). Die<br />

Auswahl der Bioteste berücksichtigte auch unterschiedliche Expositionswege, wobei sich als<br />

notwendige Kombination ein Minimalset von vier Tests mit sechs Beobachtungsgrößen herausstellte.<br />

Im Einzelnen waren dies:<br />

Leuchtbakterientest an Eluaten und methanolischen Extrakten, Algentest an Eluaten, sowie<br />

Bakterienkontakttest und Nematodentest an Sedimenten direkt.<br />

Die Einteilung der Sedimente in fünf Klassen beachtete die unterschiedlichen Sensitivitäten und<br />

Variabilitäten der einzelnen Testsysteme (Heise et al. 2000).<br />

3 Ergebnisse<br />

Die Unterschiede der Giftwirkungen zwischen den beiden Probenkampagnen sind in Abb. 1<br />

summarisch zusammengefasst worden. Die "Box-Whiskers-Plots" zeigen, dass die Reaktionen<br />

spezifisch für die Testsysteme sind und der Algentest besonders empfindlich auf die Sedimente<br />

nach der Flut anspricht. Auch der Toxizitätsnachweis im Nematodentest ist signifikant erhöht.<br />

Nur der Leuchtbakterientest mit Eluaten der Sedimente entspricht nicht dem durchgängigen<br />

Bild einer Toxizitätserhöhung, sondern die Wirkung ist im Gegenteil signifikant erniedrigt.<br />

100<br />

B<br />

A<br />

B<br />

A<br />

B<br />

75<br />

A<br />

B<br />

Hem m ung (%)<br />

50<br />

25<br />

A<br />

B<br />

A<br />

0<br />

-25<br />

Elua t Extra kt<br />

Algen Leuchtbakterien Ba kte rie n Nematoden<br />

Abb. 1 Summarische Darstellung aller Toxizitätswerte vor (A) und nach (B) der Flutwelle<br />

62


<strong>Tagungsband</strong> Statusseminar des BMBF-Ad-hoc-Verbundprojektes in Freiberg, 27.-29.08.2003<br />

Positionen der GKSS-Proben<br />

8°40'<br />

8°45'<br />

8°50'<br />

8°55'<br />

9° 0'<br />

9° 5'<br />

53°56'<br />

53°56'<br />

53°54'<br />

53°54'<br />

53°52'<br />

1<br />

5<br />

1 23<br />

7<br />

53°52'<br />

53°50'<br />

8 9<br />

6<br />

53°50'<br />

8°40'<br />

8°45'<br />

8°50'<br />

8°55'<br />

9° 0'<br />

9° 5'<br />

Scale: 1:366554 at Latitude 0°<br />

Abb. 2 Lage der Probeorte in der Elbmündung und Toxizitätsklassen vor der Flutwelle<br />

Positionen der GKSS-Proben<br />

8°40'<br />

8°45' 8°50'<br />

8°55'<br />

9° 0'<br />

9° 5'<br />

53°56'<br />

53°56'<br />

53°54'<br />

53°54'<br />

53°52'<br />

1 23<br />

7<br />

53°52'<br />

53°50'<br />

8 9<br />

6<br />

53°50'<br />

8°40'<br />

8°45'<br />

8°50'<br />

8°55'<br />

9° 0'<br />

9° 5'<br />

Scale: 1:366554 at Latitude 0°<br />

Abb. 3 Lage der Probeorte in der Elbmündung und Toxizitätsklassen nach der Flutwelle<br />

Die Sedimente wurden einer Klassifikation unterzogen und in Abbildung 2 und 3 den einzelnen<br />

Standorten zugeordnet. Während die Sedimente der ersten Probenserie zwischen den Klassen 2<br />

und 5 variierten, wurden die Sedimente nach der Hochwasserwelle ohne Ausnahme in Klasse 4<br />

und 5 eingestuft.<br />

4 Diskussion und Schlussfolgerungen<br />

Eine ökotoxikologische Bewertung von Sediment- und Schwebstoffproben sollte - da sie die<br />

biologisch schädliche Wirkung von partikulär gebundenen Schadstoffen ermittelt - neben<br />

chemischen Untersuchungen besonders auf biologischen Wirktests basieren. Während inzwischen<br />

einige gut validierte Biotestverfahren für die Untersuchung von Sedimenten und Schwebstoffen<br />

vorliegen und im Rahmen dieser Studie angewendet wurden, gibt es noch einen<br />

Forschungsbedarf bei der Aggregation der Daten und der Ableitung von ausreichend validierten<br />

Bewertungsstrategien: Die Befunde der einzelnen Untersuchungen aus Testbatterien können<br />

63


’Schadstoffbelastung nach dem Augusthochwasser 2002 - Ergebnisse und Forschungsbedarf’<br />

zunächst getrennt ausgewertet und beurteilt werden. Prinzipiell erscheint es sinnvoll, alle erhobenen<br />

Ergebnisse zur Bewertung zu berücksichtigen (Ahlf et al., 1997). Ähnlich wie in der<br />

medizinischen Differentialdiagnostik ermöglicht eine komplexere Untersuchung - im Bedarfsfall<br />

- mit spezifischeren biologischen Endpunkten, wie etwa Gentoxizität, endokrine Wirkung,<br />

P450-Induktion; (Hollert et al., 2002), oder eine bioassay-dirigierte Fraktionierung zur Ermittlung<br />

problematischer Substanzklassen (Brack et al., 1998) ergänzende Aussagen zum Schädigungspotential.<br />

Prinzipiell können alle biologischen und chemischen Daten in eine umfassende<br />

integrierte Sedimentbewertung eingehen (Ahlf et al. 2002b).<br />

Hier wurde der erste Schritt eines Bewertungskonzeptes durchgeführt, indem mit einem Set<br />

von standardisierten Biotests die Sedimente geprüft wurden. Alle Werte gingen in eine Bewertung<br />

mit fünf Klassen ein. Dieses System erlaubt eine rasche Übersicht der Sedimenttoxizität<br />

und ist sinnvoll, um ein Risikomanagement zu ermöglichen.<br />

Im Vergleich mit früheren Untersuchungen konnten zwei Schlussfolgerungen gezogen werden:<br />

1. Das Gefahrenpotenzial im Mündungsbereich der Elbe hat in den letzten Jahren zugenommen.<br />

2. Hochwasserereignisse beschleunigen diesen Prozess.<br />

Inwieweit die Auswirkungen eine Momentaufnahme darstellen oder sich über die Zeit manifestieren,<br />

kann nicht aus den Ergebnissen abgleitet werden. Die Entwicklung der zunehmenden<br />

Toxizität im Elbeästuar spricht dafür, dass die Auswirkungen der Flutwelle eine längere Zeit<br />

andauern. Um diese Frage endgültig zu beantworten, müssen aber weitere zeitlich gestaffelte<br />

Untersuchungen durchgeführt werden, die eine Trendanalyse ermöglichen.<br />

5 Literatur<br />

Ahlf W, Hollert H, Neumann-Hensel H, Ricking M (2002a) A guidance for the assessment and evaluation od<br />

sediment quality J Soils& Sediments 2(1) 37-42<br />

Ahlf W, Braunbeck T, Heise S, Hollert, H. (2002b) Sediment and Soil Quality Criteria. In: Burdon F (ed)<br />

Environmental Monitoring Handbook. McGraw<br />

Ahlf W, Gratzer H (1999): Erarbeitung von Kriterien zur Ableitung von Qualitätszielen für Sedimente und<br />

Schwebstoffe. UBA-Texte, 44/99, 171 S<br />

Brack W, Altenburger R, Ensenbach U, Nehls S, Segner H & Schüürmann G (1998) Hazard assessment of a<br />

contaminated sediment using a biotest battery, 8th Annual Meeting of SETAC-Europe, Bordeaux,<br />

Poster 1D/P007.<br />

Heise S, Maaß V, Gratzer H, Ahlf W (2000): Ecotoxicolgical sediment classification - capabilities and potentials<br />

- presented for Elbe river sediments. Mitteilungen der Bundesanstalt für Gewässerkunde, 22, 96-<br />

104<br />

Hollert H, Heise S, Pudenz S, Brüggemann R, Ahlf W, Braunbeck T (2002) Application of a sediment quality<br />

triad and different statistical approaches (Hasse diagrams and fuzzy logic) for the comparative evaluation<br />

of small streams. Ecotoxicology 11(5) 311-321<br />

64


<strong>Tagungsband</strong> Statusseminar des BMBF-Ad-hoc-Verbundprojektes in Freiberg, 27.-29.08.2003<br />

Brandenburger Elbauen - Schadstoffbelastung der Böden durch<br />

Hochwasserereignisse und Folgen für die Nutzung<br />

Gundula Herwig 1 , Wolfgang Dinkelberg 2 , Jürgen Ritschel 2<br />

1 Ministerium für Landwirtschaft, Umweltschutz und Raumordnung, Albert-Einstein-Straße 42-46,<br />

14473 Potsdam, Tel. 0331/8667350, Fax 0331/8667241, gundula.herwig@mlur.brandenburg.de<br />

2 Landesumweltamt Brandenburg, Michendorfer Chaussee 114, 14473 Potsdam, Tel. 0331/2776-0,<br />

Fax 0331/ 2776-309<br />

1 Zusammenfassung<br />

Vom Augusthochwasser der Elbe im Jahr 2002 waren im Land Brandenburg Vordeiche (ca.<br />

1700 ha) und Polder (ca. 4.000 ha) in vier Landkreisen betroffen. Um mögliche Neueinträge von<br />

Schadstoffen zu ermitteln, untersuchte das Landesumweltamt Brandenburg u.a. Böden an<br />

bereits in den Vorjahren untersuchten Probenahmestellen. Das Parameterspektrum wurde nach<br />

Ergebnissen der aktuellen Wasser-, Schwebstoff- und Sedimentuntersuchungen festgelegt.<br />

In den Böden der seit ihrer Einrichtung ab 1955 erstmalig überfluteten Polder wurden keine<br />

Überschreitungen von Prüf- und Maßnahmenwerten der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung<br />

(BBodSchV) ermittelt. Die Schadstoffgehalte liegen im Bereich der Hintergrundwerte<br />

für Auenböden im Land Brandenburg, ein signifikanter Schadstoffeintrag durch das<br />

Hochwasser des Jahres 2002 war nicht nachweisbar. Maßnahmen sind daher nicht erforderlich.<br />

In den Vordeichgebieten werden dagegen durchgängig die Vorsorgewerte für Pb, Cd, Cr, Cu,<br />

Ni und der Maßnahmenwert für As überschritten. Auf Grund der bereits bestehenden Schadstoffbelastungen<br />

(u.a. Überschreitung der Maßnahmenwerte für As, Hg und Cu sowie stark<br />

erhöhte PCDD/F-Gehalte) besteht hier konkreter Handlungsbedarf. Den landwirtschaftlichen<br />

Flächennutzern wurden erste Handlungsempfehlungen zur Reduzierung des Schadstofftransfers<br />

in Futtermittel und tierische Produkte gegeben, gleichzeitig wurde der weitere Untersuchungsbedarf<br />

festgelegt. Über Nutzungsempfehlungen hinaus ist in den betroffenen<br />

Landkreisen die Untersuchung des Wirkungspfades Boden - Pflanze/Tier - Lebensmittel im<br />

engen Zusammenwirken der betroffenen Behörden angeordnet worden. Entsprechende Untersuchungen<br />

von Aufwuchs und tierischen Produkten laufen gegenwärtig in den betroffenen<br />

Landkreisen Elbe-Elster und Prignitz. Dabei sind zur Stärkung des Verbraucherschutzes<br />

mögliche Transferpfade von Schadstoffen zu prüfen und erforderliche Maßnahmen zur Gefahrenabwehr<br />

und einer nachhaltigen Flächennutzung abzuleiten und dauerhaft umzusetzen.<br />

2 Untersuchungen im Vordeichbereich der brandenburgischen Elbtalaue<br />

Das Landesumweltamt Brandenburg hat in den vergangenen Jahren umfangreiche Untersuchungen<br />

in den brandenburgischen Auen- bzw. Polderbereichen der Oder, Havel und Elbe<br />

durchgeführt 1 . Der Schwerpunkt lag aufgrund der besonderen Belastungssituation auf dem<br />

Vordeichbereich der brandenburgischen Elbtalaue.<br />

Die Flächengröße des gesamten Vordeichbereichs der Elbe im Landkreis Elbe-Elster (LK EE)<br />

wird auf ca. 665 ha geschätzt (davon ca. 400 ha landwirtschaftliche Nutzfläche (LN); hiervon<br />

ca. 20 % Ödland (ehemals Nutzung durch Armee), ca. 20 % Altarme/Ödland (Auwälder), ca.<br />

10 % Ackerland, ca. 50 % Grünland). Entsprechend dem noch gültigen "Beschluss des Rates<br />

des Bezirkes von Schwerin zur Festlegung von Hochwasserschutzgebieten der Elbe und ihrer<br />

Rückstaugebiete (Beschluß-Nr. 194/87, 1987) werden u.a. im brandenburgischen Teil der<br />

1. - vgl. auch Anders, L.., Dinkelberg, W. (1998), LUA / LfL (1999); LUA / LfL (2000); Dinkelberg, W.<br />

et al. (2000); Ritschel, J. et al. (2001); LUA (2002); Ritschel, J.; Dinkelberg, W. (2003)<br />

65


’Schadstoffbelastung nach dem Augusthochwasser 2002 - Ergebnisse und Forschungsbedarf’<br />

Altkreise Perleberg und Ludwigslust (Landkreis Prignitz LK PR) ca. 1.700 ha Vordeichflächen<br />

(davon ca. 1164 ha LN) und ca. 930 ha Rückstaubereiche in andere Gewässer (Gnesdorfer<br />

Vorfluter, Stepenitz, Löcknitz und Alte Elde; davon ca. 692 ha LN) ausgewiesen.<br />

Im Jahr 1997 wurden im Rahmen des vom LUA geförderten Projektes der Fachhochschule<br />

Eberswalde "Regionalisierung von Bodenschutzdaten auf Auenstandorten" im LK PR die zwei<br />

Standorte Wittenberge Süd und Nord anhand eines verdichteten Probenahmeraster untersucht.<br />

Dabei wurden jeweils Bodenproben vor und hinter dem Deich entnommen. 1998 wurden an<br />

sechs weiteren problemorientiert ausgewählten Elbauenstandorten transektbezogen orientierende<br />

Untersuchungen nach § 3 Abs. 3 Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung<br />

(BBodSchV) durchgeführt (Standorte Borschütz und Altbelgern im LK EE und Quitzöbel,<br />

Rühstädt, Gandow, Wootz im LK PR). Die meisten Standorte werden als extensives Grünland<br />

genutzt. Um Aussagen zum Schadstofftransfer vom Boden in den Aufwuchs bzw. in tierische<br />

Produkte zu ermitteln, wurde im Jahr 1999 erneut eine transektbezogene Probenahme von<br />

Boden und Aufwuchs an den acht bereits untersuchten Standorten vom LUA und der ehemaligen<br />

LfL durchgeführt. Im Zusammenhang mit der Überschwemmung von Poldern und<br />

Vordeichen von Elbe und Havel durch das Elbehochwasser 2002 wurden durch das LUA stichprobenartige<br />

Beprobungen im Rahmen eines eingeschränkten Untersuchungsprogramms<br />

durchgeführt. Sie hatten das Ziel, die Auswirkungen dieser Überflutung auf den Boden zu<br />

untersuchen, den Schadensumfang zu ermitteln und ggf. kurzfristige Handlungsempfehlungen<br />

abzuleiten.<br />

Im Rahmen der dargestellten Untersuchungsprogramme 1998 und 1999 an den acht Auenstandorten<br />

entlang der Elbe erfolgte die Auswahl der Beprobungspunkte so, dass mit den Ergebnissen<br />

eine Erstbewertung hinsichtlich einer vorliegenden Gefahren und eine räumliche Abgrenzung<br />

erfolgen konnten. Dabei fanden sowohl geologisch/geomorphologische Auswahlkriterien als<br />

auch Ergebnisse bisheriger Arbeiten in diesem Gebiet Berücksichtigung. Die Strategie der<br />

Bodenbeprobung orientierte sich an der BBodSchV (vgl. Ritschel und Dinkelberg, 2003).<br />

3 Untersuchungsergebnisse<br />

Bei den Untersuchungen 1998 und 1999 wurden durch das LUA die in Tabelle 1 und 2 dargestellten<br />

Schadstoffgehalte ermittelt (LUA/ LfL 2000). Eine statistische Auswertung war auf<br />

Grund zu geringer Probenzahlen je Standort nicht möglich.<br />

Durch Monse et al. (1998) wurden an den Standorten Wittenberge-Süd und -Nord neben den<br />

Vordeichen auch Binnendeichbereiche in einem verdichtetem Raster beprobt. Abbildung 1<br />

weist einen deutlichen Unterschied der Schadstoffkonzentrationen bei Vor- und Binnendeichproben<br />

aus.<br />

Bis auf Ausnahmen ist die oberste Tiefenstufe (0 bis 10 cm) der Hauptakkumulationsbereich;<br />

die Stoffgehalte nehmen mit der Tiefe ab. Die Schadstoffbelastung ist an den Probenahmepunkten<br />

in Ufernähe tendenziell geringer als in Senken und Deichnähe (Abbildung 2).<br />

Gegenüber den Hintergrundgehalten brandenburgischer Auenböden wurden durchgehend<br />

erhöhte Schadstoffgehalte ermittelt. Die Vorsorgewerte werden für Schwermetalle an allen<br />

Standorten - teilweise erheblich - überschritten. Für PAK werden an drei und für PCB 6 an fünf<br />

Standorten im Maximum die Vorsorgewerte überschritten. Die Maßnahmenwerte Grünland für<br />

As, Cu Schaf und Hg werden im Maximum in den meisten Fällen überschritten (Tab.3).<br />

In den untersuchten Oberbodenproben der acht Standorte (Transekte mit je 3 bis 4 Probenahmestellen)<br />

wurden PCDD/F-Gehalte zwischen 2,8 und 1.080 ng I-TE/kg ermittelt. Die Proben<br />

lassen sich entsprechend dem empfohlenen Handlungsbedarf verschiedenen Klassen zuordnen<br />

(Tab.4).<br />

66


<strong>Tagungsband</strong> Statusseminar des BMBF-Ad-hoc-Verbundprojektes in Freiberg, 27.-29.08.2003<br />

Tab. 1: Gehalte von Schwermetallen und Arsen in Bodenproben im Vordeich der brandenburgischen<br />

Elbtalaue der (Min.-Max., mg/kg, 0-10cm) (Quelle: FIS BOS)<br />

1900 2<br />

Ort As Pb Cd Cr Cu Ni Hg Zn<br />

Borschütz 12-37 36-88 < 0,5-3,5 28-92 23-92 16-40 0,3-2,3 112-504<br />

Altbelgern 12-46 33-102 < 0,5-3,9 33-106 20-99 18-41 0,27-2,01 94-465<br />

Quitzöbel 7-50 2-212 0,6-12,5 10-248 7-368 7-83 0,77-19,3 81-1320<br />

Rühstädt 9-23 3-118 < 0,5-4,2 11-89 9-110 7-38 0,37-3,1 84-942<br />

Wittenberge<br />

14-59 53-251 0,5-9,7 61-114 77-148 18-61 0,2-14 173-1150<br />

Süd<br />

Wittenberge<br />

12-80 95-356 4,2-10 127-206 173-236 44-81 2,6-15,0 977-1400<br />

Nord<br />

Gandow 12-95 41-245 1,3-10 47-200 54-295 16-67 2,45-16,7 365-1285<br />

Wootz 8-83 16-230 < 0,5-13 21-209 17-305 27-72 1-15,7 173-1600<br />

VW- 1) - 40/70/100 0,4/1/1,5 30/60/100 20/40/60 15/50/70 0,1/0,5/1 60/150/200<br />

MW-GL 2) 50 1200 20 - 1300<br />

-<br />

(200)<br />

(200) 3) (5)<br />

HW 90-GL 4) k.A. 19 0,2 k.A. 7 k.A. 0,06 k.A.<br />

HW 90-AK 5) k.A. 22 0,2 18 16 13 0,05 52<br />

1) Vorsorgewerte nach Anhang 2 BBodSchV für Sand, Lehm/Schluff, Ton<br />

2) Maßnahmenwerte nach Anhang 2 BBodSchV für Grünland (in Klammern Prüfwert für Ackerbauflächen, für As 50<br />

mg/kg bei zeitweise reduzierenden Verhältnissen)<br />

3) Maßnahmenwert nach Anhang 2 BBodSchV; gilt bei Grünlandnutzung durch Schafe<br />

4) Hintergrundgehalte brandenburgischer Auenlehme und -tone (Grünland, 90.Perzentil)<br />

5) Hintergrundgehalte brandenburgischer Auenlehme und -tone (Acker, 90.Perzentil)<br />

Tab. 2: Gehalte von organischen Schadstoffen in Bodenproben im Vordeich der brandenburgischen<br />

Elbtalaue der (Min.-Max., 0-10cm) (Quelle: FIS BOS)<br />

Ort PCDD/F (ngITE/kg) PAK (mg/kg) PCB 6 (g/kg)<br />

Borschütz 8,3-7,6 < 1-9,6 7,7-148<br />

Altbelgern 11,0-36,5 < 1-7,7 4,2-156<br />

Quitzöbel 3,0-162 < 1-4,3 < 1-138<br />

Rühstädt 2,8-38,9 < 1-1,2 1,1-10,7<br />

Wittenberge-Süd 76,2-784 < 1-4,0 10-80<br />

Wittenberge-Nord 60,7-355 4,8-7,6 < 1-10<br />

Gandow 10,6-1080 < 1-5,7 11-136<br />

Wootz 45,5-968 1,9-7,1 60,1-110<br />

VW 1) - 3 / 10 50 / 100<br />

MW 2) - - 200<br />

BLAG-D. 3) 5 / 40 - -<br />

HW 90 4) 2 6,5 58<br />

1) Vorsorgewerte nach Anhang 2 BBodSchV für Humusgehalt < 8 % und > 8 %<br />

2) Maßnahmenwert nach Anhang 2 BBodSchV für Grünland<br />

3) Richtwerte und Handlungsempfehlungen der Bund/Länder-AG ‚Dioxine’ für landwirtschaftliche Nutzung<br />

< 5 ng I-TE/kg: Zielgröße; jegliche Nutzung ungeprüft möglich<br />

5-40 ng I-TE/kg: Prüfaufträge und Handlungsempfehlungen für die landwirtschaftliche und gärtnerische Bodennutzung<br />

> 40 ng I-TE/kg: Einschränkung auf bestimmte landwirtschaftliche u. gärtnerische Bodennutzung - uneingeschränkte<br />

Nutzung nur bei nachgewiesenem minimalem Dioxintransfer<br />

4) Hintergrundgehalte brandenburgischer Auenböden; für PCDD/F Angaben für Grünland, ländlicher Raum<br />

Die Untersuchung des Aufwuchses der Standorte ergab, dass bei einigen Proben die Höchstgehalte<br />

für unerwünschte Stoffe in Futtermitteln nach Futtermittelverordnung (FMV) überschritten<br />

wurden bzw. bei anderen Stoffen kritische Konzentrationen erreicht werden. Nach<br />

§ 23 Abs. 1 FMV darf der Gehalt an unerwünschten Stoffen in Futtermitteln die festgesetzten<br />

Höchstgehalte nicht überschreiten.<br />

67


’Schadstoffbelastung nach dem Augusthochwasser 2002 - Ergebnisse und Forschungsbedarf’<br />

Abb. 1: Cd-, Hg- und PAK-Gehalte in Grünlandböden der brandenburgischen Elbtalaue<br />

(mg/kg, 1997/99)<br />

12<br />

10<br />

8<br />

6<br />

Hintergrundwert<br />

Hinterdeich<br />

Vordeich<br />

4<br />

2<br />

0<br />

Cd<br />

Hg<br />

Wittenberge<br />

Nord<br />

PAK Cd Hg<br />

Wittenberge<br />

Süd<br />

PAK<br />

Abb. 2: PCDD/F - Gehalte ausgewählter Standorte (Tiefenstufe 0-10 cm)<br />

1200<br />

1000<br />

ng I-TE/kg mT<br />

800<br />

600<br />

400<br />

Quitzöbel<br />

Wootz<br />

Gandow<br />

200<br />

0<br />

ufernah<br />

uferfern<br />

ufernah<br />

uferfern<br />

ufernah<br />

uferfern<br />

Gemäß EG-Richtlinie 2002/32 über unerwünschte Stoffe in der Tierernährung ist eine Verdünnung<br />

von Futtermitteln, die einen Höchstgehalt für unerwünschten Stoffe überschreiten, nicht<br />

mehr zulässig. Ein signifikanter Schadstoffeintrag der im Rahmen des Minimalprogramms nach<br />

dem Sommerhochwasser 2002 untersuchten Parameter (Pd, Cd, Cr, Cu, Ni, Zn, As und HCH)<br />

war nicht nachweisbar.<br />

68


<strong>Tagungsband</strong> Statusseminar des BMBF-Ad-hoc-Verbundprojektes in Freiberg, 27.-29.08.2003<br />

Tab. 3: Überschreitungen der Maßnahmenwerte Grünland nach Anhang 2 BBodSchV<br />

(Angaben in % der Maßnahmenwerte) (LUA/ LfL 2000)<br />

Ort As Cu Schaf Hg<br />

Borschütz - - 115<br />

Altbelgern - - -<br />

Quitzöbel 100 184 965<br />

Rühstädt - - 155<br />

Wittenberge-Süd 118 - 700<br />

Wittenberge-Nord 160 118 750<br />

Gandow 190 148 835<br />

Wootz 166 152 785<br />

Tab. 4: Zuordnung von PCDD/F-Untersuchungsergebnissen aus Vordeichbereichen der<br />

brandenburgischen Elbtalaue zu Belastungsklassen (LUA / LfL 2000)<br />

Klasse (ng I-TE/kg)<br />

Anzahl und prozentualer Anteil (n=46=100%)<br />

< 5 1) 2 (4,3 %)<br />

5 – 40 2) 18 (39,1 %)<br />

> 40 3) – 100 7 (15,2 %)<br />

> 100 – 200 5 (10,9 %)<br />

> 200 – 500 9 (19,6 %)<br />

> 500 – 1000 4 (8,7 %)<br />

> 1000 1 (2,2 %)<br />

4 Schlussfolgerungen und Handlungsbedarf<br />

Aus o.g. Ergebnissen lassen sich für die untersuchten Standorte folgende Schlussfolgerungen<br />

ableiten. Bei Überschreitungen der Maßnahmenwerte der BBodSchV ist i.d.R. von schädlichen<br />

Bodenveränderungen auszugehen, die Maßnahmen zur Gefahrenabwehr erfordern. Auf landwirtschaftlich<br />

genutzten Flächen kommen gemäß § 5 Abs. 5 BBodSchV vor allem Schutz- und<br />

Beschränkungsmaßnahmen durch Anpassungen der Nutzung und Bewirtschaftung von Böden<br />

sowie Veränderungen der Bodenbeschaffenheit in Betracht. Entsprechend den Empfehlungen<br />

der Bund/Länder-AG ‚Dioxine' (1993) ist bei Überschreitung des Dioxin-Richtwerts II die<br />

Einschränkung auf bestimmte landwirtschaftliche Bodennutzungen zu prüfen.<br />

Folgende Maßnahmen kommen standort- und nutzungsbezogen in Betracht:<br />

• Ausgrenzung von Senkenarealen (Schadstoffakkumulation) und Wasserlöchern als Viehtränke<br />

• Auftrieb erst nach niederschlagsbedingter Abwaschung von Bodenpartikeln vom Aufwuchs<br />

• Auftrieb nur bei ausreichend hohem Grasaufwuchs, kein zu dichter Viehbesatz<br />

• kurze Beweidungszeiten bei nasser Witterung auf vernässten Flächen und Neuansaaten<br />

• Wiesen- statt Weidenutzung (keine bodengebundene Nutztierhaltung zur Reduktion der<br />

Bodenaufnahme)<br />

• Verringerung der Verschmutzung durch geeignete Erntetechniken<br />

• Vermarktung des Grünlandaufwuchses nur nach Nachweis der Unbedenklichkeit durch<br />

Pflanzenuntersuchungen<br />

69


’Schadstoffbelastung nach dem Augusthochwasser 2002 - Ergebnisse und Forschungsbedarf’<br />

• Einschränkung der Nutzung Cu-belasteter Flächen durch Schafe<br />

• bei PCDD/F-Belastung nur Anbau von Pflanzen mit bekanntermaßen minimalem Dioxintransfer,<br />

kein Anbau bodennah wachsender Feldfutterpflanzen<br />

• Kontrolle und ggf. Korrektur des Boden-pH-Wertes.<br />

Hinsichtlich einer landbaulichen Grünlandnutzung der untersuchten Flächen mit bodengebundener<br />

Nutztierhaltung besteht dringender Handlungsbedarf, der wie folgt zusammengefasst<br />

werden kann:<br />

• unmittelbare Umsetzung (Eigeninitiative der betroffenen Landwirte, Nutzungsempfehlungen,<br />

Vereinbarungen mit den Landwirten, Beratung, ) geeigneter Nutzungsmaßnahmen mit<br />

empfehlendem Charakter<br />

• Durchführung weiterer orientierender Bodenuntersuchungen zur flächenhaften Abgrenzung<br />

belasteter Vordeichbereiche der brandenburgischen Elbtalaue, Ausgrenzung belasteter/<br />

nicht belasteter Flächen<br />

• bei hinreichendem Verdacht einer schädlichen Bodenveränderung Durchführung von Untersuchungen<br />

des Wirkungspfades Boden - Pflanze/Tier (Aufwuchs, tierische Produkte /<br />

Lebensmittel); ggf. notwendige Anordnungen zur Gefahrenabwehr im engen Zusammenwirken<br />

der zuständigen Behörden in den betroffenen Landkreisen (Futtermittel- und<br />

Lebensmittelüberwachung, Landwirtschaft, Bodenschutz).<br />

• Umsetzung geeigneter Gefahrenabwehrmaßnahmen, auch Nutzungsanpassungen, Nutzungsbeschränkungen<br />

oder -verbote<br />

• Einrichtung von Monitoringflächen zur langfristigen Sicherstellung einer nachhaltigen<br />

Bodennutzung im Überschwemmungsbereich der brandenburgischen Elbtalaue und zur<br />

Stärkung des Verbraucherschutzes, insbesondere bei Änderungen des Überschwemmungsregimes,<br />

Deichrückverlegungen<br />

5 Quellenangaben<br />

[1] Anders, L., Dinkelberg, W. (1998): "Auswirkungen des Sommerhochwassers der oder auf Stoffgehalte<br />

überschwemmter Böden", Wasser & Boden, 50/10, Blackwell-Verlag, Berlin<br />

[2] Bund/Länder-AG `Dioxine` (1993): "2. Bericht der Bund/Länder- AG `Dioxine`" in Umweltpolitik,<br />

BMU<br />

[3] Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung (BBodSchV) (1999): BGBl. I S. 1554<br />

[4] Bundesministerium für Landwirtschaft (1989): Rundschreiben über festgelegte Höchstgehalte in Futtermitteln<br />

für die Verbindungen PCB 138, 153 und 180<br />

[5] Dinkelberg, W., Ritschel, J., Schultz-Sternberg, R. (2000): Problematik der Stoffbelastung von Überschwemmungsböden.<br />

in: Brandenburgisches Symposium zur bodenschutzbezogenen Forschung.<br />

Studien und Tagungsberichte, Band 24, S. 26-31. Hrsg.: Landesumweltamt Brandenburg<br />

[6] Futtermittelverordnung (2000): BGBl. I S. 51<br />

[7] Gesetz zum Schutz vor schädlichen Bodenveränderungen und zur Sanierung von Altlasten (BBodSchG)<br />

(1998): BGBl. I S. 502<br />

[8] Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL 1999): Untersuchungsergebnisse von Aufwuchsproben aus<br />

Elbauen, unveröffentlichter Bericht<br />

[9] Landesumweltamt Brandenburg und Landesanstalt für Landwirtschaft (LUA/LfL 1999): "Schadstoffbelastung<br />

von Böden und Aufwuchs in Überschwemmungsgebieten des unteren Odertals", unveröffentlicht<br />

70


<strong>Tagungsband</strong> Statusseminar des BMBF-Ad-hoc-Verbundprojektes in Freiberg, 27.-29.08.2003<br />

[10] Landesumweltamt Brandenburg und Landesanstalt für Landwirtschaft (LUA/LfL 2000): "Schadstoffbelastung<br />

von Böden, Aufwuchs und tierischen Produkten aus Vordeichbereichen der Elbe", unveröffentlicht<br />

[11] Landesumweltamt Brandenburg (LUA 2002): "Ergebnisbericht des Landesumweltamtes zum Bodenuntersuchungsprogramm<br />

- Hochwasser Elbe 2002", unveröffentlicht<br />

[12] Monse, M., Albert, J., Scholz, B. (1998): "Regionalisierung von Bodenschutzdaten auf Auenstandorten",<br />

FH Eberswalde im Auftrag des LUA<br />

[13] Rat des Bezirkes Schwerin (1987): Beschluss des Rates des Bezirkes von Schwerin zur Festlegung von<br />

Hochwasserschutzgebieten der Elbe und ihrer Rückstaugebiete in den Kreisen Perleberg, Ludwigslust<br />

und Hagenow (Beschluss Nr. 194/87)<br />

[14] Richtlinie 2002/32/EG (2002): Richtlinie über unerwünschte Stoffe in der Tierernährung, ABl. der EG<br />

L 140/10<br />

[15] Ritschel, J., Tessmann, J., Behrend, R. (2001): "Schadstoffbelastung von Böden und Aufwuchs aus<br />

Vordeichbereichen der Elbe und Havel", Berichte aus der Arbeit, Landesumweltamt Brandenburg<br />

[16] Ritschel, J.; Dinkelberg, W. (2003): Die Belastung von Elbauenböden - eine Hochwasserfolge. Beiträge<br />

für Forstwirtschaft und Landschaftsökologie, Heft 3/2003. Deutscher Landwirtschaftsverlag GmbH,<br />

Berlin. (im Druck)<br />

Aktivitäten des BMU im Hochwasserbereich<br />

Corinna Hornemann<br />

Umweltbundesamt Berlin, Bismarckplatz 1, 14193 Berlin, Tel 030/8903-2019, Fax 030/8903-2965,<br />

Corinna.Hornemann@uba.de<br />

1 Augusthochwasser 2002<br />

Vor einem Jahr ereignete sich infolge einer sogenannte V b-Wetterlage in Deutschland nach<br />

aufeinanderfolgenden regionalen Starkregenereignissen von bis zu 312 L/m² ( innerhalb von 24<br />

h in Zinnwald-Georgenfeld im Erzgebirge) ein extremes Hochwasser, bei dem 21 Menschen ihr<br />

Leben verloren. Ferner wurden erhebliche materielle Schäden verursacht. Die unmittelbaren<br />

Schäden betrugen in Deutschland 9,1 Milliarden Euro. Die statistischen Auswertungen ermittelten<br />

für die Elbe bei Dresden eine 200jährige Eintrittswahrscheinlichkeit, weiter flußab eine<br />

Eintrittswahrscheinlichkeit von unter einhundert Jahren. Für die Elbe-Zuflüsse aus dem Erzgebirge<br />

wurde eine deutlich höhere Eintrittswahrscheinlichkeit von einmal in 1000 Jahren<br />

bestimmt.<br />

Zur Kompensierung der materiellen Schäden haben Bund und Ländern im August 2002 den<br />

Fonds "Aufbauhilfe" eingerichtet, der mit einem Vermögen von 7,322 Mrd. Euro ausgestattet<br />

wurde. 222 Mio. Euro stammten dabei aus dem EU-Solidaritätsfonds.<br />

2 5-Punkte-Programm der Bundesregierung<br />

Neben den Initiativen zur Beseitigung der materiellen Schäden wurde durch das 5-Punkte-<br />

Programm der Bundesregierung "Arbeitsschritte zur Verbesserung des vorbeugenden Hochwasserschutzes"<br />

im September 2002 ein politischer Prozess zur Fortentwicklung des vorbeugenden<br />

Hochwasserschutzes eingeleitet. Die wesentlichen Punkte dieses Programms sind:<br />

1. Ein gemeinsames Hochwasserschutzprogramm von Bund und Ländern dessen wesentliche<br />

Inhalte die Forderungen mehr Raum für Flüsse, dezentraler Hochwasserrückhalt und eine<br />

gesteuerte Siedlungsentwicklung - Minimierung von Schadenspotenzialen sind.<br />

71


’Schadstoffbelastung nach dem Augusthochwasser 2002 - Ergebnisse und Forschungsbedarf’<br />

Bedeutende Maßnahmen, um den Flüssen wieder mehr Raum zu geben, sind der Schutz und<br />

die Wiederherstellung von Auen als natürliche Überschwemmungsgebiete. Die Notwendigkeit<br />

dieser Maßnahmen wird insbesondere durch die Tatsache deutlich, dass an den eingedeichten<br />

Elbeabschnitten heute nur 13,6 % der ehemaligen Auengebiete als<br />

Überflutungsfläche zur Verfügung stehen. Weitere Maßnahmen sind die Rückverlegung von<br />

Deichen und die Schaffung von steuerbaren Entlastungspoldern sowie die Anpassung der<br />

landwirtschaftlichen Nutzung.<br />

Die Forderung "Hochwasser dezentral zurückhalten" zielt auf das gesamte Einzugsgebiet,<br />

insbesondere auch das der Quell- und Nebenflüsse. Auch an kleineren Flüssen ist der<br />

Schutz und die Wiederherstellung von Auenwälder notwendig. Weitere Maßnahmen betreffen<br />

den Wasserrückhalt in Siedlungsgebieten, z.B. durch dezentrale Versickerung von<br />

Regenwasser, die Verbesserung der Versickerungsfähigkeit des Bodens durch Entsieglungen<br />

und die Reduzierung der Flächeninanspruchnahme.<br />

Zur Minderung von Schadenspotentialen ist die Steuerung der Siedlungsentwicklung notwendig.<br />

Erforderlich hierfür ist die Festsetzung von Überschwemmungsgebieten und die<br />

Verhinderung der Ausweisung von neuen Wohn- und Gewerbegebieten in diesen Bereichen.<br />

Für bereits bebaute Flächen sind Konzepte zu entwickeln, wie das Schadenspotenzial durch<br />

einen verbesserten Schutz, z.B. bei der Lagerung von Gefahrstoffen, minimiert werden<br />

kann.<br />

2. Flüsse kennen keine Grenzen: Maßnahmen des vorbeugenden Hochwasserschutzes sollen<br />

einzugsgebietsbezogen über Staaten- und Ländergrenzen hinweg entwickelt und vorangebracht<br />

werden. Die Erstellung von länderübergreifenden Aktionsplänen ist erforderlich.<br />

3. Die Europäische Zusammenarbeit soll unterstützt werden. Sowohl die Entwicklung von<br />

länderübergreifenden Aktionsplänen als auch die Verstärkung der europäischen Zusammenarbeit<br />

tragen zur Solidarität zwischen den Ober- und Unterliegern bei.<br />

4. Der Ausbau von Gewässern beinhaltet meist eine Begradigung und Vertiefung des Flusslaufs,<br />

die ein beschleunigtes Abflussverhalten hervorrufen. Eine Beschleunigung der Hochwasserwelle<br />

wirkt sich durch steilere und höhere Hochwasserscheitel ungünstig auf den<br />

Verlauf von Hochwasserereignissen aus. Darüber hinaus besitzt die Hochwasserwelle durch<br />

den erhöhten Energiegehalt ein höheres Zerstörungspotential. Auf Grund dessen sieht das<br />

5-Punkte-Programm die Überprüfung des Flussausbaus und die umweltfreundliche Entwicklung<br />

der Schifffahrt vor.<br />

5. Der fünfte Punkt beinhaltet Sofortmaßnahmen zum Hochwasserschutz, wie bspw. die<br />

Bereitstellung von Finanzmitteln, den beschleunigten Ausbau der Koordinierungsstelle für<br />

großflächige Gefährdungslagen, hier insbesondere das Deutsche Notfallvorsorge-Informationssystem<br />

(deNIS), die Unterstützung der bürgerlichen Selbsthilfe durch Herausgabe von<br />

Informationsschriften etc.<br />

3 Hochwasser-Artikelgesetz<br />

Zur Umsetzung des 5-Punkte-Programms der Bundesregierung befindet sich momentan ein<br />

"Gesetz zur Verbesserung des vorbeugenden Hochwasserschutzes" in Vorbereitung. Es handelt<br />

sich dabei um ein Artikelgesetz, das die Änderung mehrerer bestehender Gesetze beabsichtigt.<br />

Der Gesetzentwurf wurde von Bundesminister Jürgen Trittin am 07.08.2003 zur Diskussion<br />

gestellt.<br />

Der vorliegende Entwurf sieht insbesondere Änderungen im Wasserhaushaltsgesetz vor. Es ist<br />

die bundeseinheitliche Festsetzung von Überschwemmungsgebieten geplant. Dabei ist mindestens<br />

ein Bemessungshochwasser HQ 100 vorgesehen, d.h. es werden alle die Flächen einbezogen,<br />

72


<strong>Tagungsband</strong> Statusseminar des BMBF-Ad-hoc-Verbundprojektes in Freiberg, 27.-29.08.2003<br />

die bei einem 100-jährlichen Hochwasser überflutet werden. Für Überschwemmungsgebiete<br />

sind weitergehende Regelungen, wie das Verbot der Ausweisung neuer Baugebiete oder Regelungen<br />

zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen unter die bspw. auch Ölheizungen fallen,<br />

vorgesehen. Des weiteren sind Regelungen zur Einschränkung des Ackerbaus in Überschwemmungsgebieten<br />

beabsichtigt, um die diffusen Stoffeinträge in die Gewässer infolge eines Hochwasserereignisses<br />

zu vermindern.<br />

Als neue Kategorie sollen die überschwemmungsgefährdeten Gebiete eingeführt werden. Dabei<br />

handelt es sich um Flächen, die bei Überschreitung des Bemessungshochwassers HQ 100 überflutet<br />

werden oder beim Versagen von Hochwasserschutzeinrichtung, also bei z.B. Deichbrüchen,<br />

von Überschwemmungen betroffen sind. Diese Gebiete sollen gekennzeichnet und mit<br />

besonderen Vorsorgemaßnahmen gesichert werden.<br />

Darüber hinaus wird die Aufstellung von Hochwasserschutzplänen gefordert. Hochwasserschutzpläne<br />

sollen die Gefahren, die von einem 200-jährlichen Hochwasser ausgehen, minimieren.<br />

Dabei sollen insbesondere Maßnahmen, wie der Erhalt oder die Rückgewinnung von<br />

Retentionsflächen, die Rückverlegung von Deichen, die Wiederherstellung von Auen sowie der<br />

Regenwasserrückhalt berücksichtigt werden. Damit die geplanten Maßnahmen dem Solidarprinzip<br />

zwischen Ober- unter Unterliegern entsprechen, ist eine länder- und auch staatenübergreifende<br />

Abstimmung innerhalb der Flussgebietseinheiten vorgesehen.<br />

Mit dem Artikelgesetz für einen vorbeugenden Hochwasserschutz werden weiterhin Änderungen<br />

des Baugesetzbuches und des Raumordnungsgesetzes vorgesehen. Hier ist vorgesehen,<br />

Überschwemmungsgebiete und überschwemmungsgefährdete Gebiete in Flächennutzungsplänen<br />

und Bebauungsplänen zu vermerken.<br />

Im Bundeswasserstraßengesetz wird die Forderung verankert, dass Aus- und Neubaumaßnahmen<br />

so durchgeführt werden sollen, dass negative Auswirkungen auf den Hochwasserschutz<br />

vermieden werden.<br />

Weitere Gesetze, die durch das geplante Artikelgesetz berührt werden, sind "Das Gesetz über<br />

den Deutschen Wetterdienst" und "Das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung".<br />

4 Hochwasseraktionsplan für die Elbe<br />

Bereits im Oktober 1997 wurde auf der 10. Tagung der Internationalen Kommission zum<br />

Schutz der Elbe (IKSE) eine Unterarbeitsgruppe "Hochwasserschutz" eingesetzt. Diese erstellte<br />

bis zum Oktober 1998 ein Strategiepapier zum Hochwasserschutz im Elbeeinzugsgebiet. In den<br />

Jahren 1999 und 2000 folgte die Erarbeitung einer "Bestandsaufnahme des vorhandenen Hochwasserschutzniveaus<br />

im Einzugsgebiet der Elbe". Auf der Grundlage dieser Dokumente sowie<br />

den Erfahrungen des Augusthochwassers 2002 soll der IKSE voraussichtlich im Oktober 2003<br />

der Entwurf für einen "Aktionsplan Hochwasserschutz Elbe" vorgelegt werden.<br />

Die Hauptpunkte des Entwurfs des "Hochwasseraktionsplanes für die Elbe" sind:<br />

• Die Erarbeitung von Grundsätzen zur Erhöhung der Retentionswirkung der Einzugsgebietsfläche<br />

unter Berücksichtigung von landwirtschaftlichen, forstwirtschaftlichen, infrastrukturellen<br />

und wasserwirtschaftlichen Maßnahmen sowie zur Abgrenzung, Festsetzung und<br />

Nutzung von Überschwemmungsgebieten und überschwemmungsgefährdeten Bereichen.<br />

• Bearbeitung von Studien zur Ermittlung von Hochwasserrisiken und Hochwasserschäden,<br />

zur Reaktivierung ehemaliger Überschwemmungsflächen sowie zur Beurteilung der Wirkung<br />

großer Talsperren auf den Hochwasserverlauf in der Elbe. Das Zeitziel für die Fertigstellung<br />

dieser Studien wird voraussichtlich 2005 sein.<br />

73


’Schadstoffbelastung nach dem Augusthochwasser 2002 - Ergebnisse und Forschungsbedarf’<br />

• Im Bereich des technischen Hochwasserschutzes ist einerseits die Beseitigung von<br />

Schwachstellen an den Elbdeichen sowie den Nebenflüssen in Deutschland geplant. Anderseits<br />

ist auf dem Gebiet der Tschechischen Republik die Durchführung weiterer technischer<br />

Maßnahmen zum Schutz besonders gefährdeter Gebiete vorgesehen.<br />

• Weiterhin ist der Aufbau eines gemeinsamen internationalen Hochwasservorhersagesystems<br />

geplant. Mit diesem Punkt einher gehend sind notwendige Modernisierungen der technischen<br />

Ausrüstungen von Hochwasserpegeln vorzunehmen.<br />

• Handlungsempfehlungen sollen insbesondere für Anlagen mit wassergefährdenden Stoffen<br />

in überschwemmungsgefährdeten Bereichen sowie zur Verbesserung der Hochwasserabwehr<br />

und der Eigenvorsorge erarbeitet werden. Darüber hinaus ist die verbesserte Information<br />

der Öffentlichkeit und die Stärkung des Hochwasserbewusstseins vorgesehen.<br />

Schwebstoff- und Schwermetalldeposition im Bitterfelder Muldestausee<br />

Frank W. Junge 1 , Karl Jendryschik 1 , Burkhard Scharf 2 , Peter Morgenstern 3 ,<br />

Hanns-Christian Treutler 3 , Wolfgang Czegka 1 , Christiane Hanisch 1 , Lutz Zerling 1<br />

1 Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig, Arbeitsstelle Schadstoffdynamik in<br />

Einzugsgebieten, Karl-Tauchnitz-Straße 1, 04107 Leipzig, Tel. 0341/7115318, Fax 0341/7115344<br />

junge@saw-leipzig.de<br />

Umweltforschungszentrum Leipzig-Halle GmbH<br />

2 Sektion Gewässerforschung, Brückstraße 3a, 39114 Magdeburg<br />

3 Sektion Analytik, Permoserstraße 15, 04303 Leipzig<br />

1 Einleitung<br />

Seit 1975 wird die Mulde, einer der am stärksten schadstoffbelasteten Nebenflüsse der Elbe,<br />

durch das Restloch des ehemaligen Braunkohlentagebaues Muldenstein geleitet. Langjährige<br />

Untersuchungen zur Hydrodynamik, zum Sedimentationsgeschehen und zur Schwermetallbilanz<br />

weisen den dadurch entstandenen Bitterfelder Muldestausee (Fläche: 6,1 km², Volumen:<br />

118 Mio. m³; Einzugsgebiet: 6170 km²) als bedeutsame Sediment- und Schadstoffsenke für das<br />

Gebiet der unteren Mulde und Elbe aus (ZERLING et al. 2001). Da die dem Muldestausee zugelieferten<br />

Schwebstoff- und Schadstofffrachten in extremer Weise von der Wasserführung<br />

abhängig sind, kommt der Untersuchung des Zusammenhanges zwischen Hochwasserereignis<br />

und Depositionsrate eine zentrale Bedeutung zu. Die Fracht eines einziges Hochwasserereignisses,<br />

kann diejenige einer mehrmonatigen Niedrigwasserperiode mehrfach übersteigen<br />

(JENDRYSCHIK 2003),<br />

Für die Einschätzung der Auswirkungen des August-2002-Hochwassers auf das Sedimentationsgeschehen<br />

im Bitterfelder Muldestausee wurden a) Sedimentuntersuchungen, b) Schwebstoffmessungen,<br />

c) Messungen zum Oberflächenrelief und d) Untersuchungen am<br />

Wasserkörper durchgeführt. Dadurch waren insbesondere Aussagen zu den Veränderungen der<br />

Schwebstoff- und Sedimentqualität und zur Wirksamkeit des Bitterfelder Muldestausees als<br />

Sedimentfalle bei Extremhochwässern möglich.<br />

2 Sedimentuntersuchungen<br />

Sowohl im April 2002 als auch im September 2002 wurden insgesamt acht Sedimentkerne aus<br />

dem Friedersdorfer Becken und aus dem Hauptbecken des Muldestausees entnommen. Kurzkerne<br />

wurden mittels des Mondseecorers insbesondere für die ungestörte Erfassung der<br />

74


<strong>Tagungsband</strong> Statusseminar des BMBF-Ad-hoc-Verbundprojektes in Freiberg, 27.-29.08.2003<br />

Sedimentkern Bitterfelder Muldestausee (MUL1HW)<br />

18.9.2002, Friedersdorfer Becken (45 25 600 E, 57 24 660 N), Wassertiefe 20 m<br />

Probenverteilung<br />

Durchfluss Q >300 m³/s<br />

Radioaktivität (Bq/kg)<br />

P 2 O 5 (%)<br />

Metallgehalte (mg/kg)<br />

Dünnschliffning<br />

Scree-<br />

Detail<br />

300 500 700 900<br />

0 200 400<br />

0 1 2 3<br />

0<br />

1 2 3 x10³<br />

0 200 400<br />

1<br />

8/2002<br />

1/2002<br />

Deichbruch:<br />

14.8.2002,<br />

15.00 Uhr<br />

U-238<br />

Cs-137<br />

Cd<br />

Sn<br />

2<br />

3/2000<br />

3<br />

4<br />

11/98 + 3/99<br />

3/1998<br />

As<br />

Pb<br />

Zn<br />

Cu<br />

5<br />

7/1996<br />

6<br />

9/1995<br />

7<br />

4-6/1995<br />

8<br />

9<br />

3+4/1994<br />

12/1988<br />

Politische<br />

Wende<br />

10<br />

3-4/1988<br />

11<br />

12<br />

1-4/1987<br />

6/1986<br />

Tschernobyl<br />

26.04.1986<br />

13<br />

1/1986<br />

0 40 80<br />

0 250 500 750<br />

0 100 200<br />

P & C by El Zett<br />

Abb. 1: Beschreibung eines Sedimentkernes aus dem Bitterfelder Muldestausee nach<br />

dem August-2002-Hochwasser<br />

Aufbau des 39 cm langen Kernes, zeitliche Einordnung und Verteilung ausgewählter<br />

Radionuklide ( 238 U,<br />

137 Cs), P 2 O 5 als Indikator der organischen Belastung und Gehalte<br />

ausgewählter Elemente und Schwermetalle<br />

(Die Elementgehalte wurden mittels RFA an der Gesamtfraktion bestimmt. In den rechten beiden<br />

Kolumnen sind die oberen Skalen gültig für Zn bzw. Cu; die unteren Skalen für As, Pb bzw. Cd, Sn.)<br />

jüngsten Seeablagerungen gewonnen. Zudem wurden mit den von einer Schwimmplattform<br />

abgeteuften Kernbohrungen die im Muldestausee seit Flutungsbeginn 1975 in den beiden Teilbecken<br />

abgesetzten Seesedimente durchteuft und in ihrer Mächtigkeit erfasst. Die Kerne<br />

wurden im Labor für die geochemischen Untersuchungen (RFA, AAS) einerseits in größere<br />

Teilbereiche umfassende Screeningproben und andererseits in hochaufgelöste, häufig einzelne<br />

Lagen beinhaltende Detailproben zerlegt.<br />

Die seit 1975 mit der Flutung im ehemaligen Tagebaurestloch abgesetzten rezenten Seesedimente<br />

bestehen makroskopisch aus einer cm-Wechsellagerung (Lamination) von dunklen,<br />

schwärzlich-grauen bis schwarzen, organikreichen Lagen (sommerliche, biogen gesteuerte<br />

Seesedimentbildung) und von hellen, gelb bis gelblichgrauen Lagen mit höheren klastischen<br />

Anteilen (Hochwasserlagen).<br />

Konnektierungen mit Durchflußdaten der Mulde seit 1975 geben die Möglichkeit, die in den<br />

Kernen auftretenden Ereignislagen konkreten Hochwässern der Mulde mit einem Durchfluss<br />

größer 300 m³/s zu zuordnen. Darüber hinaus bilden markante Zeitmarken:<br />

• das durch den Tschernobyl-Fallout (26.4.1986) hervorgerufene und in den Kernen nachgewiesene<br />

eng begrenzte 137 Cs-Aktivitätsmaximum,<br />

75


’Schadstoffbelastung nach dem Augusthochwasser 2002 - Ergebnisse und Forschungsbedarf’<br />

• der seit der politischen Wende (1989-90) einsetzende deutliche Rückgang in der organischen<br />

Belastung (Phosphor) und<br />

• der mit der Schließung der berg- und hüttenmännischen Industrie im Muldeeinzugsgebiet<br />

ebenfalls einhergehende Trend abnehmender Element- und Isotopenkonzentrationen (u.a.<br />

Zn, Cd, Pb, Cu, As 238 U; Abb. 1).<br />

Im Vergleich zu den seit 1975 beobachteten Hochwasserereignissen erbrachte der Sedimenteintrag<br />

der Mulde während des August 2002-Hochwassers an den Bohrpunkten, einen um das<br />

5-fache höheren Sedimentauftrag an Feinstmaterial auf die Seebodenoberfläche. Dabei werden<br />

Ereignisse im Hochwasserablauf im Aufbau des jüngsten Sedimentes widergespiegelt (z.B.<br />

abrupte Korngrößenwechsel in Folge der Deichbrüche zur Goitsche). Mit dem Sedimentauftrag<br />

ist eine deutliche, offenbar aus abgeschwemmten Haldenmaterial verursachte Erhöhung der<br />

Gehalte an den Elementen Sn, As und Pb im Oberflächensediment nachweisbar. Hingegen<br />

fügen sich die Gehalte der Elemente Zn, Cd, Cr, Ni und Cu des Hochwassersedimentes in den<br />

seit den neunziger Jahren allgemein beobachteten Trend einer Verbesserung der Sedimentqualität<br />

ein (Tab. 1).<br />

Tabelle 1: Mittlere Elementgehalte im Sediment des Bitterfelder Muldestausees in<br />

Abhängigkeit vom Depositionszeitraum<br />

As<br />

ppm<br />

Pb<br />

ppm<br />

Sn<br />

ppm<br />

Zn<br />

ppm<br />

Cd<br />

ppm<br />

Cr<br />

ppm<br />

Ni<br />

ppm<br />

Cu<br />

ppm<br />

August-2002- 251 537 64 1225 21 111 76 160<br />

Hochwasserlage<br />

“Postwendezeit” 171 294 44 1676 34 120 89 170<br />

“Vorwendezeit” 283 340 46 2153 94 216 118 321<br />

“Untergrund” 16 38 7 110 4 83 32 27<br />

Gesamtoberflächensediment<br />

219 320 k.A. 2570 78 180 119 292<br />

a)<br />

1991<br />

Anreicherungsfaktor in August2002-Hochwasserlage gegenüber Zeitabschnitten:<br />

”Postwende” 1,5 1,8 1,4 0,7 0,6 0,9 0,9 0,9<br />

”Vorwende” 0,9 1,6 1,4 0,6 0,2 0,5 0,6 0,5<br />

Angegeben sind die Medianwerte der an der Gesamtfraktion mittels RFA ermittelten Elementgehalte.<br />

Die Gehalte der Zeitabschnitte „Postwendezeit“ und „Vorwendezeit“ erfolgte auf der Basis der zeitlichen<br />

Zuordnung der Sedimentkernabschnitte. Den „Untergrund“ bilden die das Seesediment unterlagernden<br />

tertiären Schichten (ehemalige Tagebauoberfläche). a) nach BORN (1996); k.A. .= keine Angaben.<br />

3 Schwebstoffmessungen<br />

Im Hochwasserzeitraum vom 13.8.2002 bis 21.08.2002 wurden 27 zeitlich fixierte Schwebstoffproben<br />

aus der Mulde an ihrem Eintritt in den Bitterfelder Muldestausee (Zufluss) bei<br />

Pouch entnommen. Der Austritt der Mulde aus dem Bitterfelder Muldestausee bei Friedersdorf<br />

(Ablauf) wurde während dieses Zeitraumes mit 13 Stichproben belegt.<br />

Das August-Hochwasser wird am Zufluss zum Muldestausee durch ein ausgeprägtes, mindestens<br />

71 Stunden anhaltendes und stark differenziertes Maximum in den Schwebstoffgehalten<br />

der Mulde ausgewiesen, das spätestens am 13.8.2002 11.45 Uhr einsetzt und bis maximal zum<br />

16.8.2002 12.45 Uhr anhält. Die Schwebstoffgehalte schwanken zwischen 263 und 831 mg/l,<br />

76


<strong>Tagungsband</strong> Statusseminar des BMBF-Ad-hoc-Verbundprojektes in Freiberg, 27.-29.08.2003<br />

wobei mit den Stichproben fünf Schwebstoffpeaks erfasst werden konnten, die durch Maximalgehalte<br />

ausgewiesen (504 bis 831 mg/l) und durch Abschnitte deutlich geringerer Schwebstoffführung<br />

(263 bis 487 mg/l) voneinander getrennt sind. Das Niveau hoher Schwebstoffführung<br />

der Mulde am Zufluss wird deutlich vor dem Auftreten des höchsten Wasserstandes bzw.<br />

Durchflusses und des damit einhergehenden Leitfähigkeitminimums (bis 210 S/cm) erreicht.<br />

Der höchste Wasserstand am Pegel Bad Düben trat am 14.8.2002 um 10.00 Uhr auf, unter<br />

Berücksichtigung einer ca. 4,5-stündigen Verschiebung auf Grund der Laufzeit der Hochwasserwelle<br />

bis zum Muldestausee, war der höchste Durchfluss am Zufluss am 14.8.2002 zwischen<br />

5 und 6 Uhr erreicht. Damit eilte der Beginn des Schwebstoffmaximums am Zufluss dem<br />

Durchflussmaximum um ca. 18 Stunden voraus. Am 14.8.2002 um 19.35 Uhr erreicht das<br />

Schwebstoffmaximum mit einer gemessenen Schwebstoffmenge von 262 mg/l den Ablauf,<br />

wobei hier das Niveau hoher Schwebstoffführung (>192 mg/l) ca. 24 Stunden (14.8. 2002 bis<br />

15.8.2002) aufrecht erhalten blieb.<br />

Aus den Schwebstoffmessungen abgeleitete erste Abschätzungen zur Menge der während des<br />

Hochwassers im Staubereich sedimentierten Schwebstoffe zeigen, dass ca. 70 % der Zuflussfracht<br />

an Feinstschweb im Bitterfelder Muldestausee zur Ablagerung gelangte. Die berechnete<br />

Gesamtzuflussfracht beträgt dabei ca. 85527 t, wobei ihre Berechnung allerdings in der Hochwasserspitze<br />

mit geschätzten Durchflusswerten erfolgen musste und dadurch als Minimalfracht<br />

anzusehen ist. Aber schon diese zeigt, dass das August-2002-Hochwasser, im Vergleich zu den<br />

am Zufluss zum Muldestausee berechneten Schwebstofffrachten der Jahre 1991 bis 2001<br />

(JENDRYSCHIK 2003), eine Sonderstellung einnimmt und nur in Hinblick auf seine Sedimentfracht<br />

vom März-Hochwasser 2000 übertroffen wird.<br />

4 Oberflächenrelief- und Wasserkörperuntersuchungen<br />

Die Verweildauer der Suspensionsfracht der Mulde im Wasserkörper des Muldestausees und<br />

damit die Menge der am Seegrund abgesetzten Feinstsedimente ist abhängig von den im Flussstausee<br />

herrschenden Strömungsverhältnissen. Um den Einfluss von Extremhochwässern auf<br />

die Wasserzirkulation zu bewerten, wurden während des Hochwasserereignisses (16.08.2002)<br />

und nach Einstellung normaler Durchflußverhältnisse (18.09.2002), Tiefenprofile der Parameter<br />

Temperatur, Leitfähigkeit, Sauerstoffsättigung und Trübung des Seewasserkörpers<br />

aufgenommen.<br />

Im Sommerhalbjahr ist der Wasserkörper des Muldestausees mit der Ausbildung eines Epi-,<br />

Meta- und Hypolimnions stabil geschichtet. Die beobachtete Dreigliederung äußert sich in einer<br />

signifikanten Abnahme von Temperatur, Sauerstoffsättigung, pH-Wert und Leitfähigkeit mit<br />

der Tiefe. Mit den im Jahresverlauf sinkenden Temperaturen, die eine raschere Abkühlung der<br />

Mulde im Vergleich zum großen Seewasserkörper mit seiner weit höheren Wärmekapazität<br />

verursachen, führt die Mulde dem See kälteres Wasser zu und sinkt entsprechend der höheren<br />

Dichte in größere Seetiefen ab. Sinken die Muldewassertemperaturen unter 10 °C, gelangt das<br />

kalte Muldewasser bis auf den Grund des Sees. Dort breitet es sich über den Boden als Kaltwassersee<br />

aus und verdrängt von unten das wärmere und leichtere Seewasser an die Oberfläche und<br />

zum Ablauf. Zurück bleibt ein See mit einheitlicher Temperatur und hoher Sauerstoffsättigung.<br />

Die saisonale, häufig im Oktober-November einsetzende winterliche Zirkulationsperiode hat<br />

begonnen.<br />

Mit den während des August-2002-Hochwassers erfolgten Seemessungen wird erstmals<br />

gezeigt, daß auch bei Sommerhochwässern mit extremen Durchflüssen die Schichtung im<br />

Seewasserkörper aufgehoben und der Zustand einer vollständigen Zirkulation erreicht werden<br />

kann. Die Mulde zeigte am 16.08.2002 eine mittlere Temperatur von 18,6 °C, die allein nicht<br />

ausreichen würde, um unter normalen Verhältnissen ein Aufbrechen der Seewasserschichtung<br />

77


’Schadstoffbelastung nach dem Augusthochwasser 2002 - Ergebnisse und Forschungsbedarf’<br />

zu verursachen. Auf Grund des extremen Durchflusses und des damit einhergehenden kraftvollen<br />

Einströmens der Mulde in den Stauseebereich gelangte das Muldewasser bis in die<br />

Tiefenbereiche des Seegrundes und gab damit den Anstoß für die beginnende Durchmischung.<br />

Ausdruck dessen sind die durch die tief einströmende Mulde, im gesamten Seekörper (Hauptund<br />

Friedersdorfer Becken) beobachteten geringen vertikalen Gradienten in der Temperatur<br />

zwischen Oberflächen- und Tiefenwasser und die mit der Tiefe deutlich zunehmenden Gehalte<br />

an Sauerstoff und Schwebstoff (steigende Trübung). Unterstützt werden diese Beobachtungen<br />

durch vergleichende Echolotungen, die erste Hinweise auf hochwasserbedingte Nivellierungsprozesse<br />

des im Hauptbecken des Muldestausees von Kipprippen und Schüttkegel bestimmten<br />

Seebodenreliefs erkennen lassen. Wie die Ergebnisse der Messungen am 18.9.2002 zeigen,<br />

stellte die schon im August 2002 durch das Hochwasser initiierte vollständige Durchmischung<br />

den Beginn der saisonal bedingten winterlichen Zirkulationsperiode dar. In beiden Teilbecken<br />

des Muldestausees stellte sich 2002 nach dem August-Hochwasser keine stabile Temperaturschichtung<br />

mehr ein.<br />

5 Schlußfolgerungen<br />

Die vorliegenden Ergebnisse bestätigen den Bitterfelder Muldestausee als bedeutsame Sedimentfalle<br />

bei Extremhochwässern für das untere Mulde- und Elbegebiet. Sie dokumentieren ihn<br />

als Referenzobjekt zur Einschätzung des Potentials von Tagebaurestlöchern bei ihrer Einbeziehung<br />

in Konzepte zum vorbeugenden regionalen Hochwasserschutz.<br />

6 Literatur<br />

BORN J. (1996): Sedimentgeochemie des Muldestausees bei Bitterfeld.- Heidelberger Beitr. Umwelt-<br />

Geochemie 9: 226 S.<br />

JENDRYSCHIK K. (2003): Schwebstofffrachten der Mulde am Zufluss zum Bitterfelder Muldestausee in<br />

den Jahren von 1991 bis 2001 und die Sedimentation im See.- Jb. Sächs. Akad. d. Wiss. zu Leipzig,<br />

2001-2002: 240-249<br />

ZERLING L., MÜLLER AN., JENDRYSCHIK K., HANISCH CHR., ARNOLD A. (2001): Der Bitterfelder<br />

Muldestausee als Schadstoffsenke. Entwicklung der Schwermetallbelastung von 1992 bis 1997.- Abh.<br />

d. Sächs. Akad. d. Wiss. zu Leipzig, Math.-nat. Kl. 59, H. 4: 69 S.<br />

Vergleich der Wassergüte vor, während und nach dem Sommerhochwasser<br />

in der sachsen-anhaltinischen Elbe<br />

Petra Kasimir, Bettina Friede<br />

Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt, Reideburger Str. 47, 06116 Halle, z.Z. abgeordnet in den<br />

Landesbetrieb für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft, Tel. 0345/5704-353, Fax 0345/5704-305,<br />

kasimir@lau.mu.lsa-net.de<br />

1 Untersuchungen während des Sommerhochwassers 2002<br />

Im Land Sachsen-Anhalt wurden mit Erlass des Ministeriums für Landwirtschaft und Umwelt<br />

vom 15.08.02 die staatlichen Umweltlabore beauftragt, Sonderuntersuchungen zur Dokumentation<br />

der Beschaffenheit der Elbe und der Mulde während des Hochwassers durchzuführen.<br />

Das Sondermessprogramm (SMP) Wasser beinhaltete die Untersuchung von Einzelproben<br />

an den Messstellen Elbe/Wittenberg, Elbe/Magdeburg und Mulde/Dessau. Es umfasste den<br />

Zeitraum vom 15.08.02 bis 20.09.02. Im Rahmen des SMP schwebstoffbürtige Sedimente<br />

erfolgten Untersuchungen der an den Messstationen Elbe/Magdeburg und Mulde/Dessau<br />

78


<strong>Tagungsband</strong> Statusseminar des BMBF-Ad-hoc-Verbundprojektes in Freiberg, 27.-29.08.2003<br />

gewonnenen schwebstoffbürtigen Sedimente. Durch den Ausfall der Messstationen aufgrund<br />

des Hochwassers konnte mit der Probenahme der schwebstoffbürtigen Sedimente erst am<br />

23.08.02 (Messstation Dessau) bzw. 30.08.02 (Messstation Magdeburg) begonnen werden. Die<br />

Untersuchungen der schwebstoffbürtigen Sedimente im Rahmen des SMP wurden am 30.09.02<br />

beendet.<br />

Es wurde ein umfangreiches Parameterspektrum untersucht. Neben den allgemeinen physikalisch-chemischen<br />

Parametern wurden Schwermetalle sowie elberelevante Schadstoffe und<br />

biologische Kenngrößen bestimmt.<br />

2 Ergebnisse des SMP Wasser<br />

Mit dem Extremhochwasser im August 2002 wurden im Einzugsgebiet der Elbe Schadstoffe<br />

aus Altlasten freigesetzt, belastete fluviatile Sedimente remobilisiert sowie belastete Industrieflächen,<br />

Deponien und Bergbauhalden überflutet. Ausgelaufenes Öl aus häuslichen Tanks<br />

wurde in die Gewässer eingetragen. Zusätzlich gelangten durch den Ausfall von Kläranlagen<br />

unbehandelte kommunale und industrielle Abwässer in die Gewässer. Neben den genannten<br />

Faktoren hatten in Sachsen-Anhalt außerdem großflächige Überflutungen infolge von Deichbrüchen<br />

(insbesondere bei Pratau und Seegrehna sowie bei Heyrothsberge an der Elbeumflut)<br />

sowie Steuerungsmaßnahmen (Öffnung des Pretziener Wehres am 15.08.2002, Flutung des<br />

Havelschlauches und der Havelpolder nach Öffnen des Wehres Neuwerben am 20.08.2002)<br />

einen bedeutenden Einfluss auf die Wassergüte der Elbe.<br />

Eine wassergütewirtschaftlich bedeutsame Abweichung von den Normalverhältnissen wurde<br />

im Rahmen des SMP für die abfiltrierbaren Stoffe, den Sauerstoff, den TOC, die Schwermetalle,<br />

verschiedene organische Verbindungen und die bakteriologischen Kenngrößen festgestellt.<br />

Im Einzelnen wurden folgende Ergebnisse ermittelt:<br />

Wie bei jedem Hochwasser war für die abfiltrierbaren Stoffe ein erheblicher Anstieg zu<br />

verzeichnen. Dabei trat in der Elbe an den Messstellen Wittenberg (WB) und Magdeburg (MD)<br />

ein unterschiedlicher Verlauf auf. In Wittenberg war erwartungsgemäß mit dem Ansteigen des<br />

Hochwassers eine Zunahme der abfiltrierbaren Stoffe mit einem Maximum von 160 mg/l am<br />

18.08.02 kurz vor Erreichen des Hochwasserscheitels zu beobachten. In Magdeburg traten<br />

durch den Einfluss der Mulde, deren Hochwasserscheitel die Elbe schon am 15.08.02 erreichte,<br />

die höchsten Werte mit maximal 54,5 mg/l bereits zu Beginn des SMP auf. Auffällig waren die<br />

in Magdeburg im Vergleich zu Wittenberg deutlich niedrigeren Gehalte an abfiltrierbaren<br />

Stoffen. Diese standen offensichtlich im Zusammenhang mit Deichbrüchen und Steuerungsmaßnahmen<br />

an der Elbe auf der Fließstrecke von Wittenberg bis Magdeburg, die zu einer Ablagerung<br />

von Feststoffen auf den überfluteten Flächen führten. In der Mulde war zu Beginn des<br />

SMP am 16.08.02 der Hochwasserscheitel bereits vorüber. Aus diesem Grund ist davon auszugehen,<br />

dass mit dem durchgeführten Untersuchungsprogramm die Maximalbelastung nicht<br />

erfasst wurde. Für die abfiltrierbaren Stoffe wurden in der Mulde am 16.08.02 trotz des langsam<br />

abnehmenden Wasserstandes noch 140 mg/l gemessen. Danach gingen die Gehalte bis zum<br />

23.08.02 wieder auf Normalwerte von weniger als 10 mg/l zurück.<br />

Für den Sauerstoffgehalt war in der Mittleren Elbe im Land Sachsen-Anhalt zeitweise eine<br />

angespannte Situation zu verzeichnen. Die minimalen Sauerstoffgehalte lagen bei 4,5 mg/l am<br />

21.08.02 in Magdeburg und bei 5,3 mg/l am 23.08.02 in Wittenberg und damit deutlich unter<br />

dem Minimalwert des Jahres 2001 von 8,2 mg/l. Dies war bedingt durch den Ausfall von Kläranlagen,<br />

den Eintrag organischer Schadstoffe von überfluteten Flächen, Zersetzungs- und<br />

Abbauprozesse in den überfluteten Bereichen, Nitrifikationsprozesse und einen starken Rückgang<br />

der Algenkonzentration (Chlorophyll-a) und damit des biogenen Sauerstoffeintrages.<br />

79


’Schadstoffbelastung nach dem Augusthochwasser 2002 - Ergebnisse und Forschungsbedarf’<br />

abfiltrierbare Stoffe [mg/l]<br />

180<br />

160<br />

140<br />

120<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

Abf. Stoffe der Elbe<br />

abf. Stoffe Mittel WB 2001<br />

abf. Stoffe WB<br />

abf. Stoffe M D<br />

Wasserstand WB<br />

Wasserstand M D<br />

800<br />

700<br />

600<br />

500<br />

400<br />

300<br />

200<br />

100<br />

0<br />

W [cm]<br />

O2 [mg/l]<br />

10<br />

8<br />

6<br />

4<br />

2<br />

0<br />

Sauerstoffgehalt der Elbe<br />

O 2<br />

-Min 2001<br />

O 2<br />

Zielvorgabe<br />

WB<br />

MD<br />

Die LAWA-Zielvorgabe von 6 mg/l wurde in Wittenberg vom 21.-23.08.02 und in Magdeburg<br />

vom 16.-24.08.02 unterschritten. Dabei lag der Sauerstoffgehalt in Magdeburg ca. 1 mg/l unter<br />

dem in Wittenberg. In der fließenden Welle wurden aber keine für aquatische Lebensgemeinschaften<br />

kritischen Sauerstoffgehalte von weniger als ca. 4 mg/l gemessen. In einigen rückgestauten<br />

oder überfluteten Bereichen, z.B. NSG Crassensee, Klödener Riß und Neugraben traten<br />

jedoch Fischsterben infolge von Sauerstoffmangel auf. Die Normalwerte für den Sauerstoffgehalt<br />

wurden in der Elbe erst wieder ab Mitte September erreicht. Der Sauerstoffgehalt der Mulde<br />

war im gesamten Untersuchungszeitraum stabil. Der gemessene Minimalgehalt lag bei 6,8 mg/<br />

l. Im Zeitraum vom 16.-21.08.02 wurde der Minimalgehalt des Jahres 2001 unterschritten.<br />

Die Messergebnisse der organischen Belastung waren im Vergleich zu den Mittelwerten der<br />

letzten Jahre sowie zu den in den letzten Jahren bei Hochwässern gemessenen Werten erhöht.<br />

Dazu trugen insbesondere der Ausfall von Kläranlagen sowie die Abschwemmungen von<br />

Böden bei. In der Elbe lag die TOC-Konzentration in Wittenberg maximal beim 2,3-fachen und<br />

in Magdeburg beim 2,7-fachen der Durchschnittswerte des Jahres 2001. Selbst zum Abschluss<br />

der Untersuchungen lag der TOC in Magdeburg noch etwa beim Doppelten des Mittelwertes<br />

2001. Auffällig war der zwischen den Messstellen Wittenberg und Magdeburg zu verzeichnende<br />

Anstieg des TOC um durchschnittlich ca. 3 mg/l. Als Ursache kommen ebenfalls<br />

Einträge infolge von Abbauprozessen auf den überfluteten Flächen in Frage. Auch in der Mulde<br />

wurde für den TOC zu Beginn der Untersuchungen ein ähnliches Belastungsniveau wie in der<br />

Elbe ermittelt. Hier kam es jedoch zu einem schnelleren Rückgang der TOC-Gehalte. Ab<br />

11.09.02 wurden hier wieder Werte im Normalbereich registriert.<br />

Gleichzeitig mit dem Anstieg der organischen Belastung war in der Elbe ein Anstieg des<br />

Ammoniumgehaltes zu beobachten. In Wittenberg wurden maximal 0,63 mg NH 4 -N/l und in<br />

Magdeburg zeitverzögert 0,42 mg NH 4 -N/l erreicht. Die Jahresdurchschnittswerte 2001 von<br />

0,15 bzw. 0,17 mg NH 4 -N/l wurden um ein Mehrfaches überschritten. Durch Nitrifikationsvorgänge<br />

kam es zwischen Wittenberg und Magdeburg zu einem Rückgang des Ammoniumgehaltes<br />

bei einem gleichzeitigen erheblichen Anstieg der Nitritkonzentration. Es wurden<br />

maximale NO 2 -N-Gehalte von 0,19 mg/l (Wittenberg) und 0,24 mg/l (Magdeburg) ermittelt.<br />

Demgegenüber lagen die Maximalwerte des Jahres 2001 bei 0,07 mg/l (Wittenberg) bzw. 0,05<br />

mg/l (Magdeburg). In der Mulde wurden für Ammonium lediglich am 16./17.08.02 erhöhte<br />

Werte gemessen.<br />

Für den gesamten anorganischen Stickstoff (TIN), den Gesamtstickstoff (TN) und die Phosphorverbindungen<br />

wurden überwiegend Konzentrationen im Bereich der Normalwerte ermittelt.<br />

Es traten nur einzelne kurzzeitige Spitzenwerte auf.<br />

Für die Leitfähigkeit, die Salze und den pH-Wert wurden aufgrund der großen Verdünnung<br />

Gehalte unterhalb der Durchschnittswerte des Jahres 2001 festgestellt. Zum Abschluss des SMP<br />

wurden in der Elbe zum überwiegenden Teil die Normalwerte erreicht. In der Mulde war der<br />

80


<strong>Tagungsband</strong> Statusseminar des BMBF-Ad-hoc-Verbundprojektes in Freiberg, 27.-29.08.2003<br />

Verdünnungseffekt sehr deutlich beim Chlorid und Natrium festzustellen. Hier bestand am<br />

Ende des SMP noch eine große Differenz zu den üblichen Durchschnittswerten.<br />

In der Elbe wurden die höchsten Schwermetallbelastungen erwartungsgemäß mit dem<br />

Ansteigen der Hochwasserwelle beobachtet. Während in Wittenberg Maximalkonzentrationen<br />

überwiegend am 17.08.02 kurz vor Erreichen des Hochwasserscheitels auftraten, waren in<br />

Magdeburg durch den Einfluss der mit Schwermetallen stärker belasteten Mulde, deren Hochwasserscheitel<br />

schon am 15.08.02 die Elbe erreichte, bereits am 16.08.02 für einige Parameter<br />

Spitzenwerte zu verzeichnen. In Wittenberg war nach dem Passieren des Hochwasserscheitels<br />

für den überwiegenden Teil der Parameter ein relativ rasches Absinken der Gehalte bis in den<br />

Normalbereich zu registrieren. Demgegenüber stellte sich in Magdeburg die Belastungsentwicklung<br />

insbesondere infolge des Einflusses der Mulde wesentlich differenzierter dar.<br />

Die in den letzten Jahren bei erhöhter Wasserführung in der Elbe ermittelten Schwermetallkonzentrationen<br />

wurden beim Sommerhochwasser 2002 mit Ausnahme von Quecksilber in Magdeburg<br />

überschritten. Die maximalen Gehalte für Arsen, Chrom, Nickel und Blei in Wittenberg<br />

und für Arsen, Cadmium und Blei in Magdeburg waren mehr als doppelt so hoch wie die<br />

Vergleichswerte. Die höchsten Schwermetallbelastungen in der Mulde wurden zu Beginn des<br />

SMP beobachtet, wobei der HW-Scheitel zu diesem Zeitpunkt bereits vorüber war und die<br />

höchste Belastung somit nicht erfasst wurde. Die maximalen Gehalte des Jahres 2001 sowie die<br />

in den letzten Jahren bei erhöhter Wasserführung gemessenen Werte wurden für alle Kenngrößen<br />

überschritten. Extrem hohe Werte bis maximal 104 µg/l wurden für Blei ermittelt. Auch<br />

die gemessenen maximalen Arsen-, Kupfer- und Quecksilbergehalte waren gegenüber den<br />

Vergleichswerten sehr hoch. Für Nickel, Zink, Chrom und Cadmium betrugen die Maximalwerte<br />

weniger als das Doppelte der Vergleichswerte bei erhöhter Wasserführung. Das für<br />

Cadmium geltende Qualitätsziel wurde zu Beginn des SMP überschritten. Als Hauptursache für<br />

die Schwermetallbelastung der Mulde werden die Bergbaufolgen (Halden des Bergbaus und der<br />

Industrie, Gruben- und Sickerwässer, Deponien) im sächsischen Einzugsgebiet der Mulde<br />

gesehen.<br />

As [µg/l]<br />

18,0<br />

16,0<br />

14,0<br />

12,0<br />

10,0<br />

8,0<br />

6,0<br />

4,0<br />

2,0<br />

0,0<br />

As-Gehalt der Elbe<br />

As M AX M D 2001<br />

As WB<br />

As MD<br />

Wasserstand WB<br />

Wasserstand M D<br />

800<br />

700<br />

600<br />

500<br />

400<br />

300<br />

200<br />

100<br />

0<br />

W [cm]<br />

HCH [µg/l]<br />

0,04<br />

0,03<br />

0,02<br />

0,01<br />

0<br />

g-HCH-Gehalte der Elbe und Mulde<br />

g-HCH Elbe MD<br />

g-HCH Mulde DE<br />

g-HCH DE MAX 2001<br />

Für den überwiegenden Teil der weiteren untersuchten Kenngrößen waren keine wassergütewirtschaftlich<br />

relevanten Abweichungen vom Normalzustand festzustellen. Dazu gehörten<br />

AOX, BTEX, PCB und ein großer Teil der LHKW und Pestizide. Für Dioxine und Furane<br />

hat das Hochwasser im August 2002 zu keiner nachweisbaren höheren Belastung geführt.<br />

Auffällig waren lediglich die Pestizide g-HCH (Lindan) und Atrazin in der Elbe, α-HCH,<br />

β-HCH, Simazin und Parathion-Methyl in der Mulde sowie die PAK in Elbe und Mulde. In<br />

der Elbe in Magdeburg wurden im Zeitraum vom 16.-20.08.02 erhöhte Gehalte für γ-HCH<br />

(Lindan) mit einem Maximalwert von 0,036 µg/l ermittelt. Im gleichen Zeitraum lagen die<br />

γ-HCH-Konzentrationen in der Mulde zwischen


’Schadstoffbelastung nach dem Augusthochwasser 2002 - Ergebnisse und Forschungsbedarf’<br />

kungsbereich des Jahres 2001. Erhöht waren in der Mulde hingegen die α- und β-HCH-Gehalte,<br />

die wahrscheinlich auf Abschlämmungen von Altlasten in Sachsen zurückzuführen sind. Als<br />

weitere Quelle für HCH kommen Altlasten im Bitterfelder Raum in Frage. In der Elbe wurden<br />

in Wittenberg für Atrazin bei zwei Einzelwerten (0,150 µg/l und 0,11 µg/l) am 17.08.02 und am<br />

19.08.02 Überschreitungen des Qualitätsziels von 0,1 µg/l festgestellt. In der Mulde gab es eine<br />

Qualitätszielüberschreitung lediglich für Parathion-Methyl bei einem Einzelwert von 0,027 µg/<br />

l, deren Ursache in Altlasten im Bitterfelder Raum gesehen wird. Für Simazin wurde während<br />

des Hochwassers ein Maximalwert von 0,1 µg/l gefunden. Dieser Wert entspricht dem Qualitätsziel.<br />

Für Simazin häuften sich die Positivbefunde im Zeitraum vom 22.08.02 bis 26.08.02.<br />

Bei den PAK traten Qualitätszielüberschreitungen von Einzelwerten sowohl in der Elbe als<br />

auch in der Mulde auf.<br />

Für den Kohlenwasserstoffindex wurden in Magdeburg erhöhte Werte bis maximal 0,62 mg/l<br />

am 20./21.08.02 gemessen, die vermutlich auf ausgelaufenes Heizöl zurückzuführen waren.<br />

Infolge des Hochwassers gingen die Chlorophyll-a-Werte in der Mulde und in der Elbe sehr<br />

stark zurück (< 10 mg/m³). Mit Rückgang der Schwebstofffracht und mit sinkenden Wasserständen<br />

kam es wieder zu einem leichten Anstieg der Werte. Im September entsprachen die an<br />

den beiden Elbemessstellen ermittelten Chlorophyll-a-Werte wieder dem für diese Jahreszeit<br />

üblichen Phytoplanktonaufkommen. In der Mulde wurden bereits ab 23.08.2002 wieder für<br />

diesen Muldeabschnitt typische Werte erreicht.<br />

Zu Beginn des SMP wurden in der Elbe und in der Mulde sehr hohe Werte für die untersuchten<br />

mikrobiologischen Kenngrößen Koloniezahl, coliforme und fäkalcoliforme Keime ermittelt.<br />

Dabei wurden die Maximalwerte des Vorjahres zum überwiegenden Teil deutlich überschritten.<br />

Mit Rückgang der Wasserstände gingen auch die Keimzahlen zurück. Ab Ende August<br />

bewegten sich die ermittelten Werte für die mikrobiologischen Kenngrößen, abgesehen von<br />

vereinzelten Schwankungen an der Messstelle Wittenberg, wieder im Bereich der Vorjahreswerte.<br />

Die Untersuchungen des Makrozoobenthos im Frühsommer 2002 ergaben für die Elbe durchgängig<br />

die Güteklasse II (mäßig belastet). Auch an der Messstelle Mulde/Dessau konnte im Juni<br />

2002 wiederum die Güteklasse II bestätigt werden. Die ersten Untersuchungsergebnisse des<br />

Makrozoobenthos nach dem Hochwasserereignis zeigten keine wesentlichen Veränderungen<br />

im Vergleich zum Frühsommer 2002.<br />

3 Ergebnisse des SMP schwebstoffbürtige Sedimente<br />

Die Ergebnisse des SMP schwebstoffbürtige Sedimente sind wegen des Ausfalls der Messstationen<br />

Elbe/Magdeburg und Mulde/Dessau während des HW-Scheitels nur begrenzt aussagefähig.<br />

Mit Ausnahme von Arsen lagen die ermittelten Schwermetallkonzentrationen in der Elbe im<br />

normalen Schwankungsbereich des Jahres 2001. Für Arsen wurde die Maximalkonzentration<br />

2001 bei allen Werten überschritten. Mit einem Höchstwert von 62 mg/kg wurde ca. das<br />

Doppelte der Maximalkonzentration 2001 erreicht. In der Mulde wurden die Maximalwerte des<br />

Jahres 2001 für Blei, Chrom, Kupfer, Quecksilber und Arsen überschritten. Dabei traten die<br />

größten Überschreitungen für Quecksilber, Chrom und Blei auf. Für Zink, Nickel und Cadmium<br />

lagen alle Werte unter den Durchschnittskonzentrationen des Vorjahres. Die höchsten Gehalte<br />

wurden überwiegend zu Beginn der Untersuchungen (Probe vom 23.08-26.08.02) festgestellt.<br />

Als Quelle für die hohe Schwermetallbelastung der Mulde werden in erster Linie bergbaubedingte<br />

Altlasten im oberen Einzugsgebiet der Mulde angesehen.<br />

Für AOX lagen die Konzentrationen im Bereich der Schwankungsbreite des Jahres 2001.<br />

82


<strong>Tagungsband</strong> Statusseminar des BMBF-Ad-hoc-Verbundprojektes in Freiberg, 27.-29.08.2003<br />

Für den überwiegenden Teil der untersuchten Pestizide wurden unauffällige Konzentrationen<br />

unterhalb der Bestimmungsgrenze oder unterhalb der Mittelwerte des Jahres 2001 festgestellt.<br />

In der Elbe wurden die Maximalwerte 2001 bei den untersuchten Pestiziden nicht erreicht. In<br />

der Mulde war lediglich beta-HCH auffällig. Hier wurde für beta-HCH in der Probe vom 23.-<br />

26.08.02 ein Spitzenwert von 2,8 mg/kg ermittelt, der beim 2,9-fachen des Maximalwertes 2001<br />

lag. In den folgenden Wochenmischproben fielen die Konzentrationen wieder auf ca. 0,5 mg/<br />

kg zurück und entsprachen damit etwa den durchschnittlichen Werten des Jahres 2001. Für<br />

alpha-HCH war in der Probe vom 23.-26.08.02 eine geringfügige Überschreitung des Maximalwertes<br />

2001 festzustellen.<br />

Die für die polychlorierten Biphenyle (PCB) ermittelten Konzentrationen lagen in der Elbe<br />

fast durchgängig unterhalb der Mittelwerte 2001. In der Mulde wurden für PCB-52 und PCB-<br />

180 Einzelwerte ermittelt, die das Jahresmaximum 2001 überschritten.<br />

Die PAK-Werte waren ebenfalls zum überwiegenden Teil unauffällig. Mit Ausnahme von<br />

Naphthalin und Fluoren wurden in der Elbe Gehalte unterhalb der Mittelwerte 2001 gemessen.<br />

Für Naphthalin und Fluoren wurden die Maximalwerte 2001 eingehalten. In der Mulde wurde<br />

der Maximalwert 2001 nur für Naphthalin überschritten.<br />

Bei den zinnorganischen Verbindungen wurden in der Elbe für Tributylzinn Gehalte<br />

zwischen


’Schadstoffbelastung nach dem Augusthochwasser 2002 - Ergebnisse und Forschungsbedarf’<br />

Tab. 1: Belastung von Sedimenten mit Schwermetallen und As im Muldensystem<br />

I geo -Klasse<br />

(nach Müller 1979)<br />

4<br />

stark belastet<br />

5<br />

stark bis<br />

übermäßig<br />

belastet<br />

6<br />

übermäßig belastet<br />

7<br />

extrem belastet<br />

Freiberger Mulde Cu As, Pb, Zn, Cd<br />

Zwickauer Mulde Pb, Cu As, Zn U Cd<br />

Vereinigte Mulde U Pb As, Hg, Zn Cd<br />

Entsprechend hoch waren auch die Konzentrationen dieser Elemente im Schweb, dessen Gehalt<br />

in Abhängigkeit von der konkreten Situation zwischen 1 -10 mg/L und 10 - 50 mg/L variierte.<br />

Im Wasser überschritten die Elemente Mn (ständig) und Arsen (vereinzelt in Problembereichen)<br />

die Grenzwerte der Trinkwasserverordnung.<br />

Besondere Problemabschnitte wurden in der<br />

• Freiberger Mulde<br />

im Bereich der Bergbau- und Verhüttungsregion Freiberg für As, Cd, Pb, Zn, Cu,<br />

• Zwickauer Mulde<br />

im Bereich des Uranerzbergbaus und der Uranerzaufbereitung (Aue, Niederschlema, Hartenstein)<br />

und der Uranerzaufbereitungsanlage Crossen für die Elemente As und U sowie<br />

• Vereinigten Mulde<br />

im Bereich der Chemieregion um Bitterfeld für Hg und Zinnorganyle<br />

ermittelt.<br />

Räumliche Beziehung, Korrespondenz lagerstättentypischer Elementassoziationen und multivariate<br />

Statistik ermöglichen den Nachweis von vier vorherrschenden Einflußfaktoren:<br />

Faktor 1: anthropogen mineralisierte Abwässer aus dem kommunalen und industriellen Bereich<br />

(Cl, SO4, HCO3, K, Na, Ca, Mg, pH im Wasser)<br />

Faktor 2: Buntmetallbergbau und -verhüttung<br />

(Pb, Zn, Cd, As, Cu im Sediment; Pb, Zn, Cd, As im Wasser)<br />

Faktor 3: Urangewinnung, Nickelverhüttung, weitere gewerbliche Einleiter<br />

(U, Ni, Cr, Co, Cu im Sediment; Ni, As im Wasser)<br />

Faktor 4: Fe-, Mn-, Co-Auswaschung aus versauerten Waldgebieten<br />

(Mn, Co, Fe, As im Sediment, Mn im Wasser)<br />

Der Haupteintrag des Bergbaus erfolgte und erfolgt punktuell und diffus noch langzeitig über<br />

Abschlags- und Flutungswässer der Gruben, Wässer aus stillgelegten Stolln, aus Tailinghalden<br />

und Schlammteichen sowie aus Bergehalden und kontaminierten Flächen.<br />

Im Zeitraum vom 12. zum 13. August 2002 kam es im Erzgebirge zu einer extremen Niederschlagssituation,<br />

wobei Extremniederschlagsmengen von ca. 200 mm und mehr auftraten. Die<br />

Wasserstände und Durchflüsse an allen Fließgewässern des Muldesystems stiegen extrem<br />

schnell an. In der Freiberger und Zwickauer Mulde wurden die Scheitelwasserstände am 13.<br />

84


<strong>Tagungsband</strong> Statusseminar des BMBF-Ad-hoc-Verbundprojektes in Freiberg, 27.-29.08.2003<br />

Tab. 2: Arsen- und Schwermetallgehalte in Hochflutsedimenten (


’Schadstoffbelastung nach dem Augusthochwasser 2002 - Ergebnisse und Forschungsbedarf’<br />

Die Hochflutsedimente wurden möglichst in der Nähe der regulären Probenahmepositionen des<br />

bereits erwähnten Muldeprojektes entnommen, um einen Bezug zur damaligen Belastungssituation<br />

zu erhalten. Generell zeigt sich, daß in der Freiberger Mulde im Abschnitt Muldenhütten-<br />

Halsbrücke für die Elemente As, Zn, Pb, Cd, Sb, Tl, Sn ein extremer Eintrag erfolgte, der<br />

wegen der z.T. deutlich über den in älteren Flußsedimenten ermittelten Konzentrationen, nicht<br />

allein mit der Verlagerung belasteter Sedimente erklärt werden kann. Analysen von Sedimenten<br />

nach der Flut in diesem Abschnitt weisen z.B. für As und Pb höhere Gehalte als vor der Flut<br />

nach. Insbesondere an der Industriehalde Muldenhütten kam es zu einem erheblichen Materialabtrag.<br />

Mit zunehmender Entfernung von diesem Abschnitt verringern sich die Gehalte in den<br />

Hochflutsedimenten, um nach ca. 30 km ab Großschirma/Nossen unter die Gehalte in den<br />

entsprechenden Sedimenten zu sinken. Dagegen erreichen die Gehalte an Belastungselementen<br />

in den Hochflutsedimenten der Zwickauer Mulde in der Regel höchstens die der Flußsedimente.<br />

Hier ist es offensichtlich nur zur Verlagerung von Sediment und Zumischung von weniger<br />

belastetem Material gekommen.<br />

Aktuelle Analysen von Schweb in den Zu- und Abflußbereichen der drei Problemabschnitte<br />

belegen, wie am Beispiel des Arsens gezeigt (Tab. 3) wird, daß im Bereich Freiberg die<br />

Elemente Ag, As, Cd, Cr, Pb, Sb, Sn, Tl, U, Zn eine Konzentrationserhöhung bei Passieren<br />

dieses Abschnittes erfahren. In den beiden Abschnitten der Zwickauer Mulde ergeben sich bei<br />

erhöhten Konzentrationen auch zwischen verschiedenen Probenahmezeiten variierende<br />

Tendenzen, wobei im Abschnitt Aue/Hartenstein vorwiegend eine Konzentrationserhöhung<br />

eintritt und im Abschnitt Zwickau-Pölbitz/Glauchau die hohen Konzentrationen erhalten<br />

bleiben. Ein analoges Bild zeichnet sich für die Sedimente ab.<br />

Durch die Hochflutereignisse an der Freiberger und Zwickauer Mulde wurde nachfolgend,<br />

flussabwärts auch eine Verlagerung von Schwermetallen im Flusssystem der Vereinigten<br />

Mulde bewirkt, wobei eine langfristige, nachhaltige Veränderung der Schwermetallbelastung<br />

durch diese Überflutung nicht ausgeschlossen werden kann. Mit der derzeitigen Zustandsanalyse<br />

zur Ermittlung der Schwermetall- und Arsengehalte an der Vereinigten Mulde sollen<br />

sowohl mögliche Veränderung im Flusssystem selbst als auch Auswirkungen auf Böden im<br />

Überschwemmungsgebiet erfasst werden. Ein zeitlicher Vergleich der Arsen- und Schwermetallgehalte<br />

im Wasser für die Jahre 1992 und 2003 (jeweils Mai) ist in Tabelle 4 dargestellt. Die<br />

Quantifizierung der Spurenelementgehalte in den vor Ort filtrierten Wasserproben erfolgte mit<br />

Hilfe der ICP-MS unter Standardbedingungen (Broekaert, 2001). Eine detaillierte Abschätzung<br />

zur Spurenelementsituation für das Gebiet der Vereinigten Mulde wird nach Vorliegen über die<br />

z.Z. stattfindenden analytischen Bestimmungen von Schwebstoff, Flusssediment und Hochflutsediment<br />

durchgeführt. Die Richtigkeit der gewonnenen Ergebnisse wird durch verschiedene<br />

Maßnahmen eines analytischen Qualitätsmanagement (z.B. Ringversuche) gewährleistet.<br />

Tab. 3: Änderung des Arsengehalts in Sediment (0,45µm) und Wasser in<br />

Belastungsabschnitten von Freiberger und Zwickauer Mulde in den Jahren 1992 und 2003<br />

(Angaben in mg/kg bzw. µg/L)<br />

Gewässer / Abschnitt / Fluß km Sediment Schweb Wasser<br />

Freiberger Mulde 05/1992 01/2003 05/1992 01/2003 05/1992 01/2003<br />

Berthelsdorf / 34,3 83 113 112 268 1,5


<strong>Tagungsband</strong> Statusseminar des BMBF-Ad-hoc-Verbundprojektes in Freiberg, 27.-29.08.2003<br />

Tab. 4: Vergleich der Schwermetall- und Arsengehalte im Wasser in der Vereinigten Mulde<br />

für die Jahre 1992 und 2003<br />

Gewässer:<br />

Elementgehalte im Wasser, µg/l<br />

Vereinigte Mulde As Pb Cd U Zn<br />

Probenbezeichnung<br />

Mai Mai Mai Mai Mai Mai Mai Mai Mai Mai<br />

Ortschaft 1992/ 2003/ 1992/ 2003/ 1992/ 2003/ 1992/ 2003/ 1992/ 2003/<br />

VM 1 KÖ Kössern 5,5 7,0 1,0 1,8 2,1 0,36 11,0 4,4 81 8,3<br />

VM 2GR Grimma 6,2 8,0 n.n. 1,7 1,1 0,33 10,0 3,2 84 22<br />

VM 3.1 NW Neuweissenborn- 5,1 8,2 n.n. 4,5 2,6 0,30 10,0 3,5 60 14<br />

Pausitz<br />

VM 4 CA Canitz 5,8 7,9 2,5 2,9 1,7 0,21 11,0 3,4 78 24<br />

VM 4.1 EI Eilenburg- 5,7 11 1,4 9,4 1,3 0,30 12,0 4,5 92 40<br />

Hainichen<br />

VM 5 HO Hohenpriessnitz 4,9 8,3 n.n. 3,6 1,5 0,24


’Schadstoffbelastung nach dem Augusthochwasser 2002 - Ergebnisse und Forschungsbedarf’<br />

Schadstoff- und Flussgebietsmanagement im Muldesystem - Eine<br />

Konsequenz des Augusthochwassers 2002<br />

Arndt Knöchel<br />

Universität Hamburg, Institut für Anorganische und Angewandte Chemie, Martin-Luther-King-Platz 6,<br />

20146 Hamburg Tel 040/42838-3982, Fax 040/42838-2893, knoechel@chemie.uni-hamburg.de<br />

Die großen Flutkatastrophen der letzten Jahre an Oder, Weichsel und Elbe sind durch sogen.<br />

Genuatiefs ausgelöst worden. Diese entstehen, wenn hochliegende Kaltluft Tiefdrucksysteme<br />

nach Süden ablenkt, diese sich im überdurchschnittlich erwärmten Golf von Genua stark mit<br />

Energie und Wasserdampf aufladen, in dieser Form nach Norden wandern und sich nach<br />

entsprechender Abkühlung in den Mittelgebirgen Zentraleuropas abregnen. Klimaforscher<br />

sagen als Folge der Erwärmung der Atmosphäre eine Intensivierung und ein häufigeres<br />

Auftreten dieser an sich bekannten Sommerwetterlage voraus. Die besonders betroffenen<br />

Staaten Deutschland, Polen und Tschechien müssen sich darauf einstellen. Entsprechende dringend<br />

notwendigen Vorsorgemaßnahmen dürfen sich aber nicht nur auf die Beherrschung der zu<br />

erwartenden Hochwasserwellen konzentrieren, sondern müssen speziell im Muldesystem auch<br />

die Konsequenzen für die dort in großer Zahl vorhandenen Schadstoffquellen im Auge haben.<br />

Es ist beispielsweise nicht akzeptabel, wenn im Havelland große bereitgestellte Überflutungsflächen<br />

für die Elbe bei Flutung durch stark schadstoffhaltige Flutsedimente so geschädigt<br />

werden, dass die dauerhafte Nutzung gefährdet ist.<br />

Die notwendig gewordenen Verwertungseinschränkungen für Milch in Niedersachsen, Monate<br />

nach der Elbeflut und jüngst für Aale aus der Unterelbe verdeutlichen die Gefährdungen, sie<br />

weisen auf eine länderüberschreitende, gesamtdeutsche Verantwortung hin.<br />

Zur Abwehr und Beherrschung dieser Gefahren ist speziell für die Mulde ein Flussgebietsmanagement<br />

unter Einbeziehung und Berücksichtigung der großen Schadstoffquellen erforderlich,<br />

d.h. das hydrologische Flussmanagement muß durch ein darauf abgestimmtes Schad-stoffmanagement<br />

ergänzt werden.<br />

In Tabelle 1 sind die hauptsächlichen Schadstoffquellen im Muldesystem nach Typen zusammengefasst:<br />

Tabelle 1:<br />

Bedeutungsvolle Arten von Schadstoffquellen im Muldesystem<br />

Bergwerke<br />

Metalle, Arsen<br />

Halden Metalle, Arsen<br />

Tailings<br />

Metalle, Arsen<br />

Teiche Metalle, Arsen, Organik<br />

Deponien<br />

Metalle, Arsen, Organik<br />

Kontaminierte Grundwässer Metalle, Arsen, Organik,<br />

Industriebetriebe<br />

Metalle, Metallorganyle, Organik<br />

Kontaminierte Flächen Metalle, Arsen, Organik<br />

Nicht zuletzt als Folge derartiger, in beträchtlicher Zahl vorhandener Quellen sind die Sedimente<br />

der Mulde in hohem Maße kontaminiert, wie das in Abb. 1 dargestellte Beispiel unserer<br />

Untersuchungen von Anfang der 90 er Jahre und die Vorträge dieser Tagung zeigen..<br />

Etwa ab 1995 sind dank intensiver Förderung durch das BMBF für wichtige Quellentypen innovative<br />

Sicherungssysteme konzipiert worden, die durchweg das Ziel haben, die Quellen nach-<br />

88


Grafik :A.Klu ge<br />

<strong>Tagungsband</strong> Statusseminar des BMBF-Ad-hoc-Verbundprojektes in Freiberg, 27.-29.08.2003<br />

Dessau !<br />

Elbe<br />

Darstellung der Geoindizes<br />

E<br />

Dessau !<br />

Elbe<br />

Darstellung der Geoindizes<br />

E<br />

Raguhn<br />

!<br />

Wolfen !<br />

!<br />

Bitterfeld<br />

!<br />

Bad Düben<br />

Arsen<br />

im Flußsediment der Mulde<br />

und ihrer Nebenflüsse<br />

Raguhn<br />

!<br />

Wolfen !<br />

!<br />

Bitterfeld<br />

!<br />

Bad Düben<br />

Cadmium<br />

im Flußsediment der Mulde<br />

und ihrer Nebenflüsse<br />

!<br />

Delitzsch<br />

Mulde<br />

Herbst 1992<br />

!<br />

Delitzsch<br />

Mulde<br />

Herbst 1992<br />

Eilenburg<br />

!<br />

Eilenburg<br />

!<br />

!<br />

Wurzen<br />

!<br />

Wurzen<br />

Geoindex nach MÜLLER<br />

keine Angaben<br />

bis<br />

[mg/kg]<br />

Glauchau<br />

!<br />

Grimma<br />

!<br />

0 15<br />

1 30 Sermuth<br />

2 60<br />

3 120<br />

4 240<br />

5 480<br />

6 960<br />

7 > 60 9<br />

Zwickauer Mulde<br />

!<br />

Chemnitz<br />

Freiberger Mulde<br />

Zschopau<br />

!<br />

Chemnitz<br />

Döbeln<br />

!<br />

Nossen<br />

Freiberg!<br />

Flöha<br />

!<br />

!<br />

Dresden<br />

!<br />

Geoindex nach MÜLLER<br />

Igeo-<br />

Klasse<br />

Igeo-<br />

Klasse<br />

keine Angaben<br />

bis<br />

[mg/kg]<br />

0 0,45<br />

1 0,9<br />

2 1,8<br />

3 3,6<br />

4 7,2<br />

5 14,4<br />

6 28,8<br />

7 > 8,8 2<br />

Glauchau<br />

Zwickauer Mulde<br />

!<br />

Grimma<br />

!<br />

Sermuth<br />

!<br />

Chemnitz<br />

Freiberger Mulde<br />

Zschopau<br />

!<br />

Chemnitz<br />

Döbeln<br />

!<br />

Nossen<br />

Freiberg!<br />

Flöha<br />

!<br />

!<br />

Dresden<br />

!<br />

Flöha<br />

Flöha<br />

Zwickau !<br />

Marienberg<br />

!<br />

Zwickau!<br />

Marienberg<br />

!<br />

Schneeberg<br />

!<br />

Aue<br />

!<br />

Annaberg-Buchholz<br />

!<br />

Schneeberg<br />

!<br />

Aue<br />

!<br />

Annaberg-Buchholz<br />

!<br />

!<br />

Schwarzenberg<br />

!<br />

Schwarzenberg<br />

0<br />

5<br />

km<br />

10 15 20<br />

Johanngeorgenstadt<br />

!<br />

BMBF - Verbundprojekt:<br />

TU Bergakademie Freiberg -<br />

Institut für Mineralogie - Lehrstuhl für Geochemie<br />

Universität Hamburg<br />

Institut für Anorganische und Angewandte Chemie<br />

0<br />

5<br />

km<br />

10 15 20<br />

!<br />

Johanngeorgenstadt<br />

BMBF - Verbundprojekt:<br />

TU Bergakademie Freiberg -<br />

Institut für Mineralogie - Lehrstuhl für Geochemie<br />

Universität Hamburg<br />

Institut für Anorganische und Angewandte Chemie<br />

Abb 1: Verteilung von Cd und As im Muldesediment<br />

haltig und naturnah zu stabilisieren und ihre Schadstoffabgabe unter Normalbedingungen zu<br />

minimieren.<br />

Tabelle 2 gibt eine Übersicht über einzelne, realisierungsfähige bzw. zumindest konzeptionell<br />

abgeklärte Methoden.<br />

Tabelle 2:<br />

Methoden zur Schadstoffbeseitigung bzw.- rückhaltung<br />

Beseitigung<br />

Dekontamination<br />

Verrohrte Überführung in Klärwerke<br />

In situ Rückhaltung<br />

Wetlands<br />

Harvesting<br />

Einschluß durch reaktive Wände<br />

Ausspülung<br />

Halden; Tailings; Teiche; Deponien<br />

Tailings; Deponien; Industriebetriebe<br />

Bergwerke; Halden; Industriebetriebe<br />

Bergwerke; Tagebaurestlöcher<br />

Bergwerke; Halden; Teiche; Deponien<br />

Kontaminierte Flächen<br />

Kontaminierte Grundwässer<br />

Kontaminierte Grundwässer<br />

89


’Schadstoffbelastung nach dem Augusthochwasser 2002 - Ergebnisse und Forschungsbedarf’<br />

Was fehlt, ist<br />

1. ein abgestimmter Einsatz dieser ggfl. fortzuentwickelnden Methoden mit dem Ziel, die<br />

Kontamination der Mulde zurückzuführen und die Abgabe von Schadstoffen in die Elbe zu<br />

minimieren.<br />

2. die Verfahren so fortzuentwickeln und anzuwenden, dass eine akzeptable minimale Schadstoffabgabe<br />

auch bei Hochwassersituationen gewährleistet ist.<br />

Es ist jedenfalls nicht hinnehmbar, dass wie im August 2002<br />

• korrodierte Fässer mit reaktivem Inhalt aus einer Fassdeponie in einen gefluteten Tagebau<br />

zu stürzen drohen,<br />

• in den Alttailings die Sicherheitsmargen für die Stabilität der Dämme aufgebraucht werden,<br />

• in aufgelassene Bergwerke hochwasserführende Bäche einbrechen, die Bergwerke geflutet<br />

und große Schadstoffmengen ausgetragen werden können,<br />

• die Flutung eines Tagebaurestloches eine kontaminierte Grundwasserblase mobilisiert.<br />

Es spricht also vieles für ein nachhaltiges, Flutereignisse mit berücksichtigendes Schadstoffmanagement<br />

im Muldesystem und die Förderung entsprechender vernetzter F.u.E.- Arbeiten.<br />

Bei der Entwicklung und Durchführung eines entsprechenden Verbundprojekts sind aus meiner<br />

Sicht folgende Maßnahmenpakete zu berücksichtigen.<br />

• Erfassung und Charakterisierung bedeutender Quellen in einem Quellenkataster.<br />

• Definition sinnvoller, nachhaltiger Maßnahmen zu ihrer Beseitigung, Reduktion bzw.<br />

Sicherung.<br />

• Hydrologische Modellierung des Mulde- Flusssystems unter Berücksichtigung von Hochwasserereignissen<br />

und deren Beherrschung.<br />

• Modellierung von Transport und Ausbreitung ausgewählter Schadstoffe unter Normal- und<br />

Hochwasserbedingungen.<br />

• Entwicklung und Modellierung eines optimal abgestimmten Schadstoffrückhaltesystems<br />

für das Muldesystem unter Berücksichtigung der verfügbaren bzw. in Entwicklung befindlichen<br />

Techniken und Verfahren.<br />

• Ableitung von Gefährdungsszenarien für Hochfluten und Schadstoffausbrüche. Diese müssen<br />

auch Richtlinien für den Schutz einzusetzender Hilfskräfte enthalten.<br />

Als Vision und damit als Ergebnis eines derartigen nachhaltigen, gesamtdeutschen Maßnahmenbündels<br />

stelle ich mir ein sich selbst reinigendes, flußmäßig " atmendes" Muldesystem vor,<br />

in dem, wissenschaftlich begründet und aufeinander abgestimmt<br />

• Quellen (Altlasten) mit besonders großem Gefährdungspotential und hoher Eintrittswahrscheinlichkeit<br />

beseitigt sind,<br />

• die in den Altbergwerken mobilisierbaren Schwermetalle und Arsen in diesen nutzbringend<br />

zurückgehalten werden,<br />

• Austritte aus gesicherten Halden, Tailings und Bergwerksmundlöchern in Vorflutern gefasst<br />

und durch geeignete technische bzw. naturnahe Maßnahmen dekontaminiert werden,<br />

• stark kontaminierte Flächen durch Harvestingmaßnahmen stabilisiert sind,<br />

90


<strong>Tagungsband</strong> Statusseminar des BMBF-Ad-hoc-Verbundprojektes in Freiberg, 27.-29.08.2003<br />

• kontaminierte Grundwasserblasen ausgespült bzw. durch reaktive Wände gegen die Umgebung<br />

gesichert wurden, und last not least<br />

• durch Nutzung gefluteter Tagebaurestlöcher als Sedimentationsfallen der Austrag verbliebener<br />

Schadstoffmengen in die Elbe weitgehend verhindert wird.<br />

Ein derartiges, Hochwasserbelange und Schadstoffrückhaltung verknüpfendes Maßnahmenbündel<br />

würde neben den geplanten, ebenfalls abzustimmenden landschaftlichen Umgestaltungen<br />

als nachhaltige, gesamtdeutsche Maßnahme dazu beitragen, dem durch lang-anhaltende,<br />

z.T. rücksichtslose Industriemaßnahmen stark in Mitleidenschaft gezogenen Muldesystem<br />

seine naturgegebene landschaftliche Schönheit zurückzugeben und den darin siedelnden<br />

Menschen eine zukunftssichere Perspektive zu geben.<br />

Der innovative Wert des auf andere Regionen übertragbaren Ansatzes ist hoch, seine Realisierung<br />

ist anspruchsvoll und erfordert die Mitarbeit der Besten, denn es geht nicht nur um wissenschaftlich<br />

technische Lösungen, sondern vor dem Hintergrund der europäischen<br />

Wasserrahmenrichtlinie auch um ökologisch-ökonomisch-soziale Fortentwicklungen<br />

einschließlich der Überwindung eingefahrener Rechtsstrukturen und Denkmuster, z.B. bei<br />

Behörden.<br />

Ein Anfang soll mit einem Vorschlag für ein Verbundprojekt gemacht werden, an dem fachlich<br />

ausgewiesene Vertreter von Hochschulen, außeruniversitären Forschungs -einrichtungen und<br />

Behörden sowie Interessenten aus der Wirtschaft beteiligt sein sollen.<br />

Literatur<br />

P. Beuge, W. Klemm, A. Knöchel und Mitarbeiter: Die Schwermetallsituation im Muldesystem, Bd.1-3.<br />

Schlussbericht zu den Fördervorhaben 02 WT 9113 und 02 WT 9114, Eigenverlag der Universität<br />

Hamburg ( 1999 ). ISBN 3 - 924330 - 21 - 2<br />

P. Beuge, W. Calmano, W. Klemm, A. Knöchel und Mitarbeiter: Entwicklung geochemischer Methoden zur<br />

naturnahen Schadstoffdemobilisierung im Muldesystem. Schlussbericht zu den Fördervorhaben 02 WT<br />

9640/4, 02 WT 9641/7, 02 WT 9642/0 und 02 WT 0038<br />

91


’Schadstoffbelastung nach dem Augusthochwasser 2002 - Ergebnisse und Forschungsbedarf’<br />

Verlagerungen natürlicher Radionuklide im Muldesystem als Folge des<br />

Augusthochwassers<br />

Arndt Knöchel 1 , Rolf Michel 2 , Stephan Ritzel 2 , Carsten Wanke 2<br />

1 Universität Hamburg, Institut für Anorganische und Angewandte Chemie, Martin-Luther-King-Platz 6,<br />

20146 Hamburg Tel 040/42838-3982, Fax 040/42838-2893, knoechel@chemie.uni-hamburg.de<br />

2 Universität Hannover, Zentrum für Strahlenschutz und Radioökologie, Herrenhäuser Straße 2,<br />

30419 Hannover, Tel 0511/762-4033, Fax 0511/762-3008, michel@zsr.uni-hannover.de<br />

Ziel des Teilprojekts ist es, die durch die Flutereignisse verursachten Verlagerungen natürlicher<br />

Radionuklide im Gesamtsystem der Mulde zu erfassen und aus radiologischer Sicht zu<br />

bewerten. Dazu wurden an ausgewählten, bereits früher untersuchten Probennahmeorten im<br />

Bereich der Mulde [1] und den Verdachtsflächen des Altlastenkatasters [2] Wasser, Schwebstoffe,<br />

Sedimente und die rezenten Flutsedimente beprobt. Zusätzlich wurden Proben aus anliegenden<br />

Tailing-Becken und Halden genommen. Die messtechnische Erfassung der natürlichen<br />

Radionuklide soll soweit möglich gamma-spektrometrisch erfolgen und durch Beta- und Alphaspektrometrische<br />

Messungen ergänzt werden. Die Beurteilung der Flutfolgen wird auf der<br />

Grundlage von früher im Bereich der Mulde gemessenen Daten zum Vorkommen natürlicher<br />

Radionuklide und durch Vergleich mit den Vorkommen natürlicher Radionuklide in anderen<br />

Regionen Deutschlands erfolgen. Probennahme und Messtechnik wurden in Besprechungen<br />

mit dem Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) sowie dem Sächsischen Landesamt für Umwelt<br />

und Geologie (LfUG) abgestimmt, dabei wurden die während der Probennahmekampagne zu<br />

beprobenden Gebiete festgelegt (Vgl. Abschnitt 3).<br />

1 Vorbereitung der Probennahmekampagne<br />

Um das im Rahmen des Projekts anstehende hohe Probenaufkommen zu bewältigen, wurden<br />

zusätzliche Gammadetektoren bereitgestellt und die zugehörigen Messketten optimiert.<br />

Umfangreiche Geländeerkundungen wurden in Abstimmung mit den Kooperationspartnern und<br />

anderen Teilprojekten durchgeführt. Zur Erlernung von Probennahmetechniken und zur Erweiterung<br />

von Ortskenntnissen wurde an einer durch das TP 3.7 durchgeführten Probennahmekampagne<br />

teilgenommen.<br />

2 Durchführung der Probennahmekampagne<br />

Die Probennahmekampagne wurde im Zeitraum vom 05. Mai bis 05. Juni 2003 durchgeführt,<br />

wobei alle zuvor geplanten 220 Probennahmepunkte beprobt wurden.<br />

Ein besonderer Schwerpunkt lag auf der Verdachtsfläche Lengenfeld. Im Gebiet um den Lenkteich<br />

wurden zusätzliche Proben von verschiedenen Sedimenttypen, abgelagerten Tailingmaterialien<br />

und Bohrkerne entnommen.<br />

Bei allen Proben wurden die Sedimentproben als repräsentative Mischproben über einen Flussabschnitt<br />

entnommen, wobei nur mobile Sedimente < 2 mm im Bereich von 0-8 cm Tiefe<br />

berücksichtigt wurden. Pro Punkt wurden duchschnittlich 4000 mL wassergesättigtes Sediment<br />

entnommen. An allen Wasserproben wurden pH-Wert, Redoxpotential, Leitfähigkeit und die<br />

Gewässertemperatur gemessen, im gesamten Muldesystem zusätzlich der Sauerstoffgehalt.<br />

Zusätzlich wurde an allen Gewässern die Photonen-Äquivalentdosisleistung (ODL, Ortsdosisleistung)<br />

im Abstand von 1 m zum Sediment ermittelt. Im Gebiet um den Lenkteich, der im<br />

heutigen Zustand vollständig mit Sedimenten aus dem Dammbruchereignis der IAA von 1953<br />

verlandet ist, wurden zuätzliche ODL-Messungen durchgeführt, die dazugehörigen Messwerte<br />

sind in Abbildung 1 dargestellt.<br />

92


<strong>Tagungsband</strong> Statusseminar des BMBF-Ad-hoc-Verbundprojektes in Freiberg, 27.-29.08.2003<br />

Abbildung1: Topographische Karte des Lenkteichs mit eingezeichnenten ODL-Messwerten<br />

1000<br />

535<br />

637<br />

817<br />

530<br />

807<br />

1200<br />

880<br />

498<br />

960<br />

585<br />

622<br />

670<br />

662<br />

618<br />

844<br />

742<br />

heutiger<br />

Flussverlauf<br />

Stauwehr<br />

Ortsdosisleistung in nSv/h<br />

Eine Übersicht der gemessenen Ortsdosisleistungen im Bereich der Verdachtsflächen und an<br />

der Freiberger, Zwickauer und Vereinigten Mulde sind in Tabelle 1 dargestellt.<br />

Tabelle 1.<br />

Verteilung der ODL-Werte<br />

Verdachtsfläche 100-<br />

150<br />

nSv/h<br />

151-<br />

200<br />

nSv/h<br />

201-<br />

250<br />

nSv/h<br />

251-<br />

300<br />

nSv/h<br />

301-<br />

350<br />

nSv/h<br />

351-<br />

450<br />

nSv/h<br />

Annaberg-Buchholz 0 3 2 1 0 0 0<br />

Bärenstein 0 4 2 0 0 0 0<br />

Filzteich 0 1 2 0 0 0 0<br />

Freital 0 8 5 1 0 0 0<br />

Lengenfeld 0 6 11 4 1 2 4<br />

Marienberg 1 0 2 0 0 0 0<br />

Oberrothenbach + Zwickau 0 0 3 0 0 0 0<br />

Pobershau 0 2 1 0 0 0 0<br />

Pöhla 1 5 2 0 0 0 0<br />

Schneeberg-Aue 0 2 6 2 0 0 0<br />

Gottesberg-Schneckenstein 0 2 8 3 2 0 0<br />

Freiberger Mulde 6 5 2 0 0 0 0<br />

Zwickauer Mulde 2 10 4 0 0 0 0<br />

Vereinigte Mulde 7 11 0 0 0 0 0<br />


’Schadstoffbelastung nach dem Augusthochwasser 2002 - Ergebnisse und Forschungsbedarf’<br />

die Gebiete mit einem ODL-Wert von < 300 nSv/h unbedenklich und können dementsprechend<br />

z.B. als öffentliche Parkanlage weitergenutzt werden.<br />

3 Probenvorbereitung und Messung<br />

In Abbildung 2 ist das für die genommenen Proben anzuwendende Analysenverfahren als<br />

Fliessschema dargestellt.<br />

Aus dem zunächst bei


<strong>Tagungsband</strong> Statusseminar des BMBF-Ad-hoc-Verbundprojektes in Freiberg, 27.-29.08.2003<br />

4 Referenzen<br />

[1] Die Schwermetallsituation im Muldesystem, BMBF-Projekt 02WT9113/02WT9114, 1991-1994<br />

[2] Projekt: "Radiologische Erfassung, Untersuchung und Bewertung bergbaulicher Altlasten" (Altlastenkataster),<br />

als Generalunternehmer für dieses Projekt wurde vom BfS die Gesellschaft für Anlagen- und<br />

Reaktorsicherheit (GRS) mbH Köln eingesetzt.<br />

[3] Strahlenschutzgrundsätze für die Nutzung von durch den Uranbergbau kontaminierten Flächen zu forstund<br />

landwirtschaftlichen Zwecken sowie als Grünanlage (Parkanlage) und Wohngebiet, Empfehlungen<br />

der Strahlenschutzkommiss, Bundesanzeiger Nr. 227 vom 07. Dezember 1991<br />

Analytische Qualitätssicherung - auch in der Forschung ein Thema?<br />

Corinna Kowalik, Jürgen W. Einax<br />

Friedrich-Schiller-Universität, Institut für Anorganische und Analytische Chemie, Lehrbereich<br />

Umweltanalytik, Lessingstraße 8, 07743 Jena, Tel. 03641/948194, Fax 03641/948172,<br />

corinna.kowalik@uni-jena.de<br />

1 Grundlagen<br />

Qualitätssichernde und qualitätsgesicherte Anwendungen von Prüfverfahren und die damit<br />

verbundene Sicherstellung der Richtigkeit von Prüfergebnissen sind Themen, die in letzter Zeit<br />

zunehmend an Bedeutung gewonnen haben.<br />

Eine Vielzahl von Entscheidungen basieren auf Ergebnissen quantitativer Analysen. Werden<br />

Entscheidungen auf der Grundlage dieser Resultate getroffen ist es wichtig, Aussagen über die<br />

Qualität der Ergebnisse zu erhalten, d.h. ihre Verlässlichkeit zu quantifizieren. Diese Angaben<br />

sind von hoher Wichtigkeit wenn es u.a. auch darum geht, Resultate von Forschungsprojekten<br />

zu bewerten und einzuordnen. Daher ist es gerade auch im Bereich der Forschung notwendig<br />

und unabdingbar, qualitäts-sichernde Maßnahmen durchzuführen. Im Rahmen des vom BMBF<br />

geförderten Forschungsprojekts "Schadstoffuntersuchungen nach dem Hochwasser vom<br />

August 2002 - Ermittlung der Gefährdungspotenziale an Elbe und Mulde" stellt die Qualitätssicherung<br />

daher einen wichtigen Baustein dar. Eine Grundlage bildet dabei das sogenannte<br />

4-Phasen-Modell der Analytischen Qualitätssicherung [1]:<br />

Phase I - Erstellung eines neuen Analysenverfahrens<br />

Phase II - Einführung eines Analysenverfahrens in die Routineanalytik;<br />

vorbereitende Qualitätssicherung<br />

Phase III - Routine-Qualitätssicherung<br />

Phase IV - Externe analytische Qualitätssicherung<br />

Das Hauptaugenmerk liegt bei den Phasen III und IV, da im Rahmen dieses Forschungsprojekts<br />

in erster Linie bereits in die Routineanalytik eingeführte Analysenverfahren genutzt werden.<br />

Die Qualitätssicherung in der Routineanalytik beinhaltet laborinterne Qualitätskontrollen zu<br />

denen u.a. die Blindwert-Überwachung oder das Führen von Mittelwert-Regelkarten zählen.<br />

Eine Möglichkeit zur Über-prüfung der Vergleichbarkeit von Analysenergebnissen verschiedener<br />

Laboratorien bietet die Durchführung von Ringversuchen. Das dahinterstehende Ziel<br />

kann jedoch sehr unterschiedlich sein (Abb. 1).<br />

95


’Schadstoffbelastung nach dem Augusthochwasser 2002 - Ergebnisse und Forschungsbedarf’<br />

Verfahrensentwicklung<br />

und -normung<br />

- Entwicklung und Normung<br />

neuer Analysenverfahren<br />

- Organisation über DIN<br />

Zertifizierung von<br />

Referenzmaterialien<br />

- Definition<br />

„konventionell richtiger Wert“<br />

- Zertifikat<br />

Eignungsprüfung von<br />

Laboratorien<br />

Akkreditierung<br />

- Testung eines<br />

Analysenverfahrens<br />

staatliche<br />

Zulassung<br />

- Testung eines<br />

Referenzmaterials<br />

Notifizierung<br />

- Testung des<br />

analysierenden Labors<br />

Abb. 1<br />

Zielrichtungen von Ringversuchen<br />

Innerhalb des im Rahmen dieses Projekts durchgeführten Ringversuchs (Schwer-metalle im<br />

Sediment) erfolgten ein direkter Vergleich mit einem zertifiziertem Referenzmaterial (Flusssediment)<br />

sowie der Vergleich mit einem matrixangepassten Referenzmaterial (Überflutungssediment<br />

aus dem Elbeeinzugsgebiet).<br />

2 Herstellung des matrixangepassten Referenzmaterials<br />

In früheren Untersuchungen wurden mittels multivariat-statistischer Auswertungen u.a. die<br />

Einflüsse der Nebenflüsse (Muldensystem, Saale, Havel) auf den Be-lastungszustand der Elbe<br />

charakterisiert [2]. Die dabei identifizierten repräsentativen Elbeabschnitte sowie weitere, unter<br />

Berücksichtigung geographischer Gegeben-heiten zusätzlich ausgewählte Probennahmestellen<br />

bildeten die Grundlage für die Gewinnung des Überflutungssediment (Abb. 2).<br />

Nordsee<br />

740<br />

Cuxhaven<br />

Stade<br />

No<br />

600<br />

Bundesrepublik<br />

Deutschland<br />

t<br />

rd-Os<br />

650<br />

see Kanal<br />

700 Brunsbüttel<br />

Kiel<br />

Hamburg<br />

Geesthacht<br />

550<br />

500<br />

Schnackenburg<br />

Ostsee<br />

450<br />

400<br />

Havelberg<br />

Havel<br />

Probennahmeort<br />

Pillnitz km 43<br />

Meißen km 83<br />

Klieken km 250<br />

Aken km 275<br />

Glinde km 301<br />

Arneburg km 404<br />

Damnatz km 510<br />

Magdeburg<br />

350<br />

300<br />

Saale<br />

250<br />

Dessau<br />

Wittenberg<br />

200<br />

Vereinigte Mulde<br />

Schwarze Elster<br />

150<br />

Dresden<br />

50<br />

Staatsgrenze<br />

0<br />

Schmilka<br />

Decin<br />

Tschechische<br />

Republik<br />

Vranany<br />

Lysa nad Labem<br />

Hradec Královè<br />

Valy<br />

Abb. 2<br />

Probennahmestellen (Überflutungssediment)<br />

96


<strong>Tagungsband</strong> Statusseminar des BMBF-Ad-hoc-Verbundprojektes in Freiberg, 27.-29.08.2003<br />

Über den Zeitraum von 3 Tagen erfolgte die Probennahme aus<br />

der rezenten Sedimentschicht (0-2 cm) mittels eines Probenschöpfers<br />

(Abb. 3).<br />

Die Proben wurden bei 105°C getrocknet. Nach einer Vorsiebung<br />

auf eine Korn-größe von < 2 mm erfolgte die Vereinigung<br />

aller 7 Teilproben in adäquaten Anteilen zu einer Gesamtmischprobe.<br />

Diese Probe wurde dann auf eine Korngröße


’Schadstoffbelastung nach dem Augusthochwasser 2002 - Ergebnisse und Forschungsbedarf’<br />

Keim- und Schwermetallbelastung landwirtschaftlich und gärtnerisch<br />

genutzter Böden im Überschwemmungsbereich der Elbe<br />

Frank Krüger 1 , Karsten Grunewald 2 , Heike Petzoldt 3 , Ralph Meissner 4<br />

1 ELANA Boden Wasser Monitoring, Dorfstr. 55, 39615 Falkenberg, Tel 039386/97121, Fax 039386/97116,<br />

krueger@lysi.ufz.de<br />

2 Technische Universität Dresden, Institut für Geographie, Lehrstuhl Landschaftslehre/Geoökologie,<br />

01062 Dresden, Tel 0351/463-33260, Fax 0351/4633-7860, kg3@rcs.urz.tu-dresden.de<br />

3 DVGW-Technologiezentrum Wasser, Außenstelle Dresden, Scharfenberger Str. 152, 01139 Dresden,<br />

Tel 0351/85211-33, Fax 0351/85211-10, petzoldt@tzw-dresden.de<br />

4 <strong>UFZ</strong>-Umweltforschungszentrum Leipzig-Halle GmbH, Sektion Bodenforschung, Dorfstr. 55,<br />

39615 Falkenberg, Tel 039386/971-13, Fax 039386/971-16, meissner@lysi.ufz.de<br />

1 Einleitung<br />

Im Teilprojekt 4 des Ad-hoc-Projektes geht es u. a. um die Erfassung der Schwermetall- und<br />

Keimbelastung der Böden und der Vegetation nach dem Sommerhochwasser 2002. Die teilweise<br />

erschütternden Bilder reißender Fluten ließen enorme Sedimenteinträge mit unbekannter<br />

Belastung in die Vorländer vermuten. Dabei waren neben den alljährlich betroffenen Überschwemmungsflächen<br />

der Elbe zwischen den Deichen erstmalig auch dahinter liegende<br />

Bereiche betroffen. Eine Vielzahl von Deichbrüchen in Sachsen und Sachsen-Anhalt führten<br />

dazu, dass bisher vor Hochwasser geschützte Ländereien überschwemmt wurden. Insbesondere<br />

die Überflutung von Kläranlagen führte zu einer Verbreitung pathogener Keime in die landwirtschaftlichen<br />

Produktionsflächen. Der Verbleib und die Überlebensmöglichkeiten der Mikroorganismen<br />

sind weitgehend unbekannt.<br />

Durch die Kooperation der im Teilprojekt 4 arbeitenden Institutionen wird zur Beurteilung der<br />

Belastungssituation der Böden mit Schwermetallen und pathogenen bzw. potentiell pathogenen<br />

Keimen anhand von Indikatororganismen ein Oberbodenmonitoring entlang der gesamten tidefreien<br />

Elbe von der deutsch-tschechischen Grenze bis nach Niedersachsen durchgeführt.<br />

Da der Sediment- und Schadstoffeintrag zum einen von der Überflutungshäufigkeit abhängt,<br />

wurden die Probennahmen entlang eines Höhengradienten realisiert. Zum anderen mussten, um<br />

die Vergleichbarkeit der Analysenergebnisse zu sichern, in den unterschiedlichen Teiluntersuchungsgebieten<br />

die gleichen Reliefpositionen untersucht werden. Im Rahmen des Projektes<br />

werden erstmalig Ergebnisse vorgestellt, die entlang der gesamten tidefreien Elbe auf der gleichen<br />

Probenahmestrategie beruhen. Abbildung 1 zeigt die Lage der Teiluntersuchungsgebiete.<br />

Darüber hinaus wurden nach dem Sommerhochwasser 2002 oberflächennahe Sedimente,<br />

Hochflutsedimente auf ihre Spurenmetallgehalte untersucht sowie im Frühjahr 2003 ein Screening<br />

der Keimbelastung von Oberböden durchgeführt.<br />

2 Ergebnisse<br />

2.1 Schwermetalle<br />

Die Bereisung der Elbe zur Entnahme von oberflächennahen Sedimenten im September 2002<br />

machte deutlich, dass das Sedimentationsgeschehen entlang der Elbe sehr unterschiedlich war.<br />

Im Festgesteinsabschnitt der Elbe konnten viel stärkere Sedimentablagerungen in Flussnähe<br />

beobachtet werden als im norddeutschen Tiefland. Die während der Projektphase durchgeführten<br />

bodenkundlichen Kartierungen bestätigen z. B. im Bereich zwischen Stromkilometer<br />

130 und 170 frische Sedimentablagerungen sandiger Textur von mehreren Zentimetern Mächtigkeit<br />

in Ufernähe.<br />

98


<strong>Tagungsband</strong> Statusseminar des BMBF-Ad-hoc-Verbundprojektes in Freiberg, 27.-29.08.2003<br />

Mündung km 730<br />

Hamburg<br />

Geesthacht , km 585<br />

Gorleben, km 492<br />

Lütgenwisch , km 475<br />

Alandmündung, km 475<br />

Havelberg , km 423<br />

Tangermünde, km 390<br />

Glinde, km 301<br />

Steckby, km 285<br />

Muldemündung, km 259<br />

Wörlitz, km 240<br />

Dommitzsch, km 170<br />

Mühlberg, km 130<br />

Röderau, km 106<br />

Merschwitz , km 96<br />

Gauernitz, km 75<br />

Radebeul, km 65<br />

Dresden, km 48<br />

Pillnitz, km 42<br />

Raten, km 22<br />

Grenze, km 0<br />

Prag<br />

<strong>UFZ</strong> IfB-HH <strong>UFZ</strong> TU-Dresden<br />

Abb. 1: Lage der Untersuchungsflächen für das Oberbodenmonitoring entlang der Elbe.<br />

Für Standorte an der Mittelelbe konnten lediglich schlammige Schleier auf der Vegetation<br />

beobachtet werden.<br />

Vergleichsmessungen von Hochflutsedimenten mit den Jahren 1997-1999 belegen für die<br />

untere Mittelelbe nach dem Sommerhochwasser 2002 allerdings Sedimentationsraten, die<br />

doppelt so hoch waren, wie in den Vorjahren (Tab. 1). Dagegen ist die Quecksilberbelastung<br />

der eingetragenen Sedimente im Vergleich zu den Vorjahren an der unteren Mittelelbe gleich<br />

geblieben (vgl. Tab. 2).<br />

Tab. 1: Kenndaten des Sedimenteintrags in den Jahren 1997, 1998/1999 an Standorten der Mittelelbe<br />

Wittenberge (km 435 - 440); k. A. - keine Angaben.<br />

1997 1998/1999 2002<br />

Abfluss im Scheitel 1800 2360 3800<br />

(m 3 /s)<br />

Buhnenfeldrand; 0,4 3810 8321 1485<br />

m MW, (g/m 2 )<br />

Flutrinne;<br />

204 242 405<br />

0,4 m MW, (g/m 2 )<br />

Senke;<br />

298 397 502<br />

0,7 m MW, (g/m 2 )<br />

Plateau;<br />

1,5 m MW, (g/m 2 )<br />

k. A. k. A. 220<br />

Tab. 2: Quecksilbergehalte von Hochflutsedimenten nach dem Extremhochwasser an der Mittelelbe sowie<br />

sächsischen Festgesteinsabschnitt der Elbe sowie Vergleichsdaten der Jahre 1997, 1998/1999 von d<br />

Mittelelbe.<br />

1997 1998/1999 2002<br />

Mittelelbe Mittelelbe Mittelelbe Festgesteinsabschnitt<br />

Minimum (µg/g) 3,9 4,4 4,2 0,2<br />

Median (µg/g) 4,9 4,5 5,7 0,35<br />

Maximum (µg/g) 6,2 5,6 6,8 0,8<br />

99


’Schadstoffbelastung nach dem Augusthochwasser 2002 - Ergebnisse und Forschungsbedarf’<br />

Böden 1983-2001 Hochflutsedimente 9-2002 Sedimente 9-2002<br />

35<br />

4,5<br />

Hg-Konz. der Elbe-km 150-600 (µg/g)<br />

30<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

2<br />

1<br />

4<br />

3,5<br />

3<br />

2,5<br />

2<br />

1,5<br />

1<br />

0,5<br />

Hg-Konz. der Elbe-km 0-150 (µg/g)<br />

0<br />

600<br />

500<br />

400 300 200<br />

Elbe-Stromkilometer<br />

Abb. 2: Hg-Gehalte von Böden entlang der Elbe von der deutsch-tschechischen Grenze bis zum<br />

Wehr nach Geesthacht aus den Jahren 1983-2000, im Vergleich mit Hg-Gehalten von Sedimenten,<br />

Hochflutsedimenten und Böden aus dem Jahr 2002 (1: Muldemündung, 2: Saalemündung).<br />

100<br />

0<br />

0<br />

Die Qualität der oberflächennahen Sedimente sowie der Hochflutsedimente entspricht bzgl. Hg<br />

auch nach dem Sommerhochwasser 2002 der Qualität der Böden unterstromig der Saalemündung<br />

(Abb. 2). Somit ist nicht mit einer Veränderung der Belastungssituation zu rechnen. Oberstromig<br />

der Saalemündung weisen die oberflächennahen Sedimente und die Hochflutsedimente<br />

eine deutlich bessere Qualität auf, die sogar unterhalb des Maßnahmewertes der BBoSchVO für<br />

Hg von 2 µg/g für die Grünlandnutzung liegt. Hier können die frischen Sedimente durch Aufsedimentation<br />

zu einer Qualitätsverbesserung der Böden führen, wenn die Sedimentationsrate<br />

groß genug ist. Bei einer durchschnittlichen Oberbodendichte von 1 g/cm³ sind jedoch Sedimentfrachten<br />

von 10 kg/m² notwendig, um den Boden um 1 cm anwachsen zu lassen. Bei einer<br />

durch die BBoSchVO vorgeschriebenen Beprobungstiefe von 10 cm (für Grünland) müsste<br />

deutlich mehr als 10 kg/m² sedimentieren, um eine Qualitätsveränderung in den Böden nachzuweisen.<br />

2.2 Hygiene<br />

Die BBoSchVO enthält keine Vorgaben bzw. Belastungswerte bezüglich hygienischer-mikrobiologisch<br />

Parameter.<br />

Im ersten Screening der Oberböden wurden diese auf das Vorkommen von Escherichia coli,<br />

Coliformer Keime, Fäkalstreptokokken, Pseudomonaden und Clostridien als Indikatororganismen<br />

für fäkale bzw. pathogene Belastungen untersucht. Während E. coli in den Proben<br />

unabhängig von der Herkunft generell nur in Ausnahmefällen nachgewiesen wurde, kann am<br />

Beispiel der Coliformen Keime gezeigt werden (Abb. 3) dass die Keimbelastung in den Oberböden<br />

entlang der Elbe insgesamt beträchtlich schwanken kann. Des Weiteren ist erkennbar,<br />

dass bezüglich der Colifomen Keime die Keimbelastung der erstmalig überfluteten Standorte<br />

derjenigen, der regelmäßig überschwemmten Bereiche entspricht. Dies wird auch an den<br />

Befunden für die Pseudomonaden und Fäkalstreptokokken deutlich. Darüber hinaus kann aber<br />

am Beispiel der Pseudomonaden gezeigt werden, dass die Keimbelastung offensichtlich<br />

wesentlich vom Feuchtezustand des Bodens abhängt (Abb. 4). Aus dem Umstand, dass die<br />

100


<strong>Tagungsband</strong> Statusseminar des BMBF-Ad-hoc-Verbundprojektes in Freiberg, 27.-29.08.2003<br />

Vorland, jährlich überflutet<br />

Deichbruchstelle, einmalig überflutet<br />

1000000<br />

100000<br />

Coliforme n/g TS<br />

10000<br />

1000<br />

100<br />

10<br />

1<br />

600<br />

500<br />

400<br />

300<br />

200<br />

100<br />

0<br />

Elbe-Stromkilometer<br />

Abb. 3: Das Vorkommen Coliformer Keime in unterschiedlichsten Böden<br />

entlang der deutschen tidefreien Elbe im Mai 2003.<br />

Vorland, jährlich überflutet<br />

Deichbruchstelle, einmalig überflutet<br />

80000<br />

70000<br />

Pseudomonaden n/g TS<br />

60000<br />

50000<br />

40000<br />

30000<br />

20000<br />

10000<br />

0<br />

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100<br />

Trockensubstanz %<br />

Abb. 4: Das Vorkommen von Pseudomonaden im Mai 2003 in Oberböden<br />

der Elbe in Abhängigkeit vom Trockensubstanzgehalt der Bodenproben.<br />

Mikroorganismen ein feuchtes Milieu zum Überleben brauchen, kann das Umbrechen/<br />

Umgraben zur besseren Durchlüftung und Abtrocknung von Böden als Maßnahme zur hygienischen<br />

Reinigung bestätigt werden.<br />

3 Ausblick<br />

Die umfassende Analyse und Bewertung der Ergebnisse im Teilprojekt 4 steht noch aus. Die<br />

ersten Ergebnisse, dargestellt am Beispiel ausgewählter Hygiene-Parameter und Hg-Konzentrationen<br />

der Böden und Sedimente, bestätigen die Tragfähigkeit des Untersuchungsansatzes.<br />

101


’Schadstoffbelastung nach dem Augusthochwasser 2002 - Ergebnisse und Forschungsbedarf’<br />

Einfluss des Hochwassers 2002 auf die Wassergüte der Elbe in Tschechien<br />

Jirí Medek, Petr Martínek, Stanislav Verner<br />

Povodí Labe, státní podnik, Víta Nejedlého 951, CZ-500 03 Hradec Králové, Tel. +420 495 088 740,<br />

Fax +420 495 088 742, medek@pla.cz<br />

Durch die extremen Niederschläge im fast ganzen Einzugsgebiet der Moldau kam es auf der<br />

Moldau und nachfolgend auf der Elbe zu einem verheerenden Hochwasser. Der Scheitelabfluss<br />

der Moldau (ca. 5300 m³/s (Q 500 )) hatte maßgebenden Einfluss auf die Durchflusssituation an<br />

der tschechischen Elbe. Der Durchfluss der tschechischen Mittleren Elbe war relativ günstig<br />

und betrug ca. ein Zehntel des Moldaudurchflusses (Scheitelabfluss ca. 529 m³/s). Der Hochwasserdurchfluss<br />

an der tschechischen Unteren Elbe wurde durch riesigen Flächenüberschwemmungen<br />

im Mündungsgebiet der Moldau in die Elbe reduziert., welche an der Elbe bis<br />

20 Kilometer oberhalb des Zusammenflusses reichten.<br />

Die Flächenüberschwemmungen bei Litomerice, wo ein See von 20 Kilometer Länge und 8<br />

Kilometer Breite entstand, hatten einen ähnlichen Einfluss auf die Durchflussreduktion im<br />

Profil Ústí nad Labem (ca. 5100 m³/s (Q 250 ) ).<br />

Die staatliche Wasserwirtschaftsbetriebe Povodí Labe s. p. und Povodí Vltavy s. p. als Einzugsgebietverwalter<br />

für die Elbe und die Moldau, untersuchten während des Hochwassers an den<br />

ständigen Untersuchungsstellen die Beschaffenheit des Wassers und der Flusssedimente, d.h.<br />

die regelmäßigen Untersuchungen wurden nicht unterbrochen. Die Untersuchungen wurden<br />

jedoch darüber hinaus um eine Reihe von Sondermessstellen erweitert, denn in Folge des hohen<br />

Wasserstands standen eine Reihe von kommunalen und industriellen Kläranlagen (z. B. die<br />

Prager Kläranlage) sowie eine Vielzahl von Industriebetrieben mit der potentiellen Gefahr einer<br />

Umweltschädigung (z. B. Spolana Neratovice) unter Wasser. Die Elbe-Messstellen für die<br />

Sonderuntersuchungen wurden nach zwei Gesichtspunkten ausgewählt. Die Messstellen<br />

mußten gut die problematischen Lokalitäten betreffen und mußten auch bei Hochwasser gut<br />

zugänglich sein. An der Elbe wurde die außerordentliche Wassergüteüberwachung an drei<br />

Messstellen durchgeführt: Obríství-Štepán, Roudnice n.L. und Decín. Der Umfang der Untersuchungen<br />

zur Beschaffenheit des Wassers und der Sedimente entsprach überwiegend dem<br />

Parameterumfang des Internationalen Messprogramms der IKSE, das die klassischen organischen<br />

Stoffe, Nährstoffe, allgemeine chemische Parameter, Schwermetalle, spezifische organische<br />

Stoffe und die bakterielle Belastung des Wassers umfasst.<br />

Während der Sonderuntersuchungen vom 16.08. bis 10.09.2002 wurden an den Elbe-Messstellen<br />

Obríství (bzw. Štepán), Roudnice n. L. und Decín mindestens 7 bis 11 Wasserproben<br />

genommen, die im Labor auf bis zu 160 Güteparameter analysiert worden sind. Von der Bewertung<br />

ausgeschlossen wurden Parameter, die über die gesamte Dauer der Sonderuntersuchungen<br />

und während der Standardüberwachung ständig Werte unter der Nachweisgrenze aufwiesen.<br />

Alle übrigen Parameter wurden einer statistischen Aufbereitung unterzogen. Durch den<br />

Vergleich der Messergebnisse für die Messstellen Roudnice n. L. und Decín wurde ermittelt,<br />

dass die Wasserbeschaffenheit an beiden Messstellen annähernd gleich oder bei einer Reihe von<br />

Parametern an der Messstelle Roudnice n. L. günstiger sind.<br />

Für die Messstellen Obríství und Decín wurden die statistischen Kennziffern für die Zeit der<br />

Sonderuntersuchungen mit ähnlichen statistischen Kennziffern der Standardüberwachung in<br />

den Jahren 2000 und 2001 sowie mit den Immissionsgrenzwerten laut der Regierungsverordnung<br />

82/1999 der Gesetzsammlung für die übrigen Oberflächengewässer verglichen.<br />

Die Daten der Gewässergütesonderuntersuchungen von den Elbe-Messstellen Obríství (oberhalb<br />

der Moldaumündung) und Decín (zusammengefasste Daten der Messstellen ober- und<br />

102


<strong>Tagungsband</strong> Statusseminar des BMBF-Ad-hoc-Verbundprojektes in Freiberg, 27.-29.08.2003<br />

unterhalb von Decín) wurden für ausgewählte Parameter als Graphiken der zeitlichen Entwicklung<br />

in Bezug auf die Daten der im Zeitraum vom 01.01.2000 bis zum 10.09.2002 durchgeführten<br />

Standarduntersuchungen aufbereitet.<br />

Von den Parametern der klassischen organischen Belastung wurden für die Bewertung der<br />

Permanganatindex, CSB und TOC ausgewählt. Bei ihnen kam es bei Eintritt der Hochwasserwelle<br />

zu einer Erhöhung der Konzentrationen, die jedoch weder in Obríství noch in Decín die<br />

während der zwei vorhergehenden Jahre gemessenen vereinzelten Maxima noch die zulässigen<br />

Immissionswerte nach der Regierungsverordnung 82/1999 der Gesetzsammlung überschritten.<br />

Nur in Obríství lagen die Konzentrationen bei CSB und TOC in einem Fall im Bereich der<br />

zulässigen Grenze.<br />

Bei den Nährstoffen wurden nur beim Ammonium-Stickstoff erhöhte Konzentrationen festgestellt.<br />

Werte (bis zu 1,6 mg/l), die auch die Maxima der vorhergehenden zwei Jahre überschritten,<br />

wurden an der Messstelle Obríství ermittelt. Einen großen Anteil kann man der<br />

Abschwemmung einer großen Menge von Ammoniumsalzen aus dem Chemiebetrieb Spolana<br />

Neratovice zuschreiben. Der zulässige Grenzwert von 2,5 mg/l wurde jedoch nicht erreicht. In<br />

Decín überschritten die Konzentrationen des Ammonium-Stickstoffs die Maxima der vorhergehenden<br />

zwei Jahre nicht und waren etwa halb so hoch wie die in Obríství gemessenen Werte.<br />

Beim Parameter AOX, der die Summenbelastung mit spezifischen organischen Stoffen zum<br />

Ausdruck bringt, ist es praktisch zu keiner Erhöhung der Konzentrationen über den Wert des<br />

vorhergehenden Zeitraums gekommen. Der zulässige Grenzwert von 50 µg/l an der Messstelle<br />

Obríství wurde nicht überschritten. An der Messstelle Decín wurde er in einem Fall um 30 %<br />

überschritten.<br />

Die stoßweise Erhöhung der Konzentration von 1,2-Dichlorethan bis über die zulässige Grenze<br />

von 10 µg/l an der Messstelle Obríství zeugt von einer Freisetzung dieses Stoffes aus der Firma<br />

Spolana Neratovice. Der gemessene Höchstwert von 12 µg/l ist aber niedriger als die mitunter<br />

in der Vergangenheit ermittelten Maxima. An der Messstelle Decín kam es zu keiner Erhöhung<br />

der Konzentrationen. Der gemessene Höchstwert betrug dort nur 0,41 µg/l.<br />

Beim Parameter nichtgelöste extrahierbare Stoffe (der die Belastung mit Mineralölen erfasst)<br />

wurde an den Messstellen Obríství und Decín eine Stoßbelastung ermittelt. Vereinzelte Messwerte<br />

lagen um ca. 10 % über dem zulässigen Immissionsgrenzwert von 0,2 mg/l. Sie überstiegen<br />

auch die Maximalwerte der vergangenen zwei Jahre etwas. Einen wesentlichen Einfluss<br />

hatte offensichtlich das Ausspülen von Mineralölen aus unzureichend gesicherten Lager- und<br />

sonstigen Räumen.<br />

An den Messstellen Obríství und Decín kam es in unterschiedlichem Grad zu einer Erhöhung<br />

der Konzentrationen von Eisen, Mangan, Arsen, Aluminium, Blei und Chrom. Bei Kupfer und<br />

Zink blieb die Gewässergüte praktisch unverändert. Über den zulässigen Immissionsgrenzwert<br />

stieg nur die Konzentration von Eisen an der Messstelle Decín. Mit Ausnahme von Blei, das<br />

insbesondere an der Messstelle Obríství eine mehrfache Erhöhung der Konzentrationen<br />

aufwies, wurden bei keinem der weiteren erwähnten Parameter Werte ermittelt, die die Maxima<br />

der vergangenen zwei Jahre überschritten. Der eine Extremwert von 87,1 µg/l, der bei Blei an<br />

der Messstelle Obríství ermittelt wurde, kann mit der Freisetzung einiger Stoffe aus der Firma<br />

Spolana Neratovice zusammenhängen. Es ist aber zu bemerken, dass der zulässige Immissionsgrenzwert<br />

von 100 µg/l nicht erreicht wurde.<br />

An der Messstelle Obríství wiesen der gelöste organische Kohlenstoff (DOC) und die Silikate<br />

(SiO 2 ) gegenüber den Standarduntersuchungen etwas erhöhte Werte auf. Beim Cadmium hatte<br />

eine Probe vom 23.08.2002 einen etwas höheren Wert. Bei den Parametern der spezifischen<br />

organischen Stoffe wurden erhöhte Konzentrationen bei Cis-1,2-dichlorethylen, Tetrachlorme-<br />

103


’Schadstoffbelastung nach dem Augusthochwasser 2002 - Ergebnisse und Forschungsbedarf’<br />

than, Benzen, Toluen, Xylen, Chlorbenzen, 1,2,4-Tri-chlorbenzen, Trichlorethylen, Tetrachlorethylen,<br />

α-HCH, γ-HCH, p,p-DDE, Desethylatrazin und Hexazinon gemessen. Mit Ausnahme<br />

von Cis-1,2-dichlorethylen und Trichlorethylen überschritten die erhöhten Konzentrationen die<br />

zulässigen Immissionsgrenzwerte für sonstige Oberflächengewässer nicht. Eine Überschreitung<br />

des zulässigen Grenzwertes wurde nur in einer Wasserprobe mit 460 % bei Cis-1,2-<br />

dichlorethylen und 200 % bei Trichlorethylen nachgewiesen.<br />

Gegenüber den Werten der Standarduntersuchungen wiesen an der Messstelle Decín ferner<br />

DOC, Nitrit-Stickstoff, die Silikate, Desethylatrazin, Hexazinon und die Kresole erhöhte Werte<br />

auf. Außer beim Nitrit-Stickstoff überschritten die Werte die zulässigen Immissionsgrenzwerte<br />

nicht. Bei PCB und Benzo(a)pyren wurden die zulässigen Immissionsgrenzwerte überschritten,<br />

wobei allerdings auch die Werte der laufenden Standardüberwachung mitunter eine ähnliche<br />

Überschreitung aufweisen.<br />

Neben den Wasserproben wurde während des Hochwassers auch die Beschaffenheit der<br />

frischen Flusssedimente im Umfang der meisten im Rahmen des Internationalen Messprogramms<br />

der IKSE standardmäßig zu überwachenden Parameter untersucht. Ähnlich wie beim<br />

Wasser ist es bei den Sedimenten zu keinem deutlichen Anstieg der Konzentrationen der untersuchten<br />

Parameter gekommen. Im Vergleich zur Standardüberwachung leicht erhöhte Befunde<br />

waren z. B. bei den Parametern AOX, Toluen, Naphthalen, den polyaromatischen Kohlenwasserstoffen<br />

und einigen PCB-Kongeneren zu beobachten. Die Bewertung ihrer Belastung<br />

erfolgte auf der Grundlage der Methodischen Anleitung des Umweltministeriums (Verordnungsblatt<br />

des Umweltministeriums der Tschechischen Republik 2/1996). Im Unterschied zur<br />

Wasserphase wurden in den Sedimenten keine erhöhten Bleibefunde nachgewiesen. Neben<br />

Elbesedimenten wurden auch Proben von Überschwemmungsgebiete analysiert.<br />

Am wichtigsten Nebenfluss der Elbe, der Moldau, erfolgten die Untersuchungen im ähnlichen<br />

Umfang wie an der Elbe selbst. An der Probenahmestelle Zelcín an der Unteren Moldau waren<br />

bei den Mineralölen (nichtlösbare extrahierbare Stoffe) erhöhte Befunde zu beobachten, sowie<br />

durch das Ausspülen einer Vielzahl von kommunalen Kläranlagen erhöhte Befunde der fäkalcoliformen<br />

Belastung. Die Werte für gelösten Sauerstoff hingegen waren verringert.<br />

Die Wassergütemessstationen spielten leider bei dem Hochwasser in den betroffenen<br />

Abschnitten der Moldau und der Elbe keine wichtige Rolle. Die Messstationen Obríství (Elbe)<br />

und Zelcín (Moldau) standen unter Wasser und wurden schwer beschädigt. Die Messstation<br />

Decín (Elbe) wurde außer Betrieb gesetzt und teilweise evakuiert. Diese Messstation spielte<br />

eine positive Rolle nur in der Zeit nach dem Wasserstandrückgang, da sie schnell nach der<br />

Wiederaufnahme der Stromversorgung in Betrieb gesetzt wurde, so dass es möglich war, die<br />

Elbewassergüte nach dem Hochwasserrückgang kontinuierlich zu beobachten.<br />

Während des Hochwassers wurde die Problematik der Dioxin-Gefahr aus Spolana Neratovice<br />

in den Medien intensiv diskutiert. Diese Stoffe sind Altlasten in zwei Objekten im Gelände von<br />

Spolana Neratovice. Unser Labor hat keine analytische Möglichkeiten für PCDD/F- und dioxinähnlichen<br />

PCB-Bestimmungen. Erreichbaren Informationen nach wurde die Verschlechterung<br />

der Elbewasser- und Elbesedimentgüte nicht bewiesen, wobei Proben von mehreren tschechischen<br />

und deutschen Laboren analysiert wurden. Nach deutschen Ergebnissen konnte z.B. die<br />

Wasserkontamination im Messprofil Obríství (unterhalb Spolana) niedrig eingestuft werden<br />

(ca. 2-3 mal niedriger als das Niveau im Grenzprofil Hrensko - Schmilka). Grundsätzlich ist für<br />

eine Ergebniseinschätzung in Betracht zu ziehen, dass die Proben während des auflaufenden<br />

Hochwassers entnommen wurden und somit eine deutliche Verdünnung der Schadstoffe im<br />

Wasserkörper widerspiegeln.<br />

104


<strong>Tagungsband</strong> Statusseminar des BMBF-Ad-hoc-Verbundprojektes in Freiberg, 27.-29.08.2003<br />

Zusammenfassung<br />

Während der Hochwassersituation vom 16.08. bis zum 10.09.2002 kam es an der Elbe bei einer<br />

Reihe von Gewässergüteparametern zu einer Erhöhung der Konzentrationen, jedoch nur bei<br />

wenigen Parametern, und nur vereinzelt überschritten die Messwerte die zulässigen Immissionsgrenzwerte<br />

oder wurden höhere Konzentrationen über den Werten der Standarduntersuchungen<br />

in den vorhergehenden zwei Jahren festgestellt.<br />

Die erhöhten Konzentrationen bei den Parametern der klassischen organischen Belastung<br />

wurden hauptsächlich durch Auswaschungen aus Feldern und bebauten Flächen sowie durch<br />

das Ausspülen von Kanalisationssystemen der Städte und Gemeinden verursacht. Die erhöhten<br />

Konzentrationen einiger Schwermetalle und höherchlorierter Kohlenwasserstoffe (PCB, PAK,<br />

HCH u. a.) wurden wahrscheinlich durch die Freisetzung aus alten Flusssedimenten verursacht.<br />

Die erhöhten Konzentrationen einiger Pestizidstoffe kann man den Auswaschungen von<br />

chemisch behandelten landwirtschaftlichen Flächen zuschreiben. Zur Belastung des Elbewassers<br />

mit nicht-gelösten extrahierbaren Stoffen, kurzzeitig bis über den zulässigen Immissionsgrenzwert,<br />

trugen hauptsächlich Mineralöle bei, die aus unzureichend gesicherten<br />

Lagerobjekten, die sich in den Überschwemmungsgebieten befanden, freigesetzt wurden. Die<br />

erhöhte Belastung bei den Parametern der flüchtigen organischen Stoffe und beim Ammonium-<br />

Stickstoff an der Messstelle Obríství wurde durch die Freisetzung oder das Ausspülen dieser<br />

Stoffe aus der Firma Spolana Neratovice verursacht.<br />

Auf der Grundlage der Messungen und Auswertungen kann man konstatieren, dass die während<br />

des Hochwassers vorübergehend verschlechterte Wasserbeschaffenheit der tschechischen Elbe<br />

kein erhöhtes Risiko für eine Gefährdung der Gesundheit der Menschen und des Lebens der<br />

Wasserorganismen bedeutete. Auch bei den Sedimenten wurde nicht ermittelt, dass Belastungswerte<br />

erreicht worden sind, die einen negativen Einfluss auf die Gesundheit des Menschen und<br />

einzelne Umweltkomponenten haben können.<br />

Wir können auch konstatieren, dass die zuständige fachliche Institutionen einschließlich Labors<br />

die schwere Situation bewältigten und auch in der Hochwasserzeit an der Moldau und an der<br />

Elbe ausreichende Menge von Wassergüte- und Sedimentgütedaten besorgten. Die Labordaten<br />

wurden von Wassergüteexperten durchlaufend bearbeitet und bewertet. Diese bewertete Daten<br />

wurden nicht nur für die fachlichen Institutionen, Staatsverwaltung und Hochwasserkommissionen,<br />

sondern auch im Internet veröffentlicht. Trotzdem wurden in dieser schweren Zeit einige<br />

Defizite offenbar, z.B. die beschränkten Möglichkeiten der gegenseitigen Kooperation und der<br />

direkte Informationsaustausch zwischen beteiligten Laboren und fachlichen Institutionen oder<br />

die Notwendigkeit von umfassender Improvisation. Für die Zukunft scheint es wünschenswert,<br />

eine gemeinsame Strategie für einen koordinierten einheitlichen Arbeitsplan für Gewässergütesonderuntersuchungen<br />

im Elbeeinzugsgebiet und für die direkte Kommunikation und den<br />

gegenseitige Datenaustausch zwischen den beteiligten Institutionen in der Zeit der außerordentlichen<br />

Situationen (wie z.B. Hochwasser, Wassergütestörfalle, …) auf nationalem und<br />

internationalem Niveau zu erstellen.<br />

105


’Schadstoffbelastung nach dem Augusthochwasser 2002 - Ergebnisse und Forschungsbedarf’<br />

Schadstoffe im landwirtschaftlich genutzten Überflutungsbereich -<br />

Forschungsbedarf<br />

Ralph Meissner 1 , Karsten Grunewald 2 , Frank Krüger 3 , Heike Petzoldt 4 , René Schwartz 5<br />

1 <strong>UFZ</strong>-Umweltforschungszentrum Leipzig-Halle GmbH, Sektion Bodenforschung, Dorfstr. 55,<br />

39615 Falkenberg, Tel 039386/971-13, Fax 039386/971-16, meissner@lysi.ufz.de<br />

2 Technische Universität Dresden, Institut für Geographie, Lehrstuhl Landschaftslehre/Geoökologie,<br />

01062 Dresden, Tel 0351/463-33260, Fax 0351/4633-7860, kg3@rcs.urz.tu-dresden.de<br />

3 ELANA Boden Wasser Monitoring, Dorfstr. 55, 39615 Falkenberg, Tel 039386/97121, Fax 039386/97116,<br />

krueger@lysi.ufz.de<br />

4 DVGW-Technologiezentrum Wasser, Außenstelle Dresden, Scharfenberger Str. 152, 01139 Dresden,<br />

Tel 0351/85211-33, Fax 0351/85211-10, petzoldt@tzw-dresden.de<br />

5 Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei, Müggelseedamm 301, 12587 Berlin, Tel 030/<br />

64181-678, Fax - 682, schwartz@igb-berlin.de<br />

Im Teilprojekt 4 des Ad-hoc-Projektes wurde die Keim- und Schwermetallbelastung der Böden<br />

sowie die Schwermetallbelastung der Buhnenfeldsedimente und der Vegetation nach dem<br />

Sommerhochwasser 2002 ermittelt. Die Böden und Sedimente der Elbe können teilweise als<br />

hochgradig belastet angesehen werden. Dabei haben die hier untersuchten Schwermetallgehalte<br />

Indikatorfunktionen für andere Schadstoffe. Böden der Flutrinnen und abflusslosen Senken sind<br />

am stärksten belastet, haben auch als Keimreservoir aufgrund ihrer Hydrologie die stärkste<br />

Bedeutung.<br />

Der zu formulierende Forschungsbedarf ist umfangreich und kann hier nur ausschnittsweise zur<br />

Diskussion gestellt werden.<br />

Auenboden<br />

• Erarbeitung und Prüfung alternativer Nutzungen der Überschwemmungsbereiche<br />

- Dekontamination über nachwachsende Rohstoffe (Weiden/Pappeln) einschl. deren energetischer<br />

Verwendung sowie die Überprüfung der Übertragbarkeit auf vergleichbare<br />

Böden<br />

- Auwaldanpflanzungen, Holzproduktion<br />

• In-situ Bestimmung der Erosionsstabilität ackerbaulich genutzter Böden im Überschwemmungsbereich<br />

(partikulärer Schadstoffeintrag in den Fluss)<br />

• Quantifizierung des ereignisbedingten Stoffrückhaltes in der rezenten Aue und Erarbeitung<br />

des Nähr- und Schadstoffdepots von Überflutungsböden über einen größeren Flussabschnitt<br />

• Bestimmung der Mobilisierbarkeit, Bioverfügbarkeit und biologischen Wirksamkeit von<br />

Schadstoffen<br />

• Bestimmung der Anreicherung von Schadstoffen in der menschl. Nahrungskette (Direktaufnahme<br />

von Schadstoffen durch Weidevieh)<br />

• Erarbeitung der Bedeutung von Aueböden als Keimreservoir (Genreservoir für Resistenzen)<br />

• Erarbeitung eines Bewertungskonzeptes für human- und tierpathogene Keime in Böden<br />

Buhne<br />

• In-situ Bestimmung der Erosionsstabilität feinkörniger Buhnenfeldsedimente<br />

• Quantifizierung des ereignisbedingten Stoffrückhaltes (Hochwasser, Niedrigwasser sowie<br />

Sommer, Winter) in Buhnenfeldern<br />

106


<strong>Tagungsband</strong> Statusseminar des BMBF-Ad-hoc-Verbundprojektes in Freiberg, 27.-29.08.2003<br />

• Erarbeitung des Nähr- und Schadstoffdepots in Buhnenfeldern über einen größeren Flussabschnitt.<br />

• Erarbeitung der Bedeutung von Buhnenfeldsedimenten als Keimreservoir (Genreservoir für<br />

Resistenzen)<br />

Isotopengeochemische Untersuchungen zur Grundwassergefährdung durch<br />

organische Schadstoffe in Folge des Flutereignisses<br />

Walter Michaelis, Siegmund Ertl<br />

Institut für Biogeochemie und Meereschemie, Bundesstr. 55, 20146 Hamburg, Tel 040/42838-5001, Fax<br />

040/42838-6347, michaelis@geowiss.uni-hamburg.de<br />

1 Einleitung<br />

Die extremen Niederschlagsereignisse in Mitteleuropa zwischen dem 1. und 13. August 2002<br />

haben insbesondere im Einzugsgebiet der Moldau und im Erzgebirge zu Niederschlagsmengen<br />

geführt, die stellenweise das vierfache der durchschnittlich fallenden Mengen erreichten [1].<br />

Durch diese extremen Niederschläge kam es zu einem Hochwasser in den Einzugsgebieten der<br />

Moldau/Elbe, der Erzgebirgsnebenflüsse und der Mulde. Einträge aus Altstandorten, Altablagerungen<br />

und Deponien kommen daher unter diesen Verhältnissen als mögliche Verursacher<br />

von Grundwasserbelastungen in Betracht.<br />

2 Isotopenuntersuchungen<br />

Grundlagen<br />

Für Prognosen zur Langzeitentwicklung von Schadensfällen durch eingetragene organische<br />

Kontaminanten ist es unerlässlich, die im Untergrund ablaufenden Prozesse (Abbau, Verdünnung,<br />

Sorbtion etc.) so exakt wie möglich zu beschreiben. Vor allem die Unzugänglichkeit des<br />

Aquifers und die Vielfalt der dort vorhandenen potentiellen Reaktionspartner erschweren aber<br />

genaue Aussagen. So ist der Nachweis des mikrobiellen Abbaus im Feld derzeit noch sehr<br />

schwierig. Gegenstand der durchgeführten Untersuchungen sind die Kennzeichnung der durch<br />

das Hochwasser des Raumes Bitterfeld-Wolfen bedingten Schadstoffzirkulation im Grundwasser<br />

und ihrer zeitlichen Veränderung.<br />

Analytik<br />

Für die Extraktion der Wasserproben wurde die SPME-Methode (Solid-Phase-Microextraction)<br />

verwendet [2]. Durch diese Methode sind die flüchtigen Komponenten bis Trichlorbenzol identifizierbar<br />

und deren 13 C-Werte bestimmbar. Die Sedimente wurden mittels Flüssig-Fest-<br />

Extraktion behandelt und die Schadstoffe mittels GC-IRMS (Gaschromatography-Isotope-<br />

Ratio-Mass-Spectrometry) auf ihre 13 C-Werte hin untersucht. Die Messungen erfolgten mit<br />

einer Kopplung eines Thermoquest Trace GCs mit einem Finnigan MAT 250 IRMS.<br />

Probennahmestellen<br />

Es wurden 6 Sedimentproben im Bereich der Mulde und Elbe sowie 10 Grundwasserproben aus<br />

3 stark kontaminierten Bereichen im Raum Bitterfeld Wolfen genommen. Bisher untersucht<br />

wurden die Sedimentprobe aus der Spittelwasseraue und vier Grundwasserproben aus zwei<br />

107


’Schadstoffbelastung nach dem Augusthochwasser 2002 - Ergebnisse und Forschungsbedarf’<br />

-10<br />

Benzol<br />

Toluol<br />

Chlorbenzol<br />

m+p-Chlortoluol<br />

o-Chlortoluol<br />

m-Dichlorbenzol<br />

p-Dichlorbenzol<br />

o-Dichlorbenol<br />

Trichlorbenzol<br />

Naphthalin<br />

-12<br />

B05HB (Bitterfeld)<br />

SW1/01 (Wolfen)<br />

13 C in [‰-VPDB]<br />

-14<br />

-16<br />

-18<br />

-20<br />

-22<br />

SW1A/01 Wolfen)<br />

SW1B/01 (Wolfen)<br />

Sediment Spittelwasser<br />

-24<br />

-26<br />

-28<br />

Abb. 1: 13 C-Werte der Kontaminanten im Bereich Wolfen, Bitterfeld und der<br />

Spittelwasseraue.<br />

verschiedenen Kontaminationsstandorten. Der untersuchte Standort in Wolfen ist das Gelände<br />

der ehemaligen Farbenfabrik. In Bitterfeld wurde das Grundwasser der Safira-Anlage auf die<br />

entsprechenden Schadstoffe hin analysiert.<br />

3 Ergebnisse<br />

Die Hauptkontaminanten im Grundwasser des Raumes Bitterfeld-Wolfen sind die chlorierten<br />

Benzole, die im mg/L-Bereich vorliegen. Hierbei treten besonders die Verbindungen Chlorbenzol<br />

und die drei isomeren Dichlorbenzole in den Vordergrund. Ebenfalls in beachtlichen<br />

Mengen wurde die Verbindung Benzol nachgewiesen. In geringeren Konzentrationen konnten<br />

die drei Isomere des Chlortoluols sowie Trichlorbenzol, Naphthalin und Toluol nachgewiesen<br />

werden.<br />

Die durchgeführten 13 C-Isotopenanalysen an den Kontaminanten der Grundwässer zeigten,<br />

dass die Hauptkontaminanten Chlorbenzol und die drei isomeren Dichlorbenzole (ortho, para<br />

und meta-Dichlorbenzol) in Wolfen und Bitterfeld eine identische 13 C-Signatur besitzen. Die<br />

in geringeren Konzentrationen auftretenden Kontaminanten zeigen ebenfalls nahezu identische<br />

13 C-Isotopengehalte.<br />

Das Ergebnis ist umso erstaunlicher, da die Entfernung zwischen den Grundwassermessstellen<br />

ca. 5 km beträgt. Dies deutet auf eine großflächige Verbreitung einheitlicher Kontaminaten im<br />

Bereich Bitterfeld-Wolfen hin (s. Abb.1). Geht man von einer ähnlichen technischen Produktion<br />

dieser Verbindungen aus, so sollten die 13 C-Werte der technischen Produkte im Bereich<br />

zwischen -20 und -30‰ liegen. Wie aus der Abb. 1 erkennbar ist, zeigen die Hauptkontaminanten<br />

13 C-Werte im Bereich zwischen -20 und -25 ‰.<br />

108


<strong>Tagungsband</strong> Statusseminar des BMBF-Ad-hoc-Verbundprojektes in Freiberg, 27.-29.08.2003<br />

Eine abschließende Beurteilung, ob diese Differenzen der Isotopenwerte durch aktiven mikrobiologischen<br />

Abbau verursacht sind, kann wegen der geringen Datendichte bisher nicht<br />

gegeben werden [3,4].<br />

Die untersuchten kontaminierten Aquifere sind in der Regel in diesem Bereich anaerob. Hierdurch<br />

können die Verbindungen Benzol [5,6], Chlorbenzol und die isomeren Dichlorbenzole<br />

nicht oder nur in geringem Maße mikrobakteriell abgebaut werden. Dies zeigt sich möglicherweise<br />

auch an den 13 C-Werten der gefundenen Hauptkontaminanten. Bei den übrigen Kontaminanten,<br />

den isomeren Chlortoluolen sowie Toluol sind allerdings stärkere 13 C-<br />

Anreicherungen festgestellt worden. Dies deutet auf einen Bioabbau dieser Verbindungen hin.<br />

Da die Hauptkontaminanten vermutlich keine oder nur geringe Isotopenfraktionierungen<br />

zeigen, können sie als ideale Tracer für die Verbreitung der Schadstoffe im Gelände verwendet<br />

werden.<br />

So zeigen sich in der Sedimentprobe aus den Spittelwasserauen dieselben Hauptkomponenten,<br />

die auch im Bereich Bitterfeld-Wolfen angetroffen wurden. Ebenso ist die isotopische Zusammensetzung<br />

nahezu identisch zu denen im Bereich Bitterfeld-Wolfen. Ein direkter Zusammenhang<br />

der Verunreinigungen im Sediment der Spittelwasserauen scheint daher gegeben.<br />

4 Zusammenfassung<br />

Die 13 C-Signatur der gefundenen Verbindungen in Wolfen, Bitterfeld und in der Spittelwasseraue<br />

sind nahezu identisch. Die in geringerer Konzentration vorkommenden Chlortoluole und<br />

Toluol scheinen im Bereich Bitterfeld und Wolfen einem biologischen Abbau zu unterliegen.<br />

Ob biologischer Abbau der Hauptkontaminanten im Bereich Bitterfeld und Wolfen vorliegt,<br />

kann aufgrund der bisher geringen Anzahl der untersuchten Proben noch nicht abschließend<br />

beurteilt werden.<br />

5 Literatur<br />

[1] Pressemitteilung des deutsche Wetterdienstes zum zeitlichen Verlauf der täglichen Niederschlagsmenge<br />

Europa zwischen 1. und 13. August 2002<br />

[2] Ebert, M.; Steinbach, A.; Michaelis, W.; Dahmke, A.: Carbon isotope fractionation of tetrachloroethene<br />

(PCE) during dehalogenation at zero valent iron and its application for the monitoring of the performance<br />

of PRBs. (2003) submitted<br />

[3] Mancini, S.A.; Lacrampe-Couloume, G. ; Jonker, H. ; van Breukelen, B.M. ; Groen, J.; Volkering, F.;<br />

Sherwood Lollar, B.: Hydrogen isotopic enrichment: an indicator of biodegradation at a petroleum<br />

hydrocarbon contaminated field site (2002) Environ. Sci. Technol. 36, 2464-2470<br />

[4] Drenzek, N.J.; Eglinton, T.I.; Wirsen, C.O.; May, H.D.; Wu,Q.; Sowers, K.R.: The absence and application<br />

of the stable carbon isotope fractionation during the reductive dechlorination of polychlorinated<br />

biphenyls (2001) Environ. Sci. Technol. 35, 3310-3313<br />

[5] Peter A.; Steinbach, A.; Liedl, R.; Ptak, T.; Michaelis, W.; Teutsch, G.: Assessing microbial degradation<br />

of BTEX compounds at field-scale using an integral mass flow rate approach combined with<br />

compound-specific isotope analyses (2003) Contam. Hydrol. accepted<br />

[6] Mancini, S.A.; Ulrich, A.C.; Lacrampe-Couloume, G.; Sleep, B.; Edwards, E.A.; Sherwood Lollar, B.:<br />

Carbon and hydrogen isotopic fractionation during anaerobic biodegradation of benzene (2003) Appl.<br />

Environ. Microbiol. 69, 191-198<br />

109


’Schadstoffbelastung nach dem Augusthochwasser 2002 - Ergebnisse und Forschungsbedarf’<br />

Schadstoffe und Radionuklide in urbanen Räumen des Elbe- und<br />

Muldeeinzugsgebietes<br />

Peter Popp 1 , Wolf v. Tümpling 2 , Klaus Freyer 1 , Matthias Lincke 1 , Matthias Schreiber 1 ,<br />

Hanns-Christian Treutler 1 , Rainer Wennrich 1<br />

Umweltforschungszentrum Leipzig Halle GmbH<br />

1 Sektion Analytik Leipzig, Permoserstr. 15, 04318 Leipzig, Tel 0341/235-2408, Fax 0341/235-2625,<br />

popp@ana.ufz.de<br />

2 Sektion Gewässerforschung Magdeburg, Brückstr. 3a, 39114 Magdeburg, Tel 0391/810-9300, Fax 0391/<br />

810-9150, tuempling@gm.ufz.de<br />

1 Zielstellung<br />

Durch die Überschwemmung von Siedlungsbereichen mit belasteten Flusswässern kam es<br />

während des Hochwassers vom August 2002 zu Schlammablagerungen in diesen Gebieten, die<br />

Gefährdungen nicht ausschließen. Ziel der Arbeiten ist es, die festen Ablagerungen der Flut<br />

bzw. Böden in ausgewählten urbanen Nutzungsbereichen, die überflutet waren (insbesondere<br />

Kinderspielplätze, Sportplätze, Erholungs- und Freizeitparks und Kleingärten) zu untersuchen.<br />

Als relevante Parameter wurden Schwermetalle, Arsen, Mineralölkohlenwasserstoffe (MKW),<br />

polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAHs), Organochlorpestizide, polychlorierte<br />

Biphenyle (PCBs) und Radionuklide ausgewählt.<br />

2 Probenahme und Analysenmethoden<br />

Probenahmen erfolgten im Bereich der Elbe in Wehlen, Pirna, Heidenau, Dresden, Riesa,<br />

Belgern, Dessau, Gübs, Magdeburg und im Bereich der Mulden in Glauchau, Rochlitz, Nossen,<br />

Döbeln, Grimma, Eilenburg, Bitterfeld, Raguhn in der Zeit vom 09.12.2002 - 11.06.2003 an<br />

insgesamt 39 Probenahmestandorten, wobei jeweils zehn Einzelproben zu einer Mischprobe<br />

vereinigt wurden. Die Beprobungstiefe wurde nutzungsorientiert festgelegt (Kinderspielflächen,<br />

Wohngebiete, Park- und Freizeitanlagen, Industriebrachen: 0 - 10 cm, Nutzgärten, Ackerflächen:<br />

0-30 cm). Der Probentransport erfolgte unter Kühlung. Einzel- und Mischproben<br />

werden bei -20 °C gelagert. Vor der Analyse wurden die Proben gefriergetrocknet (für die<br />

Bestimmung der Organika) bzw. bei 105 °C getrocknet.<br />

Um Aussagen über die Gesamtkonzentrationen sowie die Bioverfügbarkeit von As und Schwermetallen<br />

zu erhalten, wurden die RFA, die Elution mit Königswasser und eine sequenzielle<br />

Extraktion mit dem dreistufigen BCR-Verfahren /1/ eingesetzt. Bei der sequentiellen Extraktion<br />

sind dabei die im ersten Fraktionierungsschritt mobilisierbaren Gehalte von besonderem Interesse<br />

für die Abschätzung des Gefährdungspotentials.<br />

Für die gammaspektrometrischen Messungen werden HPGe Coaxial Low-Energy Detektoren,<br />

n-type mit einem aktiven Volumen von 39 cm³ und einem Berylliumfenster mit 0,5 mm Dicke<br />

eingesetzt. Die Kalibrierung erfolgt mit einem zertifizierten Referenzmaterial der Internationalen<br />

Atomenergiebehörde.<br />

Die Extraktion von PAHs, PCBs und Organochlorpestiziden aus der Feinkornfraktion < 2mm<br />

erfolgt mit der Beschleunigten Lösemittelextraktion (ASE 200, Dionex); nach den notwendigen<br />

clean-up-Schritten werden die PAHs mittels HPLC und Fluoreszenzdetektion bestimmt, die<br />

Analyse der übrigen Verbindungen erfolgt mit GC/MS. Die Bestimmung des Gehaltes an<br />

MKW wird gaschromatographisch gemäß Entwurf der DIN ISO 16703 durchgeführt.<br />

110


<strong>Tagungsband</strong> Statusseminar des BMBF-Ad-hoc-Verbundprojektes in Freiberg, 27.-29.08.2003<br />

Zur Qualitätskontrolle der organischen Analytik werden zertifizierte Referenzmaterialien<br />

eingesetzt.<br />

3 Ergebnisse und Diskussion<br />

In Tabelle 1 sind die Probenahmestandorte und die bisherigen Ergebnisse für einige Parameter<br />

(As, Cd, Hg, Benzo(a)pyren und MKW) detailliert wiedergegeben.<br />

In die Untersuchungen wurden drei vom Hochwasser nicht betroffene Standorte einbezogen:<br />

eine stark befahrene Straße in Leipzig (Permoserstraße), ein in Nähe der überfluteten Flächen<br />

gelegenes Gartenland (Glauchau, Erlensteig) und Teile der Kleingartenanlage Dresden-Leuben.<br />

Hier war der günstige Fall gegeben, dass der tiefergelegene Teil der Anlage überflutet, der<br />

höhergelegene von der Flut unbeeinflusst war und beide Teile der Anlage in die Untersuchungen<br />

einbezogen werden konnten.<br />

Die As- und Cd-Konzentrationen liegen im Bereich beider Mulden und nach dem Zusammenfluß<br />

von Mulde und Elbe deutlich höher als die Konzentrationen im Einzugsbereich der Elbe<br />

(Wehlen, Pirna, Dresden, Riesa). An einigen Standorten werden Prüfwerte 1 für As überschritten.<br />

Das betrifft insbesondere Spielplätze und Kleingärten sowie (gravierend) den Sportplatz<br />

in Nossen. Bezüglich Cd tritt keine Überschreitung der Prüfwerte 1 auf. Die Glauchauer<br />

Proben und die der Dresdener Kleingartenanlage, bei denen die As- und die Cd-Werte im überfluteten<br />

und nichtüberfluteten Bereich nahezu identisch sind, belegen aber, dass die Einträge<br />

nicht unbedingt durch das Hochwasser 2002 verursacht wurden.<br />

Die Hg-Konzentrationswerte liegen an keiner Stelle über den Prüfwerten 1,2 .<br />

Die Überschreitung des Prüfwertes 2 von 1 mg/kg für Benzo(a)pyren betreffen in zwei Fällen<br />

Gartenanlagen, bei denen auf Grillaktivitäten geschlossen werden kann (es wurden Holzkohlereste<br />

in den Bodenproben gefunden); unklar bleiben die relativ hohen Konzentrationswerte am<br />

Kindergarten Bussi Bär in Döbeln. Insgesamt dürften die PAH-Konzentrationen kaum vom<br />

Hochwasser beeinflusst sein. Erhöhte Werte sind in der Regel an dichtbefahrenen Straßen und<br />

in Gartenanlagen festzustellen.<br />

Für die Bewertung der MKW-Gehalte gilt die abfallrechtliche Einstufung von Bodenaushub<br />

nach der LAGA. Danach bewegen sich die gemessenen Konzentrationswerte im Bereich<br />

zwischen uneingeschränkten Einbau (


’Schadstoffbelastung nach dem Augusthochwasser 2002 - Ergebnisse und Forschungsbedarf’<br />

Tabelle 1: Konzentrationen von As, Cd, Hg, Benzo(a)pyren und Mineralölkohlenwasserstoffen an den<br />

Probenahmestellen im in urbanen Bereichen<br />

Standort<br />

As<br />

(mg/kg)<br />

Cd<br />

(mg/kg)<br />

Hg<br />

(mg/kg)<br />

Benzo(a)-<br />

pyren<br />

(mg/kg)<br />

MKW<br />

(mg/kg)<br />

Dessau-Waldersee, Spielplatz Schule 10,9


<strong>Tagungsband</strong> Statusseminar des BMBF-Ad-hoc-Verbundprojektes in Freiberg, 27.-29.08.2003<br />

Tabelle 2: Verteilung von As und Schwermetallen in den Fraktionen des BCR-Verfahrens<br />

Element 1. Fraktion 2. Fraktion 3. Fraktion Residualfraktion<br />

[% vom Totalgehalt]<br />

Chrom 5 bis 10 5 bis 10 ca. 25 50 bis 60<br />

Nickel ca. 10 ca. 10 ca. 10 70 bis 80<br />

Zink 20 bis 25 20 bis 30 10 bis 20 25 bis 35<br />

Arsen 20 bis 30 20 bis 30 ca. 10 40 bis 50<br />

Kupfer ca. 20 ca. 20 ca. 50 25 bis 35<br />

Blei 1 bis 10 60 bis 80 ca. 10 10 bis 20<br />

Cadmium 40 bis 60 30 bis 50 ca. 5 bis 10<br />

Zinn nahezu 100<br />

Das großflächige Mittel der Uran-Konzentration liegt bei ca. 2,5 mg/kg, die natürliche Variation<br />

erstreckt sich bis zum Faktor 10, so dass die im Muldebereich (Rochlitz) und in Bitterfeld<br />

gemessenen höheren Konzentrationen zwar möglicherweise durch das Hochwasser hervorgerufen<br />

sind, aber auf keine strahlenschutzrelevanten Gefährdungen schließen lassen. Grundlage<br />

für die Abschätzung einer Gefährdung durch Radionuklide ist die Strahlenschutzverordnung<br />

(StrSchV) vom 20.07.2001. Allerdings enthält diese Verordnung keine Grenzwerte für Radionuklidkonzentrationen<br />

im Boden. Bezugsgröße ist hier die Dosis, die sich aus der Radionuklidkonzentration<br />

sowie typischen Expositionsszenarien (Aufenthaltsdauer, Inkorporation,<br />

Inhalation) ergibt.<br />

Die gemessenen Thoriumwerte zeigen keinerlei Auffälligkeiten.<br />

Tabelle 3: Uran- und Thoriumkonzentrationen in Stadtböden<br />

Probenahmestandort<br />

Uran<br />

(mg/kg)<br />

Thorium<br />

(mg/kg)<br />

Bitterfeld, Alte Flutbrücke (Ödland, unweit Goitsche) 12,0 0,6 9,0 0,7<br />

Rochlitz, KGA Am Klinkborn 14,8 0,8 11,9 1,4<br />

Rochlitz, Stadtbad 19,5 3,2 10,7 1,9<br />

Rochlitz, Sportplatz Insel 8,8 0,9 11,3 0,7<br />

Glauchau, KGA Glauchau-Jerisau 6,7 0,7 10,3 0,8<br />

Glauchau, Spielplatz Jerisau 5,7 0,9 11,3 0,9<br />

Glauchau, Gartenland Erlensteig, nicht überflutet 6,9 0,9 13,0 1,0<br />

Heidenau, KGA An der alten Schmiede 5,2 0,8 11,0 1,0<br />

4 Zusammenfassung<br />

Die bisherigen Ergebnisse der Analysen von Proben aus urbanen Nutzungsbereichen zeigen,<br />

dass im Bereich beider Mulden und der vereinigten Mulde bezüglich des Arsens die Prüfwerte<br />

für die direkte Aufnahme von Schadstoffen auf Kinderspielplätzen und Freizeitanlagen an<br />

mehreren Stellen überschritten werden. Da in Glauchau ein nicht überfluteter Standort ähnlich<br />

hohe As-Gehalte aufweist wie die überfluteten Flächen, ist nicht eindeutig belegbar, dass das<br />

Hochwasser von 2002 diese erhöhten Konzentrationswerte verursachte. Die Hg-Konzentrationen<br />

liegen an allen Standorten deutlich unter den Prüfwerten 1 . Die MKW-Konzentrationen<br />

sind im Bereich der Mulden leicht erhöht, desgleichen die Uran- und Thoriumkonzentrationen.<br />

Die teilweise hohen PAH-Werte korrelieren nicht mit dem Augusthochwasser sondern sind in<br />

erster Linie durch das individuelle Grillen in den Kleingärten oder Verkehrseinträge verursacht.<br />

113


’Schadstoffbelastung nach dem Augusthochwasser 2002 - Ergebnisse und Forschungsbedarf’<br />

Literatur<br />

/1/ BCR SEQUENTIAL EXTRACTION PROCEDURE aus: BCR Information, Reference Materials,<br />

Report EUR 19775 EN: The certification of the extractable contents (mass fractions) of Cd, Cr, Cu, Ni,<br />

Pb, and Zn in freshwater sediment following a sequential extraction procedure, BCR-701.<br />

1<br />

Prüfwerte nach §8 Abs. 1 Satz 2 Nr.1 des Bundes-Bodenschutzgesetzes für die direkte Aufnahme von<br />

Schadstoffen auf Kinderspielplätzen, in Wohngebieten, Park- und Freizeitanlagen und Industrie- und<br />

Gewerbestücken<br />

2<br />

Prüf- und Maßnahmewerte nach §8 Abs. 1 Satz 2 Nr.1 und 2 des Bundes-Bodenschutzgesetzes für den<br />

Schadstoffübergang Boden-Nutzpflanze auf Ackerflächen und in Nutzgärten im Hinblick auf die Pflanzenqualität<br />

Schadstoffbelastungen im Mulde- und Elbe-Einzugsgebiet nach dem<br />

Augusthochwasser 2002<br />

Günter Rank, Kati Kardel, Werner Pälchen, Annia Greif<br />

Sächsisches Landesamt für Umwelt und Geologie, 09599 Freiberg, Halsbrücker Str. 31a; Tel 03731/294-<br />

224, Fax 03731/22918, guenter.rank@lfug.smul.sachsen.de<br />

1 Böden<br />

Im Rahmen der Umweltmessnetze des Sächsischen Landesamtes für Umwelt und Geologie<br />

(LfUG) wurde vor ca. 10 Jahren ein Bodenmessprogramm konzipiert (OSSENKOPF &<br />

PÄLCHEN, 1992), um flächendeckend für Sachsen die Arsen- und Schwermetallbelastung der<br />

Böden beurteilen zu können. Mit den in Sachsen und nutzungsunabhängig erhobenen Rasterdaten<br />

4 km x 4 km wurde der Grundstock für eine landesweite Übersichtsdarstellung der Arsenund<br />

Schwermetalle sächsischer Böden gelegt (RANK et al., 2000). Mitte der 90er Jahre wurde<br />

begonnen die Datenbasis in den sächsischen Bergbau- und Hüttenzentren (Raum Freiberg,<br />

Ehrenfriedersdorf, Schneeberg) mit den sog. Sondermessnetzen systematisch zu verbessern.<br />

Ende der 90er Jahre startete das Auenuntersuchungsprogramm des LfUG, welches i. W. die<br />

Untersuchung anorganischer Stoffe in den Auenböden des Muldensystems und der Elbe<br />

umfasst. Auf Catenen quer zur Fließrichtung des Flusses erfolgt eine bodenkundliche Profilaufnahme<br />

sowie eine horizontbezogene Beprobung (Oberboden/Unterboden). Der Abstand der<br />

Catenen beträgt ca. 1 km, kann aber durch die wechselnde Morphologie teilweise stark variieren.<br />

Durch die Übernahme und Einbeziehung weiterer Daten aus anderen Behörden, Hochschulund<br />

Forschungseinrichtungen sind jetzt im LfUG ca. 12.000 Analysen von Oberbodenproben<br />

und ca. 6.000 Analysen von Unterbodenproben verfügbar. Mit diesem Datenbestand erfolgte<br />

eine Neubearbeitung der Geochemischen Übersichtskarten von Sachsen im Maßstab 1:400 000<br />

(Abb. 1).<br />

Die Schwerpunkte der Stoffbelastungen befinden sich in den erzgebirgischen Bergbaugebieten.<br />

Über Verwitterungsprozesse und den Stofftransport über die Vorfluter werden vor allem As, Cd<br />

und Pb in den Auenböden akkumuliert. Besonders betroffen sind dabei die Auenböden des<br />

Muldensystems einschließlich der Zschopau, in deren Einzugsgebieten sich alle größeren<br />

erzgebirgischen Bergbaugebiete befinden.<br />

Für die bereits vorliegenden Analysen der Auenuntersuchungen wurde zunächst eine Punktdarstellung<br />

für die Elementgehalte gewählt (Abb. 1). In Abb. 2 sind als Übersichtskarte jene<br />

114


<strong>Tagungsband</strong> Statusseminar des BMBF-Ad-hoc-Verbundprojektes in Freiberg, 27.-29.08.2003<br />

Tab. 1: Systematische Bodenuntersuchungen im Landesamt für Umwelt und Geologie<br />

Jahr bzw. Abschluss<br />

Untersuchungsart Region Anzahl Proben-<br />

Standorte<br />

1993 bis 1997 Bodenmessnetz Raster FS Sachsen, Bodenatlas<br />

1.160<br />

4 x 4 km<br />

1999/2000<br />

1993 bis 1997 Bodenmessnetze<br />

Raster 1 x 1 km<br />

Zittau, Zwickau, Ehrenfriedersdorf,<br />

Radebeul, Borna<br />

1.200<br />

2000 Sondermessnetze<br />

Ehrenfriedersdorf 540<br />

2001 Bergbaugebiete<br />

Freiberg 2.000<br />

2002<br />

Schneeberg – Aue – Schwarzenberg<br />

- Johanngeorgenstadt<br />

350<br />

2001 Catenen in Auen<br />

Elbe (Nord) 600<br />

2001 Vereinigte Mulde 700<br />

2002 Zschopau 100<br />

2002/2003 Freiberger Mulde 400<br />

2003<br />

Zwickauer Mulde 700<br />

Flächen schematisch dargestellt, auf denen mindestens ein Prüf- oder Maßnahmenwert der<br />

Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung (BBodSchV) im Oberboden überschritten<br />

wird.<br />

2 Flusssedimente (stream sediments)<br />

Im Zusammenhang mit der Suche und Erkundung von Erz- und Spatlagerstätten im Erzgebirge/<br />

Vogtland erfolgten großflächige Untersuchungen an Sedimenten der Fließgewässer<br />

(PÄLCHEN et al., 1982), die im Rahmen eines BMBF-Vorhabens ergänzt wurden (GREIF &<br />

PÄLCHEN, 1998). In Sachsen liegen damit etwa 11.000 Analysen von Bachsedimenten vor<br />

(Abb. 3; GREIF et al., 2003), die zur Beurteilung der stofflichen Belastungen unserer Vorfluter<br />

sowie der Auenböden herangezogen werden können (Tab. 2).<br />

Die in Tab. 2 angeführten Werte charakterisieren jeweils das gesamte Einzugsgebiet (Vereinigte<br />

Mulde nur sächsischer Anteil). Aus untersuchungsmethodischen Gründen wird das aktive<br />

Sediment des Flusses selbst nicht widergespiegelt.<br />

3 Auenböden, Schlämme des Hochwassers 2002<br />

Die nach dem Augusthochwasser 2002 abgelagerten Sedimenten wurden zunächst stichprobenartig<br />

beprobt und analysiert. Die As- und Pb-Gehalte (Medianwerte) der Schlämme liegen, mit<br />

Ausnahme Freiberger Mulde, in der Größenordnung der Auenböden (Tab. 3). Die Cd-Gehalte<br />

der Schlämme (Medianwerte) weisen grundsätzlich etwas höhere Gehalte als die Auenböden<br />

(Oberboden, Medianwerte) auf.<br />

Die Sedimentablagerungen des Hochwassers 2002 der Freiberger Mulde weisen extrem hohe<br />

As-, Pb- und Cd-Gehalte auf. Die Ursachen dafür sind i. W. in der Aus- und Abspülung von<br />

Halden und dem Austrag von Schlämmen aus Altbergbauanlagen zu suchen. So wurden z. B.<br />

im Bereich der Schlackenhalden in Muldenhütten b. Freiberg ca. 6.300 t, und aus dem Flussbett<br />

der Freiberger Mulde in diesem Bereich ca. 2.300 t abgetragen.<br />

115


’Schadstoffbelastung nach dem Augusthochwasser 2002 - Ergebnisse und Forschungsbedarf’<br />

Abb 1: Arsen im Oberboden, Gesamtgehalte<br />

116


<strong>Tagungsband</strong> Statusseminar des BMBF-Ad-hoc-Verbundprojektes in Freiberg, 27.-29.08.2003<br />

Abb. 2: Übersichtskarte zur Überschreitung von Prüf- und Maßnahmenwerten, Pfad Boden-Mensch, Boden-Nutzpflanze<br />

117


’Schadstoffbelastung nach dem Augusthochwasser 2002 - Ergebnisse und Forschungsbedarf’<br />

Abb. 3: As im Bachsediment, Fraktion


<strong>Tagungsband</strong> Statusseminar des BMBF-Ad-hoc-Verbundprojektes in Freiberg, 27.-29.08.2003<br />

Tab. 2: Stoffgehalte in Flusssedimenten Sachsens (stream sediments), Fraktion


’Schadstoffbelastung nach dem Augusthochwasser 2002 - Ergebnisse und Forschungsbedarf’<br />

Tab 3: Stoffgehalte in Hochflutschlämmen 2002 und Oberbodenproben sächsischer Auen<br />

(Daten LfUG, LfL, LRÄ u. a. Stand 01/2003)<br />

Fluss<br />

S-Schlamm<br />

A-Oberboden<br />

Element<br />

Probenzahl<br />

Minimum Maximum arithm.<br />

Mittel<br />

P 50<br />

Median<br />

Zwickauer Mulde_S_As 27 23 230 101 95 180<br />

Zwickauer Mulde_A_As 27 20 159 88 92 149<br />

Zwickauer Mulde_S_Cd 26 0,88 13 4,9 3,6 12<br />

Zwickauer Mulde_A_Cd 21 1,0 7,7 3,6 3,2 7,2<br />

Zwickauer Mulde_S_Pb 26 23 370 98 89 150<br />

Zwickauer Mulde_A_Pb 21 47 177 96 96 129<br />

Vereinigte Mulde_S_As 29 16 430 161 140 330<br />

Vereinigte Mulde_A_As 651 0,50 821 147 126 271<br />

Vereinigte Mulde_S_Cd 29 0,65 22 6,8 5,0 14<br />

Vereinigte Mulde_A_Cd 643 0,20 35 7,3 4,4 18<br />

Vereinigte Mulde_S_Pb 29 37 787 302 257 673<br />

Vereinigte Mulde_A_Pb 643 5,3 1850 331 286 680<br />

Zschopau_S_As 27 20 159 88 92 149<br />

Zschopau_A_As 110 16 1000 248 180 539<br />

Zschopau_S_Cd 21 1,0 7,7 3,6 3,2 7,2<br />

Zschopau_A_Cd 91 0,06 4,2 0,88 0,62 1,8<br />

Zschopau_S_Pb 21 47 177 96 96 129<br />

Zschopau_A_Pb 91 24 770 100 89 160<br />

Freiberger Mulde_S_As 59 36 3800 690 480 1800<br />

Freiberger Mulde_A_As 105 8,7 860 186 118 449<br />

Freiberger Mulde_S_Cd 57 0,20 69 13 9,3 30<br />

Freiberger Mulde_A_Cd 98 0,14 37 3,6 1,7 9,0<br />

Freiberger Mulde_S_Pb 57 54 5600 1280 803 3360<br />

Freiberger Mulde_A_Pb 98 24 1970 443 300 1100<br />

Freiberger Mulde_S_Hg 23 0,19 6,9 1,4 1,1 2,4<br />

Freiberger Mulde_A_Hg 26 0,06 2,1 0,61 0,46 1,7<br />

Elbe_S_As 40 4,6 276 41 22 74<br />

Elbe_A_As 605 2,0 120 24 20 44<br />

Elbe_S_Cd 26 0,27 7,7 2,3 2,0 5,6<br />

Elbe_A_Cd 568 0,08 6,0 1,4 0,74 3,7<br />

Elbe_S_Pb 26 47 340 106 96 170<br />

Elbe_A_Pb 568 10 290 67 54 130<br />

Elbe_S_Hg 40 0,02 31 1,5 0,53 1,0<br />

Elbe_A_Hg 594 0,03 23 0,73 0,33 1,9<br />

P 90<br />

120


<strong>Tagungsband</strong> Statusseminar des BMBF-Ad-hoc-Verbundprojektes in Freiberg, 27.-29.08.2003<br />

Schwermetalle in Auenböden der Elbe - ihre Verbreitung, Mobilitäten,<br />

Bindungsformen und ihr Transfer in Nutzpflanzen<br />

Jörg Rinklebe<br />

Sektion Bodenforschung, <strong>UFZ</strong> Umweltforschungszentrum Leipzig - Halle GmbH, Theodor-Lieser-Str. 4,<br />

06120 Halle/Saale, jrinkleb@bdf.ufz.de<br />

1 Einleitung und Problem<br />

Die Auenböden der Elbe sind gegenwärtig aufgrund der aktuellen extremen Hochwasserereignisse,<br />

ihres stofflichen Belastungszustandes sowie durch geplante Retentionsflächenerweiterungen<br />

(Deichrückverlegungen) und die damit im Zusammenhang stehenden ökologischen<br />

Fragestellungen in den Blickpunkt des Interesses gerückt.<br />

Auenböden der Elbe weisen teilweise stark erhöhte Arsen- und Schwermetallkonzentrationen<br />

auf, wie sich u.a. am Rande der Verbundprojekte "Übertragung und Weiterentwicklung eines<br />

robusten Indikationssystems für ökologische Veränderungen in Auen" (RIVA)(Rinklebe et al.,<br />

2001) und "Rückgewinnung von Retentionsflächen und Altauenreaktivierung an der Mittleren<br />

Elbe in Sachsen-Anhalt" (Altermann et al., 2001) zeigte, deren Ergebnisse die bodenkundlichen<br />

Grundlagen für vorliegende Arbeiten schufen. Aufgrund ihrer hohen Heterogenität finden sich<br />

gleichermaßen Schwermetall- und Arsenkonzentrationen unterhalb der Vorsorge- und oberhalb<br />

der Maßnahmenwerte nach BBodSchG (1998) bzw. seiner Verordnung (BBodSchV,<br />

1999)(Rinklebe et al., 1999, 2000a; Rinklebe et Neue, 2003). Eine Mobilisierung von Schwermetallen<br />

und Arsen ist potentiell vorhanden, ein Transport in das Grundwasser und ein Transfer<br />

in Nutzpflanzen sind zu erwarten. Ein Stofftransport in die Nahrungskette kann nicht ausgeschlossen<br />

werden. Somit besteht eine potentielle Gefährdung und ein hinreichender Verdacht<br />

auf schädliche Bodenveränderungen nach § 9 Abs. 2 BBodSchG. Detailuntersuchungen nach §<br />

2 Abs. 4 BBodSchG sind nötig. Über das Mobilitätsverhalten von As, Cd, Cr, Cu, Ni, Pb, Zn<br />

und Hg, deren zeitlicher Dynamik und deren Bindungsformen in Auenböden bestehen jedoch<br />

erhebliche Kenntnislücken. Deshalb wurde das Projekt "Gefahrenabschätzung für Grundwasser<br />

und Nutzpflanzen bei erhöhten Gehalten von Cadmium, Zink, Kupfer, Chrom, Nickel, Blei,<br />

Quecksilber und Arsen in Auenböden der Elbe" konzipiert.<br />

2 Auenbodenformen und Schwermetalle<br />

Vegen aus Auenlehmen sind die meist verbreiteten Böden in Auen. Sie sind kennzeichnend für<br />

höhergelegene Flussterrassen. An der Elbe weisen solche Böden im Vergleich zu anderen<br />

Bodenformen i.d.R. geringere Schwermetallkonzentrationen auf. Gleye aus Auenschlufftonen<br />

sind charakteristische Böden der Flutrinnenstandorte in Flußauen, sie sind ca. 6 bis 8 Monate<br />

im Jahr überschwemmt. Tschernitzen aus Auenlehmen (schwarzerdeähnliche Auenböden) sind<br />

auf unteren, flussnahen Niederterrassen weit verbreitet und werden regelmäßig mit Wasserschwankungen<br />

bis zu 5 m überflutet. (Rinklebe et al., 2000b,c).<br />

Auenböden mit erhöhten Arsen- und Schwermetallgehalten sind räumlich determinier- und<br />

abgrenzbar. Die Böden der Niederterrassen (Tschernitzen aus Auenschluffen) sowie die Böden<br />

der Senken, Flutrinnen, Mulden und wannenartigen Vertiefungen (Gleye aus Auenschlufftonen)<br />

weisen die höchsten Schwermetallkonzentrationen auf (Abb. 1).<br />

Die Tschernitzen aus Auenschluffen zeigen im Median die höchsten Cd- und Zn-Konzentrationen<br />

und unterscheiden sich signifikant von den Gleyen aus Auenschlufftonen (Abb. 1). Die<br />

Vegen aus Auenlehmen und die Gleye aus Auenschlufftonen lassen sich statistisch nicht diskriminieren,<br />

da die Heterogenität der Stoffkonzentrationen innerhalb der Bodenformen hoch ist.<br />

Außerdem bewirken Übergänge zwischen beiden Bodenformen eine verminderte Trennbarkeit.<br />

121


’Schadstoffbelastung nach dem Augusthochwasser 2002 - Ergebnisse und Forschungsbedarf’<br />

18<br />

16<br />

14<br />

1800<br />

1600<br />

1400<br />

Cd [mg/kg]<br />

12<br />

10<br />

8<br />

6<br />

4<br />

2<br />

0<br />

N =<br />

21<br />

Vegen aus Auenlehmen<br />

37<br />

7<br />

Tschernitzen aus Aue<br />

Gleye aus Auentonen<br />

Gleye aus Auentonen<br />

Abb. 1: Cadmium- und Zinkkonzentrationen sowie deren Variabilität (Minima, Maxima, Quantile, Mediane)<br />

differenziert nach Auenbodenformen aus drei Gebieten (Steckby, Wörlitz, Sandau) (Methoden- und Standortsbeschreibungen<br />

siehe Franke et al. 1999; Rinklebe et al. 2001)<br />

Zn [mg/kg]<br />

1200<br />

1000<br />

800<br />

600<br />

400<br />

200<br />

0<br />

N =<br />

21<br />

Vegen aus Auenlehmen<br />

14 29<br />

35<br />

7<br />

Tschernitzen aus Aue<br />

Des weiteren sind im Unterlauf der Elbe (UG Sandau) tendenziell die Schwermetallkonzentrationen<br />

höher als im Oberlauf (UG Wörlitz und Steckby)(Franke et al. 1999). Die untersuchten<br />

Schadstoffe verhalten sich tendenziell ähnlich, so lässt sich hinsichtlich der Schwermetallkonzentrationen<br />

in den Bodenformen der untersuchten Auenböden folgende Reihung ableiten:<br />

Tschernitzen aus Auenschluffen > Gleye aus Auentonen = Vegen aus Auenlehmen<br />

Schadstoffkonzentrationen können folglich bei Kenntnis der Verbreitung von Auenbodenformen prognostiziert<br />

werden.<br />

Zur Prognose von Schwermetallkonzentrationen in Auenböden könnte Hilfsweise - bis zum<br />

Vorliegen detaillierter Bodenkarten - der enge Zusammenhang zwischen Geländehöhe und<br />

Bodenform (Stoffkonzentration) genutzt werden. Hierfür sind genaue (z.B. auf der Basis von<br />

Scan- oder Foto-Befliegungen erstellte) topographische Karten notwendig. Diese sind<br />

schneller, einfacher und kostengünstiger als Boden(formen)karten zu erstellen. Ungeachtet<br />

dessen wird mittel- bis langfristig eine flächendeckende und großmaßstäbige bodenkundliche<br />

Erkundung der Auenökosysteme der Bundesrepublik Deutschland und darüber hinaus für<br />

notwenig erachtet.<br />

3 Bindungsformen von Schwermetallen und Arsen<br />

Die Quantifizierung der Bindungsformen von As, Cd, Cr, Cu, Ni, Pb und Zn in Auenböden ist<br />

für eine Mobilitätsprognose von SM wertvoll. Das sequentielle Extraktionsverfahren nach<br />

Zeien et Brümmer (1989) ermöglicht, die an die mobile oder die an die leicht nachlieferbare<br />

Bodenfraktion gebundenen, die in Manganoxide okkludierten, die an die organische Bodensubstanz<br />

adsorbierten, die in amorphe oder kristalline Fe-Oxide okkludierten oder die durch die<br />

residuale Bodenfraktion fixierten Metalle separat zu erfassen. Die Metalle in den ersten vier<br />

Fraktionen sind mobilisierbar oder potentiell nachlieferbar und können bei sich ändernden Milieubedingungen<br />

(z.B. pH-Wert-Absenkung) in die Bodenlösung gelangen. Metalle in amorphen<br />

und kristallinen Fe-Oxiden sowie in residualen Bodenfraktionen werden als immobil angesehen,<br />

da sie kaum an Stoffkreisläufen beteiligt sind.<br />

Cadmium ist das mobilste SM, mehr als 80 % sind im potentiell mobilisierbarem Pool<br />

gebunden. Arsen ist vorrangig an die organische Bodensubstanz und an amorphe Fe-Oxide<br />

gebunden, ca. 50 % des Arsens sind potentiell mobilisierbar. Gasförmige Freisetzungen sind<br />

122


<strong>Tagungsband</strong> Statusseminar des BMBF-Ad-hoc-Verbundprojektes in Freiberg, 27.-29.08.2003<br />

hierbei unberücksichtigt. Zink verteilt sich in den Tschernitzen aus Auenschluffen relativ<br />

gleichmäßig auf alle Fraktionen, ca. 50 % sind im potentiell mobilisierbarem Pool gebunden. In<br />

den Gleyen aus Auenschlufftonen sind bis zu 10 % mobil, ansonsten ist Zn präferentiell in<br />

amorphe und kristalline Fe-Oxide und die Residualfraktion okkludiert. Cd und Ni werden bei<br />

niedrigen pH-Werten mobilisiert und können in die Bodenlösung gelangen, weshalb eine potentielle<br />

Gefährdung für Grundwasser und Pflanzen nicht auszuschließen ist. Cu und Pb sind mobilisierbar<br />

und können bei Milieuänderungen aus der organischen Bodensubstanz freigesetzt<br />

werden und in die Bodenlösung gelangen. Cr verhält sich immobil im Boden, weshalb von<br />

diesem Element eine sehr geringe Gefährdung ausgeht. (Overesch, 2002; Rinklebe et al., 2002).<br />

4 Mobile Schwermetalle in der Bodenlösung<br />

Die Schwermetalle in der Bodenlösung unterliegen aufgrund des Wechsels zwischen Trockenheit<br />

und Überflutung einer enorm hohen Dynamik. Bis zu 98 % der zeitlichen Variabilität der<br />

mobilen Schermetalle in der Bodenlösung im Freiland sind mittels multiblen Korrelationen von<br />

Bodenparametern nachweis- und quantifizierbar. Der Einfluß von gelöstem organischem<br />

Kohlenstoff (DOC), Bodenfeuchte und pH-Wert dominiert und könnte zur Prognose der Mobilisierung<br />

von Cd und Zn genutzt werden.<br />

5 Schwermetallen und Arsen im bodennahen Grundwasser<br />

Bei Arsen, Blei, Nickel und Cadmium treten teilweise Grenzwertüberschreitungen nach der<br />

TRINKWASSERVERORDNUNG (TVO)(2001) auf, so dass ein weiteres Monitorring dringend<br />

notwendig ist. Nach der vorliegenden Datenlage und dem bisherigen Kenntnisstand<br />

scheint durch die erhöhten Gehalte von Quecksilber, Chrom, Zink und Kupfer in Auenböden<br />

der Elbe hingegen keine akute Gefahr im Sinne der TRINKWASSERVERORDNUNG<br />

(TVO)(2001) für das bodennahe Grundwasser zu bestehen. (Rinklebe et Neue, 2003).<br />

6 Schwermetalle und Arsen in Pflanzenarten<br />

Abb. 2 und 3 zeigen exemplarisch die Arsen- und Cadmiumkonzentrationen in Wiesenfuchsschwanz<br />

(Alopecurus pratensis), Gemeinem Beifuß (Artemisia vulgaris), Gemeiner Quecke<br />

(Elymus repens), Rohrglanzgras (Phalaris arundinacea) und Großer Brennessel (Urtica dioica)<br />

auf einer Tschernitza aus Auenschluff in Wörlitz zum zweiten Erntetermin (Sommer).<br />

Das Wiesenfuchsschwanzgras ist eine im Auengrünland häufig bestandesbildende, weit<br />

verbreitete Pflanze, welche eine hohe Futterqualität besitzt. Alopecurus pratensis weist die<br />

höchsten Arsenkonzentrationen der untersuchten Pflanzenarten auf (Abb. 2). Artemisia vulgaris<br />

hingegen scheint präferenziell Cadmium zu akkumulieren (Abb. 3).<br />

7 Schwermetalle im Grünlandaufwuchs<br />

Im Grünlandaufwuchs der Böden mit erhöhten Schwermetall- und Arsenkonzentrationen liegen<br />

die Cd-, Hg- und As- Gehalte teilweise über den Grenzwerten der Futtermittelverordnung<br />

(beispielhaft Abb. 4).<br />

Ungewaschene Proben zeigen in der Regel im arithmetischen Mittel höhere Elementgehalte als<br />

gewaschene. Insbesondere am Standort P1 sind die Cd-Gehalte in den ungewaschenen Proben<br />

stark gegenüber den gewaschenen Proben erhöht (Abb. 4).<br />

8 Konsequenzen - Forschungs- und Handlungsbedarf:<br />

• Monitorring in Boden, Wasser und Pflanzen<br />

123


’Schadstoffbelastung nach dem Augusthochwasser 2002 - Ergebnisse und Forschungsbedarf’<br />

• Erforschung steuernder Prozesse im Labor (z.B. bei variierenden Redoxbedingungen) und<br />

im Gewächshaus (z.B. Boden-Pflanze-Transfer)<br />

• bodenkundliche Feinkartierung von Auenböden zur Prognose der Schadstoffverteilung<br />

(Gefahrenabschätzung lt. BBodSchG bzw. BBodSchV)<br />

• Bioverfügbarkeitstests<br />

• Überwachung der Fleischqualität in Nutztieren<br />

• Beweidung/ Mahd auf Böden der Niederterrassen (Tschernitzen aus Auenschluffen) sowie<br />

auf Böden der Senken, Flutrinnen und Mulden (Gleye aus Auenschlufftonen) ist aufgrund<br />

erhöhter Arsen- und Schwermetallgehalte präventiv nicht zu empfehlen<br />

• Prüfung zur Überführung der Standorte mit erhöhten Schadstoffgehalten in andere Nutzungsformen<br />

(z.B. Wald, naturnahe Biotope)<br />

Die Standorte der schwermetallbelasteten Böden der Niederterrassen (Tschernitzen aus<br />

Auenschluffen) eignen sich hervorragend zur Re-Etablierung von naturnahen Auenwäldern an<br />

der Elbe in Sachsen-Anhalt.<br />

3,0<br />

2,5<br />

Grenzwert FMVO<br />

Futtermittelverordnung (2000)<br />

2,0<br />

As [ppm]<br />

1,5<br />

1,0<br />

0,5<br />

0,0<br />

Alopecurus<br />

pratensis<br />

Artemisia<br />

vulgaris<br />

Elymus repens<br />

Phalaris<br />

arundinacea<br />

Urtica dioica<br />

Abb. 2: Arsengehalte [ppm] in Wiesenfuchsschwanz (Alopecurus pratensis), Gemeinem Beifuß (Artemisia<br />

vulgaris), Gemeiner Quecke (Elymus repens), Rohrglanzgras (Phalaris arundinacea) und Großer Brennnessel<br />

(Urtica dioica) zum zweiten Erntetermin (Sommer) auf einer Tschernitza aus Auenschluff in Wörlitz<br />

5,0<br />

4,5<br />

4,0<br />

3,5<br />

Cd [ppm]<br />

3,0<br />

2,5<br />

2,0<br />

1,5<br />

1,0<br />

0,5<br />

Grenzwert FMVO<br />

Futtermittelverordnung (2000)<br />

0,0<br />

Alopecurus<br />

pratensis<br />

Artemisia<br />

vulgaris<br />

Elymus repens<br />

Phalaris<br />

arundinacea<br />

Urtica dioica<br />

Abb. 3: Cadmiumgehalte [ppm] in Wiesenfuchsschwanz (Alopecurus pratensis), Gemeinem Beifuß (Artemisia<br />

vulgaris), Gemeiner Quecke (Elymus repens), Rohrglanzgras (Phalaris arundinacea) und Großer Brennessel<br />

(Urtica dioica) zum zweiten Erntetermin (Sommer) auf einer Tschernitza aus Auenschluff in Wörlitz<br />

124


<strong>Tagungsband</strong> Statusseminar des BMBF-Ad-hoc-Verbundprojektes in Freiberg, 27.-29.08.2003<br />

Cd-Gehalt [mg/ kg]<br />

Standort: T1 T2 T3 P1 G1 G4<br />

3,0<br />

Mittelwert + Standardfehler<br />

Maximum<br />

Mittelwert<br />

Minimum<br />

Mittelwert - Standardfehler<br />

2,5<br />

Grenzwert FMVO (2000)<br />

Grenzwert FMVO<br />

Futtermittelverordnung (2000)<br />

Cadmium<br />

2,0<br />

1,5<br />

1,0<br />

0,5<br />

0,0<br />

nicht<br />

gew.<br />

(1)<br />

gew.<br />

(1)<br />

gew.<br />

(2)<br />

nicht<br />

gew.<br />

(1)<br />

gew.<br />

(1)<br />

gew.<br />

(2)<br />

nicht<br />

gew.<br />

(1)<br />

gew.<br />

(1)<br />

gew.<br />

(2)<br />

nicht<br />

gew.<br />

(1)<br />

gew.<br />

(1)<br />

gew.<br />

(2)<br />

nicht<br />

gew.<br />

(2)<br />

gew.<br />

(2)<br />

nicht<br />

gew.<br />

(1)<br />

gew.<br />

(1)<br />

Abb. 4: Cd-Konzentrationen und deren Variabilitäten in gewaschenen und ungewaschenen Pflanzenmischproben<br />

aus Plots von 1 m 2 bei zwei Mahdterminen und jeweils 4 Replikationen (gew.: gewaschen, (1): Frühjahr,<br />

(2): Sommer)<br />

Die Böden der Senken, Flutrinnen, Mulden und wannenartigen Vertiefungen (Gleye aus<br />

Auenschlufftonen) sind 6 bis 8 Monate im Jahr überstaut, die Futterqualität ist hier deutlich<br />

schlechter als auf den geringer belasteten Hochterrassen der Auenlehmdecke. Außerdem ist hier<br />

die Bewirtschaftung schwieriger, da Mähfahrzeuge an den Hängen nur schwer arbeiten können<br />

und sich festfahren bzw. weidende Tiere im Schlamm einsinken. Diese Böden nehmen relativ<br />

geringe Flächenanteile der Überschwemmungsgebiete ein. Insbesondere diese Standorte<br />

werden aus Naturschutzsicht als besonders wertvoll (Feuchtbiotope) eingeschätzt.<br />

9 Literatur<br />

Altermann, M.; Rosche, O.; Wiechmann, H.; Eisenmann, V. (2001): Zustand und Eigenschaften der Auenböden<br />

sowie deren ökologische Eigenschaften nach Deichrückbau. Endbericht des Teilprojektes 2<br />

Bodenkunde und Ökologie des vom Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt geförderten<br />

Projektes: Rückgewinnung von Retentionsflächen und Altauenreaktivierung an der Mittleren Elbe in<br />

Sachsen-Anhalt" (FKZ: 0339576). 169 S. und Anhang.<br />

BBodSchG - Bundes-Bodenschutzgesetz mit Erläuterungen (1998): In: Holzwarth, F.; Radtke, H.; Hilger, B.;<br />

Bachmann, G. (2000) Bundes-Bodenschutzgesetz/ Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung.<br />

Handkommentar. 2. Aufl., Bodenschutz und Altlasten. Bd. 5. Erich Schmidt Verlag. 47-273.<br />

BBodSchV - Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung mit Erläuterungen (1999): In: Holzwarth, F.;<br />

Radtke, H.; Hilger, B.; Bachmann, G. (2000) Bundes-Bodenschutzgesetz/ Bundes-Bodenschutz- und<br />

Altlastenverordnung. Handkommentar. 2. Aufl., Bodenschutz und Altlasten. Bd. 5. Erich Schmidt<br />

Verlag. 275-448.<br />

Franke, C.; Rinklebe, J.; Heinrich, K.; Neumeister, H.; Neue, H.-U.,; Geyer, S. (1999): Räumliche Verteilung<br />

ausgewählter Bodenkennwerte im Biosphärenreservat "Mittlere Elbe" und Landschaftsschutzgebiet<br />

"Untere Havel". Leipziger Geowissenschaften. 11. 167-174.<br />

FMVO Futtermittelverordnung (2000): Neufassung der Futtermittelverordnung vom 23.11.2000. 133 S.<br />

125


’Schadstoffbelastung nach dem Augusthochwasser 2002 - Ergebnisse und Forschungsbedarf’<br />

Overesch, M. (2002): Schwermetalle in Auenökosystemen der Mittleren Elbe - Bindungsformen in Böden<br />

und Gehalte in Pflanzen. Diplomarbeit. Universität Münster. 126 S. und Anhang.<br />

Rinklebe, J.; Franke, C.; Heinrich, K.; Helbach, C.; Meyenburg, G.; Neue, H.U. (2001): Abschlussbericht an<br />

das BMBF. Verbundprojekt: "Übertragung und Weiterentwicklung eines robusten Indikationssystems<br />

für ökologische Veränderungen in Auen" (RIVA). Teilprojekt II.2 - Boden. 73 S. und Anhang.<br />

Rinklebe, J., Franke, C.; Heinrich, K.; Neumeister, H.; Neue, H.-U. (1999): Die Verteilung von Schwermetallen<br />

in Bodenprofilen von Auenböden im Biosphärenreservat Mittlere Elbe. Leipziger Geowissenschaften.<br />

11. 129-138.<br />

Rinklebe, J.; Heinrich, K.; Morgenstern, P.; Franke, C.; Neue, H.-U. (2000a): Heavy metal concentrations,<br />

distributions and mobilities in wetland soils. In: Mitteilung Nr. 6 der Bundesanstalt für Gewässerkunde/<br />

Projektgruppe Elbe Ökologie, Koblenz - Berlin. <strong>Tagungsband</strong> des Statusseminars Elbe - Ökologie vom<br />

02. bis 05. November 1999 in Berlin. 227-228.<br />

Rinklebe, J., Helbach, C., Franke, F., Neue, H.-U. (2000b): Großmaßstäbige Bodenformenkarte der "Schöneberger<br />

Wiesen" bei Steckby im Biosphärenreservat Mittlere Elbe. In: Bundesamt für Naturschutz,<br />

Bonn (Hrsg.) Renaturierung von Bächen, Flüssen und Strömen. Angewandte Landschaftsökologie. Heft<br />

37. Bonn - Bad Godesberg. 325-328.<br />

Rinklebe, J.; Marahrens, S.; Böhnke, R.; Amarell, U.; Neue, H.-U. (2000c): Großmaßstäbige bodenkundliche<br />

Kartierung im Biosphärenreservat Mittlere Elbe. In: Friese et al. (Hrsg.) Stoffhaushalt von Auenökosystemen.<br />

Böden und Hydrologie, Schadstoffe, Bewertungen. Springer Verlag. Berlin-Heidelberg-New<br />

York. 27-35.<br />

Rinklebe, J; Neue, H.U. (2003): Zweiter Zwischenbericht. Des vom Ministerium für Landwirtschaft und<br />

Umwelt des Bundeslandes Sachsen - Anhalt geförderten und vom Landesamt für Umweltschutz (LAU)<br />

verwalteten Forschungsprojektes "Gefahrenabschätzung für Grundwasser und Nutzpflanzen bei<br />

erhöhten Gehalten von Cadmium, Zink, Kupfer, Chrom, Nickel, Blei, Quecksilber und Arsen in Auenböden<br />

der Elbe" (FKZ 76213/08/01) 100 S.<br />

Rinklebe, J.; Overesch; M.; Neue, H.-U. (2002): Mobilitäten und Bindungsformen von Schwermetallen in<br />

Auenböden der Elbe. In: Geller et al. (Hrsg.) Die Elbe - neue Horizonte des Flussgebietsmanagements.<br />

10. Magdeburger Gewässerschutzseminar. Teubner Verlag. 78-81.<br />

Trinkwasserverordnung (TVO) (2001): Verordnung zur Novellierung der Trinkwasserverordnung vom 21.<br />

Mai 2001. 23 S.<br />

Zeien, H.; Brümmer, G. W. (1989): Chemische Extraktion zur Bestimmung von Schwermetallbindungsformen<br />

in Böden. Mitteilungen der Deutschen Bodenkundlichen Gesellschaft. 59/I. 505-510.<br />

10 Danksagung<br />

Dankenswerterweise wird dieses Forschungsprojekt vom Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt<br />

des Bundeslandes Sachsen - Anhalt finanziell gefördert und vom Landesamt für Umweltschutz (LAU)<br />

verwaltet. (FKZ: 76213/ 08/ 01).<br />

126


<strong>Tagungsband</strong> Statusseminar des BMBF-Ad-hoc-Verbundprojektes in Freiberg, 27.-29.08.2003<br />

Ansätze einer integrierten und adressaten-orientierten Forschung zum<br />

gesellschaftlichen Hochwasserrisiko-Management<br />

Jochen Schanze<br />

Institut für ökologische Raumentwicklung e.V. (IÖR) im Dresden Flood Research Center e.V. (i.G.),<br />

Weberplatz 1, 01217 Dresden, J. Schanze@ioer.de<br />

1 Einführung<br />

Die Aufarbeitung des Elbe-Hochwassers 2002 ist bestimmt durch die Analyse des Ereignisses<br />

und die Beseitigung der Folgen. Die im Darthmouth Observation Center als Nummer 42 registrierte<br />

Flut hat mit 12,2 Mrd. € die größten Schäden eines europäischen Binnenland-Hochwasser<br />

erreicht (Munich Re Group 2003). In Anbetracht der bisher vorherrschenden<br />

Schadensbeseitigung stellt sich die Frage, inwieweit ein neuerliches, vergleichbares Ereignis zu<br />

weniger schwerwiegenden Auswirkungen führen würde. Die offenkundigen und umfassenden<br />

Defizite in der Vorsorge vor der Elbeflut belegen, dass es diesbezüglich nicht nur um einen<br />

Wiederaufbau gehen kann. Vielmehr bedarf es einer grundlegenden Auseinandersetzung der<br />

praktizierten Vorsorgestrategien. Vor diesem Hintergrund stellt der Beitrag zwei Paradigmen<br />

der Hochwasservorsorge gegenüber und leitet daraus Anforderungen an den Umgang mit Hochwasser<br />

und die diesbezügliche Forschung ab.<br />

2 Begriffsverständnis<br />

2.1 Paradigma des traditionellen Hochwasserschutzes<br />

Die Aufgabe des ingenieurwissenschaftlich geprägten Hochwasserschutzes bestand im Binnenland<br />

traditionell vorrangig in der Anlage von Deichen. Jene dienten historisch betrachtet<br />

zunächst der Gewinnung von landwirtschaftlichen Nutzflächen zur Verbesserung der<br />

Nahrungsmittelversorgung der Bevölkerung. Später kam der Schutz von größeren Siedlungen<br />

hinzu, welche wegen der Nutzung der Flüsse als Verkehrsmittel, Energiequelle etc. auf die<br />

Flussnähe angewiesen waren. In beiden Fällen bestand die Aufgabe des Hochwasserschutzes in<br />

der Begrenzung der Überflutung natürlicher Überschwemmungsgebiete. An der Elbe führte<br />

dies zu einem Rückgang der Retentionsfläche um 86,4 % (Jährling 1998). Aus Kostengründen<br />

war der Schutz dieser Nutzungen auf Ereignisse häufigerer Wiederkehrwahrscheinlichkeit<br />

ausgelegt. Erst in der 2. Hälfte des vergangenen Jahrhunderts konnte für einzelne Flussgebietsabschnitte<br />

- auch der Elbe (IKSE 2001) - der Aufwand für Binnenland-Deiche größerer Länge<br />

für bis 100-jährliche Bemessungsereignisse realisiert werden.<br />

Deichbaumaßnahmen in Verbindung mit anderen Querschnittsverengungen (Uferver- und -<br />

bebauung, Brückenbauwerke etc.) führten in ihrer Kumulation beim Elbe-Hochwasser 2002 zu<br />

einer Verschärfung des extremen Abflussereignisses. Im Elbelauf ergaben sich dadurch deutlich<br />

höhere Wasserstände als sie bei vergleichbarer Wassermengen - beispielsweise am<br />

31.03.1845 - gemessen worden waren (vgl. Kroll & Seigert 2002). Unerwartet breite Ausuferungen<br />

waren die Folge. Hinzu kamen Überflutungen von Deichen und Deichbrüche an Elbe<br />

und Mulde. Scheinbar nicht überschwemmungsgefährdete oder als geschützt geltende Gebiete<br />

wurden überstaut. Dabei hat sich gezeigt, dass gerade in den ufernahen Bereichen und hinter<br />

den Deichen seit der Wende eine erhebliche Zunahme der Schadenspotenziale stattgefunden<br />

hat.<br />

Völlig andere Bedingungen ergaben sich in den Tälern des Osterzgebirges. Aus der Geschichte<br />

ebenfalls bekannte, durch das meteorologische Extremereignis jedoch besonders starke<br />

Abflussverhältnisse verursachten gewaltige Sturzfluten. Nach Bemessungsereignissen angelegte<br />

Schutzmauern und Gewässerverlegungen (z.B. 230 m³ statt real ca. 430 m³ für Weißeritz<br />

127


’Schadstoffbelastung nach dem Augusthochwasser 2002 - Ergebnisse und Forschungsbedarf’<br />

in Dresden) konnten den Wasserstrom nicht kontrollieren. In der Folge entstanden erhebliche<br />

Schäden vor allem durch hohe Schleppspannung, relative weite Ausuferungen der Gewässer<br />

und fehlende Vorwarnung der Betroffenen.<br />

Insgesamt hat sich weder in den Tieflandbereichen noch in den Gebirgstälern der auf Gefahrenabwehr<br />

und Schaffung von Sicherheit gegründete traditionelle Hochwasserschutz als tragfähig<br />

erwiesen. Hierfür ist nicht zuletzt die Schadensbilanz für Sachsen ein Beleg (SMUL 2003). Von<br />

6,2 Mrd. € Schadenssumme entfallen auf Wohngebäude, gewerbliche Unternehmen, Infrastruktur<br />

und Hausrat 98,7 %. Wesentliche Ursachen für diese katastrophale Folgen dürften die<br />

Vernachlässigung der Schadenspotenziale, das fehlendes Bewusstsein über die Grenzen bisheriger<br />

Bemessungsereignisse, die mangelnde integrative Betrachtung aller abflussrelevanten<br />

Einflüsse und Handlungen in den Einzugsgebieten, die Entkopplung der gesellschaftlichen<br />

Abwägung zwischen Hochwassergefahr und Nutzung der Überschwemmungsgebiete sowie ein<br />

Mangel an geeigneten Formen der Informationsbereitstellung und Zusammenarbeit der<br />

maßgeblichen Akteure sein. Diese Befunde lassen ein Festhalten am Konzept des Hochwasserschutzes<br />

nicht sinnvoll erscheinen.<br />

2.2 Paradigma des Hochwasserrisiko-Managements<br />

Aus der Seltenheit von extremen Hochwasserereignissen folgt eine intrinsische Unvorhersehbarkeit<br />

der von ihnen ausgehenden Gefahren. Diese Gefahren können außerdem nicht ohne die<br />

daraus resultierenden Schäden interpretiert werden. Aus diesem Grund ist das Konzept des<br />

Risikos und dessen Handhabung für den Umgang mit Hochwasser unverzichtbar. Dahingehend<br />

wird im Folgenden von einem entscheidungsbezogenen Risikobegriff ausgegangen (vgl. Breckling<br />

& Müller 2000, Greiving 2002). Er bezieht über die einfache Formel "Schaden * Eintrittswahrscheinlichkeit"<br />

hinaus eine Abwägung zwischen Schaden und aufgewandten Kosten für<br />

Schutzmaßnahmen einerseits und dem entgangenen Nutzen andererseits mit ein. Letztere<br />

beschränkt sich nicht auf eine reine Berechung, sondern schließt die gesellschaftlichen<br />

Entscheidungen mit ein. Die Entkoppelung der Ableitung der Gefahrenspotenziale durch die<br />

Wasserwirtschaft und der planerischen Entscheidung über die Schadensentwicklung kann<br />

dadurch als Bewertungs- und Entscheidungsproblem zusammengeführt werden.<br />

Unter Berücksichtigung der Dynamik des Risikos durch Veränderungen in Einzugsgebieten<br />

und Maßnahmen zur Risikominderung entsteht ein Hochwasserrisiko-Management (vgl.<br />

Hooier et al. 2002). Es wird an dieser Stelle definiert als "kontinuierlicher gesellschaftlicher<br />

Entscheidungsprozess, bei dem die Nutzung der Abflussentstehungsgebiete und der Überschwemmungsgebiete<br />

einerseits und die Schadenspotenziale und Minimierungsmaßnahmen<br />

andererseits vor dem Hintergrund des simulierten Hochwasserrisikos abgewogen wird" (vgl.<br />

Schanze 2002). Es variiert in Abhängigkeit von Gewässertypen (Flüsse, Estuare, Küsten) und<br />

Fluttypen (Sturzflutungen, Sommerhochwasser, etc.), der Charakteristik von Landschaften und<br />

dem gesellschaftlichen Gegebenheiten (soziokulturell, ökonomisch, rechtlich).<br />

Die Teilaspekte des Hochwasserrisiko-Managements enthält Abbildung 1. Drei Komplexe sind<br />

zu unterscheiden: Risikoanalyse, Risikobewertung und Risikovermeidung (nach Plate 1999,<br />

stark verändert). Dieses zunächst recht einfache Konzept des Umgangs mit Hochwasser erweist<br />

sich in seiner Durchdringung als äußerst vielschichtig. Die Risikoanalyse (Risk analysis) erfordert<br />

für kontinuierliche Entscheidungssituationen die fortlaufende Ermittlung des Hochwasserrisikos.<br />

Dabei ist bereits die Bestimmung der Hochwassergefahr (hazard) einschließlich der<br />

damit verbundenen Unsicherheit keine triviale Aufgabe. Sie erfordert insbesondere die Berücksichtigung<br />

der regionalen Bandbreite von Wetterereignissen (einschließlich Klimawandel), die<br />

skalenübergreifende hydrologische und hydrodynamische Modellierung bis hin zu einer hohen<br />

128


<strong>Tagungsband</strong> Statusseminar des BMBF-Ad-hoc-Verbundprojektes in Freiberg, 27.-29.08.2003<br />

Die Risikobewertung (Risk evaluation) hat sich sozialwissenschaftlich mit kulturell (und individuell)<br />

unterschiedlicher Risikowahrnehmung (Risk perception) und planerisch mit der<br />

Abstimmung und Anwendung von intersubjektiven Kriterien für die Beurteilung von Risiken<br />

zu befassen. Bei Letzterem kommt es auch auf Entscheidungs- und Bewertungsverfahren und<br />

deren nachvollziehbare Implementation in formelle und informelle Entscheidungsprozesse an.<br />

Wegen der notwendigen Kopplung an die Risikoanalyse bedarf es hierzu wissenschaftlich<br />

valider und zugleich allgemeinverständlich nutzbarer Decision Support Systeme (DSS).<br />

Bei der Risikominderung (Risk mitigation) sind Vorsorgemaßnahmen (pre-flood), das Katastrophenmanagement<br />

und die Nachsorgemaßnahmen (post-flood) zu unterscheiden. Art und<br />

Bedeutung dieser Maßnahmen hängt von der Einzugsgebietsgröße und dem Typus des Hochwasserrisikos<br />

ab. In großen Flussgebieten steht als Vorsorgemaßnahme beispielsweise die Steuerung<br />

der Schadenspotenziale zur Schadensminderung und zur Gewährleistung eines möglichst<br />

hohen schadfreien Rückhalts (z.B. Sicherung und Reaktivierung von Überschwemmungsgebieten,<br />

Anlage von Flutungspoldern etc.) im Vordergrund. Als lokale Schutzmaßnahmen sind<br />

außerdem Deiche, mobile Absperrtechniken sowie Vorbereitungen auf vorübergehende Überflutungen<br />

(Resilienz-Strategie; De Bruijn & Klijn 2001) von Bedeutung. Neben physischen<br />

Maßnahmen, deren Effektivität sich in der Regel durch die hydrodynamischen und ingenieur-<br />

räumlichen Auflösung der Angaben zu Wasserständen und Strömungsgeschwindigkeit sowie<br />

die wahrscheinlichkeitsstatistische Einordnung beider (vgl. Plate 1999). Für die Sturzfluten im<br />

Mittelgebirgsraum spielen zudem die Vorhersagezeiträume eine Rolle.<br />

Im Hinblick auf die Vulnerabilität sind dem Nachhaltigkeitsprinzip entsprechend in erster Linie<br />

die Potenziale für einen Verlust von Menschenleben, die Zerstörung von Bauwerken, Infrastruktur<br />

und Hausrat, der direkte und indirekte wirtschaftliche Schaden durch Produktionsausfälle<br />

sowie die monetarisierten und nicht-monetarisierten ökologischen Schäden zu betrachten.<br />

Diesbezüglich ist der Kenntnisstand in Deutschland im Vergleich zu England und den Niederlanden<br />

sehr eingeschränkt. Eine multikriterielle Angabe des Hochwasserrisikos - einschließlich<br />

der Berücksichtigung der ständigen Veränderungen in den Einzugsgebieten (Landnutzung etc.)<br />

- ist damit bislang gweitgehend g ausgeschlossen.<br />

j g<br />

Flood risk management<br />

Risk analysis<br />

Risk evaluation<br />

Risk mitigation<br />

Hazard<br />

determination<br />

Vulnerability<br />

determination<br />

Risk<br />

analysis<br />

Risk<br />

perception<br />

Risk<br />

evaluation<br />

Pre-flood<br />

mitigation<br />

Flood<br />

management<br />

Post-flood<br />

mitigation<br />

Probability of<br />

specific flood<br />

events<br />

Expected<br />

changes of<br />

social, economic<br />

and ecological<br />

properties by<br />

specific flood<br />

events<br />

Recurrence<br />

and intensity<br />

of impacts on<br />

social, economic<br />

and<br />

ecological<br />

properties<br />

Individual and<br />

public appreciation<br />

of flood risks<br />

Individual and<br />

public balance<br />

between flood<br />

risk and utilisation<br />

of floodrelated<br />

areas<br />

Technical<br />

measures,<br />

regulatory,<br />

financial and<br />

communicative<br />

instruments<br />

for flood<br />

mitigation<br />

Technical<br />

measures and<br />

organisational<br />

activities (earty<br />

warning,<br />

evacuation<br />

etc.)<br />

Technical<br />

measures;<br />

regulatory,<br />

financial and<br />

communicative<br />

activities to<br />

deal with flood<br />

damages<br />

Abb. 1: Systematik der Teilaufgaben des Hochwasserrisiko-Managements (eigene Darstellung)<br />

129


’Schadstoffbelastung nach dem Augusthochwasser 2002 - Ergebnisse und Forschungsbedarf’<br />

wissenschaftliche Modelle simulieren lassen, gehören zur Risikominderung auch planerische,<br />

rechtliche, ökonomische, politische und organisatorische Instrumente. So spielen in den Mittelgebirgen<br />

mit ihren Sturzfluten das Katastrophenmanagement mittels Frühwarnsystemen die<br />

maßgebliche Rolle.<br />

Nachdem das skizzierte Hochwasserrisiko-Management nur einzugsgebietsbezogen durchgeführt<br />

werden kann, erfordert es gebiets- und fachübergreifende Kooperationen. Mit ihnen lassen<br />

sich die Inkompatibilität von Einzugsgebiet und Verwaltungsgrenzen sowie der Abstimmungsbedarf<br />

zwischen den zu beteiligenden Ressorts überwinden. Zur Förderung von Kooperationen<br />

können informelle oder formelle Zweckgemeinschaften gebildet werden, die ausreichende<br />

Transparenz gegenüber der Öffentlichkeit aufweisen müssen.<br />

3 Ansätze zur Operationalisierung des Hochwasserrisiko-Managements<br />

Die skizzierte Vielschichtigkeit von Risikoanalyse und Management im Zusammenhang mit<br />

Hochwasser stellen an die Forschung besondere Anforderungen. Alleine die Abbildung der<br />

Prozesskette Niederschlag - Abfluss - Ausuferung - Schadensverursachung erfordert eine<br />

Kopplung und Weiterentwicklung vorhandener Prozessmodelle.<br />

Problematisch sind dabei die oben erwähnten Defizite bei der Modellierbarkeit von Vulnerabilitität<br />

und Schadensentstehung. Sie sind unabdingbare Voraussetzungen für die monokriterielle<br />

Bewertung der sozialen, ökonomischen, ökologischen wie auch die multikriterielle Bewertung<br />

der Hochwasserrisiken unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten. Für die Abstimmung der Kriterien,<br />

aber auch für die Handhabung der prozessual einsetzbarer DSS bzw. Frühwarnsysteme,<br />

bedarf es geeigneter Regeln und Verfahrensweisen in den gesellschaftlichen Entscheidungsprozessen<br />

des Risiko-Managements. Jene hängen ab von der Dynamik der Hochwassergefahr, wie<br />

dies anhand der Unterscheidung des Augusthochwassers nach Elbestrom und Sturzflut der<br />

Nebenflüsse bereits dargestellt worden ist. In Abhängigkeit vom Fluttypus variieren sie vom<br />

"Strategic Programming" für geringe Umweltdynamik bis zu "Preparedness Strategies" für die<br />

Sturzfluten (vgl. Volberda 1998). Die Beteiligung an diesen Entscheidungsprozessen hat<br />

society<br />

analysis of social resilience and acceptance<br />

analysis of economic<br />

effects<br />

Decision making process referred to flood risk and river basin management<br />

balancing flood risk and water quality<br />

current state progn. state target state<br />

strategic alternatives of<br />

activities, scenarios<br />

gauged<br />

parameter<br />

model system<br />

indicators<br />

coupled models<br />

parameters<br />

Flood risk /<br />

environmental<br />

quality target<br />

operationalisation of<br />

strategic alternatives of<br />

activities,<br />

scenarios<br />

gauging data<br />

measures<br />

water with catchment / basin<br />

Abb. 2: Wasserwirtschaftliche Umweltbilanz für das Flusseinzugsgebiets-Management (Schanze<br />

2000) in einer ersten Erweiterung für das Hochwasserrisiko-Management<br />

130


<strong>Tagungsband</strong> Statusseminar des BMBF-Ad-hoc-Verbundprojektes in Freiberg, 27.-29.08.2003<br />

einzugsgebiets- und problemadäquat zu erfolgen, weshalb in der Regel gebiets- und fachübergreifende<br />

Kooperationen erforderlich sind. In der Raumforschung liegen dazu Verfahrensansätze<br />

vor.<br />

4 Forschungsempfehlungen aus Sicht des Dresden Flood Research Centers<br />

Das Verständnis vom Hochwasserrisiko-Manaagement und die Vorschläge zu dessen Operationalisierung<br />

führen dazu, den Schwerpunkt der künftigen Hochwasserforschung neben den<br />

primär an der Erweiterung partiellen Wissens ausgerichteten Untersuchungen vor allem in der<br />

Zusammenführung, Ergänzung und verbesserten Verwertbarkeit der vorhandenen Methoden<br />

und Modelle zu sehen. Das dies keinesfalls trivial ist, wurde andeutungsweise dargelegt. Im<br />

Einzelnen werden insbesondere die nachfolgenden Fragestellungen als vorrangig eingestuft:<br />

• Entwicklung von Modellkomponenten für multikriterielle Hochwasserrisiko-Analysen (v.a.<br />

hochauflösende Abbildung von Ausuferungen und urbane Vulnerabilität)<br />

• Entwicklung und Erprobung komplexer Managementsysteme durch Kopplung von meteorologischer,<br />

hydrologischer, ökonomischer und planerisch-strategischer Forschung (Frühwarnung,<br />

Vulnerabilität, Preparedness, Resilienz)<br />

• Untersuchung der Auswirkungen des Klimawandels und gesellschaftlicher Veränderungen<br />

auf das Hochwasserrisiko<br />

• Entwicklung von Modellen zur Einbeziehung der einzugsgebietsbezogenen Stoffdynamik<br />

in Hochwaserrisiko-Analysen<br />

• Defizitanalyse, Konzeption und Begleitforschung zur Verbesserung der Implementation<br />

von Informationen über Hochwasserrisiken in gesellschaftliche Entscheidungs- und Planungsprozesse<br />

• Entwicklung und Erprobung von risikospezifischen anwendungsorientierten Management-<br />

Werkzeugen (DSS, Warnsysteme)<br />

• Erarbeitung ökonomischer Instrumente für die kooperative Hochwasservorsorge (u.a. rechtlicher<br />

und ökonomischer Lastenausgleich)<br />

• Untersuchung von Möglichkeiten zur Harmonisierung länderspezifischer Rechtsvorschriften<br />

der Raumentwicklung im Bereich Hochwasservorsorge.<br />

5 Fazit<br />

Die Hochwasservorsorge erfordert einen Paradigmenwechsel vom "Hochwasserschutz" zum<br />

"Hochwasserrisiko-Management". Aus Sicht der Forschung ergibt sich daraus eine transdisziplinäre<br />

Aufgabenstellung. In deren Mittelpunkt steht die Integration von Einzelansätzen zur<br />

Ermittlung von Hochwasserrisiken sowie die adressaten-orientierte Implementierbarkeit der<br />

Risikoanalysen in gesellschaftliche Entscheidungsprozesse. Hierzu bedarf es einer Kopplung<br />

naturwissenschaftlicher Methoden mit wirtschafts-, sozial-, planungs- und rechtswissenschaftlichen<br />

Untersuchungsansätzen. Mit dieser Ausrichtung der Forschung sollten mittelfristig<br />

zugleich die Voraussetzungen für eine Zusammenführung der Belange des Hochwasserrisikomit<br />

dem Flusseinzugsgebiets-Management im Sinne der Entschließung der europäischen<br />

Wasserdirektoren geschaffen werden.<br />

131


’Schadstoffbelastung nach dem Augusthochwasser 2002 - Ergebnisse und Forschungsbedarf’<br />

6 Literatur<br />

Breckling, B. & Müller, F. (2000): Der ökologische Risikobegriff - Einführung in eine vielschichtige<br />

Thematik. In: Breckling, B. & Müller, F. (Hg.); Der ökologische Risikobegriff. Theorie in der Ökologie,<br />

Bd. 1. Frankurt a. M.: 1-15<br />

De Bruijn, K.M., Klijn, F. (2001): Resilient Flood Risk Management Strategies. www.irma-sponge.org.<br />

Greiving, S. (2002): Räumliche Planung und Risiken, Gerling Akademie Verlag, München<br />

Hooier, A., Klijn, F., Kwadijk, J., Pedroli, B. (2002): Irma-Sponge; Toward Sustainable Flood Risk Management<br />

in the Rhine and Meuse River Basins. NCR-Publications 18D - 2002/NL<br />

IKSE - Internationale Kommission zum Schutz der Elbe (2001): Bestandsaufnahme des vorhandenen Hochwasserschutzniveaus<br />

im Einzugsgebiet der Elbe. Magdeburg<br />

Jährling, K.-H. (1998): Deichrückverlegung: Eine Strategie zur Renaturierung und Erhaltung wertvoller<br />

Flußlandschaften? In: Dörfler, E.P. (Hg.); Ökologie und Hochwasserschutz an der Elbe. Dessau: 57-71<br />

Kroll, H. & Seifert, J. (2002): Vorläufiges, fachlich ermitteltes Überschwemmungsgebiet der Elbe für ein<br />

Hochwasser, das statistisch einmal in 100 Jahren auftritt, einschließlich des Abflussbereichs. Sonderdruck<br />

des Umweltatlas der Landeshauptstadt Dresden<br />

Munich Re Group 2003: National catastrophes 2002. topic, annual report. Munich<br />

Plate, E. J. (1999): Flood risk management: a strategy to cope with floods. Bronstert, A.; Ghazi, A.; Hladny,<br />

J.; Kundzewicz, W.; Menzel; L.; Proceeding of the European Expert Meeting on the Oder Flood 1997.<br />

European Commission; Ribamod concerted action. May 18th, 1998, Potsdam<br />

Schanze, J. (2000): Wasserwirtschaftliche Umweltbilanz als Ansatz einer gesamträumlichen und integrativen<br />

Bewirtschaftung von Einzugsgebieten - dargestellt am Beispiel des Bewirtschaftungsplanes Salza. In:<br />

Aktuelle Reihe BTUC, 4.164-71.<br />

Schanze, J. (2002): Nach der Elbeflut - Die gesellschaftliche Risikovorsorge bedarf einer transdisziplinären<br />

Hochwasserforschung. GAIA 11(4), 247 - 254.<br />

SMUL - (Sächsisches Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft) (2003): Schadensausgleich und<br />

Wiederaufbau im Freistaat Sachsen. Dresden<br />

Volberda, H. (1998): Building the Flexible Firm. How to Remain Competitive. Oxford/UK.<br />

132


<strong>Tagungsband</strong> Statusseminar des BMBF-Ad-hoc-Verbundprojektes in Freiberg, 27.-29.08.2003<br />

Langfristige Belastungen von Flusseinzugsgebieten durch Metalle und<br />

Radionuklide aus dem Altbergbau - Forschungs- und Handlungsbedarf für<br />

die Zukunft<br />

Petra Schneider, Karsten Osenbrück<br />

Hydroisotop-Piewak GmbH, Oberfrohnaer Str. 84, 09117 Chemnitz, Tel 0371/850370, Fax 0371/850371,<br />

hydroisotop-piewak@t-online.de<br />

1 Einleitung<br />

In Bezug auf die Entwicklung der Schadstoffbelastung in der Elbe und ihrer Nebenflüsse stellen<br />

die Gruben, Halden und Sedimentationsanlagen des Altbergbaus im Erzgebirge langfristig<br />

wirksame Quellen für die Belastung der Flusseinzugsgebiete durch Metalle und Radionuklide<br />

dar. Die Wasser- und Sedimentqualität im Einzugsgebiet der Elbe, und hier insbesondere der<br />

Mulde wurde durch jahrhundertelangen Silber-, Kupfer-, Zinn- und Uranbergbau anthropogen<br />

stark verändert. Die derzeitigen Prognosen insbesondere zur Sanierung der Hinterlassenschaften<br />

des Altbergbaus lassen erwarten, dass vor allem Metalle und Radionuklide langfristig<br />

in erheblichem Umfang in die Oberflächen- und Grundwässer freigesetzt werden und noch<br />

nicht abschätzbare ökologische Auswirkungen auf das Flusseinzugsgebiet ausüben.<br />

Der Wasser- und Stoffhaushalt in Einzugsgebieten, die von Hinterlassenschaften des Altbergbaues<br />

geprägt sind, ist extremen Randbedingungen unterworfen, wie sie sonst in der Natur nicht<br />

zu finden sind. Dies betrifft sowohl die Speichereigenschaften des Gebietes als auch die oftmals<br />

hohen Schadstoffpotentiale, deren Austrag unmittelbar an die wasserhaushaltlich relevanten<br />

Volumenströme gebunden ist. Klimatologische Extremsituationen können die unkontrollierte<br />

Verbreitung von Radionukliden in der Umwelt zur Folge haben, wenn die Fließwege nicht<br />

genau bekannt sind und/oder im Rahmen von Starkregenereignissen Fließwege aktiviert<br />

werden, die im Normalzustand inaktiv sind. Die Wasserhaushaltsbilanzierung in Einzugsgebieten<br />

stellt das wesentliche Werkzeug für die Ermittlung unterirdischer und oberirdischer<br />

Wasser-Volumenströme in einem Einzugsgebiet dar. Der Wasserhaushalt eines Einzugsgebietes<br />

wird von den klimatischen, hydrologischen, morphologischen und bodenphysikalischen<br />

Eigenschaften der das Einzugsgebiet repräsentierenden Hydrotope geprägt und stellt die<br />

Summe der ökosystemaren Einflüsse dar.<br />

2 Inhaltliche Schwerpunkte des Untersuchungsbedarfs<br />

Inhalt weiterer Forschungsaktivitäten muss es daher sein, eine Erfassung der wasserhaushaltsbestimmenden<br />

Charakteristika von Grund- und Oberflächenabfluss in den Flusseinzugsgebieten<br />

des Altbergbaues vorzunehmen. Ziel ist es hierbei, die wesentlichen Fliesswege zu<br />

erkennen, zu bilanzieren und im Hinblick auf ihr Verhalten auch für den Fall von Starkregenereignissen<br />

zu evaluieren. Dies sollte anhand der konzipierten Wasserhaushaltsmodelle auch im<br />

Hinblick auf die Einflüsse des Klimawandels durchgeführt werden. Es sollten Empfehlungen<br />

abgeleitet werden, wie die Einflüsse extremer Klimasituationen auf die Schadstoffmobilisation<br />

unter Nutzung ökosystemarer Ansätze (Vegetationsoptimierung, Optimierung der Landnutzung<br />

im Einzugsgebiet usw.) minimiert werden können. Nach bisherigen Erfahrungen wird sich<br />

allein durch die Abdeckung von Bergehalden und Absetzanlagen nur kurzfristig eine Minimierung<br />

der Stoffausträge ergeben, da Abdecksysteme altern und damit die Durchlässigkeiten<br />

einige Jahre nach der Abdeckung wieder ansteigen. Infolgedessen werden sich die Metall- und<br />

Radionuklidgehalte in den Vorflutern und im Grundwasser mittelfristig wieder erhöhen.<br />

Zusätzlich verursachen Flutungswasserableitungen aus den untertägigen Grubenbauwerken<br />

ebenfalls eine Frachterhöhung.<br />

133


’Schadstoffbelastung nach dem Augusthochwasser 2002 - Ergebnisse und Forschungsbedarf’<br />

Somit leitet sich im Hinblick auf langfristige Belastungen von Flusseinzugsgebieten durch<br />

Metalle und Radionuklide aus dem Altbergbau folgender Forschungs- und Handlungsbedarf für<br />

die Zukunft ab:<br />

• Bestandsaufnahme des Schadstoffinventars von Halden, Absetzanlagen und Bergwerken<br />

aus dem Altbergbau sowie Prüfung der Mobilisierbarkeit dieses Potentials,<br />

• Wasserhaushalts- und Stofftransportbilanzierung von Halden, Absetzanlagen und Bergwerken<br />

des Altbergbaues auf Einzugsgebietsebene,<br />

• Bilanzierung der langzeitlichen natürlichen ökosystemaren Entwicklung der Einzugsgebiete<br />

des Altbergbaues,<br />

• Entwicklung von Wasserhaushaltsmodellen zur langzeitlichen Bilanzierung des Wasserhaushaltes<br />

von alternativen Abdecksystemen unter verschiedenen Bewuchsbedingungen<br />

(Nadelwald, Laubwald),<br />

• Geotechnische Langzeitstabilität alternativer Abdecksysteme insbesondere unter Berücksichtigung<br />

von Starkregenereignissen,<br />

• Ermittlung bevorzugter Fließwege und langzeitliche Stoffbilanzierung auf diesen (insbesondere<br />

für Starkregenereignisse und Klimawandel),<br />

• Ökotoxikologische Untersuchungen an Fließgewässern, die Vorfluter für Stoffausträge aus<br />

dem Altbergbau bilden sowie Ableitung des gewässerökologischen Pufferpotentials,<br />

• Ermittlung des bereits akkumulierten Schadstoffpools in den Sedimenten sowie die Bedingungen<br />

seiner möglichen Freisetzung,<br />

• Entwicklung innovativer Immobilisierungsverfahren zur Rückhaltung von Schwermetallen,<br />

Radionukliden und Arsen möglichst direkt in der Quelle,<br />

• Prüfung der Eignung natürlicher biologischer Methoden zur in-situ-Immobilisierung von<br />

Halden und Absetzanlagen wie beispielsweise natürliche Sukzession,<br />

• Applikation passiver Sanierungsverfahren auf Halden, Absetzanlagen und Bergwerke sowie<br />

Optimierung geeigneter bereits vorhandener Verfahren.<br />

Neben der Entwicklung von Regionalisierungswerkzeugen stellt die Formulierung von Bewertungsmaßstäben<br />

bzw. Beschaffenheitszielen insbesondere vor dem Hintergrund der EG-<br />

Wasserrahmenrichtlinie einen besonderen Handlungsschwerpunkt dar, da sie im Spannungsfeld<br />

zwischen nachhaltigem Gewässerschutz und sparsamer Mittelverwendung steht.<br />

3 Berücksichtigung der hydraulisch-hydrologischen Besonderheiten in Festgesteins-Einzugsgebieten<br />

Die Heterogenität der hydraulischen Randbedingungen in Einzugsgebieten von Fließgewässerlandschaften,<br />

die aus Festgesteinen aufgebaut sind, stellt eine große Herausforderung sowohl<br />

für die hydraulische Quantifizierung als auch für die Stofftransportmodellierung dar. Hierbei<br />

sind sowohl ungesättigte als auch gesättigte Systeme zu berücksichtigen, die außerdem von<br />

Kluft- und Karstgrundwasserleiter (Grubenhohlräume) beeinflusst werden. Zur umfassenden<br />

hydrologisch-hydraulischen und qualitativen Beschreibung derartiger Sachverhalte müssen<br />

Werkzeuge entwickelt werden, die auch eine Regionalisierung zulassen.<br />

Da sich die Altbergbaustandorte in Sachsen im wesentlichen im Erzgebirge und Vogtland<br />

befinden, sind zwingend die Festgesteins-Problemstellungen zu berücksichtigen, in denen aus<br />

wissenschaftlicher Sicht noch viele Fragen offen sind. Folgende fachlichen Schwerpunkte sind<br />

hier zu benennen (die Auflistung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit):<br />

134


<strong>Tagungsband</strong> Statusseminar des BMBF-Ad-hoc-Verbundprojektes in Freiberg, 27.-29.08.2003<br />

• Entwicklung belastbarer Methoden zur Ermittlung unterirdischer Einzugsgebiete sowie der<br />

Grundwasserneubildung im Festgestein insbesondere für den Fall, dass sich der Festgesteinswasserhaushalt<br />

mit urbanem Wasserhaushalt überlagert,<br />

• Hydraulische Bilanzierung der Verhältnisse zwischen Festgestein und Auflockerungszone<br />

des Festgesteins sowie Ermittlung der standortspezifischen Verteilung der Wasserflüsse in<br />

diesen (wenn möglich: Verallgemeinerung der Ergebnisse je nach Gesteinstyp),<br />

• Entwicklung physikalischer Ansätze zur Wasserhaushaltsbilanzierung in Grubengebäuden<br />

unter Berücksichtigung des Zuflusses aus Matrixpotential und künstlichen bevorzugten<br />

Fließwegen.<br />

Die Ermittlung von Wasserhauhaltsbilanzen in Festgesteinseinzugsgebieten erfordert neben<br />

hydrologischer Erfahrung immer den gekoppelten Ansatz von hydrologischen Wasserhaushaltsbilanzierungsmethoden<br />

(z.B. Festgesteinsmodelle, Abflussganglinienseparierung) mit<br />

isotopenhydrologischen Methoden zur Ermittlung der Verweilzeit der untersuchten Wasserkomponenten.<br />

4 Ermittlung der Grundwasserneubildung im Festgestein<br />

Grundsätzlich können die Methoden zur quantitativen Ermittlung der Grundwasserneubildung<br />

in zwei Gruppen unterschieden werden:<br />

• Prozessorientierte Methoden<br />

die rechnerisch mit Hilfe von Wasserbilanzansätzen die quantitative Beschreibung des Systems<br />

vornehmen, d.h. die Grundwasserneubildung wird als Ziel-Bilanzgröße aus der Differenz<br />

der übrigen Bilanzgrößen ermittelt (z. B Vorhersage des Bodenwasserstromes).<br />

Prozessorientierte Methoden stellen eine Systemanalyse dar.<br />

• Wirkungsorientierte Methoden<br />

die die Quantifizierung der Grundwasserneubildung aus der gemessenen Speicher- bzw.<br />

Grundwasserspiegeländerung bzw. Änderungen in der hydrochemischen und/oder isotopenhydrologischen<br />

Zusammensetzung des Grundwassers vornehmen (z.B. Untersuchung der<br />

Grundwasserstandsschwankungen).<br />

In beiden Fällen sollte ein konzeptionelles Modell des Untersuchungsgebietes bzw. des Grundwasserkörpers<br />

erarbeitet werden, um die relevanten Prozesse zu verstehen. Des weiteren ist im<br />

Hinblick auf die Auswahl geeigneter Quantifizierungsmethoden zu prüfen, ob die flächenhafte<br />

oder die lineare Grundwasserneubildung der dominierende Prozess im Betrachtungsgebiet ist.<br />

Wenn die flächenhafte Grundwasserneubildung der bestimmende Prozess ist, sind prozessorientierte<br />

Methoden ein geeigneter Lösungsansatz. Dominiert die lineare Grundwasserneubildung,<br />

kann die Nutzung prozessorientierter Methoden mit großen Fehlern behaftet sein, da<br />

möglicherweise grundwasserneubildungsrelevante Teilkomponenten nicht erfasst werden. In<br />

diesem Fall ist wirkungsorientierten Methoden der Vorzug zu geben. Für die flächige Ermittlung<br />

der Grundwasserneubildung im Festgestein bedeutet das, dass im ersten Schritt eine hydrologische/hydrogeologische<br />

Strukturanalyse des Gebietes erfolgen muss, um abschätzen zu<br />

können, welche Prozesse und Randbedingungen die Grundwasserneubildung dominieren. Bei<br />

großen Gebieten sind für die flächige Umsetzung der hydrogeologisch/wasserwirtschaftlichen<br />

Randbedingungen GIS-Werkzeuge sehr gut geeignet.<br />

Wasserhaushaltsbilanzierung<br />

Die Grundwasserneubildung stellt die Ergebniskomponente von Wasserhaushaltsmodellen dar,<br />

die wiederum über einen wichtigen Input in Grundwassermodelle verfügt. Die Kopplung von<br />

135


’Schadstoffbelastung nach dem Augusthochwasser 2002 - Ergebnisse und Forschungsbedarf’<br />

Wasserhaushaltsmodellen mit Grundwassermodellen stellt einen aktuellen Schwerpunkt hydrologischer<br />

Forschung dar. Von großer Bedeutung für die Regionalisierung ist, dass geeignete<br />

Wasserhaushaltsmodelle bzw. ihre Eingangsdaten folgendermaßen charakterisiert sein sollten:<br />

• Allgemeingültigkeit der Ergebnis-Aussage für verschiedene Festgesteinstypen,<br />

• zeit- und kostengünstige Erfassung aller Ausgangsparameter,<br />

• alle Parameter müssen flächendeckend in hinreichender Genauigkeit zur Verfügung stehen,<br />

• alle Ausgangsdaten sollten mit Hilfe von Geografischen Informationssystemen erfasst und<br />

weiter verarbeitet werden können.<br />

Zu beachten bei der Arbeit mit Wasserhaushaltsmodellen ist, dass diese kalibriert werden<br />

müssen. Dies ist z.B. unter Nutzung gemessener Trockenwetterabflüsse möglich.<br />

5 Ausblick<br />

Für die Zukunft lässt sich Forschungs- und Handlungsbedarf ableiten, der insbesondere die<br />

Erstellung von Wasserbilanzen und Qualitätsprognosen unter Berücksichtigung von Bergehalden,<br />

Absetzanlagen und alten Grubenhohlräumen umfasst. Ziel muss außerdem vor dem<br />

Hintergrund der Miniminierung der Stoffausträge aus dem Altbergbau und des Eintrages in die<br />

Vorfluter die Entwicklung von alternativen Langzeitverwahrungsmethoden für Halden, Absetzanlagen<br />

und Grubenbaue sein, d.h. von Methoden, die passiv arbeiten. Das bedeutet, dass diese<br />

Methoden naturnah mit einem Minimum an Verbrauchsmitteln ohne Zufuhr zusätzlicher<br />

Energie langfristig funktionieren sollten.<br />

Die Wasser- und Stoffbilanzen bilden die Grundlage für Langzeitprognosen und für die qualitative<br />

und quantitative Konzipierung von passiven Wasserbehandlungsmethoden. Dies beinhaltet<br />

folgende thematischen Ansätze:<br />

• Konstruierte Feuchtraumbiotope (wetlands)<br />

• Geochemische und hydraulische Barrieren<br />

• Nutzung reaktiver Materialien zur in-situ-Immobilisierung (insbesondere unter Tage)<br />

Des Weiteren ist die modellgestützte Qualitätsbewertung für verschiedene Szenarien für die<br />

Gewässerentwicklung erforderlich, aus der ein Maßnahmenkatalog für die Stoffeintragsminimierung<br />

entwickelt werden muss. Variantenberechnungen sind insbesondere für Gewässerabschnitte<br />

erforderlich, die zusätzlich zum Altbergbau mit anderen Stoffen belastet sind, was<br />

wechselseitige geochemische Reaktionen zur Folge haben kann. Für diese Gewässerabschnitte<br />

muss eine fachliche Bewertung unter dem Aspekt der Anforderungen der EG-Wasserrahmenrichtlinie<br />

sowie Darstellung bestehender und absehbarer Konfliktpotentiale vorgenommen<br />

werden. Insgesamt ist die rechtliche Stellung des Altbergbaues zu klären, insbesondere vor dem<br />

Hintergrund, dass die EG-Wasserrahmenrichtlinie die Erreichung des guten chemischen<br />

Zustandes der Oberflächen- und Grundwasser in naher Zukunft vorschreibt.<br />

6 Quellen<br />

SCHNEIDER, P.; NEITZEL, P.; SCHAFFRATH, M., SCHLUMPRECHT, H. (2003) Physico-chemical<br />

Assessment of the Reference Status in German Surface Waters: A Contribution to the Establishment of<br />

the EC Water Framework Directive 2000/60/EG in Germany, In: Hydrochimica et hydrobiologica Acta.<br />

31 (1), pp. 49-63.<br />

136


<strong>Tagungsband</strong> Statusseminar des BMBF-Ad-hoc-Verbundprojektes in Freiberg, 27.-29.08.2003<br />

SCHNEIDER, P.; OSENBRÜCK, K.; NEITZEL, P.L.; NINDEL, K. (2002) In-situ Mitigation of Effluents<br />

from Acid Waste Rock Dumps Using Reactive Surface Barriers - A Feasability Study; Journal of Mine<br />

Water and the Environment, Topical Issue: Large Scale Modeling of the Environment, 21 (2002), p 36-<br />

44.<br />

SCHNEIDER, P., NEITZEL, P.L.; OSENBRÜCK, K., NOUBACTEB, C., MERKEL, B.HURST, S. (2001):<br />

In-situ Treatment of Radioactive Mine Water using Reactive Materials - Results of Lab and Field Experiments<br />

in Uranium Ore Mines in Germany. In: Hydrochimica et hydrobiologica Acta 29 (2001), 2, 1-<br />

10.<br />

SCHNEIDER, P.; NINDEL, K.; KLOTZ, D.; FORSTER, M., VOERKELIUS, S.; SCHREYER, J.;<br />

PIEWAK, M. (2001): Release of Contaminants from uranium mine waste - Laboratory and Field Experiments.<br />

In: Mine Water and the Environment. Journal of the International Mine Water Association (20):<br />

30 -38.<br />

KUNZE, C.; SÄNGER, H.; SCHNEIDER, P.(2002): RecuSim - A Tool for the Longterm Simulation of the<br />

Development of Plant Populations in Extreme Environments; In: Landnutzung und Landentwicklung<br />

43, 1-8 (2002), ISSN 0934-666X.<br />

SCHNEIDER P; SCHAFFRATH M; NINDEL K (2002): Hydrology of Engineered Covers of Waste Rock<br />

Dumps towards Heavy Rainfall Phenomena: A Case Study in Uranium Mill Tailings Mitigation, in:<br />

Merkel B.J.; Planer-Friedrich, B.; Wolkersdorfer, C: Uranium in the Aquatic Environment, pp. 165-172,<br />

Springer Verlag.<br />

NEITZEL PL, SCHNEIDER P, SCHLUMPRECHT H (2002): Physico-chemical Surface Water Conditions<br />

of Catchments with Metallogenic Origin: A Contribution to the Establishment of the EC Water Framework<br />

Directive 2000/60/EG in Germany, in: Merkel B.J.; Planer-Friedrich, B.; Wolkersdorfer, C:<br />

Uranium in the Aquatic Environment, pp. 77-84, Springer Verlag.<br />

Vorkommen und Verhalten von xenobiotischen Organika in Elbsedimenten<br />

Katrin Schröder, Jan Stien, Frank Sacher, Hans-Jürgen Brauch, Widow Schmidt<br />

DVGW Technologiezentrum Wasser, Außenstelle Dresden, Scharfenberger Straße 152, 01139 Dresden,<br />

Tel. 0351/85211-32, Fax 0351/85211-10, schroeder@tzw-dresden.de<br />

Auf Schwebstoffen und Sedimenten werden vor allem lipophile Stoffe angelagert, die über<br />

Depositionen, Abschwemmungen oder Einleitungen ins Gewässer gelangt sind. Zur Beurteilung<br />

der Beschaffenheit eines Gewässers dürfen nicht allein die Konzentrationen der gelösten<br />

Mikroverunreinigungen herangezogen werden, sondern es müssen auch die auf den Schwebstoffen<br />

und Sedimenten adsorbierten Schadstoffe berücksichtigt werden.<br />

Durch das Hochwasser der Elbe im August 2002 wurden große Mengen an festem Material<br />

(Sedimente, Schlamm) aus der Elbe bzw. aus den ufernahen Gebieten mobilisiert und<br />

verfrachtet. Wie erste Untersuchungen gezeigt haben, ist dieses feste Material teilweise in<br />

erheblichem Umfang mit organischen Schadstoffen belastet [1].<br />

Die erste Probenahme direkt nach dem Hochwasser im August 2002 konzentrierte sich auf<br />

Schlämme oder Sedimente, die nach der Überflutung durch die Elbe oder ihre Nebenflüsse<br />

zurückgelassen wurden. Diese Proben wurden hinsichtlich ihrer Gehalte an polyaromatischen<br />

Kohlenwasserstoffen (PAK), polychlorierten Biphenylen (PCB) und chlorierten Pestiziden<br />

untersucht. Die hierbei festgestellten Summenbelastungen für PAK lagen im Bereich von 50<br />

mg/kg TS, für PCB bei 200 µg/kg TS und für chlorierte Pestizide im Bereich von mehreren 100<br />

µg/kg TS. Zu einem zweiten Termin im Februar 2003 wurden Feststoffproben aus Grün- und<br />

Ackerflächen entlang der Elbe, die vom Augusthochwasser oder nochmals vom Dezemberhochwasser<br />

überflutet worden waren, entnommen und ebenfalls auf PAK, PCB und chlorierte<br />

137


’Schadstoffbelastung nach dem Augusthochwasser 2002 - Ergebnisse und Forschungsbedarf’<br />

Pestizide sowie zusätzlich auf sulfonierte Naphthalin-Formaldehyd-Kondensate (SNFC) untersucht.<br />

Dabei zeigte sich, dass verglichen mit den Belastungen der im August beprobten<br />

Schlämme und Sedimente der Grün- und Ackerflächen die Konzentrationen dieser Verbindungen<br />

in einer vergleichbaren Größenordnung lagen. Die Belastungen an aromatischen Sulfonaten<br />

variierten zwischen 100 und 5000 µg/kg TS. Auffällig an den Messergebnissen der<br />

Februarproben ist, dass Proben aus Stellen, die sowohl im August als auch im Dezember von<br />

einem Hochwasser überspült wurden, höhere Belastungen aufwiesen.<br />

Ziel der weiteren Untersuchungen war eine Abschätzung des Gefährdungspotentials der<br />

Schlämme und Sedimente, die durch das Augusthochwasser 2002 mobilisiert wurden. Zur<br />

Abschätzung dieses Gefährdungspotentials wurden für die am höchsten belasteten Proben<br />

Versuche zur Elution der festgestellten Schadstoffe in Anlehnung an DIN V 19736 durchgeführt.<br />

Bei diesen Versuchen, bei denen die Schadstofffreisetzung eines festen Materials in<br />

Kontakt mit Wasser simuliert wird, wird die Feststoffprobe in Glassäulen kontinuierlich mit<br />

Wasser unter definierten Bedingungen durchströmt (siehe Bild 1). Anschließend wird das<br />

Wasser in einer Glasflasche aufgefangen und auf die relevanten Verbindungen analysiert.<br />

Quarzkies<br />

Vollentsalztes Wasser mit<br />

Natriumazid versetzt<br />

Ca. 500 g Material in<br />

gestörter Lagerung<br />

Lichtschutzfolie aus<br />

Aluminium<br />

Quarzkies<br />

Auffangflasche<br />

Mehrkanalige Peristaltikpumpe mit Drehzahlregelung<br />

Bild 1: Versuchsaufbau zur Elution der festgestellten Schadstoffe nach DIN V 19736<br />

Die Ergebnisse der ersten Versuche zeigen, dass unter Standardbedingungen nur ein Teil der im<br />

Feststoff nachgewiesenen Verbindungen eluiert werden (Tabelle 1). Bild 2 zeigt am Beispiel<br />

der drei PAK Acenaphthen, Phenanthren und Pyren ein typisches Elutionsprofil.<br />

Man erkennt, dass während der ersten Tage bereits ein Großteil der PAK desorbiert werden und<br />

damit die Konzentrationen im eluierten Wasser am höchsten sind. Danach nehmen die Konzentrationen<br />

erst rasch, dann langsamer ab und nach etwa 30 Tagen lassen sich keine PAK mehr<br />

nachweisen. Vergleicht man die Gehalte der verschiedenen PAK im Elutionswasser, so erkennt<br />

man, dass überwiegend die kleinen, besser wasserlöslichen Verbindungen eluiert werden.<br />

Die in Bild 2 dargestellten Konzentrationsverläufe im Elutionswasser können genutzt werden,<br />

um die kummulative Schadstofffreisetzung der Feststoffe zu berechnen und graphisch darzustellen<br />

(siehe Bild 3).<br />

Durch diese Auswertung läßt sich die Gesamtmenge an Schadstoffen, die aus einem Feststoff<br />

unter den Bedingungen des Elutionsversuchs freigesetzt werden kann, angeben und mit den<br />

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<strong>Tagungsband</strong> Statusseminar des BMBF-Ad-hoc-Verbundprojektes in Freiberg, 27.-29.08.2003<br />

300<br />

250<br />

PAK mobilisiert [ng/L]<br />

200<br />

150<br />

100<br />

Acenaphthen<br />

Fluoren<br />

Phenanthren<br />

50<br />

0<br />

0 20 40 60 80 100 120<br />

Wasser-Feststoff-Verhältnis [L/kg]<br />

Bild 2:<br />

Konzentrationsverlauf der PAK Acenaphthen, Phenanthren und Pyren im Auslauf einer<br />

Elutionssäule nach DIN V 19736<br />

5,0<br />

PAK mobilisiert, kumuliert [mg/kg]<br />

4,5<br />

4,0<br />

3,5<br />

3,0<br />

2,5<br />

2,0<br />

1,5<br />

1,0<br />

0,5<br />

Acenaphthen<br />

Fluoren<br />

Phenanthren<br />

Bild 3:<br />

0,0<br />

0 20 40 60 80 100 120<br />

Wasser-Feststoff-Verhältnis [L/kg]<br />

Kummulative Schadstofffreisetzung einer Feststoffprobe<br />

Originalgehalten vergleichen. Für eine Feststoffprobe, die im Elbtal unterhalb Dresdens<br />

entnommen wurde, sind in Tabelle 1 exemplarisch die entsprechenden Angaben für ausgewählte<br />

Schadstoffe zusammengestellt.<br />

Man erkennt, dass für die untersuchten Parameter durch die Elutionsversuche nur ein Bruchteil<br />

der an den Feststoffen sorbierten Gehalte freigesetzt werden. Im Falle der chlorierten Insektizide<br />

(DDT und Metabolite) ist die Schadstofffreisetzung sogar so gering, dass die Verbindungen<br />

im Elutionswasser zu keiner Zeit nachgewiesen werden konnten. Dabei ist die<br />

Freisetzung verknüpft mit der Polarität und Wasserlöslichkeit der Verbindungen.<br />

139


’Schadstoffbelastung nach dem Augusthochwasser 2002 - Ergebnisse und Forschungsbedarf’<br />

Tabelle 1:<br />

Parameter<br />

Schadstofffreisetzung einer Feststoffprobe<br />

Originalgehalt im<br />

Feststoff [µg/kg TS]<br />

freigesetzte<br />

Schadstoffmenge<br />

[µg/kg TS]<br />

Hexachlorbenzol (HCB) 180 0,3<br />

p,p-DDT 120


<strong>Tagungsband</strong> Statusseminar des BMBF-Ad-hoc-Verbundprojektes in Freiberg, 27.-29.08.2003<br />

Die Überflutung des Goitschesees und ihre Folgen<br />

Martin Schultze, Andrea van der Veen, Kurt Friese<br />

<strong>UFZ</strong>-Umweltforschungszentrum Leipzig-Halle GmbH, Sektion Gewässerforschung Magdeburg,<br />

Brückstraße 3a, 39114 Magdeburg, Tel 0391-8109400, Fax 0391-8109150, schultze@gm.ufz.de<br />

1 Einführung<br />

Der Goitschesee bei Bitterfeld ist durch die Flutung des ehemaligen Tagebaues Goitsche<br />

zwischen Mai 1999 und April 2002 entstanden. Bei Abschluss der Flutung betrug der Wasserspiegel<br />

71,5 m ü. NN. Die Mulde brach während des Sommerhochwassers 2002 am 14. August<br />

in den südlichen Teil des Sees ein (Abb. 1.1). Dies entsprach etwa dem Zeitpunkt des Höchststandes<br />

der Hochwasserwelle der Mulde, der am Pegel Bad Düben an diesem Tag mit 855 cm<br />

registriert wurde. Der Zustrom konnte erst am 20.08.2002 unterbunden werden. Der Seewasserspiegel<br />

war in diesem Zeitraum um 7 m gestiegen. Die Seefläche wuchs von 10,5 km² auf ca.<br />

15,5 km² und das Seevolumen um etwa 90 Mio m³ auf ca. 260 Mio m³. Nach dem Hochwasser<br />

wurde der Wasserspiegel zunächst durch einen Notkanal, dann über das Einleitungsbauwerk<br />

und schließlich mittels Pumpen auf 75 m ü. NN abgesenkt.<br />

Mit dem Hochwassereinbruch,<br />

der Seeüberflutung<br />

und dem<br />

zeitweiligen Durchströmen<br />

des Sees<br />

durch einen Teilstrom<br />

der Mulde<br />

kam es zu einem<br />

umfangreichen Stoffeintrag<br />

in den See.<br />

Durch die starke<br />

Gliederung des Sees<br />

in drei Teilbecken<br />

und die thermische<br />

Schichtung des Wasserkörpers<br />

waren die<br />

drei Bereiche sehr<br />

Abb. 1.1: Lage und Tiefenkarte des Goitschesee<br />

unterschiedlich<br />

davon betroffen.<br />

Im Teilbecken Döbern wurde durch das Hochwasser der gesamte Wasserkörper umgewälzt und<br />

ausgetauscht, während in den beiden anderen Teilbecken nur das Epilimnion vom Hochwasser<br />

erfasst wurde. Das Hypolimnion blieb dort abgesehen von sedimentierenden Stoffen bis zur<br />

herbstlichen Vollzirkulation vom Hochwasser weitestgehend unberührt.<br />

2 Methodik<br />

2.1 Untersuchungsprogramm<br />

Das Programm zur Untersuchung der Konsequenzen des Hochwassereinbruches in den Goitschesee<br />

umfasst Wasser- und Sedimentuntersuchungen. Sie konzentrieren sich auf Spurenmetalle<br />

und Phosphor, da diese Stoffe wegen der Charakteristik des Muldeeinzugsgebietes<br />

oberhalb Pouch als die wichtigsten potentiellen Kontaminanten für den See anzusehen sind. Im<br />

vorliegenden Beitrag soll ein Teil der bisher vorliegenden Ergebnisse aus den Sedimentunter-<br />

141


’Schadstoffbelastung nach dem Augusthochwasser 2002 - Ergebnisse und Forschungsbedarf’<br />

suchungen vorgestellt werden. Die entsprechenden Sedimentproben wurden am 01. April 2003<br />

entnommen, da widrige Witterungsbedingungen (anhaltend starke Winde, nicht begehbare<br />

Eisbedeckung) eine Probenahme in den ersten drei Monaten 2003 verhinderten. Es wurden<br />

Proben aus allen drei Teilbecken des Goitschesees an den Meßstellen XD5, XM3 und XN3<br />

genommen.<br />

2.2 Sediment<br />

2.2.1 Probenahme<br />

Die Probenahme der Sedimente erfolgte mit einem Gravitationsbohrer (Mondseecorer, Uwitec,<br />

Mondsee, Österreich), dessen Inliner aus Polycarbonat einen Innendurchmesser von 90 mm<br />

besitzt. Die gewonnenen Kurzkerne wurden vor Ort im Handschuhkasten unter Argon-Atmosphäre<br />

geteilt. Die obersten 6 bis 7 cm wurden cm-weise mit Hilfe einer Schneidevorrichtung<br />

entnommen, darunter erfolgte eine Einteilung in 2-cm-Abschnitte.<br />

Teilproben wurden für die Gewinnung von Porenwasser sowie die Bestimmung von Elementgesamtgehalten<br />

genommen. Noch im Handschuhkasten erfolgte die Ansprache der Sedimente,<br />

außerdem wurden pH und Eh gemessen.<br />

Die Proben wurden bis zur weiteren Bearbeitung in dicht schließenden PE-Schraubgefäßen<br />

dunkel gelagert, zunächst gekühlt und später tiefgefroren.<br />

2.2.2 Gesamtgehalte<br />

Die Bestimmung von Elementgesamtgehalten erfolgte an der Korngrößenfraktion < 20 µm, die<br />

durch Nasssiebung mit destilliertem Wasser abgetrennt wurde.<br />

Kohlenstoff- (TC und TOC), Stickstoff- und Schwefelgehalt wurden mit dem CNS-Elementanalysator<br />

(Elementar) gemessen. Nach einem mikrowellenunterstützten Königswasseraufschluss<br />

wurden die Hauptelemente an der ICP-OES (Perkin-Elmer Optima 3000) und die<br />

Spurenelemente an der ICP-MS (Agilent 7500c) analysiert. Eine Vergleichbarkeit des<br />

Aufschlusses nach DIN 38414 Teil 7 ist gewährleistet.<br />

3 Ergebnisse<br />

3.1 Beschreibung der Sedimente<br />

Die Sedimentations- und Diagenesebedingungen für die drei untersuchten Probenahmestellen<br />

sind sehr unterschiedlich. Im Teilbecken Döbern kam vor allem das von der Mulde zwischen<br />

ihrem regulären Bett und dem Goitschesee beim Hochwassereinbruch ausgeräumte Bodenmaterial<br />

zur Ablagerung, im Bereich der Probenahmestelle in mehreren Metern Mächtigkeit.<br />

Außerdem fließt seit Anfang 2003 Wasser aus dem benachbarten Seelhäuser See über einen<br />

Kanal bzw. eine Rohrleitung in das Teilbecken Döbern.<br />

In den Teilbecken Niemegk und Mühlbeck kamen als unmittelbare Folge des Hochwassers nur<br />

Sedimente vergleichsweise geringer Mächtigkeit (ca. 1-2 cm) zur Ablagerung. Während der<br />

planmäßigen Flutung fungierte das Teilbecken Mühlbeck als "Absetzbecken" für das einströmende<br />

Flutungswasser, während es beim Hochwasser und danach am weitesten von den oberirdischen<br />

Zuflüssen entfernt war. Die Probenahmestelle XN3 zeichnet sich daneben noch durch<br />

eine grundwasserbürtige chemische Schichtung des Seewasserkörpers aus. Ein stets anoxisches,<br />

sehr eisenreiches und jetzt ca. 1,5 m mächtiges Monimolimnion wurde dort seit 1999<br />

beobachtet (Boehrer et al. 2003). Sie kann damit bis zu einem gewissen Grade als "Naturexperiment"<br />

zum Verhalten der Sedimente unter streng reduzierenden Bedingungen angesehen<br />

werden.<br />

142


<strong>Tagungsband</strong> Statusseminar des BMBF-Ad-hoc-Verbundprojektes in Freiberg, 27.-29.08.2003<br />

Im September 2002 wurden an den Lokalitäten XM3, XN3 und XN5 Sedimentkerne gezogen.<br />

Diese wiesen eine maximal 1 cm mächtige Auflage aus hellgrauem Material auf, das sich von<br />

den zuvor beobachteten Sedimenten deutlich unterschiedt. Im benachbarten Bitterfelder<br />

Muldestausee konnten solche hellgrauen Lagen mit einem hohen klastischen Anteil ebenfalls<br />

beobachtet werden und werden als Folge von Hochwasserereignissen gedeutet (Junge et al.<br />

2002). An XD5 konnten zu diesem Zeitpunkt mit dem vorhandenen Bohrgerät keine geeigneten<br />

Kerne gewonnen werden.<br />

In Abbildung 3.1 sind die Sedimentkerne<br />

vom April 2003 mit<br />

einer Markierung der Hochwasserablagerungen<br />

dargestellt.<br />

In XN3 hat sich das helle Hochwassersediment<br />

in 2 bis 3 cm<br />

Teufe erhalten, während es in<br />

XM3 nur noch schwer zu<br />

erkennen ist. Deutlich unterscheidet<br />

sich XD5 von den beiden<br />

anderen Lokalitäten durch das<br />

einheitlich mittelbraune Material<br />

unterhalb von 3 cm unter der Sedimentoberfläche.<br />

Wie bereits oben<br />

beschrieben, handelt es sich dabei<br />

um erodierten Boden aus der<br />

näheren Umgebung, der vor allem<br />

im Teilbecken Döbern sedimentierte.<br />

Abb. 3.1: Fotos der Kerne XD5, XN3 und XM3 (HW =<br />

Hochwassersediment; Probenahme vom 01.04.2003)<br />

Im Hangenden der Hochwasserlage sedimentierten die feinen Schwebstoffe, die durch das<br />

Hochwasser in den Goitschesee eingetragen worden waren. Weiterhin wurde Material durch die<br />

Erosion des Ufers während Herbst und Winter sowie durch den Zustrom aus dem Seelhäuser<br />

See eingetragen. Zusätzlich ist mit der autochthonen Bioproduktion im See zu rechnen.<br />

3.2 Hauptelemente<br />

Zur besseren Einordnung der gefundenen Spurenelementgehalte sind die Gehalte einiger Hauptelemente<br />

sehr hilfreich, da sie einerseits die sehr unterschiedlichen Bedingungen an den drei<br />

Probenahmestellen gut illustrieren und außerdem die Spurenelementbindung maßgeblich<br />

beeinflussen können, wie z.B. das Eisen durch die Bereitstellung von adsorptionsaktiven Oberflächen.<br />

An den Messstellen XM3 und XN3 haben TOC und Eisen durch die Hochwassersedimente eine<br />

"Verdünnung" erfahren, Aluminium hingegen eine Anreicherung (Ergebnisse aus 1-2 cm<br />

Teufe). Außerdem sind die erheblichen generellen Unterschiede im Eisengehalt bemerkenswert<br />

(Abb. 3.2).<br />

3.3 Spurenelemente<br />

Aus der Palette der untersuchten Spurenelemente soll hier nur auf Cadmium und Blei kurz<br />

eingegangen werden. Beide Elemente sind sowohl wegen ihrer bekannten Anreicherung in<br />

Sedimenten und Schwebstoffen im Muldestausee (Born 1995, Zerling et al. 2001) als auch<br />

143


’Schadstoffbelastung nach dem Augusthochwasser 2002 - Ergebnisse und Forschungsbedarf’<br />

TOC [mg/g]<br />

20 30 40 50 60 70 80<br />

0<br />

5<br />

Fe ges. [mg/g]<br />

0 100 200 300 400<br />

0<br />

5<br />

Al ges. [mg/g]<br />

20 30 40 50 60 70 80<br />

0<br />

5<br />

Teufe [cm]<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

XM3<br />

XD5<br />

XN3<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

XM3<br />

XD5<br />

XN3<br />

Abb. 3.2: Gesamtgehalte an TOC, Eisen und Aluminium in den Sedimenten an den<br />

Messstellen XM3, XN3 und XD5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

XM3<br />

XD5<br />

XN3<br />

wegen der Überschreitung der von Schudoma (1994) empfohlenen Zielwerte für die Belastung<br />

von Gewässersedimenten von besonderem Interesse. Abbildung 3.3 zeigt die gefundenen<br />

Gesamtgehalte.<br />

Beim wenig mobilen Blei ist für die Messstellen XM3 und XN3 ganz klar der hochwasserbürtige<br />

Peak ersichtlich. Die bei ca. 5 cm Teufe gelegene Stufe ist vermutlich mit der planmäßigen<br />

Flutung in Zusammenhang zu bringen. Die Gehalte an der Messstelle XD5 liegen generell auf<br />

einem viel höheren Niveau. Vermutlich sind sie das Ergebnis einer langfristigen Anreicherung<br />

in der Muldeaue, deren Material im Zuge des Hochwassers nun in den Tiefbereich des Teilbeckens<br />

Döbern verfrachtet wurde.<br />

Cd ges. [µg/g]<br />

0 1 2 3 4 5 6<br />

0<br />

Pb ges. [µg/g]<br />

0 100 200 300<br />

0<br />

Teufe [cm]<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

XM3<br />

XD5<br />

XN3<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

XM3<br />

XD5<br />

XN3<br />

Abb. 3.3: Gesamtgehalte an Cadmium und Blei in den Sedimenten an den Messstellen XM3,<br />

XN3 und XD5<br />

Das mobilere Cadmium zeigt kein so einfaches Bild. An der Messstelle XD5 sind die Gehalte<br />

wiederum generell erhöht. Bei den beiden anderen Messstellen zeigt sich aber kein klarer Hochwasserpeak.<br />

Vielmehr ist lediglich eine schon längere Zeit anhaltende Erhöhung der Sedimentgehalte<br />

zu verzeichnen, die auf den Cadmiumeintrag in den Goitschesee im Zusammenhang mit<br />

der planmäßigen Flutung hindeutet.<br />

3.4 Bewertung<br />

Die bisherigen Ergebnisse lassen noch keine umfassende Bewertung zu. Erwartungsgemäß<br />

finden sich in den Hochwassersedimenten im Goitschesee erhöhte Gehalte an Spurenmetallen.<br />

Dabei stellen die Ablagerungen im Teilbecken Döbern wegen ihrer Mächtigkeit das größte<br />

Reservoir dar. Ihre potentielle Wirkung auf den See kann aber erst anhand der Bindungsformanalyse<br />

beurteilt werden. Erste Schritte der Diagenese sollten an den noch ausstehenden Untersuchungen<br />

im Herbst diesen Jahres erkennbar werden.<br />

144


<strong>Tagungsband</strong> Statusseminar des BMBF-Ad-hoc-Verbundprojektes in Freiberg, 27.-29.08.2003<br />

4 Literatur<br />

Boehrer, B., Schultze, M., Liefold, S., Behlau, G., Rahn, K., Frimel, S., Kiwel, U., Kuehn, B., Brookland, I.<br />

und Büttner, O. (2003). Stratification of mining lake Goitsche during flooding with river water. Tailings<br />

and Mine Waste '03: in press, Rotterdam (Balkema).<br />

Born, J. (1996). Sedimentgeochemie des Muldestausees bei Bitterfeld. Heidelberger Beiträge zur Umweltgeochemie,<br />

Bd. 9.<br />

Junge, F.W., Jendryschik, K., Scharf, B. und Arnold, A. (2002). Visueller Vergleich von Sedimentkernen aus<br />

dem Bitterfelder Muldestausee (Sachsen-Anhalt) vor und nach dem Katastrophen-Hochwasser der<br />

Mulde vom August 2002.- Last-Minute-Posterbeitrag 10. Magdeburger Gewässerschutzseminar, 21.-<br />

26.10.2002 Špindleruv Mlýn.<br />

Schudoma, D. (1994): Ableitung von Zielvorgaben zum Schutz oberirdischer Binnengewässer für die<br />

Schwermetalle Blei, Cadmium, Chrom, Kupfer, Nickel, Quecksilber und Zink. Umweltbundesamt-<br />

Texte, 52/94. Berlin (Umweltbundesamt).<br />

Zerling, L., Müller, A., Jendryschik, K., Hanisch, C. und Arnold, A. (2001). Der Bitterfelder Muldestausee<br />

als Schadstoffsenke. Abhandlungen der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig - Mathematisch-naturwissenschaftliche<br />

Klasse, Bd. 50, H. 4: Stuttgart/Leipzig (Verlag der Sächsischen<br />

Akademie der Wissenschaften zu Leipzig - In Kommission bei S. Hinzel).<br />

Bestimmung des Gefahrenpotenzials feinkörniger Buhnenfeldsedimente für<br />

die Wasser- und Schwebstoffqualität der Elbe sowie den Stoffeintrag in<br />

Auen<br />

René Schwartz, Hans-Peter Kozerski<br />

Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei, Müggelseedamm 301, 12587 Berlin, Tel 030/<br />

64181-678, Fax - 682, schwartz@igb-berlin.de<br />

1 Historische Entwicklung<br />

Buhnen, das sind annähernd senkrecht in den Strom hineinragende steinerne Bauwerke, gibt es<br />

im Tieflandbereich der Elbe bereits seit Mitte des 17. Jahrhunderts (ROHDE 1998). In dieser<br />

Zeit wurden sie noch als Stacks bezeichnet. Sie bestanden aus mehreren Lagen von Faschinen<br />

(Weidenbündel), deren Zwischenlagen mit Bodenmaterial verfüllt waren. Im Gegensatz zur<br />

gegenwärtigen leicht stromaufwärts geneigten Inklination der Buhnen (72° - 85°) waren die<br />

Stacks stromab ausgerichtet. Ihre Hauptaufgabe bestand darin, den Deichkörper insbesondere<br />

bei Eisgang vor den Kräften des Hochwassers zu schützen, die Abwicklung des Zollverkehrs zu<br />

erleichtern und durch Sedimentation landwirtschaftlich nutzbare Flächen zu gewinnen<br />

(PUDELKO & PUFFAHRT 1981). Nach Beginn der Umsetzung der Beschlüsse des Wiener<br />

Kongresses (1815) über den einheitlichen Ausbau der mitteleuropäischen Flüsse mit dem Ziel<br />

der ganzjährigen Schiffbarkeit durch die preußische Elbstrombauverwaltung setzte Mitte des<br />

19. Jahrhunderts der systematische Buhnenausbau an der Elbe ein. Die Anzahl der Buhnen<br />

vervielfachte sich. Beispielsweise gab es 1776 zwischen den Strom-km 475 und 583 lediglich<br />

27 Buhnen. Im Jahr 1992 waren es in dem selben Abschnitt ca. 1680 (HARMS & KIENE 1999).<br />

Als Folge des Buhnenbaus hat sich der prozentuale Anteil an unverbauten Uferbereichen in<br />

diesem Flussabschnitt in den vergangenen 200 Jahren stark verringert. Im Jahr 1776 waren noch<br />

97,5 % der Uferbereiche als naturnah zu bezeichnen. Im Jahr 1992 waren es dagegen nur noch<br />

8,2 %. Die wesentliche Funktion der heutigen Buhnen besteht darin, die Schiffbarkeit des<br />

Flusses bei Niedrigwasser zu verbessern. Infolge des Einengens des Abflussquerschnittes wird<br />

der Wasserstand im Fluss angehoben. Als Nebenwirkung steigt die Fließgeschwindigkeit des<br />

145


’Schadstoffbelastung nach dem Augusthochwasser 2002 - Ergebnisse und Forschungsbedarf’<br />

Flusses. Hierdurch wird verhindert, dass sich große Sandbänke im Flussschlauch bilden. Langfristig<br />

kommt es zu einer Eintiefung des Flussbettes. Aufgrund der fortschreitenden Sohlenerosion<br />

mit der damit einhergehenden Wasserspiegelabsenkung vergrößert sich als weitere Folge<br />

auch der Grundwasser-Flurabstand in den angrenzenden Auen (HENRICHFREISE 1996) .<br />

Innerhalb der zwischen den Buhnen gelegenen Buhnenfeldern kommt es aufgrund der deutlichen<br />

Strömungsberuhigung gegenüber dem Hauptstrom zu einer verstärkten Ablagerung partikulärer<br />

Stoffe. Die Verlandungsneigung innerhalb der Buhnenfelder wird anhand einer<br />

Gegenüberstellung der topographischen Karten des Elbabschnittes von Strom-km 518 bis 520<br />

der Jahre 1889 und 1990 deutlich. Im Vergleich zum Jahr 1889, in welchem bei mittleren Pegelständen<br />

innerhalb der Buhnenfelder noch 47 % Wasserfläche und 53 % Landfläche ausgewiesen<br />

wurden, hat sich das Verhältnis ein Jahrhundert später weit in den terrestrischen Bereich<br />

verschoben (1990: 37 % Wasserfläche und 63 % Landfläche). Gleichzeitig sind zahlreiche<br />

Kleingewässer verschwunden oder weisen keinen Anschluss mehr an die Elbe auf und die Uferlinie<br />

hat sich wesentlich verkürzt (SCHWARTZ & KOZERSKI 2002). Nachfolgende Ergebnisse<br />

zu den physikalischen und chemischen Eigenschaften von Buhnenfeldsedimenten sowie<br />

der aktuellen Sedimentation und dem Stoffdepot in Buhnenfeldern entstammen der Mittelelbe<br />

bei Havelberg (Strom-km 419 - 422).<br />

2 Physikalische und chemische Eigenschaften von Buhnenfeldsedimenten<br />

Infolge der großen Strömungsunterschiede zwischen Flussschlauch (100 - 200 cm/s) und<br />

Buhnenfeld (5 - 25 cm/s) unterscheidet sich die Textur dieser beiden Kompartimente grundlegend.<br />

Im Flussschlauch ist eine hohe Gleichförmigkeit in der Korngrößenzusammensetzung zu<br />

beobachten. Die Mittel- und Grobsandfraktion dominiert. Fein- und Mittelkiesbestandteile sind<br />

nur von untergeordneter Bedeutung. Schluff- und Tonbestandteile fehlen gänzlich. Im Gegensatz<br />

dazu ist das Körnungsspektrum in den Buhnenfeldern wesentlich breiter. Es reicht von<br />

Mittelsand dominierten Proben, die noch bis zu 20 % Grobsand enthalten können, bis nahezu<br />

sandfreien, stark schluffigen Proben, in denen der Tonanteil bis zu 25 % ausmachen kann. Mittlere<br />

Feinkornanteile stellen ein Resultat geringmächtiger Wechsellagerungen von feinkornbzw.<br />

sandreichen Schichten dar (SCHWARTZ & KOZERSKI 2002a). Die räumliche Verteilung<br />

von feinen und groben Sedimenten innerhalb der Buhnenfelder variiert stark. Das Ablagerungsmuster<br />

ist eng an das Strömungsgeschehen gekoppelt (KOZERSKI et al. 2001).<br />

Bei den Buhnenfeldsedimenten besteht eine hoch signifikante Beziehung zwischen der<br />

Körnung und dem Gehalt an organischem Kohlenstoff. Reinsandige Proben weisen nur geringe<br />

Kohlenstoffgehalte auf (0,1 %). Der Gehalt an organischem Kohlenstoff annähernd sandfreier<br />

Proben beträgt 8,2 %. Die Korrelation von Gesamt-Stickstoff zu organischem Kohlenstoff ist<br />

ebenfalls hoch, wobei steigende Kohlenstoff-Gehalte einher gehen mit denen des Stickstoffs.<br />

Das C/N-Verhältnis ist als eng zu bezeichnen. Es liegt bei 8:1. Analog zum Stickstoff verhalten<br />

sich Phosphor und Schwefel. Sandfreie Proben beinhalten durchschnittlich 3,7 g/kg Phosphor<br />

und 2,5 g/kg Schwefel (SCHWARTZ & KOZERSKI 2002a).<br />

Gleichsam zu den Nährstoffen verhält es sich mit den potentiellen Schadstoffen. Mit steigenden<br />

Feinkornanteilen sowie höheren Gehalten an organischem Kohlenstoff nimmt der Gehalt an<br />

Spurenmetallen signifikant zu. Bei den Spurenmetallen ist neben dem jeweiligen Gesamtgehalt<br />

die elementspezifische anthropogene Schadstoffanreicherung zu berücksichtigen. Die höchste<br />

Überschreitung gegenüber der natürlich bedingten Ausgangskonzentration weist in den frischen<br />

schwebstoffbürtigen Sedimenten der Mittelelbe derzeit Cadmium auf. In der Reihe abnehmender<br />

Belastungsgrade folgen Zink, Quecksilber, Arsen, Blei, Kupfer, Nickel und Chrom<br />

(SCHWARTZ et al. 1999).<br />

146


<strong>Tagungsband</strong> Statusseminar des BMBF-Ad-hoc-Verbundprojektes in Freiberg, 27.-29.08.2003<br />

3 Aktuelle Sedimentation und Stoffdepot<br />

Innerhalb eines typischen Buhnenfeldes der Mittelelbe bei Havelberg am Strom-km 420,9<br />

konnten bezüglich der Ablagerung von frischen schwebstoffbürtigen Sedimenten (vereinfacht)<br />

drei unterschiedliche Zonen differenziert werden (SCHWARTZ & KOZERSKI 2002b). Das<br />

erste Areal umfasste die Bereiche, in denen die mittlere Strömungsgeschwindigkeit oberhalb<br />

von 15 cm/s lag und kurzzeitig sehr hohe Fließgeschwindigkeiten (> 25 cm/s) auftraten. Dies<br />

waren die kompletten Randbereiche des Buhnenfeldes. Die durchschnittliche effektive Sedimentationsrate<br />

lag hier unter 20 g TM/m²/d. Dass an diesen Stellen keine feinkörnigen Dauerablagerungen<br />

nachgeweisen werden konnten, lag vermutlich daran, dass während der<br />

Hochwasserzeiten die zuvor abgelagerten frischen schwebstoffbürtigen Sedimente aufgrund<br />

der dann besonders in diesen Zonen erhöhten Fließgeschwindigkeiten (bzw. der daraus resultierenden<br />

Turbulenzen) und der schwachen Bindung der Sedimente an den sandigen Gewässergrund<br />

in Kombination mit ihrer geringen Dichte zum größten Teil wieder remobilisiert wurden.<br />

Innerhalb des zweiten, direkt angrenzenden Areals variierten die mittleren Strömgeschwindigkeiten<br />

zwischen 10 - 15 cm/s. Die durchschnittliche effektive Sedimentationsrate reichte hier<br />

von 40 g TM/m²/d bis 120 g TM/m²/d. Die erhöhten Aussinkraten führten dazu, dass feinkörnige<br />

Dauerablagerungen bis zu einer Mächtigkeit von 50 cm innerhalb des untersuchten<br />

Buhnenfeldes festgestellt werden konnten. In den Zonen, in denen die mittlere Strömgeschwindigkeit<br />

unterhalb von 10 cm/s lag, kam es gegenüber den schneller durchflossenen Arealen<br />

verstärkt zum Aussinken von feinpartikulärem, organischem Material aus dem Elbwasser. Die<br />

durchschnittliche effektive Sedimentationsrate betrug hier 485 g TM/m²/d. Vereinzelt wurden<br />

aber auch Spitzenwerte bis zu 1.600 g TM/m²/d beobachtet. Langfristiges Resultat dieser sehr<br />

hohen Sedimentationsraten war eine maximale Muddemächtigkeit von 1,2 m. Kontrollsondierungen<br />

haben ergeben, dass das Muddevorkommen (Ausdehnung und Volumen) auch über<br />

einen längeren Zeitraum annähernd konstant war. Über eine Spanne von 230 Tagen, einschließlich<br />

einer dazwischen stattgefundenen ausgedehnten Hochwasserphase, hatte sich die Grundfläche,<br />

auf der sich die Muddeablagerung befand, nur geringfügig verändert und das<br />

Gesamtvolumen war leicht angestiegen (+ 34 m³). Selbst das Extremhochwasser der Elbe vom<br />

August 2002 hat es nicht vermocht, das Muddepaket wesentlich abzutragen.<br />

Werden die Schwebstoffeinträge aus den drei Sedimentationszonen unter Berücksichtigung<br />

ihrer jeweiligen Flächenanteile addiert, ergibt sich für das gesamte Buhnenfeld (4.800 m²) ein<br />

mittlerer Schwebstoffeintrag im Jahr 2001 von 151 kg/d. Aufgrund der mittleren Elementgehalte<br />

des zum Aufnahmezeitpunkt ca. 300 m³ mächtigen Muddepaketes kann auf ein Stoffdepot<br />

von 28 t organischen Kohlenstoff, 2,4 t Stickstoff, 1,1 t Phosphor 1,0 t Schwefel sowie 52 kg<br />

Blei, 64 kg Kupfer und 460 kg Zink geschlossen werden (SCHWARTZ & KOZERSKI 2002b).<br />

4 Extrapolation<br />

Für die Extrapolation der Ergebnisse bezüglich des partikulären Stoffrückhaltes aus dem untersuchten<br />

Muster-Buhnenfeld auf einen größeren Flussabschnitt bieten sich die Daten der Dauerbeobachtungsstellen<br />

der Wassergütestelle Elbe und der Bundesanstalt für Gewässerkunde an.<br />

Um den Einfluss von einmündenden Nebenarmen auf die Schwebstoffführung zu minimieren,<br />

wurde ein 68 km langer Flussabschnitt unterhalb der Einmündung der Havel zwischen den<br />

Strom-km 455 und 523 ausgewählt. In diesem Abschnitt münden lediglich kleinere Gewässer<br />

(Seege, Löcknitz, Elde, Jeetze) ein, die durch ihre geringe Wasserführung und stoffliche Belastung<br />

keinen wesentlichen Einfluss auf den Gesamtdurchfluss oder die Schwebstoffkonzentration<br />

der Elbe haben. Aus diesem Grund sind die Änderungen in der Schwebstofffracht innerhalb<br />

dieses Flussabschnittes (zumindest bei niedrigen und mittleren Wasserständen) allein auf flussinterne<br />

Prozesse (z.B. Sedimentation, Nettoprimärproduktion) zurückzuführen (SCHWARTZ<br />

147


’Schadstoffbelastung nach dem Augusthochwasser 2002 - Ergebnisse und Forschungsbedarf’<br />

& KOZERSKI 2003). Die Bedeutung der Mineralisation wird an dieser Stelle nicht berücksichtigt.<br />

Bei der Auswertung der Schwebstofffracht-Differenzen zwischen den beiden Beobachtungspunkten<br />

ist zu berücksichtigen, dass die Werte lediglich die Netto-Gehaltsänderung entlang der<br />

Fließstrecke darstellen. Um den Einfluss der Prozesse Nettoprimärproduktion und Remobilisierung<br />

möglichst gering zu halten, flossen bei der Bilanzierung dreier hydrologischer Jahre (1997<br />

- 1999) lediglich die winterlichen Niedrigwasserphasen ein.<br />

Der durchschnittliche Nettorückgang der Schwebstofffracht aller winterlichen Niedrigwasserphasen<br />

des Beobachtungszeitraumes beträgt innerhalb der ausgewählten Fließstrecke 62 kt/a.<br />

Dieser Wert deckt sich sehr gut mit der aus dem untersuchten Buhnenfeld für den gesamten<br />

Flussabschnitt hochgerechneten effektiven Sedimentationsrate von 75 kt/a. Annahme hierbei<br />

ist, dass sich alle 1.360 Buhnen wie das Muster-Buhnenfeld verhalten. Aus der von<br />

SCHWARTZ (2001) mittels Kunstrasenmatten ermittelten durchschnittlichen Sedimentationsrate<br />

für mittelhoch gelegene Vordeichsbereiche der Mittelelbe von 0,5 - 1,5 kg/m²/a resultiert<br />

bei einer Ausdehnung der rezenten Aue innerhalb der Strom-km 465 und 523 von 12.200 ha<br />

zudem ein jährlicher Stoffrückhalt in der Aue zwischen 61 kt und 183 kt. Die Addition beider<br />

Sedimentationsräume (Buhnenfeld und Aue) ergibt einen Netto-Stoffrückhalt für die 68 Stromkm<br />

von 123 - 258 kt/a. Die gesamte Schwebstofffracht, die in den drei hydrologischen Jahren<br />

an den beiden Messstellen vorbei geflossen ist, betrug in Wittenberge 2.085 kt und in Hitzacker<br />

1.620 kt. Es hat demnach in diesem Flussabschnitt einen Netto-Stoffrückhalt von insgesamt 464<br />

kt (Jahresdurchschnitt 155 kt/a) gegeben. Dies entspricht einer Reduktion von 22 %. Unter<br />

Vernachlässigung des hinsichtlich des Stoffrückhaltes besonderen Jahres 1998 steigt dieser<br />

Wert auf 30 % (Jahresdurchschnitt 218 kt/a) an. Beide Werte passen sehr gut zu den unabhängig<br />

hiervon ermittelten Sedimentationsmengen in Buhnenfeld und Aue. Demnach variiert in<br />

Abhängigkeit von Höhe, Dauer, Häufigkeit und Zeitpunkt von Hochwasserereignissen der<br />

Anteil des partikulären Stoffrückhalts in den Buhnenfeldern der Mittelelbe zwischen 25 - 50 %<br />

und in der rezenten Aue zwischen 50 - 75 %.<br />

5 Forschungsbedarf<br />

Der Wissensstand über das Wirkungsgefüge von Fluss und Aue hat sich in den vergangenen<br />

Jahren vor allem aufgrund der vom BMBF finanzierten ökologischen Forschung in der Stromlandschaft<br />

Elbe wesentlich verbessert. Eine Reihe von weitergehenden Fragen ist jedoch bisher<br />

noch offen geblieben. Zukünftig sollte deshalb die Beantwortung dieser Punkte im Vordergrund<br />

stehen:<br />

• In-situ Bestimmung der Erosionsstabilität feinkörniger Buhnenfeldsedimente<br />

• Quantifizierung der Produktion von treibhausrelevanten Gasen in Buhnenfeldern.<br />

• Studium frühdiagenetischer Prozesse in frischen schwebstoffbürtigen Sedimenten der Buhnenfelder.<br />

• Quantifizierung des ereignisbedingten Stoffrückhaltes (Hochwasser, Niedrigwasser sowie<br />

Sommer, Winter) in Buhnenfeldern und in der rezenten Aue.<br />

• Bilanzierung des Nähr- und Schadstoffdepots in Buhnenfeldern über einen größeren Flussabschnitt.<br />

• Modelltechnische Verknüpfung der Ergebnisse zur ereignisbezogenen aktuellen Sedimentation,<br />

der Erosionsstabilität der schwebstoffbürtigen Sedimente und dem langfristigen<br />

Sedimentzuwachs in Buhnenfeldern.<br />

148


<strong>Tagungsband</strong> Statusseminar des BMBF-Ad-hoc-Verbundprojektes in Freiberg, 27.-29.08.2003<br />

6 Literatur<br />

/1/ HENRICHFREISE A. (1996): Uferwälder und Wasserhaushalt der Mittelelbe in Gefahr.<br />

Natur und Landschaft, 6, S. 246-248. /2/ KOZERSKI H.P., KUHN T. & TOTSCHE O. (2001):<br />

In-situ Messungen der Sedimentationsraten partikulären Materials in Buhnenfeldern der Elbe.<br />

Deutsche Gesellschaft für Limnologie, Tagungsbericht 2000, Tutzing, S. 121-126. /3/<br />

PUDELKO A. & PUFFAHRT O. (1981): Hannover und Preußen betrieben gemeinsam den<br />

Ausbau der Elbe zu einer neuzeitlichen Wasserstraße. Jahresheft des Heimatkundlichen<br />

Arbeitskreises Lüchow-Dannenberg, 8, S. 169-181. /4/ ROHDE H. (1998): Das Elbegebiet. In:<br />

Eckoldt (Hrsg.) Flüsse und Kanäle - Die Geschichte der deutschen Wasserstraßen, DSV<br />

Hamburg, S. 173-245. /5/ SCHWARTZ R. [2001]: Die Böden der Elbaue bei Lenzen und ihre<br />

möglichen Veränderungen nach Rückdeichung. Hamburger Bodenkundliche Arbeiten, 48, 391<br />

S. /6/ SCHWARTZ R. & KOZERSKI H.P. (2002a): Die Buhnenfelder der unteren Mittelelbe -<br />

Geschichte, Bedeutung, Zukunft. Deutsche Gesellschaft für Limnologie, Tagungsbericht 2001-<br />

I (Kiel), Tutzing, S. 417-422. /7/ SCHWARTZ R. & KOZERSKI H.P. (2002b): Die Buhnenfelder<br />

der Mittelelbe - Schad- und Nährstoffsenke oder -quelle? In: Geller et al. (Hrsg.): Die<br />

Elbe - neue Horizonte des Flussgebietsmanagements. 10. Magdeburger Gewässerschutzseminar,<br />

Teubner, Stuttgart, ISBN 3-519-00420-8, S. 191-195. /8/ SCHWARTZ R. &<br />

KOZERSKI H.P. (2003): Die Bedeutung von Buhnenfeldern für die Retentionsleistung der<br />

Elbe. Deutsche Gesellschaft für Limnologie, Tagungsbericht 2002 (Braunschweig), Werder, S.<br />

460-465. /9/ SCHWARTZ R., NEBELSIEK A. & GRÖNGRÖFT A. (1999): Das Nähr- und<br />

Schadstoffdargebot der Elbe im Wasserkörper sowie in den frischen schwebstoffbürtigen Sedimenten<br />

am Meßort Schnackenburg in den Jahren 1984-1997. Hamburger Bodenkundliche<br />

Arbeiten, 44, S. 65-83.<br />

Auswirkungen des Hochwassers im August 2002 auf die Gewässergüte der<br />

Elbe in Hamburg<br />

Susanne Sievers 1 , Wolfgang Ahlf 2 , Otto-Heinrich Bauer 1 , Harald Berger 1 , Werner Blohm 1 ,<br />

Robert Dannenberg 1 , Susanne Heise 2 , Rainer Götz 1 , Raimund Lauer 1 , Klaus Roch 1<br />

1 Behörde für Umwelt und Gesundheit Hamburg, Institut für Hygiene und Umwelt, Marckmannstraße 129b,<br />

20539 Hamburg, Tel 040/42845-3700, Fax 040/42845-3840, susanne.sievers@bug.hamburg.de<br />

2 Beratungszentrum Integriertes Sedimentmanagement (BIS) an der TU Hamburg Harburg, Technische<br />

Universität Hamburg-Harburg, Eissendorfer Str. 40, 21073 Hamburg<br />

Das Elbehochwasser 2002 hat Kläranlagen, Fabrikgelände und Altstandorte überflutet. Durch<br />

die gewaltigen Wassermassen war mit dem Ausräumen von Buhnenfeldern und Stillwasserbereichen<br />

zu rechnen. Um die Auswirkungen dieses extremen Hochwasserereignisses auf die Elbe<br />

bei Hamburg zu erfassen, wurde ein umfangreiches Untersuchungsprogramm durchgeführt.<br />

1 Untersuchungsprogramm<br />

Die kontinuierliche Gewässerüberwachung erfolgte an den automatischen Messstationen Bunthaus<br />

(Elbe-km 609,8), Seemannshöft (Elbe-km 628,8) und Blankenese (Elbe-km 634,3).<br />

Temperatur, pH-Wert, Leitfähigkeit, Trübung und Sauerstoffgehalt wurden ständig überwacht<br />

sowie zusätzlich Algentoximeter, Daphnientoximeter und UV-Sonden zur Schadstoff-Früherkennung<br />

eingesetzt. In den Messstationen standen sowohl automatische Probenehmer für<br />

Wassermischproben als auch Zentrifugen für die Gewinnung von Schwebstoffen zur Verfügung.<br />

149


’Schadstoffbelastung nach dem Augusthochwasser 2002 - Ergebnisse und Forschungsbedarf’<br />

Die bakteriologischen Untersuchungen, die sonst in 14-tägigem Rhythmus erfolgen, wurden in<br />

der Zeit vom 19.08.- 04.09.02 an den Messstellen Bunthaus und Seemannshöft intensiviert.<br />

Gemessen wurde zunächst 4-mal täglich, wobei neben Gesamt- und Fäkalcoliformen auch auf<br />

Fäkalstreptokokken und Salmonellen geprüft wurde.<br />

Die chemischen Sonderuntersuchungen in Bunthaus und Seemannshöft (16.08.-17.09.02)<br />

umfassten in der Wasserphase (unfiltriert) Schwermetalle (Pb, Cd, Cr, Cu, Ni, Hg, Zn) und<br />

Arsen sowie in Zentrifugenschwebstoffen Schwermetalle, Kohlenwasserstoffe, Chlorbenzole,<br />

PCB, HCH, PCDD/F, DDT und Metaboliten, PAK, Organozinnverbindungen u.a. entsprechend<br />

einer Empfehlung des Umweltbundesamtes zur Untersuchung durch das Hochwasser abgelagerter<br />

Schlämme [1].<br />

Radioaktivitätsmessungen werden routinemäßig an monatlichen Sammelproben von Wasser<br />

und Schwebstoffen durchgeführt. Während des Hochwassers wurden kürzere Zeitintervalle<br />

gewählt.<br />

Zentrifugenschwebstoff-Proben von Seemannshöft wurden zur Einschätzung der summarischen<br />

Schadwirkung ergänzend vom BIS an der TU Hamburg Harburg ökotoxikologisch untersucht<br />

. Zum Einsatz kamen der Leuchtbakterientest (Eluat und methanolischer Extrakt in 5<br />

Verdünnungsstufen) mit Vibrio fischeri, ein Algenwachstumshemmtest (Eluat in 5 Verdünnungsstufen)<br />

mit Pseudokirchneriella subcapitata sowie zwei Sedimentkontakttests mit dem<br />

Bakterium Bacillus cereus (in 7 Verdünnungsstufen) und dem Nematoden Caenorhabditis<br />

elegans.<br />

2 Ergebnisse<br />

Kontinuierliche Gewässerüberwachung<br />

Die Aufzeichnungen in der Messstation Bunthaus zeigten bereits einige Tage vor Durchgang<br />

des Hochwasserscheitels (24./25.08.02 in Hamburg) einen deutlichen Rückgang der Leitfähigkeit,<br />

des pH-Wertes und des Sauerstoffgehalts (Abbildung 1), was auf die Verdünnung des<br />

Elbewassers durch die enormen Regenwassermengen zurückzuführen war. Auch die Trübung<br />

nahm ab, zeigte aber ab 21.08.02 vor allem deutlich einen weiteren Effekt: Bei normalem<br />

Abfluss von etwa 500 m³/s lassen sich in der Trübungskurve deutlich Ebbe und Flut ablesen.<br />

Während der Flutwelle (Maximum 3400 m³/s) wurde der Tidebereich durch die großen Wassermengen<br />

flussabwärts gedrückt und Ebbe und Flut waren bei Bunthaus praktisch nicht mehr zu<br />

erkennen. Ab 03.09.02 setzten sich Ebbe und Flut wieder durch, die Trübungswerte lagen aber<br />

noch deutlich niedriger als vor der Flutwelle. Schwebstoffe hatten sich offenbar auf Überschwemmungsflächen<br />

vor Hamburg abgelagert. Algen- und Daphnientoximeter zeigten<br />

während des Hochwassers keine besonderen Auffälligkeiten.<br />

Bakteriologische Untersuchungen<br />

Bereits bevor der Hochwasserscheitel Hamburg erreichte, war bei Bunthaus und Seemannshöft<br />

eine deutlich erhöhte Anzahl an Gesamtcoliformen Bakterien zu verzeichnen (Abbildung 2).<br />

Zieht man als Anhaltspunkt die Badegewässer-Grenzwerte heran, so wären diese für Gesamtcoliforme<br />

Keime überschritten. Der Grenzwert für Fäkalcoliforme Keime wurde dagegen zu<br />

jedem Zeitpunkt eingehalten. Fäkalstreptokokken waren bei Bunthaus gegenüber Referenzwerten<br />

vor der Flut etwa bis zum 4-fachen erhöht, bei Seemannshöft lagen sie noch im<br />

normalen, ohnehin größeren Schwankungsbereich. Salmonellen wurden nicht nachgewiesen.<br />

Chemische Untersuchungen<br />

In Wassermischproben (6h) von Bunthaus und Seemannshöft war bereits einige Tage vor<br />

Durchgang des Hochwasserscheitels ein Anstieg der Konzentrationen vor allem bei Blei (auf<br />

150


<strong>Tagungsband</strong> Statusseminar des BMBF-Ad-hoc-Verbundprojektes in Freiberg, 27.-29.08.2003<br />

Abfluss (0-4000 m³/s)<br />

m³/s<br />

3000.0<br />

2000.0<br />

1000.0<br />

Abbildung 1: Abfluss bei Neu Darchau; Leitfähigkeit, pH-Wert, Sauerstoffgehalt, Trübung, UV-Absorption und<br />

Temperatur bei Bunthaus (Elbe-km 609,8)<br />

das 5-fache) und Arsen (auf das 2-fache) zu verzeichnen. Auffällig war, dass die Bleikonzentrationen<br />

(Abbildung 3a) in Abhängigkeit von den Schwebstoffgehalten relativ schnell rückläufig<br />

waren, während die Arsenkonzentrationen (Abbildung 3b) deutlich länger auf erhöhtem<br />

Niveau verharrten.<br />

In den Schwebstoffen war für Arsen an beiden Messstellen ein Anstieg bis etwa zum doppelten<br />

Gehalt verglichen mit dem Maximalwert 2001 zu verzeichnen. Für Blei und weitere untersuchte<br />

Schwermetalle waren z.T. geringe Erhöhungen feststellbar, die Ergebnisse waren aber an den<br />

beiden Messstellen nicht immer einheitlich.<br />

Ein Anstieg der Gehalte im Schwebstoff während des Durchlaufens der Hochwasserwelle war<br />

auch für Organozinnverbindungen zu verzeichnen. Abbildung 4a zeigt den Verlauf bei Bunt-<br />

12000<br />

10000<br />

8000<br />

Gesamtcoliforme Keime (Grenzwert: 10.000<br />

Keime/100 ml)<br />

Fäkalcoliforme Keime (Grenzwert: 2.000<br />

Keime/100 ml)<br />

Keime/100 ml<br />

6000<br />

4000<br />

2000<br />

0<br />

19.08. 20.08. 21.08. 22.08. 23.08. 24.08. 25.08. 26.08. 27.08. 28.08. 29.08. 30.08. 31.08. 01.09. 02.09. 03.09. 04.09.<br />

Datum<br />

Abbildung 2: Bakterielle Belastung der Elbe bei Bunthaus (Elbe-km 609,8) im August/September 2002<br />

151


’Schadstoffbelastung nach dem Augusthochwasser 2002 - Ergebnisse und Forschungsbedarf’<br />

6<br />

5<br />

Seemannshöft: Blei µg/l<br />

Bunthaus: Blei µg/l<br />

12<br />

11<br />

10<br />

Seemannshöft: Arsen µg/l<br />

Bunthaus: Arsen µg/l<br />

Konzentration [µg/l]<br />

4<br />

3<br />

2<br />

Konzentration [µg/l]<br />

9<br />

8<br />

7<br />

6<br />

5<br />

1<br />

4<br />

3<br />

0<br />

16. Aug. 19. Aug. 22. Aug. 25. Aug. 28. Aug. 31. Aug. 3. Sep.<br />

2<br />

16. Aug. 19. Aug. 22. Aug. 25. Aug. 28. Aug. 31. Aug. 3. Sep.<br />

Abbildungen 3a und 3b: Blei- bzw. Arsenkonzentrationen in Wassermischproben (Tagesmittelwerte) von Bunthaus<br />

(Elbe-km 609,8) und Seemannshöft (Elbe-km 628,8)<br />

haus, die höchsten Belastungen traten etwa zeitgleich mit dem Hochwasserscheitel in Hamburg<br />

auf. Verglichen mit Maximalwerten des Jahres 2001 waren die Werte um den Faktor 2 (TBT)<br />

bis 13 (Tetrabutylzinn) erhöht. Bei Seemannshöft (Abbildung 4b) war für Mono-, Di- und<br />

Tetrabutylzinn ein ähnlicher zeitlicher Verlauf zu beobachten, für Tributylzinn trat das<br />

Maximum erst 3 Tage später auf, was möglicherweise auf Remobilisierungen im Hafenbereich<br />

durch das Hochwasser zurückzuführen war.<br />

500<br />

450<br />

400<br />

350<br />

Monobutylzinn-Kation<br />

Dibutylzinn-Kation<br />

Tributylzinn-Kation<br />

Tetrabutylzinn<br />

Mittelwert Tetrabutylzinn 2001<br />

Maximalwert Tetrabutylzinn 2001<br />

500<br />

450<br />

400<br />

350<br />

Monobutylzinn-Kation<br />

Dibutylzinn-Kation<br />

Tributylzinn-Kation<br />

Tetrabutylzinn<br />

µg/kg TM<br />

300<br />

250<br />

200<br />

µg/kg TM<br />

300<br />

250<br />

200<br />

150<br />

150<br />

100<br />

100<br />

50<br />

50<br />

0<br />

22.08.02<br />

24.08.02<br />

26.08.02<br />

28.08.02<br />

30.08.02<br />

01.09.02<br />

03.09.02<br />

05.09.02<br />

07.09.02<br />

09.09.02<br />

11.09.02<br />

13.09.02<br />

15.09.02<br />

17.09.02<br />

0<br />

22.08.02<br />

24.08.02<br />

26.08.02<br />

28.08.02<br />

30.08.02<br />

01.09.02<br />

03.09.02<br />

Abbildungen 4a und 4b: Organozinn-Gehalte im Zentrifugenschwebstoff bei Bunthaus (Elbe-km 609,8) und<br />

Seemannshöft (Elbe-km 628,8)<br />

Auch die Gehalte an polychlorierten Dibenzodioxinen und Dibenzofuranen (PCDD/F) im<br />

Schwebstoff lagen über Vergleichswerten aus früheren Jahren und zeigten einen Anstieg<br />

während des Hochwassers (Abbildung 5). Die Hamburger Messwerte lagen höher als von der<br />

Bundesanstalt für Gewässerkunde zum Zeitpunkt des Hochwassers in Magdeburg für vergleichbare<br />

Proben ermittelte Befunde [2]. Ähnliches wurde schon früher beobachtet [3], möglicherweise<br />

spielt die Resuspension alter Sedimente aus Stillwasserbereichen eine Rolle. Das PCDD/<br />

F-Verteilungsmuster war durch Dominanz der Dibenzofurane geprägt. Eine Cluster-Analyse<br />

(unter Einbeziehung von 640 Dioxin-Datensätzen) ergab, dass die Flutproben in dasselbe<br />

Cluster fallen wie Proben aus dem Raum Bitterfeld und Elbesedimente nach Zufluss der Mulde.<br />

Erhöhte Gehalte im Schwebstoff während des Hochwassers wurden ferner übereinstimmend bei<br />

Bunthaus und Seemannshöft für p,p'-DDD und p,p'-DDE festgestellt. Deutlich erhöht waren<br />

152


<strong>Tagungsband</strong> Statusseminar des BMBF-Ad-hoc-Verbundprojektes in Freiberg, 27.-29.08.2003<br />

ng WHO-TEQ/kg TM<br />

140<br />

120<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

Bunthaus<br />

Seemannshöft<br />

Mittel 99 Bunthaus<br />

Mittel 99 Seemannshöft<br />

0<br />

22.08.02<br />

24.08.02<br />

26.08.02<br />

28.08.02<br />

30.08.02<br />

01.09.02<br />

03.09.02<br />

05.09.02<br />

07.09.02<br />

09.09.02<br />

11.09.02<br />

Abbildung 5: PCDD/F-Gehalte im Zentrifugenschwebstoff bei Bunthaus<br />

(Elbe-km 609,8) und Seemannshöft (Elbe-km 628,8)<br />

außerdem die HCB- und a- und ß-HCH-Gehalte bei Seemannshöft. Auf üblichem Niveau<br />

blieben die PCB-Belastungen. Besondere Verunreinigungen mit Kohlenwasserstoffen traten<br />

nicht auf.<br />

Untersuchungen auf Radioaktivität<br />

Die Untersuchungsergebnisse für radioaktive Inhaltsstoffe (Be-7, K-40, Ra-226, Ac-228,<br />

Th-228, Tc-99m, J-131 und Cs-137) im Wasser und Schwebstoff zeigten keine signifikanten<br />

Änderungen durch das Hochwasser.<br />

Ökotoxikologische Untersuchungen<br />

Der Sedimentkontakttest mit Nematoden wies einen Verlauf mit dem Maximum der Hemmung<br />

am 24.8.02 auf, der tendenziell der Entwicklung der Schadstoffbelastung der Schwebstoffe<br />

während des Durchgangs der Flutwelle entsprach. Die Ergebnisse der übrigen Testsysteme<br />

zeigten andere Tendenzen auf: Der Leuchtbakterientest erbrachte durchgehend eine hohe<br />

Hemmung, und zwar sowohl im Eluat als auch im Methanolextrakt, mit dem potentiell verfügbare,<br />

leicht lipophile Stoffe aus Feststoffen herausgelöst werden. Im Eluat stieg die Toxizität in<br />

der höchsten Verdünnungsstufe sogar am 4.9.02 an, zu einem Zeitpunkt, als die Flutwelle<br />

Hamburg lange passiert hatte. Die Toxizität im Algentest sprang erst verzögert an, am 28.8.<br />

nahm die Hemmung deutlich zu und stieg dann nochmals am 4.9.02 in der hohen Eluatverdünnung.<br />

Die Toxizität im Algentest erhöhte sich mit abnehmender Abflussmenge, was auf Stoffe,<br />

deren Konzentrationen durch die großen Wassermengen verdünnt und mit rückläufigen<br />

Abflussmengen wieder zunahmen, als mögliche Ursache hinweist.<br />

3 Fazit<br />

Überschwemmte Kläranlagen im Katastrophengebiet haben zu einer erhöhten bakteriellen<br />

Belastung der Elbe in Hamburg bereits Tage vor dem Eintreffen des Hochwasserscheitels<br />

geführt. Der Anstieg der Belastungen mit Arsen und Blei im Wasser und Schwebstoff sowie mit<br />

Organozinnverbindungen (insbesondere Tetrabutylzinn) und PCDD/F im Schwebstoff während<br />

des Durchlaufens der Hochwasserwelle spricht dafür, dass Altlasten im Muldegebiet abgeschwemmt<br />

wurden, da das Schadstoffmuster typisch für die Mulde ist [2,4]. Das bestätigen die<br />

153


’Schadstoffbelastung nach dem Augusthochwasser 2002 - Ergebnisse und Forschungsbedarf’<br />

PCDD/F-Verteilungsmuster, die auf eine Herkunft aus dem Bitterfelder Raum hindeuten.<br />

Höhere PCDD/F-Gehalte in Hamburger Schwebstoffproben im Vergleich zu entsprechenden<br />

Daten für Magdeburg [2] wurden schon früher beobachtet [3], ausgeräumte Buhnenfelder/ Stillwasserbereiche<br />

kommen als Ursache in Frage.<br />

Eine Frachtenabschätzung ergab, dass bei Bunthaus die Tagesfracht an Arsen etwa das 10-fache<br />

der mittleren Tagesfracht 2001 betrug, für Tetrabutylzinn sogar fast das 100-fache.<br />

Die Schwebstoffproben zeigten ein hohes toxisches Potential, wobei nur die Toxizität im<br />

Nematodentest parallel zum Anstieg verschiedener Schadstoffe während des Hochwassers<br />

verlief.<br />

4 Literatur<br />

[1] Markard, Ch., Umweltbundesamt: Staatssekretärsrunde am 18.08.2002 im BMU, Berlin, 19.08.2002<br />

[2] Bundesanstalt für Gewässerkunde: Das Augusthochwasser 2002 im Elbegebiet, Koblenz, September<br />

2002<br />

[3] Freie und Hansestadt Hamburg, Umweltbehörde, Hamburger Umweltberichte 57/99, Hamburg,<br />

Oktober 99<br />

[4] Heininger, P. et al.: Elbe-Hochwasser 2002 - Schadstoffbelastung und Ökotoxizität von Sedimenten,<br />

Schwebstoffen und Auenböden, Kurzreferate der Wasserchemischen Gesellschaft der GdCh, Jahrestagung<br />

2003, Stade, Mai 2003<br />

Auswirkungen der Augusthochwasserereignisse 2002 auf den Tal-<br />

Grundwasserkörper im Stadtgebiet Dresden<br />

Thomas Sommer, Kirsten Ullrich, Ludwig Luckner<br />

Dresdner Grundwasserforschungszentrum e.V., Meraner Straße 10, 01217 Dresden, Tel 0351/4050676,<br />

Fax 0351/4050679, tsommer@dgfz.de<br />

1 Problemstellung<br />

Seit dem August-Hochwasser 2002 hat die Landeshauptstadt Dresden nicht nur mit der Nachsorge<br />

der Schäden im städtischen und Infrastrukturbereich zu kämpfen, sondern mit einem<br />

Phänomen, das in dieser Schärfe lange aus dem Bewusstsein der Dresdner verdrängt war: die<br />

Grundwasserstände sind im August um bis zu 6 m angestiegen und gehen seither nur langsam<br />

zurück (LfUG 2003). Messungen in der Folge der Hochwasserereignisse belegen, dass die<br />

Grundwasserstände vor allem im Osten Dresdens bis auf weniger als 1 m unter Gelände angestiegen<br />

sind. Die Abb. 1 widerspiegelt die eingetretenen flächenhaften Oberflächenvernässungen.<br />

Die extremen Grundwasseranstiege können in urbanen Gebieten sowohl Auswirkungen auf<br />

Fragen der Bauleitplanung als auch auf die Grundwasserbeschaffenheit durch bisher unbeeinflusste<br />

Altlastenstandorte haben. Beide Fragestellungen sind bisher sowohl im Stadtgebiet von<br />

Dresden als auch deutschlandweit nicht oder nur wenig wissenschaftlich durchdrungen. Das<br />

BMBF-Ad-hoc-Forschungsprojekt "Auswirkungen der August-HW-Ereignisse 2002 auf die<br />

Tal-Grundwasser-Körper im Raum Dresden - Lösungsansätze und Handlungsempfehlungen"<br />

stellt sich diesen Fragen exemplarisch für den Bereich der Landeshauptstadt Dresden.<br />

154


<strong>Tagungsband</strong> Statusseminar des BMBF-Ad-hoc-Verbundprojektes in Freiberg, 27.-29.08.2003<br />

a) b)<br />

überflutete Bereiche und Oberflächengewässer; 1 – 3 m 4 m<br />

4 – 10 m; Lage der Grundwassermessstelle Südhöhe (s. Abb. 4)<br />

Abb. 1 Karte der Grundwasserflurabstände a) 28. 08. 2002; b) 08. 12. 2002<br />

Quelle: LfUG/DGC/Landeshauptstadt Dresden (2003)<br />

2 Methodik<br />

Das Forschungsprojekt ist in seiner Struktur in 6 Arbeitspakete gegliedert, die sich vorrangig an<br />

städtisch relevanten Fragestellungen orientieren (s. Abb. 2).<br />

Hauptschwerpunkt des Projektes ist das Arbeitspaket 1 zur Grundwasserdynamik und modellierung<br />

mit den folgenden Inhalten:<br />

• Neubewertung der Speisung des Tal-Grundwasser-Körpers bei extremen Niederschlags-,<br />

Überschwemmungs- und Oberflächenwasserstandsereignissen im Stadtgebiet Dresden.<br />

• Erweiterung des bestehenden GW-Modells Innenstadt der Stadt Dresden auf die relevanten<br />

Bereiche und Anbindung an moderne Auswertungs- und Visualisierungstechnologien auf<br />

der Basis der DV-Instrumente des Umweltamtes.<br />

• Schaffung eines Handlungskonzepts für vorsorgende, operative und nachsorgenden Hochwasserschutzmaßnahmen<br />

bei extremen Grundwasser-Standsentwicklungen.<br />

• Ableitung neuer Bemessungsgrundlagen für Bauleitplanung und Investitionsvorbereitung.<br />

Als Forschungsziel wird die exemplarische Bewertung von Schäden für einen unter urbanen<br />

Räumen genutzten Grundwasserkörper nach Menge und Beschaffenheit in der Folge von<br />

extremen Hochwasserereignissen mit ausgedehnten Überflutungsarealen gesehen. Die<br />

Forschungsergebnisse sollen neben unmittelbar für die beantragende Vollzugsbehörde nutzbaren<br />

Handlungsempfehlungen auch verallgemeinerbare Aussagen für die Beeinträchtigung<br />

von Talgrundwasserleitern in vergleichbaren urbanen Gebieten im Freistaat Sachsen und in<br />

anderen Gebieten Deutschlands liefern. Die Handlungsempfehlungen sollen sich sowohl auf die<br />

Maßnahmen des vorsorgenden als auch des operativen und des nachsorgenden Hochwasser-<br />

Schutzes beziehen.<br />

155


’Schadstoffbelastung nach dem Augusthochwasser 2002 - Ergebnisse und Forschungsbedarf’<br />

Projektleitgruppe<br />

PTJ - Herr Wittmann<br />

SMUL - Herr Dr. Eckardt<br />

LfUG - Frau Kuhn<br />

DD / UA - Frau Dr. Ullrich<br />

StUFA Rdbl. - Herr Piechniczek<br />

BMBF-Projekt<br />

Hochwassernachsorge Grundwasser Dresden<br />

Wiss. Begleitung / Koordination<br />

Dresdner<br />

Grundwasserforschungszentrum e.V.<br />

Land Sachsen (SMUL / LfUG / StUFA)<br />

• GW-Dynamik / Messnetz<br />

• Beschaffenheit Friedrichstadt<br />

• Beschaffenheit Radebeul/Kaditz<br />

• Grundwasserbobachtung Dresden<br />

Stadt Dresden / GB Wirtschaft<br />

Umweltamt<br />

Amt f. Abfall und Stadtreinigung<br />

Brand- und Katastrophenschutzamt<br />

BMBF / PTJ-UMW<br />

ZE: Landeshauptstadt Dresden / Förderquote 100 %<br />

AP 1: Grundwasserdynamik/-modellierung<br />

AP2 : Grundwasser-Beschaffenheit<br />

AP 3: Altlasten, Schlämme und Abfälle<br />

AP 4: Undichte Kanäle<br />

AP 5: Ergebnis-Übertragung<br />

AP 6: Wiss. Begleitung / Koordination<br />

Abb. 2 Projektstruktur<br />

3 Erste Ergebnisse<br />

Erste Ergebnisse lassen sich zur Grundwasserdynamik aufzeigen. Die extrem angestiegenen<br />

Grundwasserstände können auf drei Ursachen zurückgeführt werden, für die hier exemplarische<br />

Beispiele aufgezeigt werden sollen. Die Abb. 3 zeigt zwei Messstellen, die in ihrer Position zum<br />

Vorfluter unterschiedlich zu bewerten sind. Während in der Messstelle 3595 (Abb. 3a)), die ca.<br />

2 km von der Elbe entfernt liegt; der Grundwasseranstieg bereits vor dem Höhepunkt des Elbehochwassers<br />

einsetzt, so dass er auf die Starkniederschläge und die hierdurch bewirkte Grundwasserneubildung<br />

zurückzuführen ist (LfUG 2003), kann man anhand der Daten der Messstelle<br />

3538 (Abb. 3a)) deutlich den Einfluss durch die Elbe erkennen.<br />

Eine Grundwassermessstelle auf dem Gelände des DGFZ, die den liegenden Kreide-Grundwasserleiter<br />

in ca. 40 m u. GOK repräsentiert (DGFZ 2000), zeigte im Zeitraum 13.08. bis<br />

GWSt. in mHN<br />

113,00<br />

112,00<br />

111,00<br />

110,00<br />

109,00<br />

108,00<br />

107,00<br />

106,00<br />

105,00<br />

104,00<br />

Grundwasserstandsentwicklung Messstelle 3595<br />

Hauptbahnhof<br />

langj. Mittelwert<br />

Elbe<br />

103,00<br />

1.7 15.7 29.7 12.8 26.8 9.9 23.9 7.10 21.10 4.11 18.11<br />

Datum<br />

a)<br />

GWSt. in mHN<br />

113.00<br />

112.00<br />

111.00<br />

110.00<br />

109.00<br />

108.00<br />

107.00<br />

106.00<br />

105.00<br />

104.00<br />

103.00<br />

Grundwasserstandsentwicklung Messstelle 3538<br />

1.7 15.7 29.7 12.8 26.8 9.9 23.9 7.10 21.10 4.11 18.11<br />

Datum<br />

b)<br />

Pegel Wallstr.<br />

langj. Mittelwert<br />

Elbe<br />

Abb. 3<br />

Grundwasserganglinien Entfernungen zur Elbe von a) 2 km und b) 500 m<br />

Quelle: LfUG/DGC/Landeshauptstadt Dresden (2003)<br />

156


<strong>Tagungsband</strong> Statusseminar des BMBF-Ad-hoc-Verbundprojektes in Freiberg, 27.-29.08.2003<br />

Detail 11. 8. 2002 - 21. 8. 2002<br />

m ü. NN<br />

159<br />

158<br />

157<br />

156<br />

155<br />

m ü. NN<br />

159<br />

158<br />

157<br />

156<br />

155<br />

154<br />

153<br />

152<br />

17:00:00<br />

17:00:00<br />

17:00:00<br />

154<br />

153<br />

Grundwasserganglinie Südhöhe<br />

152<br />

01.06.01<br />

01.07.01<br />

01.08.01<br />

01.09.01<br />

01.10.01<br />

01.11.01<br />

01.12.01<br />

01.01.02<br />

01.02.02<br />

01.03.02<br />

01.04.02<br />

01.05.02<br />

01.06.02<br />

01.07.02<br />

01.08.02<br />

01.09.02<br />

01.10.02<br />

01.11.02<br />

01.12.02<br />

01.01.03<br />

01.02.03<br />

01.03.03<br />

01.04.03<br />

01.05.03<br />

17:00:00<br />

01.06.03<br />

17:00:00<br />

17:00:00<br />

11.8. 12.8. 13.8.14.8.15.8. 16.8.17.8. 18.8. 19.8.20.8.21.8.<br />

17:00:00<br />

17:00:00<br />

17:00:00<br />

17:00:00<br />

17:00:00<br />

17:00:00<br />

Abb. 4<br />

Grundwasserganglinie der Festgesteins-Grundwassermessstelle auf dem Gelände des<br />

DGFZ (Südhöhe) mit extremem Grundwasseranstieg im Zeitraum 13. – 17.08.2002<br />

17.08.2002 ebenfalls einen Anstieg um bis zu 5 m (Abb. 4), so dass für den Talgrundwasserleiter<br />

zusätzlich von einer Zunahme der Liegendspeisung ausgegangen werden muss.<br />

4 Ausblick und Forschungsbedarf<br />

Ausgehend von den Erfahrungen im Stadtgebiet von Dresden und mit Blick auf die Forschungsinhalte<br />

zu Hochwasservorsorge, management und -nachsorge in Deutschland und Europa wird<br />

ein erheblicher Forschungsbedarf zur Interaktion zwischen Niederschlag, Hochwasser und<br />

Grundwasser gesehen. Dieser lässt sich in vier Forschungsschwerpunkte gliedern:<br />

1) Extreme Niederschläge und Grundwasseranstieg<br />

Über die Kluftsysteme im Pläner dürfte es während des August-Niederschlagsereignisses 2002<br />

zu einer ungewöhnlichen Speisung des quartären Talgrundwasserleiters im Stadtgebiet<br />

gekommen sein. Diese Speisung ist bei den Betrachtungen zu Ursachen hoher Grundwasserstände<br />

in Folge extremer Niederschlags- und Hochwasserereignisse bislang zu wenig oder<br />

unberücksichtigt geblieben.<br />

2) Interaktion Oberflächenwasser und Grundwasser<br />

Die weitaus größere Speisung erhielt der quartäre Dresdner Talgrundwasserleiter jedoch vor<br />

allem aus den Überflutungsflächen der Weißeritz, der Elbe und der übrigen Oberflächengewässer<br />

im Stadtgebiet sowie den hohen Niederschlagsspenden und den eingestauten unter<br />

Druck geratenen Abwasserkanälen. Eine Prognose des Abklingens von Grundwasserständen<br />

nach extremen Niederschlags- und Hochwasserereignissen ist mit den gegenwärtigen Modellwerkzeugen<br />

aber nur unzulänglich möglich. Forschungsbedarf wird deshalb hier in der Prozessuntersuchung<br />

zur Interaktion zwischen Speisung eines Grundwasserleiters durch das<br />

Hochwasser in Überlagerung des GW-Anstieges aus dem Liegenden in Folge von Drucktransfer<br />

aus den Speisungsgebieten gesehen.<br />

3) Wirkung der "technogenen Schicht" in urbanen Räumen<br />

Der Untergrund urbaner Räume weist durch zahlreiche Infrastrukturbauwerke (Kanalisationen)<br />

bevorzugte Fließwege auf, die im Hochwasserfall, sowohl ausgehend vom eindringenden<br />

157


’Schadstoffbelastung nach dem Augusthochwasser 2002 - Ergebnisse und Forschungsbedarf’<br />

Hochwasser als auch vom ansteigenden Grundwasser zu nicht oder nur schwer erfassbaren<br />

bevorzugten Fließpfaden führten. Hier wird, was die Wirkung dieser "technogenen Schicht" auf<br />

die Entwicklung von Grundwasserständen während und nach extremen Niederschlags- und<br />

Hochwasserereignissen und deren Umsetzung in einem gekoppelten Strömungsmodell betrifft,<br />

Forschungsbedarf gesehen.<br />

4) Modelltechnische Entwicklungsarbeiten<br />

Die Forschungen zu den oben aufgezeigten prozessbezogenen Wissensdefiziten sollten in die<br />

Entwicklung eines Modellwerkzeugs für eine integrierende, ganzheitliche hydromechanisch<br />

basierte Prozesssimulation im public domain einmünden. Darin sollen Oberflächengewässerund<br />

Grundwasserhydraulik sowie Bodenmechanik auf der Basis von Gelände- und Geosystemmodellen<br />

als ein gekoppeltes System erfasst werden. Wichtig für solch ein Modellwerkzeug im<br />

public domain ist ein wissenschaftlich fundiertes und zukunftsorientiertes Softwarekonzept, das<br />

die Kombination verschiedener Programme und eine permanente Erweiterbarkeit und Fortentwicklung<br />

auf nationaler und internationaler Basis ermöglicht.<br />

5 Literatur<br />

DGFZ (2000): Kurzdokumentation der Forschungsbohrung LBG 1/99 und deren geologischen Umfeldes<br />

Auftraggeber: Staatliches Umweltfachamt Radebeul, Dresden, 14.09.2000 (unveröff.)<br />

LfUG (2003): Einfluss des August-Hochwassers 2002 auf das Grundwasser. Hrsg.: Sächsisches Landesamt<br />

für Umwelt und Geologie, Dresden, Mai 2003.<br />

LfUG/DGC/Landeshauptstadt Dresden (2003): BMBF-Forschungsprojekt "Auswirkungen der August-HW-<br />

Ereignisse 2002 auf die Tal-Grundwasser-Körper im Raum Dresden - Lösungsansätze und Handlungsempfehlungen".<br />

Grundwasserstandsdaten, Bestandsaufnahme und Dokumentation. Dresdner Grundwasser<br />

Consulting GmbH im Auftrag des Landesamtes für Umwelt und Geologie, Dresden, 14.03.2003<br />

(unveröff.)<br />

Das Vorkommen von "Dioxinen" in der Elbe<br />

Burkhard Stachel 1 , Wilhelm Knoth 2 , Frank Krüger 3 , Heinrich Reincke 1 , René Schwartz 4 , Steffen Uhlig 5<br />

1 Wassergütestelle Elbe der ARGE ELBE, Neßdeich 120-121, 21129 Hamburg; Fax 040/42854-7778,<br />

burkhard.stachel@arge-elbe.de<br />

2 Umweltbundesamt, POP-Labor, II 6.5, PF 1468, 63204 Langen<br />

3 ELANA - Falkenberg, Dorfstr. 55, 39615 Falkenberg; Tel 039386/97121<br />

4 Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB), Müggelseedamm 310, 12561 Berlin; 030/64181-<br />

678<br />

5<br />

quo data, Siedlerweg 20, 01465 Dresden-Langebrück<br />

Während der Hochwassersituation im August 2002 stand das Vorkommen von "Dioxinen" und<br />

dioxinähnlichen PCB im Focus des öffentlichen Interesses. Bestimmt wurden diese Kontaminanten<br />

in Schwebstoffen und oberflächennahen Sedimenten der Elbe und Mulde, in landseitig<br />

abgelagerten Hochwassersedimenten (sog. "Schlämmen") und in Fischen. Auf der Basis von<br />

Analysenergebnissen erfolgte mit Hilfe einer statistischen Analyse die Zuordnung von Schwebstoff-<br />

und Sedimentproben zu möglichen Emittenten.<br />

Als bedeutendste Eintragsquelle für "Dioxine" und dioxinähnliche PCB in die Elbe erwies sich<br />

die Mulde bzw. das Muldeeinzugsgebiet. Mit dem Hochwasser wurden die Kontaminanten aus<br />

dem Schadstoffinventar des ehem. Industriestandorts Bitterfeld abgeschwemmt und über kleinere<br />

Gewässer in die Mulde und Elbe transportiert. Die bei Obristvi gelegene chemische Fabrik<br />

158


<strong>Tagungsband</strong> Statusseminar des BMBF-Ad-hoc-Verbundprojektes in Freiberg, 27.-29.08.2003<br />

Spolana, die während des Hochwassers von der Flut vollständig überschwemmt war, ist ein<br />

weiterer Emittent für diese Schadstoffe.<br />

Die während der Hochwassersituation entnommenen Schwebstoffe wiesen an den unterschiedlichen<br />

Messstellen folgenden Schadstoffgehalte auf (in ng WHO-TEQ/kg TM oder ng I-TEQ/<br />

kg TM): Höhe Spolana und Obristvi (km -115)=7 bzw. 11, Schmilka (km 4)=20, Wittenberg-<br />

Lutherstadt (km 220)=4-16, Mulde bei Dessau (km 260)=25-151, Magdeburg (km 318)=37-86,<br />

Bunthaus/Zollenspieker (km 610)=55-119. Zum Vergleich: in Schwebstoffen aus der Mulde<br />

fand die Umweltbehörde Hamburg im Jahr 1998 einen I-TEQ-Wert von 137 ng/kg TM, bei<br />

Bunthaus/Zollenspieker lag dieser Wert bei 66 und 73 ng WHO-TEQ/kg TM (Hamburger<br />

Umweltberichte 57/99).<br />

Landseitig abgelagerte "Schlämme" aus Sachsen und Niedersachsen zeigten geringe "Dioxin"-<br />

Gehalte, sie lagen im Konzentrationsbereich von 6-14 (Oberes Elbtal) bzw. 1-45 (Mittlere<br />

Elbe).<br />

Nach dem Abklingen der Flut wurden an 37 Messstellen entlang der Elbe von der Nordsee bis<br />

Obristvi oberflächennahe Sedimente entnommen und analysiert. Die Gehalte lagen (in ng<br />

I-TEQ/kg TM) im tschechischen Abschnitt im Bereich von 3-23, im deutschen Abschnitt von<br />

1-142. Sie lagen damit in der gleichen Größenordnung wie in den Schwebstoffen. In und unterhalb<br />

der Muldemündung stieg die Konzentration um das acht- bis neunfache auf 126 bzw. 142,<br />

was diesen Nebenfluss erneut als Schadstoffquelle hervorhebt.<br />

In der Literatur wird für Sedimente ein "save sediment value" von 20 ng I-TEQ/kg TM genannt<br />

(Evers et al. 1996). Als Entscheidungshilfe für die Bewertung von Sedimenten empfehlen<br />

Calmano et al. (2001) einen Maßnahmewert von 100 ng I-TEQ/kg TM. Auf der Basis des "save<br />

sediment values" ist damit der größte Teil der Schwebstoffe als belastet einzustufen. In Proben<br />

aus der Muldemündung bei Dessau und vom Stromspaltungsgebiet bei Bunthaus/Zollenspieker<br />

lagen die I-TEQ-Werte z. T. noch deutlich oberhalb des Maßnahmewertes von 100 ng WHO-<br />

TEQ/kg TM.<br />

Für die Einschätzung der "Dioxin"-Gehalte in den "Schlämmen" kann der Richtwert der<br />

Bundesbodenschutzverordnung eine Bewertungsgrundlage sein. Unter Berücksichtigung des<br />

Wertes von 100 ng I-TEQ/kg TM (Kinderspielflächen) sind die o. g. als niedrig einzustufen.<br />

Nach dem Hochwasser wurden Aale, Döbel und Alande aus der Elbe untersucht ("Dioxine" und<br />

dioxinähnliche PCB), um die mögliche Schadstoffakkumulation im Muskelfleisch von Fischen<br />

abschätzen zu können. Die Aale stammen vom Fangort Gorleben (24 vermarktungsfähige<br />

Exemplare), die beiden Weißfischarten von den Fangorten Schmilka und Meißen (insgesamt 7<br />

Exemplare). In den Aalen lagen die WHO-TEQ-Werte (in pg WHO-TEQ/g FG) zwischen 11<br />

und 56, in den Weißfischen zwischen 2 und 7.<br />

Für eine Einschätzung der Ergebnisse ist die Verordnung (EG) Nr. 2375/2001 des Rates vom<br />

29. November 2001 als Bewertungsgrundlage maßgeblich. Für Fische (Muskelfleisch) beträgt<br />

der Höchstwert für "Dioxine" 4 pg WHO-TEQ/g FG, wobei bis Ende 2004 auch die dioxinähnlichen<br />

PCB in die festzusetzenden Höchstmengen einbezogen werden sollen. Unter Zugrundelegung<br />

des o. g. Höchstwertes wird bei 13 von 24 Aalen (54%) dieser Wert überschritten oder<br />

erreicht, bei den Weißfischen wird er unterschritten. Bei der vorgesehenen Einbeziehung der<br />

dioxinähnlichen PCB und Modifizierung der Höchstmengen durch die EG ist davon auszugehen,<br />

dass weitaus mehr Aale zu beanstanden wären.<br />

Zum Vergleich: Früher durchgeführte Untersuchungen von Aalen aus der Elbe zeigten ebenfalls<br />

ein hohes Belastungsniveau. So wurde in einer Aal-Mischprobe aus dem Flussabschnitt<br />

159


’Schadstoffbelastung nach dem Augusthochwasser 2002 - Ergebnisse und Forschungsbedarf’<br />

von Zollenspieker bis Geesthacht ein "Dioxin"-Gehalt (inkl. 3 dioxinähnliche PCB) von 42 pg<br />

I-TEQ/g FG analysiert (1995/96, Hamburger Umweltberichte 55/98).<br />

In der weitergehenden multivariaten Analyse der Messergebnisse zeigte sich, dass die Analysen<br />

von Schlamm- und Schwebstoffproben sehr gut miteinander vergleichbar sind. Es wurde ein<br />

mathematisch-statistisches Modell entwickelt, welches - auf der Basis dieser insgesamt 73<br />

Proben - eine räumliche Identifizierung der dominierenden Punktquellen und eine grobe<br />

Abschätzung ihres Beitrags zur Gesamtbelastung an "Dioxinen" ermöglicht. Dabei wurde festgestellt,<br />

dass sich jeder Emittent in der Regel durch ein spezifisches Kongenerenmuster<br />

auszeichnet. Als dominierende Emittentin erwies sich die Mulde, jedoch konnten auch einige<br />

weitere Emittenten sowohl im deutschen als auch im tschechischen Teil der Elbe eingegrenzt<br />

werden.<br />

Eine wichtige Voraussetzung zur Beurteilung der Ergebnisse ist die präzise Kenntnis der analytischen<br />

Unsicherheit. Deshalb erfolgte im Rahmen dieser Analyse eine statistische Auswertung<br />

der Ergebnisse eines entsprechenden Ringversuches, der von der Umweltbehörde Hamburg<br />

ausgerichtet worden war. Die Auswertung zeigte, dass sich die Messunsicherheit, ausgedrückt<br />

durch die Vergleichstandardabweichung, in guter Näherung durch eine adaptierte Horwitz-<br />

Funktion beschreiben lässt. Diese Funktion bildet die Grundlage des neu entwickelten Modells.<br />

Erschwerend für die Analyse der Ergebnisse erwies sich der Umstand, dass die angegebenen<br />

Nachweis- bzw. Bestimmungsgrenzen je nach Labor sehr unterschiedlich ausfielen. Auffällig<br />

war auch, dass in einer ganzen Reihe von Proben bestimmte Kongenere nicht nachgewiesen<br />

bzw. bestimmt werden konnten, obwohl für diese aufgrund des geschätzten Kongenerenmusters<br />

ein deutlich über der Bestimmungsgrenze liegender Wert hätte erwartet werden können. Es ist<br />

daher zu vermuten, dass falsch-negative Ergebnisse auch dann auftreten können, wenn die<br />

Konzentration des Analyten deutlich oberhalb der Bestimmungsgrenze liegt. Es erscheint in<br />

diesem Zusammenhang sehr wichtig, für zukünftige Untersuchungen präzisere Daten über die<br />

Rate falsch-negativer Bestimmungen bereitzustellen, um unter der Bestimmungs- bzw. Nachweisgrenze<br />

liegende Analysenergebnisse besser beurteilen zu können.<br />

Die dargestellten Ergebnisse lassen folgenden Untersuchungsbedarf erkennen:<br />

• Fang und Untersuchung von weiteren Fischen aus der Elbe und ihrer relevanten Nebenflüsse,<br />

um eine bessere Beurteilungsgrundlage zum Vorkommen von "Dioxinen" und dioxinähnlichen<br />

PCB zur Verfügung zu haben.<br />

• Durchführung von Sanierungsuntersuchungen an der Mulde im Raum Bitterfeld mit dem<br />

Ziel, das Schadstoffinventar abschätzen und aus dem Stoffkreislauf entfernen zu können.<br />

Gerade Hochwasserereignisse führen zu einem unkontrollierten Austrag von "Dioxinen"<br />

und dioxinähnlichen PCB. Diese Art von Untersuchungen haben einen hohen praktischen<br />

Stellenwert, um die Schadstoffemissionen in die Elbe deutlich reduzieren zu können.<br />

• Das im Rahmen der oben genannten statistischen Untersuchungen entwickelte Modell verwendet<br />

nur die zu dem jeweiligen Hauptfluss (Elbe) gehörigen Analysedaten. Die Einbeziehung<br />

von Analysedaten der Nebenflüsse, insbesondere der Moldau oder der Mulde, musste<br />

unterbleiben, zumal die Mischungsverhältnisse aufgrund der außerordentlichen Bedingungen<br />

während der Flut nicht präzise bestimmt werden konnten. Es ist jedoch für eine präzisere<br />

Abschätzung möglicher Schadstoffemittenten erforderlich, dass die Gesamtheit der in<br />

dem Flusssystem erhobenen Daten einbezogen wird. Dies erfordert ein deutlich komplexeres<br />

mathematisches Modell sowie ein geeignetes Verfahrens zur Abschätzung der Modellparameter.<br />

Im Rahmen des aktuellen Projektes konnte dieses Verfahren nicht mehr<br />

erarbeitet werden.<br />

160


<strong>Tagungsband</strong> Statusseminar des BMBF-Ad-hoc-Verbundprojektes in Freiberg, 27.-29.08.2003<br />

• Die dem Modell zugrundeliegende Idee, Schadstoffemittenten anhand räumlich bzw. zeitlich<br />

verschiedener Kongenerenmuster lokalisieren zu können, ist grundsätzlich auch zur<br />

Auswertung von Analysendaten von Proben pflanzlicher und tierischer Herkunft möglich.<br />

Es liegt daher nahe, das entwickelte statistische Modell für die Auswertung solcher Proben<br />

zu adaptieren. Dies würde es ermöglichen, die Herkunft verschiedener Emittenten in zeitlicher<br />

und räumlicher Hinsicht besser abgrenzen zu können und zugleich etwa erforderliche<br />

Maßnahmen zum Schutz der Verbraucher wirkungsvoller und zugleich kostengünstiger<br />

durchführen zu können.<br />

Fazit: Während der Hochwassersituation sind in der Elbe relativ hohe Gehalte an "Dioxinen"<br />

und dioxinähnlichen PCB analysiert worden. Unter Berücksichtigung der durch das Hochwasser<br />

verursachten hohen Oberwasserabflüsse ist davon auszugehen, dass die in den Fluss<br />

gelangten Schadstofffrachten erheblich gewesen sind. Eine räumliche Identifizierung der dominierenden<br />

Punktquellen und eine grobe Abschätzung ihres Beitrags zur Gesamtbelastung an<br />

"Dioxinen" unter Anwendung multivariater statistischer Methoden erscheint möglich. Die überwiegend<br />

hohen Schadstoffgehalte in Elbefischen belegen, dass diese Kontaminanten im<br />

Muskelfleisch von Elbfischen gut akkumulieren; geltende Höchstmengen werden in Aalen<br />

überschritten.<br />

Literatur<br />

Erik H.G. Evers, Remi W.P.M. Laane and Gerard J.J. Groeneveld.: Levels, temporal trends and risk of<br />

dioxins and related compounds in Dutch aquatic environment. Organohalogen compounds Vol. 18<br />

(1996), pp 117-122<br />

Untersuchung und Bewertung von Sedimenten. Hrsg.: W. Calmano, Springer Vlg. 2001<br />

Belastungssituation im Regierungsbezirk Lüneburg: Der Pfad Boden-<br />

Pflanze-Tier. Ein Zwischenbericht.<br />

Dorit Stehr<br />

Bezirksregierung Lüneburg, Dezernat für Veterinärangelegenheiten und Verbraucherschutz, Auf der<br />

Hude 2, 21339 Lüneburg, Tel 04131/15-2559, Fax 04131/15-2988, Dorit.Stehr@br-lg.niedersachsen.de<br />

1 Ausgangslage<br />

In Niedersachsen grenzen fünf Landkreise mit einer Gesamtflusslänge von ca. 235 km direkt an<br />

die Elbe und waren oder sind somit von dem Hochwasser 2002 und seinen Folgen betroffen.<br />

Alle fünf Landkreise gehören zum Regierungsbezirk Lüneburg. Im tidefreien Mittelelbebereich<br />

handelt es sich dabei um die Landkreise Lüchow-Dannenberg, Lüneburg und Harburg. Das<br />

Überschwemmungsgebiet der Elbe umfasst allein zwischen Schnackenburg und Lauenburg ca.<br />

6 300 ha (die Flächengröße beinhaltet die Buhnenfelder der Elbe bis zur Streichlinie der<br />

Buhnenköpfe). Davon werden etwa 3 800 ha landwirtschaftlich genutzt, wovon weniger als 100<br />

ha als Ackerland zur Verfügung stehen. Diese Flächen gehören zum Biosphärenreservat<br />

Elbtalaue, dessen Verwaltung ebenso zur Abteilung 5 der Bezirksregierung Lüneburg gehört<br />

wie die Dezernate für Naturschutz, Wasserwirtschaft und Wasserrecht, Abfallwirtschaft und<br />

Immissionsschutz, Landwirtschaft sowie Veterinärangelegenheiten und Verbraucherschutz.<br />

Letztere unterstehen dem Niedersächsischen Ministerium für den ländlichen Raum, Ernährung,<br />

Landwirtschaft und Verbraucherschutz (ML), die anderen dem Niedersächsischen Umweltministerium.<br />

Bei kreis- und aufgabenübergreifenden Problemstellungen ist somit unter dem Dach<br />

der Bezirksregierung ein Höchstmaß an Koordinierung und Bündelung gegeben.<br />

161


’Schadstoffbelastung nach dem Augusthochwasser 2002 - Ergebnisse und Forschungsbedarf’<br />

Seitdem die Elbe durch den Deichbau auf ihr jetziges Flussbett beschränkt ist, werden im<br />

Rahmen der landwirtschaftlichen Nutzung große Flächen des Elbdeichvorlandes und des<br />

Deiches zur Milchvieh- und Schafhaltung sowie zur Futtermittelgewinnung bewirtschaftet.<br />

Auch kommt in bislang noch vergleichsweise geringem Umfang Fischwirtschaft vor.<br />

In Niedersachsen sind die Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsbehörden der Landkreise<br />

für den gesundheitlichen Verbraucherschutz vor Ort zuständig. Betrifft eine Gefahrenlage<br />

mehrere Landkreise, liegt die Koordinierung - wie auch die Fachaufsicht - bei dem Dezernat für<br />

Veterinärangelegenheiten und Verbraucherschutz der jeweiligen Bezirksregierung.<br />

Noch während der Katastrophenlage im August 2002 wurde die Frage aufgeworfen, welche<br />

Folgen die Flut für die Lebensmittelsicherheit im betroffenen elbnahen Bereich haben könne.<br />

Für die Überschwemmungsflächen der Elbe ist der Themenbereich der Dioxinbelastungen in<br />

Boden und Sedimenten von besonderer Relevanz.<br />

2 Vorbemerkungen<br />

Eine im Jahr 1993 abgeschlossene Untersuchungsstudie des ML in Zusammenarbeit mit der<br />

Bezirksregierung Lüneburg und dem Niedersächsischen Landesamt für Bodenforschung<br />

(NLfB) hat gezeigt, dass an verschiedenen Standorten der niedersächsischen Elbmarsch eine<br />

Bodenbelastung mit polychlorierten Dibenzopedioxinen und Dibenzofuranen (PCDD/F)<br />

vorliegt. Ferner liegt ein Bericht über Untersuchungen von Lebensmitteln aus Schleswig-<br />

Holstein auf polychlorierte Dibenzodioxine und Furane der Ministerin für Natur und Umwelt<br />

des Landes Schleswig-Holstein von 1995 vor. Weitere Ergebnisse sind dem Jahresbericht des<br />

ML von 1998 zu entnehmen sowie den umfangreichen Unterlagen über ein Biomonitoring in<br />

der Elbmarsch Anfang der 90-er Jahre, das vom hiesigen Gesundheitsdezernat durchgeführt<br />

wurde. Der Dioxingehalt fetthaltiger Matrices von Lebensmitteln tierischer Herkunft im<br />

elbnahen Bereich liegt regelmäßig geringfügig über der "normalen" Hintergrundbelastung. Es<br />

ist von einem Eintrag der PCDD/F-Rückstände aus Boden oder Sediment über das Futtermittel<br />

in die Nutztiere auszugehen. Eine direkte Dioxinaufnahme der Pflanzen durch die Wurzeln<br />

erfolgt außer z. B. bei Zucchini nicht. Der Einfluss regelmäßiger Überschwemmungen, insbesondere<br />

des außergewöhnlichen Hochwassers im August 2002, und anderer äußerer Umstände<br />

ist daher zu ermitteln.<br />

PCDD/F-Grenzwerte für Futter- und Lebensmittel gibt es erst seit Mai resp. Juli 2002. Die<br />

rechtliche Beurteilungsgrundlage (Festsetzung von Höchstmengen) für PCDD/F-Rückstände in<br />

Lebensmitteln bildet die VO (EG) Nr. 466/2001. Ergänzend wurden durch die Empfehlung der<br />

Kommission Nr. 2002/201/EG Auslösewerte für PCDD/F-Rückstände in Lebens- und Futtermitteln<br />

veröffentlicht, bei deren Überschreitungen unter anderem eine Untersuchung zur<br />

Ermittlung der Kontaminationsquelle und Maßnahmen zur Beschränkung oder Beseitigung der<br />

Kontaminationsquelle ergriffen werden sollten.<br />

Obwohl Sedimentuntersuchungen des NLWK während des Augusthochwassers zunächst keine<br />

Hinweise auf eine erhöhte Dioxinbelastung der Elbfracht gaben, war eine verstärkte Resuspendierung<br />

von Sedimenten aus Buhnenfeldern aufgrund der außergewöhnlich hohen Wasserführung<br />

der Elbe nicht auszuschließen.<br />

3 Verwaltungshandeln<br />

Vor dem o. g. Hintergrund wurden unmittelbar nach dem Hochwasser 2002 zeitnah gezielte<br />

Untersuchungen verschiedener Lebens- und Futtermittel auf PCDD/F-Rückstände durch die<br />

Bezirksregierung Lüneburg initiiert. Es wurden vereinzelt erhöhte PCDD/F-Gehalte ermittelt.<br />

Zwei Milch liefernde Betriebe wurden daraufhin kurzfristig gesperrt. Beide Betriebe hatten<br />

162


<strong>Tagungsband</strong> Statusseminar des BMBF-Ad-hoc-Verbundprojektes in Freiberg, 27.-29.08.2003<br />

entgegen den Empfehlungen der Bezirksregierung Milchvieh direkt nach dem Hochwasser auf<br />

Überschwemmungsflächen verbracht, ohne Untersuchungsergebnisse abzuwarten. Der Futtermittelkontrolldienst<br />

des Niedersächsischen Landesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit<br />

(LAVES) erließ in mehreren Fällen futtermittelrechtliche Verfügungen. Die<br />

Beseitigung der Milch erfolgte nach dem Tierkörperbeseitigungsgesetz. Die betroffenen Futtermittel<br />

waren als Abfall zu behandeln. Die Beseitigung wurde durch die Bezirksregierung Lüneburg<br />

mit dem MU geklärt. Die Öffentlichkeit wurde durch mehrere Pressemitteilungen<br />

informiert. Das ML betraute die Landwirtschaftskammer Hannover mit der amtlichen Beratung<br />

der Betroffenen, hier insbesondere der Landwirte vor Ort. Im zeitigen Frühjahr 2003 wurde<br />

durch die Molkereien ein Merkblatt, das die Landwirtschaftskammer Hannover zusammen mit<br />

der Bezirksregierung Lüneburg entwickelt hatte, an die Milch liefernden Betriebe verteilt.<br />

Hierin waren insbesondere Bewirtschaftungshinweise enthalten.<br />

Innerhalb der Bezirksregierung Lüneburg fand seit August 2002 eine enge Kommunikation<br />

zwischen behördlichen Fachkräften und externen Experten resp. Wissenschaftlern sowie den<br />

beiden o. g. Ministerien statt. Dies führte zu einer Verbreiterung der Wissensbasis. Besonders<br />

in den Wintermonaten wurde dieses Wissen den Personen, die primär von Risiko regulierenden<br />

Maßnahmen betroffen sind, nämlich den Landwirten, in verschiedenen Versammlungen<br />

zusammen mit Landwirtschaftskammer, Landvolk, Molkereien und den betreffenden Dezernaten<br />

der Bezirksregierung weitergegeben.<br />

Bei der klassischen Öffentlichkeitsarbeit stellt sich insbesondere das Problem, dass das Ausmaß<br />

der tatsächlichen Gesundheitsgefährdung resp. des Risikos bei potenziell belasteten Lebensmitteln<br />

unklar ist. Räumlich begrenzte Störfälle mit zum Teil sehr hohen PCDD/F-Ausstößen seit<br />

Mitte der 50-er Jahre haben den Verbraucher sensibilisiert. Besonders im Gedächtnis geblieben<br />

ist dabei der Unfall in der Firma ICMESA 1976 in Seveso. Nach dem Einsatz von "Agent<br />

Orange", einem Entlaubungsmittel, im Vietnamkrieg wurde von einer hohen Zahl direkter und<br />

indirekter Missbildungen bei Kindern der beteiligten Kriegsgegner berichtet. Eine Freisetzung<br />

von Dioxinen in der Chlorchemie (früher: Elementarchlorbleiche in der Zellstoff- und Papierherstellung)<br />

sowie z. B. bei Müllverbrennungsanlagen, bewegt sich lediglich im Spurenbereich.<br />

Die hohe Stabilität und die lipophilen Eigenschaften des Dioxins führen jedoch zu einer Akkumulation<br />

in der Umwelt. Ein Null-Risiko für den Bürger gibt es vor der bekannten Hintergrundbelastung<br />

nicht. Es ist daher, besonders in Gebieten mit einer bekanntermaßen höheren<br />

Belastung, behördlicherseits eine Minimierungsstrategie zu verfolgen.<br />

Es gehört zum Selbstverständnis unserer Behörde als Dienstleister, der Öffentlichkeit das<br />

notwendige Risikowissen zu vermitteln. Hierbei ist allerdings gleichzeitig ein sensibler<br />

Umgang mit der Risikowahrnehmung des Verbrauchers unumgänglich.<br />

Nach den ersten Maßnahmen zur "Gefahrenabwehr" und Aufklärung geht es im nächsten<br />

Schritt darum, langfristige Lösungen für das betroffene Gebiet unter Berücksichtigung der<br />

unterschiedlichen Interessenslagen der Beteiligten zu erarbeiten und durch geeignete<br />

Maßnahmen gesundheitlichen Verbraucherschutz zu gewährleisten.<br />

Monitoring Milch-Fleisch-Fisch<br />

Im Rahmen eines Risikomanagements wird durch die Molkereien in Zusammenarbeit mit der<br />

Milchwirtschaftlichen Vereinigung Niedersachsen regelmäßig Tankwagensammelmilch im<br />

elbnahen Bereich untersucht. Hierbei gab es bisher keine Signalwertüberschreitungen. In<br />

Verdachtsfällen (Betriebe mit belasteten Futtermitteln) wurden amtliche Milchproben<br />

genommen. Es wurden von Rindern und Schafen aus dem Elbdeichvorland bei der Schlachtung<br />

amtliche Fleischproben entnommen. Legehennen oder Masthähnchen gibt es im betroffenen<br />

163


’Schadstoffbelastung nach dem Augusthochwasser 2002 - Ergebnisse und Forschungsbedarf’<br />

Bereich nicht. Im Juni und Juli wurde Fisch, hier: Elbaal, amtlich beprobt. Erwerbsmäßiger<br />

Gemüseanbau findet im Überschwemmungsgebiet der Elbe nach amtlicher Kenntnis nicht statt.<br />

Agrarmanagentprojekt<br />

Die 2002 festgelegten Dioxingrenzwerte sind nicht Folge eines bekannten Toxiditätsprinzips,<br />

sondern verfolgen vielmehr eine Minimierungsstrategie. Nichts desto weniger geben sie den<br />

Rahmen für das Verwaltungshandeln vor. Die PCDD/F-Werte im Boden des Überschwemmungsgebietes<br />

der Elbe sind umfassend untersucht. Sie korrelieren jedoch nicht mit den ermittelten<br />

Werten im Bewuchs. Die amtlichen Untersuchungsergebnisse lassen bisher auch keinen<br />

direkten Zusammenhang zwischen der Höhe der Bodenbelastungen und derjenigen in Milch<br />

und Fleisch erkennen. Die Landwirtschaftskammer Hannover hat daher im Auftrage des ML<br />

zusammen mit der Bezirksregierung Lüneburg sowie der Tierärztlichen Hochschule Hannover<br />

das Projekt Agrarmanagement der Elbeüberschwemmungsflächen konzipiert, in dem folgende<br />

Sachverhalte bearbeitet werden:<br />

1. Erfassung des Status quo über Nutzungskartierungen<br />

2. Belastungssituation<br />

2.1 Monitoring Bodenaufwuchs<br />

2.2 Carry-over-Projekt Boden-Pflanzen-Tier-Lebensmittel<br />

2.3 Untersuchung des Einflusses der Landtechnik auf den Belastungsgrad des Futters<br />

3. Nutzungsempfehlungen und Beratung<br />

Das Ziel dieses Projektes ist es, zu einer differenzierten Einschätzung der Belastungssituation<br />

von Boden, Pflanzen, Tieren und Lebensmitteln zu gelangen, um auf dieser Basis eine Gefährdung<br />

der Verbrauchergesundheit auszuschließen. Nach Abstimmung mit dem laufenden<br />

BMBF-Projekt wurden durch die Landwirtschaftskammer Hannover an zahlreichen Standorten<br />

im Überschwemmungsgebiet der Elbe, auf dem Deich sowie an "unverdächtigen" Referenzstandorten<br />

jeweils Boden und Bewuchsproben entnommen. Im Rahmen einer Promotion<br />

arbeitet die Tierärztliche Hochschule Hannover zur Zeit daran, den Dioxineintrag vom Futtermittel<br />

in das Tier, die Akkumulation und ggf. Ausscheidung zu untersuchen (Carry-over-<br />

Projekt). Hierbei wird zum Einen ermittelt, wann bei unbelasteten Kühen bei Exposition auf<br />

definiert belasteten Weideflächen erstmals Dioxin in der Milch erscheint, wann ein Plateau<br />

erreicht ist und in welcher Zeit bei Futterumstellung die PCDD/F-Gehalte der Milch wieder<br />

unter dem Grenzwert liegen. Darüber hinaus wird ermittelt, wie der Transfer in Fleisch, am<br />

Beispiel von Schafen, stattfindet (Untersuchung von Kolostralmilch, Bewuchs, Boden, Tränke,<br />

später Fleisch, Fett, innere Organe). Darüber hinaus hat die Landwirtschaftskammer Hannover<br />

in Zusammenarbeit mit den Landwirten vor Ort den Einfluss unterschiedlicher Erntetechniken<br />

auf die etwaige Belastung der Futterkonserven untersucht. Das Ziel sind neue Nutzungskonzepte<br />

der Elbdeichvorflächen unter Berücksichtigung der Einflussgrößen Landwirtschaft (im<br />

Landkreis Lüchow-Dannenberg liegen teilweise 80 % der Milchquoten auf Vordeichsflächen.<br />

Ein Großteil der Flächen gehört der Domänenverwaltung Niedersachsen.), Naturschutz (Biosphärenreservat<br />

Elbtalaue; Vertragsnaturschutz), Deichpflege (Beweidung durch Schafherden<br />

erforderlich), Hochwasserschutz (Hier wäre ein Erlenaufwuchs im Vordeichgelände infolge<br />

einer Nutzungsänderung fatal.) und Tourismus zu entwickeln. Eine ganzheitliche ressortübergreifende<br />

Betrachtungsweise wird gefordert.<br />

Durch die jetzige Gesamtkonzeption ist die funktionale Trennung gegeben zwischen wissenschaftlicher<br />

Risikoabschätzung (z. B. Carry-over-Versuch) sowie dem abwägenden Risikomanagement<br />

durch die Verwaltung.<br />

Langfristig wird es zwingend notwendig sein, die Kontaminationsquellen zu lokalisieren.<br />

Hierfür fließen alle amtlichen Untersuchungsergebnisse in einen Kongenerenvergleich ein.<br />

164


<strong>Tagungsband</strong> Statusseminar des BMBF-Ad-hoc-Verbundprojektes in Freiberg, 27.-29.08.2003<br />

Eintrags- und Verteilungspfade mit jeweiligen Transferfaktoren werden ermittelt. Aus hiesiger<br />

Sicht wäre die Immobilisierung von belasteten Sedimenten elbaufwärts eine grundlegende<br />

Maßnahme zur Minimierung des Belastungsrisikos, ohne die alle nachgeordneten Minimierungsbestrebungen<br />

letztlich an Effektivität verlören.<br />

4 Vorläufige Ergebnisse und Hypothesen<br />

Heu und Grassilage sind - abhängig vom Erntevorgang - häufig höher belastet als Weidegras.<br />

Es ist eine Tendenz erkennbar, dass Flächen, wo länger Wasser steht, höher belastet sind als<br />

höher gelegene. Aufgrund des hohen Verdünnungseffektes sowie des Tideeinflusses sind<br />

Vordeichsflächen flussabwärts vom Wehr Geesthacht nach bisherigem Erkenntnisstand nicht<br />

als gefährdet zu betrachten. Es wird angenommen, dass Dioxine als lipophile Schadstoffe im<br />

Zuge der Laktation ausgeschieden werden: Es ist die Tendenz erkennbar, dass Fleisch laktierender<br />

Kühe geringer belastet ist als solches nicht laktierender Tiere. Die Belastung des Fleisches<br />

von Lämmern aus dem Vordeichsgelände gegenüber Lämmern von Referenzflächen ist<br />

vergleichsweise höher als die von adulten Tieren aus beiden Regionen. Eine Korrelation<br />

zwischen Belastung von Futtermitteln und Milch ist erkennbar. Obwohl Dioxin nicht durch die<br />

Wurzel der Pflanzen aufgenommen wird, konnte festgestellt werden, dass es durch Abwaschen<br />

nicht vom Gras zu entfernen war. Vermutung: der lipophile Stoff lagert sich in der Cuticula der<br />

Halme ein.<br />

Bei der Untersuchung von Fisch ist zwischen den standorttreuen Brassen und Barschen sowie<br />

Aalen zu unterscheiden. Fetthaltige Aale sind in der Regel höher belastet als Weißfische. Ein<br />

Kongenerenvergleich gibt Aufschluss über den Ort der Exposition. Bei Lebensmittel liefernden<br />

Tieren sind bei einer Risikoabschätzung neben dem Alter der Tiere die Laktation und der<br />

Gesundheitsstatus zu berücksichtigen (In einer Schafherde mit nordischer Bradsot wurden<br />

erhöhte Dioxinwerte festgestellt.) Besonderes Augenmerk ist auf Blänkenwasser zu richten.<br />

Die Untersuchungen sind noch nicht abgeschlossen. Um Klimaeinflüsse zu relativieren, könnte<br />

an eine erneute Untersuhung bestimmter Parameter im kommenden Jahr gedacht werden.<br />

Als Zwischenbilanz kann gesagt werden, dass bei Lebensmitteln tierischer Herkunft im<br />

elbnahen Bereich Dioxinbelastungen teilweise über der normalen Hintergrundbelastung<br />

vorliegen, dass nach dem Elbehochwasser vom August 2002 jedoch nur in wenigen Ausnahmefällen<br />

Grenzwertüberschreitungen festgestellt worden sind. Bis ein abschließendes Nutzungskonzept<br />

aufgrund des Agrarmanagementprojektes durch die Landwirtschaftskammer Hannover<br />

vorgestellt wird, ist durch geeignete Maßnahmen, z.B. Monitorings, Lebensmittelsicherheit zu<br />

gewährleisten. Dabei ist aus hiesiger Sicht eine enge länderübergreifende Zusammenarbeit und<br />

ein Erfahrungsaustausch der Elbanrainer-Behörden an zu streben.<br />

165


’Schadstoffbelastung nach dem Augusthochwasser 2002 - Ergebnisse und Forschungsbedarf’<br />

Belastung der Sedimente in Trinkwassereinzugsgebieten von Elbe und<br />

Mulde<br />

Gerhard Strauch, André Sbjeschni, Anke Bittkau, Dietmar Schlosser<br />

<strong>UFZ</strong>-Umweltforschungszentrum Leipzig-Halle, Sektion Hydrogeologie, Theodor-Lieser-Str. 4, 06120<br />

Halle, Tel. 0345/5585-206, Fax 0345/5585-559, strauch@halle.ufz.de<br />

1 Problemdarstellung und Zielstellung<br />

Die Elbe und die Mulde gelten in Sachsen und Sachsen-Anhalt als wichtigste Ressourcen für<br />

die Gewinnung von Rohwasser aus Uferfiltrat für die Trinkwasserversorgung. Deshalb ist der<br />

Erweiterung und der Vervollkommnung der Sicherungssysteme gegen kurzzeitige und zufällige<br />

Schadstoffeinträge, wie es mit der Stoßbelastung durch das Hochwasser im August 2002 der<br />

Fall war, unbedingt Rechnung zu tragen. Wirken besonders die Zonen innerhalb der Deiche und<br />

vor allem die durch Überflutungen gefährdeten Trinkwasserschutzzonen bei Stoßbelastungen<br />

aus Hochwasserereignissen kurz- oder längerfristig als Schadstoffsenke und/oder -quelle?<br />

Die Kenntnis über die Wirksamkeit der Auensedimente als natürlicher Retentionsraum bei<br />

Stoßereignissen ist eine wichtige Voraussetzung für die zweckdienliche Gestaltung von Sicherungssystemen.<br />

Entscheidend für den Schutz des Rohwassers ist, ob die ablaufenden<br />

Mischungs-, Sorptions- und Umsetzungsprozesse im Aquifer wirksam genug sind, um Schadstoffbelastungen<br />

ausreichend abfangen zu können.<br />

Das Ziel des Vorhabens ist es, mit einer ad hoc-Studie an ausgewählten im August 2002 überstauten<br />

Trinkwasserschutzzonen festzustellen, ob die dortigen Bodenschichten eine länger<br />

anhaltende Schadstoffdeposition erfahren haben bzw. wie weit das Sediment im Auenbereich<br />

in der Lage ist, Schadstoffe und Keime zu fixieren und abzubauen.<br />

2 Untersuchungsgebiete<br />

Die Untersuchungen zur Schadstoffverteilung erfolgten exemplarisch an drei Standorten in<br />

Trinkwassereinzugsgebieten von Wasserwerken im Mulde- und Elbegebiet und an Referenzstandorten<br />

aus nichtüberfluteten Zonen dieser Standorte.<br />

Die Untersuchungslokalitäten gehören zum:<br />

• Trinkwassereinzugsgebiet der Wasserwerke Canitz/Thallwitz der Kommunalen Wasserwerke<br />

Leipzig GmbH<br />

• Trinkwassereinzugsgebiet Elbaue bei Torgau des Fernwasserverbandes Elbaue-Ostharz<br />

GmbH<br />

1. Trinkwassereinzugsgebiet der Wasserwerke Canitz / Thallwitz<br />

Das Einzugsgebiet des Wasserwerke Canitz-Thallwitz befindet sich im Randbereich des Nordwestsächsischen<br />

Hügellandes, etwa 5 km nördlich der Stadt Wurzen und ca. 25 km östlich von<br />

Leipzig. Das Einzugsgebiet kann morphologisch in 3 Bereiche unterteilt werden:<br />

• Die holozäne Talaue der Mulde, die sich durch eine nahezu flächendeckende Auelehmschicht<br />

und geringe Grundwasserflurabstände auszeichnet. In diesem Bereich befinden sich<br />

einige größere grundwasserabhängige Gewässer (Muldenaltarme).<br />

• Die weichselkaltzeitliche Niederterrasse mit relativ flacher bis leicht gewellter Oberflächenstruktur<br />

und guten bis mittleren Böden, die deutlich weniger zur Vernässung neigen als<br />

in der Aue.<br />

166


<strong>Tagungsband</strong> Statusseminar des BMBF-Ad-hoc-Verbundprojektes in Freiberg, 27.-29.08.2003<br />

• Die pleistozänen Hochflächen beiderseits der Muldeniederung, die, von Festgesteins- und<br />

Tertiäraufragungen abgesehen, durchweg aus elster- und saalekaltzeitlichen Sedimenten<br />

bestehen.<br />

Der überwiegende Teil des Untersuchungsgebietes wird landwirtschaftlich (Ackerbau, Weideflächen)<br />

genutzt. In der Muldeaue zwischen den Deichen herrschen extensiv genutzte Wiesen<br />

vor.<br />

Hydrogeologie, Grundwasserdynamik und Geschütztheit<br />

Hydrogeologie und Grundwasserleiter<br />

Der Grundwasserleiter 1.6, der an spätelsterkaltzeitliche Nachschüttsande gebunden ist, ist für<br />

den Bereich der pleistozänen Hochflächen wichtig. Westlich der Mulde kommuniziert er in<br />

großen Bereichen hydraulisch mit den tertiären Sanden. Die Abgrenzung zu den hangenden<br />

früsaalekaltzeitlichen Schottern bzw. Sanden ist ebenfalls nicht immer gegeben. Da die Saale I-<br />

und II- Moränen nicht flächendeckend angetroffen werden, bestehen hydraulische Verbindungen<br />

zwischen GWL 1.6 und den saalekaltzeitlichen GWL 1.4 und 1.3.<br />

Der Hauptgrundwasserleiter im Kern des Einzugsgebietes der Wasserwerke Canitz / Thallwitz<br />

ist an die weichselkaltzeitlichen bzw. holozänen Sande und Kiese gebunden, die im Muldental<br />

(Standort der Probennahmen) und in der Niederterrasse flächendeckend verbreitet sind. Es ist<br />

sinnvoll, von einem einheitlichen Hauptgrundwasserleiter 1.1, bzw. 1.1/1.0 zu sprechen. Die<br />

Schotter in der Aue haben siebanalytisch ermittelte kf-Werte von 0,8 bis 2*10 -3 m/s (Schneider<br />

& Partner, 1997).<br />

Grundwasserdynamik und Geschütztheit<br />

Die Strömungsverhältnisse im Bereich der Wasserfassungen werden vor allem durch die Mulde<br />

bestimmt. Im ungestörten Zustand herrschen effluente Verhältnisse vor, die sich jedoch im<br />

Anstrombereich größerer Mäanderschlingen umkehren. Rechts der Mulde ist die Grundwasserströmung<br />

vorwiegend nach W-NW gerichtet, in der westlichen Muldeaue vorwiegend nach N,<br />

etwa dem Verlauf des Vorfluters entsprechend, gerichtet. Bei Hochwassersituationen herrschen<br />

im gesamten Untersuchungsgebiet influente Verhältnisse vor, die eine Ableitung der landseitigen<br />

Grundwasserströmung nach NW und damit eine deutliche Verschiebung der Grenze des<br />

Einzugsgebietes der Fassung Canitz nach S bewirken.<br />

Eine vollkommen durchlässige Sohle der Mulde tritt im Untersuchungsgebiet praktisch nicht<br />

auf, Schneider & Partner, 1999 sprechen von einer halbdurchlässigen Sohle, wobei es sich<br />

weniger um eine äußere Kolmation durch sedimentierende Sinkstoffe als um eine innere<br />

Kolmation durch anorganische und organische Schwebstoffe, die bei der Exfiltration aus dem<br />

Gewässer im Gestein zurückgehalten werden. Trotz fehlender hydraulischer Anbindung eines<br />

Gewässers an den Aquifer ist ein Stofftransport durch Sickerströmung über die ungesättigte<br />

Zone möglich, da die Auelehmschicht teilweise einen hohen Sandanteil aufweist.<br />

Die Grundwassergeschütztheit des Hauptgrundwasserleiters entspricht im Bereich der<br />

Muldeaue der Geschütztheitsklasse 3 bis 4 (Mächtigkeit der Auelehmschicht zwischen 0,5 und<br />

5m, nahezu flächendeckend) und im Bereich Niederterrasse/Übergang Hochfläche der<br />

Geschütztheitsklasse 5. Insgesamt kann die Grundwassergefährdung als lokal begrenzt angesehen<br />

werden. Bei Hochwassersituationen wie im August 2002 jedoch führt die verstärkte Infiltration<br />

der Mulde südlich von Nischwitz zu einer Verminderung der landseitigen<br />

Grundwasserströmung nach NW bis N, also in Richtung Rohwasserfassung und damit zu einer<br />

erhöhten Schadstoffdepositionsgefahr im Grundwasser.<br />

167


’Schadstoffbelastung nach dem Augusthochwasser 2002 - Ergebnisse und Forschungsbedarf’<br />

2. Trinkwassereinzugsgebiet des Wasserwerkes Torgau-Ost<br />

Die Torgauer Elbaue ist Teil des Naturraumes Riesa-Torgauer Elbtal. Das Einzugsgebiet des<br />

WW-Torgau-Ost lässt sich in 3 Bereiche gliedern:<br />

• holozäner Elbtalbereich (80-85 m NN)<br />

• Übergang zur Hochfläche als ausgeprägte Steilstufe<br />

• Anstieg zum Stauchendmoränengebiet der Dahlener Heide (bis 215 m NN)<br />

Die Fassungsstandorte des Wasserwerkes befinden sich in der durch die holozäne Erosion<br />

eingeebneten Talaue der Elbe, von der eine Steilstufe zu der saalekaltzeitlich überprägten Hochfläche<br />

mit der darauf aufsetzenden Stauchendmoränenlage des Sitzenrodaer Forstes, eines<br />

Ausläufers der Dahlener Heide überleitet. Die Böden im Untersuchungsgebiet differenzieren<br />

gemäß ihrem Schluff- und Tonanteil, seltener nach dem Sandanteil in den Auelehmen sowie<br />

nach dem mittleren Flurabstand des Grundwassers (4m).<br />

Der Anteil der landwirtschaftlichen Nutzfläche im Untersuchungsgebiet beträgt bis zu 70 %,<br />

davon nehmen Ackerfläche zwischen 70-90 %, Dauergrünland ca. 12 % ein.<br />

Hydrogeologie, Grundwasserdynamik und Geschütztheit<br />

Hydrogeologie und Grundwasserleiter<br />

Den Hauptgrundwasserleiter im Untersuchungsgebiet bilden die bis zu 50 m mächtig<br />

werdenden glazifluviatilen bis fluviatilen Ablagerungen der Elsterkaltzeit. Die Fassungen im<br />

Elbauebereich nutzen durchweg den durchgehenden Grundwasserleiter der Kombination<br />

(GWL 1.6 - GWL 1.1). Die Terrassensande der Elbaue sind nahezu vollständig von einer<br />

Auelehmdecke überzogen, deren Bildung im jüngeren Holozän einsetzte und im Durchschnitt<br />

eine Dicke von 1 bis 4 m erreicht.<br />

Grundwasserdynamik und Geschütztheit<br />

Das Grundwasser fließt in der Elbaue direkt, etwa den Mäandern der Elbe ausgeglichen, dem<br />

Vorfluter zu, die Gefällewerte liegen dabei, in Abhängigkeit vom Wasserstand der Elbe, meist<br />

unter 1 Promille. Die Grundwasserneubildung erfolgt im Untersuchungsgebiet über 3 geologische<br />

Einheiten:<br />

• die holozäne Auelehmbedeckung, GW-Spiegel meist leicht gespannt, in sandigen Schichten<br />

gute Versickerungsmöglichkeit für NS-Wasser<br />

• die pleistozänen Talsande, allgemeine hydraulische Verbindung (von GWL 1.1 bis GWL<br />

1.6), z.Tl. stauende Nässe auf Stauern mit erhöhter Verdunstung - ohne Grundwasserneubildung,<br />

im Allgemeinen jedoch gute Versickerung<br />

• die Hochfläche in Bereichen ohne versickerungsverhindernde Stockwerksbildung und Stauchendmoränengebiet<br />

mit Stockwerksbildung, Stockwerkbau mit großer Druckdifferenz<br />

aber Kommunikation im Vorland, Durchsickerung in die tieferen Grundwasserleiter ist<br />

möglich, zudem auch erhöhter oberirdischer Abfluß<br />

Bei hohen Elbwasserständen wird die erhöhte Infiltration durch den am Ufer ausstreichenden<br />

Auelehm nicht beeinflusst, ausschlaggebend ist die erhöhte Wassersäule auf der Flussbettsohle.<br />

Die Kolmation wird bei Stoßbelastungen (Hochwasser) als gering eingeschätzt. Die nahezu<br />

flächendeckend vorhandene Auelehmbedeckung verhindert eine Kontamination durch eine<br />

schnelle Versickerung auf den überwiegend landwirtschaftlich genutzten Böden der unbewaldeten<br />

Elbaue. Die Grundwasserabstandskarte weist für das Untersuchungsgebiet Wasserstände<br />

von meist unter 2 m aus und entspricht der Geschütztheitsklasse von 3 bis 4.<br />

168


<strong>Tagungsband</strong> Statusseminar des BMBF-Ad-hoc-Verbundprojektes in Freiberg, 27.-29.08.2003<br />

3 Arbeitsprogramm<br />

Die Auswahl der genauen Untersuchungsstandorte in den genannten Testgebieten erfolgte in<br />

Abstimmung mit den jeweiligen Wasserwerksbetreibern nach Überflutungssituation und<br />

möglicher Gefährdung für den Rohwasserbetrieb.<br />

Aus beiden Untersuchungsgebieten wurden Sedimente aus der ungesättigten Zone innerhalb der<br />

Schutzzone 1 untersucht, um eine mögliche vertikale Verlagerung von pathogenen Keimen und<br />

Spurenelementen aus einer Stoßbelastung durch Hochwasser nachzuweisen. An jedem Standort<br />

wurden mittels Handbohrgerät Sediment- und Bodenproben in jeweils 10 cm langen Kernabschnitten<br />

bis maximal 120 cm Tiefe entnommen. In der Elbaue bei Torgau wählten wir auf<br />

Empfehlung des Wasserwerkes zwei Standorte (jeweils nahe der Pegelprofile 1 und 2) mit<br />

unterschiedlicher Sedimentüberdeckung, die sich aus der Flutwelle der Elbe abgelagert hatte,<br />

aus. Zum Vergleich wurden an jedem Standort Referenzbohrungen auf Flächen vorgenommen,<br />

die außerhalb der Überflutung lagen, bodenphysikalisch aber den Sedimenten der jeweiligen<br />

Schutzzone 1 entsprachen.<br />

Anschließend erfolgte die Elution der gewonnenen Mischproben nach DIN EN 12457-4 und die<br />

Analyse auf Nähr- und Spurelemente sowie Schwermetalle. Weiterhin wurden die Sedimente<br />

auf E.coli, coliforme Bakterien und Enterokokken untersucht und Kornverteilungskurven für<br />

die einzelnen Abschnitte der Kerne erstellt.<br />

4 Ergebnisse<br />

Bei den analysierten Parametern der Eluate zeigt sich folgendes Bild:<br />

• Die Elbsedimente weisen hinsichtlich des Makronährstoffes Ca im Vergleich zu den Standort<br />

WW Canitz / Thallwitz insgesamt höhere Gehalte auf. Dabei nehmen die Ca-Gehalte bei<br />

beiden Probestandorten von oben nach unten ab. Die K- und Na-Gehalte der Elbsedimente<br />

sind höher als die der Muldensedimente, es sind keine signifikanten Unterschiede zwischen<br />

den überfluteten und Referenzstandorten festzustellen<br />

• Die Al-Gehalte der Proben sind im Bereich WW Canitz / Thallwitz am Referenzstandort<br />

deutlich höher (Max.wert: 190 mg/kg) als im Überschwemmungsbereich, insgesamt jedoch<br />

niedriger als in Torgau, hier steigen die Al-Gehalte bis auf 400 mg/kg, wobei die höheren<br />

Gehalte auch hier am Referenzstandort nachgewiesen wurden<br />

• Für die Fe- Gehalte zeigt sich das gleiche Bild (Bereich WW Canitz/Thallwitz, Referenzstandort<br />

deutlich höhere Werte als Überschwemmungsbereich, Max.wert: über 140 mg/kg,<br />

im Bereich WW Torgau-Ost insgesamt höhere Gehalte, bis über 250 mg/kg)<br />

• An Schwermetallen wurden in allen Böden keine Belastungen festgestellt: Gehalte an Cu,<br />

Cd, Pb, As und Cr sehr gering (in über 90% Werte unter der Nachweisgrenze , in allen Proben<br />

deutlich unter den Prüfwerten des BBodSchV für den Pfad Boden-Mensch).. Die Zn-<br />

Gehalte liegen unter 1 mg/kg.<br />

• Bei den Nitrat-Gehalten zeigt sich in allen untersuchten Profilen eine deutliche Abnahme<br />

von oben nach unten, am Standort Trinkwassereinzugsgebiet WW Torgau-Ost mit<br />

Max.werten von über 40 mg/kg höhere Gehalte als im Bereich des WW Canitz / Thallwitz<br />

(Max.wert: 21 mg/kg) - unterhalb 50cm Tiefe lag hier der Nitrat-Gehalt unter der Nachweisgrenze,<br />

allgemein liegen die Gehalte in den überschwemmten Bereichen deutlich über<br />

denen der Referenzstandorte<br />

• Alle NH 4 -Gehalte liegen unter 2 mg/kg, die o-PO 4 -Gehalte unter 10 mg/kg<br />

169


’Schadstoffbelastung nach dem Augusthochwasser 2002 - Ergebnisse und Forschungsbedarf’<br />

Abb. 1: Elementgehalte (Auswahl) in Bodeneluaten der Untersuchungsstandorte<br />

Vergleich Aluminium-Gehalt in Böden (Trinkwasserschutzgebiet WW-Canitz/Thallwitz)<br />

Vergleich Aluminium-Gehalt in Böden (Trinkwassereinzugsgebiet WW Torgau-Ost)<br />

MP-überflutete Fläche MP-Referenzfläche<br />

mg/kg<br />

0,00 20,00 40,00 60,00 80,00 100,00 120,00 140,00 160,00 180,00 200,00<br />

MP-Torgau 1 MP-Torgau 2 MP-Torgau Referenzfläche<br />

mg/kg<br />

0,00 50,00 100,00 150,00 200,00 250,00 300,00 350,00 400,00 450,00<br />

0-10cm<br />

10-20cm<br />

20-30cm<br />

30-40cm<br />

40-50cm<br />

0-10cm<br />

10-20cm<br />

20-30cm<br />

30-40cm<br />

40-50cm<br />

Tiefe<br />

70-80cm<br />

60-70cm<br />

70-80cm<br />

90-100cm<br />

110-120cm<br />

100-110cm<br />

Vergleich Zink-Gehalt in Böden (Trinkwassereinzugsgebiet WW Canitz/Thallwitz)<br />

MP-überflutete Fläche MP-Referenzfläche<br />

mg/kg<br />

0,00 0,10 0,20 0,30 0,40 0,50 0,60 0,70 0,80 0,90 1,00<br />

0-10cm<br />

10-20cm<br />

20-30cm<br />

30-40cm<br />

40-50cm<br />

Tiefe<br />

70-80cm<br />

110-120cm<br />

Vergleich Nitrat-Gehalt in Böden (Trinkwassereinzugsgebiet WW-Canitz/Thallwitz)<br />

MP-überflutete Fläche<br />

MP-Referenzfläche<br />

mg/kg<br />

0,00 5,00 10,00 15,00 20,00 25,00<br />

..…. 0-10cm<br />

10-20cm<br />

20-30cm<br />

30-40cm<br />

40-50cm<br />

Tiefe<br />

70-80cm<br />

110-120cm<br />

Vergleich Sulfat-Gehalt in Böden (Trinkwassereinzugsgebiet WW-Canitz/Thallwitz)<br />

MP-überflutete Fläche MP-Referenzfläche<br />

mg/kg<br />

0,00 10,00 20,00 30,00 40,00 50,00 60,00 70,00 80,00 90,00<br />

..…. 0-10cm<br />

10-20cm<br />

20-30cm<br />

30-40cm<br />

40-50cm<br />

Tiefe<br />

70-80cm<br />

110-120cm<br />

Vergleich Phosphat-Gehalt in Böden (Trinkwassereinzugsgebiet WW-Canitz/Thallwitz)<br />

MP-überflutete Fläche<br />

MP-Referenzfläche<br />

mg/kg<br />

0,00 0,50 1,00 1,50 2,00 2,50 3,00<br />

..…. 0-10cm<br />

10-20cm<br />

20-30cm<br />

30-40cm<br />

40-50cm<br />

Tiefe<br />

Tiefe<br />

Vergleich Zink-Gehalt in Böden (Trinkwassereinzugsgebiet WW Torgau-Ost)<br />

MP-Torgau 1 MP-Torgau 2 MP-Torgau Referenzfläche<br />

mg/kg<br />

0,00 0,10 0,20 0,30 0,40 0,50 0,60 0,70 0,80 0,90 1,00<br />

0-10cm<br />

10-20cm<br />

20-30cm<br />

30-40cm<br />

40-50cm<br />

Tiefe<br />

60-70cm<br />

70-80cm<br />

90-100cm<br />

100-110cm<br />

Vergleich Nitrat-Gehalt in Böden (Trinkwassereinzugsgebiet WW Torgau-Ost)<br />

MP-Torgau 1 MP-Torgau 2 MP-Torgau Referenzfläche<br />

mg/kg<br />

0,00 5,00 10,00 15,00 20,00 25,00 30,00 35,00 40,00 45,00 50,00<br />

0-10cm<br />

10-20cm<br />

20-30cm<br />

30-40cm<br />

40-50cm<br />

Tiefe<br />

60-70cm<br />

70-80cm<br />

90-100cm<br />

100-110cm<br />

Vergleich Sulfat-Gehalt in Böden (Trinkwassereinzugsgebiet Torgau-Ost)<br />

MP-Torgau 1 MP-Torgau 2 MP-Torgau Referenzfläche<br />

mg/kg<br />

0,00 10,00 20,00 30,00 40,00 50,00 60,00 70,00<br />

0-10cm<br />

10-20cm<br />

20-30cm<br />

30-40cm<br />

40-50cm<br />

Tiefe<br />

60-70cm<br />

70-80cm<br />

90-100cm<br />

100-110cm<br />

Vergleich Phosphat-Gehalt in Böden (Trinkwassereinzugsgebiet WW Torgau-Ost)<br />

MP-Torgau 1 MP-Torgau 2 MP-Torgau Referenzfläche<br />

mg/kg<br />

0,00 2,00 4,00 6,00 8,00 10,00 12,00<br />

0-10cm<br />

10-20cm<br />

20-30cm<br />

30-40cm<br />

40-50cm<br />

Tiefe<br />

70-80cm<br />

60-70cm<br />

70-80cm<br />

90-100cm<br />

110-120cm<br />

100-110cm<br />

170


<strong>Tagungsband</strong> Statusseminar des BMBF-Ad-hoc-Verbundprojektes in Freiberg, 27.-29.08.2003<br />

5 Zusammenfassung der Untersuchungen zur anorganischen Belastung der Sedimente<br />

Insgesamt kann festgestellt werden, dass im Bereich des Trinkwassereinzugsgebietes WW<br />

Canitz/Thallwitz der Referenzstandort mit Ausnahme der Parameter Nitrat, Calcium, Natrium<br />

und Chlorid deutlich höher belastet ist als der überschwemmte Standort (höhere Gehalte an<br />

Phosphat, Sulfat, Ammonium, Aluminium, Magnesium, Mangan, Eisen und Kalium). In den<br />

meisten Fällen zeigt sich eine deutliche Abnahme der nachgewiesen Elementgehalte von oben<br />

nach unten (z.B. Eisen, Kalium, Phosphat, Nitrat, Mangan und Aluminium)<br />

Am Standort Trinkwassereinzugsgebiet WW Torgau-Ost sind keine signifikanten Unterschiede<br />

zwischen überschwemmten Bereichen und Referenzstandort feststellbar.<br />

Um konkretere Aussagen treffen zu können, ob und in welcher Art und Weise gewisse Elementgehalte<br />

in den Bodenproben auf das Hochwasser vom August 2002 zurückzuführen sind, wäre<br />

eine zweite Beprobung der ausgewählten Standorte notwendig.<br />

Aufgrund der Tatsache, dass die Grundwasseroberfläche beider Untersuchungsgebiete von<br />

einer meist mehr als 2m mächtigen typisch ausgebildeten Auelehmschicht bedeckt wird, ist die<br />

Wahrscheinlichkeit einer Grundwassergefährdung als gering einzustufen, kann jedoch nicht<br />

völlig ausgeschlossen werden, da innerhalb der Auelehmschicht auch größere Linsen sandigkiesigen<br />

Materials (siehe Kornverteilungskurven) mit deutlich höheren kf-Werten auftreten<br />

können.<br />

Die mikrobiologischen Untersuchungen sind z.Z noch nicht ausgewertet. Grundsätzlich<br />

wurde auch hier keine signifikante Belastung gefunden. Allerdings treten Streptokokken-<br />

Verteilungen entlang der Sedimentprofile auf. Hier steht die Auswertung noch an. Eine Wiederholung<br />

der Untersuchungen ist insgesamt für September 2003 vorgesehen.<br />

6 Literatur<br />

Nestler, W., Walther, W., Jacobs, F., Trettin, R., Freyer, K.: Wassergewinnung in Talgrundwasserleitern im<br />

Einzugsgebiet der Elbe. <strong>UFZ</strong>-Bericht 7/1998, 204 S., ISSN 0948-9452<br />

Mallén, G., Geyer, S., Trettin, R., Strauch, G., Gehre, M., Grischek, T. (1998): Contribution from carbon and<br />

sulphur isotopes to the evaluation of biogeochemical processes in groundwater system controlled by<br />

river bank filtration - an example from the Torgau aquifer (Saxony, Germany).- Proceed. of the Internat.<br />

Symp. on Isotope Techniques in Water Management, pp 389-401, Vienna<br />

Schneider, H., Geohydrologisches Büro und Ingenieurbüro für Wassererschließung, Wasserversorgung und<br />

Umwelttechnik, Bielefeld: Hydrogeologische Situation im Einzugsgebiet der Wasserwerke Canitz und<br />

Thallwitz. Kommunale Wasserwerke Leipzig GmbH, 1997, unveröff., Leipzig<br />

Strauch, G., Russow, R. & S. Knappe: Studien mit stabilen Isotopen in der ungesättigten Bodenzone und im<br />

Grundwasserbereich. Mitt. Inst. Grundwasserwirtschaft TU Dresden, 1999, Heft 2, 141-154, Dresden<br />

Strauch, G., Hardenbicker, U., Trettin, R.: Nitrate Source and Transport in Seepage Water Along a Loess-<br />

Profile. Isotope Research in Ecology, Braunschweig, May 8-11, 2000, Poster<br />

Walther, W.; Strauch, G.; Kersebaum, K.-C.; Reinstorf, F.; Schäfer, W.: Zum Kenntnisstand über Umsetzung<br />

von Nährstoffen in der Dränzone und im Grundwasser und über deren Modellierung: 2. Teil: Einsatz<br />

von Markierungsstoffen und mathematischen Modellen zur Beschreibung von Transport und Umsatz<br />

von Makronährstoffen in der wasserungesättigten Zone und im Grundwasser. Landnutzung und Landesentwicklung<br />

43 (2002), 97-102, Blackwell, Berlin<br />

Weber, W.; Müller, A.: Ergebnisbericht "Hydrogeologische Erkundung Torgau". VEB Hydrogeologie<br />

Torgau, 1976, unveröff., Torgau<br />

171


’Schadstoffbelastung nach dem Augusthochwasser 2002 - Ergebnisse und Forschungsbedarf’<br />

Entwicklung der Wasserbeschaffenheit in den Trinkwassertalsperren nach<br />

dem August-Hochwasser 2002<br />

Ralf Sudbrack<br />

Landestalsperrenverwaltung des Freistaates Sachsen, Fachbereich Technik, Referat<br />

Wassergütebewirtschaftung, Bahnhofstraße 14, 01796 Pirna<br />

1 Allgemeines<br />

Wesentlicher Bestandteil der Wassergütebewirtschaftung der Stauanlagen ist im Rahmen der<br />

Eigenkontrolle der Landestalsperrenverwaltung die regelmäßige Überwachung der Gewässergüte<br />

der Stauanlagen und deren Zuflüsse. Dieses geschieht federführend durch vier Untersuchungsstellen<br />

des Referates Wassergütebewirtschaftung in Paulsdorf, Radeburg, Saidenbach<br />

und Plauen. Bei festgestellten Normabweichungen der Wasserbeschaffenheit werden notwendige<br />

Maßnahmen veranlasst. Hierzu zählen die Benachrichtigung der zuständigen Fach- und<br />

Vollzugsbehörden, sowie der direkten Nutzer der Stauanlagen (Rohwasserabnehmer, Zweckverbände,<br />

Gemeinden, Pächter, etc.). Über eingeleitete Sonderbeprobungen der Untersuchungsstellen<br />

wird die Ursache der Abweichung ermittelt.<br />

Das Referat Wassergütebewirtschaftung der Landestalsperrenverwaltung des Freistaates<br />

Sachsen ist weiterhin zuständig für die Erarbeitung von Grundsätzen der Einbeziehung der<br />

Wassergütefragen in die Wasserwirtschaftpläne der Talsperren, für die Erarbeitung der Prognose<br />

der Entwicklung der Wasserbeschaffenheit der Talsperren und für Grundsatzfragen im<br />

Aufgabenbereich Trinkwasserschutzgebiete (z.B. SächsSchAVO, Länderübergreifende<br />

Wasserschutzgebiete zu Tschechien).<br />

2 Trinkwassertalsperren<br />

Neben den rechtlichen Anforderungen nach EU-Richtlinien, dem Sächsischen Wassergesetz,<br />

der Sächsischen Trinkwassergewinnungsverordnung, sowie der Trinkwasserverordnung und<br />

den allgemeinen Richtlinien des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches e.V. (DVGW)<br />

und der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall (ATV/DVWK)<br />

wurden Qualitätsziele im Rahmen der Eigenkontrolle der LTV definiert, die sich nach den<br />

Anforderungen der Rohwasserabnehmern und den allgemeinen Anforderungen an Gewässer<br />

richten. Für das Rohwasser der sächsischen Trinkwassertalsperren sind die in Tabelle 1 aufgeführten<br />

grundsätzlichen Qualitätsziele anzustreben:<br />

Tabelle 1: Qualitätsziele der Trinkwassertalsperren<br />

Gütekomplex Richtwert Mindestanforderung<br />

Kategorie SächsTwGewVO "A1" "A2"<br />

Trophiegrad oligotroph mesotroph<br />

Für die einzelnen Talsperren sind auf der Grundlage dieser Qualitätsziele jeweils Mindestanforderungen<br />

und Richtwerte für bis zu 40 Kriterien der Wasserbeschaffenheit zwischen der<br />

Landestalsperrenverwaltung und den Rohwasserabnehmern vereinbart worden. Dabei wurden<br />

die spezifischen Bedingungen der jeweiligen Talsperren berücksichtigt und 2002 grundlegend<br />

überarbeitet.<br />

172


<strong>Tagungsband</strong> Statusseminar des BMBF-Ad-hoc-Verbundprojektes in Freiberg, 27.-29.08.2003<br />

Abbildung 1: Überlauf der Talsperre Eibenstock am 13.08.2002<br />

3 Entwicklung der Wasserbeschaffenheit in den Talsperren der LTV nach dem Augusthochwasser<br />

2002<br />

In dem Vortrag wird nachfolgend ausführlich auf die Auswirkungen des Hochwassers im<br />

August 2002 eingegangen. Im Nachgang der Hochwasserwelle musste vor dem Hintergrund<br />

weiterer Meldungen über Starkniederschläge des Deutschen Wetterdienstes eine Abwägung<br />

getroffen werden zwischen der Sicherung der Abgabe des Rohwassers mit ausreichender<br />

Qualität aus den noch unbeeinflussten Tiefenwasser an die Wasserwerke und einem möglichst<br />

schnellem Freifahren der Hochwasserschutzräume in den betroffenen Trinkwassertalsperren<br />

über den Grundablass. Die operative Steuerung der Talsperren im Nachgang des Hochwasserereignisses<br />

stellt ein gutes Beispiel für eine kombinierte Wassergüte- und Wassermengensteuerung<br />

dar.<br />

Das Hochwasser im August 2002 setzte die Talsperren, Speicher und Rückhaltebecken der<br />

Landestalsperrenverwaltung Sachsen (LTV) erheblichen und bisher einmaligen Belastungen<br />

aus (Abbildung 1).<br />

4 Auswirkungen des August-Hochwassers 2002 auf die Wasserbeschaffenheit<br />

Die extremen Niederschläge im Erzgebirgsraum am 12./13.08.2002 führten zu einem sprunghaften<br />

Anstieg der Zuflüsse zu den Talsperren, damit verbunden waren enorme Trübstoffeinträge<br />

als Folge von Abspülungen und Auswaschungen in den Einzugsgebieten. Entsprechend<br />

große Mengen an festen und gelösten Bodenbestandteilen wurden neben sonstigen Stoffen<br />

eingetragen, wieder ausgeschwemmt oder umgelagert, Fließgewässersedimente bewegt und<br />

remobilisiert. Auf Grund der topographischen Lage erreichten insbesondere die aus dem Erzgebirge<br />

zufließenden Gewässer, bedingt durch die Starkniederschläge und gefährlich verstärkt<br />

durch das Gefälle, sehr hohe Abflüsse. So betrug z. B. am 12./13. 08. der maximale Zufluss zur<br />

173


’Schadstoffbelastung nach dem Augusthochwasser 2002 - Ergebnisse und Forschungsbedarf’<br />

TS Malter 230 m³/s und zur TS Lehnmühle 155 m³/s. Bei mehreren Anlagen wurde der<br />

gesamte Speicherinhalt rein rechnerisch doppelt oder dreifach innerhalb weniger Tage ausgetauscht.<br />

Die Messdaten, welche während und nach dem Hochwasserereignis von den Untersuchungsstellen<br />

der LTV ermittelt wurden, können bis zu einem gewissen Grade verallgemeinert<br />

und zusammengefasst werden.<br />

Jeder Staukörper hat wegen der unterschiedlichen Ausgangsbedingungen (Charakteristik des<br />

Einzugsgebietes, hydraulische Beanspruchung, Gütezustand vor dem Ereignis, Möglichkeiten<br />

zur Gütebewirtschaftung) eine eigene, spezifische Reaktion auf das Ereignis. Unabhängig<br />

davon können ähnliche Tendenzen festgestellt werden:<br />

Wasserbeschaffenheit<br />

Das Augusthochwasser 2002 hatte unterschiedliche, meist erhebliche kurzfristige und mittelfristige<br />

Auswirkungen auf die Wasserbeschaffenheit in den von der LTV bewirtschafteten<br />

Talsperren und Speichern.<br />

Diese werden charakterisiert durch einen erheblichen Anstieg der Trübung, der organischen<br />

Belastung, besonders des Anteils an Huminstoffen, einen Rückgang des gelösten Sauerstoffs im<br />

Tiefenwasser, Rücklösung von Eisen und Mangan aus dem Sediment und Veränderungen der<br />

Bioproduktion.<br />

Prognosen zur Entwicklung der Wasserbeschaffenheit sind nur begrenzt möglich. Eine Schlüsselfunktion<br />

für die weitere Entwicklung des Stoffhaushaltes in den Talsperren und Speichern<br />

kommt dem Verhalten und den Auswirkungen des durch den Hochwassereinfluss eingetragenen<br />

Sedimentes und den hydrologischen Verhältnissen nach dem Augusthochwasser zu.<br />

Ein wichtiger Zeithorizont zur Einschätzung ist der Beginn der Frühjahrsvollzirkulation. Es<br />

sind weitere Auswertungen und zielgerichtete Prognosen der Wasserbeschaffenheitsentwicklung<br />

zu erstellen.<br />

TS Gottleuba vertikale Trübungsprofile<br />

Trübung FAU<br />

200<br />

150<br />

100<br />

Probenahmetermine<br />

16.08.02<br />

19.08.02<br />

20.08.02<br />

26.08.02<br />

50<br />

0<br />

0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24 26 28 30 32 34 36 38 40 42 44 46<br />

Tiefe (m)<br />

Abbildung 2: Trübungsprofile Talsperre Gottleuba im August 2002<br />

174


<strong>Tagungsband</strong> Statusseminar des BMBF-Ad-hoc-Verbundprojektes in Freiberg, 27.-29.08.2003<br />

Bewirtschaftung<br />

• Positiv auf die Bereitstellung unbeeinflussten Rohwassers in den TW-Talsperren hat sich<br />

die in der 2. Augusthälfte noch vorhandene Schichtung der Sommerstagnation und die<br />

warme, sonnenscheinreiche Witterung in dieser Zeit ausgewirkt. So konnte sich das zufließende,<br />

mit Abschwemmungen belastete Wasser im Epilimnion einschichten und an den<br />

Anlagen mit den entsprechenden technischen Möglichkeiten abgezogen werden. Es musste<br />

ein Kompromiss zwischen möglichst schnellem Freifahren der HW-Schutzräume und<br />

Sicherung der Rohwasserqualität gefunden werden.<br />

• Bei der Bewältigung der Katastrophensituation hat sich die örtliche Verteilung der Untersuchungsstellen<br />

der LTV und die Mitwirkung der Untersuchungsstellen bei der operativen<br />

Bewirtschaftung positiv ausgewirkt. Teilweise mussten an den Trinkwassertalsperren tägliche<br />

Trübungsmessungen vorgenommen werden, um die optimalen Rohwasserentnahmehorizonte<br />

zu bestimmen.<br />

• Regionale Verbundsysteme im Oberen Elbtal und im Erzgebirge haben sich während dieser<br />

Extremsituation bewährt und die Versorgungssicherheit mit qualitätsgerechtem Trinkwasser<br />

gewährleistet.<br />

• Variable Entnahmevorrichtungen zur Abgabe größerer Mengen Wassers aus den oberen<br />

Schichten an das Unterwasser haben sich als geeignete Mittel der internen Bewirtschaftung<br />

erwiesen.<br />

• Bewährt haben sich weiterhin Umleitungsmöglichkeiten, in denen das ankommende, belastete<br />

Wasser um die Talsperren herumgeführt werden kann und damit vom Staukörper ferngehalten<br />

werden kann.<br />

• Die große Bedeutung von Vorsperren zur Absenkung von Stoffeinträgen und zum Schutz<br />

der Hauptsperre wurde deutlich.<br />

• Eine weitere Automatisierung der Beschaffenheitsüberwachung (Automatische Messstationen<br />

an den Zuflüssen und den einzelnen Entnahmehorizonten) ist anzustreben.<br />

Abbildung 3: Vertikales Trübungsprofil Talsperre Eibenstock im August 2002<br />

175


’Schadstoffbelastung nach dem Augusthochwasser 2002 - Ergebnisse und Forschungsbedarf’<br />

Prognosen für die weitere Entwicklung der Wasserbeschaffenheit<br />

• Zuverlässige Beschaffenheitsprognosen für die weitere Entwicklung der Wasserbeschaffenheit<br />

sind zur Zeit noch nicht möglich. Es sind für jedes Objekt in Abhängigkeit von der<br />

Zielstellung Einzelfallbetrachtungen durchzuführen.<br />

• Unter ungünstigen Umständen kann sich durch die zugeführten großen Frachten an organischer<br />

Substanz und Nährstoffen ein langfristig höheres Belastungsniveau einstellen, das zu<br />

häufigen starken Algenentwicklungen mit den bekannten negativen Folgeerscheinungen<br />

führen kann.<br />

• Bisherige Beobachtungen haben gezeigt, dass der Rückgang der durch Huminstoffe bedingten<br />

organischen Belastung nur geringfügig und über einen langen Zeitraum erfolgt.<br />

• Ein weiteres Hochwasserereignis Ende Dezember 2002 hat für einen erneuten Schub an<br />

zusätzlichem Stoffeintrag in die Talsperren und Speicher vor allem im Westerzgebirge und<br />

im Vogtland gesorgt.<br />

• Die aus der vorgesehenen Erhöhung der Hochwasserschutzräume resultierende Absenkung<br />

der Wasserstände und Verringerung der für die Wassergütebewirtschaftung zur Verfügung<br />

stehenden Speicherräume kann sich bei einigen Talsperren nachteilig auf die bereits durch<br />

die Auswirkungen des Hochwassers beeinträchtigte Wasserbeschaffenheit auswirken.<br />

• Voraussetzung für prognostische Einschätzungen ist eine sorgfältige und kontinuierliche<br />

Auswertung der Überwachungs- und Steuerungsdaten.<br />

• Die Problematik der Ursachen, Auswirkungen und Prognose der Huminstoffeinträge ist u.a.<br />

Gegenstand von Forschungsprojekten unter Beteiligung der LTV<br />

Urbane Schadstoffquellen und Präventionsmaßnahmen<br />

Wolf von Tümpling 1 , Peter Popp 2 , Rainer Wennrich 2 , Hanns-Christian Treutler 2<br />

Umweltforschungszentrum Leipzig Halle GmbH<br />

1 Sektion Gewässerforschung Magdeburg, Brückstr. 3a, 39114 Magdeburg, Tel 0391/810-9300, Fax 0391/<br />

810-9150, tuempling@gm.ufz.de<br />

2 Sektion Analytik Leipzig, Permoserstr. 15, 04318 Leipzig, Tel 0341/235- 2408, Fax 0341/235-2625,<br />

popp@ana.ufz.de<br />

1 Einleitung<br />

Hochwässer sind für die Einzugsgebiete der Mulde und Elbe bekannt. Schutzmaßnahmen<br />

wurden von Alters her getroffen, um großflächige Überschwemmungen von Siedlungsbereichen<br />

und landwirtschaftlichen Nutzflächen auf ein Minimum zu begrenzen. Gleichzeitig sollte<br />

damit auch verhindert werden, dass schadstoffbelastetes Flußwasser im Falle der Überflutung<br />

des Deichhinterlandes großflächig zu Qualitätsminderungen der Böden führt.<br />

Zum Schutz der Gewässer und der Böden wurden durch die Bundes- und die Landesregierungen<br />

entsprechende Verordnungen und Gesetze erlassen, um eine definierte Gewässergüte<br />

und Bodenqualität entsprechend der Nutzungen zu gewährleisten.<br />

Das Extremhochwasser vom August 2002 führte zu großräumigen Überschwemmungenvon<br />

landwirtschaftlichen Nutzflächen und von Siedlungsbereichen im Deichhinterland. Schwebstoffe<br />

des Flutwassers aus dem Erzgebirge wurden auf den überschwemmten Böden abgelagert<br />

und bildeten so eine Schicht des Oberbodens. Damit verbunden war eine Umbewertung der<br />

176


<strong>Tagungsband</strong> Statusseminar des BMBF-Ad-hoc-Verbundprojektes in Freiberg, 27.-29.08.2003<br />

Schadstoffe. Während die Schwebstoffe im Wasser die Gewässergüte beeinflussen, unterliegen<br />

sie als abgelagerte Schwebstoffe der Bodenschutzverordnung. Hinzu kommt noch, dass eine<br />

Bewertung der Radionuklide im Gewässer und im Boden in den jeweiligen Verordnungen nicht<br />

enthalten ist.<br />

Um bei künftigen extremen Überflutungen noch effektiver handeln zu können und um Schadstoffeinträge<br />

zu minimieren, werden Schadstoffquellen aufgezeigt sowie gültige Vorschriften<br />

diskutiert und Anregungen gegeben, wo Harmonisierungen und Ergänzungen aus der Sicht der<br />

Wissenschaft für Präventionen sinnvoll erscheinen.<br />

2 Gesetzliche Grundlagen der Gewässer- und Bodenbewertung<br />

LAWA - Chemische Gewässergüteklassifikation- [1]:<br />

1998 hat die Länderarbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA) für eine Vielzahl von Wasserinhaltsstoffen<br />

Zielvorgaben und Bewertungskriterien für die stoffbezogene chemische Gütebewertung<br />

von Fließgewässern festgelegt. Dabei erfolgt eine Bewertung im Bezug auf definierte Schutzgüter<br />

im Gewässer wie "Schwebstoffe/Sedimente" bzw. die ."Aquatische Lebensgemeinschaft".<br />

Für die Nährstoffe, Salze und Summenkenngrößen gilt das Schutzgut "Aquatische Lebensgemeinschaft"<br />

und zur Bewertung der Elementkonzentrationen werden die Schutzgüter "Schwebstoffe/Sedimente"<br />

und "Aquatische Lebensgemeinschaft" herangezogen. Dabei werden<br />

vorwiegend die partikulär an Schwebstoffen und Sedimenten akkumulierten Schwermetalle<br />

berücksichtigt, da die im Wasser gelöste Menge häufig sehr gering ist.<br />

Bodenschutzverordnung<br />

Mit der BBodSchV wurden 1999 in Deutschland Maßnahmen- und Prüfwerte für Böden eingeführt,<br />

die sich jeweils auf die unterschiedlichen Wirkungspfade Boden-Mensch, Boden-Nutzpflanze<br />

und Boden-Grundwasser beziehen. Gehalte und Konzentrationen unterhalb der<br />

Maßnahmen- und Prüfwerte räumen dabei den Verdacht einer schädlichen Bodenveränderung<br />

aus.<br />

3 Urbane Schadstoffquellen des Augusthochwassers<br />

Bei einer Vielzahl von Hochwasserereignissen kommt es großflächig nicht zu signifikanten<br />

Schadstoffbelastungen von urbanen Böden. Im Falle des Augusthochwassers sind mehrere und<br />

für die Region ganz spezifische Faktoren zu berücksichtigen, die eine Diskussion von Schadstoffquellen<br />

notwendig machen:<br />

4 Wesentliche urbane Schadstoffquelle mit überregionaler Auswirkung<br />

Im Einzugsgebiet der Mulde und Elbe ist das Erzgebirge mit den Folgen der langjährigen Bergbauaktivitäten<br />

als die wesentliche überregionale urbane Schadstoffquelle anzusehen. Das großflächige<br />

Auslaugen von Halden ist dabei eine Ursache. Lokale Stolleneinbrüche sind eine<br />

weitere Ursache für Auswaschungen in den dann gefluteten Stollengängen. Bedingt durch den<br />

Erzabbau sind vor allem Cadmium, Blei, Arsen und Uran remobilisiert und an Schwebstoffen<br />

gebunden transportiert worden. Als sedimentierte Hochflutsedimente kam es dann auch in<br />

urbanen Bereichen zur Überschreitung von Prüfwerten der Bodenschutzverordnung.<br />

5 Schadstoffquellen mit lokalen Auswirkungen<br />

Mineralöle wie Heizöl sind als eine temporäre und lokal begrenzte urbane Schadstoffquelle<br />

einzuschätzen. Mikrobiologische Aktivitäten führen in Böden zur Zersetzung und somit zum<br />

177


’Schadstoffbelastung nach dem Augusthochwasser 2002 - Ergebnisse und Forschungsbedarf’<br />

Abbau dieser Schadstoffe, soweit sie sich nicht bereits in den ersten Tagen und Wochen<br />

verflüchtigt haben. Die im Verlaufe des Projektes untersuchten Proben wiesen deshalb keine<br />

kritischen Konzentrationen mehr auf.<br />

Eine genaue Unterscheidung zwischen den durch das Hochwasser verusachten Schadstoffeinträgen<br />

in den urbanen Bereichen und den durch langjährige atmosphärische Deposition eingebrachten<br />

PCB und PAH ist nicht möglich.<br />

In wieweit urbane Schadstoffquellen für Dioxine nachweisbar sind, kann noch nicht erörtert<br />

werden, da die Untersuchungen durch die ISPRA nicht beendet sind.<br />

6 Mögliche Präventionsmaßnahmen<br />

Präambel<br />

Bei permanenter Einhaltung der Zielvorgaben der Gewässergüteklassifizierung (Güteklasse II)<br />

ist auch bei einer Überflutung von urbanen Böden nicht mit einer signifikanten Überschreitung<br />

der Prüf- oder Maßnahmewerte der Bodenschutzverordnung zu rechnen. Für eine Reihe im<br />

Rahmen des Adhoc Projektes untersuchter Parameter konnte dies anschaulich nachgewiesen<br />

werden.<br />

Problematisch ist der Sachverhalt, wenn die Zielvorgabe der LAWA-Gewässergüteklassifizierung<br />

im Gewässer nicht eingehalten werden kann. Sowohl für Arsen als auch für Cadmium und<br />

Blei war die Belastungssituation in den Mulden entsprechend der LAWA-Gewässergüteklassifikation<br />

bekannt. [Tab 1] Da das Schutzgut "Boden" bisher nicht explizit in der Gewässergüteklassifikation<br />

der LAWA aufgeführt ist, sind auch mögliche Konsequenzen bei einer<br />

Überflutung von Deichhinterländern nicht mit betrachtet worden. Überschreitungen der Prüfwerte<br />

der Bodenschutzverordnung waren und sind die Folge.<br />

Tabelle 1:<br />

Untersuchungen im Raum Bitterfeld im Vergleich zu Prüfwerten und<br />

Gewässergüteklassifizierungen<br />

Cr Ni Cu Zn As Pb Cd Hg<br />

mg/kg mg/kg mg/kg mg/kg mg/kg mg/kg mg/kg mg/kg<br />

Bitterfelder Raum Boden nicht<br />

überschwemmt 27 7 12 840 8 26


<strong>Tagungsband</strong> Statusseminar des BMBF-Ad-hoc-Verbundprojektes in Freiberg, 27.-29.08.2003<br />

Zusätzliche Sicherungsmaßnahmen an gefährdeten Halden und Stollen sind daher zu prüfen<br />

und entsprechend einer Kosten-Nutzenabschätzung zu realisieren, um bei einem erneuten<br />

Hochwasser die Schwermetallkonzentrationen am Schwebstoff zu vermindern.<br />

Grundlage für die Abschätzung einer Gefährdung durch Radionuklide ist die Strahlenschutzverordnung<br />

(StrlSchV) vom 20.7.2001. Allerdings enthält diese Verordnung keine Grenzwerte für<br />

Radionuklidkonzentrationen im Boden. Bezugsgröße ist hier die Dosis, die sich aus der Radionuklidkonzentration<br />

sowie typischen Expositionsszenarien (Aufenthaltsdauer, Inkorporation,<br />

Inhalation) ergibt. Die Aufnahme von Radionuklidkonzentrationen in die LAWA - Gewässergüteklassifizierung<br />

für den Einzugsbereich der Mulden und der Elbe erscheint aus dieser Sicht<br />

sinnvoll, um eindeutige Entscheidungskriterien zu schaffen. Gleiches gilt für die Bodenschutzverordnung.<br />

Schadstoffmodellierung<br />

Für potentiell gefährdete Überflutungsgebiete in den Niederlanden wie z. B. nördlich von<br />

Rotterdam, in denen sich eine Vielzahl von Gewerbegebieten befinden, ist im Auftrage der<br />

niederländischen Regierung ein Schadstofftransport- und Schadstoffverteilungsmodell durch<br />

"Delftcluster" erarbeitet worden. Anhand von modellierten Flutungsszenarien lassen sich<br />

besonders betroffene Gebiete erkennen und entsprechende Maßnahmen zur Schadstoffminimierung<br />

durchsetzen.<br />

Die Adaption des bestehenden Schadstoffmodells auf die Verhältnisse an der Mulde und Elbe<br />

bei einer Kopplung mit einem hydrologischen Modell würden besonders kritische Bereiche der<br />

Belastung für verschiedene Überflutungsszenarien hervorheben und den lokalen und regionalen<br />

Entscheidungsträgern als Hilfsmittel zur Durchsetzung wichtiger Sicherungsmaßnahmen<br />

dienen können.<br />

Nach erfolgreicher Einführung im Gebiet der Mulden ist eine Adaption auf andere Flußeinzugsgebiete<br />

wie die Saale wünschenswert und sinnvoll.<br />

7 Zusammenfassung<br />

Im Einzugsgebiet der Mulde und Elbe ist das Erzgebirge mit den Folgen der entsprechenden<br />

Bergbauaktivitäten als die wesentliche überregionale urbane und signifikante Schadstoffquelle<br />

anzusehen. Schadstoffquellen mit lokalen Auswirkungen ergeben sich durch Gewerbegebiete<br />

sowie aus Haushalten. Eine genaue Unterscheidung zwischen den durch das Hochwasser verusachten<br />

PCB- und PAH-Schadstoffeinträgen in den urbanen Bereichen und den durch langjährige<br />

atmosphärische Deposition eingebrachten Schadstoffen ist nur vereinzelt möglich.<br />

Die gute Abstimmung der LAWA Gewässergüteklassifizierung mit der Bodenschutzverordnung<br />

gewährleistet, dass bei ständiger Einhaltung der Zielvorgabe (Güteklasse II) im Gewässer<br />

auch bei Hochwassersituationen nicht mit großflächigen Überschreitungen der Prüf- oder<br />

Maßnahmewerte der Bodenschutzverordnung für abgesetzte Schlämme zu rechnen ist.<br />

Durch den Nachweis des direkten Zusammenhangs zwischen der Schadstoffkonzentration im<br />

Schwebstoff und der Konzentration im Schlamm am Beispiel des Arsens konnte gezeigt<br />

werden, dass eine Ergänzung der Schutzgüter für die Gewässergüteklassifizierung der LAWA<br />

um das Schutzgut "Boden" für überschwemmungsgefährdete Bereiche sinnvoll erscheint.<br />

Eine klar definierte Handlungsanweisung in der Bodenschutzverordnung für großflächig abgelagerte<br />

und belastete Hochflutsedimente zumindest im Deichhinterland ist wünschenswert, um<br />

schnell und sicher nach der Flut handlungsfähig zu sein.<br />

179


’Schadstoffbelastung nach dem Augusthochwasser 2002 - Ergebnisse und Forschungsbedarf’<br />

Die Festlegung von Grenz- bzw. Richtwerten in der Bodenschutzverordnung sowie bei der<br />

Beurteilung der chemischen Gewässergüte für Radionuklide sollte nachgeholt werden, um<br />

deren Gefährdungspotential abschätzen zu können.<br />

Mit der Einführung der WRRL ist zu prüfen, in wie weit Zielvorgaben für die Gewässergüte für<br />

den Fall der Überflutung mit den Richtwerten für die Bodenschutzverordnung in Einklang zu<br />

bringen sind.<br />

Eine Kombination von hydrologischen Modellierungen mit Schadstoffmodellen ermöglicht es,<br />

präventiv kritische Bereiche in Gewerbegebieten und Haushalten sowie Kleingärten heraus zu<br />

arbeiten und Gegenmaßnahmen einzuleiten.<br />

8 Literatur<br />

Länderarbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA) (1998): Beurteilung der Wasserbeschaffenheit von Fließgewässern<br />

in der Bundesrepublik Deutschland -Chemische Gewässergüteklassifikation- , herausgegeben von<br />

der Länderarbeitsgemeinschaft Wasser, 1. Auflage, Berlin August 1998, ISBN 3-88961-224-5. Bezug:<br />

Kulturbuchverlag Berlin GmbH, Sprosserweg 3, D-12351 Berlin.<br />

Bundes- Bodenschutz- und Altlastenverordnung (BbodSchV): Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz<br />

und Reaktorsicherheit Juli 1999: http://www.deponie-stief.de/recht/bund/<br />

Verordnung über den Schutz vor Schäden durch ionisierende Strahlen (Strahlenschutzverordnung -<br />

StrlSchV) vom 20. Juli 2003 (BGBl. I S. 1714), geändert aufgrund Artikel 2 der Verordnung vom 18.<br />

Juni 2002 (BGBl. I S. 1869)<br />

Hochwasserinduzierte Effekte auf Grundwasserstände und -belastungen im<br />

Raum Bitterfeld<br />

Holger Weiß, Michael Rückert<br />

<strong>UFZ</strong>-Umweltforschungszentrum Leipzig-Halle GmbH, Projektbereich Industrie- und<br />

Bergbaufolgelandschaften, 04318 Leipzig, Permoserstrasse 15, Tel 0341/2352060, Fax 0341/2352126,<br />

holger.weiss@ufz.de<br />

Während des Hochwassers vom<br />

August 2002 war die Region<br />

Bitterfeld entscheidend durch die<br />

unkontrollierte Flutung des rund<br />

25 km² umfassenden Tagebaurestlochkomplexes<br />

Goitzsche<br />

betroffen.<br />

Sein Wasserspiegel stieg innerhalb<br />

weniger Stunden von 71,5 auf 80<br />

m NN. Die unmittelbar drohende<br />

Überflutung weiter Teile der Stadt<br />

Bitterfeld konnte durch den<br />

massiven Katastrophenschutzeinsatz<br />

weitgehend abgewehrt<br />

werden. Auch eine drohende lang<br />

anhaltende Vernässung an der<br />

Goitzsche gelegener Stadtgebiete<br />

wird durch die noch andauernden<br />

Abb. 1: Geflutetes Restloch Goitzsche, 16.08.02,<br />

NO-Stadtgrenze Bitterfeld<br />

180


<strong>Tagungsband</strong> Statusseminar des BMBF-Ad-hoc-Verbundprojektes in Freiberg, 27.-29.08.2003<br />

76,70<br />

76,60<br />

76,60<br />

76,50<br />

76,40<br />

76,30<br />

76,20<br />

76,10<br />

76,00<br />

75,90<br />

76,50<br />

76,40<br />

76,30<br />

76,20<br />

76,10<br />

76,00<br />

7.8.02<br />

10.8.02<br />

13.8.02<br />

16.8.02<br />

19.8.02<br />

22.8.02<br />

25.8.02<br />

28.8.02<br />

31.8.02<br />

Druckwasserspiegel [m NN]<br />

3.9.02<br />

Starkregen ca. 100 l/m²<br />

Hochwasser<br />

SafBit 14/97<br />

75,80<br />

75,70<br />

Jan 02<br />

Feb 02<br />

Mrz 02<br />

Apr 02<br />

Mai 02<br />

Jun 02<br />

Jul 02<br />

Aug 02<br />

Druckwasserspiegel [m NN]<br />

Sep 02<br />

Okt 02<br />

Nov 02<br />

Dez 02<br />

Jan 03<br />

Abb. 2: Grundwasseranstieg im Gebiet BTF-Holzweißig, Langzeittrend und Aug/Sep 2002<br />

Maßnahmen der Kommune und des Landes mit hoher Wahrscheinlichkeit verhindert werden<br />

können.<br />

Auch in nicht unmittelbar vom Hochwasser betroffenen Arealen der Stadt Bitterfeld war nach<br />

der Flut ein beschleunigter Grundwasseranstieg feststellbar, der in der zeitlichen Folge von<br />

Witterungsereignissen mitbestimmt wird. Die in Abbildung 2 dargestellten Beobachtungsdaten<br />

der letzten Jahre zeigen jedoch insgesamt einen stetigen Anstieg des Grundwasserspiegels, der<br />

stets bei Niederschlagsereignissen besonders ausgeprägt erfolgte und in der Folge nicht mehr<br />

auf das ursprüngliche Niveau sank. Im August 2002 war ein besonders starker Grundwasseranstieg<br />

zu verzeichnen. Er wurde durch die Goitzscheflutung und die resultierende Behinderung<br />

des ursprünglichen Grundwasserabstromes in Richtung des Tagebaurestlochkomplexes<br />

verstärkt. Aus den bisherigen Untersuchungen lassen sich Hinweise auf die beginnende Ausbildung<br />

veränderter Grundwasserfließrichtungen ableiten.<br />

Diese für Teile des Stadtgebietes Bitterfeld anstehenden Entwicklungen können vor dem<br />

Hintergrund der Datenlage nicht ausschließlich auf Hochwassereinflüsse zurückgeführt<br />

werden. Sie werden mit großer Wahrscheinlichkeit von einer Reihe von Einflussfaktoren, wie<br />

dem Wegfall der bergbaulichen Wasserhaltung, der drastisch gesunkenen industriellen Wasserentnahme<br />

und dem hydraulischen Einfluss des gefluteten Goitzschekomplexes mitbestimmt.<br />

Da die Grundwassersituation in der Region Bitterfeld durch eine extrem heterogene geologische<br />

Struktur bestimmt ist, sind für die Prognose langfristiger Entwicklungen der Grundwasserstände<br />

und Grundwasserfließrichtungen zeitlich und räumlich erweiterte Datenbestände<br />

erforderlich. Bereits jetzt ist jedoch in einigen tiefer gelegenen Arealen eine Vernässung von<br />

Kellern erkennbar, der zurzeit durch kleinräumige Grundwasserabsenkungsmaßnahmen entgegengewirkt<br />

wird.<br />

Aufgrund der zurückliegenden intensiven chemisch-industriellen und bergbaulichen Nutzung<br />

liegen in weiten Teilen der Region Bitterfeld/Wolfen erhebliche Grundwasserkontaminationen<br />

vor. In den ehemaligen Industriearealen liegen weiträumig hohe Belastungen des quartären<br />

Aquifers durch Chloraromaten mit Gehalten von mehr als 25 mg/l vor. Lokal treten zusätzlich<br />

erhebliche Kontaminationen durch LCKW, BTEX-Aromaten, Aniline und diverse Produktionsrückstände,<br />

z.B. der Pflanzenschutzmittelherstellung hinzu.<br />

Das primäre Untersuchungsgebiet und der Grundwasserisophysenplan vom November 2002<br />

sind in Abbildung 3 skizziert. Es erfaßt die Grenze ehemaliger Industrieflächen zum Stadtgebiet<br />

Bitterfeld. Hier ist die Ausbildung zweier Abströme aus dieser kontaminierten Kernzone<br />

erkennbar. Darüber hinaus wurde ein nördlich gelegenes Areal im Bereich Greppin mit<br />

komplexer und geschichteter Grundwasserkontamination einbezogen.<br />

Bereits unmittelbar nach dem Hochwasser waren im September 2002 erhöhte LCKW-Belastungen<br />

des oberflächennahen Grundwassers festzustellen. Neben der Grundwasserkontamina-<br />

181


’Schadstoffbelastung nach dem Augusthochwasser 2002 - Ergebnisse und Forschungsbedarf’<br />

Abb. 3: Untersuchungsgebiet,<br />

Isohypsenplan (Nov.<br />

2002)<br />

tion müssen auch die z.T. erheblich gestiegenen Grundwasserstände berücksichtigt werden. So<br />

war an dem ca. 3 km westlich des Restloches Gotizsche gelegenen Pegel SafBit 39/01 ein deutlicher<br />

Anstieg des Grundwasserspiegels nach dem Hochwasser zu verzeichnen. Bezogen auf<br />

den Grundwasserflurabstand im August 2001 von rund 4,0 m waren vor dem Hochwasser vom<br />

August 2002 nur rund 15 cm Grundwasseranstieg erfolgt. Im weiteren Verlauf waren im<br />

September 2002 53 cm, im November 2002 55 cm und im Januar 2003 rund 1 m Grundwasseranstieg,<br />

jeweils bezogen auf August 2002, festzustellen. Im Juli 2003 wird, trotz der anhaltenden<br />

Trockenperiode, der Grundwasserstand vom August 2001 immer noch um rund 10 cm<br />

überschritten.<br />

Die in Tabelle 1 wiedergegebenen Schadstoffgehalte zeigen die höchsten Belastungen im<br />

September und November 2002.<br />

Die bei den Grundwasserprobennahmen vor Ort ermittelten Parameter wie elektr. Leitfähigkeit,<br />

pH-Wert unterscheiden sich hier nur unwesentlich. Dies weist darauf hin, dass hier keine Überschichtung<br />

der Kontamination durch anströmendes Hochwasser erfolgt ist, sondern der Grund-<br />

Tab. 1.: Grundwasserbelastungen am Pegel SafBit 39/01, Angaben in mg/l (t-DCE – trans-Dichlorethen, c-<br />

DCE – cis-Dichlorethen, TCE – Trichlorethen, PCE – Tetrachlorbenzen, MCB – Chlorbenzen, DCB – Dichlorbenzen)<br />

t-DCE c-DCE Benzen TCE PCE MCB 1,2-DCB 1,4-DCB<br />

Aug.2001 0,18 0,28 0,15 4,57 3,06 0,92 0,78 1,05<br />

Sep.2002 0,31 0,56 0,24 9,49 6,61 1,13 1,84 1,19<br />

Nov.2002 < 0,001 < 0,001 0,32 8,35 5,45 0,98 < 0,001 < 0,001<br />

Jun. 2003 < 0,001 < 0,001 27,31 6,85 3,37 2,02 0,01 0,32<br />

182


<strong>Tagungsband</strong> Statusseminar des BMBF-Ad-hoc-Verbundprojektes in Freiberg, 27.-29.08.2003<br />

wasseranstieg im Wesentlichen auf einen verminderten Abstromgradienten in ESE-wärtiger<br />

Richtung zurückzuführen ist. Bestätigen sich zukünftig der beschleunigte Grundwasseranstieg<br />

und die Belastung mit volatilen Kontaminanten, sollte erwogen werden, das daraus resultierende<br />

Gefahrenpotential für angrenzende Schutzgüter, z.B. Wohngebäude, in weiterführenden<br />

Untersuchungen zu erfassen.<br />

mg/l - Lft.- mS/cm<br />

70<br />

Auch in Arealen an denen bisher<br />

nur sehr geringe Schwankungen<br />

Filtertiefe: 3,5-6,7 m<br />

60<br />

des Grundwasserstandes<br />

pH-Wert<br />

Leitfähigkeit<br />

cis-Dichlorethen Benzen<br />

erfolgten sind nach dem Hochwasser<br />

Änderungen erkennbar,<br />

50<br />

Chlorbenzen<br />

1,2-Dichlorbenzen<br />

1,4-Dichlorbenzen Chloraniline<br />

40<br />

wie Abbildung 4 am Beispiel<br />

einer geschichteten Kontamination<br />

30<br />

20<br />

im Bereich Bitterfeld/<br />

Geppin, die durch drei einander<br />

unmittelbar benachbarte in<br />

10<br />

0<br />

unterschiedlichen Tiefen verfilterten<br />

Grundwassermeßstellen<br />

August 01 September 02 November 02 Juni 03<br />

mg/l - (Ltf.- mS/cm)<br />

zeigt. Hier steigen die Pegelstände<br />

über den gesamten Beob-<br />

70<br />

60<br />

50<br />

Filtertiefe: 8,8-11,8 m<br />

achtungszeitraum um 15-27 cm.<br />

Die höchsten Belastungen<br />

liegen durchgängig im Tiefenbereich<br />

8,8-11,8 m vor und<br />

40<br />

werden durch Chlorbenzen,<br />

30<br />

Dichlorbenzene und Benzen<br />

20<br />

bestimmt. Im Juni 2003 waren<br />

zusätzlich cis-Dichlorethen und<br />

10<br />

0<br />

Chloraniline nachweisbar. Die<br />

Belastungen mit Chlorbenzenen<br />

August 01 September 02 November 02 Juni 03<br />

erreichen im September und<br />

mg/l - Ltf.- mS/cm<br />

70<br />

November 2002 die höchsten<br />

Filtertiefe: 24,8-27,8 m<br />

Werten und scheinen im<br />

60<br />

50<br />

weiteren Zeitverlauf wieder zu<br />

sinken. Der im Juni 2003<br />

erfolgte Nachweis von Chloranilinen<br />

40<br />

30<br />

in allen drei Horizonten<br />

und cis-Dichlorethen in den<br />

beiden tieferen Schichten lassen<br />

20<br />

jedoch zukünftig weiter veränderte<br />

10<br />

Belastungsmuster<br />

0<br />

erwarten.<br />

August 01 September 02 November 02 Juni 03<br />

Abb. 4: Geschichtete Kontamination im<br />

Gebiet BTF-Greppin)<br />

Sowohl die Kontaminationsmuster<br />

als auch die in Tabelle 2<br />

wiedergegebenen Trends der<br />

pH-Werte und elektrischen<br />

Leitfähigkeiten lassen auf<br />

voneinander weitgehend unabhängige Kontaminationsschichten schließen. Während im oberen<br />

Horizont der pH-Wert nach einem Anstieg aktuell erheblich absinkt und die elektrische Leitfähigkeit<br />

ansteigt, sinken im mittleren Horizont pH-Wert und Leitfähigkeit mit der Zeit.<br />

183


’Schadstoffbelastung nach dem Augusthochwasser 2002 - Ergebnisse und Forschungsbedarf’<br />

Tab. 2: Elektrische Leitfähigkeiten (Ltf.) [mS/cm] und pH-Werte (pH) an der Pegelgruppe BTF-Greppin<br />

Tiefe 3,5-6,7 m 8,9-11,9 m 24,9-27,9 m<br />

pH Ltf. pH Ltf. pH Lft.<br />

Aug.2001 5,9 3,3 5,8 10,9 5,4 12,8<br />

Sep.2002 6,0 3,2 5,6 11,1 6,6 9,5<br />

Nov.2002 6,2 3,3 5,8 10,7 7,0 9,3<br />

Jun. 2003 5,3 3,5 5,1 10,6 6,6 8,7<br />

Dagegen sind im tiefsten Horizont ein pH-Anstieg und eine Abnahme der elektrischen Leitfähigkeit<br />

festzustellen.<br />

Mit der sich abzeichnenden Veränderung des Grundwasserfließregimes können sich mittelfristig<br />

neue, wegen der komplexen hydrogeologischen Raumstruktur zurzeit noch schwer<br />

vorhersehbare Abstromfahnen ausbilden. Als Indikator dafür wird eine im Untersuchungsgebiet<br />

in SO-Richtung verlaufende Schadstofffahne mit Rückständen der Pflanzenschutzmittelproduktion<br />

herangezogen. Die Gehalte dieser Methyl(di)thiosphorsphorsäuerester sind<br />

gegenüber 2001 zwar angestiegen, eine grundlegende Veränderung ihres Abstormverhaltens<br />

war hier bisher noch nicht festzustellen.<br />

Auch zukünftig muß mit einem fortgesetzten Grundwasseranstieg und damit einher gehendem<br />

Schadstofftransfer in oberflächennahe Bereiche sowie. eine Schadstofffreisetzung aus bisher<br />

noch nicht vom Grundwasser beeinflussten Altablagerungen und daher veränderten Kontaminationsprofilen<br />

gerechnet werden.<br />

Neue weitreichende Eingriffe in den regionalen Grundwasserhaushalt werden durch die anstehenden<br />

Maßnahmen des Ökologischen Großprojekts (ÖGP) zur hydraulischen Abstromsicherung<br />

in den Kernzonen der Grundwasserkontamination erfolgen. Ihre beschleunigte<br />

Realisierung ist auch durch die Hochwasserereignisse vom August 2002 mitbestimmt. Hieraus<br />

können sich auch in mittelbar betroffenen Arealen erneut veränderte Abstromverhältnisse<br />

einstellen und auch dort zur Reduzierung des Belastungspotentials führen. Die vorliegenden<br />

Altdaten und die in diesem Vorhaben gewonnenen Erkenntnisse sollten, sowohl im Interesse<br />

der Öffentlichkeit als auch aus wissenschaftlichen Gründen, zukünftig zur Beobachtung ausgewählter<br />

Effekte der hydraulischen Abstromsicherung verwendet werden. Die Fortsetzung<br />

dieser Untersuchungen würde zum einen die Maßnahmen der öffentlichen Hand ergänzen, zum<br />

anderen hätte sie, weit über Bitterfeld hinausweisenden Modellcharakter für die Erfassung der<br />

Effekte weitreichender Eingriffe in das hydraulische Regime kontaminierter Altstandorte und<br />

Altablagerungen.<br />

184


<strong>Tagungsband</strong> Statusseminar des BMBF-Ad-hoc-Verbundprojektes in Freiberg, 27.-29.08.2003<br />

Ermittlung räumlicher Risikobereiche und Auswirkungen auf die<br />

Landnutzung<br />

Peter Wycisk, Christian Neumann, Gerd Fleck, Wolfgang Gossel<br />

Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Institut für Geologische Wissenschaften und Geiseltalmuseum,<br />

FG Umweltgeologie, Domstrasse 5, 06108 Halle/Saale, Tel. 0345/55-26134, Fax 0345/55-27177<br />

wycisk@geologie.uni-halle.de<br />

Die durch unterschiedliche Schadstoffquellen induzierte, sehr komplexe und großräumige<br />

Grundwasserbelastung des Gebietes Bitterfeld / Wolfen hat sich in entsprechenden Zeiträumen<br />

in ihren Verteilungsmustern auf die tagebaubedingte hydraulische Situation eingestellt. Durch<br />

den hochwasserbedingten Einstau und Überlauf der Goitzsche wird sich das hydraulische<br />

System künftig neu orientieren und eine nach NE ausgerichtete Abstromfahne in das Gebiet<br />

Fuhne / Mulde aufbauen.<br />

Im Rahmen der Beurteilung von Nutzungsaspekten werden möglichst ortskonkrete Aussagen<br />

zur Schadstoff- und Konzentrationsverteilung eines sich veränderten Strömungsfeldes benötigt.<br />

Aufgrund des komplexen Schadstoffmixes von Organika (u.a. Chloraromaten, LCKW's,<br />

BTEX-Aromaten, Produktionsrückstände von Pflanzenschutzmitteln) ist hierbei die regionalisierte<br />

Betrachtung des stoffspezifisches Verhaltens sowohl in physiko-chemischer als auch in<br />

toxikologischer Sicht notwendig. Die Beurteilung erfolgt auf der Basis der aktuellen und bestehenden<br />

Analysen (AP 8.2) in Verbindung mit dem aufgebauten digitalen 3-D Raummodell des<br />

Bereiches Bitterfeld-Süd . Hier werden speziell auf der Basis von Prinzipmodellierungen zum<br />

Stofftransportverhalten, in Abhängigkeit von der veränderten hydraulischen Situation, detailliertere<br />

Aussagen aufgrund der rinnen-dominierten Aquifer-Struktur möglich. Die Ergebnisse<br />

zielen auf eine Regionalisierung der Konzentrationsverteilungen von vorrangig organischen<br />

Stoffen und Stoffgruppen vor dem Hintergrund der bestehenden Landnutzung und der<br />

Empfindlichkeit der Schutzgüter ab, wobei flächenbezogene Aussagen aufgrund der bestehenden<br />

statistischen Verteilungsmuster z.T. methodische Fragen aufwerfen. Die Auswirkungen<br />

durch belastete Grundwässer und geringe Flurabstände auf Schutz- und Sachgüter sowie auf die<br />

Vorfluter sind besonders zu beachten. Plausibilitätsprüfungen des Ausbreitungsverhaltens<br />

werden durch hydraulische Prinzipstudien abgesichert.<br />

Diese Bewertung dient sowohl der allgemeinen als auch der maßnahmenorientierten Schadensvorsorge.<br />

Aufgrund der gestiegenen Grundwasserstände (multikausal) sowie einer zunehmenden<br />

Beeinflussung der Oberflächengewässer ist eine mögliche Gefährdung einzelner<br />

Schutzgüter und Nutzungsformen unter Expositionsgesichtspunkten ortskonkret abzuschätzen.<br />

Die GIS-gestützte flächendifferenzierte Bearbeitung erfolgt auf der Basis hochauflösender<br />

DGM und georeferenzierter Flächennutzungsdaten.<br />

Die Auswirkungen des Grundwasseranstiegs, aktueller Absenkungsmaßnahmen und der Veränderung<br />

der Kontaminations-/Strömungssituation im Grundwasserleiter sind dabei sowohl auf<br />

die spezifischen Sachgüter und Landnutzungs-/Flächennutzungsaspekte wie auch auf die differenzierten<br />

ökologischen Inhalte der Oberflächengewässer umzusetzen.<br />

Ausgehend von der sich verändernden hydraulischen Situation und der jeweiligen Grundwasserbelastung<br />

sind für Stoffgruppen bzw. Einzelstoffe Schutzgutbetrachtungen anzustellen, die<br />

sowohl die Transmissionspfade als auch unterschiedliche Expositionsaspekte für spezifische<br />

Schutz- und Sachgüter ermitteln und bewerten. Dies muss unter besonderer Berücksichtigung<br />

der langfristigen Grenzflurabstände bzw. Mindestflurabstände für die unterschiedlichen<br />

Nutzungsbereiche je nach Schutzgut und Empfindlichkeit betrachtet werden. Dabei wird<br />

gleichzeitig Forschungsbedarf zur Ermittlung der flächendifferenzierten Grundwasserneubildung<br />

deutlich. Die Erfassung, Analyse und Bewertung der hydraulisch wirksamen Randbedin-<br />

185


’Schadstoffbelastung nach dem Augusthochwasser 2002 - Ergebnisse und Forschungsbedarf’<br />

gungen sind vor dem Hintergrund der komplexen geologischen Untergrundsituation und dem<br />

Langzeitverhalten von verbleibenden Restkontaminationen in den einzelnen Grundwasserleitern<br />

zum Prozessverständnis von entscheidender Bedeutung. Dieser komplexe Ansatz dient<br />

sowohl einer maßnahmenorientierten Schadensvorsorge und ist aufgrund der Gegebenheiten<br />

des Raumes Bitterfeld / Wolfen auch als beispielhaft für vergleichbare Megasites zu nutzen.<br />

Ein weitergehender Forschungsbedarf orientiert sich an den relevanten Prozessen und den<br />

raumbezogenen Auswirkungen und ihrer Bewertung auf die Flächen- und Landnutzung. Im<br />

Einzelnen sind folgende Aspekte und Teilfragestellungen für die raumbezogene Bewertung von<br />

Bedeutung:<br />

a. Auswirkung der Grundwasserneubildung auf die zeitliche Dynamik und Verlagerung der<br />

Grundwasseroberfläche in Abhängigkeit vom gebietsdifferenzierten Niederschlag / Versickerung,<br />

b. Prozessverständnis im Grenzbereich gesättigte/ungesättigte Zone speziell des Stoffaustragsverhaltens<br />

aus den kontaminierten Bereichen der oberen Bodenschichten,<br />

c. Berücksichtigung der Auswirkungen der aktuellen hydraulischen Maßnahmen auf die Stoffaustragssituation<br />

im kleinräumigen Maßstab,<br />

d. der Beurteilung der resultierenden Stoffausträge und Austragsdynamik in die bestehenden<br />

Vorfluter unter besonderer Berücksichtigung einer Veränderung des hydraulischen Strömungsfeldes<br />

nach Nordosten durch den eingetretenen Wasserstand der Goitsche,<br />

e. Beurteilung der relevanten Kontaminaten unter Transmissions- und Langzeitwirkungsbezug<br />

(Persistenz/Toxizität) im Hinblick auf Flächen- und Landnutzung sowie aquatische<br />

Ökosysteme.<br />

Die Grundwasserneubildung ist eine wesentliche Größe zur Abschätzung des Transferpfades<br />

von Kontaminationen ins Grundwasser. Für ortkonkrete und zeitlich genaue Aussagen zum<br />

Eintrag ins Grundwasser wird eine räumlich und zeitlich differenzierte Grundwasserneubildungsmodellierung<br />

benötigt da sich in den letzten Jahren sowohl die Niederschlagsverteilung,<br />

als auch die Landnutzung (Entsiegelung) deutlich verändert hat. Die Modellierung der Grundwasserneubildung<br />

ermöglicht über die Abschätzung von Transferpfaden hinaus auch die prognostische<br />

Berechnung für zu definierende, von der Situation der Vergangenheit abweichende<br />

Systemzustände (z.B. veränderte Grundwasserflurabstände, veränderte Landnutzung).<br />

Die Berechnung der Grundwasserneubildung wurde durch das Fachgebiet Umweltgeologie der<br />

MLU Halle im Auftrage und mit Unterstützung der Bundesanstalt für Geowissenschaften und<br />

Rohstoffe im Rahmen des Hydrologischen Atlas Deutschland bereits bundesweit und auch im<br />

Hinblick auf Methodenvergleiche für einzelne Bundesländer durchgeführt. Aufbauend auf<br />

diesen Erfahrungen kann eine in der räumlichen und zeitlichen Diskretisierung adäquate<br />

Verbesserung der Verfahren und eine Berechnung für den Raum Bitterfeld umgesetzt werden.<br />

Aus hydrologischen Gründen ist eine Ausweitung des Untersuchungsgebiets mindestens bis zu<br />

den Grenzen des oberirdischen Einzugsgebiets notwendig, was einer regional-skaligen Bearbeitung<br />

gleichkommt. Eine weitere Vergrößerung des Untersuchungsgebiets aufgrund der Berücksichtigung<br />

anthropogener Einflüsse ist möglicherweise notwendig.<br />

Die bisher angewandten Verfahren zur Berechnung der Grundwasserneubildung sind zur<br />

Ermittlung der räumlich differenzierten mittleren jährlichen Grundwasserneubildung erstellt<br />

worden. Über sie ist mit Hilfe der meteorologischen Daten lediglich eine weitere zeitliche<br />

Diskretisierung auf Monatswerte eines mittleren Jahres zulässig. Zur Berechnung zeitkonkreter<br />

Werte von Monats- oder Wochensummen der Grundwasserneubildung ist die Anwendung eines<br />

Bodenwasserhaushaltsmodells notwendig.<br />

186


<strong>Tagungsband</strong> Statusseminar des BMBF-Ad-hoc-Verbundprojektes in Freiberg, 27.-29.08.2003<br />

In die Berechnung des Zwischenabflusses gehen darüber hinaus Informationen zum Aufbau der<br />

ungesättigten Zone unterhalb der Bodenzone ein. Diese Informationen müssen in der für das<br />

Ergebnis notwendigen räumlichen und zeitlichen Differenzierung vorliegen. Klimadaten<br />

sollten als Tageswerte, Boden, Landnutzung, Grundwasserflurabstand und Hangneigung als<br />

Vektordaten oder in einer Rasterauflösung von 40 oder 50 m vorliegen. Zur Berechnung des<br />

Zwischenabflusses werden zusätzlich Daten zum geologischen Aufbau der ungesättigten Zone<br />

unterhalb der Bodenzone benötigt. Für den zentralen Teil Bitterfeld Wolfen liegt ein digitales<br />

geologisches Raummodell aus dem Verbundvorhaben SAFIRA vor, das hier eingesetzt werden<br />

kann.<br />

Bodenwasserhaushaltsmodelle ermitteln Wasser- und Stofftransportprozesse innerhalb der<br />

Bodenzone auf der Grundlage physikalischer Daten. Sie unterscheiden sich damit grundlegend<br />

von Modellen mit empirischen Anteilen (z.B. Verfahren zur Berechnung des Gesamtabflusses<br />

nach BAGROV/GLUGLA). Durch den Modellansatz ist einerseits eine höhere zeitliche Auflösung<br />

zu erzielen, auf der anderen Seite ist der Datenbedarf für die Modellparameter wesentlich<br />

höher. Bodenwasserhaushaltsmodelle berechnen grundsätzlich nur den Sickerwasseranteil am<br />

Gesamtabfluss, evtl. auch noch den Oberflächenabfluss. Von dem Sickerwasseranteil muss zur<br />

Berechnung der Grundwasserneubildung der Zwischenabfluss noch einmal getrennt ausgewiesen<br />

bzw. abgezogen werden. Für den Hydrologischen Atlas Deutschland wurde hierfür vom<br />

Fachgebiet Umweltgeologie das weitgehend statistische Verfahren des Baseflow-Index entwickelt.<br />

Für das Untersuchungsgebiet Bitterfeld sollte dieses Verfahren ergänzt werden durch ein<br />

dreidimensionales numerisches Modell der ungesättigten Zone. Hierfür ist ein erheblicher Zeitbedarf<br />

einzuplanen, da für das gesamte Untersuchungsgebiet ein dreidimensionales geologisches<br />

Modell der ungesättigten Zone erstellt werden muss.<br />

Vor dem Hintergrund der Grundwasserneubildungsmodellierung kann ein vertieftes Prozessverständnis<br />

für den Grenzbereich gesättigte/ungesättigte Zone entwickelt werden. Hier ist das<br />

Stoffaustragsverhalten der ungesättigten Zone von Bedeutung, die in weiten Teilen aus industriellen<br />

Auffüllungen und Kippen der Bergbaufolge sowie natürlichen boden/geologischen<br />

Abfolgen besteht. Die stoffliche Belastung der sowohl industieinduzierten wie auch natürlichen<br />

(Hochwasser) Stoffeinträge sind hier zu beachten.<br />

Eine dynamische Komponente in der Wasserhaushaltsbetrachtung stellen die Auswirkungen<br />

der aktuellen hydraulischen Maßnahmen im Industrie- und Stadtgebiet von Bitterfeld/Wolfen<br />

auf die Stoffaustragssituation im kleinräumigen Maßstab dar. Diese Wechselwirkungen sind in<br />

die Fragestellung und der Beurteilung des Prozess-Wirkungsgefüges mit einzubeziehen.<br />

Aufgrund eines z.T. flächenhaft erhöhten Grundwasseranstiegs sind die resultierenden Stoffausträge<br />

bezüglich der unterschiedlichen Schutzgüter zu betrachten. Dies schließt die Beurteilung<br />

der relevanten Kontaminaten unter Transmissions- und Langzeitwirkungsbezug<br />

(Persistenz/Toxizität) im Hinblick auf Flächen- und Landnutzung sowie aquatische Ökosysteme<br />

ein.<br />

187


’Schadstoffbelastung nach dem Augusthochwasser 2002 - Ergebnisse und Forschungsbedarf’<br />

Autorenindex<br />

(alle Seitenzahlen sind im<br />

PDF zu den Abstracts<br />

verlinkt)<br />

A<br />

Abraham 6<br />

Ahlf 61, 149<br />

Altenburger 9<br />

Anacker 12<br />

B<br />

Baborowski 17<br />

Bauer 149<br />

Berger 22, 149<br />

Bernhofer 22<br />

Birger 43<br />

Bittkau 166<br />

Blohm 149<br />

Börnick 28<br />

Brack 9<br />

Brauch 137<br />

Broekaert 83<br />

C<br />

Conradt 32<br />

Czegka 74<br />

D<br />

Dannenberg 149<br />

Dinkelberg 65<br />

E<br />

Einax 95<br />

Ertl 107<br />

F<br />

Fleck 185<br />

Francke 58<br />

Franke 58<br />

Freyer 110<br />

Friede 78<br />

Friese 17, 141<br />

Friese, H 32<br />

G<br />

Gläßer 43<br />

Goldberg 22<br />

Gossel 185<br />

Götz 149<br />

Greif 83, 114<br />

Grischek 28<br />

Gröngröft 37<br />

Grote 9<br />

Grunewald 98, 106<br />

Gutteck 12<br />

H<br />

Haase 43<br />

Hanisch 74<br />

Heege 43<br />

Heinzel 58<br />

Heise 61, 149<br />

Herwig 65<br />

Hornemann 71<br />

Höss 61<br />

J<br />

Jendryschik 74<br />

Junge 74<br />

K<br />

Kammer 17<br />

Kardel 114<br />

Kasimir 78<br />

Klemm 83<br />

Knittel 83<br />

Knöchel 88, 92<br />

Knoth 158<br />

Kowalik 95<br />

Kozerski 145<br />

Krüger 37, 98, 106, 158<br />

Küchler 32<br />

L<br />

Lauer 149<br />

Lincke 110<br />

Luckner 154<br />

M<br />

Martínek 102<br />

Medek 102<br />

Meissner 98, 106<br />

Michaelis 107<br />

Michel 92<br />

Miehlich 37<br />

Morgenstern 74<br />

Moschütz 9<br />

N<br />

Neumann 185<br />

O<br />

Osenbrück 133<br />

P<br />

Pälchen 114<br />

188


<strong>Tagungsband</strong> Statusseminar des BMBF-Ad-hoc-Verbundprojektes in Freiberg, 27.-29.08.2003<br />

Paschke 9<br />

Petzoldt 98, 106<br />

Popp 110, 176<br />

R<br />

Rank 114<br />

Reinartz 43<br />

Reincke 158<br />

Rinklebe 121<br />

Ritschel 65<br />

Ritzel 92<br />

Roch 149<br />

Rohde 32<br />

Rückert 180<br />

S<br />

Sacher 137<br />

Sbjeschni 166<br />

Schanze 127<br />

Scharf 74<br />

Schirmer 9<br />

Schlosser 166<br />

Schmidt 137<br />

Schneider 133<br />

Schreiber 110<br />

Schröder 137<br />

Schultze 141<br />

Schüürmann 9<br />

Schwartz 106, 145, 158<br />

Siemens 83<br />

Sievers 149<br />

Sommer 154<br />

Specht 58<br />

Stachel 158<br />

Stehr 161<br />

Stien 137<br />

Strauch 166<br />

Sudbrack 172<br />

T<br />

Treutler 74, 110, 176<br />

Tümpling 110, 176<br />

U<br />

Uhlig 158<br />

Ullrich 154<br />

V<br />

Veen 141<br />

Verner 102<br />

Volk 43<br />

W<br />

Walter 9<br />

Wanke 92<br />

Weichel 43<br />

Weiß 180<br />

Welker 12<br />

Wenderoth 6<br />

Wennrich 110, 176<br />

Wenzel 9<br />

Worch 28<br />

Wycisk 185<br />

Z<br />

Zerling 74<br />

Zober 43<br />

189

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