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Schadstoffbelastung nach dem Elbe-Hochwasser 2002 - UFZ

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<strong>UFZ</strong>-Umweltforschungszentrum<br />

Leipzig-Halle GmbH<br />

in der Helmholtz-Gemeinschaft<br />

<strong>Schadstoffbelastung</strong> <strong>nach</strong> <strong>dem</strong><br />

<strong>Elbe</strong>-<strong>Hochwasser</strong> <strong>2002</strong><br />

Herausgeber: Michael Böhme<br />

Frank Krüger<br />

Klaus Ockenfeld<br />

Walter Geller


<strong>Schadstoffbelastung</strong><br />

<strong>nach</strong> <strong>dem</strong> <strong>Elbe</strong>-<br />

<strong>Hochwasser</strong> <strong>2002</strong><br />

Eine Kurz-Darstellung der Fakten<br />

und Hilfen zu deren Bewertung<br />

Herausgeber: Michael Böhme<br />

Frank Krüger<br />

Klaus Ockenfeld<br />

Walter Geller


BÖHME M, KRÜGER F, OCKENFELD K, GELLER, W (HRSG, 2005) SCHADSTOFFBELASTUNG NACH DEM ELBE-HOCHWASSER <strong>2002</strong><br />

1<br />

Impressum<br />

Herausgeber: Michael Böhme, Frank Krüger, Klaus Ockenfeld, Walter Geller<br />

ISBN: 3-00-016883-4<br />

Bezug: Exemplare dieser Veröffentlichung sind, solange der Vorrat reicht, <strong>nach</strong><br />

Einsendung eines als ’Großbrief’ derzeit mit 1,44 € frankierten und mit ihrer<br />

Adresse beschrifteten verschließbaren A4-Rückumschlags in Deutschland<br />

erhältlich bei:<br />

Prof. Walter Geller<br />

<strong>UFZ</strong> - Umweltforschungszentrum Leipzig-Halle GmbH<br />

Dept. Fließgewässerökologie<br />

Brückstraße 3a<br />

39114 Magdeburg<br />

Download: http://www.ufz.de/data/HWBroschuere2637.pdf<br />

Redaktion, Satz: Michael Böhme, Frank Krüger<br />

Druck: Druckerei Mahnert<br />

Hertzstraße 3, 06449 Aschersleben<br />

http://www.druckerei-mahnert.de/<br />

Gedruckt auf RecySatin.<br />

Im PDF sind alle Verweise z.B. auf Abbildungen, Abschnitte, Seiten, Literatur und URLs aktive<br />

Links, auch wenn sie nicht immer extra als solche gekennzeichnet sind. Damit ist eine schnelle<br />

Navigation im Acrobat Reader gewährleistet.<br />

Die Erstellung dieser Broschüre wurde gefördert vom Bundesministerium für Bildung und<br />

Forschung, FKZ 0330492, im Rahmen des Verbundprojekts “Schadstoffuntersuchungen <strong>nach</strong><br />

<strong>dem</strong> <strong>Hochwasser</strong> vom August <strong>2002</strong> - Ermittlung der Gefährdungspotenziale an <strong>Elbe</strong> und<br />

Mulde”. Weitere Informationen erhalten Sie unter<br />

http://www.ufz.de/hochwasser/. Nachdruck mit Quellenangabe gestattet. Die Abbildungen<br />

unterliegen <strong>dem</strong> Copyright der angegebenen Quellen.<br />

Verantwortlich für den Inhalt der Beiträge sind die jeweils zeichnenden Autoren.<br />

Seitenzahl 101<br />

Abbildungen 102<br />

Tabellen 11<br />

Zuletzt bearbeitet 24. Oktober 2005 15:00<br />

Umschlagseite: <strong>Hochwasser</strong> August <strong>2002</strong>, Deichbruch südlich der <strong>Elbe</strong> bei Segrehna<br />

Foto André Künzelmann, <strong>UFZ</strong>


Liebe Leserin, lieber Leser,<br />

das extreme <strong>Hochwasser</strong> im August <strong>2002</strong> ist uns<br />

noch gut in Erinnerung. Wohngebiete, Produktionsbetriebe,<br />

auch Kleingärten, Kläranlagen, Tankstellen<br />

etc. wurden überschwemmt. Wie bei je<strong>dem</strong><br />

<strong>Hochwasser</strong> wurden große Mengen Bodenpartikel,<br />

Gewässersedimente und daran gebundene Schadstoffe<br />

mobilisiert. Die Zerstörungen von Häusern<br />

und anderen Teilen der Infrastruktur setzten während<br />

des Extremhochwassers zusätzliche Kontaminanten<br />

frei. Das Wasser verfrachtete sie talwärts<br />

und am Ende setzte sich ein großer Teil der Schadstoffe<br />

breit verteilt im überschwemmten Gebiet ab.<br />

Ein anderer Teil verdunstete, wurde abgebaut oder<br />

in die Nordsee gespült.<br />

Die Unsicherheit war damals groß, da niemand ein<br />

genaues Bild der Lage hatte. Betroffene und Helfer<br />

wussten nicht, inwieweit das Wasser oder der<br />

Schlamm, mit <strong>dem</strong> sie in Berührung kamen, giftig<br />

oder infektiös waren. Nur <strong>dem</strong> offensichtlichen<br />

Ölfilm auf der Wasseroberfläche sah man den<br />

Schadstoff an.<br />

Mitarbeiter verschiedener Behörden der Länder<br />

und des Bundes, Forschungseinrichtungen und<br />

Organisationen wie Greenpeace schwärmten<br />

damals aus, um Proben zu sammeln und auf ihre<br />

Gefährlichkeit zu untersuchen. Die Ergebnisse<br />

konnten naturgemäß nur stichprobenartig sein und<br />

waren zum Teil widersprüchlich.<br />

Nach der Katastrophe wurden die damals gewonnenen<br />

Ergebnisse im Rahmen eines vom Bundesministerium<br />

für Bildung und Forschung (BMBF)<br />

geförderten Projekts zusammengetragen, durch<br />

eine Vielzahl weiterer Messungen ergänzt und<br />

BEGRÜSSUNG<br />

übergreifend ausgewertet. Seit Mitte 2004 ist ein<br />

umfassender Ergebnisbericht unter http://<br />

www.ufz.de/hochwasser verfügbar.<br />

In dieser Broschüre sollen in allgemeinverständlicher<br />

Form speziell die schadstoffbezogenen<br />

Aspekte des <strong>Hochwasser</strong>s dargelegt werden. Sie<br />

werden erfahren, wie hoch die Schadstoffkonzentrationen<br />

während des <strong>Hochwasser</strong>s waren, welche<br />

Gefahren davon ausgingen, wie gefährlich die<br />

von der Flut zurückgelassenen Schlämme waren<br />

und wie man damit <strong>nach</strong> künftigen Hochwässern<br />

sinnvoll umgeht. Außer<strong>dem</strong> sollen Sie ein Gefühl<br />

für die spezielle Belastungssituation an <strong>Elbe</strong> und<br />

Mulde bekommen, wie sie vor und <strong>nach</strong> <strong>dem</strong> extremen<br />

<strong>Hochwasser</strong> war bzw. ist. Dabei gehen wir<br />

etwas genauer auf die verschiedenen Ursachen<br />

der besonders hohen Belastungen an der Mulde<br />

ein. Weitere Abschnitte der Bröschüre befassen<br />

sich mit Gefahren durch infektiöse Keime, und den<br />

Problemen durch Sauerstoffmangel auf den überfluteten<br />

Flächen.<br />

Bevor speziell auf die Schadstoffe eingegangen<br />

wird, wollen wir Ihnen das Geschehen des August-<br />

<strong>Hochwasser</strong>s im <strong>Elbe</strong>-Gebiet in Kurzform in Erinnerung<br />

rufen.<br />

Am Ende des Heftes werden die Zusammenhänge<br />

von <strong>Hochwasser</strong> als Natur-, Schadens- und Politikereignis<br />

noch einmal im Detail beleuchtet. Damit<br />

verbunden sind Anregungen, wie wir uns auf<br />

zukünftige <strong>Hochwasser</strong>ereignisse besser vorbereiten<br />

und uns während des <strong>Hochwasser</strong>geschehens<br />

angemessen verhalten können.<br />

2


BÖHME M, KRÜGER F, OCKENFELD K, GELLER, W (HRSG, 2005) SCHADSTOFFBELASTUNG NACH DEM ELBE-HOCHWASSER <strong>2002</strong><br />

Inhalt<br />

1 Die Flutkatastrophe im <strong>Elbe</strong>-Einzugsgebiet<br />

<strong>2002</strong> im Rückblick .......................... 4<br />

1.1 Wie kam es zu solch außergewöhnlichen<br />

Überschwemmungen? .......................................... 4<br />

1.2 Der Ablauf des <strong>Hochwasser</strong>s ................................ 4<br />

1.3 Nach <strong>dem</strong> <strong>Hochwasser</strong> ......................................... 7<br />

2 Schadstoff - Definition, Herkunft? .....10<br />

Box: Das klassische Beispiel: DDT - toxisch,<br />

persistent, akkumulierend....................... 11<br />

2.1 Herkunft anorganischer Schadstoffe/Schwermetalle<br />

und Arsen ............................................... 12<br />

2.1.1 Das Muldesystem - Arsen- und Schwermetallbelastungen<br />

durch den Erzbergbau ........ 14<br />

Box: Möglichkeiten zur Reduzierung der<br />

<strong>Schadstoffbelastung</strong> im Muldesystem .... 18<br />

2.2 Herkunft organischer Schadstoffe ....................... 18<br />

2.2.1 Industriehistorische Entwicklung der Region<br />

Bitterfeld–Wolfen............................................... 19<br />

2.2.1.1 Ansiedlung und Entwicklung von<br />

Chemiebetrieben von 1890 bis heute ............. 20<br />

2.2.1.2 Standortkennzeichen: Chlorchemie................ 24<br />

2.2.1.3 Umweltbelastungen ........................................ 25<br />

2.2.1.4 Ausblick .......................................................... 26<br />

Box: Die Suche <strong>nach</strong> unbekannten Wirkstoffen:<br />

Non Target Screening............................. 27<br />

3 Schadstoffe in der <strong>Hochwasser</strong>welle.....28<br />

Box: Quecksilber............................................. 29<br />

3.1 Wie werden Schadstoffe transportiert? ............... 30<br />

Box: Mineralölkohlenwasserstoffe .................. 31<br />

Box: Blei.......................................................... 32<br />

Box: Arsen ...................................................... 33<br />

3.2 Welche Bedeutung haben hohe<br />

Schadstoffgehalte in der <strong>Hochwasser</strong>welle?....... 34<br />

Box: Schadstoffe in Muttermilch - Reform<br />

der Chemikalienpolitik............................. 36<br />

4 Schadstoffe im Schlamm..................37<br />

4.1 Was ist Schlamm und wo kommt er her?............ 37<br />

4.2 Welche Belastung tragen die Schlämme? .......... 38<br />

Box: Polyzyklische Aromatische<br />

Kohlenwasserstoffe (PAK)...................... 40<br />

Box: Polychlorierte Biphenyle (PCB) .............. 42<br />

Box: Organozinnverbindungen ....................... 43<br />

4.3 Welche Bedeutung haben die Belastungen<br />

im Schlamm für Mensch und Tier?...................... 44<br />

Box: Dioxine, Furane und dioxinähnliche PCBs .<br />

............................................................ 45<br />

5 Welches sind die langfristigen Folgen<br />

der Gewässerbelastung?...................48<br />

5.1 Welche Transferpfade für Schadstoffe sind<br />

für den Menschen von Bedeutung? .................... 48<br />

5.1.1 Der aquatische Transferpfad - Wie hoch<br />

sind Elbfische belastet? .................................... 48<br />

5.1.1.1 Schwermetalle in Fischen............................... 49<br />

5.1.1.2 Organische Schadstoffe in Fischen ................ 50<br />

3<br />

5.1.2 Der terrestrische Transferpfad - Wie hoch<br />

sind Fleisch und Milch belastet? ....................... 51<br />

5.1.2.1 Wie hoch ist der aktuelle Schadstoffeintrag<br />

in die Auen?.................................................... 51<br />

5.1.2.2 Wie hoch ist die Bodenbelastung? ................. 51<br />

5.1.2.3 Wie sieht es mit <strong>dem</strong> Schadstofftransfer<br />

in die Vegetation aus? .................................... 55<br />

Box: Cadmium ................................................ 57<br />

5.1.2.4 Wie verhält es sich mit der Schadstoffanreicherung<br />

im Weidevieh? .......................... 58<br />

5.1.3 Ist das Trinkwasser belastet? ........................... 59<br />

6 Infektionsrisiken durch Mikroorganismen<br />

im Flutwasser ..............................60<br />

6.1 Bakterien und Pilze in Flüssen und deren<br />

Funktionen........................................................... 60<br />

6.2 Mikroorganismen als Krankheitserreger.............. 61<br />

6.3 Wie kommen pathogene Mikroorganismen<br />

in die Flüsse? ...................................................... 61<br />

6.4 Überleben pathogene Mikroorganismen im<br />

Wasser der Flut? ................................................ 62<br />

6.5 Sind Pathogene eine Gefahr im Flutwasser<br />

und wie kann man sie bekämpfen?..................... 63<br />

Box: Funktion der Uferfiltration ....................... 63<br />

6.6 Wie kann man sich gegen die pathogenen<br />

Keime schützen?................................................. 65<br />

Box: Sind Trinkwasser Epi<strong>dem</strong>ien <strong>nach</strong><br />

<strong>Hochwasser</strong> heute überhaupt noch<br />

ein Thema?............................................. 66<br />

7 Probleme mit <strong>dem</strong> Sauerstoff.............67<br />

7.1 Warum ist Sauerstoff wichtig?............................. 67<br />

7.2 Wie hoch ist der Sauerstoffgehalt normalerweise? .<br />

........................................................................ 68<br />

7.3 Wie reagierte der Sauerstoffgehalt während<br />

des <strong>Hochwasser</strong>s?.............................................. 68<br />

7.4 Fallbeispiel Havelpolder ...................................... 70<br />

7.5 Wie könnte man das Fischsterben verhindern?.. 72<br />

8 <strong>Hochwasser</strong> als Natur-, Schadens-<br />

und Politikereignis..........................74<br />

8.1 <strong>Hochwasser</strong> - was ist das? ................................ 74<br />

8.2 Hochwässer - wie häufig treten sie auf? ............. 76<br />

8.3 <strong>Hochwasser</strong> an Oder, Morava, Weichsel, Moldau,<br />

<strong>Elbe</strong> – immer häufiger, immer heftiger? .............. 78<br />

8.4 "Einstellen auf <strong>Hochwasser</strong>" ist nötig und möglich –<br />

verhindern kann man <strong>Hochwasser</strong> nicht! ............ 82<br />

8.5 <strong>Hochwasser</strong> in Medien und Politik ...................... 84<br />

8.6 <strong>Hochwasser</strong>risikomanagement statt schnelles<br />

Verdrängen und Vergessen! ............................... 84<br />

9 Wie kann man sich vor hochwasserbedingten<br />

Belastungen schützen?.....................90<br />

Literaturverzeichnis ...................................................... 91<br />

Glossar und Abkürzungsverzeichnis ............................ 96<br />

Verzeichnis der Abbildungen........................................ 98<br />

Verzeichnis der Tabellen............................................ 100<br />

Verzeichnis der Autoren und Herausgeber ................ 101


MICHAEL BÖHME, KLAUS OCKENFELD ABSCHNITT 1DIE FLUTKATASTROPHE IM ELBE-EINZUGSGEBIET <strong>2002</strong> IM RÜCKBLICK<br />

Abb. 1-1 Die Müglitz rauscht als Sturzflut durch Weesenstein. Im Laufe einer Nacht wurden mehrere Häuser in der<br />

Ortsmitte zerstört. Die einzelne Wand mitten im Fluss erinnert an dramatische Stunden, als den eingeschlossenen<br />

Bewohnern <strong>nach</strong>ts <strong>nach</strong> und <strong>nach</strong> das Haus wegbrach und sie am Ende zu viert auf der Mauer ausharrten, bis sie am<br />

Morgen mit Hubschraubern gerettet wurden (Foto Lutz Hennig, 80).<br />

1 Die Flutkatastrophe im <strong>Elbe</strong>-Einzugsgebiet <strong>2002</strong> im Rückblick<br />

Michael Böhme, Klaus Ockenfeld<br />

Im Zeitraum von nur zehn Jahren wurde Mitteleuropa<br />

von mehreren Jahrhunderthochwässern heimgesucht:<br />

1993 und 1995 am Rhein, 1997 an der<br />

Oder, 1999 an der Donau und 2001 an der Weichsel.<br />

Im August <strong>2002</strong> waren Moldau, <strong>Elbe</strong> und<br />

Donau betroffen. Im besonders in Mitleidenschaft<br />

gezogenen <strong>Elbe</strong>-Einzugsgebiet fielen den Wassermassen<br />

allein in Sachsen 21 Menschen zum Opfer,<br />

Tschechien beklagte 17 Tote. Weit über 300.000<br />

Menschen wurden zeitweilig evakuiert. Der materielle<br />

Gesamtschaden wird für das Gebiet der Bundesrepublik<br />

Deutschland auf 9,1 Mrd. Euro<br />

geschätzt. Dieses Flutereignis ging als die bislang<br />

teuerste Überschwemmung in die Geschichte Mitteleuropas<br />

ein und rückte die <strong>Hochwasser</strong>problematik<br />

kurzzeitig in den Mittelpunkt des Interesses<br />

von Regierung, Behörden und Öffentlichkeit.<br />

1.1 Wie kam es zu solch außergewöhnlichen<br />

Überschwemmungen?<br />

Häufige Niederschläge im gesamten <strong>Elbe</strong>-Einzugsgebiet<br />

hatten seit Anfang August <strong>2002</strong> zur fast flächendeckenden<br />

Wassersättigung des Bodens<br />

geführt. In der ersten August-Dekade näherte sich<br />

das Tiefdruckgebiet "Ilse" vom Atlantik und kam im<br />

weiten Bogen über Frankreich, Italien, Ungarn und<br />

Tschechien <strong>nach</strong> Polen und Ostdeutschland. Das<br />

besondere an dieser ’Vb’ (sprich: ’fünf b’) genannten<br />

Zugbahn ist, dass das Tief während der Passage<br />

des warmen Mittelmeeres noch einmal sehr<br />

viel warme Luft mit sehr hoher Luftfeuchtigkeit aufnimmt,<br />

und diese dann im kühleren Norden mit<br />

hoher Intensität und großflächig abregnen kann.<br />

Vom 12.08. bis zum 14.08. fielen in Sachsen stellenweise<br />

bis zu einem Drittel des langjährig registrierten<br />

mittleren Jahresniederschlags. Diese<br />

Wassermassen konnten nur in geringem Maße versickern,<br />

da die Boden-Speicherkapazität bereits<br />

erschöpft war. Das Gros floss flächig die Hänge<br />

herab und sammelte sich sehr schnell in den Tallagen.<br />

Talsperren und Rückhaltebecken konnten<br />

solange Wasser zurückhalten, bis sie überliefen.<br />

1.2 Der Ablauf des <strong>Hochwasser</strong>s<br />

In vielen erzgebirgischen Flüssen wie Gottleuba,<br />

Müglitz, Weißeritz und Mulde, kam es fast zeitgleich<br />

zu ’Strömungs-Hochwässern’ oder ’Sturzfluten’<br />

mit außerordentlich zerstörerischen Folgen in<br />

den Tälern (Abb. 1-1). Ähnlich betroffenen waren<br />

zur selben Zeit der Oberlauf der Moldau und ihre<br />

Nebenflüsse. Die extremen Niederschläge im<br />

August <strong>2002</strong> hätten in den zum Teil dicht besiedel-<br />

4


BÖHME M, KRÜGER F, OCKENFELD K, GELLER, W (HRSG, 2005) SCHADSTOFFBELASTUNG NACH DEM ELBE-HOCHWASSER <strong>2002</strong><br />

ten Erzgebirgstälern selbst bei Inanspruchnahme<br />

aller theoretisch verfügbaren Wasserrückhaltemöglichkeiten<br />

zu einer Katastrophe geführt. Da, wo<br />

<strong>nach</strong> zerstörerischen Hochwässern im letzten Jahrhundert<br />

Systeme von großvolumigen Rückhaltebecken<br />

gebaut und in Betrieb waren, konnten die<br />

<strong>Hochwasser</strong>spitzen bedeutend abgesenkt und der<br />

Abfluss der Wassermassen zeitlich gestreckt werden.<br />

Das <strong>Hochwasser</strong>schutzsystem im Gottleuba-<br />

Gebiet führte zum Beispiel für die Stadt Pirna zu<br />

einer Scheitelreduzierung um 40% (134). Das<br />

konnte die Katastrophe dort zwar auch nicht verhindern,<br />

das Ausmaß der Schäden jedoch etwas reduzieren.<br />

Die Wasserstände überstiegen entlang der Moldau,<br />

der Mulde und an den Erzgebirgsflüssen alle bisher<br />

jemals registrierten Wasserstandsmarken deutlich<br />

(Abb. 1-2).<br />

5<br />

Abb. 1-2 Wasserstandsmarken an der Großmühle<br />

im Einstrombereich zur Altstadt von Grimma. Der<br />

Flutscheitel übertraf den höchsten vorher bekannten<br />

Wasserstand aus <strong>dem</strong> Jahre 1771 um etwa 1,6 m<br />

(Foto Dagmar Haase, <strong>UFZ</strong>).<br />

Das Sächsische Landesamt für Umwelt und<br />

Geologie konstatiert für die Situation im Osterzgebirge:<br />

“Auch wenn <strong>dem</strong> <strong>Hochwasser</strong> vom<br />

August <strong>2002</strong> in den Einzugsgebieten statistisch<br />

ein Wiederkehrintervall in der Größenordnung<br />

von 100 bis 500 Jahren zugeordnet wird, zeigt<br />

die historische Auswertung, dass in allen Flüssen<br />

mit ähnlichen Ereignissen wie im August<br />

gerechnet werden muss. Die Analyse des<br />

<strong>Hochwasser</strong>s hat gezeigt, dass es sich beim<br />

Augusthochwasser nicht um ein Ereignis in der<br />

Größenordnung eines maximal möglichen<br />

<strong>Hochwasser</strong>s gehandelt hat. Für die Zukunft<br />

können größere Ereignisse als das <strong>Hochwasser</strong><br />

im August <strong>2002</strong> nicht ausgeschlossen werden.”<br />

(144, S. 8)<br />

Dagegen schwankte entlang des Oberen Elbtals in<br />

der Sächsischen Schweiz der Wasserstand nur um<br />

wenige Dezimeter sowohl über als auch unter den<br />

allerorten angebrachten Wasserstandsmarken vom<br />

größten bereits bekannten <strong>Hochwasser</strong> vom März<br />

1845 (Abb. 8-12 auf Seite 82).<br />

Unterhalb der Saalemündung waren die Höchststände<br />

<strong>2002</strong> i.d.R. sogar deutlich geringer als die<br />

historischen Höchststände. Das liegt daran, dass<br />

der größte deutsche Nebenfluss, die Saale, nur<br />

wenig zum <strong>Hochwasser</strong>geschehen beitrug. Die<br />

Pegelkurven fast aller Schreibpegel entlang der<br />

<strong>Elbe</strong> sind in Abb. 1-3 wiedergegeben.<br />

Im Gegensatz zu den schnell steigenden und durch<br />

ihre reißende Strömung so gefährlichen ’Strömungshochwässern’<br />

oder ’Sturzfluten’ versanken<br />

die Auengebiete entlang der Mittel- und Unterläufe<br />

von Moldau, Mulde und <strong>Elbe</strong> allmählich (im Verlaufe<br />

mehrerer Tage) in sogenannnten ’Stauhochwässern’.<br />

Die Strömung ist hier nur noch stellenweise<br />

an lokalen Gefällestrecken von Bedeutung,<br />

z.B. kurz <strong>nach</strong> Deichbrüchen. Die in den Auen<br />

angelegten Siedlungen wurden überschwemmt, die<br />

Flüsse holten sich quasi einen Teil ihrer natürlichen<br />

Überschwemmungsgebiete für kurze Zeit zurück<br />

(Abb. 1-4). Durch die Ausdeichungen in den vergangenen<br />

500 Jahren wurde das natürliche Überschwemmungsgebiet<br />

entlang der <strong>Elbe</strong> immerhin<br />

um 85% reduziert (143).<br />

Zahlreiche Deichbrüche entlang von <strong>Elbe</strong> und<br />

Mulde zogen auch bisher geschützt geglaubte Ortschaften<br />

in Mitleidenschaft. An der <strong>Elbe</strong> brachen<br />

die Deiche an 21 Stellen, an der Mulde gar 125<br />

mal. Alleine der Deichbruch bei Dautzschen unterhalb<br />

von Torgau setzte eine Auenfläche von 214<br />

km² unter Wasser. Der zeitweilige Wasserrückhalt<br />

<strong>nach</strong> den Deichbrüchen bewahrte andere, unterhalb<br />

gelegene Siedlungsgebiete vor Schlimmerem.<br />

Sie wirkten oft wie ’gesteuerte Polder’, da die


MICHAEL BÖHME, KLAUS OCKENFELD ABSCHNITT 1DIE FLUTKATASTROPHE IM ELBE-EINZUGSGEBIET <strong>2002</strong> IM RÜCKBLICK<br />

Höhe in m über Pegel-Null + X<br />

20<br />

19<br />

18<br />

17<br />

16<br />

15<br />

14<br />

13<br />

12<br />

11<br />

10<br />

9<br />

8<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

0<br />

1<br />

2<br />

4<br />

3<br />

5<br />

6<br />

07.08.<strong>2002</strong><br />

09.08.<strong>2002</strong><br />

11.08.<strong>2002</strong><br />

13.08.<strong>2002</strong><br />

15.08.<strong>2002</strong><br />

17.08.<strong>2002</strong><br />

19.08.<strong>2002</strong><br />

21.08.<strong>2002</strong><br />

23.08.<strong>2002</strong><br />

25.08.<strong>2002</strong><br />

27.08.<strong>2002</strong><br />

29.08.<strong>2002</strong><br />

31.08.<strong>2002</strong><br />

02.09.<strong>2002</strong><br />

04.09.<strong>2002</strong><br />

X [m]<br />

Schöna 8,00<br />

Pirna 7,57<br />

Dresden 7,67<br />

Meissen 6,88<br />

Riesa 6,43<br />

Mühlberg 5,73<br />

Torgau 6,34<br />

Mauken 6,00<br />

Wittenberg 5,41<br />

Coswig 5,08<br />

Vockerode 5,16<br />

Dessau 5,00<br />

Aken 4,91<br />

Barby 4,70<br />

MD-Strombrücke 4,73<br />

Rothensee 3,48<br />

Niegripp 2,23<br />

Rogaetz 3,88<br />

Storkau 2,05<br />

Sandau 1,69<br />

Werben AP 1,48<br />

Gnevsdorf AP 1,77<br />

Scharleuk 1,39<br />

Wittenberge 1,32<br />

Mueggendorf 0,88<br />

Schnackenburg 0,70<br />

Lenzen 0,54<br />

Gorleben 0,36<br />

Doemitz 0,66<br />

Damnatz -0,48<br />

Hitzacker -0,48<br />

Neu Darchau -0,77<br />

Bleckede -5,10<br />

Boizenburg -0,36<br />

Hohnstorf -3,42<br />

Artlenburg -3,24<br />

Geesthacht -3,05<br />

Abb. 1-3 Wasserstände von 37 Schreibpegeln entlang der deutschen <strong>Elbe</strong>. Die Originaldaten wurden um einen Betrag<br />

X verändert, damit be<strong>nach</strong>barte Pegel überschneidungsarm dicht beieinander liegen. Die Pfeile weisen auf besondere<br />

Ursachen für Knicks in den Kurven: 1. Moldau erste Welle, 2. Erzgebirgsflüsse im Oberen Elbtal, 3. Mulde (Vockerode im<br />

Rückstau), 4. Moldau zweite Welle, 5. Deichbruch bei Prettin, 6. Flutung der Havelpolder. Man erkennt, wie die Wellen<br />

entlang der <strong>Elbe</strong> wandern und sich dabei verflachen und verbreitern (Daten WSÄ Dresden, Magdeburg und Lauenburg).<br />

6


BÖHME M, KRÜGER F, OCKENFELD K, GELLER, W (HRSG, 2005) SCHADSTOFFBELASTUNG NACH DEM ELBE-HOCHWASSER <strong>2002</strong><br />

Deiche ziemlich genau zu <strong>dem</strong> Zeitpunkt brachen,<br />

als der Pegelscheitel in etwa erreicht war. Damit<br />

wurde der Scheitel für die Unterlieger besonders<br />

effektiv abgesenkt (Beispiel siehe Pfeil 5 in Abb. 1-<br />

3).<br />

Im Bereich der Havelmündung wurden Poldergebiete<br />

gezielt geflutet, die in den 1930er Jahren<br />

extra für den Zweck der <strong>Hochwasser</strong>absenkung<br />

angelegt wurden. Das führte zu einer Absenkung<br />

des Spitzenwasserstandes im Unterlauf der <strong>Elbe</strong><br />

um fast einen halben Meter (siehe Pfeil 6 in Abb. 1-<br />

3)! Die Stadt Wittenberge und weitere Ortschaften<br />

wurden damit vor Überschwemmung bewahrt und<br />

weitere Deichbrüche höchstwahrscheinlich verhindert.<br />

7<br />

1.3 Nach <strong>dem</strong> <strong>Hochwasser</strong><br />

Abb. 1-4 Neubaugebiet<br />

in der überfluteten<br />

Aue von Dresden-Cossebaude.<br />

Zum Teil steht das<br />

Wasser bis ans<br />

Dach. Ähnlich wie<br />

hier in Cossebaude<br />

wurde in den 1990er<br />

Jahren auch in<br />

Röderau-Süd<br />

bedenkenlos in die<br />

Aue gebaut. Röderau-Süd<br />

wird jetzt<br />

als Siedlungsstandort<br />

wieder aufgegeben.<br />

Abriß der<br />

Häuser, Umsiedlung<br />

der Bewohner<br />

und Renaturierung<br />

kosteten Bund und<br />

Freistaat rund 40<br />

Mio. € (Foto Umweltamt<br />

Dresden).<br />

Erst mit <strong>dem</strong> Rückgang des Wassers, wurde der<br />

größte Teil der Schäden erkennbar. Über 25.000<br />

Wohngebäude wurden beschädigt, 200 ganz zerstört.<br />

Unmengen von Sperrmüll mussten in kürzester<br />

Zeit beseitigt, die Häuser, Gärten, Straßen vom<br />

Schlamm gesäubert werden (Abb. 1-5). Allein im<br />

Freistaat Sachsen mussten 406.148 t Sperrmüll<br />

und 270.955 t Schlamm (Abb. 1-6) entsorgt werden.<br />

Während der Aufräumarbeiten kamen Helfer und<br />

andere Betroffene unweigerlich mit <strong>dem</strong> Schlamm<br />

und seinen Inhaltsstoffen in Kontakt. Dieser<br />

Flussschlamm ist eine ernstzunehmende Quelle<br />

Abb. 1-5 Sperrmüll in Pirna (Foto Stephanie Pilick).<br />

“Das <strong>Hochwasser</strong> im August bescherte [allein] der Stadt<br />

[Dresden] Abfallmengen, deren Ausmaße nur im Vergleich<br />

konkret werden. So wurde im Zeitraum von August bis<br />

Oktober <strong>2002</strong> über 64.995 Tonnen Sperrmüll entsorgt. Im<br />

ganzen Jahr 2001 betrug die Menge 15.500 t und von 1998<br />

bis 2001, in drei Jahren insgesamt 64.000 t. Schlamm wurden<br />

25.231 t beseitigt, Sand und Boden 25.282 t. Die<br />

Schadstoffentsorgung in den Monaten August <strong>2002</strong> bis<br />

Oktober <strong>2002</strong> betrug 219 t. Im Jahr 2001 waren es 332 t.<br />

Die Kosten für die Entsorgung der Hinterlassenschaft von<br />

<strong>Elbe</strong> und Weißeritz betragen per 31. Oktober <strong>2002</strong> aktuell<br />

6.037.000 EUR, ein Ansteigen auf 8.000.000 EUR wird eingeschätzt.”<br />

(Quelle: Dresdner Presseamt in 79)


MICHAEL BÖHME, KLAUS OCKENFELD ABSCHNITT 1DIE FLUTKATASTROPHE IM ELBE-EINZUGSGEBIET <strong>2002</strong> IM RÜCKBLICK<br />

Abb. 1-6 Getrockneter Schlamm auf den Elbwiesen in Dresden (25.8.<strong>2002</strong>, Foto Ralf Hirschberger).<br />

infektiöser Keime. Der offensichtlich ausreichend<br />

hygienische Umgang mit dieser Gefahr führte dazu,<br />

dass keine auffällige Häufung von Infektionskrankheiten<br />

in Zusammenhang mit <strong>dem</strong> <strong>Hochwasser</strong><br />

bekannt wurde.<br />

Beschädigte Gebäude wurden repariert oder abgerissen.<br />

Das betraf nicht nur die so heftig von den<br />

Sturzfluten in den Erzgebirgstälern betroffenen<br />

Gemeinden, sondern auch einzelne Häuser in den<br />

großen Flussniederungen, in denen ausgelaufe-<br />

Von Heizölschäden und Nachbarschaftshilfe<br />

... Wenn sich auch hier [in Pötzscha] die Menschen durch<br />

das Zusammenrücken gegenseitig den Rücken stärken, ist<br />

hier noch lange nicht alles ausgestanden. Sieben Häuser<br />

müssen abgerissen werden. Erst Monate, <strong>nach</strong><strong>dem</strong> die<br />

Bewohner wieder eingezogen waren, haben sich Ölschäden<br />

gezeigt, die irreparabel und vor allem gesundheitsschädlich<br />

sind.<br />

20.000-fach über <strong>dem</strong> Normalwert seien in <strong>dem</strong> von ihm<br />

einst bewohnten Haus die Belastungen durch das ausgetretene<br />

Heizöl, erzählt Martin Kupke. Der ehemalige<br />

Oschatzer Superintendent hat sich hier seinen Ruhestandssitz<br />

gewählt. Der bereits eingelagerte Wintervorrat<br />

von 4.500 Litern Öl hatte sich bei Kupkes aus den hochgeschwemmten<br />

Tanks in Haus und Garten ergossen. Vier<br />

Abb. 1-7 Ausgelaufene Öltanks in einem Keller in<br />

Tage stand diese »Brühe«. Nun muss das Haus abgerissen<br />

Röderau-Süd. (Foto Lars Stukenbrock, FW Teningen).<br />

werden. »Bei der Ölproblematik ist staatlicherseits nichts<br />

unternommen worden«, beklagt er. Untersuchungen und<br />

Probebohrungen seien sehr spät und meist auf Privatinitiative erfolgt. Allein das Schwimmbad werde aus hygienischen<br />

Gründen jetzt abgetragen. Die Kontaminierung sei zu groß. Um die privaten Böden kümmere sich niemand,<br />

so Martin Kupke (Quelle: Glaube und Heimat Nr. 32, 10. Aug. 2003, S. 3 in 78)<br />

8


BÖHME M, KRÜGER F, OCKENFELD K, GELLER, W (HRSG, 2005) SCHADSTOFFBELASTUNG NACH DEM ELBE-HOCHWASSER <strong>2002</strong><br />

nes Heizöl so tief in das Mauerwerk eindrang, dass<br />

es nicht mehr entfernt werden konnte. Da, wo eine<br />

Sanierung keinen Erfolg brachte, mussten ganze<br />

Häuser abgerissen und von Grund auf neu gebaut<br />

werden.<br />

In etlichen Gemeinden wie z.B. in Teilen Dresdens<br />

oder Bitterfelds liefen die Keller bereits während<br />

des <strong>Hochwasser</strong>s durch ungewöhnlich hohe<br />

Grundwasserstände voll. Die Grundwasserstände<br />

blieben z.T. lange Zeit, über Wochen und Monate,<br />

so hoch und sanken erst im extrem trockenen Sommer<br />

2003 wieder auf die Normalwerte ab. Manche<br />

Gebäude waren während dieser Zeit durch ’Aufschwimmen’<br />

in ihrer Standfestigkeit bedroht.<br />

Doch dies ist nicht alles. Ein Großteil der während<br />

der Katastrophe deutlich gewordenen Probleme<br />

wirkt bis in die Gegenwart. Dies betrifft vor allem<br />

den Umgang mit und die Vorsorge für zukünftige<br />

<strong>Hochwasser</strong>ereignisse.<br />

Initiativen zur Verbesserung der <strong>Hochwasser</strong>vorsorge<br />

fanden bereits <strong>nach</strong> den Rheinhochwässern<br />

der 1990er Jahre statt (LAWA-Leitlinien für einen<br />

zukunftsweisenden <strong>Hochwasser</strong>schutz, 106),<br />

Novellen des Wasserhaushaltsgesetztes 170).<br />

9<br />

Abb. 1-8 Herausgerissene<br />

Öltanks in der Landschaft<br />

(Foto Egli Engineering).<br />

Umfangreiche <strong>Hochwasser</strong>schutzmaßnahmen wurden<br />

mittlerweile für das Einzugsgebiet der <strong>Elbe</strong><br />

beschlossen (Internationale Kommission zum<br />

Schutz der <strong>Elbe</strong>, 94). Auf nationaler Ebene ist <strong>nach</strong><br />

erneuter Aufbereitung des Wasserhaushaltsgesetzes<br />

(170) und der Erstellung des 5-Punkte Programmes<br />

der Bundesregierung (1) das Gesetz der<br />

Bundesregierung zum vorbeugenden <strong>Hochwasser</strong>schutz<br />

(54, siehe Abschnitt 8.6) in Kraft getreten.<br />

Die hierin angezeigte Verpflichtung zur flächendekkenden<br />

Ausweisung von Überschwemmungsgebieten<br />

in Raumordnungs-, Flächennutzungs- und<br />

Bebauungsplänen sorgt bis in die Gegenwart für<br />

politische Diskussionen.<br />

Die Besiedlungs- und Nutzungspolitik für die Überschwemmungsgebiete<br />

muss die Vielfalt sozioökonomischer<br />

Erfordernisse an die vorhandenen und<br />

in Wandlung befindlichen klimatischen und hydrologischen<br />

Rahmenbedingungen anpassen. Für die<br />

Zukunft bleibt zu wünschen, dass die Abhängigkeit<br />

des Menschen von Naturgegebenheiten im<br />

Bewusstsein bleibt und sich die Fehler der Vergangenheit<br />

nicht wiederholen.


FRANK KRÜGER, WERNER KLEMM, ANNEGRET THIEKEN, HOLGER WEISS, PETER WYCISK ABSCHNITT 2SCHADSTOFF - DEFINITION, HERKUNFT?<br />

Abb. 2-1 Abwassereinleitung in die <strong>Elbe</strong> bei Pirna/Heidenau 1984. Die <strong>Schadstoffbelastung</strong> der <strong>Elbe</strong> nahm bis Mitte<br />

der 1980er Jahre beständig zu. Die hohe Gesamtfracht an organischen Schadstoffen, die bereits aus der ČSSR in die<br />

DDR hereintrieb, wurde allein im Ballungsraum Dresden auf wenigen Kilometern Fließstrecke verdoppelt! Hier Abwässer<br />

der Papierindustrie, im Hintergrund der Schaufelraddampfer ’Karl-Marx’ (Foto Michael Böhme).<br />

2 Schadstoff - Definition, Herkunft?<br />

Frank Krüger, Werner Klemm, Annegret Thieken, Holger Weiss, Peter Wycisk<br />

Unter <strong>dem</strong> Überbegriff Schadstoff werden im Allgemeinen<br />

all jene Stoffe oder Stoffgemische verstanden,<br />

welche die belebte Umwelt, also Menschen,<br />

Tiere und Pflanzen ja sogar ganze Ökosysteme,<br />

negativ beeinträchtigen können. Sie können sich<br />

schädlich auf das Wachstum, die Reproduktion und<br />

den Gesundheitsstatus von Organismen auswirken.<br />

Bei <strong>dem</strong> Begriff "Schadstoff" handelt es sich<br />

um eine Sammelbezeichnung. Eine eindeutige<br />

Definition gibt es nicht.<br />

Schon der Arzt und Naturforscher Paracelsus<br />

(1493-1541) erkannte: "Alle Dinge sind Gift und<br />

nichts ist ohne Gift; allein die Dosis machts, dass<br />

ein Ding kein Gift ist." Er beschreibt damit die Tatsache,<br />

dass viele Stoffe bis zu einem gewissen<br />

Grad keine oder sogar positive Wirkungen haben<br />

können, bei Überschreiten eines Schwellenwertes<br />

jedoch negative Folgen auftreten können. Ein ein-<br />

faches Bespiel dafür ist Nitrat. Nitrat ist ein essentieller<br />

Pflanzennährstoff. Ein Überangebot führt<br />

jedoch zur Eutrophierung mit allen negativen Folgen<br />

für Böden und Gewässer. Selbst das gewöhnlich<br />

eindeutig als Schadstoff bekannte Schwermetall<br />

Quecksilber hat in verschiedenen Varianten<br />

sowohl positive als auch negative Wirkungen.<br />

Paracelsus mischte seinerzeit Quecksilberoxid in<br />

Salben, um damit Syphilis zu heilen. Andererseits<br />

sind Methyl-Quecksilber-Verbindungen schon in<br />

geringsten Konzentrationen hochgiftig für Mensch<br />

und Tier.<br />

Die gesundheitsrelevante Wirkung von Schadstoffen<br />

ist von zahlreichen Faktoren abhängig, z.B.<br />

vom Aufnahmepfad (Aufnahme über die Haut, Nahrung<br />

oder Atemluft), von der chemischen Bindungsform<br />

und der Konzentration des Stoffes, vom aufnehmenden<br />

Organismus etc. Sie wird in den<br />

10


BÖHME M, KRÜGER F, OCKENFELD K, GELLER, W (HRSG, 2005) SCHADSTOFFBELASTUNG NACH DEM ELBE-HOCHWASSER <strong>2002</strong><br />

Das klassische Beispiel: DDT - toxisch, persistent, akkumulierend<br />

DDT ist ein Breitbandinsektizid, d.h. es wirkt gegen<br />

fast alle Insekten und weitere Gliedertiere tödlich,<br />

hat aber gleichzeitig eine relativ geringe akute Toxizität<br />

gegen andere Tiergruppen wie wir Warmblüter<br />

und Pflanzen. Seit den 1940er Jahren wurde DDT<br />

sehr erfolgreich eingesetzt zur Bekämpfung von<br />

Malaria übertragenden Mücken, Läusen (Soldaten<br />

und Schulkinder wurden mit DDT gepudert) und<br />

später ganz allgemein in der Landwirtschaft und im<br />

Wohnbereich zum umfassenden Kampf gegen<br />

alles, was sechs Beine hat („Walliser Maikäferkriege“).<br />

Weltweit wurden riesige Mengen des<br />

Insektizids in der Umwelt verteilt. Nach Plänen der<br />

UNO sollte jedes Land seine eigene DDT-Produktion<br />

bekommen.<br />

Aufkommende Resistenzen bereits Anfang der<br />

1950er Jahre führten zur weiteren Erhöhung der<br />

ausgebrachten Mengen. Nun häuften sich jedoch<br />

Beobachtungen, dass Vögel vom Himmel fielen<br />

und am Boden unter Zuckungen verendeten. Zwar<br />

war die Giftwirkung auf Warmblüter zunächst nur<br />

gering, aber Insektenfresser nahmen über ihre<br />

Nahrung derart große Mengen an Gift auf, dass sie<br />

doch an akuter Vergiftung starben.<br />

Da sich DDT bevorzugt im Fettgewebe anreichert,<br />

akkumulierten die fleischfressenden Glieder der<br />

Nahrungskette immer höhere DDT-Konzentrationen.<br />

Selbst die Pinguine in der Antarktis, wo gar<br />

kein DDT eingesetzt wurde, akkumulierten das<br />

DDT ihrer Nahrungsfische. Greifvögel zertraten<br />

beim Versuch zu brüten ihre Eier, da schon eine<br />

geringe Menge DDT eine hormonähnliche Wirkung<br />

hat, welche die Dicke der Eierschalen verringerte.<br />

Der Wanderfalke stand deswegen kurz vor seiner<br />

Ausrottung. DDT ließ sich auch in der menschlichen<br />

Muttermilch <strong>nach</strong>weisen. Schweizer Emmentalerkäse<br />

war zeitweise für den Export gesperrt,<br />

weil er zuviel DDT enthielt. Die Chemikalie war<br />

über die Nahrungskette fast überallhin gelangt!<br />

Forschungszweigen der Toxikologie, der Umweltchemie<br />

und der Ökologie untersucht und in der<br />

Wissenschaft unter <strong>dem</strong> Begriff Ökotoxikologie<br />

zusammengefasst. Schadstoffe sind ökotoxikologisch<br />

wirksam. Sie sind biologisch aktiv und für einzelne<br />

oder viele Organismengruppen akut oder<br />

chronisch toxisch. Besonders relevant sind zum<br />

einen persistente Schadstoffe, welche schlecht biologisch<br />

abbaubar sind und eine Langzeitgefahr für<br />

die Biospäre darstellen können, und zum andern<br />

solche Schadstoffe, die in der Nahrungskette ange-<br />

11<br />

Rachel Carson machte mit ihrem Buch „The Silent<br />

Spring“ 1962 erstmals breitenwirksam auf diese<br />

Zustände aufmerksam. Die immer klarer werdenden<br />

schädlichen Wirkungen von DDT führten<br />

schließlich dazu, dass seine Anwendung 1972 in<br />

den USA und Kanada und wenig später in den meisten<br />

westlichen Industrienationen verboten wurde.<br />

Dies war ein erster großer Erfolg der aufkommenden<br />

Umweltbewegung. In der DDR wurde DDT<br />

noch bis 1989, in Entwicklungsländern heute immer<br />

noch eingesetzt. Am Chemiestandort Bitterfeld-<br />

Wolfen wurde DDT bis 1973 mit ca. 2500 t/a produziert<br />

(60). Es ist dort heute noch im Grundwasser<br />

<strong>nach</strong>weisbar (151).<br />

DDT wird nicht nur im Fettgewebe von Organismen<br />

akkumuliert, sondern ist gleichzeitig nur schwer<br />

abbaubar. Die Halbwertzeit beträgt 10 bis 20 Jahre,<br />

d.h. <strong>nach</strong> dieser Zeitspanne sind immer noch 50%<br />

der Ausgangsmenge vorhanden. So ging die Konzentration<br />

in der Umwelt nur sehr langsam zurück.<br />

Immerhin wurden die Schalen der Greifvogeleier<br />

wieder fester. Die Bestände der vom Aussterben<br />

bedrohten Adler- und Falkenarten erholten sich<br />

wieder.<br />

Die Geschichte des DDT lehrt, was für synthetische<br />

Wirkstoffe ganz allgemein Gültigkeit hat: Der<br />

Gebrauch einer Substanz sollte schon dann eingeschränkt<br />

werden, wenn erste Hinweise auf eine<br />

Umweltschädigung vorliegen. Wird gewartet, bis<br />

der Nachweis für die negative Wirkung erbracht ist,<br />

kann schon sehr viel Schaden angerichtet sein.<br />

Deshalb werden Chemikalien heute vor ihrer Zulassung<br />

zur Vermarktung mehr oder weniger umfassend<br />

auf mögliche schädliche Wirkungen getestet<br />

und der Gebrauch gefährlicher Substanzen an<br />

strenge Regeln gebunden. Länger bekannte Substanzen<br />

unterliegen dagegen keiner Zulassungspflicht<br />

(vgl. Box Schadstoffe in Muttermilch auf<br />

Seite 36) (<strong>nach</strong> 64).<br />

reichert werden können. Die gefährlichsten Schadstoffe<br />

zeigen alle der oben genannten Eigenschaften<br />

(siehe Box DDT).<br />

"Schadstoffe" treten in unseren Ökosystemen auch<br />

natürlicherweise auf. Geogen natürlich erhöhte<br />

Konzentrationen von Schwermetallen und Arsen in<br />

Erzen beeinflussen Böden und Vegetation. Einzelnen<br />

Organismengruppen scheiden biologisch wirksame<br />

Substanzen aus, wie z.B. das von Blaualgen<br />

synthetisierte Microcystin, das für Warmblüter ein


FRANK KRÜGER, WERNER KLEMM, ANNEGRET THIEKEN, HOLGER WEISS, PETER WYCISK ABSCHNITT 2SCHADSTOFF - DEFINITION, HERKUNFT?<br />

gefährliches Nerven- und Lebergift darstellt. Das ist<br />

ein Grund, weshalb Blaualgenblüten Jahr für Jahr<br />

zu Badeverboten an unseren Gewässern führen.<br />

Schadstoffe werden <strong>nach</strong> verschiedenen Kriterien<br />

eingeteilt. Zum einen kann man, wie oben erwähnt,<br />

eine natürliche und im Gegensatz dazu die künstliche,<br />

vom Menschen verursachte (=anthropogene)<br />

<strong>Schadstoffbelastung</strong> unterscheiden. Zum andern<br />

kann man auch die Schadstoffe selbst in natürliche,<br />

also in der Natur vorkommende, und künstliche,<br />

xenobiotische Schadstoffe unterteilen. Beide Gruppen<br />

können chemisch verwandte Stoffe enthalten.<br />

Manche künstliche Schadstoffe können jedoch<br />

auch völlig andere Strukturen und Wirkmechanismen<br />

aufweisen. Auf diese ist die Natur nicht vorbereitet,<br />

weshalb solche Xenobiotika teilweise extrem<br />

wirksam und sehr langlebig sein können (fehlender<br />

biologischer Abbau, da kein Bakterium mit diesen<br />

Stoffen etwas anfangen kann).<br />

Eine andere Unterteilung der Schadstoffe bezieht<br />

sich auf ihren Chemismus und teilt sie in anorganische<br />

und organische Schadstoffe ein:<br />

• Anorganische Schadstoffe:<br />

- Natürlichen Ursprungs - z.B. Erze oder vulkanische<br />

Stoffe, Gesteinsstäube usw.<br />

- Anthropogen - wie z.B. viele Anteile am Feinstaub,<br />

Kunstdünger oder diverse Stickoxide<br />

und Schwermetalle.<br />

• Organische Stoffe besitzen fast immer ein chemisches<br />

Gerüst aus Kohlenstoff- und Wasserstoffatomen,<br />

in das oft andere Elemente eingebaut<br />

sind. Sie werden ihrerseits oft in die o.g. Kategorien<br />

natürlich und künstlich klassifiziert:<br />

- Natürlich-organische Schadstoffe - z.B. Giftstoffe<br />

von Pilzen, Algen und anderen biologischen<br />

Quellen<br />

- Anthropogen-organische Gifte wie beispielsweise<br />

PCB (Poly-Chlorierte Biphenyle) und<br />

HCH (Hexa-Chlor Cyclohexan, Lindan)<br />

Im Folgenden werden typische anorganische und<br />

organische Schadstoffvorkommen im <strong>Elbe</strong>einzugsgebiet<br />

diskutiert, die eine anthropogen (d.h. durch<br />

menschliche Tätigkeit) bedingte Anreicherung im<br />

Flussökosystem <strong>Elbe</strong> erfahren haben.<br />

2.1 Herkunft anorganischer Schadstoffe/<br />

Schwermetalle und Arsen<br />

In der <strong>Elbe</strong> treten zahlreiche natürliche und anthropogene,<br />

organische und anorganische Schadstoffe<br />

auf, deren Herkunft vielfältig ist.<br />

Natürlich vorkommende und ab bestimmten Konzentrationen<br />

toxisch wirksame Elemente, wie beispielsweise<br />

Arsen oder Schwermetalle wie Quecksilber,<br />

Blei, Cadmium, Uran und Kupfer, finden sich<br />

Cadmium in µg/g Quecksilber in µg/g<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

35<br />

30<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

1984<br />

1984<br />

Schnackenburg<br />

Magdeburg<br />

1985<br />

1986<br />

1987<br />

1988<br />

1989<br />

1990<br />

1991<br />

1992<br />

1993<br />

1994<br />

1995<br />

1996<br />

1997<br />

1998<br />

1999<br />

2000<br />

2001<br />

<strong>2002</strong><br />

2003<br />

Abb. 2-2 Zeitliche Entwicklung der Quecksilbergehalte in<br />

Gewässersedimenten der <strong>Elbe</strong> bei Schnackenburg und<br />

Magdeburg (Daten 18).<br />

1985<br />

1986<br />

1987<br />

1988<br />

1989<br />

1990<br />

1991<br />

1992<br />

1993<br />

1994<br />

1995<br />

1996<br />

1997<br />

1998<br />

1999<br />

2000<br />

2001<br />

<strong>2002</strong><br />

2003<br />

Abb. 2-3 Zeitliche Entwicklung der Cadmiumgehalte in<br />

Gewässersedimenten der <strong>Elbe</strong> bei Schnackenburg und<br />

Magdeburg (Daten 18).<br />

im gesamten <strong>Elbe</strong>-Einzugsgebiet. Sie wurden aus<br />

den <strong>Elbe</strong>-begleitenden Mittelgebirgsregionen (Riesengebirge,<br />

Böhmerwald, Adlergebirge, Isergebirge,<br />

Erzgebirge, Harz) schon immer durch Windund<br />

Wassererosion abgetragen. Die Stoffe gelangen<br />

zunächst in die Nebenflüsse und anschließend<br />

in die <strong>Elbe</strong> selbst. Sie werden entsprechend der<br />

jeweiligen Flussdynamik teils abgelagert, teils weitergespült<br />

und verursachen auch ohne menschliche<br />

Aktivität die sogenannte geogene Hintergrundbelastung<br />

im Gewässer. Aber auch die<br />

anthropogen bedingten Schadstoffeinträge wirken<br />

teilweise schon über Jahrhunderte. Seit der<br />

Mensch gezielt Metalle verwendet, wurden Erze<br />

bergbaulich gefördert und oftmals schon am<br />

Gewinnungsort verarbeitet. Die entsprechenden<br />

Spülwässer, der anfallende Abraum, sowie die<br />

Abfallprodukte der Verhüttung stellen bedeutende<br />

Quellen für Schwermetalle und Arsen dar. Dies<br />

führt dazu, dass sich zur oben genannten geogenen<br />

Hintergrundbelastung anthropogen freigesetzte<br />

Metallbelastungen addieren. Auch heute<br />

noch wirken sie als weit verbreitete diffuse Schadstoffquellen<br />

in den Mittelgebirgsregionen des <strong>Elbe</strong>-<br />

Einzugsgebietes.<br />

12


BÖHME M, KRÜGER F, OCKENFELD K, GELLER, W (HRSG, 2005) SCHADSTOFFBELASTUNG NACH DEM ELBE-HOCHWASSER <strong>2002</strong><br />

Tab. 2-1 Schwermetall- und Arseneinträge in Oberflächengewässer des deutschen <strong>Elbe</strong>einzugsgebietes (156).<br />

Schadstoff Eintrag in die<br />

davon (alle Angaben in %):<br />

Gewässer in Summe aller<br />

t/a diffusen<br />

Urbane<br />

Quellen Erosion Flächen Weitere diffuse Quellen<br />

Arsen 25 96 33 7 Grundwasser (49%)<br />

Blei 75 86 40 37<br />

Cadmium 3 72 17 31 Historischer Bergbau (16%)<br />

Chrom 60 92 53 17 Dränage (15%)<br />

Kupfer 180 85 37 33<br />

Quecksilber 1 84 17 33 Atmosphärische Deposition (15%)<br />

Nickel 120 88 18 11 Grundwasser (43%)<br />

Zink 700 90 19 52<br />

Diffuse Schadstoffquellen für Schwermetalle sind<br />

neben alten Halden und Tailings (zur Ablagerung<br />

und Trocknung schlammartiger Rückstände) des<br />

Bergbaus auch Straßenabläufe, Mischwasserkanäle,<br />

Grundwasserzuströme, Luftdepositionen und<br />

Erosionen von landwirtschaftlichen Flächen. Sie<br />

13<br />

Bergbaureviere und Erzgänge<br />

im Erzgebirge<br />

Legende<br />

Zwickau<br />

Bergbaureviere<br />

Wasserscheide<br />

Fluorit-Quarz-Assoziation<br />

Hämatit-Baryt-Assoziation<br />

Karbonat-Antimonit-Assoziation<br />

Karbonat-Antimonit/<br />

Quarz-Arsenid-Assoziation<br />

Karbonat-Sulfid-Assoziation<br />

Kassiterit-Sulfid-Assoziation<br />

Quarz-Hämatit-Assoziation<br />

Quarz-Sulfid-Assoziation<br />

Quarz-Wolframit-Assoziation<br />

Baryt-Fluorit-Assoziation<br />

Glauchau<br />

Zwickauer Mulde<br />

Schneeberg<br />

Ag Co Ni<br />

Fe Mn Sn<br />

Ag Co U<br />

Aue<br />

Schwarzwasser<br />

Chemnitz<br />

Chemnitz<br />

Würschnitz<br />

UAsCo<br />

Zwönitz<br />

Schwarzenberg<br />

Fe<br />

Johanngeorgenstadt<br />

Zschopau<br />

UZnSn<br />

sind in ihrer Summe derzeit weit größer als die<br />

direkten Einleitungen von Schwermetallen und<br />

Arsen aus Punktquellen (156). Tab. 2-1 verdeutlicht<br />

den Anteil diffuser Schwermetall- und Arseneinträge<br />

in Oberflächengewässer des deutschen <strong>Elbe</strong>einzugsgebietes.<br />

Sn W<br />

Zschopau<br />

Zschopau<br />

Flöha<br />

Striegis<br />

Flöha<br />

Annaberg-Buchholz<br />

Ag Co U<br />

Freiberg<br />

Ag Pb Zn As Cd<br />

AgUSn<br />

Marienberg<br />

0<br />

5<br />

Freiberger Mulde<br />

km<br />

10<br />

Bobritzsch<br />

15<br />

N<br />

20<br />

TU Bergaka<strong>dem</strong>ie Freiberg<br />

Institut für Mineralogie<br />

Abb. 2-4 Übersicht über Mineralisationen, Bergbaureviere und deren umweltrelevanten Elementinhalte im Erzgebirge<br />

(26).


Konzentration in mg/kg<br />

FRANK KRÜGER, WERNER KLEMM, ANNEGRET THIEKEN, HOLGER WEISS, PETER WYCISK ABSCHNITT 2SCHADSTOFF - DEFINITION, HERKUNFT?<br />

20000<br />

10000<br />

1000<br />

100<br />

10<br />

Blei<br />

Zink<br />

Arsen<br />

Zinn<br />

Antimon<br />

Uran<br />

2<br />

100 80 60 40 20<br />

Oberlauf<br />

Flusskilometer<br />

0 60 80 100 120 140<br />

Vereini-<br />

Oberlauf<br />

gung Flusskilometer<br />

Freiberger Mulde Zwickauer Mulde<br />

Abb. 2-5 Konzentrationsänderungen von Arsen und<br />

Schwermetallen in Hochflutsedimenten entlang der<br />

Freiberger und Zwickauer Mulde im Oktober <strong>2002</strong>,<br />

Feinfraktion (


BÖHME M, KRÜGER F, OCKENFELD K, GELLER, W (HRSG, 2005) SCHADSTOFFBELASTUNG NACH DEM ELBE-HOCHWASSER <strong>2002</strong><br />

ten über Jahrhunderte ein Zentrum des Erzbergbaus,<br />

der Erzaufbereitung und -verhüttung sowie<br />

der Metallverarbeitung.<br />

Im Verlauf von 800 Jahren wechselten die Elemente,<br />

<strong>nach</strong> denen gesucht wurde. Waren es<br />

zunächst Silber und Zinn, wurden später auch Blei,<br />

Zink, Kobalt, Arsen, Nickel, Wolfram, Molybdän,<br />

Uran sowie die Verbindungen Fluorit und Baryt<br />

abgebaut (Abb. 2-4 auf Seite 13, Tab. 2-2).<br />

Tab. 2-2 Übersicht über die gewonnenen Mengen verschiedener<br />

Wertelemente und ihre noch vorhandenen<br />

Vorräte im sächsischen Teil des Erzgebirges (62).<br />

Wertelement gefördert in kt<br />

erkundete u.<br />

prognostische<br />

Vorräte in kt<br />

Silber 7,97 0,8<br />

Zinn 202 830<br />

Blei 270,8 405<br />

Uran 121,2 66<br />

Zink 117,3 865<br />

Arsen 165 21,4<br />

Eine Begleiterscheinung all dieser Aktivitäten<br />

waren Umweltkontaminationen durch Schwermetalle<br />

und Arsen. Die Dimension und die Intensität<br />

dieser Umweltbelastungen waren eng mit der Entwicklung<br />

der Technologien im Bergbau, in der Erzaufbereitung<br />

und Verhüttung verbunden (2, 167,<br />

168). Durch den Bergbau entstanden offene und<br />

untertägige Grubenhohlräume sowie Berge- und<br />

Aufbereitungshalden, die den Zutritt von Luft und<br />

Feuchtigkeit zu den verbliebenen Erzresten sowie<br />

eine z.T. verbesserte Wegsamkeit für Wässer<br />

bewirkten. Unter diesen Bedingungen erfolgt die<br />

Oxidation der vorwiegend sulfidischen Erze unter<br />

Bildung von Schwefelsäure und wasserlöslichen<br />

Komponenten der Erzbestandteile, die mit den Gruben<br />

bzw. Haldensickerwässern in die Oberflächen-<br />

15<br />

gewässer ausgetragen werden. Besonders hohe<br />

Gehalte an Begleitmineralen enthalten die Rückstände<br />

der Erzaufbereitung, die infolge ihrer Feinkörnigkeit<br />

leicht oxidierbar sind. Abhängig von der<br />

mineralischen Zusammensetzung der Erze und<br />

assoziierten Begleitminerale enthalten die aus den<br />

gefluteten Gruben oder den Tailinghalden ausfließenden<br />

Wässer jeweils typische Elementassoziationen<br />

(Tab. 2-3).<br />

Hinzu kommt eine in der Vergangenheit bedeutsame<br />

Belastung der Atmosphäre. Diese wurde<br />

durch den Hüttenrauch verursacht. Der Hüttenrauch<br />

enthielt Stäube mit hoher Schadstoffkonzentration,<br />

welche in der Umgebung der Hütten wieder<br />

auf den Boden absank. Dies spiegelt sich heute<br />

durch großflächig erhöhte Schadstoffgehalte im<br />

Oberboden der Landschaft wider (128, 163, 164).<br />

Zunächst lagerten sich die Erz- und Begleitelemente<br />

durch den Hüttenrauch auf kleinen Gebieten<br />

in sehr hoher Konzentration ab. Mit der Zunahme<br />

der Produktion und der Zentralisierung der Verhüttung<br />

in verschiedenen Orten, vor allem im Freiberger<br />

Gebiet, wurde der Hüttenrauch zusammen mit<br />

<strong>dem</strong> im Produktionsprozess nicht abgeschiedenen<br />

Staub über immer höhere, nun auf den Anhöhen<br />

gebaute Schornsteine (z.B. Ziegelschornstein Halsbrücke,<br />

Hütte Freiberg, Muldenhütten), auf immer<br />

größere Flächen verteilt. Dies führte zu einer<br />

erheblichen Vergrößerung der belasteten Areale.<br />

Tab. 2-4 auf Seite 17 enthält einen Überblick über<br />

Staubemissionen der Freiberger Hüttenbetriebe,<br />

die das Ausmaß der atmosphärischen Belastung<br />

vor der Wende verdeutlicht.<br />

Starkregenereignisse erodieren in erheblichem<br />

Ausmaß belastetes Bodenmaterial und tragen<br />

ebenfalls maßgeblich zur Belastung der Sedimente<br />

in den Fließgewässern bei. Dabei sind, entsprechend<br />

der geförderten Minerale und deren Begleitstoffe<br />

regionale Unterschiede der Belastung von<br />

Böden und Sedimenten festzustellen (27, 29, 127).<br />

Tab. 2-3 Wichtige Wertelemente, ihre Erzminerale und umweltrelevante Begleitminerale (20) des Bergbaus im Erzgebirge<br />

und ihre Belastungen für den Wasser- und Luftpfad.<br />

Wertkom-ponente Ag Sn (W) Pb U<br />

Erzminerale Ag, PbS(Ag), Ag2S, Ag3AsS3 , Ag3SbS3 SnO2 , (Fe,Mn)WO4 PbS U3O8 , UO2 umweltrelevante<br />

Begleitminerale<br />

CoNi-Arsenide, Pyrit,<br />

Chalkopyrit, Sphalerit,<br />

CoNiFe-Arsenide<br />

FeAsS, FeAs 2 , CaF 2 ,<br />

CoNi-Arsenide<br />

Belastung Gewässer Pb, Zn, Cd, As, Fe SO4 2- , F¯, As, Al, Fe,<br />

Mn, Ni, Co, Cd<br />

Belastung Atmosphäre,<br />

Boden<br />

Beispiele Freiberg, Annaberg,<br />

Schneeberg<br />

ZnS (Cd), Pyrit, Arsenopyrit,<br />

Chalkopyrit,<br />

CoNi- Arsenide<br />

SO4 2- , Pb, Zn, Cd, As,<br />

Fe, Mn<br />

As, Bi, CoNi-Arsenide<br />

SO4 2- , F¯, U, As, Fe,<br />

Ra,<br />

SO 2 , Pb, Zn, Cd, As, As 2 O 3 , SO 2 SO 2 , Pb, Zn, Cd, As lokal begrenzt U, As,<br />

Ra,<br />

Ehrenfriedersdorf,<br />

Altenberg<br />

Freiberg Schlema - Alberoda -<br />

Hartenstein, Pöhla,<br />

Johanngeorgenstadt


FRANK KRÜGER, WERNER KLEMM, ANNEGRET THIEKEN, HOLGER WEISS, PETER WYCISK ABSCHNITT 2SCHADSTOFF - DEFINITION, HERKUNFT?<br />

Abb. 2-6 Schlackenhalden<br />

aus hunderten Jahren Bergbau<br />

in Muldenhütten bei<br />

Freiberg. Hier wurden während<br />

des <strong>Hochwasser</strong>s <strong>2002</strong><br />

ca. 9000 Tonnen hochgradig<br />

Blei- und Arsen-belastetes<br />

Material erodiert (Bilder oben<br />

und mitte). Diese Quelle<br />

führte zu den extremen Konzentrationsspitzen<br />

in den<br />

Sedimenten und Böden<br />

unterhalb von Freiberg, wie<br />

sie für das Beispiel Blei in<br />

Abb. 5-14 dargestellt ist.<br />

Auf <strong>dem</strong> mittleren Bild<br />

erkennt man eine Linie am<br />

Hang. Bis dorthin ’stand’ das<br />

Wasser und spülte alle feineren<br />

Bestandteile aus der<br />

Schüttung in den Fluß. Von<br />

oben rutschte weiteres Material<br />

<strong>nach</strong>.<br />

2004 wurde der Haldenfuß<br />

am Prallhang gesichert.<br />

(Fotos Werner Klemm,<br />

Günther Rank).<br />

16


BÖHME M, KRÜGER F, OCKENFELD K, GELLER, W (HRSG, 2005) SCHADSTOFFBELASTUNG NACH DEM ELBE-HOCHWASSER <strong>2002</strong><br />

Tab. 2-4 Staubemission der Freiberger Hüttenbetriebe<br />

vor 1990 (Angaben in Tonnen/Jahr, zusammengestellt<br />

aus betriebsinternen Unterlagen).<br />

Komponente t/a<br />

Staub<br />

darin<br />

405 - 875<br />

Blei (Pb) 84 - 170<br />

Zink (Zn) 9 - 44<br />

Cadmium (Cd) 1,5 - 3<br />

Arsen (As) 1 - 22<br />

Zinn (Sb) 0,8 - 9,8<br />

Im Gebiet von Ehrenfriedersdorf, wo das im Zinnerz<br />

enthaltene Arsen (Arsenopyrit) vor der eigentlichen<br />

Verhüttung in sogenannten Gifthütten durch<br />

Abrösten als As 2 O 3 entfernt und gewonnen wurde,<br />

werden im Oberboden stellenweise Arsen-Konzentrationen<br />

>2000 mg/kg <strong>nach</strong>gewiesen. Abb. 2-5 auf<br />

Seite 14 zeigt dies und den Konzentrationsverlauf<br />

anderer Schwermetalle in den Hochflutsedimenten<br />

auf Überflutungsflächen entlang der beiden Mulden-Oberläufe.<br />

Abb. 5-14 auf Seite 54 zeigt die<br />

Bleibelastung der Mulde- im Vergleich zu den<br />

Elbauenböden und verdeutlicht die zunehmende<br />

17<br />

<strong>Elbe</strong> Darstellung der Geoindizes <strong>Elbe</strong><br />

Darstellung der Geoindizes<br />

Dessau ! Dessau !<br />

Raguhn Raguhn<br />

! !<br />

Wolfen ! Wolfen !<br />

! !<br />

Bitterfeld Bad Düben Bitterfeld<br />

Bad Düben<br />

! !<br />

! !<br />

Delitzsch Delitzsch<br />

! !<br />

Eilenburg Eilenburg<br />

! !<br />

Wurzen Wurzen<br />

Geoindex <strong>nach</strong> MÜLLER<br />

Geoindex <strong>nach</strong> MÜLLER<br />

(bezogen auf 10 mg/kg)<br />

(bezogen auf 10 mg/kg)<br />

Igeo- bis<br />

Grimma<br />

! Igeo-<br />

bis<br />

Grimma<br />

!<br />

Klasse [mg/kg] Klasse [mg/kg]<br />

0 15 0<br />

15<br />

1<br />

2<br />

3<br />

4<br />

5<br />

30<br />

60<br />

120<br />

240<br />

480<br />

!<br />

Sermuth<br />

Döbeln<br />

!<br />

Nossen<br />

!<br />

Dresden<br />

!<br />

1<br />

2<br />

3<br />

4<br />

5<br />

30<br />

60<br />

120<br />

240<br />

480<br />

!<br />

Sermuth<br />

Döbeln<br />

!<br />

Nossen<br />

!<br />

Dresden<br />

!<br />

6 960 6<br />

960<br />

7 > 960 7 > 960<br />

keine Angaben keine Angaben<br />

Freiberg! Freiberg!<br />

km<br />

0 5 10 15 20<br />

Mulde<br />

Zwickauer Mulde<br />

Arsen<br />

im Flusssediment der<br />

Mulde<br />

und ihrer Nebenflüsse<br />

Chemnitz<br />

Freiberger Mulde<br />

Zschopau<br />

Flöha Flöha<br />

! !<br />

! !<br />

Glauchau Chemnitz Glauchau<br />

Chemnitz<br />

! !<br />

E E<br />

Herbst 1992 Mai 2003<br />

Flöha<br />

Zwickau! Zwickau!<br />

Marienberg Marienberg<br />

! !<br />

Schneeberg<br />

! Aue<br />

! Annaberg-Buchholz<br />

Schneeberg<br />

! Aue<br />

!<br />

Annaberg-Buchholz<br />

! !<br />

! !<br />

Schwarzenberg Schwarzenberg<br />

Johanngeorgenstadt Johanngeorgenstadt<br />

! !<br />

BMBF - Verbundprojekt 1991-1993:<br />

TU Bergaka<strong>dem</strong>ie Freiberg,<br />

Institut für Mineralogie<br />

Universität Hamburg,<br />

Institut für Anorganische und Angewandte Chemie<br />

km<br />

0 5 10 15 20<br />

Mulde<br />

Zwickauer Mulde<br />

Abb. 2-7 Vergleich der Arsen-Belastung im Sediment der Mulde für 1992 und 2003.<br />

Arsen<br />

im Flusssediment der<br />

Mulde<br />

Chemnitz<br />

Freiberger Mulde<br />

Zschopau<br />

Verdünnung der aus <strong>dem</strong> Raum Freiberg kommenden<br />

Kontamination im Verlauf der Fließstrecke.<br />

Nach <strong>dem</strong> <strong>Hochwasser</strong> <strong>2002</strong> wurden besonders<br />

hohe Konzentrationen von As, Pb, Sb und Sn in<br />

den Flutsedimenten gemessen (Abb. 2-5). Hauptursache<br />

hierfür war der Abtrag von ca. 9.000 Tonnen<br />

aus einer Schlackenhalde im Abschnitt Muldenhütten<br />

(nahe Freiberg, Abb. 2-6). Die<br />

flussabwärts zunehmende "Verdünnung" mit unbelastetem<br />

Material zeigt sich für beide Flüsse in den<br />

abnehmenden Konzentrationen für alle Elemente,<br />

so dass im Bereich der Vereinten Mulde z.T. nur<br />

noch moderat erhöhte Werte auftreten.<br />

Der extreme Austrag an belasteten Sedimenten<br />

durch das <strong>Hochwasser</strong> <strong>2002</strong> aus den Belastungsabschnitten<br />

der Freiberger und Zwickauer Mulde<br />

weckte die Erwartung <strong>nach</strong> einem "Reinigungseffekt".<br />

Vergleiche der Belastung in den Teilsystemen<br />

der Mulde zwischen 1992 und 2003 weisen in den<br />

Unterläufen von Freiberger und Zwickauer sowie<br />

der Vereinten Mulde auf eine tendenzielle Verringerung<br />

der Kontamination hin. In den primären Hauptbelastungsabschnitten<br />

von Freiberger und Zwikkauer<br />

Mulde erfolgt jedoch weiterhin eine deutlicher<br />

Flöha<br />

BMBF - Verbundprojekt 2003:<br />

TU Bergaka<strong>dem</strong>ie Freiberg, Institut für Mineralogie<br />

(Daten Freiberger und Zwickauer Mulde)<br />

Universität Hamburg, Institut für Anorganische und<br />

Angewandte Chemie (Daten Vereinigte Mulde)


FRANK KRÜGER, WERNER KLEMM, ANNEGRET THIEKEN, HOLGER WEISS, PETER WYCISK ABSCHNITT 2SCHADSTOFF - DEFINITION, HERKUNFT?<br />

Möglichkeiten zur Reduzierung der <strong>Schadstoffbelastung</strong> im Muldesystem<br />

Die Nachhaltigkeit der Einträge von Schwermetallen<br />

und Arsen auf zwar erhöhtem, Grenzwerte<br />

überschreitenden, jedoch für industrielle Reinigungsanlagen<br />

uneffektiven teurem Niveau, erfordert<br />

neben Maßnahmen zur Reduzierung der Quellen<br />

den Einsatz passiver, kostengünstiger<br />

Sanierungsverfahren. Grubenwässer und Haldensickerwässer<br />

verfügen häufig über hohe Gehalte<br />

an Eisen und Aluminium, und damit über ein erhebliches<br />

"Selbstreinigungspotenzial" (26, 28).<br />

Es ist nämlich möglich, Eisen und Aluminium zur<br />

Ausfällung zu bringen. Bei diesen Ausfällungsreaktionen<br />

kommt es, abhängig von den konkreten geochemischen<br />

Bedingungen zur Entfernung von<br />

Schadstoffen aus der gelösten Phase und zur Festlegung<br />

im Gewässersediment. Vor allem Arsen,<br />

Blei und Zink lassen sich in hohen Konzentrationen<br />

an diesen eisen- und aluminiumhaltigen Niederschlägen<br />

stabil fixieren und durch Sedimentation<br />

aus <strong>dem</strong> Grubenwasser entfernen.<br />

Für die Oxidation des zunächst im Gruben- und<br />

Haldensickerwasser anfallenden Fe II sowie für die<br />

Sedimentation der Eisen- und Aluminium-Hydroxide<br />

sind im jeweiligen Bereich geeignete Bedingungen<br />

zu schaffen, so daß dieser Prozeß ohne<br />

weiteren Aufwand "natürlich" ablaufen kann.<br />

In belasteten Fließgewässsern kann bei ausreichenden<br />

Schwebgehalten ebenfalls eine Verringerung<br />

der Schwermetall- und As-Konzentrationen<br />

erreicht werden. Ein Beispiel für eine natürliche<br />

Eintrag. Es ist keine Verringerung der Gehalte in<br />

den Sedimenten festzustellen. Für Arsen wird in<br />

der Freiberger Mulde sogar eine Erhöhung der<br />

Belastung registriert (Abb. 2-7).<br />

Ein weiteres <strong>Hochwasser</strong> wird die neuen Sedimente<br />

wiederum flussabwärts transportieren. Für<br />

die notwendige Reduzierung dieser Emissionen<br />

aus Bergbauanlagen müssen bauliche und geochemische<br />

Barrieresysteme installiert und genutzt<br />

werden. Der Erosion von belasteten Böden kann<br />

durch Flächenstilllegung und Begrünung deutlich<br />

entgegnet werden. Die Sanierung von Halden in<br />

Ufernähe sollte den Abtrag von belastetem Material<br />

bei <strong>Hochwasser</strong> verhindern.<br />

Nach<strong>dem</strong> hier etwas tiefer eine Quelle hoher anorganischer<br />

Schadstoffeinträge im <strong>Elbe</strong>-Einzugsgebiet<br />

betrachtet wurde, wenden wir uns jetzt der Herkunft<br />

der zweiten Hauptgruppe von Schadstoffen<br />

zu, den organischen Schadstoffe.<br />

Sedimentationsfalle liefert der Muldenstausee bei<br />

Bitterfeld. Tab. 2-5 gibt eine Bilanzübersicht über<br />

den Zeitraum 1992 - 1994 für den Ein- und Austrag<br />

der Schwermetalle und As (173). Die Elemente Fe,<br />

Pb, Cd, Cu, Cr, As, Zn und Co werden zu mehr als<br />

50% aus <strong>dem</strong> Wasser entfernt und in das Sediment<br />

des Stausees eingelagert.<br />

Tab. 2-5 Elementbilanz für den Muldestausee im Zeitraum<br />

08.1992 - 03.10.1994 (173).<br />

Verbleib im<br />

Element Eintrag t/a Austrag t/a Stausee %<br />

As 28 12 57<br />

Pb 43 7 84<br />

Cd 6,1 1,4 77<br />

Co 4,5 2,2 51<br />

Cr 18 5 72<br />

Cu 29 8 72<br />

Ni 33 22 33<br />

U 8,4 4,3 49<br />

Zn 362 175 52<br />

Fe 4871 802 84<br />

Mn 398 265 33<br />

Von Beuge et al. (28) wurde deshalb vorgeschlagen,<br />

diesen natürlichen Reinigungsprozess durch<br />

Umleitung der Mulde durch ein als geochemische<br />

Sedimentationsfalle vorzubereitendes Tagebaurestloch<br />

zu nutzen.<br />

2.2 Herkunft organischer Schadstoffe<br />

Die organischen Gewässerverunreinigungen stammen<br />

ebenfalls sowohl aus diffusen Quellen als<br />

auch aus Punktquellen industrieller Direkteinleiter<br />

und kommunaler Kläranlagen. Im Gegensatz zu<br />

den Schwermetallen gibt es jedoch keine geogen<br />

bedingte Grundbelastung. Alle hier behandelten<br />

organischen Schadstoffe sind anthropogenen<br />

Ursprungs.<br />

Ein weiterer Unterschied zu den anorganischen<br />

Schadstoffen liegt im Belastungszeitraum. Während<br />

die Schwermetalle im Zuge des Erzbergbaus<br />

bereits seit Jahrhunderten in das Gewässersystem<br />

eingetragen werden, ist die Beeinträchtigung mit<br />

der überwiegenden Anzahl organischer Schadstoffe<br />

wesentlich jünger und an die Entwicklung der<br />

chemischen Industrie z.B. für die Produktion von<br />

Kunststoffen, Biozide und Arzneimittel gekoppelt.<br />

Als Beispiel sei hier die Lindanproduktion aus <strong>dem</strong><br />

Bereich Bitterfeld/Wolfen an der Mulde und Fahl-<br />

18


BÖHME M, KRÜGER F, OCKENFELD K, GELLER, W (HRSG, 2005) SCHADSTOFFBELASTUNG NACH DEM ELBE-HOCHWASSER <strong>2002</strong><br />

berg-List bei Magdeburg an der <strong>Elbe</strong> genannt, die<br />

erst in den 1950er Jahren begann und bereits in<br />

den 1980er Jahren wieder eingestellt wurde (vgl.<br />

Abb. 2-13 und Seite 24). Als Stoffquellen kommen<br />

nicht nur die Produktionsstätten in Betracht. Biozide<br />

sind als biologisch aktive Stoffgruppe nahezu<br />

flächendeckend im Einzugsgebiet der <strong>Elbe</strong> eingesetzt<br />

worden, vor allem in der Landwirtschaft. Diese<br />

Schadstoffe bzw. ihre Umwandlungs- und Abbauprodukte<br />

gelangten zum einen über Produktionsabwässer<br />

direkt ins Gewässernetz. Zum anderen werden<br />

Sie aktuell über Erosionsvorgänge im<br />

Einzugsgebiet oder auch über den Austrag mit <strong>dem</strong><br />

Sickerwasser <strong>dem</strong> Fließgewässer wieder zugeführt,<br />

wie es in Abb. 2-8 zu erkennen ist. Gleichzeitig<br />

ist anzumerken, dass die verschiedenen Eintragspfade<br />

unterschiedlich lange wirken. Es ist<br />

einsichtig, dass eine industrielle Direkteinleitung<br />

sofort im Gewässer wirksam werden kann. Über<br />

die Möglichkeit der Festlegung von Stoffen im Sediment<br />

ist aber eine viel längere Wirkungszeit vorprogrammiert.<br />

Ähnliches gilt für erosive Vorgänge im<br />

Einzugsgebiet. Es kann Jahrzehnte und länger<br />

dauern, bis ein erodierter Schadstoff oder dessen<br />

Umwandlungsprodukt das Hauptgewässer erreicht.<br />

Ein weiterer zu bedenkender Eintrag von Schadstoffen<br />

erfolgt über das Grundwasser, wobei auch<br />

hier größere, schwer zu kalkulierende Zeiträume<br />

veranschlagt werden müssen. Bereits für die sehr<br />

mobile Verbindung Nitrat wird mit einer Verweilzeit<br />

von 1 bis 100 Jahren im Grundwasserleiter gerechnet,<br />

bis es in einem Vorfluter erneut austritt und<br />

anschließend deutlich schneller <strong>dem</strong> Hauptgewässer<br />

zugeführt wird. Und so verwundert es auch<br />

nicht, dass Lindanverbindungen (hier β-Hexachlorcyclohexan)<br />

immer noch in den Sedimenten der<br />

<strong>Elbe</strong> anzutreffen sind (Abb. 2-9), obwohl die Lin-<br />

19<br />

Diffuse Quellen<br />

Niederschlag<br />

Versickerung<br />

Grundwasserleiter<br />

Jahre-Jahrhunderte<br />

Erosion<br />

Jahrzehnte-Jahrhunderte<br />

Industrielle und kommunale<br />

Direkteinleiter<br />

Sofort-Jahrzehnte<br />

Abb. 2-8 Eintragspfade und Eintragszeiträume für Schadstoffe<br />

in Gewässer.<br />

�-HCH in µg/kg<br />

200<br />

180<br />

160<br />

140<br />

120<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

1984<br />

1985<br />

1986<br />

1987<br />

1988<br />

1989<br />

1990<br />

1991<br />

1992<br />

1993<br />

1994<br />

1995<br />

1996<br />

1997<br />

1998<br />

1999<br />

2000<br />

2001<br />

<strong>2002</strong><br />

2003<br />

Abb. 2-9 Zeitliche Entwicklung der ß-Hexachlorcyclohexangehalte<br />

in Gewässersedimenten der <strong>Elbe</strong> bei Schnackenburg<br />

und Magdeburg (Daten 18).<br />

dan-Produktion schon vor 23 Jahren eingestellt<br />

wurde.<br />

Darüber hinaus gibt es eine Vielzahl von organischen<br />

Schadstoffen, die lediglich als Begleitprodukt<br />

von Produktionsprozessen entstanden sind, deren<br />

Herstellung also weder geplant noch gewollt war.<br />

Die Entstehung der Dioxine und Furane ist hier einzugruppieren.<br />

Dioxine und Furane stellen ungewollte Nebenprodukte<br />

bei chemischen Chlorierungsreaktionen und<br />

metallurgischen Prozessen dar. Typische Quellen<br />

von Dioxinen, die sich in den Sedimenten der Fließgewässer<br />

im Einzugsgebiet der <strong>Elbe</strong> niedergeschlagen<br />

haben, waren z.B. die Magnesium-Produktionsstätten<br />

in Bitterfeld an der Mulde und<br />

Staßfurt an der Bode/Saale, die bis 1945 in Betrieb<br />

waren (103). Diese Belastungen sind bis heute in<br />

Sedimenten der Nebenflüsse und der <strong>Elbe</strong> wirksam.<br />

Aufgrund der hohen Persistenz dieser Stoffe<br />

ist nicht damit zu rechnen, dass sich die Belastung<br />

der Umwelt in naher Zukunft verringern wird.<br />

Im folgenden Abschnitt geben wir einen Überblick<br />

über die Entwicklung der Bergbau- und Industrieregion<br />

Bitterfeld/Wolfen. Sie steht als Beispiel für die<br />

Entstehung einer bedeutenden industriellen Kontaminationsquelle<br />

im <strong>Elbe</strong>-Einzugsgebiet.<br />

2.2.1 Industriehistorische Entwicklung der<br />

Region Bitterfeld–Wolfen<br />

Die Industrieregion Bitterfeld-Wolfen ist Teil des<br />

Mitteldeutschen Industriedreiecks, das die Zentren<br />

Leipzig, Halle und Bitterfeld einschließt. In Bitterfeld<br />

wurden Braunkohlenflöze seit Mitte des 19. Jahrhunderts<br />

abgebaut. Dies war ausschlaggebend für<br />

die Ansiedlung chemischer Industrie am Ende des<br />

19. Jahrhunderts, die sich in den folgenden Jahrzehnten<br />

zur Großindustrie entwickelte (Abb. 2-10).


FRANK KRÜGER, WERNER KLEMM, ANNEGRET THIEKEN, HOLGER WEISS, PETER WYCISK ABSCHNITT 2SCHADSTOFF - DEFINITION, HERKUNFT?<br />

Bergbau und Chemieindustrie hinterließen schwerwiegende<br />

Veränderungen des Landschaftsraumes<br />

sowie Verunreinigungen von Luft und Boden wie<br />

auch von Oberflächen- und Grundwasser. Diese<br />

Schadstoffe können während eines <strong>Hochwasser</strong>s<br />

remobilisiert werden. Während des <strong>Hochwasser</strong>s<br />

<strong>2002</strong> flossen <strong>nach</strong> zahlreichen Deichbrüchen oberhalb<br />

von Bitterfeld große Wassermengen unkontrolliert<br />

in das bereits zur Flutung vorbereitete Tagebaurestloch<br />

Goitzsche. Dies trug wesentlich zur<br />

<strong>Hochwasser</strong>entlastung der Gebiete im Unterstrom,<br />

z.B. des Chemieparks Bitterfeld und der Stadt Dessau,<br />

bei. Jedoch ergaben sich mit den drastisch<br />

veränderten Grundwasserständen Änderungen der<br />

Ausbreitungsrichtung und -geschwindigkeit der<br />

ausgedehnten Schadstoffblasen im Bitterfelder<br />

Jahresförderung in Mio. t/a<br />

Abb. 2-10 Wolfen-Ost im Jahre 1970, etwa zu der Zeit maximaler Emissionen (aus 33, Foto Seite 207).<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

1840 1860 1880 1900 1920 1940 1960 1980 2000<br />

Untergrund. Um die Komplexität der <strong>Schadstoffbelastung</strong><br />

in der Region Bitterfeld-Wolfen besser zu<br />

verstehen, soll die historische Entwicklung der<br />

Region im Folgenden kurz dargestellt werden.<br />

2.2.1.1 Ansiedlung und Entwicklung von<br />

Chemiebetrieben von 1890 bis heute<br />

Nach<strong>dem</strong> Dampfmaschinen und Pumpen erfolgreich<br />

zur Senkung des Grundwasserspiegels eingesetzt<br />

werden konnten, wurde in der Region Bitterfeld-Wolfen<br />

ab 1839 Braunkohle gefördert. Sie<br />

wurde bis 1993 in großen Mengen über Tage abgebaut<br />

und industriell verwendet (Abb. 2-11).<br />

Abb. 2-11 Braunkohlenförderung<br />

im Bitterfelder Revier<br />

(zusammengestellt aus 108, 110).<br />

20


BÖHME M, KRÜGER F, OCKENFELD K, GELLER, W (HRSG, 2005) SCHADSTOFFBELASTUNG NACH DEM ELBE-HOCHWASSER <strong>2002</strong><br />

Tab. 2-6 Produktionsschwerpunkte der Chemischen Betriebe vor 1945 (125, 4, 61, 47).<br />

Werk Standort Schwerpunkte<br />

CFGE Bitterfeld-Süd anorganische Produkte: z.B. Chlor, Natronlauge, Kalilauge, Phosphor<br />

Schwermetalle<br />

Leichtmetalle: u.a. Aluminium, Magnesium<br />

Stahlveredler: Chrom, Wolfram, Molybdän, etc.<br />

Kunststoffe: vor allem Polyvinylchlorid (PVC)<br />

Elektrochemische Werke<br />

(ab 1920/21 zur CFGE)<br />

AGFA, Wolfen-Farben Greppin /<br />

Wolfen<br />

Zunächst wurden Braunkohlenbriketts hergestellt,<br />

die einen geringeren Wassergehalt, eine höhere<br />

Dichte und damit einen wesentlich höheren Heizwert<br />

als die Rohbraunkohle aufwiesen. Um 1890<br />

begann die chemische Industrie, sich in Deutschland<br />

rasant zu entwickeln, weil Seifen, Papier, Farben<br />

und Textilien sehr gefragt waren. Die Braunkohlevorkommen<br />

und die gute Verkehrsanbindung<br />

(Eisenbahnstrecken Halle-Wittenberg und Leipzig-<br />

Dessau) führten zur Ansiedlung der Elektrochemischen<br />

Werke, Berlin (1893) und der Chemischen<br />

Fabrik Griesheim-Elektron (CFGE, 1894) in Bitterfeld<br />

sowie der Aktiengesellschaft für Anilinfarben,<br />

Berlin (AGFA) in Greppin (1895) und Wolfen<br />

(1909). Die Braunkohle war die wichtigste Energiequelle<br />

für die Chemiebetriebe und wurde überwiegend<br />

in Kraftwerken verfeuert. Im Gegenzug wurden<br />

die großen Aschemengen, aber auch<br />

Produktionsrückstände in ausgekohlte Gruben<br />

ohne Abdichtungsmaßmahmen deponiert (Tab. 2-<br />

7, 61). Die Produktionsbereiche der Betriebe sind<br />

in Tab. 2-6 zusammengestellt.<br />

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts erweiterten die in<br />

der Region angesiedelten Betriebe ihre Produktion<br />

sowohl horizontal in der Angebotsbreite als auch<br />

vertikal durch Einbeziehung aller Schritte von der<br />

Herstellung der Grundchemikalien (z.B. Lösemittel)<br />

bis zu Handelswaren (z.B. Farben, Filme, Waschmittel,<br />

Kunststoffe, Klebstoffe). Durch diesen Prozess<br />

blieben in ganz Deutschland innerhalb von 30<br />

Jahren nur wenige große und kapitalkräftige Chemieunternehmen<br />

übrig, aus denen 1925 der Groß-<br />

21<br />

Bitterfeld-Nord anorganische Produkte: u.a. Chlor, Phosphor<br />

organische Stoffe: u.a. Monochlorbenzen, Monochloressigsäure<br />

Azo- und Anilinfarben<br />

organische Stoffe: u.a. Nitrobenzol, Anilin, Naphtol<br />

Säuren: z.B. Naphtyl-aminsulfonsäuren, Salpetersäure<br />

AGFA, Wolfen-Film Wolfen Filme: Schwarz-Weiß-Filme, Farbfilme, Tonfilme<br />

Magnetbänder<br />

Kunstfasern: Nitrozellulose, Viskose, Acetatseide<br />

Kunststoffe: PVC, Polyamid (PA, Nylon, Perlon, Dederon), Polyacrylnitril<br />

(PAN, Dralon)<br />

konzern IG Farben hervorging. Darin übernahm die<br />

BASF die Firmenvermögen von BAYER,<br />

HOECHST, AGFA, Weiler-ter-Meer sowie der<br />

CFGE und änderte ihren Namen in Interessengemeinschaft<br />

Farbenindustrie Aktiengesellschaft (IG<br />

Farben) (149). Zu den acht Werken der IG Farben<br />

gehörten auch die Werke Wolfen-Film, Bitterfeld<br />

und Wolfen-Farben. In der IG Farben blieben die<br />

Firmennamen erhalten, aber die Werke wurden<br />

gemeinsam organisiert, Forschung, Produktion und<br />

Verkauf rationalisiert und konzentriert (149).<br />

Dadurch konnte die IG Farben auf diversen Gebieten<br />

Innovationen vorweisen (137, 125). Für Bitterfeld-Wolfen<br />

sind die Bereiche der Leichtmetalle,<br />

Kunststoffe und Kunstfasern sowie die Fotoindustrie<br />

relevant.<br />

So wurde zum Beispiel als erste Synthesefaser die<br />

Polyvinylchloridfaser (PVC) aus Vinylchlorid entwickelt.<br />

Ab 1930 wurde PVC unter <strong>dem</strong> Markennamen<br />

Igelit (für weiches PVC) und Vinidur (für hartes<br />

PVC) in Bitterfeld produziert. PVC eignete sich aufgrund<br />

des niedrigen Schmelzpunktes nicht als Textilfaser.<br />

Wegen der hohen Säure- und Alkalibeständigkeit<br />

und der Quellfestigkeit gegenüber Wasser<br />

wurde es vor allem als technische Faser, z.B. als<br />

Filterfaser in der chemischen Industrie, eingesetzt<br />

(125). PVC-Kunststoffe wurden vielseitig verwendet:<br />

als harte Pressmassen, weiche, gummiartige<br />

Werkstoffe, Folien und Fasergrundstoffe. 1934<br />

gelang es, Rohre aus PVC herzustellen. PVC<br />

wurde mit Anteilen von 30-40% an der Produktion<br />

synthetischer Kunststoffe der wichtigste Kunststoff


FRANK KRÜGER, WERNER KLEMM, ANNEGRET THIEKEN, HOLGER WEISS, PETER WYCISK ABSCHNITT 2SCHADSTOFF - DEFINITION, HERKUNFT?<br />

der IG Farben und Bitterfeld mit einem Anteil von<br />

75% der wichtigste Produktionsstandort (125). Als<br />

weitere Faser kam Polyamid als Nylon oder Perlon<br />

sowie später als Dederon auf den Markt. 1941 kam<br />

eine weitere Textilfaser mit <strong>dem</strong> Handelsnamen<br />

Dralon hinzu (125).<br />

Die Exportorientierung und der wirtschaftliche<br />

Erfolg der chemischen Industrie hatte bis 1945, insbesondere<br />

in den beiden Weltkriegen, große<br />

Bedeutung (vgl. 149, 137, 112). Die Chemie konnte<br />

die wenigen Rohstoffe in viele verkaufsfähige Substanzen<br />

verwandeln und damit die schmale Rohstoffbasis<br />

in Deutschland ausgleichen (149). Dies<br />

ermöglichte nicht nur, unabhängiger von ausländischen<br />

Rohstoffen zu werden, sondern auch den<br />

natürlichen Rohstoffmarkt mit synthetischen Produkten<br />

zu verändern.<br />

Nach <strong>dem</strong> zweiten Weltkrieg wurde der Auslandsbesitz<br />

der IG Farben eingezogen, die Patente veröffentlicht<br />

und das Unternehmen liquidiert. Die Produktionseinheiten<br />

der IG Farben unterstanden den<br />

Besatzern der jeweiligen Zone, Bitterfeld-Wolfen<br />

somit vom 14./15.04.1945 bis 30.06.1945 der amerikanischen,<br />

ab 01.07.1945 der sowjetischen<br />

Macht.<br />

In der sowjetischen Besatzungszone wurden die<br />

IG-Farben-Werke entweder <strong>dem</strong>ontiert oder in<br />

"Sowjetaktiengesellschaften" (SAG) eingebracht.<br />

(137). 1952 wurden die ehemaligen Werke der<br />

CFGE als VEB Elektrochemisches Kombinat Bitterfeld<br />

(EKB) und die ehemalige AGFA-Farbenfabrik<br />

als VEB Farbenfabrik Wolfen an die DDR überge-<br />

Abb. 2-12 Altdeponien<br />

und Altbergbau im Raum<br />

Bitterfeld.<br />

ben. Das EKB wurde 1969 mit der Farbenfabrik<br />

Wolfen zum VEB Chemiekombinat Bitterfeld (CKB)<br />

vereinigt. Die Filmfabrik wurde 1954 als VEB Filmund<br />

Chemiefaserwerk AGFA Wolfen Staatsbetrieb.<br />

Unter Druck der DDR-Regierung kündigte die Filmfabrik<br />

1963 das Warenzeichen-Abkommen mit <strong>dem</strong><br />

AGFA-Werk in Leverkusen und führte das Warenzeichen<br />

ORWO (ORriginal WOlfen) ein.<br />

Die Produktion entwickelte sich zunächst nur langsam,<br />

da es Rohstoffprobleme, Absatzschwierigkeiten,<br />

technische Störungen und Stromeinschränkungen<br />

gab (61). Dies änderte sich mit <strong>dem</strong><br />

Chemieprogramm von 1958, das eine Verdopplung<br />

der chemischen Produktion bis 1965 und eine wirtschaftliche<br />

Vernetzung mit den Ostblockstaaten<br />

vorsah. In diesem Zuge wurde die traditionelle,<br />

aber besonders umweltbelastende Karbochemie<br />

(auf Braunkohle basierend) ausgebaut und die<br />

Petrochemie (auf Erdöl basierend) in den Bezirken<br />

Halle und Leipzig aufgebaut.<br />

Nach 1970 wurden in Bitterfeld-Wolfen die Standorte<br />

der Vorkriegszeit um Flächen westlich von<br />

Greppin mit neuen Industrieanlagen erweitert, so<br />

dass eine geschlossene industrielle Zone zwischen<br />

Bitterfeld und Wolfen entstand. 1989 nahm das<br />

CKB 849 ha mit 115 km Gleisanlagen und über 50<br />

km Rohrbrücken, die Filmfabrik 339 ha ein (39).<br />

Nach und <strong>nach</strong> wirkte sich das Alter der Anlagen<br />

negativ auf die Effizienz der Produktion und auf die<br />

Belastung der Umwelt aus. Bei zu hohen Kosten<br />

und mit großem Personalaufwand wurde trotz<strong>dem</strong><br />

ein breites Produktspektrum angeboten: anorgani-<br />

22


BÖHME M, KRÜGER F, OCKENFELD K, GELLER, W (HRSG, 2005) SCHADSTOFFBELASTUNG NACH DEM ELBE-HOCHWASSER <strong>2002</strong><br />

Tab. 2-7 Aufschluss, Ende und umweltrelevante Folgenutzung einiger Braunkohlengruben um Bitterfeld und Wolfen<br />

(zusammengestellt aus 109, 108, 32).<br />

Grube/Tagebau<br />

sche und organische Grundstoffe, Metalle, Ionenaustauscher,<br />

Pflanzenschutzmittel (Biozide), Farbstoffe,<br />

Kunststoffe, Waschmittel und<br />

Synthesefasern sowie andere Konsumgüter. Insgesamt<br />

wurden im CKB über 4500 verkaufsfähige<br />

Produkte hergestellt (61).<br />

23<br />

Aufschluß<br />

Grube Auguste (später Freiheit III und IV) 1839 1950 /<br />

1954<br />

Förder<br />

-ende Folgenutzung<br />

von 1957/58 bis 1991 (Sondermüll-) Deponie für Bauschutt<br />

und Fabrikationsreste des Chemischen Kombinats<br />

Bitterfeld (im Liegenden der Deponie ist z.T. Ton vorhanden),<br />

Grubenwassereinigung; kleine Restseen<br />

Grube Richard 1842 1944 im Restloch zwischen Ramsiner Str. und Pfingstanger<br />

zeitweise Verspülung von Kohletrübe aus Brikettfabrik,<br />

heute Baumbewuchs<br />

Grube Johannes bei Wolfen (Nr. 6), ab<br />

1871 Greppiner Werke<br />

Grube Greppin (Nr. 79), ab 1871 Greppiner<br />

Werke<br />

Grube Antonie, ab 1916 Zusammenschluss<br />

mit Marie<br />

Grube Marie, ab 1916 Zusammenschluss<br />

mit Antonie<br />

1845 1871 /<br />

1931<br />

1850 1859 /<br />

1931<br />

Grube Louise 1872 1930 /<br />

1944<br />

Grube Hermine 1874 /<br />

1875<br />

Grube Friedrich III, später Auguste-Süd,<br />

1930 Markscheidung mit Auguste, ab<br />

1948 Neuaufschluß als Tagebau Freiheit<br />

IV (1948-1954) mit Großraumförderung<br />

Feststoff- und Flüssigkeitsdeponie der Filmfabrik, seit<br />

1935 Abwassereinleitungen (Silbersee)<br />

Deponie der Farbenfabrik, Aschedeponie des Kraftwerks<br />

der Farbenfabrik (1918-1955)<br />

1870 1935 HCH-Deponie des Chemischen Kombinats Bitterfeld<br />

1871 1935 Ascheverspülung aus <strong>dem</strong> Kraftwerk Süd, Absetzbecken<br />

für wassergetragene Schwebstoffe<br />

1888 1930 /<br />

1954<br />

Ascheverspülung aus <strong>dem</strong> Kraftwerk Süd, möglicherweise<br />

Fabrikationsreste aus der chemischen Produktion<br />

1941 Ascheverspülung aus <strong>dem</strong> Kraftwerk Thalheim und <strong>dem</strong><br />

Kraftwerk der Filmfabrik Wolfen; Ablagerung von Produktionsrückständen<br />

aus der Filmfabrik Wolfen<br />

Aschedeponie des Kraftwerks Süd (1955-1990) über<br />

Aschefernleitung, Restseen<br />

Grube Theodor: ab 1948 Freiheit II. 1907 1951 Verkippung aus <strong>dem</strong> Tagebau Pistor & Freiheit IV; Rekultivierung;<br />

wild abgelagerte Hausmüllkippe<br />

Grube Stakendorf 1923 1943 Restsee von 12 ha, teilweise Verspülung von Abraum<br />

aus <strong>dem</strong> Tagebau Thalheim-West, <strong>nach</strong> 1945 Asche-<br />

und Bauschuttdeponie der deutschen Reichsbahn an der<br />

Ostseite, an der Westseite bis 1991 Strandbad<br />

Grube Karl Ferdinand Nord, ab 1948 Hermann<br />

Fahlke<br />

Tagebaue Goitsche und Rösa 1949 1991/<br />

1993<br />

1946 1951 bis 1967 Deponie der Deutschen Reichbahn für Asche<br />

und Bauschutt, <strong>nach</strong> 1970 Gargen des 1. Sandersdorfer<br />

Neubaugebietes, <strong>nach</strong> 1990 Gewerbegebiet, bis 1990<br />

Ascheverspülung im Restloch aus <strong>dem</strong> Kraftwerk der<br />

Filmfabrik Wolfen<br />

Rekultivierung mit den Tagebauen Holzweißig Ost und<br />

West zum Erholungs- und Naturschutzgebiet Goitzsche;<br />

Restsee von 24 km²<br />

Tagebau Muldenstein 1951 1975 Rekultivierung zum Muldestausee, Flutung durch Mulde<br />

<strong>nach</strong> ihrer Verlegung (6,1 km²), Sedimentfalle zum Rückhalt<br />

eines Teils der Schwermetalle aus <strong>dem</strong> Erzgebirge<br />

Mit der politischen Wende 1989/90 wurden die<br />

Chemiekombinate aufgelöst; man bildete die Chemie<br />

AG Bitterfeld-Wolfen (CAG) und die Filmfabrik<br />

Wolfen AG (115). Die Liquidation der Filmfabrik<br />

Wolfen wird seit 1994 von der Wolfener Vermögensverwaltung<br />

i.L. AG (WVV) durchgeführt. Dane-


FRANK KRÜGER, WERNER KLEMM, ANNEGRET THIEKEN, HOLGER WEISS, PETER WYCISK ABSCHNITT 2SCHADSTOFF - DEFINITION, HERKUNFT?<br />

Produktion in t/a<br />

12000<br />

10000<br />

8000<br />

6000<br />

4000<br />

2000<br />

0<br />

1968 1970 1972 1974 1976 1978 1980 1982<br />

ben entstand 1994 die Bitterfelder Vermögensverwaltung<br />

Chemie GmbH (BVV).<br />

Durch die Währungsumstellung und den Wegfall<br />

traditioneller Märkte bei gleichzeitiger Konfrontation<br />

mit <strong>dem</strong> Weltmarkt waren viele Betriebe nicht mehr<br />

wettbewerbsfähig. Die fehlende Konkurrenzfähigkeit<br />

vieler Ostprodukte und die Privatisierung<br />

kamen erschwerend hinzu (39). So wurden in Bitterfeld-Wolfen<br />

flächenhaft veraltete Anlagen stillgelegt<br />

und abgebrochen: Von den ursprünglich 90<br />

Anlagen waren 1991 bereits 40 stillgelegt (93).<br />

Nach<strong>dem</strong> belastete Betriebsflächen saniert waren<br />

(vgl. 111), versuchte man, chemische Industrie mit<br />

modernen Anlagen sowie Gewerbe- und Dienstleistungsbetriebe<br />

im Chemiepark Bitterfeld und im<br />

Industriepark Wolfen-Thalheim (seit 1997/98 ChemiePark<br />

Bitterfeld-Wolfen) neu anzusiedeln (vgl.<br />

39). Die gute Infrastruktur in Bitterfeld (Vernetzung<br />

der Betriebe, Anlagen zur Produktion von Chlor<br />

und Phosphor) und die Chemieakzeptanz sorgten<br />

dafür, dass sich bis 1999 schon 200 neue Firmen<br />

niedergelassen hatten (Abb. 2-15).<br />

2.2.1.2 Standortkennzeichen: Chlorchemie<br />

Bestimmend für die Region Bitterfeld-Wolfen ist die<br />

Chlorchemie. Die Elektrochemischen Werke und<br />

die CFGE bauten bereits 1894 Anlagen zur Chloralkali-Elektrolyse.<br />

Darin werden Natronlauge und<br />

Chlorgas erzeugt. Natronlauge wurde vor allem in<br />

der Seifenproduktion gebraucht. War das Chlorgas<br />

zu Beginn des 20. Jahrhunderts noch ein Abfallprodukt,<br />

hingen am Ende des 20. Jahrhunderts über<br />

60% der chemischen Industrie (bezogen auf den<br />

Umsatz) direkt oder indirekt vom Chlor ab. Zwei<br />

Drittel der Produkte sind letztlich nicht mehr chloriert,<br />

werden aber über chlorierte Zwischenprodukte<br />

hergestellt (158). Mittlerweile hat sich die<br />

Absatzlage umgedreht: Der Markt und Absatz<br />

chlororganischer Produkte ist weltweit so groß,<br />

technisches HCH (DDR)<br />

technisches HCH (CKB)<br />

Lindan (DDR)<br />

Lindan (CKB)<br />

Abb. 2-13 Produktion von technischem<br />

HCH und Lindan im Chemiekombinat<br />

Bitterfeld (CKB) und in der<br />

DDR insgesamt (Daten 60).<br />

dass die riesigen Mengen an Natronlauge kaum zu<br />

verwerten sind (166).<br />

Das EKB/CKB war der größte Chlor- und Chlorprodukterzeuger<br />

der DDR. Dort produzierte man etwa<br />

die Hälfte des Chlorgases. Mit <strong>dem</strong> größten Teil<br />

des Chlorgases wurden in Bitterfeld-Wolfen leichtflüchtige<br />

halogenierte Kohlenwasserstoffe (LHKW)<br />

hergestellt, während die Produktion von Chloraromaten<br />

stetig abnahm (60). Diese Substanzen werden<br />

z.B. als Lösemittel eingesetzt, sind aber auch<br />

Zwischenprodukte bei der Herstellung anderer<br />

Stoffe, wie Farbstoffe oder Pestizide. Aufgrund der<br />

Stoffvielfalt ist es unmöglich, alle möglichen Ausgangs-,<br />

Zwischen- und Endprodukte und deren<br />

Produktionsmengen zu erfassen. Besondere Aufmerksamkeit<br />

soll jedoch das Pestizid Lindan<br />

(Hexachlorcyclohexan, HCH) erhalten, da es in Bitterfeld<br />

in großen Mengen produziert wurde und aufgrund<br />

seiner schlechten Abbaubarkeit und großer<br />

Mengen Produktionsabfälle eine hohe Umweltrelevanz<br />

besitzt.<br />

Hexachlorcyclohexan wurde von Michael Faraday<br />

1825 erstmals hergestellt und kann in acht verschiedenen<br />

Isomeren vorliegen. Eine insektizide<br />

Wirkung hat jedoch nur das gamma-Isomer<br />

(γ-HCH). Dies wurde <strong>nach</strong> von der Linden, der es<br />

1912 aus einem technischen Gemisch isolierte,<br />

Lindan genannt. Hergestellt wird HCH aus Benzen,<br />

das unter UV-Strahlung chloriert wird. Da dabei fünf<br />

der acht möglichen Isomere entstehen, enthält<br />

technisches HCH nur zu 9-18% das gamma-Isomer.<br />

Die anderen Isomere wurden fast ausschließlich<br />

deponiert, in Bitterfeld zum größten Teil in der<br />

Grube Antonie (vgl. Abb. 2-12). Die Produktion von<br />

technischem HCH und Lindan erfolgte im CKB bis<br />

1982, die Mengen sind Abb. 2-13 zu entnehmen.<br />

Aufgrund der hohen Produktionsrückstände ist der<br />

Verunreinigung von Boden und Grundwasser mit<br />

HCH besondere Aufmerksamkeit zu schenken.<br />

24


BÖHME M, KRÜGER F, OCKENFELD K, GELLER, W (HRSG, 2005) SCHADSTOFFBELASTUNG NACH DEM ELBE-HOCHWASSER <strong>2002</strong><br />

2.2.1.3 Umweltbelastungen<br />

Nach 1989/90 wurde die Region Bitterfeld-Wolfen<br />

erstmalig umfassend hinsichtlich ihrer stofflichen<br />

Belastungen untersucht. Während sich die Qualität<br />

der Luft und der Fließgewässer in wenigen Jahren<br />

deutlich verbessert hat, ist die Erfassung und<br />

Beseitigung von Schadstoffen in Boden und Grundwasser<br />

weitaus komplexer und von größerer<br />

Dauer. Ein Großteil der im Produktionsprozess<br />

angefallenen Abwässer wurden über den Schachtgraben<br />

und das Spittelwasser der Mulde zugeführt<br />

(Abb. 2-14). Regelmäßige Überflutungen haben<br />

eine erhebliche Belastung der Niederungen in<br />

Abhängigkeit von ihrer Überschwemmungshäufigkeit<br />

(133) verursacht. So sind die erheblichen aktuellen<br />

DDT- und HCH-Befunde in der Spittelwasserniederung<br />

eindeutig Altablagerungen der Pestizidproduktion<br />

des Chemiekombinates Bitterfeld<br />

zuzuordnen (141).<br />

Weiterhin sind die natürlichen Grundwasserverhältnisse<br />

durch mit Innenkippen gefüllte Tagebaurestlöcher,<br />

vorhandene Abbauhohlformen (v.a. Goitzsche)<br />

sowie ein sich ständig änderndes<br />

Wasserhaltungsregime in den verschiedenen Restlöchern<br />

und Restlochdeponien stark gestört. Einen<br />

Eindruck über das Ausmaß vermittelt Abb. 2-12.<br />

25<br />

Abb. 2-14 Die Spittelwasserniederung bei Jeßnitz.<br />

Hochgradig belastet mit Rückständen der Pflanzenschutzmittelproduktion,<br />

gilt es in dieser Gegend dennoch<br />

als Kleinod der Natur (Foto Frank Krüger).<br />

Die über mehr als 100 Jahre andauernden Einträge<br />

von Stoffen aus Produktionsbetrieben, unabgedichteten<br />

Deponien, Produktleitungs- und Umschlagverlusten<br />

sowie Havarien haben eine komplexe<br />

Verunreinigung der Böden und des Grundwassers<br />

bewirkt. Aus den recherchierten Produktionspaletten,<br />

Rohstoff- und Zwischenproduktlisten, den<br />

Genehmigungsunterlagen für die Verbringung von<br />

Abb. 2-15 Bitterfelder Revier heute: Industriebrachen, Sanierungsgebiete und neue Produktionsanlagen<br />

Das Luftbild ist aus <strong>dem</strong> Jahr 1999 (Foto Bertram Kober, Punctum).


FRANK KRÜGER, WERNER KLEMM, ANNEGRET THIEKEN, HOLGER WEISS, PETER WYCISK ABSCHNITT 2SCHADSTOFF - DEFINITION, HERKUNFT?<br />

Abfällen der DDR-Bezirksämter sowie aus den plakativen<br />

Bezeichnungen für produktions- oder entsorgungstechnische<br />

Standorte wie das "Säureeck",<br />

die "Säurekreuzung", der "Silbersee" (ohne Silbergehalt),<br />

der "Titansee", die "Phosphorgruben" oder<br />

der "Chromteich" ließen sich verlässliche Parameterlisten<br />

für Grundwasser- und Bodenuntersuchungen<br />

ableiten. Die Grundwasseruntersuchungen<br />

haben ergeben, dass über 200 Mio. m³ Grundwasser<br />

auf einer Fläche von ca. 25 km² mit einem weiten<br />

Spektrum von Schadstoffen verunreinigt sind<br />

und als eigenständiger Schadensherd betrachtet<br />

werden müssen (120).<br />

Da herkömmliche Verfahren zur Grundwassersanierung<br />

bei solchen großräumigen Verunreinigungen<br />

leider nur einen geringen Wirkungsgrad erreichen,<br />

entwickelt das Forschungsprojekt SAFIRA<br />

(Sanierungsforschung in regional kontaminierten<br />

Aquiferen) neue passive In-situ-Verfahren zur<br />

Grundwasserreinigung und untersucht in einem<br />

Teilprojekt die Möglichkeiten ihrer ökologisch verträglichen<br />

Implementierung.<br />

2.2.1.4 Ausblick<br />

Die Betrachtung der Entwicklungsgeschichte der<br />

Industrieregion Bitterfeld/Wolfen verdeutlicht, dass<br />

im Laufe der Zeit eine schier unübersichtliche<br />

Anzahl verschiedenster Stoffe produziert und auch<br />

in die Gewässer eingeleitet worden sind. Dem tra-<br />

gen heute amtliche Überwachungsorgane mit<br />

einem umfangreichen Monitoringprogramm zur<br />

Überwachung der Gewässergüte Rechnung. Aber<br />

noch längst sind nicht alle umweltrelevanten Stoffe<br />

erkannt und lokalisiert (siehe Box ’Non-target<br />

Screening’).<br />

Innerhalb des Ad-hoc <strong>Hochwasser</strong>projektes wurden<br />

seit August <strong>2002</strong> über 40.000 Einzelanalysen<br />

von mehr als 300 verschiedenen Stoffen und<br />

Eigenschaften des Wassers sowie der Sedimente<br />

und Böden analysiert. Einen Überblick über Analysenergebnisse<br />

des Forschungsvorhabens "<strong>Schadstoffbelastung</strong><br />

<strong>nach</strong> <strong>dem</strong> <strong>Elbe</strong>-<strong>Hochwasser</strong> <strong>2002</strong> -<br />

Ermittlung der Gefährdungspotenziale an <strong>Elbe</strong> und<br />

Mulde" ist unter www.halle.ufz.de/hochwasser einsehbar.<br />

Die hohe Anzahl der Analysenergebnisse und der<br />

untersuchten Stoffgruppen verdeutlicht, dass für<br />

die weitere Darstellung der Belastungssituation vor,<br />

während und <strong>nach</strong> <strong>dem</strong> extremen <strong>Hochwasser</strong> vom<br />

August <strong>2002</strong> an dieser Stelle nur eine kleine Auswahl<br />

an Ergebnissen präsentiert werden kann. Zur<br />

Beurteilung der Situation werden drei Betroffenheitskategorien<br />

unterschieden:<br />

• Die Situation während der Flut, Schadstoffe im<br />

Wasser<br />

• Die Situation unmittelbar <strong>nach</strong> der Flut, Schadstoffe<br />

im Schlamm<br />

• Die langfristigen Folgen der Gewässerbelastung<br />

26


BÖHME M, KRÜGER F, OCKENFELD K, GELLER, W (HRSG, 2005) SCHADSTOFFBELASTUNG NACH DEM ELBE-HOCHWASSER <strong>2002</strong><br />

Die Suche <strong>nach</strong> unbekannten Wirkstoffen: Non Target Screening<br />

Umweltanalysen sind in ihrer überwiegenden<br />

Anzahl darauf ausgerichtet spezielle, begründet<br />

ausgewählte Substanzen, wie die hier vorgestellten<br />

Mineralölkohlenwasserstoffe, PCB, Dioxine oder<br />

DDT in verschiedenen Medien, wie Wasser,<br />

Schlamm oder Boden zu quantifizieren. Diese<br />

Analysen werden auch Target-Analysen genannt,<br />

weil sie mit selektiven, zielgerichteten analytischen<br />

Methoden geeignet sind, jeweils nur spezielle Stoffgruppen<br />

zu erfassen. Das Ergebnis dieser Messungen<br />

sind sehr genaue Mengenangaben bzw. Konzentrationen.<br />

Aber die Anzahl der Problemstoffe in<br />

der Umwelt übersteigt die zur Verfügung stehenden<br />

Analysenverfahren um ein Vielfaches. Dies wiederum<br />

bedeutet, dass mit allgemein gängigen Analysenverfahren<br />

eine große Anzahl von Kontaminanten<br />

gar nicht gemessen werden kann. Außer<strong>dem</strong><br />

ist ja oft nicht bekannt, <strong>nach</strong> welchen Stoffen<br />

gesucht werden muss (vgl. Box Schadstoffe in Muttermilch<br />

auf Seite 36). Um diesen Soffen auf die<br />

Spur zu kommen, müssen weniger stark selektive<br />

Analysenmethoden angewandt werden: das Non<br />

Target Screening (59, 44, 142).<br />

Dieses auf die detaillierte qualitative Analyse der<br />

Einzelprobe ausgerichtete Vorgehen lieferte neben<br />

einer Übersicht vorhandener Schadstoffe im Muldesystem<br />

neue Kenntnisse über bisher unerkannte,<br />

von Monitoring-Routinen nicht erfasste organische<br />

Problemstoffe. Diese können unbewertete Risiken<br />

beinhalten und auch als Markersubstanzen für<br />

infolge der Flut veränderte Ausbreitungspfade dienen.<br />

Das wegen der in der Industrieregion Bitterfeld-<br />

Wolfen akkumulierten Schadstoffe und Altlasten<br />

besonders kritisch zu bewertende Gebiet der Unteren<br />

Mulde wurde stichprobenartig durch ein Non<br />

Target Screening auf organische Substanzen in<br />

27<br />

Grundwasser, Flusswasser und Flusssediment<br />

untersucht (48).<br />

Sedimentbeprobungen ergaben, dass als unmittelbare<br />

Flutfolge organisch hochbelastetes Sediment<br />

aus der Vereinigten Mulde und <strong>dem</strong> Spittelwasser<br />

weitgehend ausgeräumt und auf umliegende Flächen<br />

sowie elbabwärts verfrachtet worden ist. Die<br />

Sediment- und Wasserbelastung war zunächst<br />

unterhalb des Muldestausees vergleichsweise<br />

gering. Flussabwärts stieg die Organika-Kontamination<br />

des Wassers und des Sediments noch vor<br />

<strong>dem</strong> Zusammenfluss mit <strong>dem</strong> Spittelwasser stark<br />

an und nahm in größerer Entfernung von Bitterfeld-<br />

Wolfen zwischen Raghun und Dessau weiter zu.<br />

Dem<strong>nach</strong> kann die drastische Verschlechterung<br />

der Wasser- und Sedimentqualität der Mulde nicht<br />

allein auf den Zufluss des hochbelasteten Spittelwassers<br />

zurückgeführt werden. Das Grundwasser<br />

wies teilweise außerordentlich hohe Belastungen<br />

mit nur wenigen, regional sehr unterschiedlich auftretenden<br />

organischen Schadstoffen auf. Die ausgeprägte<br />

Zunahme der Kontamination von Mulde<br />

und Spittelwasser zwischen Jessnitz und Raghun<br />

lassen hier den Austritt von Süden aus Wolfen<br />

anströmender, belasteter Grundwässer vermuten.<br />

Die Beurteilung von Ausbreitungspfaden im Grundwasser<br />

wird durch die komplexe Hydrogeologie<br />

und die Überlagerung teils sehr unterschiedlicher,<br />

teils identischer Belastungsprofile vieler Quellen<br />

erheblich erschwert. Geeignete Leitsubstanzen<br />

müssen hier in Detailuntersuchungen aus der aufgezeigten<br />

großen Zahl identifizierter organischer<br />

Substanzen ermittelt werden. In diesem Zusammenhang<br />

sind u.a. industrielle Problemstoffe hervorzuheben,<br />

die aus der Umsetzung von Styrol<br />

(Polystyrol ist unter <strong>dem</strong> Handelsnamen Styropor<br />

bekannt) mit Formaldehyd stammen.


FRANK KRÜGER ABSCHNITT 3SCHADSTOFFE IN DER HOCHWASSERWELLE<br />

Abb. 3-1 Ölschlieren auf der <strong>Elbe</strong> bei Pilnitz während des <strong>Hochwasser</strong>s am 16.08.<strong>2002</strong> (Foto Andreas Prange).<br />

3 Schadstoffe in der <strong>Hochwasser</strong>welle<br />

Frank Krüger<br />

Hochwässer sind charakterisiert durch eine oft<br />

schnelle Änderung von Durchfluß und Wasserstand.<br />

Das hat bezüglich der Stoffqualität des<br />

Gewässers zweierlei Dinge zur Folge. Erstens werden<br />

bereits abgelagerte Sedimente mobilisiert, und<br />

zweitens können weitere Schadstoffquellen aktiviert<br />

werden.<br />

Mit der Zunahme der Durchflussmenge im Fließgewässer<br />

steigt die Fließgeschwindigkeit des Wassers<br />

an. Dabei kommt es zu einer Mobilisierung<br />

von Sedimenten, die zuvor in Stillwasserbereichen<br />

aussinken konnten. Da diese Sedimente an der<br />

<strong>Elbe</strong> und Mulde, aber auch an der Saale und anderen<br />

Nebenflüssen, schadstoffbehaftet sind, führt<br />

ihre Aufwirbelung zu höheren Schadstoffgehalten<br />

in der Flutwelle. Dies geschieht in z.B. Magdeburg<br />

alljährlich bei Überschreiten eines Durchflusses<br />

von ca. 800 m³/s (146) und entspricht einem Wasserstand<br />

von ca. 290 cm am Pegel Magdeburg-<br />

Strombrücke (km 326,6). In Abb. 3-4 auf Seite 34<br />

ist zu erkennen, dass die größten Schwebstoffgehalte<br />

deutlich vor Erreichen des <strong>Hochwasser</strong>scheitels<br />

aufgetreten sind (19). Da ein großer Teil von<br />

Schadstoffen an diese Schwebstoffe gekoppelt ist,<br />

steigt gleichzeitig der Schadstoffgehalt im Wasser<br />

an, wie das Beispiel Quecksilber zeigt (Abb. 3-5 auf<br />

Seite 34, 19).<br />

Der Name Quecksilber (Hg) leitet sich aus <strong>dem</strong> Althochdeutschen<br />

("Quecksilabar" - "lebendiges Silber")<br />

ab. Es findet sich in geringen Mengen überall<br />

auf unserem Planeten, wobei die Reinmetallform<br />

nur sehr selten vorkommt. Weit bedeutsamer sind<br />

einige Verbindungen, von denen an erster Stelle<br />

Quecksilbersulfid (HgS), auch als Zinnober<br />

bekannt, zu nennen ist (89). Die mittelalterliche<br />

Verwendung von Quecksilberoxid zur Heilung von<br />

Syphilis und Augenpatienten wurde bereits<br />

erwähnt. Heutzutage sind als industriell oder<br />

gewerblich bedeutsame Verwendungsformen vor<br />

allem Amalgame zu nennen, welche als Gemische<br />

mit anderen Metallen zur Gold- und Silbergewinnung<br />

genutzt werden oder in der Zahnmedizin Verwendung<br />

finden. In der elektrochemischen Produktion<br />

fungierte Quecksilber als Kathodenbestandteil<br />

in der Chloralkalielektrolyse, Bestandteil von Lampen<br />

(Quecksilberdampflampen) oder Batterien<br />

(84). Messinstrumente im naturwissenschaftlichen<br />

und medizinischen Bereich basieren oftmals<br />

28


BÖHME M, KRÜGER F, OCKENFELD K, GELLER, W (HRSG, 2005) SCHADSTOFFBELASTUNG NACH DEM ELBE-HOCHWASSER <strong>2002</strong><br />

Quecksilber<br />

Quecksilber (Elementsymbol Hg) stellt keinen<br />

essenziellen Bestandteil des Körpers dar. Vergiftungen<br />

sind vielfach bekannt geworden. In diesem<br />

Zusammenhang symbolisiert das Dorf Minamata<br />

auf der japanischen Insel Kyushu stellvertretend<br />

die negativen Auswirkungen unkontrollierter "Entsorgung"<br />

von Produktionsabfällen in die Umwelt.<br />

Hg hatte seit Mitte des 20. Jahrhunderts zu starken<br />

Schädigungen am zentralen Nervensystem von<br />

Tieren und Menschen geführt ("Minamata-Krankheit").<br />

Zwischen 1953 und 1969 erkrankten schätzungsweise<br />

15.000 Menschen. Ursache waren Hg-<br />

Anreicherungen in Meeresfischen, die als Hauptnahrungsquelle<br />

dienten. Methylquecksilberjodid<br />

war im Zusammenhang mit industrieller Acetaldehyd-Produktion<br />

in großen Mengen ins Meer gelangt<br />

(63). Darüber hinaus können Hg und seine Verbindungen<br />

das Erbgut schädigen. In flüssiger Form<br />

wird Hg weit weniger effektiv über Schleimhäute<br />

aufgenommen als Hg-Dämpfe. Diese entstehen<br />

bereits bei Zimmertemperatur und sind extrem giftig.<br />

In Deutschland ist von einer Hg-Aufnahme von<br />

8 bis 27 µg pro Tag über die Nahrung auszugehen,<br />

wobei der Konsum von Fisch und Fischprodukten<br />

die wichtigste Quelle darstellt. Organische Hg-Verbindungen<br />

(z.B. Methyl-Hg) werden im Magen-<br />

Darm-Trakt gut aufgenommen und über das Blut im<br />

Körper verteilt. Sie können die Plazentaschranke<br />

sowie die Blut-Hirnschranke problemlos passieren.<br />

In seiner Entwicklungsphase reagiert der Mensch<br />

um ein Vielfaches empfindlicher auf das toxische<br />

Schwermetall. Aus diesem Grund gelten Kinder<br />

und Schwangere als besonders gefährdet. Anorganische<br />

Hg-Verbindungen sind viel seltener und werden<br />

vom Körper auch schlechter resorbiert. Das<br />

Metall reichert sich in den Nieren, in der Leber,<br />

Schilddrüse, im Gehirn und Rückenmark sowie in<br />

den Hoden an. Eine weitere Belastungsquelle können<br />

Zahn-Amalgame darstellen; behandelte Personen<br />

nehmen zwischen 2,5 und 17,5 µg Hg pro Tag<br />

ebenso auf den besonderen physiko-chemischen<br />

Eigenschaften des Quecksilbers wie bestimmte<br />

Farbkompositionen (Zinnober). Die Verwendung in<br />

Bioziden, Anti-Fouling-Farben, Imprägnierungslösungen<br />

und der Wasseraufbereitung sind mittlerweile<br />

weitestgehend eingeschränkt (84).<br />

Natürliche und durch den Menschen verursachte<br />

Prozesse bringen Quecksilber in die Umwelt. Das<br />

Schwermetall wird beispielsweise bei vulkanischen<br />

Aktivitäten, bei der Kohle- und Heizölverbrennung,<br />

bei der Verhüttung und auch bei der Müllverbrennung<br />

freigesetzt. Die bedeutsamsten natürlichen<br />

29<br />

zusätzlich auf (76). Die Weltgesundheitsorganisation<br />

(WHO) gibt für Hg einen PTWI-Wert (Provisional<br />

Tolerable Weekly Intake) von 5 µg pro kg Körpergewicht<br />

an. Dieser Wert beschreibt die vorläufig<br />

duldbare wöchentliche Aufnahmemenge. Für<br />

Methyl-Hg liegt dieser Wert bei 3,3 µg pro kg Körpergewicht.<br />

Es wird allerdings von einem gemeinsamen<br />

Expertengremium (JECFA; Joint Expert<br />

Committee on Food Additives) der FAO (Ernährungs-<br />

und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten<br />

Nationen) und der WHO eine Senkung dieses<br />

Wertes auf 1,6 µg pro kg Körpergewicht gefordert<br />

(74).<br />

Wichtige Grenzwerte:<br />

Boden (25):<br />

• Prüfwerte für den Transferpfad Boden-Mensch-<br />

Direktaufnahme: Kinderspielflächen 10 mg/kg,<br />

Wohngebiete 20 mg/kg, Park- und Freizeitanlagen<br />

50 mg/kg, Industrie und Gewerbeflächen mg/kg<br />

• Prüfwerte für den Transferpfad Boden-Nutzpflanze<br />

bei Ackerbau und Nutzgärten im Hinblick<br />

auf die Pflanzenqualität: 5 mg/kg<br />

• Maßnahmenwert für den Transferpfad Boden-<br />

Nutzpflanze bei Grünlandnutzung im Hinblick<br />

auf die Pflanzenqualität: 2 mg/kg<br />

• Prüfwert für den Transferpfad Boden-Grundwasser:<br />

1 µg/l<br />

Trinkwasser (40): 1 µg/l<br />

Futtermittel (52): Alleinfuttermittel 0,1 mg/kg<br />

Lebensmittel (160, 161): Muskelfleisch Süßwasserfische<br />

0,5 mg/kg, bei Aal, Hecht, Stör 1 mg/kg<br />

Gefahrstoffe am Arbeitsplatz (150):<br />

Die Maximale-Arbeitsplatz-Konzentration (MAK-<br />

Wert) in Deutschland für gasförmiges Hg-Metall<br />

wurde mit 0,1 mg/m³ und der für organische Hg-<br />

Verbindungen mit 0,01 mg/m³ festgelegt.<br />

und zeitgleich anthropogen beeinflussten Quellen<br />

für das <strong>Elbe</strong>-Einzugsgebiet sind die ehemaligen<br />

Bergbauregionen und die Standorte der früheren<br />

Chloralkalielektrolyse an der Mulde und der Saale.<br />

Der zweite wesentliche Punkt bezüglich extremen<br />

Wasserspiegelanstiegs ist, dass auch weitere<br />

Schadstoffquellen, die von normalen bzw. mittleren<br />

Hochwässern gar nicht überflutet werden, aktiviert<br />

werden können. Dies war während des extremen<br />

<strong>Hochwasser</strong>s im Jahr <strong>2002</strong> für viele Wohn- und<br />

Industriegebiete der Fall. Ein Beispiel dafür stellen<br />

die erhöhten Gehalte an Mineralölkohlenwasser-


FRANK KRÜGER ABSCHNITT 3SCHADSTOFFE IN DER HOCHWASSERWELLE<br />

stoffen (MKW) dar. Die Nutzung von Mineralölprodukte<br />

als Brenn-, Treib- und Schmierstoff ist heute<br />

auch in Auengebieten allgegenwärtig. Jeder Heizöltank,<br />

jede Tankstelle, jedes industrielle Tanklager<br />

stellt eine potenzielle Quelle für MKW dar. Dazu<br />

kommen ölverunreinigte Abfälle wie Bodenmaterial,<br />

Bohrschlämme, Baggergut, Bearbeitungsschlämme,<br />

Metallspäne, Öl- und Benzinabscheiderinhalte<br />

sowie Tankreinigungsrückstände. Mineralölkohlenwasserstoffe<br />

gehören zu den häufigsten<br />

Verunreinigungen auf Altlastenflächen von Industriestandorten.<br />

Für die Umweltanalytik ist u.a. eine Eigenschaft von<br />

ihnen bedeutsam: Sie sind nicht mit Wasser mischbar,<br />

lediglich in einem geringen Umfang löslich. Die<br />

Dichte der MKW liegt unter der des Wassers, weshalb<br />

sie aufschwimmen und im Schadensfall oft als<br />

"Ölschlieren" auf der Gewässeroberfläche schwimmen<br />

(Abb. 3-1, Abb. 3-2). Leichtflüchtige Bestandteile<br />

der MKW verdunsten in die Luft, so dass sie<br />

schon <strong>nach</strong> kurzer Zeit kein Problem mehr für die<br />

Gewässer darstellen.<br />

3.1 Wie werden Schadstoffe<br />

transportiert?<br />

Die Vielzahl der Schadstoffe, die zur Gewässerbelastung<br />

beitragen können, wurde im Abschnitt 2<br />

bereits vorgestellt. So groß wie die Anzahl der<br />

Schadstoffe, so vielfältig und komplex sind ihre<br />

chemischen Reaktionen und Bindungsmöglichkeiten.<br />

Zur Beurteilung einer Gewässerbelastung werden<br />

in der Regel nur die gelöst transportierten<br />

Stoffmengen von den partikulär transportierten<br />

unterschieden. Studien an der <strong>Elbe</strong> haben diesbe-<br />

Anteil in %<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

Abb. 3-2 Große Öllachen treiben<br />

am 15.8.<strong>2002</strong> im schlammigen<br />

Wasser der <strong>Elbe</strong> nahe<br />

<strong>dem</strong> evakuierten Dresdner<br />

Stadtteil Laubegast. Das hier<br />

gezeigte Beispiel ist kein<br />

Heizöl, sondern eine illegale<br />

Lagerung großer Mengen<br />

Altöl.<br />

Probleme bereiteten die Mineralöle<br />

vor allem da, wo sie<br />

hochkonzentriert in das Mauerwerk<br />

von Innenräumen eindringen<br />

konnten. Zumeist<br />

betraf das die Besitzer der<br />

Ölheizungen selbst, die keine<br />

Vorsorge gegen das Aufschwimmen<br />

ihrer Öltanks<br />

getroffen hatten<br />

(Foto Ralf Hirschberger).<br />

gelöst partikulär<br />

Uran<br />

Antimon<br />

Arsen<br />

Wolfram<br />

Nickel<br />

Kupfer<br />

Zinn<br />

Cadmium<br />

Zink<br />

Quecksilber<br />

Chrom<br />

Blei<br />

Abb. 3-3 Anteile der gelösten und partikulären Fraktion<br />

von Schwermetallen und Arsen an ihren Gesamtgehalten<br />

in der Wasserphase (8).<br />

züglich für Schwermetalle typische Verhältnisse<br />

von gelösten Anteilen zu partikulären Anteilen herausgearbeitet.<br />

In Abb. 3-3 ist zu erkennen, dass<br />

beispielsweise Arsen und Uran zu überwiegenden<br />

Anteilen gelöst transportiert werden. Blei und<br />

Quecksilber dagegen, sind zu mehr als 80% am<br />

Schwebstoff gebunden (8).<br />

Es wurde in Abb. 3-5 am Beispiel des Quecksilbers<br />

bereits verdeutlicht, dass mit der Zunahme der partikulären<br />

Anteile in der Wasserphase auch die<br />

Schadstoffgehalte im Wasser zunehmen. Die höchsten<br />

Quecksilbergehalte wurden an der Messstelle<br />

in Magdeburg am 15.08.<strong>2002</strong> gemessen. Obwohl<br />

die <strong>Elbe</strong>pegel noch weiter stiegen, sank die Schad-<br />

30


BÖHME M, KRÜGER F, OCKENFELD K, GELLER, W (HRSG, 2005) SCHADSTOFFBELASTUNG NACH DEM ELBE-HOCHWASSER <strong>2002</strong><br />

Mineralölkohlenwasserstoffe<br />

Mineralölkohlenwasserstoff (MKW) ist eine Sammelbezeichnung<br />

für organische Verbindungen aus<br />

Kohlenstoff- und Wasserstoffatomen. MKW werden<br />

überwiegend durch Raffination als Fraktion unterschiedlicher<br />

Siedebereiche aus <strong>dem</strong> Erdöl isoliert.<br />

Die gewonnenen Fraktionen sind als Benzine,<br />

Kerosin, Dieselöle, Heizöle, Schmieröle, Paraffine<br />

und Ceresin im Handel. Die Kettenlänge bzw. die<br />

Anzahl der Kohlenstoffatome, d.h. die Größe der<br />

Kohlenwasserstoffmoleküle nimmt von den Benzinen<br />

über die Dieselöle zu den Paraffinen zu (23).<br />

Darüber hinaus kommen MKW in bituminösen Baustoffen,<br />

in dunklem Fußbodenestrich und Bodenplatten<br />

sowie vereinzelt in Holzschutzanstrichen<br />

vor. Sie dienen als Lösemittel in Farben, Lacken,<br />

Klebern und sind auch in Kunststoffen enthalten. Im<br />

reinen Zustand sind Kohlenwasserstoffe farblos.<br />

Die Palette der MKW reicht von leichtflüchtigen und<br />

gut abbaubaren Benzinkohlenwasserstoffen bis zu<br />

den schwerlöslichen, schwerflüchtigen und schwer<br />

abbaubaren hochmolekularen Verbindungen aus<br />

Schmierfetten und -ölen. Zu den biologisch nur<br />

sehr schwer abbaubaren MKW gehören beispielsweise<br />

die Maschinenöle.<br />

Wie schon erwähnt handelt es sich bei den MKW<br />

um eine Gruppenbezeichnung, der keine einheitliche<br />

Gefahrenkennzeichnung zugeordnet werden<br />

kann. Unter normalen Arbeitsbedingungen wurden<br />

am Menschen keine gesundheitlichen schadstoffbedingten<br />

Veränderungen festgestellt. Wenn auch<br />

keine akuten Toxizitäten bekannt sind, so können<br />

doch häufiger und langzeitiger Hautkontakt Reizun-<br />

stoffkonzentration, weil der maximal mobilisierbare<br />

schadstoffbehaftete Sedimentanteil zu diesem Zeitpunkt<br />

bereits stromabwärts transportiert war. Allerdings<br />

wurde das Schadstoffmaximum für partikuläres<br />

Blei (Abb. 3-6 auf Seite 34) und partikuläres<br />

Arsen erst am 16.08.<strong>2002</strong> gemessen. Dies ist als<br />

Indiz für die "Ankunft der Muldewelle" in Magdeburg<br />

zu interpretieren. Blei und Arsen gelten als<br />

typische "Muldeschadstoffe". Gleichzeitig ist in<br />

Abb. 3-7 auf Seite 34 zu erkennen, dass die höchsten<br />

Gehalte an gelöstem Arsen wiederum mit<br />

einem Tag Verzögerung Magdeburg passierten. Bei<br />

sinkenden Schwebstoffanteilen überwiegt schließlich<br />

der Arsentransport in der gelösten Form die<br />

partikuläre Fracht.<br />

Blei (Pb) ist mit einem durchschnittlichen Anteil von<br />

0,002 Gewichtsprozent ubiquitär in der Erdkruste<br />

verteilt. Als wichtigstes Erz zur Herstellung elementaren<br />

Bleis gilt Bleisulfid (Bleiglanz - PbS). Bleierze<br />

sind häufig mit anderen Metallen wie Zink, Kupfer<br />

31<br />

gen und Entzündungen hervorrufen (23). Im Allgemeinen<br />

kann von einer geringen toxikologische<br />

Relevanz der MKW ausgegangen werden. Für einzelne<br />

Substanzen, wie das nervenschädigende n-<br />

Hexan, sollte unter Umständen eine separate<br />

Bewertung durchgeführt werden. Bezüglich der<br />

Humantoxizität sind aromatische Begleitstoffe<br />

(Benzol, Toluol u.a.) in den Mineralölprodukten von<br />

größerer Bedeutung als die MKW selbst. Diese<br />

können beispielsweise in Benzin und Kerosin einen<br />

Anteil von bis zu 40% ausmachen.<br />

Wichtige Grenzwerte: Im Allgemeinen kann<br />

gesagt werden, dass ein Liter Öl eine Million Liter<br />

Grundwasser verseuchen kann. Gelöste oder<br />

emulgierte Kohlenwasserstoffe können <strong>dem</strong> Trinkwasser<br />

noch in sehr großer Verdünnung einen<br />

unangenehmen Geruch und Geschmack verleihen.<br />

Die alte Trinkwasserverordnung sah für MKW<br />

einen Grenzwert von 0,01 mg/l vor. Aber auch bei<br />

niedrigeren Gehalten kann ein Trinkwasser als<br />

ungenießbar gelten, wenn es <strong>nach</strong> Öl riecht. Deshalb<br />

sieht die aktuelle Trinkwasserverordnung keinen<br />

Grenzwert für MKW vor, da das Erkennen<br />

einer MKW-Belastung über den Geruchsschwellenwert<br />

und Geschmack ausreichend ist.<br />

Boden (25)<br />

• Prüfwert für den Transferpfad Boden-Grundwasser:<br />

200 µg/l<br />

oder Antimon vergesellschaftet. In Deutschland<br />

spielt die Bleigewinnung aktuell eine untergeordnete<br />

Rolle, ehemals bedeutsame Regionen waren<br />

die Eifel, der Harz, das Erzgebirge und das Ruhrgebiet.<br />

Die Nutzung von Blei ist schon für die antike Welt<br />

belegt, beispielsweise in Form von Topfglasuren im<br />

vorchristlichen Ägypten sowie römischen Wasserleitungen<br />

und Tafelgeschirr. Darüber hinaus dienten<br />

Pb-Verbindungen als Arznei, Farbe und<br />

Bestandteil von Schminke. Später wurden die<br />

Dächer von Kirchen und Verwaltungsgebäuden mit<br />

Bleiplatten ausgestattet. Tetraethylblei wurde als<br />

Antiklopfmittel <strong>dem</strong> Ottokraftstoff zugesetzt und mit<br />

<strong>dem</strong> Straßenverkehr flächenhaft verbreitet. Die<br />

heute relevantesten Nutzungen sind Legierungen<br />

zur Herstellung von Akkumulatoren, Lagermetall in<br />

der Eisenbahnproduktion, Blei-Kupfer-Legierungen<br />

für Kabelummantelungen, Dichtungen, Isolierungen<br />

und Rohrleitungen. Des Weiteren werden


FRANK KRÜGER ABSCHNITT 3SCHADSTOFFE IN DER HOCHWASSERWELLE<br />

Blei<br />

Die akute Toxizität von Blei scheint relativ gering.<br />

Vergiftungen sind überwiegend das Resultat chronischer<br />

Aufnahme und Akkumulation. Schon<br />

geringe Mengen können bei dauerhafter Aufnahme<br />

schädigend wirken. Insbesondere bleihaltige Industriestäube<br />

gelten als sehr giftig. Meist werden Blei<br />

und Bleisalze jedoch über Nahrungsmittel oder mit<br />

<strong>dem</strong> Trinkwasser (z.B. durch Bleirohre) aufgenommen.<br />

Je <strong>nach</strong> Produktions- und Transport- und<br />

Lagerungsgeschichte sind Nahrungsmittel indirekt<br />

durch Luftstäube (Obst, Gemüse) oder direkt über<br />

die Nahrungsketten (Fisch, Fleisch) belastet. Für<br />

erwachsene Personen geht man von einer Aufnahme<br />

über den Verdauungstrakt von ca. 10% des<br />

Schwermetalls aus, für Kinder werden bis zu 50%<br />

angenommen. Wie beim Quecksilber sind Ungeborene<br />

durch die mögliche Passage der Plazenta<br />

besonders bedroht. Das Schwermetall lagert sich<br />

vor allem in den als "Sammelstellen" erkannten<br />

Knochen und Zähnen ein. Zumindest für Knochen<br />

geht man von einer sehr langsamen Ausscheidung<br />

aus; die biologische Halbwertszeit (BHWZ), d.h. die<br />

Zeit, in der der Vorrat des Schadstoffes halbiert<br />

wird, beträgt im Mittel ca. 10 Jahre. Für Blut sind<br />

BHWZ von nur 20 - 30 Tagen bekannt, für den restlichen<br />

Organismus vermutet man einige Jahre. Von<br />

Bedeutung sind neben anorganisch gebundenem<br />

Blei auch organische Bleiverbindungen wie Tetraethylblei.<br />

Diese können auch über die Haut aufgenommen<br />

werden. Die Auswirkungen chronischer<br />

Bleivergiftungen sind noch unzureichend bekannt.<br />

Erwiesen scheint aber eine Beeinträchtigung des<br />

Gehirns bei einem Pb-Spiegel von mehr als 0,1 µg<br />

Pb/ml. Des Weiteren schädigt Pb vor allem das<br />

Nervensystem, die Nieren und beim Erwachsenen<br />

auch das Herz-Kreislaufsystem. Die Einlagerungen<br />

im Knochen führen zur Beeinträchtigung des blutbildenden<br />

Systems, Plazentakontaminationen können<br />

zu Früh-, Fehl- und Totgeburten führen. Eine<br />

krebserzeugende Wirkung wird vermutet. Die WHO<br />

gibt für Blei einen PTWI-Wert (Provisional Tolerable<br />

Bleischirme zur Absorption von Gamma- und Röntgenstrahlen<br />

verwendet. Als Material hoher Dichte<br />

findet Blei Verwendung als Beschwerung in der<br />

Fischerei und im Bootsbau sowie bei der<br />

Geschossherstellung von Munition. Hauptemittenten<br />

elementaren oder anorganisch gebundenen<br />

Bleis sind Bleihütten und Anlagen zur Bleiverarbeitung.<br />

Für das <strong>Elbe</strong>einzugsgebiet sind insbesondere<br />

das Erzgebirge, das Mansfelder Land und der Harz<br />

als Quellen für geogenes oder durch Verhüttung<br />

gewonnenes Blei bekannt. Diese Gebiete entwässern<br />

hauptsächlich über die Nebenflüsse Mulde<br />

Weekly Intake) von 25 µg pro kg Körpergewicht<br />

und Woche an (91).<br />

Wichtige Grenzwerte:<br />

Boden (25):<br />

• Prüfwerte für den Transferpfad Boden-Mensch-<br />

Direktaufnahme: Kinderspielflächen 200 mg/kg,<br />

Wohngebiete 400 mg/kg, Park- und Freizeitanalgen<br />

1000 mg/kg, Industrie- und Gewerbegrundstücke<br />

2000 mg/kg.<br />

• Prüfwert für den Transferpfad Boden-Nutzpflanze<br />

bei Ackerbau und Nutzgärten im Hinblick<br />

auf die Pflanzenqualität 0,1 mg/kg bei Ammoniumnitratextrakt.<br />

• Maßnahmenwert für den Transferpfad Boden-<br />

Nutzpflanze bei Grünlandnutzung im Hinblick<br />

auf die Pflanzenqualität 1200 mg/kg.<br />

• Prüfwert für den Transferpfad Boden-Grundwasser<br />

25 m/l.<br />

Trinkwasser (40): 0,01 mg/l. Dieser Wert gilt seit<br />

Dezember 2003. Während einer Übergangsfrist bis<br />

zum Beginn des Jahres 2013 sind allerdings noch<br />

0,025 mg/l erlaubt. Große Probleme gibt es vor<br />

allem in Altbauten, in denen viele Wasserleitungen<br />

aus Blei bestehen. Hauseigentümer haben bis<br />

Ende 2012 Zeit, Bleileitungen gegen solche aus<br />

Kupfer, innenverzinntes Kupfer, Edelstahl, verzinkten<br />

Stahl sowie Kunststoffe und kunststoffbasierte<br />

Verbundmaterialien auszutauschen.<br />

Futtermittel (52): Alleinfuttermittel 5 mg/kg, Grünfutter<br />

40 mg/kg<br />

Lebensmittel (135, 160, 161): Milch 0,02 mg/kg;<br />

Fleisch 0,1 mg/kg; Fisch 0,2 mg/kg; bei Aal 0,4 mg/<br />

kg.<br />

Gefahrstoffe am Arbeitsplatz (150):<br />

Der MAK-Wert in Deutschland für Blei in der Luft<br />

wurde mit 0,1 mg/m³ und der für Tetraethylblei mit<br />

0,075 mg/m³ festgelegt.<br />

(Erzgebirge), Saale (Mansfelder Land) und Bode<br />

(Harz) in die <strong>Elbe</strong>.<br />

Arsen (As) ist ein Halbmetall, es ist ubiquitär verbreitet<br />

und kann in der Luft, in Böden, Gewässern<br />

aber auch in Nahrungsmitteln, Futtermitteln oder<br />

Trinkwasser <strong>nach</strong>gewiesen werden. Vermutlich ist<br />

es für viele Tiere und den Menschen essenziell - im<br />

Blut nicht belasteter Menschen finden sich ca. 4 µg/<br />

kg As. In der Vergangenheit wurden arsenhaltige<br />

Substanzen breitgefächert und sehr freizügig angewendet.<br />

So wurden Arsenverbindungen als Arznei-<br />

32


BÖHME M, KRÜGER F, OCKENFELD K, GELLER, W (HRSG, 2005) SCHADSTOFFBELASTUNG NACH DEM ELBE-HOCHWASSER <strong>2002</strong><br />

Arsen<br />

"Arsen und Spitzenhäubchen" ist vielen Lesern als<br />

Theatervorlage Joseph Kesselrings (1902-1967)<br />

bekannt. Tatsächlich jedoch gilt elementares Arsen<br />

(As) als ungiftig, kann aber leicht in toxische Verbindungen<br />

überführt werden. So war dann auch<br />

Arsentrioxid (Arsenik, As2O3 ) über Jahrhunderte<br />

ein beliebtes und nahezu nicht <strong>nach</strong>weisbares<br />

Mordgift. Die Kampfstoffe Phenarsazinchlorid und<br />

Diphenylarsinchlorid gehören zu den organischen<br />

Verbindungen. Besonders Meeresfrüchte enthalten<br />

andere organische As-Verbindungen (Arsenobetain,<br />

Arsenocholin), die allerdings ungiftig sind.<br />

As-Wasserstoff (Arsin, AsH3 ) ist ein farbloses,<br />

brennbares, explosives und unangenehm <strong>nach</strong><br />

Knoblauch riechendes Gas, welches noch bei starken<br />

Verdünnungen zu schwersten Vergiftungen<br />

führt. Der Geruch von As-Wasserstoff wird ab einer<br />

Konzentration in der Luft von 0,5 ppm (parts per<br />

million) wahrgenommen (90).<br />

As wird zumeist über Meeresfrüchte in der menschlichen<br />

Nahrungskette angereichert. Für fischfreien<br />

Verzehr werden tägliche As-Aufnahmemengen zwischen<br />

1 und 10 µg/Tag angegeben, während die<br />

Werte bei regelmäßigem Fischverzehr auf 100 bis<br />

300 µg/Tag ansteigen können. As-Vergiftungen führen<br />

zur Denaturierung von Proteinen. Vorwiegend<br />

sind lebenswichtige Enzymsysteme des Fett- und<br />

Kohlehydratstoffwechsel betroffen. Arsen verursacht<br />

wahrscheinlich keinen Krebs, unterstützt<br />

aber die mutagene Wirkung von Zigarettenrauch<br />

oder UV-Licht. Weitaus häufiger als eine akute, tritt<br />

die chronische Vergiftung ein. Beispielsweise wird<br />

in Teilen Südamerikas, der USA oder Südostasiens<br />

durch stark As-verunreinigtes Trinkwasser ein<br />

Großteil der Menschen in Mitleidenschaft gezogen.<br />

Wasserlösliche Arsenverbindungen (zum Beispiel<br />

Arsenik oder Natriumarsenit) werden oral, durch<br />

Einatmung oder über die Haut sehr gut aufgenommen.<br />

Im Körper findet eine Speicherung in Leber,<br />

mittel, als Tier- und Pflanzengifte, als Enthaarungsmittel<br />

(Gerbereien), Holzschutz- und Konservierungsmittel<br />

sowie als Wachstums- und<br />

Leistungsförderer eingesetzt. Heute noch werden<br />

Arsenverbindungen als Antiprotozoika beim Hund<br />

oder für die Warzenbehandlung beim Pferd<br />

genutzt.<br />

Industriell wird Arsen als Legierungsbestandteil zur<br />

Erhöhung der Härte z.B. von Bleilegierungen für<br />

Flintenschrot, von Kupfer-Zinn-Legierungen für<br />

Spiegel oder von Kupfer für Hochtemperatur-Beanspruchung<br />

eingesetzt. Hochreines Arsen dient zur<br />

Herstellung von Halbleitern. Als Hilfsstoffe in der<br />

33<br />

Niere und Darmwand statt. Aufgrund seiner Bindungsfähigkeit<br />

an Keratin kann As noch mehrere<br />

Wochen <strong>nach</strong> einer Exposition in Haut, Horn und<br />

Haaren <strong>nach</strong>gewiesen werden (75).<br />

Wichtige Grenzwerte:<br />

Boden (25):<br />

• Prüfwerte für den Transferpfad Boden-Mensch-<br />

Direktaufnahme: Kinderspielflächen 25 mg/kg,<br />

Wohngebiete 50 mg/kg, Park- und Freizeitanlagen<br />

125 mg/kg, Industrie- und Gewerbegrundstücke<br />

140 mg/kg.<br />

• Prüfwert für den Transferpfad Boden-Nutzpflanze<br />

bei Ackerbau und Nutzgärten im Hinblick<br />

auf die Pflanzenqualität 200 mg/kg. Bei Böden mit<br />

zeitweise reduzierenden Bedingungen (z.B. Überflutungsböden)<br />

gilt ein Prüfwert von 50 mg/kg.<br />

• Maßnahmenwert für den Transferpfad Boden-<br />

Nutzpflanze bei Grünlandnutzung im Hinblick<br />

auf die Pflanzenqualität 50 mg/kg.<br />

• Prüfwert für den Transferpfad Boden-Grundwasser<br />

10 µg/l.<br />

Trinkwasser (40): 10 µg/l.<br />

Futtermittel (52): Alleinfuttermittel 2 mg/kg<br />

Lebensmittel: keine Höchstmenge festgelegt<br />

Gefahrstoffe am Arbeitsplatz (150):<br />

Der MAK-Wert in Deutschland für Arsensäure, ihre<br />

Salze sowie die arsenige Säure und ihre Salze in<br />

der Luft wurde mit 0,1 mg/m³ festgelegt. Für Arsentrioxid<br />

gelten die Biologischen Arbeitsplatztoleranzwerte<br />

(BAT-Werte) von 0,01 mg/m³ As in der Luft<br />

und 0,05 mg/l As im Urin bei Expositionsende (d.h.<br />

z.B. am Ende der Schicht), bzw. 0,05 mg/m³ in der<br />

Luft und 0,09 mg/l im Urin.<br />

Glasindustrie werden Arsenverbindungen z.B. zum<br />

Entfärben verwendet. Im Einzugsgebiet der <strong>Elbe</strong><br />

stellt u.a. das Erzgebirge eine sehr bedeutsame<br />

Quelle dar, wie bereits im Abschnitt 2.1.1 dargestellt<br />

wurde.<br />

Entsprechend der hohen Schwebstoffführung sind<br />

auch im tschechischen und sächsischen <strong>Elbe</strong>abschnitt<br />

sehr hohe Schadstoffgehalte ermittelt worden,<br />

wie ebenfalls am Beispiel von Arsen gezeigt<br />

werden kann (Abb. 3-8 und 3-9 auf Seite 35, 119).<br />

Auch hier wurden die höchsten Belastungen am<br />

16.08.<strong>2002</strong> ermittelt, vor Ankunft des <strong>Hochwasser</strong>scheitels.<br />

Der große Schwebstoffgehalt (mehr als


Durchfluss in m³/s<br />

FRANK KRÜGER ABSCHNITT 3SCHADSTOFFE IN DER HOCHWASSERWELLE<br />

4500<br />

4000<br />

3500<br />

3000<br />

2500<br />

2000<br />

1500<br />

1000<br />

500<br />

0<br />

0,18<br />

0,16<br />

0,14<br />

0,12<br />

0,10<br />

0,08<br />

0,06<br />

0,04<br />

0,02<br />

0,00<br />

Q<br />

AFS<br />

13.08.<strong>2002</strong><br />

14.08.<strong>2002</strong><br />

15.08.<strong>2002</strong><br />

16.08.<strong>2002</strong><br />

17.08.<strong>2002</strong><br />

18.08.<strong>2002</strong><br />

19.08.<strong>2002</strong><br />

20.08.<strong>2002</strong><br />

21.08.<strong>2002</strong><br />

22.08.<strong>2002</strong><br />

23.08.<strong>2002</strong><br />

Abb. 3-4 Ganglinie von Durchfluss und Konzentration<br />

der abfiltrierbaren Stoffe während des <strong>Hochwasser</strong>s <strong>2002</strong><br />

an der Messstelle in Magdeburg unterhalb der Einleitung<br />

von Fahlberg-List, km 321 (Daten 19).<br />

Quecksilber in µg/L<br />

13.08.<strong>2002</strong><br />

14.08.<strong>2002</strong><br />

15.08.<strong>2002</strong><br />

16.08.<strong>2002</strong><br />

17.08.<strong>2002</strong><br />

18.08.<strong>2002</strong><br />

19.08.<strong>2002</strong><br />

20.08.<strong>2002</strong><br />

21.08.<strong>2002</strong><br />

22.08.<strong>2002</strong><br />

23.08.<strong>2002</strong><br />

300 mg/l), der aus der Tschechischen Republik und<br />

<strong>dem</strong> sächsischen <strong>Elbe</strong>abschnitt stammte, ist allerdings<br />

gar nicht in Magdeburg angekommen, sondern<br />

größtenteils in den weitläufigen Auen der mittleren<br />

<strong>Elbe</strong> ausgesunken.<br />

Weiterhin ist Abb. 3-9 zu entnehmen, dass die<br />

hohe Belastung des Wasser zeitlich eng begrenzt<br />

war. Bereits im Oktober des <strong>Hochwasser</strong>jahres<br />

<strong>2002</strong> wurden Arsengehalte im Elbwasser ermittelt,<br />

die den geringen Konzentrationen der Vorjahre und<br />

<strong>dem</strong> Folgejahr entsprachen.<br />

3.2 Welche Bedeutung haben hohe<br />

Schadstoffgehalte in der<br />

<strong>Hochwasser</strong>welle?<br />

Hg<br />

AFS<br />

Abb. 3-5 Konzentration von abfiltrierbaren Stoffen (AFS)<br />

und Quecksilber (Hg) während des <strong>Hochwasser</strong>s <strong>2002</strong> in<br />

Magdeburg (Daten 19).<br />

Dass in der Welle Schadstoffe in erhöhten Konzentrationen<br />

vorlagen, wurde in Abschnitt 3.1 gezeigt.<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

Abfiltrierbare Stoffe in mg/L<br />

Abfiltrierbare Stoffe in mg/L<br />

Blei in µg/L<br />

40<br />

35<br />

30<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

Pb<br />

AFS<br />

13.08.<strong>2002</strong><br />

14.08.<strong>2002</strong><br />

15.08.<strong>2002</strong><br />

16.08.<strong>2002</strong><br />

17.08.<strong>2002</strong><br />

18.08.<strong>2002</strong><br />

19.08.<strong>2002</strong><br />

20.08.<strong>2002</strong><br />

21.08.<strong>2002</strong><br />

22.08.<strong>2002</strong><br />

23.08.<strong>2002</strong><br />

Abb. 3-6 Konzentration von abfiltrierbaren Stoffen (AFS)<br />

und Blei (Pb) während des <strong>Hochwasser</strong>s <strong>2002</strong> in Magdeburg<br />

(Daten 19).<br />

Arsen in µg/L<br />

10<br />

9<br />

8<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

0<br />

As gel<br />

As part<br />

AFS<br />

13.08.<strong>2002</strong><br />

14.08.<strong>2002</strong><br />

15.08.<strong>2002</strong><br />

16.08.<strong>2002</strong><br />

17.08.<strong>2002</strong><br />

18.08.<strong>2002</strong><br />

19.08.<strong>2002</strong><br />

20.08.<strong>2002</strong><br />

21.08.<strong>2002</strong><br />

22.08.<strong>2002</strong><br />

23.08.<strong>2002</strong><br />

Abb. 3-7 Konzentration von abfiltrierbaren Stoffen (AFS)<br />

sowie partikulären und gelösten Arsens (As) während des<br />

<strong>Hochwasser</strong>s <strong>2002</strong> in Magdeburg (Daten 19).<br />

Entscheidend ist auch hier, dass nicht alle Schadstoffe<br />

in ihrer Wirkung und Bedeutung für die<br />

Umwelt gleichbedeutend sind. Am Beispiel des<br />

Arsens soll dies verdeutlicht werden.<br />

Die gemessenen Arsengehalte im Elbwasser bei<br />

"normaler" Wasserführung liegen beispielsweise<br />

unterhalb der Mindestanforderungen des DVGW<br />

für Trinkwasser von 10 µg/l (40) bzw. 50 µg/l (96).<br />

Die Mindestanforderung von 10 µg/l wird nur während<br />

des <strong>Hochwasser</strong>ereignisses selbst überschritten.<br />

Zu diesem Zeitpunkt liegt außer<strong>dem</strong> ein erheblicher<br />

Anteil in partikulärer (d.h. in weniger bioverfügbarer)<br />

Form vor. Darüber hinaus ist zu<br />

berücksichtigen, dass ein Trinkwassergrenzwert für<br />

Wässer gilt, die täglich, also für die dauerhafte und<br />

<strong>nach</strong>haltige Trinkwassernutzung zur Verfügung stehen.<br />

Der kurzzeitige Kontakt oder auch das Verschlucken<br />

von "belastetem" Wasser ist hinsichtlich<br />

der humantoxischen Wirkung eher unproblema-<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

34<br />

Abfiltrierbare Stoffe in mg/L<br />

Abfiltrierbare Stoffe in mg/L


BÖHME M, KRÜGER F, OCKENFELD K, GELLER, W (HRSG, 2005) SCHADSTOFFBELASTUNG NACH DEM ELBE-HOCHWASSER <strong>2002</strong><br />

Tab. 3-1 Zielvorgaben der IKSE für unterschiedliche Schutzgüter und durchschnittliche Schadstoffgehalte im Wasser an<br />

den ARGE-<strong>Elbe</strong> Messstationen in Schmilka und Magdeburg an der <strong>Elbe</strong> und in Dessau an der Mulde. Überschreitungen<br />

einzelner Zielvorgaben sind rot markiert, alle Angaben in µg/L.<br />

Stoff Zielvorgaben der IKSE Schmilka Dessau Magdeburg<br />

SPM in mg/L<br />

As in µg/L<br />

35<br />

350<br />

300<br />

250<br />

200<br />

150<br />

100<br />

50<br />

0<br />

-364 -200 0 200 400 600 800<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

Schutzgut<br />

„Trinkwasser, Berufsfischerei,<br />

Bewässerung“<br />

CZ | D<br />

<strong>Elbe</strong>-km<br />

01.09.1998<br />

16.08.<strong>2002</strong><br />

11.10.<strong>2002</strong><br />

11.08.2003<br />

0<br />

CZ | D<br />

-364 -200 0 200 400 600 800<br />

<strong>Elbe</strong>-km<br />

Schutzgut<br />

„Aquatische Lebensgemeinschaften“<br />

Abb. 3-8 Schwebstoffgehalte im August <strong>2002</strong> sowie in<br />

den Jahren 1998, <strong>2002</strong> und 2003 entlang der gesamten<br />

<strong>Elbe</strong> (Daten 119).<br />

01.09.1998<br />

16.08.<strong>2002</strong><br />

11.10.<strong>2002</strong><br />

11.08.2003<br />

Abb. 3-9 Arsengehalte im August <strong>2002</strong> sowie in den<br />

Jahren 1998, <strong>2002</strong> und 2003 entlang der gesamten <strong>Elbe</strong><br />

(Daten 119).<br />

Medianwerte Medianwerte Medianwerte<br />

2001 2003 2001 2003 2001 2003<br />

Arsen 50 1 2,8 3,3 6,2 9,3 2,6 2,9<br />

Blei 50 3,5 1,95 1,2 1,5 1,3 3,3 3,8<br />

Cadmium 1 0,07 0,08 0,08 0,3 0,4 0,2 0,3<br />

Chrom 50 10 2,4 1,6 0,6 0,7 1,7 1,8<br />

Kupfer 30 4 9,2 4,5 3,7 4,3 6,6 6,5<br />

Quecksilber 0,1 0,04 0,04 0,02


FRANK KRÜGER ABSCHNITT 3SCHADSTOFFE IN DER HOCHWASSERWELLE<br />

Schadstoffe in Muttermilch - Reform der Chemikalienpolitik<br />

Nach einer Studie des BUND lassen sich in der<br />

Muttermilch über 300 synthetische Chemikalien<br />

<strong>nach</strong>weisen. Zwar sind die Belastungen mit giftigem<br />

PCB, DDT und Dioxinen aufgrund weit reichender<br />

Verbote rückläufig. Jedoch werden immer<br />

mehr neue gefährliche Stoffgruppen wie Weichmacher,<br />

Flammschutzmittel und Duftstoffe gefunden.<br />

Synthetische Chemikalien sind besonders für<br />

Säuglinge und Kleinkinder extrem gefährlich, da<br />

wichtige Entwicklungsphasen gestört werden können.<br />

Schädigungen des Immunsystems, Krebserkrankungen<br />

und sogar Beeinträchtigungen der<br />

Gehirnentwicklung können die Folge sein.<br />

Gegensteuern könnte die Gesellschaft mit Umsetzung<br />

des seit längerem diskutierten europäischen<br />

Chemikalienrechts mit <strong>dem</strong> Kürzel REACH (Registrierung,<br />

Evaluierung und Autorisierung von Chemikalien).<br />

Nur eine konsequent am Vorsorgeprinzip<br />

ausgerichtete Chemikalienpolitik kann dazu beitragen,<br />

dass Muttermilch künftig weniger belastet sein<br />

wird.<br />

Von den mehr als 100.000 in der EU hergestellten<br />

Chemikalien sind 97 Prozent niemals auf ihr Gefahrenpotenzial<br />

untersucht worden, weil sie bereits vor<br />

1981 in Verkehr kamen. Erst seit diesem Zeitpunkt<br />

trat ein Gesetz in Kraft, das eine Risiko-Bewertung<br />

neu entwickelter Substanzen verlangt. Alle zuvor in<br />

Verkehr gebrachten Substanzen mussten jedoch<br />

nie eine Risikoprüfung durchlaufen. Viele dieser<br />

Substanzen seien in Alltagsprodukten enthalten,<br />

dort nicht fest eingebunden und gelangten über<br />

Haut, Atmung und Nahrung in den Körper der<br />

Frauen.<br />

Mit REACH will die EU-Kommission erreichen,<br />

dass die Industrie bis 2017 etwa 30.000 bisher<br />

ungeprüfte Chemikalien auf ihr Gefährdungspotenzial<br />

untersucht. Nur unschädliche Substanzen sollen<br />

künftig noch eingesetzt werden dürfen. Für die<br />

weitere Nutzung bedenklicher Stoffe müssen Sondergenehmigungen<br />

beantragt werden. Bis zum<br />

Oktober 2005 muss das EU-Parlament über<br />

REACH entscheiden (Quelle: 37).<br />

36


BÖHME M, KRÜGER F, OCKENFELD K, GELLER, W (HRSG, 2005) SCHADSTOFFBELASTUNG NACH DEM ELBE-HOCHWASSER <strong>2002</strong><br />

Abb. 4-1 In den Oberläufen der <strong>Elbe</strong> und ihren Nebenflüssen wurden gebietsweise zentimeterdicke feinkörnige Sedimentschichten<br />

flächenhaft abgelagert. Entlang des Mittel- und Unterlaufs der <strong>Elbe</strong> blieben die Sedimentablagerungen<br />

meist im Millimeterbereich oder darunter (Foto Dagmar Haase).<br />

4 Schadstoffe im Schlamm<br />

Frank Krüger<br />

4.1 Was ist Schlamm und wo kommt<br />

er her?<br />

Ist das Wasser <strong>nach</strong> einer Überschwemmung ins<br />

Flussbett zurückgekehrt, bleibt Schlamm zurück<br />

(Abb. 4-1).<br />

Schlämme oder Sedimente (ihre wissenschaftliche<br />

Bezeichnung) bestehen aus ausgesunkenen<br />

Schwebstoffen. Die Schwebstoffe sinken in Zonen<br />

geringer Fließgeschwindigkeit zu Boden und bilden<br />

am Gewässergrund eine Schicht frischen Sedimentes.<br />

Dies geschieht in den Stillwasserbereichen<br />

unserer Gewässer permanent. Typische Sedimentationszonen<br />

sind an Fließgewässern z.B. Altarme,<br />

Bracks, Wehle, aber natürlich auch Buhnen und<br />

Hafenbecken. Im <strong>Hochwasser</strong>fall sind die ausgedehnten<br />

Überflutungsbereiche die Zonen mit<br />

geringster Fließgeschwindigkeit.<br />

37<br />

Die Schlämme, die sich in diesen Zonen sammeln<br />

werden auch von Wissenschaftlern (z.B. Klös und<br />

Schoch, 98) das "Gedächtnis einer Industrieregion"<br />

genannt. Denn sämtliche am Schwebstoff haftenden<br />

Schadstoffe sinken in diesen Zonen geringer<br />

Fließgeschwindigkeit mit aus. Damit stellen sie<br />

quasi ein Archiv der Gewässerbelastung dar. Dies<br />

geschieht so lange, bis ein extremes Ereignis<br />

soviel Energie aufbringt, dass das gebildete Sediment<br />

aufgewirbelt und weiter stromabwärts transportiert<br />

wird. Im Falle des <strong>Hochwasser</strong>s im Jahre<br />

<strong>2002</strong> ist dies an vielen Stellen der Fall gewesen<br />

(140). Abb. 4-2 zeigt das Ausmaß einer belasteten<br />

Sedimentablagerung in einem Buhnenfeld bei<br />

Havelberg vor und <strong>nach</strong> <strong>dem</strong> <strong>Hochwasser</strong>. Die<br />

schlammbedeckte Fläche und das Volumen der<br />

Ablagerung gingen stark zurück<br />

Dies wiederum bedeutet, dass der vorgefundene<br />

Schlamm immer eine Mischung aus aktuell ins


FRANK KRÜGER ABSCHNITT 4SCHADSTOFFE IM SCHLAMM<br />

40 m<br />

30 m<br />

20 m<br />

10 m<br />

0 m<br />

<strong>Elbe</strong><br />

Fläche: 972 m² Volumen: 337 m³<br />

0 m 10 m 20 m 30 m 40 m 50 m 60 m 70 m 80 m<br />

70 m<br />

60 m<br />

50 m<br />

40 m<br />

30 m<br />

20 m<br />

10 m<br />

0 m<br />

Abb. 4-2 Ausdehnung und Volumen des schwebstoffbürtigen Sedimentdepots im linksseitigen Buhnenfeld am Strom-km<br />

420,9 im Juli <strong>2002</strong> (links) und seine Veränderung durch Erosion während des Extremhochwassers <strong>2002</strong> (rechts, gemessen<br />

am 12.05.2003, 140).<br />

Gewässer eingetragen Schadstoffen und von<br />

Schadstoffen alter, remobilisierter Sedimente enthält.<br />

Dazu kommen während des <strong>Hochwasser</strong>s<br />

<strong>2002</strong> erhebliche Mengen wenig belasteten Bodenmaterials,<br />

welches vom strömenden Wasser vielerorts<br />

großflächig abgespült wurde und zu einer<br />

erheblichen Verdünnung des belasteten Materials<br />

geführt hat.<br />

Während des <strong>Hochwasser</strong>s sind von verschiedenen<br />

Institutionen Schwebstoffgehalte, also die<br />

Menge der im Wasser transportierten Partikel,<br />

quantifiziert worden. Die Ergebnisse sind den<br />

Abb. 3-4 und Abb. 3-8 zu entnehmen. Zu erkennen<br />

ist, dass die Schwebstoffmengen, die die sächsische<br />

<strong>Elbe</strong> noch passiert haben, in Magdeburg nur<br />

zu einem geringen Teil angekommen sind. Dies<br />

liegt daran, dass die <strong>Elbe</strong> beim Übergang vom<br />

Festgestein ins Tiefland unterstromig von Riesa<br />

ihren Fließquerschnitt im <strong>Hochwasser</strong>fall erheblich<br />

verbreitert. Das Wasser kann in die weiten Auen<br />

der mittleren <strong>Elbe</strong> ausweichen, verliert dabei erheblich<br />

an Fließgeschwindigkeit und läßt einen großen<br />

Teil der Schwebstoffe zurück.<br />

Als Folge des Extremhochwassers gab es in sächsischen<br />

Elbabschnitten und auch in einigen Nebenflussabschnitten<br />

mit geringem Fließquerschnitt teilweise<br />

Schlammmächtigkeiten von mehreren Zentimetern<br />

bis Dezimetern (Abb. 1-6 auf Seite 8,<br />

Abb. 4-1). Je mehr Schwebstoffe in den Auen liegenblieben,<br />

desto sauberer wurde das Wasser. Im<br />

Raum Magdeburg betrugen die Schlammablagerungen<br />

im Überflutungsbereich nur noch selten<br />

mehr als einen Millimeter, und an der unteren Mittelelbe<br />

bei Wittenberge blieb gerade noch ein<br />

schleierartiger Belag übrig, nur Bruchteile eines<br />

Millimeters mächtig (Abb. 4-3).<br />

40 m<br />

30 m<br />

20 m<br />

10 m<br />

<strong>Elbe</strong><br />

Fläche: 616 m² Volumen: 131 m³<br />

0 m<br />

0 m 10 m 20 m 30 m 40 m 50 m 60 m 70 m 80 m<br />

4.2 Welche Belastung tragen die<br />

Schlämme?<br />

70 m<br />

60 m<br />

50 m<br />

40 m<br />

30 m<br />

20 m<br />

10 m<br />

0 m<br />

Abb. 4-3 Schleierartige Schlammauflage im Auenvorland<br />

bei <strong>Elbe</strong>-Stromkilometer 435 (Foto Frank Krüger).<br />

Die Schlämme oder besser Sedimente sind abgesetzte<br />

Schwebstoffe und deshalb mit den gleichen<br />

Inhaltsstoffen behaftet. Die Bestimmung der Sedimentqualität<br />

lässt in vielen Fällen einen besseren<br />

Rückschluss auf den über längere Zeit integrierten<br />

Belastungszustand eines Gewässers zu, als Wasseranalysen,<br />

da Sedimente eine längere Entstehungs-<br />

und Verweilzeit im Gewässer haben.<br />

Zur Belastungssituation der <strong>Elbe</strong> ist zu betonen,<br />

dass es im Einzugsgebiet keine einheitliche Belastung<br />

gibt. Abb. 4-4 zeigt die Benzo(a)pyren- und<br />

38


BÖHME M, KRÜGER F, OCKENFELD K, GELLER, W (HRSG, 2005) SCHADSTOFFBELASTUNG NACH DEM ELBE-HOCHWASSER <strong>2002</strong><br />

Fluoranthengehalte von Sedimenten im September<br />

des Jahres <strong>2002</strong> entlang der <strong>Elbe</strong> (148). Es sind<br />

typische Längsprofile für Polyzyklische Aromatische<br />

Kohlenwasserstoffe (PAK).<br />

PAK sind ringförmige Kohlenwasserstoff-Verbindungen,<br />

deren Molekülgerüst aus mehreren miteinander<br />

verbundenen Benzolringen besteht. Leitsubstanzen<br />

sind Benzo(a)pyren und Fluoranthen. Das<br />

bisher am besten untersuchte Benzo(a)pyren kann<br />

als Maßstab für die karzinogene Belastung durch<br />

die gesamte PAK-Gruppe angesehen werden.<br />

PAK sind meist Bestandteil von Kohle und Teer. Sie<br />

entstehen bei der unvollständigen Verbrennung<br />

von organischen Materialien oder auch bei der<br />

Abfallverbrennung. PAK werden in Tabakteer und<br />

Tabakrauch, ebenso in Autoabgasen (insbesondere<br />

Dieselruß), Kokereirohgasen, Räucher- und<br />

Grillrauch, den Abgasen von Kaminfeuern sowie in<br />

Schwelstoffen von Räucherkerzen oder Weihrauch<br />

gefunden. Je weniger Sauerstoff bei der Verbrennung<br />

vorhanden ist, um so mehr ist die PAK-Bildung<br />

begünstigt. Bei Untersuchungen der PAK-<br />

Belastung in Böden wurden <strong>nach</strong> <strong>dem</strong> <strong>Hochwasser</strong><br />

<strong>2002</strong> die allerhöchsten PAK-Belastungen in nicht<br />

überfluteten Gärten gefunden, in denen aber häufig<br />

gegrillt wurde (126).<br />

PAK werden hauptsächlich mit der Luft verbreitet.<br />

Aufgrund ihrer außerordentlich geringen Flüchtigkeit<br />

ist ihre Verbreitung an das Vorkommen von<br />

Partikeln wie Staub, Ruß und Pollen gebunden. Sie<br />

sind in der Umwelt weit verbreitet. Sie wurden in<br />

der Luft von Städten und Industriegebieten, im<br />

Abwasser, Klärschlamm und Kompost sowie in<br />

Oberflächengewässern, Bodenproben, Sedimenten<br />

und verschiedenen Nahrungsmitteln <strong>nach</strong>gewiesen.<br />

Es gibt vergleichsweise hohe PAK-Gehalte in den<br />

Sedimenten der Tschechischen Republik, die niedrigsten<br />

Gehalte treten in den Sedimenten der Tideelbe<br />

auf. Die höchsten Gehalte wurden in einem<br />

Sportboothafen bei Lostau ermittelt, wobei diese<br />

Konzentrationen von lokaler Bedeutung sind und<br />

möglicherweise durch alte Ablagerungen des<br />

Kokereistandortes Magdeburg-Rothensee, die<br />

durch das <strong>Hochwasser</strong> <strong>2002</strong> freigelegt wurden,<br />

bedingt sind. Die Darstellung der zeitlichen Belastungsentwicklung<br />

von Fluoranthen an den Messstellen<br />

in Schmilka (hier werden Schadstoffe<br />

gemessen, die aus der Tschechischen Republik<br />

stammen), der Mulde und Magdeburg erfolgt in<br />

Abb. 4-5. Es ist ersichtlich, dass im langjährigen<br />

Trend an den Messstellen vergleichbare Fluoranthengehalte<br />

auftreten. In den Jahren 2000 und 2001<br />

sind an der Mulde deutlich höhere Konzentrationen<br />

ermittelt worden als an den anderen Stationen. Im<br />

Jahr <strong>2002</strong> liegen allerdings die Gehalte an der<br />

Mulde deutlich unter denen bei Schmilka und Mag-<br />

39<br />

ausgewählte PAK, mg/kg<br />

50<br />

40<br />

10<br />

8<br />

6<br />

4<br />

2<br />

CZ | D<br />

Fluoranthen<br />

Benzo(a)pyren<br />

0<br />

-364 -200 0 200 400 600 800<br />

deburg. An der Staatsgrenze in Schmilka ist zu<br />

erkennen, dass <strong>nach</strong> <strong>dem</strong> Extremereignis <strong>2002</strong><br />

(rote Linie in Abb. 4-4) deutlich höhere Fluoranthen-Gehalte<br />

aufgetreten sind als im langjährigen<br />

Trend (schwarze Linie in Abb. 4-5). Dies ist als<br />

Indiz dafür zu werten, dass das <strong>Hochwasser</strong> <strong>2002</strong><br />

kurzfristig zusätzliche PAK-Quellen mobilisiert hat.<br />

Ein anderes Längsprofil der Sedimentbelastung<br />

<strong>nach</strong> <strong>dem</strong> <strong>Hochwasser</strong> <strong>2002</strong> ergibt sich bezüglich<br />

der Polychlorierten Biphenyle (PCB, Abb. 4-6 auf<br />

Seite 41). Hier wird die besondere Betroffenheit der<br />

Standorte in der Tschechischen Republik offenkundig.<br />

Dabei entspricht die vorgefundene Belastungshöhe<br />

während und <strong>nach</strong> <strong>dem</strong> <strong>Hochwasser</strong> im Jahr<br />

<strong>2002</strong>, sowohl an der Deutsch-Tschechischen<br />

Grenze (Messstation Schmilka) als auch an der<br />

Mulde und in Magdeburg der Belastungssituation<br />

im langjährigen Trend (Abb. 4-7).<br />

Mulde<br />

Lostau<br />

<strong>Elbe</strong>-km<br />

Abb. 4-4 Benzo(a)pyren und Fluoranthen in Oberflächensedimenten<br />

der <strong>Elbe</strong> im Längsprofil von der Tschechischen<br />

Republik bis zur Nordsee, September <strong>2002</strong><br />

(148).<br />

Fluoranthen, mg/kg<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

0<br />

Schmilka<br />

Dessau (Mulde)<br />

Magdeburg<br />

1996 1997 1998 1999 2000 2001 <strong>2002</strong> 2003<br />

Abb. 4-5 Zeitliche Belastungsentwicklung von Fluoranthen<br />

in der <strong>Elbe</strong> bei Schmilka und Magdeburg, und in<br />

der Mulde bei Dessau (Daten 18).


FRANK KRÜGER ABSCHNITT 4SCHADSTOFFE IM SCHLAMM<br />

Polyzyklische Aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK)<br />

PAK sind als Dauergift weit verbreitet, sie sind<br />

schwer abbaubar und kaum in Wasser löslich. PAK<br />

besitzen einen dumpf-muffigen Geruch, der oftmals<br />

belästigend wirkt. Zahlreiche Verbindungen sind<br />

krebserzeugend.<br />

Die Aufnahme der Stoffe erfolgt durch die Atmung<br />

der belasteten Luft über die Lunge, wobei Autoabgase<br />

und Tabakrauch für die allgemeine Bevölkerung<br />

am bedeutendsten sind. Die Aufnahme kann<br />

aber auch durch die Nahrung und das Trinkwasser<br />

sowie durch die Haut geschehen. Die den kleinsten<br />

Rußteilchen in der Luft anhaftenden PAK können<br />

bis in die Alveolen der Lunge vordringen. Es<br />

besteht die Möglichkeit, dass sie über die Lunge in<br />

die Blutbahn und Lymphwege gelangen, und von<br />

dort zu weiteren Organen transportiert werden. In<br />

der Lunge selbst bzw. an anderen Orten im Körper<br />

können sie dann chemisch umgewandelt werden.<br />

Erst durch diese Umwandlung (Metabolisierung)<br />

entstehen aus den PAK die eigentlichen krebserzeugenden<br />

Stoffe (70).<br />

Bei einer durchschnittlichen inhalativen Aufnahme<br />

des Benzo(a)pyrens (der Leitsubstanz) von 9 ng<br />

bzw. 37 ng eines Nichtrauchers im ländlichen bzw.<br />

Ballungsgebiet ergibt sich ein Risiko von 1 : 25.000<br />

bzw. 1 : 6.000 an Bronchialkrebs oder Lungenkrebs<br />

zu erkranken. Bei einem Raucher, der 20 Zigaretten<br />

pro Tag verbraucht und somit etwa 400 ng des<br />

Schadstoffs zusätzlich aufnimmt, steigt das Krebsrisiko<br />

dramatisch an.<br />

Über die Luft und den Boden gelangen die Schadstoffe<br />

auf zahlreiche Lebensmittel, insbesondere<br />

auf Blattgemüse und Obst sowie ins Trinkwasser.<br />

Die höchsten PAK-Gehalte befinden sich jedoch in<br />

Räucherwaren (86) und ggf. auf Grillgut. Da man<br />

gewöhnlich mehr Gemüse als geräucherte Lebensmittel<br />

zu sich nimmt, kann die PAK-Aufnahme über<br />

Gemüse die größere Rolle spielen. Bei kontinuierlicher<br />

Aufnahme kann Benzo(a)pyren in bestimmter<br />

PCB stellen eine Gruppe von über 200 Organochlorverbindungen<br />

dar, die in ihrer Grundstruktur<br />

zwar sehr ähnlich sind, sich aber durch die Anzahl<br />

und Stellung der Chloratome am Biphenylring<br />

unterscheiden. Damit gehen sehr unterschiedliche<br />

Eigenschaften einher. So nimmt die Wasserlöslichkeit<br />

und die Reaktivität mit steigen<strong>dem</strong> Chlorierungsrad<br />

ab, während gleichzeitig die Fettlöslichkeit<br />

und die Anreicherungstendenz im Organismus<br />

zunimmt. Handelsprodukte stellten meist Gemische<br />

unterschiedlicher PCB dar, deren Chlorgehalt zwischen<br />

30-60% liegt (65).<br />

Dosis zu Magen-/Darmkrebs bzw. Blasenkrebs führen.<br />

Auch <strong>nach</strong> intensivem Hautkontakt mit PAK-Gemischen<br />

wurden beim Menschen kanzerogene Wirkungen<br />

beobachtet. So wird das stark krebserregende<br />

Benzo(a)pyren für verschiedene Berufskrankheiten<br />

wie den Hautkrebs bei<br />

Schornsteinfegern verantwortlich gemacht (85).<br />

Wichtige Grenzwerte:<br />

Boden (25)<br />

• Prüfwerte für Benzo(a)pyren für den Transferpfad<br />

Boden-Mensch-Direktaufnahme: Kinderspielflächen<br />

2 mg/kg, Wohngebiete 4 mg/kg, Park- und<br />

Freizeitanlagen 10 mg/kg, Industrie- und Gewerbegrundstücke<br />

12 mg/kg.<br />

• Prüfwert für Benzo(a)pyren für den Transferpfad<br />

Boden-Nutzpflanze bei Ackerbau und Nutzgärten<br />

im Hinblick auf die Pflanzenqualität 1 mg/kg.<br />

• Prüfwert für die Summe der PAK ohne Naphthalin<br />

und Methylnaphthalin für den Transferpfad<br />

Boden-Grundwasser 0,2 µg/l.<br />

Trinkwasser (40):<br />

Summe der PAK 0,1 µg/l; Benzo(a)pyren 0,01 µg/l.<br />

Futtermittel (52): -<br />

Lebensmittel (159): Höchstmengen für Benzo(a)pyren:<br />

Geräuchertes Fleisch 5 µg/kg; Muskelfleisch<br />

von geräuchertem Fisch 5 µg/kg, Muskelfleisch von<br />

anderem Fisch 2 µg/kg.<br />

Gefahrstoffe am Arbeitsplatz (150):<br />

Der MAK-Wert in Deutschland für Benzo(a)pyren in<br />

der Luft wurde mit 0,005 mg/m³ für die Strangpechherstellung<br />

und den Ofenbereich von Kokereien<br />

sowie für übrige Arbeitsplätze mit 0,002 mg/m³ festgelegt.<br />

In der Bundesrepublik Deutschland wurden etwa<br />

seit 1930 rund 23.000 Tonnen Polychlorierte Biphenyle<br />

(PCB) in "offenen Systemen", d.h. umweltzugänglich,<br />

eingesetzt (Schmiermittel in Getriebeölen<br />

und Schraubenfetten, in Imprägnier- und<br />

Flammschutzmitteln, in Klebstoffen und als Weichmacher<br />

in Dichtungsmassen und Fugenkitten). Es<br />

ist davon auszugehen, dass diese größtenteils in<br />

die Umwelt entweichen konnten. Seit 1978<br />

beschränkt die Bundesrepublik Deutschland die<br />

PCB-Anwendung ausschließlich auf "geschlossene<br />

Systeme" wie Transformatoren, Hydrauliköle und<br />

40


BÖHME M, KRÜGER F, OCKENFELD K, GELLER, W (HRSG, 2005) SCHADSTOFFBELASTUNG NACH DEM ELBE-HOCHWASSER <strong>2002</strong><br />

PCB, µg/kg<br />

Kondensatoren. Seit 1983 ist die Herstellung von<br />

PCB in Deutschland vollständig eingestellt; seit<br />

1989 dürfen in Deutschland auch keine PCB-haltigen<br />

Stoffe mehr in den Verkehr gebracht oder verwendet<br />

werden.<br />

Trotz<strong>dem</strong> bleibt ein weiterer PCB-Eintrag nicht ausgeschlossen,<br />

da große Anteile der PCB in "offenen"<br />

und "geschlossenen Systemen" noch vorhanden<br />

sind und eine Emission aus diesen Quellen durch<br />

langsamen Zerfall und Freisetzung (Hausmüllverbrennung,<br />

Mülldeponien, nicht sachgemäße Entsorgung)<br />

nur schwer verhindert werden kann (69).<br />

Während die Darstellung der PAK und PCB-<br />

Gehalte von Schlämmen die besondere Belastungssituation<br />

in der Tschechischen Republik verdeutlichen,<br />

zeigt das Längsprofil der Organozinnverbindungen,<br />

dass die Mulde, insbesondere der<br />

41<br />

300<br />

250<br />

200<br />

150<br />

100<br />

50<br />

Moldau<br />

CZ | D<br />

0<br />

-364 -200 0 200 400 600 800<br />

Mulde<br />

<strong>Elbe</strong>-km<br />

Abb. 4-6 Polychlorierte Biphenyle in Oberflächensedimenten<br />

der <strong>Elbe</strong> im Längsprofil von der Tschechischen<br />

Republik bis zur Nordsee (September <strong>2002</strong>, Summe<br />

aus 6 PCB; Daten 148).<br />

PCB, µg/kg<br />

900<br />

800<br />

700<br />

600<br />

500<br />

400<br />

300<br />

200<br />

100<br />

0<br />

Schmilka<br />

Dessau (Mulde)<br />

Magdeburg<br />

1996 1997 1998 1999 2000 2001 <strong>2002</strong> 2003<br />

Abb. 4-7 Zeitliche Belastungsentwicklung von Polychlorierten<br />

Biphenylen in der <strong>Elbe</strong> bei Schmilka und Magdeburg,<br />

und in der Mulde bei Dessau (Summe aus 6 PCB,<br />

Daten 18).<br />

Organozinnverbindungen, µgSn/kg<br />

Dibutylzinn, µgSn/kg<br />

2600<br />

2400<br />

1000<br />

800<br />

600<br />

400<br />

200<br />

0<br />

-364 -200 0 200 400 600 800<br />

Abb. 4-8 Organozinnverbindungen in Oberflächensedimenten<br />

der <strong>Elbe</strong> im Längsprofil von der Tschechischen<br />

Republik bis zur Nordsee (September <strong>2002</strong>, MBT:<br />

Monobutylzinn, DBT: Dibutylzinn, TBT: Tributylzinn,<br />

TeBT: Tetrabutylzinn; Daten 148).<br />

1400<br />

1200<br />

1000<br />

800<br />

600<br />

400<br />

200<br />

0<br />

MBT<br />

DBT<br />

TBT<br />

TeBT<br />

CZ | D<br />

Bilina<br />

Schmilka<br />

Dessau (Mulde)<br />

Magdeburg<br />

1996 1997 1998 1999 2000 2001 <strong>2002</strong> 2003<br />

Abb. 4-9 Zeitliche Belastungsentwicklung von Dibutylzinn<br />

in der <strong>Elbe</strong> bei Schmilka und Magdeburg, und in<br />

der Mulde bei Dessau (Daten 18).<br />

Industriepark Bitterfeld-Wolfen und seine Altablagerungen,<br />

eine bedeutsame Schadstoffquelle für die<br />

<strong>Elbe</strong> darstellen. Darüber hinaus ist erkennbar, dass<br />

höchste Belastungen mit Tributylzinn (TBT) im<br />

Hamburger Hafen auftreten.<br />

Tributylzinn wird <strong>nach</strong> wie vor in Antifoulinganstrichen<br />

an Schiffsrümpfen aufgetragen. TBT unterbindet<br />

das Wachstum von Süß- und Seewasserorganismen<br />

auf der Schiffshaut und ermöglicht damit<br />

den Schiffen eine schnellere Fahrt. Monobutyl- und<br />

Dibutylzinnverbindungen sind u.a. Abbauprodukte<br />

des Tributylzinns. Tetrabutylzinn ist die Ausgangssubstanz<br />

für die Tributylzinnherstellung. Die hohen<br />

Gehalte in der mittleren <strong>Elbe</strong> unterstromig der Mul<strong>dem</strong>ündung<br />

stammen aus der ehemaligen Antifouling-Produktion<br />

in Bitterfeld-Wolfen, die bis heute in<br />

den Sedimenten von Mulde und <strong>Elbe</strong> <strong>nach</strong>weisbar<br />

ist (Abb. 4-8).<br />

Mulde<br />

<strong>Elbe</strong>-km<br />

HH-Hafen


FRANK KRÜGER ABSCHNITT 4SCHADSTOFFE IM SCHLAMM<br />

Polychlorierte Biphenyle (PCB)<br />

Die Toxizität von PCB wurde erstmals 1968 bei<br />

einem Unglücksfall in Japan deutlich, bei <strong>dem</strong> PCB<br />

aus einer undichten Verarbeitungsanlage in Reisöl<br />

gelangten und Massenvergiftungen bei über 1500<br />

Menschen auslöste. Dieser Unglücksfall, der als<br />

"Yusho-Krankheit" in die Geschichte einging, rüttelte<br />

erstmals die Öffentlichkeit hinsichtlich der<br />

PCB-Problematik wach (88). Es wurden Symptome,<br />

wie Lidschwellungen, Chlorakne, Hautverfärbungen,<br />

Sehstörungen sowie Schwäche und<br />

Müdigkeit festgestellt. Im weiteren Verlauf kamen<br />

Blindheit, Gelbsucht, Diarrhoe, Veränderungen des<br />

Menstruationszyklus (92), Kopfschmerz und Haarausfall<br />

u.a. hinzu. Bei einer chronischen Belastung<br />

durch PCB stehen Enzyminduktion, reproduktions-,<br />

neuro- und immuntoxische Effekte im Vordergrund<br />

(82). Die WHO hält die Humankanzerogenität der<br />

PCB für begrenzt bewiesen und sieht die Kanzerogenität<br />

in Tieren als belegt an. Die Aufnahme<br />

erfolgt in erster Linie über die Nahrung. Der größte<br />

Anteil wird im Fettgewebe deponiert. PCB können<br />

darüber hinaus die Placenta-Schranke passieren,<br />

so dass der Fötus sowie der durch Muttermilch<br />

gestillte Säugling höher belastet sind als die Mutter.<br />

Hinsichtlich ihrer enzymatischen Wirkung spielen<br />

die koplanaren PCB eine besondere Rolle. Sie<br />

ähneln in ihrer Molekülstruktur <strong>dem</strong> "Seveso-<br />

Dioxin" und werden in der Infobox der Dioxine<br />

behandelt.<br />

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat eine<br />

Höchstmenge für die tägliche Aufnahme von PCB<br />

erarbeitet, den ADI-Wert (Acceptable Daily Intake).<br />

Dieser Wert wird mit Tierversuchen erarbeitet,<br />

in<strong>dem</strong> die maximale Schadstoffdosis, die das Tier<br />

ohne erkennbare Wirkung absorbieren kann, ermittelt<br />

wird. Dieser Wert heißt NOEL-Wert (No Observed<br />

Effect Level) und beträgt 16 µg/kg Körpergewicht<br />

(als Testorganismus dienten Rhesusaffen).<br />

Aus diesem Wert wurde unter der Annahme eines<br />

Sicherheitsfaktors von 16 ein ADI-Wert für den<br />

Menschen entwickelt, der bei 1 µg/kg Körpergewicht<br />

liegt (83). Die annehmbare Tagesdosis für<br />

einen 70 kg schweren Erwachsenen beträgt <strong>dem</strong><strong>nach</strong><br />

70 µg PCB. Bei maximalen PCB-Konzentrationen<br />

von über 200 µg/kg im Schlamm bedeutet<br />

dies, dass ca. 300 g Schlamm die annehmbare<br />

Tagesdosis enthielten.<br />

Wichtige Grenzwerte:<br />

Anmerkung: die hier aufgezeigten Werte gelten für<br />

sogenannte Leit-oder auch Indikatorkongenere der<br />

Polychlorierten Biphenyle (PCB), nicht für die<br />

dioxinähnlichen PCB.<br />

Boden (25):<br />

• Prüfwerte für PCB* für den Transferpfad Boden-<br />

Mensch-Direktaufnahme: Kinderspielflächen 0,4<br />

mg/kg, Wohngebiete 0,8 mg/kg, Park- und Freizeitanlagen<br />

2 mg/kg, Industrie- und Gewerbegrundstücke<br />

40 mg/kg.<br />

• Maßnahmenwert für PCB* für den Transferpfad<br />

Boden-Nutzpflanze bei Grünlandflächen im Hinblick<br />

auf die Pflanzenqualität 0,2 mg/kg.<br />

• Prüfwert für PCB gesamt für den Transferpfad<br />

Boden-Grundwasser 0,05 µg/l.<br />

*Werden PCB-Gesamtgehalte ermittelt, sind diese<br />

durch den Faktor 5 zu dividieren, da sich die Werte<br />

der Bodenschutzverordnung lediglich auf sechs<br />

spezifische PCB beziehen.<br />

Trinkwasser (40): -<br />

Futtermittel (52): -<br />

Lebensmittel (135): Für die PCB Nr. 28, 52, 101<br />

und 180 (IUPAC-Nummer, Systematische Nummerierung<br />

der PCB-Komponenten <strong>nach</strong> den Regeln<br />

der Internationalen Union für reine und angewandte<br />

Chemie) gelten: Fleisch (1) vom Kalb, Pferd,<br />

Kaninchen, Hähnchen, Puten und Federwild sowie<br />

Haarwild mit Ausnahme von Wildschweinen; sonstiges<br />

Fleisch von warmblütigen Schlachttieren und<br />

Wildschweinen mit einem Fettgehalt bis 10%:<br />

0,008 mg/kg. Fleisch (2) von warmblütigen<br />

Schlachttieren mit einem Fettgehalt von >10%:<br />

0,08 mg/kg, wobei sich die Höchstmenge auf die<br />

Analyse des Fettes bezieht. Süßwasserfisch: 0,2<br />

mg/kg, der Wert bezieht sich auf die essbaren<br />

Teile. Seefisch: 0,08 mg/kg. Milch: 0,04 mg/kg, der<br />

Wert gilt für das in der Milch enthaltene Fett. Eier:<br />

0,02 mg/kg. Der Wert gilt für Eier ohne Schale. Für<br />

die PCB 138 und 153 gelten folgende Werte:<br />

Fleisch (1): 0,01 mg/kg, Fleisch (2): 0,1 mg/kg,<br />

Süßwasserfisch: 0,3 mg/kg, Seefisch: 0,1 mg/kg,<br />

Milch: 0,05 mg/kg, Eier: 0,02 mg/kg.<br />

Gefahrstoffe am Arbeitsplatz (150):<br />

Der MAK-Wert in Deutschland für PCB mit einem<br />

Chlorgehalt von bis zu 42% in der Luft wurde mit 1<br />

mg/m³ ,für PCB mit einem Chlorgehalt von bis zu<br />

54% mit 0,5 mg/m³ festgelegt.<br />

42


BÖHME M, KRÜGER F, OCKENFELD K, GELLER, W (HRSG, 2005) SCHADSTOFFBELASTUNG NACH DEM ELBE-HOCHWASSER <strong>2002</strong><br />

Organozinnverbindungen<br />

Tributylzinn (TBT) gilt als Leitverbindung der Organozinnverbindungen.<br />

Tierexperimentelle Untersuchungen<br />

zeigten Wirkungen von TBT auf Leber,<br />

Nieren, Nerven- und Blutsystem. Außer<strong>dem</strong> gilt es<br />

als endokrin wirksame Substanz, d.h. sie kann das<br />

Hormonsystem beeinflussen. Sie ist die einzige<br />

Substanz, die androgen, d.h. vermännlichend wirkt<br />

(72). Beim Menschen stehen allerdings die Wirkungen<br />

auf das Immunsystem im Vordergrund. Der<br />

diesbezügliche NOEL-Wert (no observed effect<br />

level), also die Schadstoffmenge, die noch keine<br />

Wirkung im Organismus zeigt (ermittelt an Ratten),<br />

liegt bei 0,025 mg/kg Körpergewicht (71). Von der<br />

Weltgesundheitsorganisation wurde eine tolerierbare<br />

tägliche Aufnahme (TDI, Tolerable Daily<br />

Intake) von 0,00025 mg/kg (=0,25 µg/kg) Körpergewicht<br />

formuliert. Für ein 30 kg schweres Kind<br />

bedeutet dies eine tolerierbare tägliche Aufnahme<br />

von 7,5 µg Tributylzinn bzw. 3 µg Zinn aus<br />

TBT.<br />

TBT wird im Menschen (und anderen Säugetieren)<br />

zu Dibutyl- und Monobutylzinn-Verbindungen<br />

umgewandelt. Dibutylzinn wird eine <strong>dem</strong> Tributylzinn<br />

ähnliche Wirkung <strong>nach</strong>gesagt, bei Monobutylzinn<br />

spielt die Immuntoxizität nur eine untergeordnete<br />

Rolle.<br />

Bei Konzentrationen von über 500 µg/kg Zinn aus<br />

Tri- und Monobutylzinn, wie sie beispielsweise<br />

gleich <strong>nach</strong> <strong>dem</strong> <strong>Hochwasser</strong> an der Mulde und der<br />

unterstromigen <strong>Elbe</strong> auftraten, enthalten ca. 5 g<br />

Schlamm (also ca. ein kräftiger Schluck) die täglich<br />

tolerierbare Organozinnmenge. Bei dermaler Aufnahme<br />

werden TBT-Verbindungen als nur moderat<br />

toxisch eingestuft. Bei Dockarbeitern wurden <strong>nach</strong><br />

Exposition mit TBT- haltigen Dämpfen und Stäuben<br />

Hautirritationen, Schwindel, Atemschwierigkeiten<br />

und grippeähnliche Symptome beobachtet. Augenund<br />

nasale Schleimhautreizungen können ebenfalls<br />

auftreten.<br />

Rund 80 Prozent der weltweiten Produktion von<br />

TBT wird in Schiffsanstrichen verwendet. Allein in<br />

der Nordsee werden jährlich durch die Schifffahrt<br />

90 bis 100 Tonnen TBT freigesetzt, das sich besonders<br />

in Sedimenten anreichert. Für Boote unter<br />

25 m Länge ist die Anwendung in Deutschland seit<br />

1989 verboten. EU weit ist seit 2003 der Verkauf<br />

und die Anwendung von TBT untersagt.<br />

Darüber hinaus dienen Organozinnverbindungen in<br />

steigen<strong>dem</strong> Maße als Stabilisatoren für Kunststoffe.<br />

Sie werden außer<strong>dem</strong> in textilen Produkten wie<br />

Teppichen und Kleidung eingesetzt, in denen die<br />

43<br />

Die androgene Wirkung des TBT wurde bereits<br />

angesprochen. Sie wurde vor allem an Wasserschnecken<br />

beobachtet und erforscht (5). Die Wirkungsweise<br />

des TBT basiert auf einer Blockierung<br />

der Östrogen- und einer Erhöhung der Testosteronproduktion,<br />

was bei vielen Tierarten zu Missbildungen<br />

führt und das Aussterben von ganzen Populationen<br />

mit noch unvorhersehbaren Konsequenzen<br />

für das Ökosystem zur Folge haben kann. Entlang<br />

der Schiffsrouten der Nordsee starben Meeresschnecken<br />

aus, da nur noch Tiere mit männlichen<br />

Geschlechtsmerkmalen vorkamen. Im Kieler Olympiahafen<br />

sind laut einer Studie der Universität Münster<br />

mittlerweile fast alle Weibchen der dort lebenden<br />

Strandschnecke unfruchtbar (72).<br />

Beim Nachweis von Schädigungen steht die Forschung<br />

zum großen Teil noch am Anfang, bei Wasserlebewesen<br />

allerdings wurden bereits deutliche<br />

Veränderungen <strong>nach</strong>gewiesen. Um den derzeitigen<br />

Wissensstand zusammenzufassen, erstellte das<br />

Institut für Toxikologie der Christian-Albrechts-Universität<br />

Kiel im Auftrag des Umweltbundesamtes<br />

eine Literaturstudie über "Substanzen mit endokriner<br />

Wirkung in Oberflächengewässern". Diese Studie<br />

kann auch beim Umweltbundesamt bestellt<br />

werden (www.uba.de).<br />

Wichtige Grenzwerte:<br />

Boden (25): -<br />

Trinkwasser (40): -<br />

Futtermittel (52): -<br />

Lebensmittel: -<br />

Gefahrstoffe am Arbeitsplatz (150):<br />

Der MAK-Wert in Deutschland für Tributylzinn in<br />

der Luft wurde mit 0,05 mg/m³ festgelegt.<br />

Chemikalien durch ihre "antibakteriellen Eigenschaften"<br />

der Geruchsbildung entgegen wirken sollen.<br />

Außer<strong>dem</strong> wird TBT als Desinfektions- und<br />

pilzabtötendes Mittel in Leder, Papier und Holz verwendet.<br />

Auch in industriellen Wassersystemen wie<br />

Kühltürmen wird TBT verwendet. Das TBT-ähnliche<br />

Triphenylzinn (TPhT) ist zu<strong>dem</strong> Bestandteil in einigen<br />

Bioziden.<br />

Aber zurück zur <strong>Elbe</strong>: Auch die Betrachtung der<br />

zeitlichen Belastungsentwicklung, hier am Beispiel<br />

des Dibutylzinns (Abb. 4-9), verdeutlicht die herausragende<br />

Bedeutung der Mulde für die Bela-


FRANK KRÜGER ABSCHNITT 4SCHADSTOFFE IM SCHLAMM<br />

Dioxine/Furane, WHO-TEQ, ng/kg<br />

160<br />

140<br />

120<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

Safe Sediment Value<br />

CZ | D<br />

Bilina<br />

0<br />

-364 -200 0 200<br />

<strong>Elbe</strong>-km<br />

400 600 800<br />

Abb. 4-10 Verteilung der Dioxin- und Furan-Toxizitätsäquivalente<br />

in Oberflächensedimenten der <strong>Elbe</strong> im Längsprofil<br />

von der Tschechischen Republik bis zur Nordsee<br />

(September <strong>2002</strong>; Daten 148).<br />

stung der Elbsedimente. Die Entwicklung der Sedimentqualität<br />

in der Mulde, wirkt sich unterstromig<br />

auch in Magdeburg aus, in<strong>dem</strong> die Dibutylzinngehalte<br />

seit den 1990er Jahren sinken. Die Gehalte in<br />

den <strong>Elbe</strong>sedimenten sind erwartungsgemäß niedriger<br />

als in der Mulde, werden sie ja durch nahezu<br />

organozinnfreie Schwebstoffe aus <strong>dem</strong> oberstromigen<br />

Elbabschnitt verdünnt (Ausnahme Hamburger<br />

Hafen).<br />

Die hohen Organozinnbefunde in den Schlämmen<br />

des Augusthochwassers <strong>2002</strong> finden jedoch nicht<br />

ihren Niederschlag in den Befunden der langjährigen<br />

Trendentwicklung (Abb. 4-9).<br />

Ein den Organozinnverbindungen vergleichbares<br />

Längsprofil zeigen die Dioxinbelastungen (Abb. 4-<br />

10). Bei der Darstellung der Dioxinbelastung werden<br />

nicht, wie bei anderen Schadstoffen, normale<br />

Konzentrationsangaben vorgenommen. Die Belastung<br />

wird in Toxizitätsäquivalenten ausgedrückt<br />

(siehe Box Dioxine, Furane und dioxinähnliche<br />

PCBs).<br />

Das Längsprofil zeigt eindeutig die Mulde als<br />

bedeutende Quelle für die <strong>Elbe</strong>. Dabei ist bekannt,<br />

dass auch in der Tschechischen Republik potenzielle<br />

Emittenten für Dioxine oder dioxinähnliche<br />

Substanzen vorhanden sind. In den Medien wurde<br />

während des <strong>Hochwasser</strong>s z.B. die Spolchemie in<br />

Neratovice als gefährlicher Ort bewertet. Diese<br />

Dioxine sind jedoch während des Extremhochwassers<br />

entweder in einem sehr hohen Maße durch<br />

unbelastetes Sediment verdünnt worden, oder sie<br />

haben, eher wahrscheinlich, das Betriebsgelände<br />

gar nicht erst verlassen. Messungen ergaben keine<br />

erhöhten Werte in der Oberen <strong>Elbe</strong>.<br />

Mulde<br />

Leider sind für Dioxine keine lückenlosen Zeitreihen<br />

aus der jüngeren Vergangenheit (10 Jahre)<br />

verfügbar, aus denen ein Trend ablesbar wäre. Es<br />

ist aber bekannt, dass die Dioxinbelastungen in der<br />

<strong>Elbe</strong> vor ca. 50 Jahren um ein Vielfaches höher<br />

gelegen haben müssen (49). Dies ist allerdings<br />

kein Grund zur Entwarnung, denn unterstromig des<br />

Muldezuflusses wird, mit Ausnahme der durch<br />

marine Sedimente beeinflussten <strong>Elbe</strong>mündung in<br />

die Nordsee, der Safe Sediment Value (46) für<br />

Fische und Seevögel überschritten.<br />

4.3 Welche Bedeutung haben die<br />

Belastungen im Schlamm für Mensch<br />

und Tier?<br />

Im vorhergehenden Abschnitt 4.2 wurde dargestellt,<br />

dass es keine einheitlich Belastung des<br />

Schlammes gibt, weder räumlich noch zeitlich. Darüber<br />

hinaus steht fest, dass es keine verbindlichen<br />

Grenzwerte für Schadstoffe im Hinblick auf den<br />

Transferpfad "Hautkontakt im <strong>Hochwasser</strong>fall" mit<br />

belasteten Schlämmen gibt. In diesem Zusammenhang<br />

muss angemerkt werden, dass es während<br />

des <strong>Hochwasser</strong>s nicht in je<strong>dem</strong> Fall zu einer Erhöhung<br />

der Schadstoffgehalte im Schwebstoff und<br />

Schlamm gekommen ist. In Magdeburg wurden in<br />

der zweiten Augusthälfte <strong>2002</strong> Verdünnungseffekte,<br />

also niedrigere Schadstoffgehalte beispielsweise<br />

für Quecksilber, PAKs und PCBs gemessen.<br />

Höhere Stoffkonzentrationen wurden dagegen für<br />

Arsen, Blei und HCH-Verbindungen gefunden (7).<br />

Es ist davon auszugehen, dass der kurzzeitige<br />

Kontakt mit belastetem Schlamm keine <strong>nach</strong>haltigen<br />

Folgen hat. Anders sieht es beispielsweise mit<br />

Organismen aus, deren Lebensraum vom<br />

Schlamm geprägt ist, bzw. deren Lebensraum mit<br />

<strong>dem</strong> Schlamm im Stoffaustausch steht.<br />

Daher gibt es auch von der Internationalen Kommission<br />

zum Schutz der <strong>Elbe</strong> (IKSE) Zielvorgaben<br />

zur Beurteilung der Gewässergüte hinsichtlich der<br />

in ihnen vorkommenden Lebensgemeinschaften.<br />

Des Weiteren wurden Zielvorgaben für Sedimente<br />

formuliert, die eine landwirtschaftliche Verwendung<br />

finden können. Tab. 4-1 enthält die Zielvorgaben<br />

der IKSE für Sedimente bezüglich der Schutzgüter<br />

"Aquatische Lebensgemeinschaft" und "Landwirtschaftliche<br />

Verwertung" und stellt sie den gemessenen<br />

Sedimentqualitäten der Jahre 2001 und 2003<br />

an den ARGE-<strong>Elbe</strong> Messstationen Schmilka, Dessau<br />

(Mulde) und Magdeburg gegenüber.<br />

Aus Tab. 4-1 wird ersichtlich, dass die Sedimentqualität<br />

auch bei "normaler" Wasserführung als<br />

äußerst unbefriedigend einzustufen ist. Sowohl hinsichtlich<br />

des Schutzgutes "Aquatische Lebensgemeinschaft"<br />

als auch hinsichtlich der "landwirtschaftlichen<br />

Verwertung" ist die Sedimentbelastung<br />

44


BÖHME M, KRÜGER F, OCKENFELD K, GELLER, W (HRSG, 2005) SCHADSTOFFBELASTUNG NACH DEM ELBE-HOCHWASSER <strong>2002</strong><br />

Dioxine, Furane und dioxinähnliche PCBs<br />

Herkunft und Verbreitung: Dioxine und Furane,<br />

genauer gesagt, die polychlorierten Dibenzo-pdioxine<br />

(PCDD) und Dibenzofurane (PCDF) stellen<br />

eine Substanzgruppe dar, die aus 75 bzw. 135 Einzelverbindungen<br />

bestehen. Es handelt sich um<br />

farb- und geruchlose organische Verbindungen, die<br />

aus Kohlenstoff, Chlor und Wasserstoff aufgebaut<br />

sind. Dioxine sind niemals vorsätzlich erzeugt worden,<br />

sondern sie stellen Nebenprodukte chemischer<br />

Reaktionen dar. Dioxine und Furane, der Einfachheit<br />

halber werden sie im Folgenden nur noch<br />

Dioxine genannt, entstehen bei der Herstellung von<br />

Chemikalien, Pestiziden, Anstrichfarben, beim Bleichen<br />

von Zellstoff und Papier mit Hilfe von Chlor<br />

oder auch bei Müllverbrennungsprozessen. Eine<br />

natürliche Quelle sind Waldbrände. Temperaturen<br />

über 300°C und die Anwesenheit von Chlor führen<br />

zur Entstehung von Dioxinen. Bei Temperaturen ab<br />

900°C werden sie wieder zerstört (87). Dioxine liegen<br />

immer als Gemische von Einzelverbindungen<br />

(Kongenere) mit unterschiedlicher Zusammensetzung<br />

vor. Von den insgesamt 210 Dioxinen sind<br />

allerdings nur 17 toxikologisch relevant. Die Leitsubstanz<br />

stellt das "Seveso-Dioxin", das 2,3,7,8<br />

Tetrachlor-Dibenzo-p-Dioxin (2,3,7,8 TCDD) dar,<br />

das 1976 bei einem Chemieunfall in der oberitalienischen<br />

Stadt Seveso in die Umwelt gelangte.<br />

Lediglich 135 g des starken Giftes entwichen und<br />

töteten zahlreiche Tiere, 193 Menschen erlitten<br />

Hautverletzungen. Die 17 toxischen Verbindungen<br />

setzten sich aus 7 Dioxinen und 10 Furanen<br />

zusammen. Nur diese werden zur Beurteilung der<br />

Toxizität herangezogen. Dabei wird die giftige Wirkung<br />

als Toxizitätsäquivalent (TEQ) im Verhältnis<br />

zu der von 2,3,7,8 TCDD ausgedrückt.<br />

Problematisch ist, dass unterschiedliche Faktoren<br />

zur Berechnung der Toxizitätsäquivalente (TEQ)<br />

herangezogen werden. In der Folge gibt es unter-<br />

45<br />

2,3,7,8 Tetrachlor-Dibenzo-p-Dioxin<br />

8<br />

7<br />

Cl<br />

Cl<br />

9<br />

6<br />

O<br />

O<br />

1<br />

4<br />

Cl<br />

Cl<br />

2,3,7,8 Tetrachlor-Dibenzofuran<br />

8<br />

7<br />

Cl<br />

Cl<br />

O<br />

1<br />

4<br />

Cl<br />

Cl<br />

Abb. 4-11 Strukturformel von Dioxinen und Furanen<br />

2<br />

3<br />

2<br />

3<br />

schiedliche Bewertungen für die gleichen Substanzen.<br />

Es gibt die I-TEQ, die international akzeptiert<br />

sind und die auch in der 17. BImSchV und der TA<br />

Luft sowie der BBodSchV verwendet werden. Sie<br />

wurden von der North Atlantic Treaty Organization,<br />

Committee on Challenges of modern Society<br />

(NATO/CCMS) eingeführt. Von diesen weichen die<br />

WHO-TEQ, die Toxizitätsäquivalente der Weltgesundheitsorganisation,<br />

etwas ab. Prinzipiell wurde<br />

in beiden Systemen der giftigsten Substanz, <strong>dem</strong><br />

2,3,7,8 TCDD der Toxizitätsfaktor 1 zugewiesen,<br />

allen anderen Dioxinen, entsprechend ihrer toxikologischen<br />

Bedeutung ein Faktor kleiner als 1. Laut<br />

Umweltbundesamt (87) haben sich die Dioxinemissionen<br />

in die Luft zwischen 1990 und 2000 von<br />

1200 g I-TEQ pro Jahr auf weniger als 70 g I-TEQ<br />

reduziert. Die Metallverarbeitung und die Müllverbrennung<br />

stellen da<strong>nach</strong> die größten Emissionsbereiche<br />

dar. Lahl (2005), aus <strong>dem</strong> Bundesministerium<br />

für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit,<br />

veröffentlicht dagegen für die Jahre 1985 bis<br />

1990 rund 1000 g I-TEQ höhere luftseitige Dioxinemissionen,<br />

die durch die Herstellung chemischer<br />

Produkte begründet sind. Darüber hinaus<br />

beschreibt Lahl, dass im gleichen Zeitraum die gleiche<br />

Größenordnung an Dioxinen in die Gewässer<br />

emittiert worden sind (102).<br />

Im Gegensatz zu den Dioxinen, sind die Polychlorierten<br />

Biphenyle synthetisierte, d.h. absichtlich<br />

hergestellte Produkte (siehe Infobox PCBs). Sie<br />

wurden durch die Chlorierung von Biphenylen hergestellt<br />

und einige von ihnen, die dioxinähnlichen<br />

PCB, sind besonders giftig. Von den insgesamt 209<br />

PCB sind es 12, die mit <strong>dem</strong> Dioxin vergleichbare<br />

Eigenschaften aufweisen. Auch ihnen wurden von<br />

der WHO Toxizitätsfaktoren zugeordnet (22).<br />

Die in den Feinsedimenten der <strong>Elbe</strong> vorgefundenen<br />

Dioxine und Furane zeigen ein typisches Kongenerenmuster<br />

der metallverarbeitenden Industrie. Götz<br />

et al. (56) verweisen auf die Ähnlichkeit der Kongenerenzusammensetzung<br />

zum Kieselrot, einer Altlast<br />

der Kupfergewinnung und der Magnesiumproduktion,<br />

wie sie im Bitterfelder Raum und in Staßfurt<br />

an der Bode erfolgte.<br />

4´<br />

Cl<br />

2,4,4` Trichlorbiphenyl<br />

3´<br />

5´<br />

2´<br />

6´<br />

2<br />

Cl<br />

6<br />

3<br />

5<br />

Cl<br />

Abb. 4-12 Strukturformel eines Polychlorierten Biphenyls<br />

4


FRANK KRÜGER ABSCHNITT 4SCHADSTOFFE IM SCHLAMM<br />

Aufnahme und humantoxische Wirkweise:<br />

Dioxine sind praktisch wasserunlöslich, jedoch sehr<br />

gut fettlöslich. Dies wiederum bedeutet, dass sie<br />

mit <strong>dem</strong> Sediment und mit organischen Stoffen in<br />

der Umwelt Bindungen eingehen und im tierischen<br />

und menschlichen Fettgewebe angereichert werden.<br />

Die Bioakkumulation der PCB übersteigt dabei<br />

diejenige der Dioxine. Da sie in der Umwelt nur<br />

sehr langsam abgebaut werden (sie gehören zu<br />

den POPs: Persistent Organic Pollutants), reichern<br />

sie sich in der Nahrungskette an.<br />

Die Aufnahme der Dioxine geschieht im Wesentlichen<br />

über den Verzehr von dioxinhaltigen Lebensmitteln.<br />

Die größten Dioxinmengen nehmen wir<br />

über den Verzehr von Fleisch und Milch zu uns.<br />

Auch wenn die Konzentrationen in fetthaltigen<br />

Fischen deutlich höher sind, Fischprodukte werden<br />

in Deutschland im Allgemeinen weniger konsumiert.<br />

Die Halbwertszeit des 2,3,7,8 TCDD beträgt<br />

im menschlichen Fettgewebe 7 Jahre, andere<br />

Dioxine werden wesentlich langsamer abgebaut<br />

(längste Halbwertszeit: 20 Jahre bei 2,3,4,7,8 Pentachlordibenzofuran).<br />

Da Dioxine die Plazentaschranke<br />

überwinden, ist bereits der Fötus <strong>dem</strong><br />

Schadstoff ausgesetzt. Auch das Stillen von Säuglingen<br />

mit fettreicher Muttermilch führt zu einer<br />

bedeutenden Dioxinaufnahme des Kindes. Nach<br />

wie vor wird aber das Stillen auch von der Weltgesundheitsorganisation<br />

aufgrund der überwiegenden<br />

positiven Wirkungen empfohlen. Aufgrund<br />

unterschiedlicher Essgewohnheiten nehmen Kinder,<br />

sie konsumieren z.B. deutlich mehr Milchprodukte,<br />

mehr Dioxine auf als Erwachsene.<br />

Ein Erwachsener nimmt in Deutschland täglich<br />

durch Dioxine und dioxinähnliche PCBs ca. 2 pg<br />

(ein Pikogramm = ein Billionstel Gramm) WHO-<br />

TEQ pro Kilogramm Körpergewicht auf (87). Die<br />

von der WHO formulierte tolerierbare tägliche Aufnahme<br />

liegt zwischen 1 bis 4 pg WHO-TEQ pro<br />

Kilogramm Körpergewicht, wobei aus Vorsorgegründen<br />

ein Wert unter 1 pg WHO-TEQ angestrebt<br />

werden soll.<br />

Bei einer durchschnittlichen Dioxinbelastung von<br />

50 ng/kg WHO-TEQ = 50.000 pg/kg WHO-TEQ des<br />

Sedimentes, wäre bereits in 1 Gramm Schlamm die<br />

täglich akzeptable Dioxinmenge für einen 70 kg<br />

schweren Erwachsenen enthalten.<br />

Eine akute Toxizität ist nur bei sehr hoher Schadstoffaufnahme,<br />

wie im Vergiftungsfall, zu erwarten.<br />

Die humankarzinogene Wirkung von 2,3,7,8 TCDD<br />

ist bekannt. Bei Tierversuchen wurden auch fruchtschädigende,<br />

Entwicklungs- und neurologisch<br />

bedingte Verhaltensstörungen, Wirkungen auf Entwicklung,<br />

Reproduktion, den Enzymhaushalt sowie<br />

immunotoxische Reaktionen beobachtet. Außer<strong>dem</strong><br />

können Dioxine Chlorakne verursachen.<br />

In Seveso hat sich <strong>nach</strong> der Katastrophe das<br />

Geschlechterverhältnis bei den Geburten verschoben.<br />

Männer, die zum Zeitpunkt der Dioxinkatastrophe<br />

noch jung waren, zeugten mehr Mädchen (87).<br />

Wichtige Grenzwerte:<br />

Boden (25):<br />

• Maßnahmenwerte für Dioxine/Furane in I-TEQ<br />

(<strong>nach</strong> NATO/CCMS) für den Transferpfad Boden-<br />

Mensch-Direktaufnahme: Kinderspielflächen<br />

100 ng/kg, Wohngebiete 1.000 ng/kg, Park- und<br />

Freizeitanlagen 1.000 ng/kg, Industrie- und<br />

Gewerbegrundstücke 10.000 ng/kg. Anmerkung:<br />

Beim Vorliegen dioxinhaltiger Laugenrückstände<br />

aus Kupferschiefer (Kieselrot) erfolgt eine Anwendung<br />

der Maßnahmenwerte aufgrund der geringen<br />

Resorption im menschlichen Organismus<br />

nicht unmittelbar zum Schutz der menschlichen<br />

Gesundheit, als vielmehr zum Zweck der <strong>nach</strong>haltigen<br />

Gefahrenabwehr.<br />

Die Bund/Länder Arbeitsgruppe Dioxine hat in<br />

ihrem 2. Bericht 1993 Richtwerte und Handlungsempfehlungen<br />

zur Bodennutzung vorgeschlagen,<br />

wobei bei mehr als 40 ng/kg I-TEQ, Einschränkungen<br />

der landwirtschaftlichen und gärtnerischen Nutzung<br />

empfohlen werden.<br />

Trinkwasser (40): -<br />

Futtermittel (129): Höchstmengen, ausgedrückt<br />

als Summen WHO-TEQ für PCDD/F: 0,75 ng/kg für<br />

sämtliche Einzelfuttermittel pflanzlichen Ursprungs.<br />

Lebensmittel (162): Höchstmengen, ausgedrückt<br />

als Summen WHO-TEQ in Fett für PCDD/F:<br />

Fleisch: Wiederkäuer 3 ng/kg, Geflügel und Zuchtwild<br />

2 ng/kg, Schweine 1 ng/kg; Fisch 4 ng/kg;<br />

Milch 3 ng/kg; Eier 3 ng/kg.<br />

Die vorliegenden Höchstmengen als rechtsverbindliche<br />

Grundlage zur Beurteilung von Lebensmitteln<br />

unterliegen momentan einem dynamischen Wandel.<br />

Beispielsweise wird bereits in geltenden EU-<br />

Verordnungen (EG) Nr. 2375/2001 die Festlegung<br />

neuer Höchstmengen bis zum 31.12.2006 vorausgesetzt.<br />

Außer<strong>dem</strong> sollen zukünftig die Toxizitäten<br />

der dioxinähnlichen PCB Berücksichtigung finden<br />

(<strong>2002</strong>/201/EG; EG-Amtsblatt Nr. L 67 S. 69).<br />

Gefahrstoffe am Arbeitsplatz (150):<br />

Der MAK-Wert in Deutschland für Dibenzodioxine<br />

und -furane in der Luft wurde mit 50 pg/m³ festgelegt.<br />

46


BÖHME M, KRÜGER F, OCKENFELD K, GELLER, W (HRSG, 2005) SCHADSTOFFBELASTUNG NACH DEM ELBE-HOCHWASSER <strong>2002</strong><br />

Tab. 4-1 Zielvorgaben der IKSE für unterschiedliche Schutzgüter und durchschnittliche Schadstoffgehalte in schwebstoffbürtigen<br />

Sedimenten an den ARGE-<strong>Elbe</strong> Messstationen in Schmilka, in Dessau (Mulde) und in Magdeburg. Überschreitungen<br />

einzelner Zielvorgaben sind rot markiert.<br />

Stoff Zielvorgaben der IKSE Schmilka Dessau (Mulde) Magdeburg<br />

bei einzelnen Stoffen zu hoch. Und zwar an allen<br />

drei ausgewählten Messstellen. Die Belastung des<br />

Sedimentes bezüglich der Arsen-, Blei- und Cadmium-,<br />

HCH- und Tributylzinngehalte bei Dessau<br />

an der Mulde übersteigt die Konzentrationen an der<br />

Deutsch-Tschechischen Grenze und in Magdeburg<br />

um ein Mehrfaches. Die Hexachlorbenzengehalte<br />

im Sediment bei Schmilka sowie die Quecksilberund<br />

AOX-Gehalte bei Magdeburg sind jedoch<br />

immer noch "herausragend". Somit gibt es kein<br />

unbelastetes Sediment, wohl aber deutliche regionale<br />

Unterschiede, wie sie auch in Abb. 4-10, Verteilung<br />

der Dioxin-Toxizitätsäquivalente (TEQ) <strong>nach</strong><br />

<strong>dem</strong> <strong>Hochwasser</strong> <strong>2002</strong>, zu erkennen sind. Insbesondere<br />

bei den Dioxinen ist unterstromig der<br />

Mulde bis unterhalb Hamburg an sämtlichen Standorten<br />

mit einer Überschreitung des "Safe Sediment<br />

Value" von 20 TEQ ng/kg mit Folgen für die<br />

47<br />

Schutzgut<br />

„Landwirtschaftliche<br />

Verwertung“<br />

Schutzgut<br />

„Aquatische Lebensgemeinschaften“<br />

Medianwerte Medianwerte Medianwerte<br />

2001 2003 2001 2003 2001 2003<br />

Anorganische Schadstoffe, Fraktion < 20 µm, alle Angaben in mg/kg<br />

Arsen 30 40 24 27 188 252 27,2 27<br />

Blei 100 100 90 83 249 307 124 93<br />

Cadmium 1,5 1,2 3,2 3,7 27 18 6,0 5,2<br />

Chrom 150 320 99 87 90 109 105 84<br />

Kupfer 80 80 87 82 113 111 106 87<br />

Quecksilber 0,8 0,8 1,8 1,6 2,4 2,7 3,6 3,2<br />

Nickel 60 120 58 48 142 119 54 47<br />

Zink 200 400 895 1250 2355 1915 1135 1090<br />

Organische Schadstoffe, Gesamtprobe, alle Angaben in µg/kg<br />

γ-HCH 10


FRANK KRÜGER ABSCHNITT 5WELCHES SIND DIE LANGFRISTIGEN FOLGEN DER GEWÄSSERBELASTUNG?<br />

5 Welches sind die langfristigen Folgen der Gewässerbelastung?<br />

In den vorangegangenen Kapiteln wurde über das<br />

Vorkommen, die Herkunft und den Transport von<br />

ausgewählten Schadstoffen und ihren Konzentrationen<br />

im Wasser und Schlamm der <strong>Elbe</strong> und<br />

Mulde berichtet. Dabei wurde deutlich, dass die<br />

kurzzeitigen Belastungsschwankungen sowohl für<br />

den Mensch als auch für die Tiere im Gewässersystem<br />

von untergeordneter Bedeutung sind. Das gilt<br />

auch für die <strong>Hochwasser</strong>situation im August <strong>2002</strong>.<br />

Viel bedeutender ist in diesem Ökosystem die langfristige<br />

Belastung mit einer Vielzahl von anorganischen<br />

und organischen Schadstoffen, deren<br />

Zusammenwirken noch weitgehend unbekannt ist.<br />

Hierbei stehen toxische Langzeiteffekte (z.B.<br />

androgene Wirkung von Tributylzinn, hormonelle<br />

Wirkung von Polychlorierten Biphenylen, immuntoxische<br />

Effekte von Dioxinen) oder aber auch die<br />

Anreicherung von Schadstoffen in der Nahrungskette<br />

und die <strong>nach</strong>haltige Beeinträchtigung des<br />

Grundwassers im Vordergrund.<br />

5.1 Welche Transferpfade für Schadstoffe<br />

sind für den Menschen von Bedeutung?<br />

Es gibt mehrere Pfade über die der Mensch mit<br />

Schadstoffen belastet werden kann. Beispielsweise<br />

ist es möglich, gasförmige Stoffe mit der Atemluft<br />

aufzunehmen, genauso wie es möglich ist, über<br />

den direkten Hautkontakt mit Umweltkontaminanten<br />

belastet zu werden. Im Allgemeinen ist aber für<br />

den Menschen die Schadstoffaufnahme mit der<br />

täglichen Nahrung am bedeutungsvollsten, weshalb<br />

der Transfer der einzelnen Kontaminanten in<br />

die Nahrungskette möglichst vermieden werden<br />

sollte.<br />

Der Schadstofftransfer in die Nahrungskette ist<br />

kompliziert. Im Falle eines Flussökosystems stehen<br />

zwei Transferpfade im Vordergrund: Die Anreicherung<br />

toxischer Substanzen in Fischen, sowie die<br />

Anreicherung toxischer Substanzen im Nutztier und<br />

Wild bzw. deren Produkten, wie z.B. Fleisch und<br />

Milch. Diese Lebensmittel sind betroffen, da Schadstoffe<br />

im <strong>Hochwasser</strong>fall auch in den Auen sedimentieren,<br />

die ihrerseits Lebensraum für bestimmte<br />

Nutz- und Wildtiere darstellen. Die Abb. 5-1 und 5-2<br />

verdeutlichen die unterschiedlichen Transferpfade.<br />

Kompliziert wird es dadurch, dass viele Schadstoffe<br />

mit unterschiedlichen chemischen und physikalischen<br />

Eigenschaften zu berücksichtigen sind. Kontaminanten<br />

werden von verschiedenen Organismen<br />

in unterschiedlicher Art und Weise aufgenommen<br />

und angereichert (Direktaufnahme aus <strong>dem</strong><br />

Schlamm/Sediment, Aufnahme über die Nahrung,<br />

Aufnahme über die Haut sowie die Kiemen oder<br />

Lungen, unterschiedliche Anreicherungsraten in<br />

Zooplankton<br />

Phytoplankton<br />

Wasser<br />

Sediment<br />

Raubfisch<br />

Mensch<br />

Friedfisch<br />

Abb. 5-1 Aquatische Schadstoff-Transferpfade.<br />

Das Wasser und das Sediment stehen in einem<br />

(schad)stofflichen Austausch. Dabei werden von den<br />

Fischen gelöste und partikulär transportierte Schadstoffe<br />

über die Kiemen und beim Schlucken direkt aufgenommen.<br />

Vor allem bei grundlebenden Arten ist auch eine<br />

direkte Beeinflussung aus <strong>dem</strong> Sediment vorhanden.<br />

Dazu kommt die Anreicherung von Schadstoffen im Nahrungsgeflecht<br />

der Gewässerbiozönose. Denn auch die<br />

planktisch bzw. am Gewässergrund lebenden Tiere und<br />

Pflanzen sowie die abgestorbene organische Materie,<br />

die zusammen die Ernährungsgrundlage für Fried- und<br />

Raubfische darstellen, sind mit Schadstoffen belastet.<br />

Geweben). Darüber hinaus muss zur Darstellung<br />

des Beziehungsgeflechtes zwischen den Lebewesen<br />

im Flussökosystem eigentlich von einem Nahrungsnetz<br />

gesprochen werden, denn die Fressbeziehungen<br />

sind vielfältig.<br />

5.1.1 Der aquatische Transferpfad - Wie hoch<br />

sind Elbfische belastet?<br />

Die Schadstoffaufnahme von Fischen kann, wie in<br />

Abb. 5-1 dargestellt, über mehrere Pfade erfolgen.<br />

Zum einen ist die Aufnahme über die Nahrung<br />

(planktische Lebenwesen oder kleinere Fische und<br />

Krebse) möglich. Zum anderen kann es zu einer<br />

Direktaufnahme von Kontaminanten aus <strong>dem</strong> Wasser<br />

über die Haut bzw. über die Kiemen bei der<br />

Atmung kommen. Letzterer Pfad kann sogar der<br />

bedeutsamere sein.<br />

Die ARGE-<strong>Elbe</strong> und das Umweltbundesamt betreiben<br />

schon seit mehreren Jahrzehnten ein umfassendes<br />

Schadstoffmonitoring mit verschiedenen<br />

Fischarten aus der <strong>Elbe</strong> (www.arge-elbe.de,<br />

www.umweltprobenbank.de; 6, 9, 14) und einigen<br />

48


BÖHME M, KRÜGER F, OCKENFELD K, GELLER, W (HRSG, 2005) SCHADSTOFFBELASTUNG NACH DEM ELBE-HOCHWASSER <strong>2002</strong><br />

Nebenflüssen (13, 12, 16). Als besonders für ein<br />

Monitoring geeigneter Fisch hat sich der Brassen<br />

(Abramis brama L.) erwiesen, da er im Gegensatz<br />

zu den Wanderfischen (Meerforelle, Aal u.a.) als<br />

standorttreu gilt (11). Darüber hinaus gibt es Untersuchungsbefunde<br />

von Zandern und Aalen. Diese<br />

Fischarten weisen unterschiedliche Nahrungsspektren<br />

auf. Der Brassen ist ein Friedfisch und lebt<br />

vom Benthos am Gewässergrund. Der Aal dagegen<br />

lebt sowohl als Friedfisch als auch in älteren<br />

Entwicklungsstadien als Raubfisch. Der Zander lebt<br />

rein räuberisch. Außer<strong>dem</strong> unterscheiden sich die<br />

Arten im Fettgehalt ihrer Muskulatur, wobei der Aal<br />

mit 35 bis 50% die höchsten Fettanteile besitzt.<br />

Dies ist insofern bedeutsam, da eine Vielzahl lipophiler<br />

(fettliebender, organischer) Schadstoffe im<br />

Fettgewebe angereichert werden. Brassen haben<br />

Fettgehalte bis maximal 10%. Zander sind mit Fettgehalten<br />

unter 1% mager und insbesondere für das<br />

Monitoring von Schwermetallen im Fischgewebe<br />

geeignet.<br />

5.1.1.1 Schwermetalle in Fischen<br />

Von den untersuchten Schwermetallen Blei, Cadmium,<br />

Kupfer und Quecksilber wird Quecksilber am<br />

stärksten im Muskelfleisch des Brassen angereichert.<br />

Anorganisches Quecksilber wird am stärksten<br />

über die Kiemen aufgenommen, organisches<br />

Quecksilber dagegen über die Nahrung angerei-<br />

49<br />

1<br />

3<br />

Fluss 2 Boden<br />

Mensch<br />

Brack<br />

Abb. 5-2 Terrestrische Schadstoff-Transferpfade,<br />

1: bei <strong>Hochwasser</strong> sedimentieren Schadstoffe auf Böden<br />

und Pflanzen; 2: Pflanzen können Schadstoffe über ihre<br />

Wurzeln aufnehmen; 3: Pflanzen können mit schadstoffhaltigen<br />

Stäuben oder auch mit Ausgasungen aus <strong>dem</strong><br />

Boden kontaminiert werden; 4: Weidevieh kann durch die<br />

belastete Vegetation Schadstoffe aufnehmen; 5: Weidevieh<br />

kann beim Äsen Stäube inhalieren oder beim Abreißen<br />

der Pflanzen anhaftende Bodenpartikel fressen; 6:<br />

Weidevieh kann über das Tränken in Altarmen, Buhnenfeldern<br />

und Bracks Schadstoffe aufnehmen.<br />

4<br />

5<br />

6<br />

chert (9). Die Anreicherung von Methylquecksilber<br />

erfolgt aufgrund dessen lipophiler Eigenschaft<br />

ebenfalls vor allem im Fettgewebe der Fische.<br />

Leider kann bezüglich der Belastungssituation der<br />

Fische mit Schwermetallen in der <strong>Elbe</strong> noch keine<br />

Entwarnung gegeben werden, auch wenn sich die<br />

Gesamtsituation, abgeleitet vom Datenbestand<br />

1999, gegenüber den Vorjahren verbessert hat.<br />

Abb. 5-3 zeigt die mittleren Quecksilbergehalte von<br />

Brassen an Fangplätzen entlang der deutschen<br />

<strong>Elbe</strong> von den Jahren 1994 und 1999. Zu erkennen<br />

ist, dass im Jahr 1999 im Mittel von 15 Fischen pro<br />

Fangplatz keine Beanstandungen bezüglich der<br />

EG-Verordnung 466/2001 (161) festzustellen sind.<br />

Bei alleiniger Betrachtung der Spannbreite der Einzelergebnisse<br />

muss allerdings vor einem unkontrollierten<br />

Verzehr gewarnt werden, da doch immerhin<br />

insgesamt 27% der Einzelbefunde an Brassen die<br />

Höchstgehalte an Schwermetallen der EG-Verordnung<br />

466/2001 (161) überschritten.<br />

Viel ungünstiger sieht die Situation bei Zandern<br />

aus. Im Bereich der oberen und mittleren <strong>Elbe</strong> (km<br />

13 - Prossen bis km 492 - Gorleben) wurden die<br />

Höchstmengen an Quecksilber an 80 bis 100%<br />

aller Individuen überschritten. Deutlich weniger<br />

Höchstgehaltsüberschreitungen gab es in den<br />

unterstromigen Flussbereichen. Dabei ist bei Zandern<br />

eine gewichts- und größenabhängige Belastung<br />

mit Quecksilber festzustellen. Allgemein gilt:<br />

Je größer und schwerer der Zander ist, desto mehr<br />

Quecksilber findet sich in seinem Muskelfleisch.<br />

“Pauschal kann gesagt werden, dass Zander ab<br />

einer Länge von rund >=50 cm und einem Gewicht<br />

von rund 1.500 g über der Höchstmenge von<br />

0,5 mgHg/kg Frischgewicht liegen (10).<br />

Hg in mg/kg Frischgewicht<br />

1,0<br />

0,8<br />

0,6<br />

0,4<br />

0,2<br />

1994<br />

1999<br />

0,0<br />

0 100 200 300 400 500 600 700<br />

deutsche <strong>Elbe</strong>-km<br />

Abb. 5-3 Durchschnittliche Quecksilbergehalte in Brassen<br />

entlang der <strong>Elbe</strong> in den Jahren 1999 (grün senkrecht:<br />

Spannbreite der Einzelergebnisse 1999, rot gestrichelt:<br />

Höchstgehalte in Süßwasserfischen <strong>nach</strong> EG<br />

Verordnung 466/2001). Zum Vergleich sind zusätzlich die<br />

Daten von 1994 dargestellt. Man beachte die starke<br />

Streuung der Messergebnisse.


Hg in mg/kg Frischgewicht<br />

FRANK KRÜGER ABSCHNITT 5WELCHES SIND DIE LANGFRISTIGEN FOLGEN DER GEWÄSSERBELASTUNG?<br />

2,5<br />

2,0<br />

1,5<br />

1,0<br />

0,5<br />

0,0<br />

Brassen 1997<br />

Brassen <strong>2002</strong><br />

Zander 1997<br />

Zander <strong>2002</strong><br />

Aal 1997<br />

Fischart und Beprobungsjahr<br />

Auch in einzelnen Nebenflüssen der <strong>Elbe</strong> wurden<br />

Brassen, Aale und Zander auf ihre Schadstoffgehalte<br />

untersucht (13, 12, 16). Dabei stellte sich für<br />

die Sude, die Havel und den Aland heraus, dass<br />

organische Kontaminaten in keinem Fall die zulässigen<br />

Höchstwerte überschritten. Lediglich die Zanderbefunde<br />

aus <strong>dem</strong> unteren Aland, zwischen der<br />

Mündung und der Ortschaft Wanzer, belegen eine<br />

Belastung mit Quecksilber.<br />

Die Wiederholungsbeprobungen von Fischen der<br />

Jahre 1997 und <strong>2002</strong> an der Schwarzen Elster, der<br />

Mulde und der Saale zeigen, dass es kaum Veränderungen<br />

im Belastungszustand der Fische gegeben<br />

hat. Abb. 5-4 belegt am Beispiel der Quecksilberbelastung<br />

von Brassen, Aalen und Zandern in<br />

der unteren Saale der Jahre 1997 und <strong>2002</strong> die<br />

<strong>nach</strong>haltige Beeinträchtigung von Fischen als Nahrungsmittel<br />

in dieser Region. Hingewiesen werden<br />

muss darauf, dass als Bewertungsgrundlage stets<br />

die gemittelten Ergebnisse herangezogen werden<br />

müssen. Bezogen auf Abb. 5-4 bedeutet dies:<br />

Brassen und Aale wären aufgrund der Quecksilberbefunde<br />

vermarktungsfähig; Zander jedoch nicht.<br />

Beachtenswert ist auch, dass einzelne Individuen<br />

der Probenserien über den Höchstmengen von 0,5<br />

mg/kg beim Brassen und Zander sowie 1 mg/kg bei<br />

Aal liegen.<br />

5.1.1.2 Organische Schadstoffe in Fischen<br />

Aal <strong>2002</strong><br />

Abb. 5-4 Quecksilberbefunde in Brassen, Zandern und<br />

Aalen der unteren Saale aus den Jahren 1997 und April/<br />

Mai <strong>2002</strong> (Daten der ARGE-<strong>Elbe</strong>, 13, grün senkrecht:<br />

Spannbreite der Einzelergebnisse, rot gestrichelt:<br />

Höchstgehalte in Süßwasserfischen <strong>nach</strong> EG Verordnung<br />

466/2001).<br />

Fische können in der gesamten <strong>Elbe</strong> mit organischen<br />

Schadstoffen belastet sein. Das Ausmaß der<br />

�-HCH, µg/kg Frischgewicht<br />

Belastung ist je <strong>nach</strong> Schadstoff und Fischart regional<br />

und zeitlich sehr unterschiedlich.<br />

Jüngste Messergebnisse des Umweltbundesamtes<br />

(UBA) zeigen z.B. eine starke Steigerung der<br />

HCH-Gehalte in Fleisch von Fischen in der unteren<br />

Mulde. Nach Jahren stetigen Rückgangs der HCH-<br />

Belastung wurde ein Jahr <strong>nach</strong> <strong>dem</strong> <strong>Hochwasser</strong><br />

doppelt so viel β-HCH gefunden, im Jahr 2004<br />

bereits 18 mal soviel wie im Jahr <strong>2002</strong> (Abb. 5-5).<br />

Diese Erhöhung wird als direkte Folge des <strong>Hochwasser</strong>s<br />

<strong>2002</strong> interpretiert (157, 66).<br />

Es ist bekannt, dass durch Verklappung von Lindan-Produktionsrückständen<br />

im Bitterfelder Raum<br />

in der Vergangenheit Boden und Grundwasser in<br />

großem Ausmaß HCH-belastet wurden (vgl.<br />

Seite 25). Die Schadstoffe werden über Grund- und<br />

Oberflächenwasser, insbesondere das Spittelwasser,<br />

in die Mulde transportiert. Nach <strong>dem</strong> <strong>Hochwasser</strong><br />

<strong>2002</strong> war die HCH-Belastung des Wassers in<br />

Mulde (unterhalb der Spittelwassermündung) und<br />

<strong>Elbe</strong> (unterhalb der Mul<strong>dem</strong>ündung) zeitweise stark<br />

erhöht (17).<br />

Die hohe HCH-Belastung findet sich 2004 erstmals<br />

auch in Brassen der <strong>Elbe</strong> wieder, wie die Untersuchungsbefunde<br />

bei Barby zeigen. In den fettreicheren<br />

Aalen wurden auch in den Vorjahren (1999)<br />

entlang der gesamten <strong>Elbe</strong> Höchstmengen-Überschreitungen<br />

festgestellt; insbesondere bei Hexachlorbenzol<br />

und β-HCH und DDT (10), wobei sich<br />

die DDT-Belastungen in Aalen auf den Festgesteinsabschnitt<br />

der <strong>Elbe</strong> beschränkten.<br />

Ein weiteres Besorgnis erregendes Detail ergibt<br />

sich aus den Befunden über die Dioxin- und dioxinähnlichen<br />

PCB-Gehalte in Aalen an der Mittelelbe<br />

(Abb. 5-6; 147). Es wurden im September <strong>nach</strong> der<br />

Flut <strong>2002</strong> bei Gorleben 24 Aale gefangen und hinsichtlich<br />

ihrer Belastung analysiert. Das Ergebnis<br />

war, dass in 13 untersuchten Individuen die<br />

200<br />

150<br />

100<br />

50<br />

0<br />

Dessau (Mulde)<br />

Barby (<strong>Elbe</strong>)<br />

<strong>Hochwasser</strong> August <strong>2002</strong><br />

1995<br />

1996<br />

1997<br />

1998<br />

1999<br />

2000<br />

2001<br />

<strong>2002</strong><br />

2003<br />

2004<br />

Abb. 5-5 Rückstände der Lindanproduktion (β-HCH) in<br />

Brassen der unteren Mulde und bei Barby an der <strong>Elbe</strong><br />

zwischen 1995 und 2004 (157).<br />

50


WHO-TEQ ng/kg<br />

BÖHME M, KRÜGER F, OCKENFELD K, GELLER, W (HRSG, 2005) SCHADSTOFFBELASTUNG NACH DEM ELBE-HOCHWASSER <strong>2002</strong><br />

Höchstmenge von WHO-TEQ 4 ng/kg für Dioxine<br />

und Furane aus der EG Verordnung 2375/2001<br />

überschritten wurde. Unter Berücksichtigung der<br />

Toxizitätsäquivalente der dioxinähnlichen PCB<br />

(Polychlorierten Biphenyle), wie von der EU<br />

geplant, ergäbe sich ein noch schlechteres Bild:<br />

Der WHO-TEQ steigt in diesem Fall auf Werte zwischen<br />

11 und 56 ng/kg. Dabei muss berücksichtigt<br />

werden, dass Aale wandernde Fische sind. Dies<br />

bedeutet, dass die Anreicherung der Schadstoffe<br />

nicht zwangsläufig allein am Fangort stattgefunden<br />

hat. Die Tatsache jedoch, dass die PCB-Kongenere<br />

stärker akkumuliert werden als Dioxine, lässt vermuten,<br />

dass zukünftig wesentlich mehr Höchstgehalts-Überschreitungen<br />

auftreten werden als bisher.<br />

Die ARGE-<strong>Elbe</strong> (11) stellt aufgrund der mehrfachen<br />

Höchstmengenüberschreitungen für <strong>Elbe</strong>fische<br />

fest, dass diese nicht in vollem Umfang vermarktungsfähig<br />

sind. Sie geht aber aufgrund der vorgefundenen<br />

Belastungshöhe der untersuchten und<br />

geregelten Schadstoffe bei gelegentlichem Verzehr<br />

von 1 - 2 kg <strong>Elbe</strong>fisch pro Monat nicht von unmittelbaren<br />

Gesundheitsbeeinträchtigungen aus.<br />

5.1.2 Der terrestrische Transferpfad - Wie<br />

hoch sind Fleisch und Milch belastet?<br />

5.1.2.1 Wie hoch ist der aktuelle<br />

Schadstoffeintrag in die Auen?<br />

Wie bereits im Abschnitt 4.1 über die Mobilisierung<br />

von Sedimenten berichtet wurde, ist das <strong>Hochwasser</strong>geschehen<br />

der Motor bzw. die antreibende Kraft<br />

für den Schadstoffeintrag in die Auen. Sie werden<br />

51<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

WHO-PCB<br />

WHO-PCDD/F<br />

0<br />

0 3 6 9 12 15 18 21 24<br />

Individuen - Aale<br />

Abb. 5-6 Toxizitätsäquivalente von Dioxinen und Furanen<br />

sowie dioxinähnlichen PCB in Aalen bei Gorleben<br />

im September <strong>2002</strong>. *: Der Höchstgehalt <strong>nach</strong> der Verordnung<br />

(EG) 2375/2001 für Dioxine und Furane liegt bei<br />

4 WHO-TEQ ng/kg Frischgewicht (rot).<br />

überwiegend als Grünland genutzt, also letztlich für<br />

die Ernährung der Nutztiere, die später auf unserem<br />

Teller landen. Heutzutage sind ca. zwei Drittel<br />

der aktuell überflutbaren Elbaue zwischen der<br />

Deutsch-Tschechischen Grenze und <strong>dem</strong> Wehr in<br />

Geesthacht Grünland. Abb. 5-7 zeigt einen typischen<br />

Landschaftsausschnitt mit einer Mäanderschleife<br />

an der <strong>Elbe</strong> zwischen den Stromkilometern<br />

435 und 440, zwischen den Ortschaften Havelberg<br />

und Wittenberge.<br />

In der in Abb. 5-7 präsentierten Landschaft wird<br />

vom Umweltforschungszentrum Leipzig Halle seit<br />

1997 in <strong>Hochwasser</strong>phasen der partikuläre Schadstoffeintrag<br />

gemessen. Dabei wird die Sedimentfracht<br />

mit Hilfe von Kunstrasenfallen ermittelt<br />

(Abb. 5-8). Diese Fallen werden an typischen Positionen<br />

im Überschwemmungsbereich vor einem<br />

<strong>Hochwasser</strong> ausgelegt. Solche typischen Positionen<br />

sind Flutrinnen, Plateauflächen, abflusslose<br />

Senken bzw. Uferrandbereiche. Natürlich hat auch<br />

der lokale Bewuchs einen Einfluß auf die Sedimentation<br />

(Abb. 5-9). Es wurde festgestellt, dass die<br />

Belastung der eingetragenen Sedimente nicht<br />

mehr so hoch ist, wie noch vor 25 Jahren. Im Hinblick<br />

auf die geltende Rechtsvorschrift für die Nutzung<br />

von Grünlandböden, in diesem Fall die Bundes-Bodenschutzverordnung,<br />

sind die Konzentrationen<br />

im Sediment jedoch immer noch zu hoch.<br />

Mit einer relevanten Bodenverbesserung durch<br />

Aufsedimentation von weniger belastetem Material<br />

kann zumindest an der mittleren <strong>Elbe</strong> in den kommenden<br />

Jahren nicht gerechnet werden. Tab. 5-1<br />

zeigt am Beispiel von Quecksilber die Belastungsentwicklung<br />

der Hochflutsedimente zwischen den<br />

Stromkilometern 435 und 440 seit 1997.<br />

5.1.2.2 Wie hoch ist die Bodenbelastung?<br />

Die Belastung der Elbauenböden mit Schwermetallen<br />

ist seit vielen Jahren bekannt. Erste Veröffentlichungen<br />

stammen aus den Jahren 1983 (114) und<br />

1985 (99). Auch zahlreiche <strong>nach</strong>folgende Untersu-<br />

Tab. 5-1 Quecksilbergehalte von Hochflutsedimenten<br />

aus Kunstrasenfallen (100). *Maßnahmenwert der Bundesbodenschutz-<br />

und Altlastenverordnung für die Grünlandnutzung<br />

(25).<br />

Standort 1997<br />

1998/<br />

1999 <strong>2002</strong> 2003<br />

Buhnenfeldrand 3,9 4,4 4,2 3,8<br />

Flutrinne 4,9 5,6 6,8 6,3<br />

Senke 6,2 4,5 4,6 3,7<br />

Plateau Kein<br />

Eintrag<br />

Kein<br />

Eintrag<br />

6,8 Kein<br />

Eintrag<br />

BBodSchV* ----------------- 2 -----------------


FRANK KRÜGER ABSCHNITT 5WELCHES SIND DIE LANGFRISTIGEN FOLGEN DER GEWÄSSERBELASTUNG?<br />

Abb. 5-7 Regelmäßig überschwemmte Auenlandschaft an der Mittelelbe zwischen den Stromkilometern 435 und 440.<br />

Der größte Teil der Fläche wird als Grünland genutzt. Baumgruppen und zahlreiche Bracks (Altwässer) bieten<br />

abwechslungsreiche Habitate (Foto Olaf Büttner, <strong>UFZ</strong>).<br />

Abb. 5-8 Kunstrasenfalle zur Gewinnung von Sedimenten<br />

bei <strong>Hochwasser</strong>, hier vor <strong>dem</strong> Februarhochwasser<br />

2005 (Foto Frank Krüger, ELANA).<br />

Abb. 5-9 Überströmte Aue. Der Bewuchs verstärkt<br />

sehr effektiv die Sedimentation der Schwebstoffe aus<br />

<strong>dem</strong> Wasser (Foto Michael Böhme, <strong>UFZ</strong>).<br />

52


BÖHME M, KRÜGER F, OCKENFELD K, GELLER, W (HRSG, 2005) SCHADSTOFFBELASTUNG NACH DEM ELBE-HOCHWASSER <strong>2002</strong><br />

chungen belegten die deutliche Belastung der<br />

Überflutungsböden mit Schwermetallen und organischen<br />

Schadstoffen. Die einzelnen Untersuchungen<br />

waren jedoch nicht dahingehend angelegt worden,<br />

die Belastungverteilung der Böden entlang der<br />

gesamten <strong>Elbe</strong> zwischen der deutsch-tschechischen<br />

Grenze und Geesthacht zu vergleichen. Entweder<br />

wurden unterschiedliche morphologische<br />

Einheiten verglichen oder es wurden spezifische<br />

Messwerte erhoben, die an anderen Standorten<br />

nicht zum Vergleich vorlagen. Um diesen<br />

Missstand zu beheben, wurde im Rahmen des<br />

Adhoc-<strong>Hochwasser</strong>projektes ein einheitliches<br />

Monitoringprogramm für Böden entlang der <strong>Elbe</strong><br />

organisiert (100). Dieses Bodenmonitoring berücksichtigt<br />

die unterschiedliche Überflutungshäufigkeit<br />

(und damit die Häufigkeit des Schadstoffeintrags)<br />

morphologischer Einheiten ebenso, wie die unterschiedlichen<br />

Belastungsquellen entlang des Flusses.<br />

So wurden von Sachsen bis <strong>nach</strong> Niedersachsen<br />

an 18 Orten Böden in unterschiedlicher Entfernung<br />

zum Fluss und mit unterschiedlicher<br />

Überflutungshäufigkeit mit einheitlichen Methoden<br />

untersucht. Beispielhaft wird die Lage der Untersuchungsstandorte<br />

im Vorland von Glinde (km 301) in<br />

Abb. 5-10 vorgestellt.<br />

Als Ergebnis zeigt sich, dass entlang der gesamten<br />

<strong>Elbe</strong>strecke Schwermetallbelastungen festgestellt<br />

wurden. Eine ähnliche Spannweite der Belastung<br />

wurde auch vom Landesamt für Umweltschutz<br />

Sachsen-Anhalt festgestellt (104). Die Schwerpunkte<br />

befinden sich unterstromig von Mulde und<br />

Saale, wie am Beispiel von Quecksilber (Abb. 5-11)<br />

und Cadmium (Abb. 5-12) gezeigt werden kann.<br />

53<br />

<strong>Elbe</strong><br />

1760 m<br />

G r ü n l a n d<br />

Uferwall Flutrinne Plateau Flutrinne<br />

289 m<br />

NW SO<br />

N<br />

Schlamm<br />

Schluffe und -tone<br />

Lehme<br />

Sande und Kiese<br />

Hg in mg/kg<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

Abb. 5-10 Lage der Untersuchungsstandorte<br />

auf der Untersuchungsfläche<br />

Glinde bei km<br />

301.<br />

Mulde<br />

Saale<br />

0<br />

0 100 200 300 400 500<br />

deutsche <strong>Elbe</strong>-km<br />

Abb. 5-11 Quecksilberbelastung von Böden entlang der<br />

deutschen <strong>Elbe</strong> (rot gestrichelt: Maßnahmewert <strong>nach</strong><br />

Bodenschutzverordnung, 2mg/kg). Unterhalb von<br />

Mulde- und Saalemündung steigt die Belastung der<br />

Böden in den Elbauen sprunghaft an.<br />

Auffällig ist, dass die Streuung der Cadmiumbelastung<br />

der Böden im Verlauf der Fließstrecke der<br />

<strong>Elbe</strong> mehr oder weniger gleichmäßig zunimmt. Im<br />

Gegensatz dazu steigt die Quecksilberbelastung<br />

der Böden unterstromig der Saale sprunghaft an,<br />

womit die Saale, zumindest historisch betrachtet,<br />

eine größere Quecksilberquelle für die <strong>Elbe</strong> darstellte,<br />

als andere oberstromige Nebenflüsse. Vermutet<br />

wird als Quelle für die historische Quecksilberbelastung<br />

die industrielle Chloralkalielektrolyse,<br />

z.B. in Aschersleben und Schkopau (BUNA).<br />

Dass der Einfluss der Mulde auf die Schwermetallqualität<br />

der Böden an der <strong>Elbe</strong> von untergeordneter


Cd in mg/kg<br />

Pb in mg/kg<br />

FRANK KRÜGER ABSCHNITT 5WELCHES SIND DIE LANGFRISTIGEN FOLGEN DER GEWÄSSERBELASTUNG?<br />

15<br />

10<br />

5<br />

Mulde<br />

Saale<br />

0<br />

0 100 200 300 400 500<br />

deutsche <strong>Elbe</strong>-km<br />

Abb. 5-12 Cadmiumbelastung von Böden entlang der<br />

deutschen <strong>Elbe</strong>. Auch hier finden sich die höchsten Konzentrationen<br />

unterhalb von Mulde und Saale.<br />

Bedeutung ist, kann auch durch den Vergleich von<br />

flusstypischen Elementverhältnissen gezeigt werden<br />

(Abb. 5-13). Erkennbar ist, dass sich das Elementverhältnis<br />

von Blei zu Zink in den Elbauenböden<br />

unterstromig des Muldezuflusses nicht wesentlich<br />

aufweitet, obwohl die Muldesedimente und<br />

Böden deutlich höher mit Blei belastet sind als Elbsedimente<br />

und Böden (Abb. 5-14). Der Grund<br />

dafür, dass sich das Mul<strong>dem</strong>uster nicht in den<br />

Elbauenböden durchpaust, liegt in der relativ geringen<br />

Schadstofffracht im Vergleich zur <strong>Elbe</strong> und<br />

auch zur Saale (diese führt z.B. eine zehnfach<br />

höhere Schwebstofffracht als die Mulde, 30), deren<br />

Quecksilberfrachten deutlich das Schadstoffmuster<br />

der Elbauenböden geprägt haben.<br />

Die Quecksilberbelastung der Elbauenböden ist<br />

aktuell noch derartig hoch, dass auf 40% aller<br />

Untersuchungsflächen der Maßnahmenwert für<br />

6000<br />

5000<br />

4000<br />

3000<br />

2000<br />

1000<br />

Moldau<br />

Blei entlang der Mulde ( Altdaten vor 08/<strong>2002</strong>)<br />

Blei entlang der <strong>Elbe</strong><br />

Freiberg<br />

Maßnahmewert BBodSchVO<br />

Siebenlehn<br />

uh Rosswein<br />

Eilenburg<br />

Grünland von 2 mg/kg überschritten wird. Unterstromig<br />

der Mulde wird der Maßnahmenwert für<br />

Quecksilber an 85% aller beprobten Messflächen<br />

nicht eingehalten. Dies bedeutet, dass solange die<br />

Qualität der frischen Sedimente, die bei <strong>Hochwasser</strong><br />

eingetragen werden, nicht wesentlich besser<br />

wird, mit einer nennenswerten Verbesserung der<br />

Bodenqualität nicht zu rechnen ist. Auch für Arsen<br />

wurden in den Böden der <strong>Elbe</strong> Überschreitungen<br />

des Maßnahmenwertes der BBodSchV von 50 mg/<br />

kg an 50% der Standorte überschritten.<br />

Ganz anders sieht es für Cadmium aus. Hier wird<br />

entlang der gesamten <strong>Elbe</strong> keine einzige Überschreitung<br />

der Maßnahmewerte ermittelt. Doch<br />

dies ist leider noch kein Grund zur Entwarnung,<br />

denn Cadmium stellt unter den Schwermetallen<br />

0<br />

-200 -100 0 100 200 300 400 500<br />

<strong>Elbe</strong>-km<br />

270 200 100 0 Mulde-km<br />

Quelle<br />

Pb-Konzentration in mg/kg<br />

Mulde<br />

Mündung<br />

Saale<br />

400<br />

300<br />

200<br />

100<br />

<strong>Elbe</strong> oh Mulde<br />

<strong>Elbe</strong> uh Mulde<br />

Mulde<br />

0<br />

0 500 1000 1500<br />

Zn-Konzentration in mg/kg<br />

Abb. 5-13 Flusstypische Elementverhältnisse. Während<br />

das Verhältnis von Blei zu Zink entlang der <strong>Elbe</strong><br />

annähernd gleich bleibt, ist die spezifische Bleibelastung<br />

in Muldesedimenten stark erhöht.<br />

Havel<br />

Abb. 5-14 Blei-Konzentration<br />

in vom<br />

<strong>Hochwasser</strong> abgelagerten<br />

Sedimenten<br />

im <strong>Elbe</strong>- und Mulde-<br />

Längsschnitt. Die<br />

Altdaten sind Untersuchungsergebnisse<br />

von Aueböden<br />

(Daten Povodí Labe,<br />

LFUG Sachsen und<br />

LAU LSA, Freiberger<br />

und Vereinigte<br />

Mulde).<br />

54


BÖHME M, KRÜGER F, OCKENFELD K, GELLER, W (HRSG, 2005) SCHADSTOFFBELASTUNG NACH DEM ELBE-HOCHWASSER <strong>2002</strong><br />

und Arsen den mobilsten Schadstoff dar und eine<br />

Anreicherung in der Vegetation ist trotz Einhaltung<br />

der Maßnahmenwerte der BBodSchV möglich<br />

(100).<br />

Folgende Reihe der abnehmenden Mobilität von<br />

Spurenmetallen wurde an Überflutungsböden der<br />

<strong>Elbe</strong> gefunden (100):<br />

Cadmium >> Zink > Kupfer > Blei und Arsen.<br />

Dabei stellt der pH-Wert des Bodens die entscheidende<br />

Steuergröße zur Mobilisierung von Cadmium<br />

dar. Die Abbildung Abb. 5-15 verdeutlicht,<br />

dass mit zunehmender Versauerung des Bodens<br />

(bei sinken<strong>dem</strong> pH-Wert; < 6,0) mit einer Zunahme<br />

der Verfügbarkeit des Schadstoffes gerechnet werden<br />

kann. Gerade hochgelegene Standorte in<br />

Auen, die nicht in je<strong>dem</strong> Jahr überflutet werden,<br />

bzw., die keinen nennenswerten basisch wirkenden<br />

Stoffeintrag erfahren, können Standorte mit hoher<br />

Cadmium-Anlieferung für die Vegetation darstellen,<br />

auch wenn sie nicht hochgradig belastet sind.<br />

Im Rahmen des Adhoc-<strong>Hochwasser</strong>projektes wurden<br />

umfangreiche Untersuchungen zur Dioxinbelastung<br />

von Böden entlang der <strong>Elbe</strong> und an ausgewählten<br />

Standorten der Mulde durchgeführt<br />

(Abb. 5-16). Der Vergleich von Böden und Sedimenten<br />

hinsichtlich ihrer Dioxinkonzentrationen<br />

zeigt, dass Böden bei weitem höher kontaminiert<br />

sind als Sedimente (vgl. Abschnitt 2.2). Dies ist ein<br />

Indiz für lange zurückliegende Dioxinemissionen,<br />

die zwar heute nicht mehr in diesem Ausmaß in frischen<br />

Sedimenten vorkommen, aber noch in den<br />

Böden <strong>nach</strong>weisbar sind. Erkennbar ist auch, dass<br />

55<br />

Pflanzenverfügb. Cd-Anteil in %<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

4,0 4,5 5,0 5,5 6,0 6,5 7,0<br />

Bodenreaktion pH (CaCl 2 )<br />

Abb. 5-15 Cadmiummobilität von Auenböden in Abhängigkeit<br />

der Bodenreaktion. Bei hohen pH-Werten ist das<br />

Cadmium im Boden kaum pflanzenverfügbar. Sinkt der<br />

pH-Wert, z.B. durch Auswaschen von Basen oder durch<br />

Einwirkung sauren Regens, dann kann viel Cadmium<br />

von den Pflanzen aufgenommen werden.<br />

PCDD/F-WHO-TEQ in ng/kg<br />

10000<br />

1000<br />

100<br />

40*<br />

10<br />

5*<br />

<strong>Elbe</strong>-Vorland<br />

Mulde-Vorland<br />

<strong>Elbe</strong>-Sediment<br />

Mulde-Sediment<br />

Deichbruchstellen<br />

Mulde<br />

Saale<br />

1<br />

0 100 200 300 400 500 600<br />

deutsche <strong>Elbe</strong>-km<br />

Abb. 5-16 Dioxine in den Böden und Sedimenten der<br />

<strong>Elbe</strong> und den Böden der unteren Mulde. 5*: Die Bund-<br />

Länder Arbeitsgruppe DIOXINE hat 1992 Richtwerte für<br />

die Nutzung von Böden empfohlen. Unter 5 I-TEQ ng/kg<br />

sei eine unbeschränkte Nutzung möglich, zwischen 5<br />

und 40** I-TEQ ng/kg sei eine eingeschränkte landwirtschaftliche<br />

Nutzung möglich. Über 40** I-TEQ ng/kg<br />

sollte die landwirtschaftliche Nutzung nur zulässig sein,<br />

wenn ein bewiesenermaßen ver<strong>nach</strong>lässigbarer Dioxintransfer<br />

stattfindet.<br />

die einmalig überfluteten Böden hinter Deichbruchstellen,<br />

bzw. mit Elbwasser gefluteten Poldern<br />

usw., sowohl ober- als auch unterstromig der<br />

Mulde, als nicht belastet einzustufen sind. Wie<br />

schon die Dioxinbefunde in den Sedimenten vermuten<br />

ließen, sind auch die Böden unterstromig<br />

der Mulde und der Saale in viel stärkerem Maße<br />

beeinträchtigt, als die Böden aus <strong>dem</strong> oberstromigen<br />

Elbtal. Diese Befunde decken sich mit Untersuchungsergebnissen<br />

des Landesumweltamtes Brandenburgs<br />

(105). Dabei wird in der Muldeaue (die<br />

Saaleauen wurden bis dato nicht derartig untersucht)<br />

und den Elbauen der Bund-Länder Richtwert<br />

von 40 I-TEQ ng/kg (36) an den meisten Standorten<br />

überschritten, so dass eine Prüfung des Dioxintransfers<br />

in die Futter- und produzierten Nahrungsmittel<br />

geboten erscheint.<br />

5.1.2.3 Wie sieht es mit <strong>dem</strong> Schadstofftransfer<br />

in die Vegetation aus?<br />

Der Schwermetalltransfer ins Pflanzengewebe<br />

kann vielfältiger Natur sein (Abb. 5-2). Er hängt<br />

maßgeblich von den Eigenschaften der Metalle<br />

selbst ab. Dabei gelten Quecksilber, Blei und Arsen<br />

als sehr immobil, d.h. die Aufnahme über die Wurzeln<br />

kann ver<strong>nach</strong>lässigt werden. Im Gegensatz<br />

dazu stehen Cadmium und Zink, sowie mit Einschränkung<br />

noch Nickel und Kupfer, die leicht über<br />

das Wurzelsystem in die Pflanze gelangen können.<br />

Nach der Futtermittelverordnung (52) sind insbe-


FRANK KRÜGER ABSCHNITT 5WELCHES SIND DIE LANGFRISTIGEN FOLGEN DER GEWÄSSERBELASTUNG?<br />

Abb. 5-17 Sedimentschleier auf der Vegetation <strong>nach</strong><br />

<strong>dem</strong> <strong>Hochwasser</strong> im März/April 2005 bei <strong>Elbe</strong>kilometer<br />

435 (Foto Frank Krüger).<br />

sondere die Gehalte in den Pflanzen von Arsen,<br />

Blei, Cadmium und Quecksilber gesetzlich geregelt.<br />

Die Untersuchungsergebnisse aus <strong>dem</strong> Jahr<br />

2003 haben aber gezeigt, dass Futtermittelüberschreitungen<br />

sowohl für immobile (Beispiel Quecksilber)<br />

als auch für mobile (Beispiel Cadmium)<br />

Schadstoffe auftreten können.<br />

Woran liegt das?<br />

Der Haupt-Aufnahmepfad bezüglich der Elemente<br />

Quecksilber und Cadmium ist unterschiedlich. Es<br />

kann angenommen werden, dass Quecksilber in<br />

Form von anhaftenden Partikeln durch das Sediment<br />

oder Staub die Pflanze belastet. Auch die<br />

Ausgasung von organischem Quecksilber und die<br />

Anhaftung an lipophiler Pflanzenoberfläche ist<br />

denkbar. Abb. 5-17 zeigt das Überflutungsgebiet<br />

bei Stromkilometer 435 (zwischen Havelberg und<br />

Wittenberge). Deutlich sind die schleierartigen<br />

sedimentären Überzüge an der Vegetation <strong>nach</strong><br />

<strong>dem</strong> <strong>Hochwasser</strong> im Frühjahr 2005 zu erkennen.<br />

Für den partikulären Schadstofftransfer spricht,<br />

dass Quecksilberbelastungen an der Vegetation<br />

hauptsächlich im ersten Erntedurchgang des Jahres<br />

2003 auftraten (Abb. 5-18). Gleiches gilt für<br />

Arsen.<br />

Dagegen ist die Cadmiumbelastung der Pflanzen<br />

während des zweiten Erntetermins durchschnittlich<br />

höher. Die Ursache hierfür ist die höhere Mobilität<br />

des Cadmiums im Vergleich zu Quecksilber (siehe<br />

Box Cadmium). Cadmium wird von den Pflanzen<br />

überwiegend über den Wurzelpfad aufgenommen.<br />

Dabei wird das Schwermetall offensichtlich um so<br />

leichter für die Pflanze verfügbar, je trockener der<br />

Boden ist. Denn bei der Austrocknung des Bodens<br />

erhöht sich die Ionenkonzentration in der verbliebenen<br />

Bodenlösung. Der Schadstoff wird sozusagen<br />

eingedampft. Das für die Auswertung zugrunde<br />

gelegte Jahr 2003 war ungewöhnlich trocken.<br />

Hg-Konzentration in mg/kg<br />

0,6<br />

0,5<br />

0,4<br />

0,3<br />

0,2<br />

0,1<br />

1. Schnitt<br />

2. Schnitt<br />

Mulde<br />

Saale<br />

0,0<br />

0 100 200 300 400 500 600<br />

deutsche <strong>Elbe</strong>-km<br />

Abb. 5-18 Quecksilberbelastung der Grünlandvegetation<br />

entlang der <strong>Elbe</strong> im Frühling und im Sommer 2003.<br />

Gleichzeitig geht Cadmium vorzugsweise mit Chlor<br />

eine mobile Verbindung ein, es bilden sich sogenannte<br />

Chlorokomplexe. Darüber hinaus weisen<br />

gerade weniger belastete Böden (z.B. von hochgelegenen<br />

und weniger überfluteten Plateauflächen)<br />

derart niedrige pH-Werte auf, dass Cadmium hochgradig<br />

pflanzenverfügbar ist. Dies alles kann dazu<br />

führen, dass die Pflanzen Cadmium in einem Ausmaß<br />

anreichern, dass Futtermittelwertüberschreitungen<br />

auftreten, obwohl die diesbezüglichen Maßnahmenwerte<br />

der BBodSchV für den Wirkungspfad<br />

Boden-Nutzpflanze eingehalten werden. An einem<br />

Probenahmepunkt lagen saisonal unterschiedliche<br />

Metallanreicherungen vor. Sowohl während des<br />

ersten Mahdtermins im Mai, als auch zum zweiten<br />

Erntezeitpunkt im Juli waren jeweils ca. 50% der<br />

Proben futtermittelkritisch zu bewerten (52).<br />

Aufgrund der offensichtlich durch Verschmutzung<br />

bedingten Belastung der Futtermittel <strong>nach</strong> <strong>dem</strong><br />

<strong>Hochwasser</strong> im Jahre <strong>2002</strong> wurden in Sachsen<br />

Anhalt für zahlreiche Landwirte Weideverbote im<br />

Überflutungsbereich der Flussauen ausgesprochen<br />

und ein <strong>Hochwasser</strong>-Futtermittel-Monitoringprogramm<br />

durchgeführt (3, Seite 10):<br />

“Im Rahmen von 5 Landessonderprogrammen wurden<br />

• 310 Futtermittelproben aus den <strong>Hochwasser</strong>-/<br />

Überflutungsgebieten des Jahres <strong>2002</strong> auf das<br />

Vorhandensein relevanter unerwünschter Stoffe<br />

gem. Anlage 5 der Futtermittelverordnung,<br />

• 60/84 Proben auf Dioxine/PCBs,<br />

und vieles mehr untersucht.<br />

Anhand des flächendeckenden Futtermittelmonitorings<br />

2003 wurde in den vom <strong>Hochwasser</strong> betroffenen<br />

Regionen gegenüber <strong>2002</strong> ein deutlicher<br />

Rückgang der Belastung (quantitativ und qualitativ)<br />

56


BÖHME M, KRÜGER F, OCKENFELD K, GELLER, W (HRSG, 2005) SCHADSTOFFBELASTUNG NACH DEM ELBE-HOCHWASSER <strong>2002</strong><br />

Cadmium<br />

Cadmiumemissionen stammen aus <strong>dem</strong> Altbergbau,<br />

der metallverarbeitenden, der chemischenund<br />

pharmazeutischen Industrie, <strong>dem</strong> KfZ-Verkehr<br />

(Reifenabrieb und Verbrennungsrückstände vom<br />

Dieselöl), werden aber auch über phosphorhaltige<br />

Dünger in der Umwelt verbreitet. Des weiteren findet<br />

Cadmium in Batterien (Ni-Cd-Batterien) Verwendung.<br />

Vor <strong>dem</strong> Inkrafttreten der Klärschlammverordnung<br />

wurden auch Cd-reiche Schlämme zu<br />

Düngungszwecken ausgebracht, die auch heute<br />

noch als diffuse Quellen wirken.<br />

Cadmium ist ein für Tier und Mensch bereits in sehr<br />

geringen Konzentrationen toxischer Schadstoff.<br />

Bekannt wurde zwischen 1947 bis 1965 die sogenannte<br />

Itai-Itai Krankheit, bei der durch Cadmiumaufnahme,<br />

wahrscheinlich in Kombination mit<br />

Eiweiß- und Calziummangel, Knochendeformationen<br />

und Skelettschrumpfungen auftraten. Bei<br />

erhöhter Aufnahme mit der Atemluft können auch<br />

Lungenemphyseme entstehen, darüber hinaus gibt<br />

es Hinweise auf eine canzerogene Wirkung (136).<br />

Für den Menschen ist heute im Allgemeinen die<br />

Cadmiumaufnahme mit der Nahrung von Bedeutung.<br />

Zwischen 3 bis 8% der aufgenommenen Cadmiummenge<br />

werden beim Menschen resorbiert<br />

und vor allem in Leber und Nieren angereichert. In<br />

diesen Organen werden ca. 50% des gesamten im<br />

Körper gespeicherten Cadmiums eingelagert. Beim<br />

Überschreiten einen kritischen Gehaltes von 200<br />

µg/g Frischgewicht in der Nierenrinde kann es zu<br />

Proteinurie kommen. Die biologische Halbwertszeit<br />

von Cadmium im Menschen ist sehr hoch (19-38<br />

Jahre), weshalb die Belastung von Leber und Niere<br />

mit <strong>dem</strong> Alter des Menschen zunimmt und cadmiuminduzierte<br />

Nierenstörungen hauptsächlich bei<br />

über Fünfzigjährigen auftreten (136).<br />

mit den unerwünschten Stoffen Blei, Quecksilber,<br />

Arsen und ß-HCH festgestellt.<br />

Im Ergebnis dessen konnten die <strong>nach</strong> <strong>dem</strong> <strong>Hochwasser</strong>ereignis<br />

<strong>2002</strong> angeordneten Weideverbote<br />

wieder aufgehoben werden. Das <strong>Hochwasser</strong>-Futtermittelmonitoring<br />

wurde 2003 beendet. Ab 2004<br />

folgte ein unbefristetes Flussauen-Futtermittel-<br />

Monitoringprogramm.<br />

57<br />

Wichtige Grenzwerte:<br />

Boden (25):<br />

• Prüfwertefür den Transferpfad Boden-Mensch-<br />

Direktaufnahme: Kinderspielflächen 10 mg/kg (in<br />

Haus- und Kleingärten 2 mg/kg), Wohngebiete 20<br />

mg/kg (in Haus- und Kleingärten 2 mg/kg) , Parkund<br />

Freizeitanlagen 50 mg/kg, Industrie und<br />

Gewerbeflächen 60 mg/kg<br />

• Maßnahmenwert für den Transferpfad Boden-<br />

Nutzpflanze bei Ackerbau und Nutzgärten im<br />

Hinblick auf die Pflanzenqualität: 0,04 mg/kg<br />

(Ammoniumnitratextrakt; Flächen mit Brotweizenanbau<br />

bzw. stark anreichernder Gemüsearten),<br />

ansonsten 0,1 mg/kg (Ammoniumnitratextrakt).<br />

• Maßnahmenwert für den Transferpfad Boden-<br />

Nutzpflanze bei Grünlandnutzung im Hinblick<br />

auf die Pflanzenqualität: 20 mg/kg<br />

• Prüfwert für den Transferpfad Boden-Grundwasser:<br />

5 µg/l<br />

Trinkwasser (40): 5 µg/l<br />

Futtermittel (52): Alleinfuttermittel 1 mg/kg<br />

Lebensmittel (135, 160, 161): Fleisch von Rindern,<br />

Schafen, Schweinen und Geflügel 0,05 mg/<br />

kg, Pferdefleisch 0,2 mg/kg, Leber von Rindern,<br />

Schafen, Schweinen und Geflügel 0,5 mg/kg, Nieren<br />

von Rindern, Schafen, Schweinen und Geflügel<br />

1 mg/kg; Fisch: 0,05 mg/kg, bei Aal 0,1 mg/kg;<br />

Getreide (außer Kleie, Keime, Weizengetreide und<br />

Reis: 0,2 mg/kg) 0,1 mg/kg.<br />

Gefahrstoffe am Arbeitsplatz (150):<br />

Die Maximale-Arbeitsplatz-Konzentration (MAK-<br />

Wert) in Deutschland für Cadmium in Stäuben und<br />

Aerosolen wurde bei der Batterieherstellung, thermische<br />

Zink-, Blei- und Kupfergewinnung und für<br />

das schweißen cadmiumhaltiger Legierungen mit<br />

0,03 mg/m³ und der für die übrigen Arbeitsplätze<br />

mit 0,015 mg/m³ festgelegt. Die Angaben gelten für<br />

den einatembaren Anteil der Luft des Arbeitsbereiches.<br />

Bei den Untersuchungen auf Dioxine/PCB lagen<br />

Nachweise von Dioxinen vor, wobei die zulässigen<br />

Höchstgehalte für Futtermittel nicht überschritten<br />

wurden. Die 84 Untersuchungen auf PCB verliefen<br />

ohne deren Nachweis ....".


FRANK KRÜGER ABSCHNITT 5WELCHES SIND DIE LANGFRISTIGEN FOLGEN DER GEWÄSSERBELASTUNG?<br />

Abb. 5-19 Weidevieh im Restwasser einer Flutrinne an<br />

der Mittelelbe (Foto Frank Krüger).<br />

5.1.2.4 Wie verhält es sich mit der<br />

Schadstoffanreicherung im Weidevieh?<br />

Aufgrund der besorgniserregenden Befunde über<br />

die Belastung des Bodens in den Überflutungsflächen<br />

wurde von der Tierärztlichen Hochschule<br />

Hannover an der niedersächsischen <strong>Elbe</strong> bei Sassendorf<br />

eine detaillierte und systematische Untersuchung<br />

über den Transfer von Dioxinen in die<br />

menschliche Nahrungskette durchgeführt (138,<br />

139).<br />

Auch in dieser Studie wird angemerkt, dass die Aufnahme<br />

von Schadstoffen nicht alleine über die<br />

Vegetation erfolgt, die Kühe fressen vielmehr auch<br />

Boden (113, 152), der an den Pflanzenteilen anhaftet<br />

(bis zu 1,5 kg am Tag). Sie inhalieren aber auch<br />

belastete Stäube und sie saufen aus belasteten Altgewässern<br />

(Abb. 5-19). In der niedersächsischen<br />

Studie wird belegt, dass es auf Böden mit Dioxingehalten<br />

weit über den Richtlinien der AG "Dioxine"<br />

(siehe Abschnitt 5.1.2.2 und Abb. 5-16) zu Höchstmengenüberschreitungen<br />

<strong>nach</strong> Futtermittelverordnung<br />

kommen kann (138, 139). Dabei ist anzumerken,<br />

dass auch die angewandten Erntetechniken<br />

zu einer Belastung beitragen können, wenn sie zu<br />

einer Verschmutzung der Vegetation führen.<br />

Außer<strong>dem</strong> wird gezeigt, dass mit zunehmender<br />

Beweidungsdauer auch die Dioxingehalte in der<br />

Milch ansteigen, und Höchstgehaltsüberschreitungen<br />

auftreten. Abb. 5-20 zeigt den Verlauf der<br />

Dioxingehalte in der Milch während des Versuchszeitraumes.<br />

Die Rinder waren vor <strong>dem</strong> Versuch<br />

unbelastet und nur während des Versuchszeitraums<br />

der Dioxinbelastung ausgesetzt.<br />

Die Ergebnisse belegen aber auch, dass die<br />

Dioxinbelastung der Milch rückläufig ist, wenn die<br />

Tiere in einer Stallungsperiode mit unbelastetem<br />

Futter gefüttert werden. Auch die Messergebnisse<br />

ng WHO-PCDD/F-TEQ/kg Fett<br />

ng WHO-PCDD/F-TEQ/kg Fett<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

0<br />

Weideauftrieb<br />

Start<br />

Woche 1<br />

Woche 4<br />

Trockenwetterperiode<br />

Woche 8<br />

Beweidungsende/<br />

Beginn der Stallhaltung<br />

Woche 10<br />

Woche 11<br />

Woche 14<br />

Woche 18<br />

Woche 20<br />

Versuchslaufzeit<br />

Abb. 5-20 Dioxingehalte in der Milch von Weidevieh aus<br />

den Elbauen. Nach 10 Wochen wurden die Kühe ausschließlich<br />

mit unbelastetem Futter gefüttert. Daten von<br />

Schulz et al. (139); es handelt sich um Ergebnisse aus<br />

Milchmischproben sowie um Mittelwertbildungen aus drei<br />

Einzelergebnissen.<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

0<br />

-1<br />

Beginn der Fütterung<br />

mit belasteter Silage<br />

Start<br />

Kalbung, da<strong>nach</strong><br />

unbelastetes Futter<br />

Erstmilch<br />

Tag 3<br />

Tag 6 <strong>nach</strong> der Kalbung:<br />

Beginn des Verkaufs<br />

von Milch<br />

Tag 21<br />

Kraftfutterentzug zur<br />

Fettmobilisierung<br />

Tag 40/43/58<br />

Tag 3 <strong>nach</strong> KFR*<br />

<strong>nach</strong> der Schlachtung zeigten keine Belastung von<br />

Leber, Muskel und Fettgewebe.<br />

In einem weiteren Versuch wurden trächtige Kühe<br />

während der Trockenstellungsperiode, genau vier<br />

Wochen vor <strong>dem</strong> berechneten Kalbungstermin, mit<br />

Grassilage aus <strong>dem</strong> Überflutungsbereich der <strong>Elbe</strong><br />

gefüttert. Nach der Kalbung bekamen die Kühe<br />

wieder unbelastetes Futter, sowie Kraftfutterzugaben.<br />

Erwartungsgemäß war die Erstmilch hochgradig<br />

belastet. Aber schon <strong>nach</strong> drei Tagen erreichten<br />

die Dioxinkonzentrationen ein Niveau unterhalb der<br />

zulässigen Höchstgehalte (Abb. 5-21). Damit ist<br />

man auf der sicheren Seite, wenn Milch bis zu fünf<br />

Tagen <strong>nach</strong> der Kalbung nicht in den Verkehr<br />

gebracht werden darf. Die Reduktion der Kraftfutterzugabe<br />

zwischen der 6. und der 8. Woche <strong>nach</strong><br />

Schlachtung<br />

Kuh 21<br />

Kuh 22<br />

Kuh 23<br />

Schlachtung<br />

Tag 7 KFR*<br />

Versuchslaufzeit<br />

Abb. 5-21 Verlauf der Dioxingehalte in der Milch <strong>nach</strong><br />

der Kalbung. KFR*: Kraftfutterreduktion (<strong>nach</strong> 139).<br />

58


BÖHME M, KRÜGER F, OCKENFELD K, GELLER, W (HRSG, 2005) SCHADSTOFFBELASTUNG NACH DEM ELBE-HOCHWASSER <strong>2002</strong><br />

der Kalbung, durchgeführt zur Fettmobilisierung,<br />

führte nicht zu einer weiteren Schadstofferhöhung<br />

in der Milch. Auch die Belastung von Leber, Muskel<br />

und Fettgewebe dieser Tiere war unterhalb der<br />

zulässigen Höchstgehalte <strong>nach</strong> der Verordnung<br />

(EG) 2375/2001 (139).<br />

Beide Versuche legen nahe, dass die Nutzung des<br />

Vorlandes als Grünland aus Gründen der Belastung<br />

und Schadstoffanreicherung in der Nahrungskette<br />

nicht unterbleiben muss. Aber ein Nutzungsmanagement<br />

scheint unerlässlich. Beruhigend<br />

wäre auch, wenn gleichartige Versuche über<br />

die gesamte bzw. mehrere Beweidungsperioden<br />

durchgeführt werden, wenn die Anreicherung in<br />

männlichen Tieren, die die Schadstoffe ja nicht mit<br />

der Milch ausscheiden können, getestet werden.<br />

Darüber hinaus muss die Übertragbarkeit dieser<br />

Ergebnisse auf andere Regionen an der <strong>Elbe</strong> überprüft<br />

werden.<br />

Zahlreiche Maßnahmen zur Minimierung des<br />

Schadstofftransfers von den Überflutungsflächen in<br />

die menschliche Nahrungskette wurden von Ritschel<br />

und Dinkelberg bereits 2003 formuliert (130).<br />

Mögliche Maßnahmen sind u.a.:<br />

• Ausgrenzung von Senken (Bereich höchster Belastung)<br />

und Wasserlöchern (Tränkstellen),<br />

• Auftrieb erst <strong>nach</strong> niederschlagsbedingter Abwaschung<br />

von Sedimentpartikeln vom Aufwuchs,<br />

• Auftrieb bei hohem Bewuchs, geringe Viehdichte,<br />

• Kurze Beweidungszeiten<br />

• Zufütterung von "unbedenklichem" Futter bei<br />

Stallhaltung<br />

• Wiesen- statt Weidenutzung,<br />

• Geeignete Erntetechnik zur Verringerung der Verschmutzung,<br />

• Vermarktung nur <strong>nach</strong> analytischem Unbedenklichkeits<strong>nach</strong>weis,<br />

59<br />

• Nur Nutzung von Pflanzen mit bekanntem geringen<br />

Schadstoff-Transfer, kein Anbau bodennah<br />

wachsender Feldfrüchte<br />

Dabei soll aber nicht unerwähnt bleiben, dass es<br />

insbesondere in den Muldeauen hochgradig belastete<br />

Bereiche gibt, die zur Vermeidung des Schadstofftransfers<br />

in die Nahrungskette bereits 1994 aus<br />

der Nutzung genommen wurden (116). Auch die<br />

Anreicherung von Schadstoffen in Wildtieren kann<br />

problematisch sein, insbesondere bei bodenbrechen<strong>dem</strong><br />

Schwarzwild.<br />

5.1.3 Ist das Trinkwasser belastet?<br />

Trinkwasser ist ein gut untersuchtes und überwachtes<br />

Medium. Trinkwasser ist ja auch lebenswichtig<br />

und weltweit werden die Ressourcen knapper.<br />

Daher scheint rechtzeitige Vorsorge geboten.<br />

Umfangreiche Untersuchungen, auch aus <strong>dem</strong><br />

Adhoc-<strong>Hochwasser</strong>projekt belegen für die historisch<br />

belastete Region Wolfen-Bitterfeld eine deutliche<br />

Belastung des Grundwassers mit vielen Substanzen,<br />

wie Chlorbenzole, leichtflüchtigen Chlorkohlenwasserstoffen,<br />

Nitrochlorbenzene, Benzen<br />

u.v.m.. Aber dieses Grundwasser wird ja auch nicht<br />

für die Trinkwassergewinnung genutzt, es wird<br />

intensiv überwacht und es gibt Versuche, diese Altlasten<br />

zu sanieren.<br />

Ein weiteres Risikopotenzial wird für das oberflächennahe<br />

Grundwasser der Auen gesehen. Die<br />

teilweise hohe Mobilisierbarkeit von Schwermetallen<br />

und Arsen führte an mehreren Messstellen zur<br />

Überschreitung der Prüfwerte für den Transferpfad<br />

Boden-Grundwasser der BBodSchV (25). Und das<br />

sowohl in den Elb- als auch in den Muldeauen. Die<br />

Überschreitung der Prüfwerte sind als Auftrag für<br />

weitere Untersuchungen zu verstehen, um eine<br />

<strong>nach</strong>haltige Sicherung des Trinkwassers zu<br />

gewährleisten. Dabei müssen aber zunächst die<br />

Grundwasserfließrichtungen geklärt und das<br />

gesamte Mobilisierungspotenzial von Schadstoffen<br />

in den Auen aufgeklärt werden.


WOLF-RAINER ABRAHAM, HEIKE PETZOLDT UND GERHARD STRAUCH ABSCHNITT 6INFEKTIONSRISIKEN DURCH MIKROORGANISMEN IM FLUTWASSER<br />

Abb. 6-1 Mikroskopische Abbildung von Biofilm bildenden Bakterien aus Trinkwasser.<br />

Aufnahmen mit <strong>dem</strong> Rasterkraftmikroskop, Tapping Mode. Dieses kann in einer Aufnahme durch unterschiedliche Signalverarbeitung<br />

mehrere Bilder gleichzeitig liefern. Links Höhensignal (hier können Strukturen in drei Richtungen vermessen<br />

werden), rechts das Amplitudensignal. Hier wurde die beginnende Biofilmbildung auf unterschiedlichen<br />

Materialoberflächen untersucht. AFM-Untersuchungen sind besonders für sehr frühe Stadien der Biofilmbildung geeignet<br />

(Foto Brigitte Garske).<br />

6 Infektionsrisiken durch Mikroorganismen im Flutwasser<br />

Wolf-Rainer Abraham, Heike Petzoldt und Gerhard Strauch<br />

Mikroorgansimen sind vorwiegend einzellige, niedere<br />

Organismen, die gewöhnlich nicht mit bloßem<br />

Auge sichtbar sind. Im engeren Sinne zählen dazu<br />

vor allem Bakterien, aber auch Pilze, niedere Algen<br />

und Protozoen. Einige Vertreter dieser Organismengruppen<br />

sind infektiös und/oder können Gifte<br />

produzieren.<br />

6.1 Bakterien und Pilze in Flüssen und deren<br />

Funktionen<br />

Es gibt fast keinen Platz auf der Erde, der nicht von<br />

Bakterien besiedelt werden kann. Einige Spezialisten<br />

können bei -20°C oder 106°C, in gesättigten<br />

Salzlösungen, bei pH 0 (also in extrem saurem<br />

Milieu) oder pH 12 (in einem extrem alkalischen<br />

Umfeld), aber auch unter der starken radioaktiven<br />

Strahlung von Abklingbecken in Kernkraftwerken<br />

wachsen. Viele können Sauerstoff zur Atmung<br />

benutzen. Wenn der aber fehlt, müssen sie nicht,<br />

wie wir, ersticken. Sie sind in der Lage, ihren Stoffwechsel<br />

umzustellen. Sie nutzen dann eine Reihe<br />

anderer Oxidationsmittel wie Nitrat, Sulfat oder<br />

auch Eisen-(III).<br />

In unseren Flüssen sind Mikroorganismen allgegenwärtig.<br />

Oft wird man ihrer sogar mit <strong>dem</strong> bloßen<br />

Auge gewahr, wenn sie als schleimige Biofilme auf<br />

Steinen oder Holzstücken wachsen und mancher<br />

von uns ist schon auf solchen schleimigen Steinen<br />

beim Baden ausgerutscht. Mikroorganismen erfüllen<br />

im ’Stoffwechsel’ der Gewässer eine wichtige<br />

Rolle, in <strong>dem</strong> sie organische Stoffe abbauen, die<br />

vorher vom Land in die Gewässer gespült oder von<br />

den Algen und Wasserpflanzen im Gewässer selbst<br />

produziert wurden. Einige Bakterien setzen den<br />

Stickstoff aus organischen Verbindungen frei, stellen<br />

ihn damit anderen Organismen zur Verfügung<br />

oder verringern die Nährstoffbelastung des Gewässers,<br />

wenn im Zuge der Denitrifikation am Ende<br />

molekularer Stickstoff an die Luft ausgast. Nicht<br />

zuletzt bauen sie eine Fülle von Schadstoffen ab,<br />

die wir unbedacht in die Umwelt entlassen. So gibt<br />

es einige Bakterienstämme, die beispielsweise<br />

Pestizide, Dieselöl oder Waschmittel abbauen können.<br />

In diesem Zusammenhang sprechen wir von<br />

der ’Selbstreinigung’ der Gewässer. Die Masse der<br />

Mikroorganismen in den Flüssen sind also generell<br />

etwas Natürliches und von großem Nutzen für den<br />

Haushalt der Natur und unsere industrialisierte<br />

Gesellschaft.<br />

60


BÖHME M, KRÜGER F, OCKENFELD K, GELLER, W (HRSG, 2005) SCHADSTOFFBELASTUNG NACH DEM ELBE-HOCHWASSER <strong>2002</strong><br />

6.2 Mikroorganismen als Krankheitserreger<br />

Aus eigener, manchmal leidvoller, Erfahrung wissen<br />

wir, dass eine Reihe von Mikroorganismen<br />

auch Krankheitserreger sein können. In der Regel<br />

ist unser Körper auf den Kontakt mit Mikroorganismen<br />

eingerichtet und wehrt sich auf sehr unterschiedliche<br />

Weise.<br />

Die meisten Bakterien sind harmlos, werden vom<br />

Immunsystem in der Regel in Schach gehalten<br />

oder haben im oder auf <strong>dem</strong> Körper Nischen gefunden,<br />

wo sie uns nicht schaden oder unter Umständen<br />

sogar nützlich werden (Hautflora, Darmflora).<br />

Pathogene Bakterien, Pilze, Protozoen, Würmer<br />

und Viren sind dagegen darauf spezialisiert, sich<br />

als Parasiten im Menschen oder verwandten Arten<br />

zu entwickeln. Oft entbrennt sozusagen ein Kampf<br />

zwischen angreifenden Mikroorganismen und <strong>dem</strong><br />

Immunsystem des Menschen. Viele Pathogene<br />

haben spezielle Mechanismen entwickelt, das<br />

Immunsystem auszutricksen und können sich dann<br />

zunächst relativ ungestört vermehren. Geschwächt<br />

wird der Körper nicht nur durch heftige Immunreaktionen,<br />

sondern auch durch die Zerstörung (Lyse)<br />

von Zellen in menschlichen Geweben und von giftigen<br />

Stoffwechselprodukten der Krankheitserreger.<br />

Abb. 6-2 Kadaver als Infektionsquelle. In <strong>dem</strong> seit<br />

fünf Tagen von den Wassermassen eingeschlossen<br />

Ort Seegrehna bei Wittenberg zog am 22.8.<strong>2002</strong> der<br />

62-jährige Dieter Krüger in seinem Garten einen toten<br />

Hahn aus <strong>dem</strong> Wasser. Rund 180 Menschen lebten<br />

damals in diesem Ort, der wie eine Insel rundum von<br />

Wasser bedroht war. Die <strong>Elbe</strong> hatte hier am 20.8.<strong>2002</strong><br />

einen Damm durchbrochen und mehrere Orte überflutet<br />

(Foto Waltraud Grubitzsch).<br />

61<br />

Wenn sich der Körper einem Angriff durch pathogene<br />

Mikroorganismen zu erwehren hat oder<br />

anderweitig, beispielsweise durch Operationen,<br />

Stress oder Verletzungen (Brandwunden),<br />

geschwächt ist, so kann diese Situation von weiteren<br />

Mikroorganismen als Chance genutzt werden.<br />

Diese Anderen stellen für uns im Alltag normalerweise<br />

keine nennenswerte Gefahr dar. Aber im<br />

Moment unserer Schwächung, und nur dann, sind<br />

sie gefährlich. Wir nennen solche Bakterien fakultativ<br />

pathogen, weil sie nur zusammen mit anderen,<br />

für uns ungünstigen Bedingungen gefährlich<br />

werden können.<br />

6.3 Wie kommen pathogene<br />

Mikroorganismen in die Flüsse?<br />

Pathogene und auch fakultativ pathogene Mikroorganismen<br />

gelangen regelmäßig in Gewässer. Die<br />

Quellen dafür sind vielfältig: Ausscheidungen von<br />

Tier und Mensch, Kadaver (Abb. 6-2) oder Übertragung<br />

durch andere Tiere (Zwischenwirte). Entlang<br />

der <strong>Elbe</strong> bilden Viehweiden in der Aue als auch<br />

(ungeklärte) menschliche Abwässer die Hauptquellen.<br />

Nach der Verbesserung der Reinigungsleistung<br />

vieler Kläranlagen entlang der <strong>Elbe</strong> seit Mitte<br />

der 1990er Jahre ist die Konzentration der pathogenen<br />

Mikroorganismen gewöhnlich nicht groß<br />

genug, bei Hautkontakt Infektionen auszulösen.<br />

Wir können also normalerweise unbesorgt in der<br />

<strong>Elbe</strong> baden, wenn dabei kein Wasser verschluckt<br />

wird. Unangenehm ist dagegen der durch das<br />

starke Algenwachstum oft extrem hohe pH-Wert,<br />

der die Haut und Augen reizt.<br />

Diese Situation ändert sich grundlegend, wenn sich<br />

ein <strong>Hochwasser</strong> anbahnt. Der starke Regen spült in<br />

großem Maße Erdreich und obere Bodenschichten<br />

in die Flüsse. Teilweise wird damit die Schutzwirkung<br />

des Bodens für den Grundwasserleiter vermindert.<br />

Ausscheidungen von Weidetieren (Abb. 6-<br />

3) sowie bereits ausgebrachter Mist und Gülle aus<br />

Großviehhaltungen werden in die Gräben und Vorfluter<br />

gespült, von denen aus sie auch die großen<br />

Flüsse erreichen. Wenn die Fluten landwirtschaftliche<br />

Betrieben überschwemmen, können zusätzlich<br />

Misthaufen und Jauche- und Güllegruben, die<br />

höchste Keimzahlen enthalten, ins Wasser gelangen.<br />

Nun sind aber die Bakterien meist hochgradig spezialisiert.<br />

Arten, die im Kot der Tiere vorkommen<br />

sind nicht unbedingt gefährlich für den Menschen.<br />

Werden aber auch Kläranlagen überschwemmt,<br />

können Krankheitserreger ins Flusswasser gelangen,<br />

die direkt aus <strong>dem</strong> menschlichen Darm stammen<br />

und die daher unmittelbar wieder auf den<br />

Menschen übergehen können. Sie stellen eine<br />

potenziell hochgradige Gefahr für Menschen dar,


Clostridium perfringens (n/g TS)<br />

WOLF-RAINER ABRAHAM, HEIKE PETZOLDT UND GERHARD STRAUCH ABSCHNITT 6INFEKTIONSRISIKEN DURCH MIKROORGANISMEN IM FLUTWASSER<br />

10 4<br />

10 3<br />

10 2<br />

Vorland, jährlich überflutet<br />

Hinterland, einmalig überflutet hinter Deichbruch<br />

Hinterland, nie überflutet<br />

10<br />

0 100 200 300 400 500 600<br />

1<br />

deutsche Strom-km<br />

Abb. 6-3 Anzahl (n) des Bakteriums Clostridium perfringens<br />

in Bodenproben entlang der <strong>Elbe</strong>. Im jährlich überfluteten<br />

Vorland vor den Deichen sind entlang des<br />

gesamten Stromes hohe Bakterienzahlen vorhanden.<br />

Das Vorland wird regelmäßig zur Viehweide genutzt.<br />

Auf den nur einmal, im Sommer <strong>2002</strong> überfluteten Flächen<br />

sind die Clostridium-Zahlen geringer. Aber auch in<br />

niemals überfluteten Böden kommen diese Bakterien<br />

vor.<br />

die mit ihnen in Kontakt kommen. Das gilt für alle<br />

Bereiche, die von den Fluten betroffen werden:<br />

landwirtschaftlich und gärtnerisch genutzte Flächen<br />

ebenso wie Häuser und deren Einrichtungen.<br />

6.4 Überleben pathogene Mikroorganismen<br />

im Wasser der Flut?<br />

Vorteilhaft ist für uns die Spezialisierung der pathogenen<br />

Mikroorganismen, also die hochgradige<br />

Anpassung an ihre Wirtsorganismen. Die meisten<br />

Krankheitserreger können nicht lange im Flusswasser,<br />

in dieser für sie ungewohnten Umgebung,<br />

überleben. Wo der Mensch ihnen 37°C bietet und<br />

im menschlichen Darm Nährstoffe im Überfluss zur<br />

Verfügung stehen, hat der Fluss je <strong>nach</strong> Jahreszeit<br />

nur maximal um die 20°C und auch das Angebot an<br />

Nährstoffen ist um viele Größenordnungen geringer.<br />

Die Folge ist, dass die meisten Fäkal-Bakterien<br />

in recht kurzer Zeit absterben. So konnte man während<br />

der großen Augustflut im Jahre <strong>2002</strong> zwar<br />

hohe Konzentrationen an Escherichia coli Bakterien<br />

(Abb. 6-4) unmittelbar flussabwärts von überfluteten<br />

Klärwerken <strong>nach</strong>weisen, aber bereits 50<br />

km weiter waren diese hohen Bakterienkonzentrationen<br />

verschwunden (Abb. 6-5). Andere Bakterien<br />

aber, insbesondere fakultativ pathogene Bakterien,<br />

sind nicht so empfindlich und können durchaus länger<br />

im Fluss überleben und damit auch eine Gefahr<br />

für den Menschen darstellen.<br />

Abb. 6-4 Escherichia coli, das Darmbakterium.im<br />

Trinkwasser. Die Breite des Ausschnitts beträgt 10 µm<br />

(Foto Brigitte Garske).<br />

E. coli ist nicht immer nur harmloser Fäkalindikator,<br />

sondern kann manchmal auch selber ein gefährlicher<br />

Krankheitserreger sein. Wochenlang hielt eine Epi<strong>dem</strong>ie<br />

im Jahr 2000 die kanadische Gemeinde Walkerton<br />

in Atem. Nach heftigen Regenfällen (134 mm in 4<br />

Tagen) wurde eine Trinkwasserfassung mit Gülle aus<br />

einen Viehzuchtbetrieb verunreinigt. 2300 der 4800<br />

Einwohner erkrankten. Rund 1000 Opfer wurden ambulant,<br />

68 mussten stationär im Krankenhaus behandelt<br />

werden, und 7 Menschen starben an den Folgen der<br />

Infektion. E. coli O157:H7 (das ist die Bezeichnung des<br />

Stammes) und ein weiteres Bakterium, Campylobacter<br />

jejuni, verursachten i.d.R. Magenschmerzen, später oft<br />

blutigen Durchfall und manchmal heftige Unterleibsschmerzen.<br />

Für Kinder unter fünf Jahren und ältere<br />

Menschen können Infektionen mit E. coli O157:H7<br />

ernsthafte Folgen haben. Sie können <strong>nach</strong> fünf bis<br />

zehn Tagen der Infektion das Hämolytische uremische<br />

Syndrom (HUS, 68) verursachen, welches zu Anämie,<br />

verminderter Thrombozytenzahl, akutem Nierenversagen,<br />

und in manchen Fällen zum Tode führt (67).<br />

Was bedeutet dies nun für die Trinkwasserversorgung<br />

durch die ufernahen Wasserwerke? Als während<br />

der Augustflut einige Wasserwerke samt<br />

deren Brunnen überflutet wurden, bestand unmittelbar<br />

die Gefahr, dass pathogene Bakterien in die<br />

Trinkwasseraufbereitung gelangen konnten. Sie<br />

wurden daher sofort vorbeugend abgeschaltet. Für<br />

Wasserwerke, deren Brunnen noch arbeiteten, die<br />

aber aus einem mit pathogenen Keimen belasteten<br />

Fluss versorgt wurden, bestand mittelfristig die<br />

Gefahr einer Kontamination über die Uferpassage<br />

und durch Versickerung durch die Bodenzone.<br />

Unsere Untersuchungen an überfluteten Wasserschutzzonen<br />

von <strong>Elbe</strong> und Mulde haben gezeigt,<br />

dass es beispielsweise <strong>dem</strong> Darmbakterium E. coli<br />

nicht gelingt, den Boden zu durchqueren und in die<br />

62


BÖHME M, KRÜGER F, OCKENFELD K, GELLER, W (HRSG, 2005) SCHADSTOFFBELASTUNG NACH DEM ELBE-HOCHWASSER <strong>2002</strong><br />

Wittenberg<br />

Dresden-Kaditz<br />

Brunnen zu gelangen. Die Uferfiltration und die<br />

Wirksamkeit der Bodenabdeckung als vertikaler Filter<br />

funktionierten also auch bei dieser schweren<br />

Flut noch reibungslos.<br />

6.5 Sind Pathogene eine Gefahr im<br />

Flutwasser und wie kann man sie<br />

bekämpfen?<br />

Welche Gefahr stellen nun die pathogenen Bakterien<br />

im Flutwasser wirklich dar? Wir haben gesehen,<br />

dass die massenhaft eingeschwemmten<br />

gewöhnlichen Darmbakterien (Coliforme) im Fluss<br />

innerhalb kurzer Zeit absterben. Ähnlich verhält es<br />

sich mit <strong>dem</strong> Teil der Coliformen, der mit Flutwasser<br />

und -schlamm auf landwirtschaftlich und gärtnerisch<br />

genutzte Flächen und die darauf vorhandene<br />

Vegetation (Obst, Gemüse, Getreide und<br />

Viehfutter) eingetragen wird. Langfristig, also über<br />

Monate bis Jahre gesehen, bilden sie keine bleibende<br />

Gefahr für die Menschen.<br />

63<br />

Wörlitz<br />

Torgau<br />

Riesa<br />

Pirna<br />

Wasser:<br />

Sediment:<br />

E. coli Coliforme<br />

100 1000 10000 100000 1000000<br />

MPN/g TM<br />

Abb. 6-5 Verteilung von Coliformen/E-Coli in der <strong>Elbe</strong><br />

ca. eine Woche <strong>nach</strong> Durchgang des Flutscheitels. Die<br />

Bakterienzahlen sind im Oberen Elbtal (Pirna) sehr hoch<br />

und nehmen durch die während des <strong>Hochwasser</strong>s <strong>2002</strong><br />

ungeklärt eingeleiteten Abwässer des Ballungsraumes<br />

Dresden noch stark zu (beachte die logarithmische Darstellung).<br />

Unterhalb von Riesa ist dagegen eine starke<br />

Abnahme der Koloniezahlen erkennbar. In Wörlitz konnten<br />

keine E. coli mehr <strong>nach</strong>gewiesen werden, und die<br />

Zahl der Coliformen nahm im Vergleich zu Riesa um<br />

99,8% ab.<br />

Funktion der Uferfiltration<br />

In vielen Trinkwasserwerken entlang der <strong>Elbe</strong> wird die<br />

Uferfiltration erfolgreich zur Vorreinigung des Elbwassers<br />

eingesetzt.<br />

Das Wasser fließt aus <strong>dem</strong> Fluss unterirdisch als<br />

Grundwasser durch den Grundwasserleiter zu den<br />

Brunnen, die in einigen dutzend bis hundert Metern<br />

vom Flussufer entfernt gesetzt wurden. Das ist quasi<br />

der entgegengesetzte Weg, den das Wasser natürlicherweise<br />

nehmen würde (vgl. Abb. 2-8).<br />

Im Grundwasserleiter, der meist aus feinen bis groben<br />

Sanden und Kiesen besteht, reinigt sich das infiltrierte<br />

Flusswasser mechanisch von groben Verunreinigungen.<br />

Mikroorganismen setzen einen großen Teil der<br />

Schadstoffe um. Dabei vermindern sie die Schadstoffkonzentration<br />

derart drastisch, dass das Flusswasser<br />

<strong>nach</strong> der gesetzlich geforderter Mindestfließzeit von<br />

50 Tagen im Grundwasserleiter den Förderbrunnen in<br />

ausreichender Rohwasserqualität erreicht.<br />

Das Umfeld um die Brunnenfassungen wird durch<br />

Ausweisung als Wasserschutzgebiet besonders<br />

geschützt. Hier dürfen beispielsweise keine Chemikalien<br />

oder andere Gefahrenstoffe sowie bakteriologisches<br />

Material, von welchem eine mikrobielle<br />

Kontamination ausgehen könnte, gelagert, ausgebracht<br />

oder gehandelt werden. Der Boden muss auch<br />

von oben her als Abdichtung einen Schutz für den<br />

Grundwasserleiter gewähren.<br />

Natürlich sollte Flusswasser, aus <strong>dem</strong> Uferfiltrat<br />

gewonnen werden soll, nur gering von Schadstoffen<br />

belastet sein. Elbwasser ist jedoch seit Jahrzehnten<br />

sehr stark verschmutzt gewesen. Die Belastung mit<br />

infektiösen Keimen (Bakterien, Viren und Wurmeiern)<br />

war extrem hoch, da viele Kläranlagen in der ČSSR<br />

und DDR keine biologische Reinigungsstufe aufwiesen<br />

oder Abwässer gar direkt ungeklärt in den Fluss<br />

eingeleitet wurden. Dass diese Keime ihren Weg bis<br />

ins Trinkwasser fanden, zeigen diese Zahlen: Dresden<br />

wies in den 1980er Jahren eine 3mal höhere Häufigkeit<br />

von Magen-Darm-Infektionen auf als der Durchschnitt<br />

der DDR. Die Stadt bezog etwa die Hälfte ihres<br />

Trinkwassers aus Uferfiltrat aus der <strong>Elbe</strong> (die andere<br />

Hälfte aus sauberem Talsperrenwasser). Meißen,<br />

wenige Kilometer stromab, hatte eine 7mal höhere<br />

Infektionsrate und bezog sein gesamtes Trinkwasser<br />

aus der Uferfiltration von Elbwasser (Daten R. Walter).<br />

Seit Anfang der 1990er Jahre hat sich die Wasserqualität<br />

der <strong>Elbe</strong> bereits drastisch verbessert. Während<br />

des <strong>Hochwasser</strong>s wiesen zwar einige Meßgrößen<br />

deutlich erhöhte Konzentrationen auf, jedoch wurde<br />

das hohe Niveau von vor 1990 bei weitem nicht<br />

erreicht. Die Qualität der Trinkwasseraufbereitung aus<br />

Uferfiltrat ist ebenfalls stark gestiegen. Zu<strong>dem</strong> wird<br />

Dresden nur noch zu 20% mit Uferfiltrat aus der <strong>Elbe</strong><br />

versorgt.


WOLF-RAINER ABRAHAM, HEIKE PETZOLDT UND GERHARD STRAUCH ABSCHNITT 6INFEKTIONSRISIKEN DURCH MIKROORGANISMEN IM FLUTWASSER<br />

Flut-Isolate <strong>Elbe</strong>-Isolate Oker-Isolate<br />

Resistent Grenzfall Sensibel<br />

Abb. 6-6 Antibiotika-Resistenz von Bakterienstämmen<br />

vom <strong>Hochwasser</strong> <strong>2002</strong>. Untersucht wurden Flut-Isolate<br />

aus Kellern in Bitterfeld und Hitzacker, <strong>Elbe</strong>-Isolate aus<br />

<strong>dem</strong> Fluss bei Hitzacker ein Jahr <strong>nach</strong> der Flut, und Isolate<br />

aus der Oker zum Vergleich. Die vier Ringe stehen<br />

für folgende Antibiotika (von außen <strong>nach</strong> innen):<br />

1. Ampicillin, 2. Erythromycin, 3. Gentamycin,<br />

4. Multiresistenz gegen alle drei Antibiotika.<br />

Jedoch sind die Coliformen nur ein leicht zu analysierender<br />

Indikator für Fäkalbelastung und nur<br />

fakultativ pathogen. Tatsächlich pathogene Bakterien<br />

sind im Flutwasser viel seltener und dazu oft<br />

schwieriger analytisch zu bestimmen.<br />

Untersuchungen in während der August-Flut überschwemmten<br />

Kellern haben gezeigt, dass hier<br />

durchaus längere Zeit Pathogene <strong>nach</strong>weisbar<br />

waren (Abb. 6-6). Alarmierend waren hier besonders<br />

die Ergebnisse zur Resistenz der Bakterien<br />

gegen handelsübliche Antibiotika. Bakterielle Infektionen<br />

werden seit Ende des 2. Weltkrieges mit<br />

Antibiotika bekämpft. Heutzutage gibt es eine<br />

Reihe hochwirksamer und oft auch recht spezifischer<br />

Antibiotika, die in der Medizin und in großem<br />

Ausmaß auch in der Viehmast eingesetzt werden.<br />

Und genau gegen diese Antibiotika waren viele der<br />

Bakterienstämme aus den überfluteten Kellern<br />

immun. Das heißt, die Antibiotika wirkten nicht<br />

mehr keimtötend.<br />

Abb. 6-7 Verschlammter Obstgarten bei <strong>Elbe</strong>-Strom-km 97. Das verschlammmte Fallobst kann nur noch auf den<br />

Kompost (Althirschstein, Foto René Schwartz).<br />

64


BÖHME M, KRÜGER F, OCKENFELD K, GELLER, W (HRSG, 2005) SCHADSTOFFBELASTUNG NACH DEM ELBE-HOCHWASSER <strong>2002</strong><br />

Resistenzen von Bakterien gegenüber Antibiotika<br />

sind seit langem bekannt. Die Mikroorganismen<br />

haben Mechanismen entwickelt, sich der Wirkung<br />

der Antibiotika zu entziehen. Diese Mechanismen<br />

werden vererbt. Teile des Erbguts können zwischen<br />

verschiedenen Bakterienarten übertragen werden.<br />

So kann sich eine Resistenz gegen ein bestimmtes<br />

Antibiotikum recht schnell unter verschiedenen<br />

Bakterien verbreiten. Man entgegnet <strong>dem</strong> in der<br />

Medizin mit <strong>dem</strong> Einsatz immer neuer, für die meisten<br />

Bakterien bisher unbekannter Antibiotika.<br />

Auch werden zunehmend Kombinationen verschiedener<br />

Antibiotika verabreicht. Seit einigen Jahren<br />

ist allerdings in Krankenhäusern festzustellen, dass<br />

Bakterien Multiresistenzen aufweisen, also gegen<br />

verschiedene antibakterielle Wirkstoffe immun sind.<br />

Darunter gibt es Bakterienstämme, die sich mit keinem<br />

der heute verwendeten Antibiotika mehr<br />

bekämpfen lassen. Im Falle einer Erkrankung steht<br />

der Arzt ohne wirksame Medikamente da.<br />

Überraschend war nun, dass solche Multiresistenz<br />

auch bei Bakterien beobachtet wurde, die aus<br />

überfluteten Kellern isoliert wurden. Nun lässt sich<br />

nicht mit Sicherheit sagen, ob diese Bakterien<br />

schon vor der Flut in den Kellern waren und gar<br />

nicht aus <strong>dem</strong> Flutwasser stammen. Einiges spricht<br />

jedoch dafür, dass sie mit der Flut in die Keller<br />

gebracht wurden. Ein Jahr <strong>nach</strong> <strong>dem</strong> <strong>Hochwasser</strong><br />

von <strong>2002</strong> konnten solch hohe Anteile resistenter<br />

Bakterien im Elbwasser selbst nicht mehr <strong>nach</strong>gewiesen<br />

werden.<br />

65<br />

Was aber ist die Quelle für den hohen Anteil resistenter<br />

Bakterien? Wir vermuten sie in den während<br />

des <strong>Hochwasser</strong>s zerstörten Klärwerken,<br />

wodurch wochenlang der größte Teil der Abwässer<br />

z.B. des Dresdener Raumes ungeklärt in die <strong>Elbe</strong><br />

gelangten, und den Abschwemmungen von landwirtschaftlichen<br />

Betrieben. Die meisten Antibiotika<br />

werden nicht etwa in der Medizin, sondern in der<br />

landwirtschaftlichen Tierproduktion eingesetzt<br />

(172). Hier können sich bevorzugt Multiresistenzen<br />

entwickeln und schnell unter den Bakterien verbreiten.<br />

Das ist ein allgemeines Problem, welches nicht<br />

unmittelbar mit der Flut zu tun hat, das aber, wie<br />

gezeigt, eine zusätzliche Gefahr für die Menschen<br />

in den Flutgebieten darstellt. Das extreme <strong>Hochwasser</strong><br />

hat zu einer stärkeren Verbreitung dieser<br />

Gefahr beigetragen. Der Pfad, über den die Krankheitserreger<br />

das Gewässer erreichten, wurde<br />

bereits in Abschnitt 6.3 beschrieben.<br />

6.6 Wie kann man sich gegen die<br />

pathogenen Keime schützen?<br />

Abb. 6-8 Schimmelbildung<br />

<strong>nach</strong><br />

<strong>dem</strong> Rückgang<br />

des Wassers. Die<br />

Nährstoffe aus<br />

<strong>dem</strong> verschmutzten<br />

Wasser und<br />

der Polsterung,<br />

das gute Wasserhaltevermögen<br />

und die hohen<br />

Temperaturen lassen<br />

auf diesem<br />

Sofa eine ausgedehnteSchimmelkolonie<br />

gedeihen<br />

(Foto Wolf-Rainer<br />

Abraham).<br />

Der wirksamste Schutz gegen bakterielle Krankheitserreger<br />

ist die Einhaltung von einfachen<br />

Regeln der Hygiene. So sollte man während der<br />

Hilfseinsätze oder auch beim Baden kein Flusswasser<br />

und schon gar kein Flutwasser schlucken.<br />

Haut, Nahrungsmittel wie Obst (Abb. 6-7) und manche<br />

Gemüsesorten mit fester Schale, sowie andere<br />

Gegenstände, die mit Flutwasser oder Schlamm in<br />

Berührung waren, sollten selbstverständlich gründ-


WOLF-RAINER ABRAHAM, HEIKE PETZOLDT UND GERHARD STRAUCH ABSCHNITT 6INFEKTIONSRISIKEN DURCH MIKROORGANISMEN IM FLUTWASSER<br />

lich gewaschen werden. Andere Nahrungsmittel,<br />

wie Getreide, Kohl u.a., die sich nicht gründlich<br />

waschen lassen, können nur noch kompostiert werden.<br />

Ein großes Ärgernis war <strong>nach</strong> Rückgang des <strong>Hochwasser</strong>s<br />

die Schimmelbildung an Wänden und<br />

Hausrat. Die Schimmelbildung ist nahezu unvermeidbar,<br />

wenn im Sommer hohe Temperaturen und<br />

durch das <strong>Hochwasser</strong> die allgegenwärtige, tiefsitzende<br />

Feuchtigkeit und Nährstoffversorgung<br />

(Schlamm) zusammentreffen. Viele Möbel, Matratzen<br />

und Parkett konnten nur noch entsorgt werden,<br />

wenn sie durch Schlamm und Flutwasser verschmutzt<br />

worden waren (Abb. 6-8).<br />

Andere Gegenstände müssen gründlich gereinigt<br />

und ggf. desinfiziert werden. Dafür gibt es je <strong>nach</strong><br />

Anwendung und zu behandeln<strong>dem</strong> Material sehr<br />

verschiedene Präparate. Kann man beispielsweise<br />

eine Kellerwand bedenkenlos mit Chlorbleiche desinfizieren,<br />

sollte Möbeln aber besser mit milderen<br />

Desinfektionsmitteln behandeln. Oft reicht auch ein<br />

gründliches Abseifen aus, um Belastungen durch<br />

pathogene Bakterien zu beseitigen.<br />

Zusammenfassend kann man sagen, dass unsere<br />

Untersuchungen hohe Belastungen an fakultativ<br />

pathogenen Bakterien im Flutwasser gezeigt<br />

haben. Diese gingen im Fluss aber schnell zurück<br />

und gefährdeten nicht das Trinkwasser, das über<br />

die Uferfiltration gewonnen wurde. In den überfluteten<br />

Kellern überlebten die Keime länger und es<br />

wurden zu<strong>dem</strong> hohe Resistenzen gegen Antibiotika<br />

gefunden, die eine Behandlung von Erkrankungen<br />

erschweren würden. Die Ursache hierfür liegt allerdings<br />

nicht in der Flut selbst, sondern in <strong>dem</strong> massenhaften<br />

Einsatz von Antibiotika in Deutschland.<br />

Glücklicherweise ist die Gefahr einer Erkrankung<br />

auch dank des umsichtigen Handelns der Betroffenen<br />

nur klein, denn während des Augusthochwassers<br />

<strong>2002</strong> wurden nirgends auffällig hohe Zahlen<br />

an Durchfall- oder anderen Infektionserkrankungen<br />

gemeldet.<br />

Sind Trinkwasser Epi<strong>dem</strong>ien <strong>nach</strong><br />

<strong>Hochwasser</strong> heute überhaupt noch<br />

ein Thema?<br />

Während und <strong>nach</strong> den großen Hochwässern an<br />

Oder, Weichsel und <strong>Elbe</strong> ist nichts über gehäufte<br />

Infektionen bekannt geworden. Trotz<strong>dem</strong> birgt<br />

<strong>Hochwasser</strong> überall auf der Welt ein potenzielles<br />

Infektionsrisiko, so dass im <strong>Hochwasser</strong>fall immer<br />

erhöhte Vorsicht geboten ist. Die Trinkwasserversorgung<br />

arbeitet nicht immer und überall perfekt,<br />

wenn die Wasserfassungen von <strong>Hochwasser</strong><br />

überspült werden.<br />

Viele Beispiele (alle aus 169) sind aus (Süd-)<br />

Asien und Südamerika bekannt. In Indien<br />

erkrankten z.B. 1955 während einer weltweit aufsehenerregenden<br />

Epi<strong>dem</strong>ie in Neu Dehli 30.000<br />

Menschen an Hepatitis, als der stark abwasserbelastete<br />

Jamuna River bei <strong>Hochwasser</strong> die Wasserfassungen<br />

überspülte. Zeitweilig sollen 50%<br />

des geförderten Trinkwassers aus Abwasser<br />

bestanden haben. 73 Personen starben daran.<br />

Aber auch in Ländern mit hoch entwickeltem<br />

Hygiene-Bewusstsein können die Systeme versagen<br />

und <strong>nach</strong> Hochwässern Epi<strong>dem</strong>ien auftreten.<br />

Innerhalb einer Woche im April 1994 erkrankten<br />

z.B. 1500-3000 der 6300 Einwohner von Noormakku<br />

(Norwegen), als <strong>nach</strong> einem Rekordhochwasser<br />

fäkalkontaminiertes Flusswasser in die<br />

Förderbrunnen gelangte. Bis zu 30% aller Schulkinder<br />

der Gemeinde blieben krank zu Hause.<br />

Nachgewiesen wurde Fäkalbakterien, Adenoviren,<br />

Rotaviren und der Norwalk-Virus, der wahrscheinliche<br />

Ursache für die meisten Infektionen<br />

war.<br />

Ein letztes Beispiel aus der DDR: Zur Jahreswende<br />

1981/82 überschwemmte eine <strong>Hochwasser</strong><br />

die Trinkwasserfassungen des Wasserwerks<br />

Beesen, welches zu 90% Uferfiltrat aus der Saale<br />

zog. Eine Woche <strong>nach</strong> Beginn der Überflutung<br />

erkrankten insgesamt 10.511 Einwohner der südlichen<br />

Stadtbezirke von Halle-Neustadt und Halle<br />

an Durchfall und Erbrechen. Im Wasser der überschwemmten<br />

Brunnengalerie wurden enterale<br />

Viren <strong>nach</strong>gewiesen.<br />

Es sollte also klar sein: es besteht eine reale<br />

Infektionsgefahr beim Umgang mit Flußwasser.<br />

Diese steigt im <strong>Hochwasser</strong>fall stark an. Neben<br />

den oben erwähnten viralen Erkrankungen<br />

besteht das Risiko von bakteriellen und Wurminfektionen.<br />

Besonders erwähnenswert sind Hepatitis<br />

A, Typhus und Bakterielle Ruhr.<br />

66


BÖHME M, KRÜGER F, OCKENFELD K, GELLER, W (HRSG, 2005) SCHADSTOFFBELASTUNG NACH DEM ELBE-HOCHWASSER <strong>2002</strong><br />

7 Probleme mit <strong>dem</strong> Sauerstoff<br />

Michael Böhme<br />

7.1 Warum ist Sauerstoff wichtig?<br />

Alle aeroben Organismen benötigen Sauerstoff<br />

zum Leben. An der Luft wird Sauerstoff selten<br />

knapp, gewöhnlich sind 21% des Luftvolumens reiner<br />

Sauerstoff (O2 ). Wasser, also das Molekül H2O, besteht zwar an sich zu 94 Masse-% aus Sauerstoff,<br />

aber dieser ist im Wassermolekül chemisch<br />

gebunden und kann nicht für die Atmung verwendet<br />

werden. Wasserorganismen benötigen den<br />

Sauerstoff, der sich im Wasser physikalisch löst,<br />

ähnlich wie sich Salz im Wasser löst.<br />

Der Sauerstoff aus der Luft diffundiert über die<br />

Wasseroberfläche so lange ins Wasser, bis ein<br />

Gleichgewicht erreicht ist. Dann ist das Wasser<br />

“sauerstoffgesättigt”. Die Sättigungskonzentration<br />

ist abhängig von Wassertemperatur, Luftdruck, und<br />

der Konzentration anderer im Wasser gelöster<br />

Stoffe, z.B. Salzen. Am wichtigsten, weil, unter<br />

natürlichen Bedingungen am stärksten schwan-<br />

67<br />

Abb. 7-1 Überschwemmter Getreideacker bei Dessau am 20.8.<strong>2002</strong>. Die Strohballen treiben auf schwarzem Wasser,<br />

das völlig sauerstoffrei ist und entsprechend stinkt (Foto Ralf Hirschberger).<br />

Abb. 7-2 Probenahme des <strong>UFZ</strong> am 29.08.02. Die<br />

schillernde Oberfläche ist kein Ölfilm, sondern eine<br />

Kahmhaut aus Bakterien, die hier an der Grenzfläche<br />

zwischen Luft und sauerstofffreiem, aber nährstoffreichem<br />

Wasser beste Lebensbedingungen vorfinden<br />

(Foto André Künzelmann, <strong>UFZ</strong>).


MICHAEL BÖHME ABSCHNITT 7PROBLEME MIT DEM SAUERSTOFF<br />

O 2 in mg/l<br />

16<br />

14<br />

12<br />

10<br />

gemessene Sauerstoff-Konzentration<br />

Sättigungskonzentration<br />

8<br />

00:00 06:00 12:00 18:00 00:00 06:00 12:00 18:00 00:00<br />

kend, ist davon die Wassertemperatur. So lösen<br />

sich in 0°C kaltem Wasser 14 mg O2 pro Liter Wasser.<br />

In 25°C warmen Wasser lösen sich dagegen<br />

nur noch 8 mg/l (121). Das ist ziemlich wenig. Verschärft<br />

wird die Situation von der Tatsache, dass<br />

alle Wasserlebewesen (außer Vögel und Säugetiere)<br />

bei hoher Wassertemperatur auch noch deutlich<br />

mehr Sauerstoff verbrauchen. Pro 10 Grad<br />

Temperaturzunahme verbrauchen sie in derselben<br />

Zeit etwa doppelt soviel Sauerstoff.<br />

Wenn viele Wasserlebewesen in einem gegebenen<br />

Wasservolumen leben, können sie den gelösten<br />

Sauerstoff innerhalb weniger Stunden aufzehren.<br />

Nur zwei Prozesse können verhindern, dass die<br />

Wasserlebewesen an Sauerstoffmangel eingehen:<br />

1. die ständige Nachlieferung aus der Luft, und 2.<br />

die Freisetzung von Sauerstoff bei der Photosynthese<br />

der Algen.<br />

Als Resultat der ’Belüftung’ aus der Atmosphäre<br />

und durch die Photosynthese der Algen sowie<br />

durch den Sauerstoffverbrauch der Wasserorganismen<br />

stellt sich ein Sauerstoffgehalt ein, der auch<br />

natürlicherweise meist unterhalb der Sättigungskonzentration<br />

liegt.<br />

Problematisch wird es nur, wenn die Sauerstoff-<br />

Konzentration unter bestimmte Schwellenwerte<br />

absinkt. Die verschiedenen Tierarten reagieren<br />

unterschiedlich. Bachforellen vertragen zum Beispiel<br />

nur Minima bis 6 mg/l, während die meisten<br />

Elbfische bis zu 3 mg/l kurzzeitig ertragen können.<br />

Bei geringerer Sauerstoffkonzentration kommt es<br />

zum Fischsterben.<br />

Die größten Sauerstoff-Konsumenten sind die Bakterien<br />

im Wasser und im Boden. Sie verbrauchen<br />

auch weiter intensiv Sauerstoff, wenn die Konzentration<br />

unter 3 mg/l sinkt. Wenn der gelöste Sauerstoff<br />

im Wasser vollständig verbraucht ist, sterben<br />

die meisten aeroben Organismen. Wenige, vor<br />

allem Mikroorganismen, können in Überdauerungsformen<br />

überleben. Anaerobe Bakterien übernehmen<br />

sämtliche Stoffwechsel. Diese hinterlassen<br />

Abb. 7-3 Tagesgang der Sauerstoff-<br />

Konzentration während der Tage 09.<br />

und 10.08.<strong>2002</strong> vor <strong>dem</strong> <strong>Hochwasser</strong><br />

an der Station Schnackenburg,<br />

Nachtstunden grau. Das starke<br />

Algenwachstum führt in der <strong>Elbe</strong> bei<br />

geringer bis mittlerer Wasserführung<br />

gewöhnlich zu sehr hoher Sauerstoffübersättigung<br />

(Daten NLKW Lüneburg).<br />

aber beim Abbau von organischen Stoffen, im<br />

Gegensatz zu den aeroben Bakterien, nicht mehr<br />

nur Kohlendioxid und Wasser, sondern unterschiedlichste<br />

Stoffwechselendprodukte, darunter<br />

Schwefelwasserstoff, organische Säuren, Alkohole<br />

u.a.. Die Brühe sieht dann oft grau oder schwarz<br />

aus und beginnt zu stinken (Abb. 7-1, Abb. 7-2).<br />

7.2 Wie hoch ist der Sauerstoffgehalt<br />

normalerweise?<br />

Bei geringer bis normaler Wasserführung gibt es<br />

während der Vegetationsperiode in der <strong>Elbe</strong> meist<br />

ein starkes Phytoplankton-Wachstum. Da die Algen<br />

nur am Tage Sauerstoff freisetzen, kommt es zu<br />

deutlichen Tagesschwankungen der O2-Konzentra tion. Am Morgen sind die O2-Gehalte am geringsten,<br />

steigen den ganzen Tag über an und sinken<br />

erst ab der Abenddämmerung und in der Nacht<br />

wieder ab (Abb. 7-3).<br />

In der Regel wachsen die Algen schon im tschechischen<br />

Elblauf und vermehren sich weiter über den<br />

gesamten deutschen Längsverlauf. Das Algenwachstum<br />

ist so stark, dass das Wasser im Sommer<br />

gewöhnlich stark mit Sauerstoff übersättigt<br />

ist! Erst am Ende der freifließenden <strong>Elbe</strong>, unterhalb<br />

von Wittenberge, spätestens aber im Raum Hamburg,<br />

gehen die Algen wieder ein (35).<br />

Die extrem hohe O2-Konzentration im Unterlauf<br />

und die hohen Tagesschwankungen sind gut<br />

erkennbar in Abb. 7-4 während der Tage vom 1.-<br />

12.8.<strong>2002</strong> in Schnackenburg.<br />

7.3 Wie reagierte der Sauerstoffgehalt<br />

während des <strong>Hochwasser</strong>s?<br />

Vom Himmel herunter regnet Wasser, welches<br />

etwa zu 100% mit Sauerstoff gesättigt ist. Sobald<br />

es über Boden fließt, lösen sich Mineralien und<br />

organische Stoffe aus der (abgestorbenen) Vegeta-<br />

68


BÖHME M, KRÜGER F, OCKENFELD K, GELLER, W (HRSG, 2005) SCHADSTOFFBELASTUNG NACH DEM ELBE-HOCHWASSER <strong>2002</strong><br />

O 2 in mg/l<br />

tion und aus <strong>dem</strong> Boden im Wasser. Zu Beginn des<br />

<strong>Hochwasser</strong>s erodierten die Wassermassen<br />

zu<strong>dem</strong> in den betroffenen Mittelgebirgs- und Hügelländern<br />

allerorten die Böden und transportierten<br />

große Mengen Feststoffe fein verteilt in die Flüsse,<br />

darunter natürlich auch viele Boden- und Gewässerbakterien<br />

sowie andere Mikroorganismen. Diese<br />

fangen an, den Sauerstoff im Wasser zu veratmen.<br />

Während die so zerstörerischen Strömungshochwässer<br />

in den Gebirgstälern auch schnell wieder<br />

abflossen, wurden die Auengebiete in den Tiefländern<br />

langsam überflutet und blieben für längere<br />

Zeit unter Wasser. Die gesamte überflutete Fläche<br />

betrug entlang der <strong>Elbe</strong> mehrere hundert km²<br />

(Abb. 7-5).<br />

Auf den überfluteten Aueflächen ernähren sich die<br />

Mikroorganismen von den organischen Stoffen im<br />

Wasser, an den Schwebstoffen und vor allem im<br />

Boden. Sie wachsen gut und verbrauchen Sauerstoff.<br />

Ein großer Teil der Mikroorganismen sinkt mit<br />

den Schwebstoffen auf den Grund und zehrt weiterhin<br />

viel Sauerstoff, vor allem in langsam durchströmten<br />

Überflutungsgebieten, wo sich Schlammschichten<br />

absetzen.<br />

Am stärksten zehren überströmte Ackerflächen<br />

(Abb. 7-1). Ackerflächen sind durch regelmäßige<br />

69<br />

15<br />

10<br />

5<br />

Wittenberg Schnackenburg<br />

Magdeburg Bunthaus<br />

O 2 -Sättigungskonz.<br />

minimaler O 2 -Gehalt auf überfluteten Flächen<br />

Grenzwert für Fische<br />

0<br />

1 Aug 8 Aug 15 Aug 22 Aug 29 Aug 5 Sep 12 Sep 19 Sep 26 Sep 3 Okt<br />

Abb. 7-4 Sauerstoff-Konzentration an Meßstationen entlang der <strong>Elbe</strong>. Die Kreise bezeichnen Zeitpunkt und O 2 -Konzentration<br />

während des Flutscheitels. Im Verlaufe des <strong>Hochwasser</strong>s sammelte sich das Wasser aus <strong>dem</strong> Einzugsgebiet<br />

zunächst mit einem O 2 -Gehalt nahe der Sättigungskonzentration in der <strong>Elbe</strong>. Im Fließverlauf nahm der Sauerstoffgehalt<br />

ab. In Sachsen war noch kein ausgeprägtes Sauerstoff-Defizit vorhanden. In Wittenberg und Magdeburg ist ein O 2 -Minimum<br />

kurz <strong>nach</strong> <strong>dem</strong> <strong>Hochwasser</strong>scheitel erkennbar. Dieses verstärkt sich stromab. In Schnackenburg lag das O 2 -Minimum<br />

im Hauptstrom über mehrere Tage unter 3 mg/l und damit bereits im fischkritischen Bereich! Im weiteren Verlauf der<br />

Fließstrecke erholte sich der Sauerstoffhaushalt wieder etwas, so dass in Bunthaus kurz oberhalb von Hamburg (deutsche<br />

<strong>Elbe</strong>-km 610) keine fischkritischen Werte mehr unterschritten wurden (Daten LAU LSA, NLKW Lüneburg, BUG HH).<br />

Düngung besonders reich an organischen Nährstoffen,<br />

sie tragen keine schützende Vegetation<br />

und die Bodenfauna ist im Gegensatz zu den regelmäßig<br />

überschwemmten Aueflächen nicht an längere<br />

Zeit überstehendes Wasser angepasst. So<br />

kommt es in der Sommerhitze innerhalb kurzer Zeit<br />

zu einem Massensterben der Bodenorganismen.<br />

Milliarden von Bakterien zersetzen die tote Biomasse<br />

und tragen zu sehr hoher Sauerstoffzehrung<br />

bei.<br />

Sobald der Sauerstoffgehalt unter etwa 3 mg/l<br />

gesunken war, suchten die Fische, soweit sie noch<br />

dazu in der Lage waren, Bereiche mit besserer<br />

Sauerstoffversorgung auf oder begannen <strong>nach</strong> Luft<br />

zu schnappen. Augenzeuge Matthias Freude: „Dieses<br />

„Luft schnappen“ abertausender Fische bleibt<br />

eines der beeindruckendsten Erlebnisse auf <strong>dem</strong><br />

Deich, vor allem, wenn das Wasser knapp unter<br />

der Deichkrone steht” (50).<br />

Darüber hinaus kam es an verschiedenen Orten<br />

zur völligen Ausstickung von Auengewässern.<br />

Tagelang stand eine teils graue, teils schwarze stinkende<br />

Brühe in den Senken, die sich mit zurückgehen<strong>dem</strong><br />

Wasserstand nur langsam leerten. Fische<br />

und viele Kleintiere erstickten und trieben zu tausenden<br />

an der Wasseroberfläche (Abb. 7-6).


MICHAEL BÖHME ABSCHNITT 7PROBLEME MIT DEM SAUERSTOFF<br />

7.4 Fallbeispiel Havelpolder<br />

20 km<br />

Abb. 7-5 Die überschwemmten Gebiete entlang der<br />

<strong>Elbe</strong> zwischen Belgern (rechts unten) und Wörlitz<br />

(links oben) umfassten am 20.8.<strong>2002</strong> mehrere hundert<br />

km². Sie entsprechen fast schon den natürlichen<br />

Überschwemmungsflächen, wie sie vor der Ausdeichung<br />

existierten. Links unten ist die Muldeaue zu<br />

erkennen, aus der das Wasser jedoch bereits weitgehend<br />

abgeflossen ist. Die Wasserflächen am Ende<br />

des sichtbaren Muldeabschnitts sind der Muldestausee<br />

und das <strong>nach</strong> Deichbruch während des <strong>Hochwasser</strong>s<br />

aufgefüllte Tagebaurestloch Goitzsche (Quelle<br />

Landsat, DLR).<br />

Das Beispiel ’Ausstickung der Havelpolder’ ist<br />

bemerkenswert zum einen wegen seiner interessanten<br />

Vorgeschichte, zum zweiten durch das ausgezeichnete<br />

gewollte Ergebnis der Flutung, die<br />

erfolgreiche Wasserstandsabsenkung am Unterlauf<br />

der <strong>Elbe</strong>, und zum dritten durch das enorme Ausmaß<br />

des (ungewollten) Fischsterbens während der<br />

anschließenden Trockenlegung der Polder.<br />

Abb. 7-6 Tote Fische im ausgestickten Wasser der<br />

überfluteten Aue bei Dessau (Foto am 3.9.<strong>2002</strong> von<br />

Waltraud Grubitzsch).<br />

Im Bereich der Havelmündung wurde seit den<br />

1930er Jahren ein System aus Wehren und Poldern<br />

aufgebaut, welches bei <strong>Hochwasser</strong> der <strong>Elbe</strong><br />

den Einstrom von Elbwasser in die Havel verhindert<br />

und bei Extremhochwassern zur Kappung des<br />

Flutscheitels eingesetzt werden kann.<br />

Am 18.08.<strong>2002</strong> wurden, wie bei je<strong>dem</strong> größeren<br />

<strong>Elbe</strong>hochwasser, die Wehre bei Quitzöbel<br />

geschlossen. So konnte kein Elbwasser in die<br />

Havelniederung einströmen. Das Havelwasser<br />

staute sich natürlich hinter <strong>dem</strong> Wehr. Zusätzlich<br />

wurden im Oberlauf von Spree und Havel Maßnahmen<br />

ergriffen, die den Abfluss drosselten.<br />

Am 20.08.<strong>2002</strong>, einen Tag vor Erreichen des prognostizierten<br />

Flutscheitels, wurden die Wehre<br />

geöffnet. Bis zu 660 m³/s strömten aus der <strong>Elbe</strong> in<br />

die Havel. Zum ersten mal seit <strong>dem</strong> Bau in den<br />

1950er Jahren wurden auch die Polder geflutet.<br />

Nur wenige verfügten über ein Einlaufbauwerk.<br />

Andere Polder werden aufgegraben oder an den<br />

Abb. 7-7 Sprengung am Polder "Flöthgraben" am 22.08.02. Die Bohrlöcher auf der Deichkrone werden mit Sprengstoff<br />

gefüllt (links). Der Deich wird 18:45 Uhr auf einer Länge von 50 Metern gesprengt (mitte). Mit der Flutung erodiert<br />

die verbliebene Bodenrippe des Deiches (Fotos LUA Brandenburg).<br />

70


BÖHME M, KRÜGER F, OCKENFELD K, GELLER, W (HRSG, 2005) SCHADSTOFFBELASTUNG NACH DEM ELBE-HOCHWASSER <strong>2002</strong><br />

Abb. 7-8 Flutung der Havelpolder am 21.08.<strong>2002</strong>. Die Schlitze wurden zunächst in den Deich gesprengt und anschließend<br />

erweitert. Den Rest erledigten die Wassermassen, die mit hoher Fließgeschwindigkeit in das Poldergebiet strömten<br />

(Foto Marc Zebisch, TUB/PIK).<br />

beiden darauf folgenden Tagen durch Sprengungen<br />

geöffnet (Abb. 7-7).<br />

Der <strong>Elbe</strong>pegel reagierte sofort und der Pegel an<br />

der unterhalb gelegenen Stadt Wittenberge fing an<br />

zu fallen. Ohne die Flutung der Havelpolder wäre<br />

der Wasserstand in Wittenberge noch um einen<br />

halben Meter gestiegen. Das hätte an verschiedenen<br />

Stellen stromab zu Deichbrüchen führen können,<br />

die aber so zum Glück ausblieben.<br />

Der Öffnungszeitpunkt wurde optimal gewählt, was<br />

an <strong>dem</strong> leicht abfallenden bis ideal geraden Scheitelverlauf<br />

an den Pegeln unterhalb von Gnevsdorf<br />

in Abb. 1-3 auf Seite 6 erkennbar ist. So weit der<br />

positive Teil der Geschichte.<br />

Am Morgen des 23.08. wurden die Wehre wieder<br />

geschlossen. Insgesamt wurden in der Havelniederung<br />

75 Mio. m³ Elbwasser zurückgehalten. Der<br />

Rückstau reichte mittlererweile 60 km stromauf bis<br />

Rathenow.<br />

71<br />

Bereits am Nachmittag des selben Tages wurde<br />

das Wehr Quitzöbel geöffnet, um Havelwasser wieder<br />

in die <strong>Elbe</strong> zu entlassen, die jetzt, bei fallen<strong>dem</strong><br />

Wasserstand, bereits tiefer lag als der Wasserstand<br />

in der voll gefluteten Havelniederung.<br />

Eine sehr schöne Übersicht über das Ausmaß der<br />

Überflutungsflächen im zeitlichen Ablauf ist mit<br />

Satelliten- und Luftbildern vom Potsdam-Institut für<br />

Klimafolgenforschung, <strong>dem</strong> Institut für Geoökologie<br />

der Universität Potsdam und <strong>dem</strong> Naturpark Westhavelland<br />

dokumentiert worden (77, Abb. 7-8 und<br />

Abb. 7-9).<br />

In den folgenden warmen Tagen wurde der Sauerstoff<br />

im stagnierenden Wasser auf den Polderflächen<br />

schnell aufgezehrt. Als dieses Wasser dann in<br />

die Havel zurückfloss, kam es zu den größten<br />

Fischsterben in Deutschland seit der Sandoz-Katastrophe<br />

am Rhein 1986. Der Naturschutzbund<br />

Deutschland (NABU) schätzte am 6. September,<br />

dass in der Havel unterhalb von Rathenow minde-


MICHAEL BÖHME ABSCHNITT 7PROBLEME MIT DEM SAUERSTOFF<br />

Abb. 7-9 Ausmaß der Wasserflächen an der Havelmündung<br />

vor <strong>dem</strong> <strong>Hochwasser</strong> (oben, 11.08.02), zum<br />

Beginn der Polderflutung (mitte, 20.08.02) und während<br />

des höchsten Füllstandes (unten, am 27.08.02)<br />

(Bilder DLR, Sensor Enhanced Thematic Mapper ETM+<br />

auf Satellit Landsat 7).<br />

stens 2 Millionen Fische und zahlreiche andere<br />

Wasserorganismen an Sauerstoffmangel verendet<br />

sind. “Der Grund für das Sterben [lag] im fehlerhaften<br />

<strong>Hochwasser</strong>management und in der falschen<br />

Rücksichtnahme auf die Interessen weniger Agrarunternehmen”<br />

schrieb NABU-Bundesgeschäftsführer<br />

Gerd Billen (81). Am 9. September mussten die<br />

Schätzungen auf 10 Millionen Fische korrigiert werden.<br />

“Es könne zehn Jahre dauern, bis sich der<br />

ehemalige Fischreichtum dieser Gewässer wieder<br />

einstellt. Viele ortsansässige Fischer seien in ihrer<br />

Existenz bedroht. Mit der falschen Rücksichtnahme<br />

auf wenige Agrarbetriebe muß endlich Schluss<br />

sein, so Billen. “Der ökologische und volkswirtschaftliche<br />

Schaden beträgt ein Vielfaches von<br />

<strong>dem</strong>, was agrarindustriell hier erzeugt wird” (81).<br />

7.5 Wie könnte man das Fischsterben<br />

verhindern?<br />

Die hohe Sauerstoffzehrung ist Folge des rasanten<br />

Bakterienwachstums auf den überfluteten Flächen.<br />

Die dafür verantwortlichen Bakterienarten sind<br />

zunächst praktisch überall vorhanden, in je<strong>dem</strong><br />

Oberflächengewässer, in je<strong>dem</strong> Boden. Die Animpfung<br />

des Wassers mit Bakterien ist also unvermeidbar.<br />

Des weiteren sind die physikalisch bestimmten<br />

Lebensbedingungen für das Wachstum dieser Bakterien<br />

bedeutsam. Sie lassen sich jedoch auch nur<br />

begrenzt beeinflussen. So hat z.B. die Wassertemperatur<br />

einen starken Einfluß auf das Bakterienwachstum.<br />

Die Wachstumsrate verdoppelt sich<br />

i.d.R. je 10 Grad Temperaturzunahme. So ist es<br />

nicht verwunderlich, dass im Sommer das Risiko<br />

der Ausstickung viel höher ist als im Winter. Im<br />

Winter kann es höchstens unter einer geschlossenen<br />

Eisdecke mit viel Schnee zur Ausstickung<br />

kommen, da dadurch der Eintrag von Sauerstoff<br />

aus der Atmosphäre und die biologische Sauerstoff-Freisetzung<br />

bei der Photosynthese der Pflanzen<br />

unterbunden sind. Im Sommer reichen bei<br />

hohem Nährstoffangebot schon wenige Tage stehendes<br />

Wasser, um den Sauerstoff restlos auszuzehren.<br />

Das Stichwort ’Nährstoffangebot’ führt uns zum einzigen<br />

Punkt in der gesamten Reaktionskette, der<br />

durch entsprechende Maßnahmen wirkungsvoll<br />

beeinflusst werden kann. Die Bakterien benötigen<br />

organische Substrate für die Energiegewinnung<br />

und zum Wachsen. Diese organischen Stoffe sind<br />

auf den verschiedenen Böden ungleich verteilt bzw.<br />

ungleich verfügbar. Humusreiche Ackerböden sind<br />

besonders reich an organischen Stoffen und<br />

zugleich sind diese Stoffe wegen der fehlenden<br />

Vegetation besonders leicht verfügbar. Hier ver-<br />

72


BÖHME M, KRÜGER F, OCKENFELD K, GELLER, W (HRSG, 2005) SCHADSTOFFBELASTUNG NACH DEM ELBE-HOCHWASSER <strong>2002</strong><br />

Abb. 7-10 Massenhaftes Fischsterben <strong>nach</strong> <strong>dem</strong> <strong>Elbe</strong>hochwasser im Havelgebiet, hier am 6.9.<strong>2002</strong> am Nordufer des<br />

Gülper Sees (Foto Gerd Schumann).<br />

mehren sich die sauerstoffzehrenden Bakterien<br />

äusserst rasch.<br />

Das Gegenteil wären sandige, humusarme Böden,<br />

z.B. Dünen oder Sandbänke, wie sie entlang von<br />

Flachlandflüssen mit naturnaher Morphologie und<br />

hoher Sedimentdynamik häufig zu finden sind.<br />

Relativ geringe Zehrungsraten findet man auch auf<br />

den regelmäßig von <strong>Hochwasser</strong>n überströmten<br />

Grünlandflächen. Hier ist der Boden zwar wie auf<br />

den Ackerflächen humusreich, aber durch die<br />

Vegetation gegen Erosion während des Ein- und<br />

Ausströmens geschützt. Zum andern wird die<br />

Bodenfauna von Arten dominiert, die besser an das<br />

Regime regelmäßiger Überflutung angepasst sind<br />

und so nicht gleich absterben, wenn es zum Überstau<br />

kommt.<br />

Will man die katastrophalen Sauerstoff-Mangelsituationen<br />

und die Fischsterben in Zukunft vermei-<br />

73<br />

den, ist die Konsequenz aus diesen Erkenntnissen,<br />

in (potenziellen) Überflutungsgebieten den Ackerbau<br />

zurückzufahren und auf Grünlandnutzung<br />

umzustellen.<br />

Das Ausmaß und die genauen Umstände des massenhaften<br />

Fischsterbens sind nicht systematisch<br />

wissenschaftlich untersucht worden. In der Situation,<br />

wie sie Anfang September im Bereich der<br />

Havelmündung vorzufinden war, hätte es wahrscheinlich<br />

ausgereicht, den Rückfluss des ausgestickten<br />

Wassers von den Polderflächen in die<br />

Havel so weit zu vermindern, dass der Sauerstoffgehalt<br />

in der Havel nicht unter 3 mg/l O2 fällt. Stattdessen<br />

wollte man aber die landwirtschaftlich<br />

genutzten Flächen so schnell wie möglich trocken<br />

legen und nahm dafür das Massensterben der<br />

Fische in Kauf.


UWE GRÜNEWALD ABSCHNITT 8HOCHWASSER ALS NATUR-, SCHADENS- UND POLITIKEREIGNIS<br />

Abb. 8-1 Wisconsin River, USA. So oder ähnlich sieht ein morphologisch naturnaher Fluss aus, der bezüglich hydraulischem<br />

Regime und der Charakteristik des Einzugsgebietes mit <strong>dem</strong> Mittel- und Unterlauf der <strong>Elbe</strong> vergleichbar ist. Die<br />

Überschwemmung der Auwälder bei <strong>Hochwasser</strong> hinterlässt keinen Schaden, sondern ist einfach Teil des natürlichen<br />

Geschehens. Die Pflanzen und Tiere in der Aue sind an die wechselnden Wasserstände angepasst<br />

(Foto Emily Stanley).<br />

8 <strong>Hochwasser</strong> als Natur-, Schadens- und Politikereignis<br />

Uwe Grünewald<br />

8.1 <strong>Hochwasser</strong> - was ist das?<br />

<strong>Hochwasser</strong> – auch extremer Art – waren und sind<br />

- wie Niedrigwasser übrigens auch – Teil des natürlichen<br />

Kreislaufes. An natürlichen Fließgewässern<br />

lässt sich das Wechselspiel von (Niedrig-) Wasserständen<br />

und mehr oder minder regelmäßigen hochwasserverursachten<br />

Überschwemmungen erkennen.<br />

Vor allem die Kraft des scheinbar ungebremst<br />

strömenden Wassers formte und formt Flussläufe,<br />

-täler und -auen. Die natürlichen Flussauen zählen<br />

zu den artenreichsten Lebensräumen Mitteleuropas,<br />

weil die periodisch auftretenden Überschwemmungen<br />

nicht unwesentlich zur Ausbildung einer<br />

großen Strukturvielfalt entlang eines Fließgewässers<br />

mit seinen aquatischen, amphibischen und terrestrischen<br />

Zonen beitragen (Abb. 8-1).<br />

Allgemein wird "<strong>Hochwasser</strong>" definiert als "zeitlich<br />

begrenzte Anschwellung des Wasserstandes und<br />

des Durchflusses ..., die eine für jeden Durchflussquerschnitt<br />

aus der Statistik oder den örtlichen<br />

Gegebenheiten zu bestimmende Grenze (z.B. Ausuferungsdurchfluss)<br />

überschreitet" (z.B. 43).<br />

Gemessen werden <strong>Hochwasser</strong> an "Pegeln" vor<br />

allem durch die kontinuierliche Aufzeichnung des<br />

Wasserstandes. An sogenannten Schreibpegeln ist<br />

ein Schwimmer- bzw. Pegelschacht mit <strong>dem</strong> Fließgewässer<br />

hydraulisch verbunden (Abb. 8-2, Abb. 8-<br />

3). Der steigende bzw. fallende Wasserstand im<br />

Pegelschacht lässt einen Schwimmkörper, der mit<br />

einem Aufzeichnungsgerät im Pegelhaus mechanisch<br />

verbunden ist, <strong>nach</strong> <strong>dem</strong> Prinzip der kommunizierenden<br />

Röhren auf- und absteigen.<br />

74


BÖHME M, KRÜGER F, OCKENFELD K, GELLER, W (HRSG, 2005) SCHADSTOFFBELASTUNG NACH DEM ELBE-HOCHWASSER <strong>2002</strong><br />

Der Schreiber zeichnet eine Ganglinie des Wasserstandes<br />

über einer genau ausgemessenen<br />

Bezugshöhe ("Pegelnull") auf (Abb. 8-4).<br />

Die Wasserstands-Ganglinie ist über eine für jeden<br />

Pegelstandort spezifische Beziehung zwischen<br />

Wasserstand und Durchfluss ("Schlüsselkurven")<br />

umrechenbar in Durchflussganglinien.<br />

Wasserstände verschiedener Pegel lassen sich nur<br />

begrenzt vergleichen, weil sie auf unterschiedliche<br />

Pegelnull-Werte bezogen sind und weil die unterschiedlichen<br />

Querprofile an den Pegeln unterschiedliche<br />

"Schlüsselkurven" zur Folge haben. Die<br />

"Schlüsselkurven" können sich z.B. <strong>nach</strong> großen<br />

Hochwässern verändern, vor allem wenn die<br />

75<br />

HHW<br />

MW<br />

NNW<br />

Datenübertragung<br />

Pegelhäuschen<br />

Schwimmerschacht<br />

126<br />

Verbindungsleitung<br />

Schlammfang<br />

Abb. 8-2 Aufbau eines Schreibpegels.<br />

Messgerät<br />

Gegengewicht<br />

Schwimmer<br />

Abb. 8-3 Pegel am Wehr Neuwerben bei Havelberg,<br />

kurz vor <strong>dem</strong> Anschlag (Foto Nestor Bachmann).<br />

Wasserstand Pegel Dresden in m<br />

10<br />

9<br />

8<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

0<br />

0,0 0,5 1,0 1,5 2,0 2,5 3,0 3,5 4,0 4,5 5,0 5,5<br />

Durchfluss in 1000 m³/s<br />

bis 25.10.98<br />

bis 01.11.03<br />

seit 31.10.03<br />

Abb. 8-4 Schlüsselkurven für den Pegel Dresden.<br />

Die Schlüsselkurve ändert sich durch Veränderungen<br />

im Pegelprofil (z.B. Auflandungen) und durch Verwendung<br />

neuerer Meßergebnisse und besserer Auswertemethoden<br />

(Quelle: WSA Dresden).<br />

Gewässerprofile durch Sohlabtrag oder -auflandungen,<br />

Seitenerosion o.ä. immer wieder verändert<br />

werden (Abb. 8-4). Die stete Pflege der Pegel<br />

kostet viel Aufwand an Mitteln und Personal, so<br />

dass in der Praxis leider immer wieder große Probleme<br />

bei der sachgerechten kontinuierlichen<br />

Ermittlung der Wasserstände und der dazugehörigen<br />

Durchflüsse, vor allem bei extremen Hochwässern<br />

auftreten.<br />

Vergleichsweise wenige <strong>Hochwasser</strong>ereignisse<br />

sind technisch bedingt, wie z.B. Dammbrüche oder<br />

Erdrutsche (hinein) in Talsperren, welche die Wassermassen<br />

abrupt über das Sperrbauwerk herausdrücken.<br />

Gewöhnlich sind (Extrem-) Hochwässer<br />

ein zufallsbehaftetes Ergebnis der Überlagerung<br />

verschiedenartiger hydrometeorologischer Ereignisse<br />

(wie z.B. großflächige Starkniederschläge<br />

oder kleinräumige Unwetter gebunden an<br />

bestimmte Wetterlagen) mit verschiedenartigen<br />

hydrologischen Zuständen der Einzugsgebiete, wie<br />

z.B. Wassersättigung des Bodens durch vorherige<br />

Niederschläge oder Gefrornis des Bodens durch<br />

Dauerfrost. Fehlt eine der Vorbedingungen, kommt<br />

es bei teilweise sonst ähnlichen Entwicklungen<br />

nicht zu extremen Hochwässern.<br />

Besonders bedeutsam für die Bildung von Hochwässern<br />

ist die Niederschlagsintensität und ihr Verhältnis<br />

zur Versickerungsintensität. Ist letztere<br />

durch "Quasiversiegelung" der Einzugsgebietsoberflächen<br />

durch Frost oder große Vorfeuchte<br />

nahe Null, sorgen z.B. langanhaltende<br />

großflächige Dauerregen mit nicht unbedingt extremen<br />

Niederschlagsintensitäten zu hohen<br />

Abflussspenden. Diese können in den vielen, weit-


UWE GRÜNEWALD ABSCHNITT 8HOCHWASSER ALS NATUR-, SCHADENS- UND POLITIKEREIGNIS<br />

Abb. 8-5 Große Überschwemmungen gibt es jedes Jahr auf fast allen Kontinenten, hier als Beispiel das Jahr <strong>2002</strong> (73).<br />

verzweigten Flusstälern hin zu den Hauptflüssen<br />

wie Rhein, Donau, <strong>Elbe</strong> oder Oder, zu großvolumigen<br />

Abflusswellen zusammenlaufen.<br />

8.2 Hochwässer - wie häufig treten<br />

sie auf?<br />

Hochwässer treten fast überall auf der Welt auf<br />

(Abb. 8-5). In unseren Klimabereichen können sie<br />

zu jeder Jahreszeit auftreten (Abb. 8-14). Sommerhochwässer<br />

traten z.B. im Oder- und <strong>Elbe</strong>einzugsgebiet<br />

am häufigsten in den Monaten Juni und Juli<br />

auf. Winterhochwässer sind meist durch Schneeschmelze<br />

sowie oftmals gleichzeitige großflächige<br />

Regenereignisse verursacht. Am Rhein z.B. sind<br />

das häufig die Monate Dezember und Januar, die<br />

von solchen Extremhochwässern geprägt werden.<br />

Um Aussagen abzuleiten, wie häufig Hochwässer<br />

an einer Pegelstelle auftreten, bedient man sich der<br />

mathematischen Statistik. Im einfachsten Fall wird<br />

dazu aus der Beobachtungsreihe der jeweils höchste<br />

Abflusswert des Jahres verwendet. In<strong>dem</strong> man<br />

diese Werte der Größe <strong>nach</strong> (vom größten zum<br />

kleinsten Wert) ordnet, ergeben sich entsprechende<br />

Rangzahlen, die man durch die Anzahl der<br />

Beobachtungsjahre (aus methodischen Gründen<br />

erhöht um eins) dividiert. Diese so erhaltene "empirische<br />

Überschreitungswahrscheinlichkeit" P ü ist<br />

eine um so bessere Schätzung für die "wahre", uns<br />

letztlich immer unbekannt bleibende, Wahrscheinlichkeit<br />

des Naturprozesses "<strong>Hochwasser</strong>", je<br />

"repräsentativer" (also z.B. auch lang genug) die<br />

Beobachtungsreihe ist.<br />

Da die Angabe einer Überschreitungswahrscheinlichkeit<br />

z.B. von P ü =0,01 oder "ein Prozent"<br />

zunächst wenig Aussagekraft hat, ist es üblich, den<br />

Kehrwert 1/ P ü =T zu bilden. Er erhielt die Bezeichnung<br />

"Wiederkehrintervall" und würde im Fall<br />

P ü =0,01 bedeuten, dass die Wahrscheinlichkeit 1<br />

Prozent beträgt, dass ein <strong>Hochwasser</strong> mit einem<br />

Wiederkehrintervall von T=100 Jahren in einem<br />

beliebigen Jahr einer Beobachtungsreihe im statistischen<br />

Mittel einmal überschritten wird. Keineswegs<br />

tritt es <strong>dem</strong><strong>nach</strong> "alle 100 Jahre" auf oder<br />

"mindestens einmal in hundert Jahren" o.ä., wie<br />

allzu häufig in den Medien zu hören und zu lesen<br />

ist (Abb. 8-6). Problematisch ist die Ermittlung des<br />

Wiederkehrintervalls eines bestimmten Ereignisses<br />

vor allem, wenn unterschiedlich lange Beobachtungsreihen<br />

Verwendung finden. Die so definierte<br />

Maßzahl für die Wahrscheinlichkeit eines <strong>Hochwasser</strong>s<br />

bezieht sich auf ein Jahr und suggeriert<br />

teilweise geringe Gefahrenpotenziale für das Auftreten<br />

eines <strong>Hochwasser</strong>s. Aus den Gesetzen der<br />

Statistik lässt sich aber auch die Wahrscheinlichkeit<br />

des Auftretens eines <strong>Hochwasser</strong>s in einem<br />

bestimmten Zeitraum Z von mehreren zusammenhängenden<br />

Jahren ableiten. So ergibt sich z.B. für<br />

ein Wiederkehrintervall von T=100 Jahren und<br />

einen Zeitraum von Z=30a – ein Bereich, der sich<br />

wesentlich besser in ein menschliches Leben einordnen<br />

lässt – eine Wahrscheinlichkeit von W=0,26<br />

(oder 26 Prozent), dass ein bestimmter "<strong>Hochwasser</strong>-Scheitelabfluss"<br />

mindestens einmal in diesen<br />

30 Jahren überschritten wird. Da diese Betrachtung<br />

für jedes Flussgebiet getrennt vorzunehmen ist,<br />

wird deutlich, dass wir in unserem Leben eine sehr<br />

große Wahrscheinlichkeit haben, quasi als Zeit-<br />

76


BÖHME M, KRÜGER F, OCKENFELD K, GELLER, W (HRSG, 2005) SCHADSTOFFBELASTUNG NACH DEM ELBE-HOCHWASSER <strong>2002</strong><br />

zeuge verschiedene Jahrhunderthochwässer zu<br />

erleben.<br />

Problematisch ist die Angabe von Wahrscheinlichkeiten<br />

oder Wiederkehrintervallen vor allem bei<br />

sehr seltenen Ereignissen, da unsere Durchflussbeobachtungsreihen<br />

meist zu kurz sind, um<br />

(z.B. vom Gesetzgeber geforderte) Extrapolationen<br />

im Bereich zum Beispiel von Tausenden von Jahren<br />

vornehmen zu können. Daher ist es außerordentlich<br />

wichtig, sich zu erinnern, dass Hochwässer<br />

auch früher, also "zu allen Zeiten" auftraten und<br />

solche "historischen Hochwässer" in die statistische<br />

Analyse einzubeziehen.<br />

Unterschreitungswahrscheinlichkeit in %<br />

absolute Anzahl<br />

77<br />

99,5<br />

98<br />

90<br />

70<br />

50<br />

30<br />

10<br />

2<br />

0,5<br />

0,01<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

100<br />

100<br />

200<br />

200<br />

300<br />

300<br />

400<br />

500<br />

600<br />

700<br />

800<br />

900<br />

1000<br />

400<br />

500<br />

600<br />

700<br />

800<br />

900<br />

1000<br />

2000<br />

2000<br />

3000<br />

3000<br />

Durchfluss-Klassierung in m³/s<br />

4000<br />

5000<br />

6000<br />

4000<br />

5000<br />

6000<br />

7000<br />

8000<br />

9000<br />

10000<br />

7000<br />

8000<br />

9000<br />

10000<br />

Abb. 8-6 Häufigkeit der maximalen jährlichen Durchflüsse<br />

am Pegel Dresden (von 1851 bis 2003, Daten<br />

wie in Abb. 8-14 ohne die Einzelereignisse vor 1851.<br />

Die Überschreitungswahrscheinlichkeit läßt sich an der<br />

roten Gerade ablesen (gestrichelt: Extrapolation). Ein<br />

100-jährliches <strong>Hochwasser</strong> tritt innerhalb eines Jahres<br />

mit 1% Überschreitungswahrscheinlichkeit (=99%<br />

Unterschreitungswahrscheinlichkeit) auf und hätte bei<br />

dieser einfachen Berechnungsmethode einen Spitzendurchfluss<br />

von ca. 5.565 m³/s (bei Annahme einer<br />

Gaußschen Normalverteilung der logarithmierten<br />

Werte). Normalerweise werden diese Wahrscheinlichkeiten<br />

auf der Basis von Extremwertverteilungsfunktionen<br />

ermittelt (vgl. Abb. 8-7).<br />

14.06.2004 - Wissenschaft.de - Klima und Wetter<br />

Forscher: Gefahr durch Überschwemmungen<br />

wächst<br />

Nach neuer Schätzung sind immer mehr Menschen<br />

durch Fluten bedroht<br />

Bis zum Jahr 2050 wird sich die Anzahl der von<br />

Überschwemmungen bedrohten Menschen mehr<br />

als verdoppeln: Während heute etwa eine Milliarde<br />

Menschen in Gebieten leben, die von Überschwemmungen<br />

bedroht sind, wird sich diese Zahl innerhalb<br />

von nur zwei Generationen auf mehr als zwei<br />

Milliarden erhöhen. Das schätzt ein internationales<br />

Wissenschaftlerteam der Universität der Vereinten<br />

Nationen. Gründe für diese starke Zunahme sind<br />

<strong>nach</strong> Ansicht der Wissenschaftler die Klimaerwärmung<br />

und der damit verbundene ansteigende Meeresspiegel<br />

und die zunehmende Bevölkerungsdichte<br />

in flutgefährdeten Gebieten. Die Wissenschaftler<br />

veröffentlichten ihre Schätzung im<br />

Zusammenhang mit der Eröffnung des Instituts für<br />

Umwelt und menschliche Sicherheit UNU-EHS in<br />

Bonn.<br />

Momentan seien weltweit jedes Jahr mehr als 520 Millionen<br />

Menschen direkt von den Folgen von Überschwemmungen<br />

betroffen, berichten die Forscher. Bis<br />

zu 25.000 Menschen sterben jedes Jahr durch die Fluten,<br />

viele werden obdachlos, die Bedrohung durch<br />

Seuchen wächst und ganze Ernten und Viehbestände<br />

werden vernichtet. Besonders gefährdet ist Asien: Zwischen<br />

1987 und 1997 war der Kontinent von 44 Prozent<br />

aller Flutkatastrophen betroffen und hatte 93<br />

Prozent aller Todesopfer zu beklagen.<br />

Nach Ansicht der Wissenschaftler wird sich die Situation<br />

in den nächsten Jahren deutlich verschärfen: Die<br />

zunehmende Häufigkeit extremer Wetterphänomene<br />

und die globale Erwärmung des Klimas wird die Meeresspiegel<br />

ansteigen lassen, wodurch mehr Gebiete<br />

von Überschwemmungen bedroht werden als heute.<br />

Gleichzeitig wächst wegen der ansteigenden Weltbevölkerung<br />

der Druck, auch flutgefährdete Landstriche<br />

zu besiedeln, da diese häufig fruchtbaren Boden, hervorragende<br />

Wasserversorgung und guten Zugang zu<br />

Transportwegen bieten.<br />

"Das Interesse an Forschung auf <strong>dem</strong> Gebiet der<br />

Naturkatastrophen hat sich daher intensiviert", sagt<br />

Janos Bogardi, der Gründungsrektor des neuen Bonner<br />

Instituts. Das sei auch nötig, da heute zwar bereitwillig<br />

Geld für Opfer von Katastrophen gespendet<br />

würde, die nötigen Mittel für eine Verbesserung der<br />

Vorhersage jedoch fehlen. Das neue Bonner Institut<br />

soll daher schwerpunktmäßig Überschwemmungsebenen<br />

und Flussdeltas, besonders im Zusammenhang<br />

mit Großstädten, untersuchen. Weitere Forschungsinteressen<br />

werden auch Dürreperioden und ihre Folgen,<br />

die Klimaveränderung und die Veränderung von Rohstoffqualität<br />

und -verfügbarkeit sein.<br />

ddp/wissenschaft.de Ilka Lehnen-Beyel


Abfluß in m³/s<br />

UWE GRÜNEWALD ABSCHNITT 8HOCHWASSER ALS NATUR-, SCHADENS- UND POLITIKEREIGNIS<br />

7000<br />

6000<br />

5000<br />

4000<br />

3000<br />

2000<br />

1879-<strong>2002</strong> 1879-2001<br />

1901-<strong>2002</strong> 1901-2001<br />

1936-<strong>2002</strong> 1936-2001<br />

HW <strong>2002</strong><br />

1000<br />

1 10 100 1000<br />

Jährlichkeit T in Jahren<br />

Abb. 8-7 Wiederkehrintervall (T) der Scheitelabflüsse<br />

am Pegel Dresden, ermittelt für unterschiedlich lange<br />

hydrologische Reihen, darunter jeweils mit und ohne Einschluß<br />

des <strong>Hochwasser</strong>s <strong>2002</strong>. Man sieht sofort, wie<br />

sensibel eine Angabe eines z.B. 100-jährlichen <strong>Hochwasser</strong>s<br />

auf nur wenig unterschiedliche Ausgangsdaten<br />

reagiert (Quelle BfG in 95).<br />

8.3 <strong>Hochwasser</strong> an Oder, Morava,<br />

Weichsel, Moldau, <strong>Elbe</strong> – immer<br />

häufiger, immer heftiger?<br />

Wirft man einen Blick auf die physische Übersichtskarte<br />

Zentraleuropas, so fällt im zentraleuropäischen<br />

Raum eine Ballung von Quellgebieten bzw.<br />

oberen Einzugsgebietslagen verschiedener größerer<br />

Flüsse wie z.B. der Oder, der <strong>Elbe</strong>, der Moldau,<br />

der Weichsel und der Morava (March) – als linksseitiger<br />

Donaunebenfluss – auf.<br />

Schaut man darüber hinaus in entsprechende fachspezifische<br />

meteorologische Übersichten – wie z.B.<br />

in den "Katalog der Großwetterlagen Europas<br />

(1881 - 1998)" (53) – so erfährt man andererseits,<br />

dass diese Mittelgebirgszüge nordöstlich der Alpen<br />

immer wieder von spezifischen sommerlichen Tiefdruckwetterlagen<br />

betroffen sind. Insbesondere sind<br />

es die Großwetterlagen TM "Tief Mitteleuropa" und<br />

TRM "Trog Mitteleuropa" die feuchtereiche, subtropische<br />

Warmluft aus <strong>dem</strong> Mittelmeerraum auf die<br />

Mittelgebirgszüge z.B. des Erzgebirges, der Sudeten,<br />

der Beskiden oder eingelagerter Kaltluftberge<br />

aufgleiten lassen (53).<br />

Eine gewisse Berühmtheit hat dabei die sogenannte<br />

"Vb-Wetterlage" erreicht. Gemäß ihrer Zugstraße<br />

wird sie auch als "Adriatief" oder "Genuatief"<br />

bezeichnet (Abb. 8-8).<br />

Im Ergebnis dieser Großwetterlagen entstehen<br />

langanhaltende und starke Flächenniederschläge,<br />

die im Laufe der Geschichte immer wieder extreme<br />

Hochwässer in den jeweils schwerpunktmäßig<br />

Abb. 8-8 Zugbahn des Vb-Tiefs<br />

“Ilse” vom 8.-12. Aug. <strong>2002</strong>.<br />

78


BÖHME M, KRÜGER F, OCKENFELD K, GELLER, W (HRSG, 2005) SCHADSTOFFBELASTUNG NACH DEM ELBE-HOCHWASSER <strong>2002</strong><br />

Relative Häufigkeit in %<br />

betroffenen Flussgebieten hervorbrachten (z.B.<br />

145, 153).<br />

Die Häufigkeit solcher hochwasserträchtigen Großwetterlagen<br />

(TRM und TM) ist dabei zwar gerade in<br />

den Monaten Juni bis September relativ gering<br />

(Abb. 8-9), aber wenn sie in diesen Monaten auftreten,<br />

kommt es zu teilweise großräumigen und verheerenden<br />

Überschwemmungen. Die Ausprägung<br />

und Wirkung dieser Überschwemmungen variiert je<br />

<strong>nach</strong> räumlicher und zeitlicher Ausprägung der Niederschläge,<br />

deren vielfältiger Verknüpfung mit<br />

hydrologischen Gebietszuständen und der im<br />

Laufe der menschlichen Zivilisation sich entwikkelnden<br />

Siedlungs- und Landnutzungsstrukturen<br />

sowie Landschaftsbeeinflussungen.<br />

So führten Anfang Juli 1997 riesige Überschwemmungen<br />

an der Oder und der Morava zu schweren<br />

Schäden (u.a. 114 Tote in Polen und Tschechien).<br />

Im Zeitraum von Ende Juli bis Anfang August 2001<br />

kam es an der Weichsel zu großräumigen Überschwemmungen.<br />

Auch hier traten schwere Schäden<br />

auf (u.a. 27 Tote). Und wie bekannt, führten<br />

Anfang August <strong>2002</strong> Überschwemmungen an der<br />

<strong>Elbe</strong> und in den Flusstälern des Osterzgebirges<br />

und des mittleren Erzgebirges zu hohen Schäden<br />

(21 Tote in Deutschland).<br />

Relativ großräumige Hochwässer z.B. in den oberen<br />

Einzugsgebieten der <strong>Elbe</strong> traten darüber hinaus<br />

z.B. Anfang September 1890, im August 1897,<br />

im Juni 1926, im Juli 1954, im Juli 1981 auf.<br />

Das Einzugsgebiet der Mulde war neben <strong>dem</strong><br />

August 1897 und <strong>dem</strong> Juli 1954 beispielsweise<br />

auch im Juli 1958 stark betroffen usw. usf.<br />

Diese Aufzählung und Zuordnung ließe sich vielfältig<br />

erweitern (siehe 145). Immer wieder gaben<br />

diese Ereignisse mit oft katastrophalen Folgen für<br />

die betroffenen Anlieger Grund zu detaillierten Ana-<br />

79<br />

10<br />

8<br />

6<br />

4<br />

2<br />

0<br />

10<br />

8<br />

6<br />

4<br />

2<br />

Tief Mitteleuropa (TM)<br />

Trog Mitteleuropa (TRM)<br />

0<br />

0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12<br />

Monate<br />

Abb. 8-9 Relative Häufigkeiten ausgewählter<br />

Großwetterlagen in Europa<br />

(Zeitraum 1881-1997, Daten 53).<br />

lysen und Auswertungen. Für "Das Sommerhochwasser<br />

der <strong>Elbe</strong> im Juli 1954" lieferten dies W.<br />

Böer, H. Schubert und O. Wilser 1959 (34) sehr<br />

gründlich.<br />

Außerordentlich aufschlussreich ist ihre "Auswertung<br />

der Niederschlagsbeobachtungen ab 1901 für<br />

alle Messstellen im Gebiet der DDR", für die als<br />

Schwelle 200 mm pro Monat zugrunde gelegt<br />

wurde.<br />

"Fast in je<strong>dem</strong> dritten Jahr ist also in einem der<br />

Sommermonate mit extrem hohen Monatssummen<br />

des Niederschlags ... zu rechnen. In je<strong>dem</strong> zehnten<br />

Jahr sind sogar zwei der Sommermonate durch<br />

solche hohen Niederschläge ausgezeichnet".<br />

Als im Juli 1997 <strong>nach</strong> über 10 Tagen Laufzeit eine<br />

<strong>Hochwasser</strong>welle den Bereich der deutsch/polnischen<br />

Grenzoder erreichte, brachte sich <strong>nach</strong> einer<br />

ruhigen, relativ hochwasserfreien Zeit seit 1985 die<br />

Oder <strong>nach</strong>drücklich im nun vereinigten Deutschland<br />

in Erinnerung – in einer Zeit, in der aus der<br />

Sicht der Öffentlichkeit Hochwässer nur am Rhein<br />

oder an der Mosel aufzutreten schienen.<br />

Extreme Niederschläge als Folge der skizzierten<br />

Wetterlage betrafen diesmal die oberen Einzugsgebiete<br />

der Oder und der Morava in Polen und Tschechien.<br />

Die meteorologische und hydrologische<br />

Betroffenheit war außerordentlich. In den Oberläufen<br />

der Flüsse stellten sich die höchsten jemals im<br />

20. Jahrhundert beobachteten Abflüsse ein.<br />

Aber auch die Schadensbetroffenheit mit 114 Toten<br />

und ca. 3,7 Mio. Euro Schaden in Tschechien und<br />

Polen war groß D.h. in beiden Ländern prägte sich<br />

das "Naturereignis <strong>Hochwasser</strong> zu einer "Naturkatastrophe<br />

<strong>Hochwasser</strong>" aus. Sind doch "Hochwässer<br />

an sich" zunächst keine Katastrophe. Zu dieser<br />

werden sie erst, wenn sie sich in ihren Merkmalen<br />

(z.B. Scheiteldurchfluss, Scheitelwasserstand,


UWE GRÜNEWALD ABSCHNITT 8HOCHWASSER ALS NATUR-, SCHADENS- UND POLITIKEREIGNIS<br />

Abfluss [m³/s]<br />

6000<br />

5000<br />

4000<br />

3000<br />

2000<br />

1000<br />

0<br />

90<br />

1.7 7.7 13.7 19.7 25.7 31.7 6.8 12.8 18.8 24.8 30.8<br />

Zeit [Tage]<br />

<strong>Hochwasser</strong>dauer) so zu einem Ereignis im Raum<br />

konzentrieren, bei <strong>dem</strong> eine Gesellschaft "einer<br />

schweren Gefährdung unterzogen" wird (123).<br />

"Dabei treten derartige Verluste an Menschenleben<br />

oder materielle Schäden ein, dass die lokale gesellschaftliche<br />

Struktur versagt und alle oder einige<br />

wesentliche Funktionen der Gesellschaft nicht<br />

mehr erfüllt werden" (ebenda). Dem Schweizer<br />

Schriftsteller und Philosophen Max Frisch wird in<br />

diesem Zusammenhang immer wieder die Formulierung<br />

zugesprochen: "Katastrophen kennt allein<br />

der Mensch, sofern er sie überlebt. Die Natur kennt<br />

keine Katastrophen" (51).<br />

Deutschland kam damals recht glimpflich davon.<br />

Es gab keine Toten, die Gesamtschäden hielten<br />

sich mit ca. 330 Mio. € in Grenzen und "nur" ca.<br />

6.500 Menschen mussten evakuiert werden (die<br />

zehnfache Menge an Menschen war aber auf die<br />

Evakuierung vorbereitet). Das "Oderhochwasser<br />

1997" nahm in Deutschland keinesfalls katastrophale<br />

Ausmaße an. Zweifellos trugen dazu der<br />

unermüdlich Einsatz einer Vielzahl von Helfern und<br />

einer Masse an Material und Technik dazu bei, die<br />

Schäden in Deutschland einzugrenzen.<br />

Bei aller Würdigung dieses personellen, materiellen,<br />

technischen und menschlichen Einsatzes<br />

muss jedoch nüchtern festgestellt werden, dass die<br />

eigentlichen Ursachen für die vergleichsweise<br />

geringen Schäden in Brandenburg in der großen<br />

Anzahl von Deichbrüchen in Polen lagen. 672.000<br />

ha Land wurden dadurch in Polen überflutet. Die<br />

modellmäßige Rekonstruktion der <strong>Hochwasser</strong>welle<br />

ohne Deichbrüche für den polnischen Oderpegel<br />

Gozdowice im Bereich der deutsch-polnischen<br />

Grenzoder unterhalb der Mündung der<br />

Warta liefert zwei ausgeprägte steile <strong>Hochwasser</strong>scheitel,<br />

welchen zwei abgeflachte, relativ nahe<br />

0<br />

15<br />

30<br />

45<br />

60<br />

75<br />

Niederschlag [mm/d]<br />

Abb. 8-10 Gegenüberstellung gemessener<br />

und mittels des Modelles SEROS simulierter<br />

Durchflussganglinien für den Oderpegel<br />

Gozdowice für das große Oder-<br />

<strong>Hochwasser</strong> 1997 (verändert <strong>nach</strong> 132),<br />

durchgezogene Linie = gemessen; gepunktete<br />

Linie = simuliert (ohne Deichbrüche).<br />

Die Retention des Wassers in den durch die<br />

Deichbrüche wiedergewonnenen Auegebieten<br />

hatte den Spitzenabfluß bereits vor der<br />

deutschen Grenze um mehr als ein Drittel<br />

vermindert!<br />

beieinander liegende gemessene Scheitel gegenüberstehen<br />

(Abb. 8-10, 132). Nicht auszudenken,<br />

was z.B. im mit über 20.000 Menschen besiedelten<br />

Oderbruch passiert wäre, wenn sich ein solcher,<br />

glücklicherweise nur simulierter, Scheitelwert von<br />

über 5.000 m³/s anstatt der gemessenen ca. 3.000<br />

m³/s eingestellt hätte. Dann hätten wir zweifellos<br />

auch in Deutschland eine "<strong>Hochwasser</strong>katastrophe"<br />

gehabt.<br />

Die "Weichselflut 2001" trat zu exakt <strong>dem</strong> gleichen<br />

Monatszeitraum wie das Oderhochwasser 1997<br />

auf. Betroffen waren diesmal Gebiete in Südostpolen<br />

im Einzugsgebiet der Weichsel, in denen es<br />

tagelang intensiv regnete. Sie fließt in ihrem Verlauf<br />

durch Zentralpolen, eine Region, die überwiegend<br />

landwirtschaftlich genutzt wird. Auch hier brach<br />

eine Vielzahl von Deichen, wurden Brücken und<br />

Infrastruktur erheblich beschädigt. Mehr als 50.000<br />

Menschen waren direkt betroffen. 27 Toten waren<br />

zu beklagen und der Schaden in den agrarisch<br />

geprägten Woiwodschaften hielt sich mit 680 Millionen<br />

Euro in Grenzen.<br />

Die "Augustfluten im <strong>Elbe</strong>gebiet <strong>2002</strong>" sowie die<br />

vorherigen Fluten z.B. in Bayern und Österreich<br />

gehen ebenfalls auf die Großwetterlage TRM bzw.<br />

den skizzierten "Wetterlagen-Typ V b" zurück. Vom<br />

06. bis 08.08.<strong>2002</strong> fielen dabei die Extremniederschläge<br />

zunächst an den Oberläufen der Flüsse<br />

nördlich von Salzburg und südlich von Prag insbesondere<br />

im Einzugsgebiet der Moldau. Wenige<br />

Tage später, vom 09.08. bis 13.08.<strong>2002</strong>, kamen<br />

Extremniederschläge mit bis zu 312 mm in 24 Stunden<br />

im Osterzgebirge herunter (Messstelle des<br />

Deutschen Wetterdienstes (DWD) Station Zinnwald/<br />

Georgenfeld). An den Stauanlagen der Landestalsperrenverwaltung<br />

des Freistaates Sachsen<br />

wurden daneben Niederschlagsmengen registriert,<br />

80


BÖHME M, KRÜGER F, OCKENFELD K, GELLER, W (HRSG, 2005) SCHADSTOFFBELASTUNG NACH DEM ELBE-HOCHWASSER <strong>2002</strong><br />

Durchfluss in m³/s<br />

die im Raum Altenberg die DWD-Messwerte noch<br />

übersteigen und den sogenannten "Maximierten<br />

Gebietsniederschlagshöhen Deutschlands" (41)<br />

sehr nahe kommen.<br />

Im sächsischen Osterzgebirge, im Einzugsgebiet<br />

der Mulde und an der <strong>Elbe</strong> im Raum Dresden prägten<br />

sich im Resultat dieser extremen Niederschlags-<br />

und Abflussverhältnisse außergewöhnliche<br />

<strong>Hochwasser</strong>situationen aus. Innerhalb weniger<br />

Stunden verursachten die riesigen Abflüsse der<br />

Elb-Nebenflüsse in den betroffenen Erzgebirgstälern<br />

katastrophale Verhältnisse. Insbesondere die<br />

in ihr altes Flussbett durchbrechende Vereinigte<br />

Weißeritz verheerte neben Orten wie Freital erhebliche<br />

Teile der sächsischen Landeshauptstadt Dresden<br />

bereits ab <strong>dem</strong> 12.08.<strong>2002</strong> abends. Neben<br />

<strong>dem</strong> Dresdner Hauptbahnhof waren in den Folgetagen<br />

ca. 15 Prozent des Stadtgebietes von den<br />

Wassermassen der Weißeritz und der <strong>Elbe</strong> überflutet.<br />

Diesmal kamen 21 Menschen zu Tode und<br />

allein in Dresden mussten 35.000 Menschen evakuiert<br />

werden.<br />

In Tschechien war die personelle – mit 17 Toten –<br />

sowie die materielle und politische Betroffenheit<br />

ebenfalls sehr hoch (101). Politisch ist besonders<br />

brisant, dass alle drei Metrolinien – die für den Verteidigungsfall<br />

als atombombensichere Bunkeranlagen<br />

vorbereitet waren – schwer beschädigt wurden.<br />

Am Elbpegel Dresden wurde mit einem Wasserstand<br />

von 940 cm am 17.08.<strong>2002</strong> der bisher angegebene<br />

<strong>Hochwasser</strong>-Höchststand von 877 cm vom<br />

31.03.1845 erheblich überschritten. Die Wasserstands-Durchfluss(W-Q)-Beziehung<br />

war für diesen<br />

Pegel in diesem Bereich nicht belegt. Die Landesanstalt<br />

für Umwelt und Geologie (LfUG) des Freistaates<br />

Sachsen gab Durchflusswerte an, die auf<br />

der bestehenden W-Q-Beziehung beruhten und bei<br />

81<br />

5000<br />

4500<br />

4000<br />

3500<br />

3000<br />

2500<br />

2000<br />

1500<br />

1000<br />

500<br />

0<br />

1490<br />

1480<br />

1450<br />

1380<br />

1310<br />

1370<br />

1650<br />

1950<br />

2210<br />

2550<br />

2570<br />

2480<br />

2370<br />

2360<br />

2440<br />

2660<br />

3010<br />

3619<br />

4020<br />

4404<br />

4792<br />

4758<br />

keine<br />

Angaben<br />

vorhanden<br />

4298<br />

3722<br />

3290<br />

2970<br />

2690<br />

2430<br />

2170<br />

1940<br />

1760<br />

1550<br />

1410<br />

1290<br />

1200<br />

1130<br />

1070<br />

11.08. 12.08. 13.08. 14.08. 15.08. 16.08. 17.08. 18.08. 19.08. 20.08. 21.08. 22.08.<br />

955<br />

Abb. 8-11 Pegel Dresden/<strong>Elbe</strong><br />

Durchfluss vom 11.08.02 - 7.00 Uhr<br />

bis 22.08.02 - 7.00 Uhr (LfUG<br />

Sachsen, Internetangaben)<br />

einem Wasserstand von 913 cm und einem Durchfluss<br />

von 4.792 m³/s endeten. Sie gaben Anlass zu<br />

Spekulationen über Scheitelabflusswerte um 7.000<br />

m³/s (Abb. 8-11, vgl. auch Abb. 8-4).<br />

Die Bundesanstalt für Gewässerkunde Koblenz<br />

(31) gibt dagegen als am "Blauen Wunder" gemessenen<br />

Scheiteldurchfluss Q=4.700 m³/s an, was<br />

1000 m³/s weniger als beim <strong>Hochwasser</strong> vom<br />

31.03.1845 bei einem Wasserstand von 8,77 m in<br />

Dresden wäre. Inzwischen bestätigt sich dieser<br />

zunächst hinsichtlich der angewandten Messverfahren<br />

und deren Genauigkeit angezweifelte Wert<br />

immer mehr und es wird <strong>dem</strong> Scheiteldurchfluss in<br />

Dresden im August <strong>2002</strong> "nur noch" ein Wiederkehrintervall<br />

von 150 bis 200 Jahren zugeordnet<br />

(155). Damit ordnen sich zumindest die Durchflüsse<br />

vernünftig in das "Längsprofil von Prag,<br />

Dečin und Usti <strong>nach</strong> Dresden" ein. Der Wasserstand<br />

von 9,40 m dagegen bleibt scheinbar ein Rätsel,<br />

zumal kurz oberhalb des Stadtgebietes von<br />

Dresden im August <strong>2002</strong> fast die gleichen Wasserstände<br />

wie an den historischen <strong>Hochwasser</strong>marken<br />

des Pillnitzer Schlosses vom März 1845 noch<br />

immer ablesbar sind (Abb. 8-12). Hier gibt es nur<br />

eine Erklärung: das <strong>Hochwasser</strong>abführungspotenzial<br />

im Stadtgebiet von Dresden ist offensichtlich in<br />

den letzten Jahrzehnten drastisch vermindert worden.<br />

Sich immer stärker bestätigende Ursachen<br />

sind starke Auflandungen - die Bundesanstalt für<br />

Wasserbau (BAW) nennt Zahlen von "1 m Höhe<br />

über mehr als 50 m Breite" im Bereich der Carola-,<br />

Augustus- und Marienbrücke - sowie "strömungsverändernde<br />

Wirkungen des Bewuchses, die<br />

neben der Widerstandserhöhung zu zusätzlichen<br />

Wasserspiegelaufhöhungen und Strömungsbelastungen<br />

führen" (21). Luftbilder während des <strong>Hochwasser</strong>s<br />

aus <strong>dem</strong> Bereich der Ostraflutrinne und<br />

der Marienbrücke bestätigen dies eindringlich und<br />

weisen darüber hinaus auf die negativen Wirkun-


UWE GRÜNEWALD ABSCHNITT 8HOCHWASSER ALS NATUR-, SCHADENS- UND POLITIKEREIGNIS<br />

Abb. 8-13 Die Flutrinnen Ostragehege (links) und<br />

Kaditz (rechts oben) in Dresden am 16.08.<strong>2002</strong>, einen<br />

Tag vor <strong>dem</strong> Flutscheitel der <strong>Elbe</strong>. 1969 wurde die Eissporthalle<br />

mitten in die Flutrinne gesetzt<br />

(Foto Andreas Prange, GKSS).<br />

gen von Bauwerken in den zur <strong>Hochwasser</strong>entlastung<br />

angelegten Flutrinnen hin (Abb. 8-13).<br />

Dem<strong>nach</strong> haben wir es also keinesfalls mit einem<br />

<strong>Hochwasser</strong> nie dagewesenen Ausmaßes in der<br />

<strong>Elbe</strong> zu tun, sondern die Überflutung war diesmal<br />

heftiger als jemals vorher, weil zu Ungunsten der<br />

<strong>Hochwasser</strong>vorsorge z.B. für Mensch, Kulturgüter<br />

und Infrastruktur andere Prioritätensetzungen, z.B.<br />

für Naturschutzbelange, Naherholung und Sport<br />

erfolgten bzw. über Jahrzehnte fehlende finanzielle<br />

Mittel eine hochwassermindernde Gewässerunterhaltung<br />

nicht zuließen.<br />

8.4 "Einstellen auf <strong>Hochwasser</strong>" ist nötig<br />

und möglich – verhindern kann man<br />

<strong>Hochwasser</strong> nicht!<br />

Sowohl <strong>nach</strong> der "Oderflut 1997" und der "Weichselflut<br />

2001", als auch den "Augustfluten <strong>2002</strong> im<br />

<strong>Elbe</strong>gebiet", gab es auffällig viele monokausale<br />

Erklärungsversuche, welche diese Hochwässer<br />

z.B. auf Zunahme der Flächenversiegelung, des<br />

Flussausbaus, des Waldsterbens oder auf anthropogen<br />

verursachte Klimaänderungen zurückführten.<br />

Ohne Zweifel lassen sich die Wirkungen veränderter<br />

Klimabedingungen am vielhundertjährigen<br />

<strong>Hochwasser</strong>geschehen des Pegels Dresden z.B.<br />

beim Vergleich des Auftretens von Sommer- und<br />

Winterhochwasser - in der Verlängerung der kontinuierlichen<br />

Reihe der Jahreshöchstabflüsse seit<br />

1851 um historische Hochwässer bis zum Jahr<br />

1501 - erkennen (Abb. 8-14). Vor allem in der Periode<br />

der kleinen Eiszeit im 18. und 19. Jahrhundert<br />

überwiegen extreme Winterhochwässer. In der<br />

Periode einer relativ kurzen Zwischenerwärmung<br />

Ende des 19. Jahrhunderts treten häufig extreme<br />

Sommerhochwässer auf, die sich im 20. Jahrhundert<br />

fortzusetzen scheinen.<br />

Ohne Zweifel befindet sich unser Klima in einem<br />

permanenten Änderungsprozess (z.B. 122). Untersuchungen<br />

des Deutschen Wetterdienstes an den<br />

Werten der DWD-Station Hohenpeißenberg in Bayern<br />

zeigen z.B. auf, dass sich der Erwartungswert<br />

der Anzahl der Tage mit mehr als 30 mm Niederschlag<br />

von 2,8 Tagen pro Jahr im Jahre 1880 auf<br />

5,2 Tage pro Jahr im Jahr 2000 erhöht hat. Ein<br />

Grund ist sicherlich die Erhöhung der Mitteltemperatur<br />

in Deutschland im letzten Jahrhundert um<br />

etwa 0,6°C. Prognostiziert wird für das bevorstehende<br />

Jahrhundert eine solche von 1,5°C – 5°C<br />

(42). Demzufolge wäre eine wärmere Atmosphäre,<br />

die mehr Energie zum Wasserumsatz zur Verfügung<br />

hätte und <strong>dem</strong>zufolge auch stärkere<br />

(Extrem-) Niederschläge liefern könnte, zu erwarten.<br />

Diese Entwicklung gilt es nüchtern und sachlich<br />

zu verfolgen und umsichtig durch notwendiges<br />

globales und regionales Handeln entgegenzuwirken.<br />

Der scheinbar weitsichtige Ansatz "<strong>Hochwasser</strong>schutz<br />

heißt Klimaschutz" z.B. in Platzeck und<br />

Abb. 8-12 <strong>Hochwasser</strong>marken der <strong>Elbe</strong> in der Sächsischen Schweiz. Während der Flutscheitel in Bad Schandau (linkes<br />

Bild) 30 cm höher war als 1845, war das in der 15 km stromab gelegenen Stadt Wehlen (mitte) genau umgekehrt. In Pillnitz<br />

lagen beide Höchststände auf gleicher Höhe (rechts). In Dresden lag der Wasserstand <strong>2002</strong> gar 63 cm über <strong>dem</strong> von<br />

1845. Ursache sind unterschiedliche Ablagerungen und Bewuchs in den Auen und Gebäude, die seit 1845 neu in die Aue<br />

gebaut wurden (Fotos Grundmann, Lehrstuhl Hydrologie TU Dresden, rechts Uwe Grünewald, BTU Cottbus).<br />

82


BÖHME M, KRÜGER F, OCKENFELD K, GELLER, W (HRSG, 2005) SCHADSTOFFBELASTUNG NACH DEM ELBE-HOCHWASSER <strong>2002</strong><br />

Roßberg (124, 131) scheint plakativ, aber letztlich<br />

kurzsichtig und sogar gefährlich. Er vermittelt einerseits<br />

das Alibi des "Verursachtseins durch höhere<br />

Gewalt" und enthält dadurch Aspekte einer "Generalamnestie"<br />

für jahrzehntelanges nicht erfolgtes<br />

Handeln. Insbesondere entlässt er Entscheidungsträger<br />

all zu schnell aus der Verantwortung für<br />

zukünftige Maßnahmen zum "<strong>Hochwasser</strong>schutz"<br />

bereits bei "unverändertem und veränderten<br />

Klima". "Nüchtern und sachlich" sollten die erkannten<br />

Defizite bei der <strong>Hochwasser</strong>vorsorge, von der<br />

Informationsvorsorge, über die Verhaltensvorsorge,<br />

die Raum- und Bauvorsorge bis hin zur Risikovorsorge<br />

- die ja alle sehr konsequent und richtig in<br />

(Jahres-) HQ in m³/s<br />

83<br />

6000<br />

5000<br />

4000<br />

3000<br />

2000<br />

1000<br />

0<br />

1501 1698 1821<br />

1531 1784 1824<br />

1651 1785 1827<br />

1655 1799 1830<br />

1682 1814 1845<br />

ausgewählte<br />

ältere HQ<br />

(106) aufgelistet sind - umgesetzt werden. Hochwässer,<br />

insbesondere Extremhochwässer, lassen<br />

sich nicht verhindern. Wir können und müssen uns<br />

aber besser durch Vorsorgemaßnahmen auf sie<br />

einstellen. Insbesondere gilt es, wesentlich stärker<br />

und konsequenter als bisher Wasserressourcenund<br />

Landressourcenbewirtschaftung gemeinsam<br />

zu bewältigen (58).<br />

Betrachtet man z.B. den Verlauf der <strong>Hochwasser</strong>welle<br />

vom Pegel Außig (Usti) über Dresden, Torgau,<br />

Wittenberg, Aken, Barby, Tangermünde und<br />

Wittenberge <strong>nach</strong> Neu-Darchau (siehe 31 und vgl.<br />

Abb. 1-3), so fallen zwei Tatsachen besonders auf:<br />

1501<br />

1698<br />

1821<br />

1855<br />

1860<br />

1865<br />

1870<br />

1875<br />

1880<br />

1885<br />

1890<br />

1895<br />

1900<br />

1905<br />

1910<br />

1915<br />

1920<br />

1925<br />

1930<br />

1935<br />

1940<br />

1945<br />

1950<br />

1955<br />

1960<br />

1965<br />

1970<br />

1975<br />

1980<br />

1985<br />

1990<br />

1995<br />

2000<br />

2005<br />

Jahr<br />

Abb. 8-15 Ein Fernseh-Team bereitet<br />

sich am 20.08.<strong>2002</strong> im Überschwemmungsgebiet<br />

bei Klein Gübs unweit<br />

von Magdeburg auf eine Direktsendung<br />

vor. Über Nacht mussten die Bewohner<br />

des Ortes in wenigen Minuten ihre<br />

Häuser verlassen, da bei Heyrothsberge<br />

ein Deich gebrochen war und<br />

das Wasser aus <strong>dem</strong> <strong>Elbe</strong>-Umflutkanal<br />

das Dorf überflutet hat<br />

(Foto Peter Förster).<br />

Abb. 8-14 Jahres-Höchstabflüsse am Pegel Dresden/<strong>Elbe</strong>. HQ ab <strong>dem</strong> Abflussjahr 1851 kontinuierlich, ergänzt um<br />

einige historische Hochwässer (grau hinterlegt). Sommerhochwasser rot, Winter blau.<br />

<strong>2002</strong>


UWE GRÜNEWALD ABSCHNITT 8HOCHWASSER ALS NATUR-, SCHADENS- UND POLITIKEREIGNIS<br />

Neben den Oberläufen in Tschechien ist es nur die<br />

Vereinigte Mulde, die zu einem drastischen Anstieg<br />

des Durchflusses in der <strong>Elbe</strong> beiträgt.<br />

Im Bereich der Havel ist eine drastische Durchflussminderung<br />

durch Polderflutung zu beobachten.<br />

Letzteres dürfte nicht zuletzt auf eine entscheidende<br />

Erfahrung aus der "Oderflut 1997"<br />

zurückzuführen sein, wo 672.000 ha Überflutungsflächen<br />

in Polen auf Grund einer Unzahl von (meist<br />

ungewollten) Deichbrüchen zu einer deutlichen<br />

Abflachung der <strong>Hochwasser</strong>welle insbesondere im<br />

Bereich der deutsch-polnischen Grenzoder führten<br />

(Abb. 8-10). Die gezielte Nutzung der "Flutungspolder<br />

Havelniederung" im August <strong>2002</strong> lieferte eine<br />

Kappung der <strong>Hochwasser</strong>welle an der Stadt Wittenberge<br />

um mehr als 0,5 Meter, wodurch dort<br />

praktisch keine <strong>Hochwasser</strong>schäden auftraten<br />

(siehe Pfeil 6 in Abb. 1-3). Problematisch stellte<br />

sich dagegen die Situation beim Rücklauf der gefluteten<br />

Polder dar, da es durch hohe Sauerstoffzehrung<br />

auf den landwirtschaftlich intensiv genutzten<br />

Polderflächen zu massenhaftem Fischsterben kam<br />

(vgl. Abschnitt 7.4 ’Flutung der Havelpolder’ ab<br />

Seite 70).<br />

8.5 <strong>Hochwasser</strong> in Medien und Politik<br />

<strong>Hochwasser</strong> sind neben Naturereignissen auch<br />

“Politik- und Medienereignisse”. Während im Jahr<br />

1997 der hohe Einsatz an Menschen und Material<br />

an der deutschen Grenzoder das "Gefühl des<br />

gesamtdeutschen Zusammenwachsens in der<br />

Stunde der Gefahr", die "neue Verbundenheit der<br />

Bevölkerung mit ihren Soldaten" usw. von über 500<br />

Journalisten von 12 TV-Stationen, 35 Radiosendern,<br />

76 Printmedien und 12 Agenturen in den<br />

Medien vermittelt wurde, wird die <strong>Hochwasser</strong>katastrophe<br />

im <strong>Elbe</strong>einzugsgebiet im August <strong>2002</strong> nicht<br />

unwesentlich im Zusammenhang mit <strong>dem</strong> Wahlerfolg<br />

des damals erneut kandidierenden Bundeskanzlers<br />

in Verbindung gebracht. Weil das so ist,<br />

sollte aber konsequenter als bisher die Integration<br />

der "Politikbereiche <strong>Hochwasser</strong>vorsorge und der<br />

<strong>Hochwasser</strong>abwehr" in die anderen Politikbereiche<br />

wie Verkehrswesen, Städte-, Regional- und Raumplanung<br />

sowie insbesondere den Naturschutz - und<br />

umgekehrt - betrieben werden (Abb. 8-15).<br />

Im Rahmen der Diskussion um die Umsetzung der<br />

Europäischen Wasserrahmenrichtlinie (45) werden<br />

die europäischen Länder, also auch die deutsche<br />

Bundesregierung, aber auch die deutschen Bundesländer,<br />

die ja <strong>nach</strong> deutscher Gesetzgebung für<br />

den <strong>Hochwasser</strong>schutz zuständig sind, nicht darum<br />

herum kommen, den <strong>Hochwasser</strong>schutz, die <strong>Hochwasser</strong>vorsorge<br />

und die <strong>Hochwasser</strong>abwehr in<br />

diese direkt einzubinden. Insbesondere in Deutschland<br />

müssen wir uns dazu stärker und konsequen-<br />

ter als bisher fragen, ob es sinnvoll und richtig ist,<br />

die Zersplitterung in der Zuständigkeit für <strong>Hochwasser</strong>fragen<br />

in verschiedensten Ländern und<br />

Behörden bzw. Verantwortungsbereichen (z.B. von<br />

den Wasserbehörden, den Umweltbehörden, über<br />

die Schifffahrtsbehörden bis zu den Planungsbehörden)<br />

in einem Flussgebiet weiter (argwöhnisch)<br />

zu pflegen oder ob diese zu Gunsten einer länderübergreifenden,<br />

integrativen und interdisziplinären<br />

Wasserbewirtschaftung im Flussgebietsmaßstab<br />

verändert wird.<br />

8.6 <strong>Hochwasser</strong>risikomanagement statt<br />

schnelles Verdrängen und Vergessen!<br />

Das für viele Menschen und Medien "überraschende<br />

<strong>Hochwasser</strong>" im Sommer <strong>2002</strong> im <strong>Elbe</strong>gebiet<br />

hat einen deutlichen Verlust an "historischem<br />

<strong>Hochwasser</strong>bewusstsein" in den meisten<br />

betroffenen Regionen offenbart. Scheinbar bedenkenlos<br />

wurden in hochwassergefährdeten Gebieten<br />

z.B. Häuser und Gewerbegebiete gebaut und (Verkehrs-)<br />

Infrastruktur hineingetragen (vgl. Abb. 1-4).<br />

Trotz vielfältiger Mahnungen und Lehren z.B. (57)<br />

aus der "Oderflut 1997" wurde nicht in die Entwicklung<br />

leistungsfähiger <strong>Hochwasser</strong>frühwarnsysteme<br />

<strong>nach</strong> modernem Stand von Wissenschaft<br />

und Technik investiert. Das Bewusstsein um die<br />

<strong>Hochwasser</strong>gefahren und den eingeschränkten<br />

Abfluss bei Verbauung bzw. sonstiger Verkleinerung<br />

der vorhandenen <strong>Hochwasser</strong>-Abflussprofile<br />

und der Retentionsräume war zwar bei den Fachleuten<br />

vorhanden. Offensichtlich stand es aber<br />

z.B. der politisch gewollten Entwicklung von Wirtschaftsstandorten<br />

und der Umsetzung von Tourismus-<br />

oder Naturschutzkonzepten hilflos gegenüber.<br />

Schnell wurden <strong>dem</strong>zufolge noch während<br />

der Katastrophe Klimawandel, Waldsterben oder<br />

Landnutzungswandel als eigentliche Ursachen<br />

ausgemacht.<br />

In den <strong>nach</strong> der "<strong>Elbe</strong>flut <strong>2002</strong>" inzwischen auf vielfältigen<br />

Ebenen und in unterschiedlichen Gremien<br />

erarbeiteten Analysen (z.B. 165, 95, 107, 154)<br />

zeichnen sich wesentlich sachlichere und nüchternere<br />

Schlussfolgerungen ab: Was in Deutschland<br />

gebraucht wird, ist ein <strong>Hochwasser</strong>risikomanagement,<br />

das alle Aspekte der <strong>Hochwasser</strong>vorsorge<br />

und -bewältigung einzugsgebietsbezogen umfasst.<br />

Dies wird insbesondere in einer Studie des Deutschen<br />

Komitees für Katastrophenvorsorge e.V.<br />

(DKKV) ausführlich dargestellt.<br />

Ziel der Studie (58) war es herauszuarbeiten, was<br />

es in Zukunft bei der <strong>Hochwasser</strong>vorsorge und<br />

der <strong>Hochwasser</strong>bewältigung in Deutschland endlich<br />

zu beherzigen gilt.<br />

Die Facetten der Aussagen sind vielfältig. Sie<br />

beginnen beim Nachweis, dass weder bei der<br />

84


BÖHME M, KRÜGER F, OCKENFELD K, GELLER, W (HRSG, 2005) SCHADSTOFFBELASTUNG NACH DEM ELBE-HOCHWASSER <strong>2002</strong><br />

<strong>Hochwasser</strong>vorsorge noch bei der Bewältigung von<br />

<strong>Hochwasser</strong>katastrophen in Deutschland das erforderliche<br />

Maß an Kooperation, Kommunikation und<br />

Führung vorhanden ist. Bei beiden mangelt es an<br />

ausreichen<strong>dem</strong> Zusammenwirken über Fach- und<br />

Raumgrenzen sowie insbesondere über Bundesländergrenzen<br />

hinweg.<br />

Anstatt "<strong>Hochwasser</strong>schutz" zu versprechen,<br />

sollte eine bewusste Auseinandersetzung und ein<br />

bewusster "Umgang mit den <strong>Hochwasser</strong>risiken"<br />

erfolgen. Grundlage dafür sind beispielsweise die<br />

Offenlegungen von Gefahren und Verletzlichkeiten,<br />

aber auch von Warn- und Schutzmöglichkeiten.<br />

Letztlich gilt es, in Deutschland stärker als bisher<br />

die Möglichkeiten der privaten Eigenvorsorge als<br />

Bestandteil der <strong>Hochwasser</strong>vorsorge systematisch<br />

zu entwickeln. Deutlich wird, dass ein solches<br />

"<strong>Hochwasser</strong>risikomanagement" eine Querschnittaufgabe<br />

ist, die nicht sektoral bewältigt werden<br />

kann.<br />

Es ist als Kreislauf zu sehen, so dass der Wiederaufbau<br />

<strong>nach</strong> der <strong>Hochwasser</strong>katastrophe bereits<br />

die Ansätze für eine verbesserte Vorsorge enthalten<br />

muss (Abb. 8-16).<br />

Kritisch wird weiterhin der Stellenwert der einzelnen<br />

Vorsorgemaßnahmen bezüglich der Minderung von<br />

(häufigen, seltenen und sehr seltenen) Hochwässern<br />

hinterfragt und z.B. die häufig unkritische<br />

Überbewertung der Erhöhung des natürlichen<br />

Wasserrückhaltes und die häufige Unterbewertung<br />

von Maßnahmen des technischen <strong>Hochwasser</strong>schutzes<br />

gegenüber der Wirkung extremer<br />

<strong>Hochwasser</strong>ereignisse thematisiert (Tab. 8-1).<br />

85<br />

Wiederaufbau<br />

Aufbauhilfe<br />

Hilfe für die<br />

Betroffenen<br />

Flächenvorsorge<br />

Bewältigung<br />

Katastrophenabwehr<br />

<strong>Hochwasser</strong><br />

Bauvorsorge<br />

Vorsorge<br />

Verhaltensvorsorge<br />

Technischer<br />

<strong>Hochwasser</strong>schutz<br />

Informationsvorsorge<br />

Erhöhung des<br />

natürlichen<br />

Wasserrückhalts<br />

in den<br />

Einzugsgebieten<br />

Abb. 8-16 <strong>Hochwasser</strong>risikomanagement<br />

- eine<br />

Querschnittsaufgabe, die<br />

nicht sektoral bewältigt werden<br />

kann.<br />

Demgegenüber kann die "Flächenvorsorge", als<br />

wirksamstes Instrument zur Reduktion des Schadenpotenzials<br />

in den überflutungsgefährdeten Räumen<br />

entlang der Flüsse, <strong>nach</strong> wie vor nicht umgesetzt<br />

werden. Sie ist ein "starkes Instrument in<br />

schwachen Händen", weil z.B. die Akteure und Entscheidungsträger<br />

zur Flächenvorsorge vor allem<br />

auf regionaler und kommunaler Ebene angesiedelt<br />

sind. Dort ist <strong>Hochwasser</strong>schutz "ein Punkt unter<br />

vielen" und ihm wird im politischen und ökonomischen<br />

Abwägungsprozess meist eine geringe Priorität<br />

eingeräumt. Insofern tendiert die auf kommunaler<br />

Ebene zu bewältigende Bauleitplanung unter<br />

den Gesichtspunkten von <strong>Hochwasser</strong>vorsorge<br />

und -bewältigung eher zur "Bauleidplanung". Ähnliches<br />

gilt national bei den Bundesländern ("jeder<br />

macht seins") und auf internationaler Ebene z.B.<br />

bei den internationalen Flusskommissionen ("gute<br />

Arbeit doch kaum Wirkung"), weil ihre zweifellos<br />

vielfältigen Initiativen nur empfehlenden bzw. beratenden<br />

Charakter haben.<br />

Das am 02. Juli 2004 im Bundestag verabschiedete<br />

"<strong>Hochwasser</strong>schutzgesetz" liefert die Chance zur<br />

verbesserten Raumplanung, in<strong>dem</strong> Ansätze gefördert<br />

werden, überschwemmungsgefährdete<br />

Gebiete <strong>nach</strong> bundeseinheitlichen Kriterien auszuweisen.<br />

Andererseits "überzieht" es bei einigen<br />

Forderungen wie "<strong>nach</strong> generellem Ackerverbot in<br />

Überschwemmungsgebieten", offensichtlich aus<br />

Naturschutzgründen zum Teil erheblich, so dass<br />

am 24. September 2004 der Bundesrat das Gesetz<br />

zur "Nachbesserung in den Vermittlungsausschuss"<br />

(24) verwiesen hat. Anstatt dazu einen<br />

"föderalen Konsens" bezüglich der Beschränkung


UWE GRÜNEWALD ABSCHNITT 8HOCHWASSER ALS NATUR-, SCHADENS- UND POLITIKEREIGNIS<br />

Kartengrundlage:<br />

Länderarbeitsgemeinschaft<br />

Wasser (LAWA)<br />

Ministerium für Umwelt der<br />

tschechischen Republik,<br />

Umweltbundesamt (A)<br />

Bundesamt für Kartographie<br />

und Geodäsie<br />

Abb. 8-17 Das Einzugsgebiet der <strong>Elbe</strong> wird in sogenannte Koordinierungsräume unterteilt, denen je ein (Bundes-) Land<br />

federführend zugeordnet ist. Was im föderalen System der Bundesrepublik noch chancenlos war, erreicht der Druck der<br />

EU-Wasserrahmenrichtlinie. Erstmals werden fließgewässerbezogene verwaltungstechnische Einheiten nicht mehr an<br />

Staats- oder Landesgrenzen, sondern an den natürlichen Einzugsgebietsgrenzen orientiert (Grafik UBA).<br />

86


BÖHME M, KRÜGER F, OCKENFELD K, GELLER, W (HRSG, 2005) SCHADSTOFFBELASTUNG NACH DEM ELBE-HOCHWASSER <strong>2002</strong><br />

Tab. 8-1 Beispiele für differenzierte Maßnahmen zur<br />

<strong>Hochwasser</strong>vorsorge bei unterschiedlichen <strong>Hochwasser</strong>-<br />

Wiederkehrintervallen (T in Jahren, 38, verändert).<br />

häufige Überschwemmungen<br />

(T < 10 a)<br />

seltene Überschwemmungen<br />

(T=10 - 200 a)<br />

sehr seltene Überschwemmungen<br />

(T > 200 a)<br />

des Ackerverbotes nur auf einen "Überschwemmungskernbereich<br />

mit den Ausgangskriterien<br />

HQ(10)" – wie z.B. im Bundesland Baden-Württemberg<br />

im dortigen neuen Landeswassergesetz<br />

umgesetzt – anzustreben, zeichnete sich zunächst<br />

eher eine Blockade zwischen der Bundesregierung<br />

und den Ländern ab.<br />

Inzwischen ist am 09.05.2005 das modifizierte<br />

"Gesetz zur Verbesserung des vorbeugenden<br />

<strong>Hochwasser</strong>schutzes" (54) verkündet und in Kraft<br />

getreten. In Form eines sogenannten "Artikelgesetzes"<br />

werden Änderungen des "Wasserhaushaltsgesetzes<br />

(Artikel 1)", des "Baugesetzbuches (Artikel<br />

2)", des "Raumordnungsgesetzes (Artikel 3)", des<br />

"Bundeswasserstraßengesetzes (Artikel 4)", des<br />

"DWD-Gesetzes (Artikel 5)" mit DWD-Deutscher<br />

Wetterdienst, des "Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung<br />

(Artikel 6)" und des "Kraft-<br />

Wärme-Kopplungsgesetzes (Artikel 7)" vorgenommen.<br />

So müssen z.B. Überschwemmungsgebiete<br />

(auf der Basis eines 100-jährlichen <strong>Hochwasser</strong>s)<br />

und überschwemmungsgefährdete Gebiete zukünftig<br />

auch in den Raumordnungsplänen, den Flächennutzungsplänen<br />

und in den Bebauungsplänen<br />

gekennzeichnet werden. Die Zusammenarbeit der<br />

(Bundes-) Länder beim <strong>Hochwasser</strong> wird zukünftig<br />

auf der Basis sogenannter "Flussgebietseinheiten"<br />

der betroffenen Länder erfolgen (Abb. 8-17). Dort<br />

87<br />

"weiche", strukturelle Maßnahmen<br />

• Renaturierung<br />

• verbesserte Infiltration,<br />

Entsiegelung<br />

• dezentraler Rückhalt<br />

• Deichrückverlegung,<br />

Querschnittsaufweitung<br />

• Deiche<br />

technische Maßnahmen<br />

• Rückhaltebecken, -flächen<br />

• Deiche<br />

• Polder<br />

• Deichrückverlegung,<br />

Querschnittsaufweitung<br />

organisatorische Maßnahmen<br />

• Notentlastungen<br />

• Katastrophenbewältigung<br />

• finanzielle Vorsorge<br />

sollen vor allem die bis spätestens zum 10. Mai<br />

2009 aufzustellenden <strong>Hochwasser</strong>schutzpläne einzugsgebietsbezogen<br />

abgestimmt werden.<br />

Dort, wo bereits Siedlungen usw. in überschwemmungsgefährdeten<br />

Bereichen bestehen, bietet die<br />

Bauvorsorge die größte Chance, das bereits vorhandene<br />

Schadenpotenzial kurzfristig und <strong>nach</strong>haltig<br />

zu verringern. Gerade in der Phase der Katastrophenbewältigung,<br />

insbesondere <strong>dem</strong><br />

Wiederaufbau, bestand hier in den z.T. schwer<br />

geschädigten Teilregionen der <strong>Elbe</strong> die Chance,<br />

<strong>nach</strong>haltige Lösungen zu erreichen. Dass dies nur<br />

in wenigen Fällen gelang und gelingt, hat mit Mängeln<br />

bei der Verhaltensvorsorge auf allen Ebenen -<br />

von den Behörden über die Kommunen bis hin zu<br />

den potenziell betroffenen Anwohnern - zu tun. Um<br />

diese zu fördern, gilt es, <strong>Hochwasser</strong>gefahren<br />

glaubhaft und erfahrungsnah zu vermitteln. Das<br />

beginnt z.B. bereits beim Anbringen neuer und <strong>dem</strong><br />

Vervollständigen alter <strong>Hochwasser</strong>marken und<br />

reicht bis zur Vorbereitung von konkreten Zielgruppen<br />

durch Checklisten und Handlungsempfehlungen<br />

für den Überschwemmungsfall.<br />

Einen größeren Raum als bisher muss in Deutschland<br />

die Risikovorsorge gegenüber Überschwemmungen<br />

einnehmen. Umfangreiche Analysen und<br />

Befragungen dazu zeigten, dass durch die Versicherungen<br />

Verhaltens- oder (private) Bauvorsorge<br />

zur Schadensminderung zu wenig honoriert bzw.<br />

stimuliert werden. Erforderlich ist auch in Deutschland<br />

ein Konzept einer dauerhaften Risikovorsorge<br />

in Form einer Pflichtversicherung.<br />

Die Vorbeugung von Extremabflüssen und -überflutungen<br />

durch natürlichen Rückhalt und technischen<br />

Rückhalt verlangt eine stärkere Abstimmung und<br />

Ausgewogenheit ("natürlicher Raum für Flüsse -<br />

ein Runder Tisch des <strong>Hochwasser</strong>schutzes"). Stärker<br />

als bisher gilt es, die Möglichkeiten und Grenzen<br />

der einzelnen Maßnahmen nüchtern herauszustellen<br />

("Sicherheit durch Deiche - ein brüchiger<br />

Bund"). Insgesamt darf die griffige und programmatische<br />

Formel "Mehr Raum für Flüsse" nicht zur<br />

Parole für unterschiedliche Klientel konkurrierender<br />

Politikfelder degenerieren.<br />

Der erhebliche Nachholbedarf bezüglich der Informationsvorsorge<br />

wurde nicht nur bei den aus<br />

unterschiedlichen Gründen mangelhaften <strong>Hochwasser</strong>vorhersagen<br />

direkt an der <strong>Elbe</strong>, sondern im<br />

August <strong>2002</strong> vor allem auch bei der rechtzeitigen<br />

Warnung und deren Weiterleitung an die Bevölkerung<br />

z.B. in den Erzgebirgstälern deutlich. Ob die<br />

Warnung erfolgreich ist, hängt in hohem Maße von<br />

der Reaktion der Gewarnten ab. Hierfür ist wiederum<br />

entscheidend, inwieweit bei den Betroffenen<br />

Risikowahrnehmung und Verhaltensvorsorge ausgebildet<br />

sind.


UWE GRÜNEWALD ABSCHNITT 8HOCHWASSER ALS NATUR-, SCHADENS- UND POLITIKEREIGNIS<br />

re 2 Occurrence rates of heavy floods (magnitude classes 2–3) in central Europe.<br />

<strong>Elbe</strong>, winter; c, d, <strong>Elbe</strong>, summer; e, f, Oder, winter; g, h, Oder, summer. Flood data<br />

Weikinn’s sources10 (Supplementary Information) (b, d, f, h) were analysed using a<br />

sian kernel, a bandwidth of 35 yr and bootstrap simulations (see Methods). This<br />

ed (a, c, e, g) occurrence rates (solid lines) and 90% confidence bands (grey);<br />

rrence rates using data from CLIMDAT16 Abb. 8-18 Auftrittshäufigkeit von schweren Hochwässern an <strong>Elbe</strong> 1799 are und shown Oder. as dashed lines. Records before 1500 are probably not homogenous<br />

a, b, <strong>Elbe</strong>, Winter; c, d, <strong>Elbe</strong>, Sommer; e, f, Oder, Winter; g, h, Oder, confidence Sommer. bands drawn). <strong>Hochwasser</strong>daten Arrows indicate the results aus 171. (downward/no Dargestellt trend) from sind the<br />

Auftrittswahrscheinlichkeiten (durchgezogene Linie) und 90% statistical Vertrauensintervalle test (90% level) for trend (grau); in the flood Auftrittswahrscheinlichkeiten<br />

occurrence rate (<strong>Elbe</strong>, 1852–<strong>2002</strong>; O<br />

mit Daten von CLIMDAT16 für 1500–1799 sind gestrichelt dargestellt. 1850–1920Aufzeichnungen and 1920–<strong>2002</strong>); results vor for 1500 uncorrected sind wahrscheinlich and reservoir-size-corrected nicht d<br />

homogen (keine Verrtauensbänder dargestellt). Die Pfeile zeigen are identical. Ergebnisse For occurrence (Abwärts- rates and oder trends kein including Trend) data on von minor statistischen<br />

floods (class 1),<br />

Tests (90% Wahrscheinlichkeit) (Supplementary für den Trend Information) der for Auftrittswahrscheinlichkeiten 1500– Supplementary Information. (<strong>Elbe</strong>, 1852–<strong>2002</strong>; Oder, 1850–1920 und<br />

1920–<strong>2002</strong>); Ergebnisse für nicht korrigierte und reservoir-size-corrected Daten sind identisch (aus 117).<br />

URE | VOL 425 | 11 SEPTEMBER 2003 | www.nature.com/nature © 2003 Nature Publishing Group<br />

1<br />

Überschreitet das Ereignis eine kritische Größenordnung,<br />

beginnt die Katastrophenabwehr als<br />

erstes Element der Katastrophenbewältigung.<br />

In der Studie erfolgte eine "Analyse der Katastrophenabwehr<br />

als Netzwerk und der Kommunikation".<br />

Zunächst wurde dazu diskutiert, was eigentlich<br />

"die Lektion ist, und was, wie von wem, wann<br />

und warum (nicht) gelernt wurde". Schlussfolgerungen<br />

wie:<br />

• im System "Katastrophenschutz" haben sich Verfassungswirklichkeit<br />

und Verfahrenswirklichkeit<br />

entkoppelt;..."<br />

• das wirkliche Funktionsprinzip des bestehenden<br />

Katastrophenschutzes heißt "kleiner Dienstweg";"<br />

• das größte Problem des bestehenden Katastrophenschutzes<br />

ist seine Insulation in Meidungsgruppen"<br />

machen die Brisanz der Problematik deutlich.<br />

Schließlich erfolgte unter diesen Gesichtspunkten<br />

eine Analyse der positionalen Sichtweisen der verschiedenen<br />

Akteursberichte zur <strong>Elbe</strong>flut sowie der<br />

Struktur der Gefahrenabwehr in Deutschland. Im<br />

Ergebnis dessen wurden vier strukturelle Defizite<br />

herausgearbeitet:<br />

• “mangelnde Verbundenheit von kooperativen<br />

Katastrophenabwehrakteuren",<br />

• “Selbstbezogenheit und mangelnde Orientierung<br />

am Ganzen",<br />

• “Schwäche der wertsetzenden Instanzen der<br />

Katastrophenabwehr" und<br />

• “strukturelle Zentralität des operativ-taktischen<br />

Subsystems".<br />

Aus naturwissenschaftlicher Sicht ist in diesem<br />

Zusammenhang auf (117) in der englischen Fachzeitschrift<br />

NATURE (Bd. 425, S. 166 ff.) zu verweisen.<br />

Dort wird herausgearbeitet, dass die Häufigkeit<br />

großer <strong>Hochwasser</strong>durchflüsse an <strong>Elbe</strong> und<br />

Oder nicht zugenommen hat, auch wenn die "Jahrhundertfluten"<br />

an diesen Flüssen in den vergangenen<br />

Jahren das Gegenteil zu zeigen scheinen. Im<br />

Sommer nimmt sie nicht zu und im Winter gehen<br />

Zahl und Ausmaß großer Fluten sogar zurück<br />

(Abb. 8-18).<br />

Die Autoren unterscheiden bei der Auswertung der<br />

Berichte, die bis in das 11. Jahrhundert zurückreichen,<br />

Fluten im Sommer, die durch starken Regen<br />

verursacht werden, und Überschwemmungen im<br />

Winter, zu denen hauptsächlich die Schneeschmelze<br />

aber auch Eishochwasser beitragen.<br />

88


BÖHME M, KRÜGER F, OCKENFELD K, GELLER, W (HRSG, 2005) SCHADSTOFFBELASTUNG NACH DEM ELBE-HOCHWASSER <strong>2002</strong><br />

Da<strong>nach</strong> traten weder an der <strong>Elbe</strong> noch an der Oder<br />

während der vergangenen achtzig bis einhundertfünfzig<br />

Jahre häufiger extreme Abflüsse als in den<br />

Jahrhunderten zuvor auf. Im Winter sind solche<br />

Überschwemmungen heute sogar seltener als<br />

noch vor etwa einhundert Jahren. Diese Abnahme<br />

erklärt sich u.a. mit der Zunahme milder Winter<br />

<strong>nach</strong> der sogenannten "kleinen Eiszeit" Ende des<br />

18. Jahrhunderts (siehe z.B. 55; 122), in denen sich<br />

die gefährlichen Eisbarrieren in den Flüssen nur<br />

sehr selten oder gar nicht ausbilden.<br />

Bezüglich der vor allem in den Medien und von<br />

Politikern verbreiteten These "Klimaschutz ist<br />

<strong>Hochwasser</strong>schutz" heißt das, dass die vergangenen<br />

extremen Hochwässer an <strong>Elbe</strong> und Oder kaum<br />

"Resultat eines Klimawandels" sind. Insbesondere<br />

zeigt sich aber, dass die vielfältigen Defizite bei der<br />

<strong>Hochwasser</strong>vorsorge und bei der Bewältigung von<br />

<strong>Hochwasser</strong>katastrophen eindeutig nicht "klimabedingt"<br />

sind. Vielmehr gilt es, die z.B. in der DKKV-<br />

Studie "<strong>Hochwasser</strong>vorsorge in Deutschland - Lernen<br />

aus der Katastrophe <strong>2002</strong> im <strong>Elbe</strong>gebiet" (38)<br />

dargestellten Handlungserfordernisse und Empfehlungen<br />

umzusetzen und unter <strong>dem</strong> Gesichtspunkt<br />

des sich zweifellos abzeichnenden Klimawandels<br />

mit noch nicht absehbaren Konsequenzen für das<br />

Extremabflussverhalten in unseren Flüssen noch<br />

zu erweitern.<br />

Mehr als bisher gilt es daher aber, vom "<strong>Hochwasser</strong>schutzdenken<br />

und -versprechen" weg zum<br />

nüchternen und sachlichen "Umgang mit <strong>dem</strong><br />

Risiko" überzuleiten. Denn nur so gibt es eine<br />

Chance gegen das bekannte schnelle "Verdrängen<br />

und Vergessen" von Naturgefahren wie Extremhochwässern<br />

anzukommen. Sehr ausführlich<br />

haben das auch die "Wasserdirektoren der Europäischen<br />

Union" – erweitert um Vertreter aus Nor-<br />

89<br />

wegen, der Schweiz und einigen damaligen Beitrittsländern<br />

bereits im November <strong>2002</strong> in<br />

Kopenhagen – diskutiert und im Jahr 2004 ein<br />

"Best Practices on Flood Prevention, Protection<br />

and Mitigation" Dokument veröffentlicht. Darin wird<br />

eindeutig u.a. betont, dass wir "endlich lernen müssen,<br />

mit extremen Hochwässern zu leben". Dies<br />

kann aber nur auf interdisziplinärer Basis erreicht<br />

werden. Dazu erforderlich ist u.a. die Erstellung<br />

von <strong>Hochwasser</strong>risiko-Bewältigungs-Plänen für<br />

jedes (auch grenzüberschreitende) Fluss-Einzugsgebiet.<br />

Solche Pläne müssen integrativer Art sein,<br />

d.h. sie müssen möglichst alle Aspekte der Wasserbewirtschaftung,<br />

der Raumplanung, der Landnutzung,<br />

der Landwirtschaft, der Infrastrukturentwicklung,<br />

des Naturschutzes usw. auf<br />

internationaler, nationaler, regionaler und lokaler<br />

Ebene umfassen. Auch sollten sie Politiker, Entscheidungsträger<br />

und Betroffene auf all diesen<br />

gesellschaftlichen Ebenen einbinden, um beispielsweise<br />

nicht lokale und regionale Überwachungsprobleme<br />

dadurch zu lösen, dass man das Problem<br />

– entgegen <strong>dem</strong> geforderten Solidarprinzip – einfach<br />

nur auf die Unterlieger im Flusseinzugsgebiet<br />

verlagert.<br />

Wie schwierig das umzusetzen ist, zeigt sich im<br />

föderalen Deutschland beim langen Weg, die<br />

<strong>Hochwasser</strong>gesetzgebung bundesweit auf eine<br />

gewässereinzugsgebietsbezogene Gesetzesgrundlage<br />

zu stellen. Die sachgerechte Umsetzung<br />

dieses Artikelgesetzes bedarf großer Anstrengungen<br />

u.a. bei der Entwicklung eines <strong>nach</strong>haltigen<br />

<strong>Hochwasser</strong>bewusstseins, eines Konsens über<br />

entsprechende (Schutz-, Versorgungs- und Bewältigungs-)<br />

Ziele, des sachgerechten Umgangs mit<br />

unseren Gewässern usw. in allen Ebenen unserer<br />

Gesellschaft (siehe z.B. 122).


FRANK KRÜGER ABSCHNITT 9WIE KANN MAN SICH VOR HOCHWASSERBEDINGTEN BELASTUNGEN SCHÜTZEN?<br />

9 Wie kann man sich vor hochwasserbedingten Belastungen schützen?<br />

Der Schutz vor den hochwasserbedingten Belastungen<br />

ist facettenreich. Die Maßnahmen reichen<br />

von der Beachtung einfacher Regeln der Hygiene<br />

im <strong>Hochwasser</strong>fall selbst bis zum langfristigen Nutzungsmanagement<br />

belasteter Auen und zur vorbeugenden<br />

Sicherung und Vermeidung von potenziellen<br />

Schadstoffquellen im Überschwemmungsbereich.<br />

Das zukünftige <strong>Hochwasser</strong>geschehen ist naturgemäß<br />

nicht hundertprozentig vorhersagbar. Bei<br />

je<strong>dem</strong> <strong>Hochwasser</strong>ereignis wird es erneut zur<br />

Remobilisierung von Schadstoffen kommen, die<br />

allerdings mit Ausnahme der Keimbelastungen<br />

keine akute Gefahr darstellen.<br />

Maßnahmen zur akuten Gefahrenabwehr<br />

• Der einzig wirksame Schutz vor schlammbesiedelnden<br />

Keimen ist das "normale" Waschen der<br />

Hände und der Kleidung <strong>nach</strong> ungewollter Kontaktnahme.<br />

Bei bewusster Kontaktnahme ist das<br />

Tragen von Schutzhandschuhen und die Verwendung<br />

von Desinfektionsmitteln zur Reinigung verschmutzter<br />

Gegenstände anzuraten.<br />

Grundsätzlich sollen natürlich auch Obst und<br />

Gemüse vor <strong>dem</strong> Verzehr gründlich gewaschen,<br />

bzw. geschält werden, dies gilt <strong>nach</strong> einem <strong>Hochwasser</strong>ereignis<br />

um so mehr. Für <strong>Hochwasser</strong>helfer<br />

wird darüber hinaus vorsorglich eine<br />

Immunisierung gegen Hepatitis A empfohlen.<br />

• Die einmalige oder erstmalige Überflutung von<br />

Haus- oder Kleingärten hat <strong>nach</strong>gewiesenermaßen<br />

zu keinem nennenswerten Schadstoffeintrag<br />

geführt. Wohl aber sind kurzfristige Keimbelastungen<br />

aufgetreten. Das Umgraben und Belüften des<br />

Bodens hat geholfen, Keime absterben zu lassen<br />

und die <strong>nach</strong>haltige Infektionsgefahr zu eleminieren.<br />

Das Umgraben des Bodens führt darüber hinaus<br />

zu einer Verdünnung der<br />

Oberbodenbelastung.<br />

Maßnahmen zur Vermeidung des Schadstofftransfers<br />

in die menschliche Nahrungskette<br />

• Die hochwasserbedingten Belastungen, bedingt<br />

durch jahrhundertelangen Schadstoffeintrag in die<br />

Überflutungsbereiche der Flüsse, werden <strong>nach</strong>haltig<br />

wirken. Für die größten Abschnitte der <strong>Elbe</strong><br />

und Mulde kann gesagt werden, dass sich die<br />

Belastungssituation der Auen durch das <strong>Hochwasser</strong><br />

<strong>2002</strong> nicht verändert hat. Ein gezieltes<br />

Management der Auenbewirtschaftung kann helfen,<br />

den Schadstofftransfer zu minimieren.<br />

• Die <strong>Schadstoffbelastung</strong> in Fischen kann <strong>nach</strong><br />

wie vor nicht ausgeschlossen werden. Insbesondere<br />

fettreiche Fische wie Aale oder aber räuberische<br />

Fische wie Zander, reichern immer noch so<br />

viele Schadstoffe an, dass nur zu einem gelegent-<br />

lichen Verzehr geraten werden kann. Es wird<br />

empfohlen, nicht mehr als 1 - 2 kg Elbfisch pro<br />

Frau/Mann und Monat zu verzehren.<br />

Maßnahmen zur Vermeidung von Schadstoffquellen<br />

im Überflutungsbereich<br />

• Vorbeugend sollten Bebauungen im potenziellen<br />

Überflutungsbereich der Flüsse zukünftig unterbleiben.<br />

Das schützt das Eigentum auf der einen<br />

Seite, auf der anderen Seite können Retentionsflächen<br />

bereit gehalten werden. Diese helfen,<br />

<strong>Hochwasser</strong>scheitel zu kappen und die Gefahr<br />

von ungewollten Deichbrüchen zu minimieren.<br />

• Ist die Bebauung im Überschwemmungsbereich<br />

bereits erfolgt, so müssen die wichtigsten "Versorgungseinheiten",<br />

wie Hauswasseranlage, Heizung,<br />

Öl- und Gastanks hochwassersicher<br />

installiert werden. Insbesondere bei Hauswasseranlagen<br />

sollte die Keimbelastung des gewonnenen<br />

Trinkwassers regelmäßig vorbeugend<br />

untersucht werden.<br />

Zahlreiche Berichte zu Ursachen, Verlauf, Katastrophenmanagment,<br />

sozioökonomischen Auswirkungen<br />

und politischen Konsequenzen des <strong>Hochwasser</strong>s<br />

an der <strong>Elbe</strong> und ihren Nebenflüssen sind darüber<br />

hinaus frei verfügbar. Für die weitere intensive<br />

Auseinandersetzung können die folgenden empfohlen<br />

werden:<br />

• die Dokumentation des <strong>Hochwasser</strong>s vom August<br />

<strong>2002</strong> im Einzugsgebiet der <strong>Elbe</strong> (95),<br />

• der Bericht des Deutschen Komitees für Katastrophenvorsorge<br />

(38),<br />

• der "Kirchbach"-Bericht der sächsischen Staatsregierung<br />

(165),<br />

sowie die <strong>Hochwasser</strong>berichte:<br />

• der Sächsischen Staatsregierung (134),<br />

• des Landesamtes für Umweltschutz Sachsen-<br />

Anhalt und des Ministeriums für Landwirtschaft<br />

und Umwelt (103, 104, 116),<br />

• der Arbeitsgemeinschaft zur Reinhaltung der <strong>Elbe</strong><br />

(7),<br />

• der Bundesanstalt für Gewässerkunde in Koblenz<br />

(31),<br />

sowie die Darstellung von Mudelsee u.a. im Fach-<br />

Magazin "Nature" (117).<br />

90


BÖHME M, KRÜGER F, OCKENFELD K, GELLER, W (HRSG, 2005) SCHADSTOFFBELASTUNG NACH DEM ELBE-HOCHWASSER <strong>2002</strong><br />

Literaturverzeichnis<br />

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zur Verbesserung des vorbeugenden <strong>Hochwasser</strong>schutzes,<br />

http://www.bmvbw.de/Anlage12654/5-Punkte-<br />

Programm-der-Bundesregierung.pdf<br />

[2] Acricola G (1556): Vom Berg- und Hüttenwesen. dvt reprint<br />

1994<br />

[3] Agrarbericht (2004) des MLU Sachsen-Anhalt, http://<br />

www.sachsen-anhalt.de/LPSA/fileadmin/Files/Ernaehrungswirtschaft.pdf<br />

[4] Albrecht, R, Kretschmer, K. (1993): Chronik der Industriegeschichte<br />

der Bitterfelder Region. - Beiträge zur Bitterfelder<br />

Industriegeschichte 1: 4-24<br />

[5] ARGE-<strong>Elbe</strong> (2001): Biologisches Effektmonitoring an Sedimenten<br />

der <strong>Elbe</strong>. Bericht der Arbeitsgemeinschaft für<br />

die Reinhaltung der <strong>Elbe</strong>, 44 S. http://arge-elbe.de/wge/<br />

Download/Berichte/01BiolEffekt.pdf<br />

[6] ARGE-<strong>Elbe</strong> (1982): Chlorierte Kohlenwasserstoffe. Daten<br />

der <strong>Elbe</strong>. Arbeitsgemeinschaft für die Reinhaltung der <strong>Elbe</strong>,<br />

107 S.<br />

[7] ARGE-<strong>Elbe</strong> (2003): <strong>Hochwasser</strong> August <strong>2002</strong>. Bericht der<br />

Arbeitsgemeinschaft für die Reinhaltung der <strong>Elbe</strong>, 80 S.<br />

http://www.arge-elbe.de/wge/Download/Berichte/<br />

HWAug02.pdf<br />

[8] ARGE-<strong>Elbe</strong> (2000): Multilementanalysen von Wasserproben<br />

der <strong>Elbe</strong> und ausgewählter Nebenflüsse. Arbeitsgemeinschaft<br />

für die Reinhaltung der <strong>Elbe</strong>, 92 S. http://argeelbe.de/wge/Download/Berichte/Multielement.pdf<br />

[9] ARGE-<strong>Elbe</strong> (1996): Schadstoffe in <strong>Elbe</strong>fischen – Belastung<br />

und Vermarktungsfähigkeit. Arbeitsgemeinschaft für<br />

die Reinhaltung der <strong>Elbe</strong>, 120 S.<br />

[10] ARGE-<strong>Elbe</strong> (2000): Schadstoffe in <strong>Elbe</strong>fischen - Belastung<br />

und Vermarktungsfähigkeit - von der Grenze bis zur<br />

See 1999/2000 108 S. http://www.arge-elbe.de/wge/<br />

Download/Berichte/00SchadstFi.pdf<br />

[11] ARGE-<strong>Elbe</strong> (2000): Schadstoffüberwachung der <strong>Elbe</strong> mit<br />

der Fischart Brassen – Ein Klassifizierungssystem. Arbeitsgemeinschaft<br />

für die Reinhaltung der <strong>Elbe</strong>, 34 S.<br />

http://arge-elbe.de/wge/Download/Berichte/KlassBrassen.pdf<br />

[12] ARGE-<strong>Elbe</strong> (1998): Schwarze Elster, Mulde und Saale –<br />

Fischartenspektrum und <strong>Schadstoffbelastung</strong> von Brassen,<br />

Aal und Zander in den Unterläufen der <strong>Elbe</strong>nebenflüsse.<br />

Arbeitsgemeinschaft für die Reinhaltung der <strong>Elbe</strong>,<br />

94 S. http://arge-elbe.de/wge/Download/Berichte/<br />

98SMS.pdf<br />

[13] ARGE-<strong>Elbe</strong> (2003): Schwarze Elster, Mulde und Saale –<br />

Fischereibiologische Untersuchungen sowie <strong>Schadstoffbelastung</strong><br />

von Brassen, Aal und Zander in den Unterläufen<br />

der <strong>Elbe</strong>nebenflüsse. Arbeitsgemeinschaft für die<br />

Reinhaltung der <strong>Elbe</strong>, 118 S. http://www.arge-elbe.de/<br />

wge/Download/Berichte/03SMS.pdf<br />

[14] ARGE-<strong>Elbe</strong> (1980): Schwermetalldaten der <strong>Elbe</strong> von<br />

Schnackenburg bis zur See – 1979/1980. Arbeitsgemeinschaft<br />

für die Reinhaltung der <strong>Elbe</strong>, 66 S.<br />

[15] ARGE-<strong>Elbe</strong> (2000): Stoffkonzentrationen in mittels Hubschrauber<br />

entnommenen <strong>Elbe</strong>wasserproben (1979 bis<br />

1998), 233 S. (http://www.arge-elbe.de/wge/Download/<br />

Berichte/00Hubschr.pdf)<br />

[16] ARGE-<strong>Elbe</strong> (2001): Sude, Aland und Havel – Fischbestandskundliche<br />

Untersuchungen sowie <strong>Schadstoffbelastung</strong><br />

von Brassen, Aal und Zander in den Unterläufen der<br />

<strong>Elbe</strong>nebenflüsse. Arbeitsgemeinschaft für die Reinhaltung<br />

der <strong>Elbe</strong>, 118 S. http://www.arge-elbe.de/wge/Download/<br />

Berichte/BefischSAH.pdf<br />

[17] ARGE-<strong>Elbe</strong> (2004): Zahlentafeln (in Vorber.) Arbeitsgemeinschaft<br />

für die Reinhaltung der <strong>Elbe</strong><br />

91<br />

[18] ARGE-<strong>Elbe</strong> (1984-2003): Zahlentafeln. Arbeitsgemeinschaft<br />

für die Reinhaltung der <strong>Elbe</strong>. http://arge-elbe.de/<br />

wge/Download/DDaten.html<br />

[19] Baborowski M, von Tümpling jr. W, Friese K (2004): Behaviour<br />

of suspended particulate matter (SPM) and selected<br />

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[20] Baumann L, Kuschka E, Seifert Th (2000): Lagerstätten<br />

des Erzgebirges. Enke Verlag, Stuttgart<br />

[21] BAW (<strong>2002</strong>): Bundesanstalt für Wasserbau: Stellungnahme<br />

zur Wirkung des Bewuchses in stark durch Vegetationsaufwuchs<br />

betroffenen Streckenabschnitten der<br />

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[22] Bayerisches Landesamt für Umweltschutz (<strong>2002</strong>): Dioxinähnliche<br />

PCB in der Umwelt – Quellen, Verbleib, Exposition<br />

und gesundheitliche Bewertung – Bericht zur<br />

Fachtagung 13/14 Januar 2003, 51 S. http://www.bayern.de/lfu/bestell/pcb_umwelt.pdf<br />

[23] Bayerisches Landesamt für Umweltschutz (2004): Mineralölkohlenwasserstoffe<br />

(MKW). http://www.bayern.de/lfu/<br />

abfall/rueckbau/pdf/510.pdf<br />

[24] Bayerisches Staatsministerium für Umwelt, Gesundheit<br />

und Verbraucherschutz (2004): Trittins <strong>Hochwasser</strong>schutzgesetz<br />

ist handwerklich unsauber und verfassungswidrig.<br />

Pressemitteilung Nr. 451. München, 24.09.2004, 1<br />

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[25] BBodSchV (1999): Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung<br />

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www.umweltbundesamt.de/altlast/web1/deutsch/<br />

bboschv.pdf<br />

[26] Beuge P, Degner Th (2000): Umweltgeochemische Belastungen<br />

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[27] Beuge P, Greif A, Hoppe T, Kluge A, Klemm W, Martin M,<br />

Mosler U, Starke R, Alfaro J, Anders B, Behrens K, Grunwald<br />

N, Haurand M, Knöchel A, Meyer A, Potgeter H,<br />

Staub S, Stocker M. (1999): Die Schwermetallsituation im<br />

Muldesystem, Bd. 1 - 3, Freiberg, Hamburg, ISBN 3-<br />

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[28] Beuge P, Klemm W, Degner Th, Scheel M, Baacke D, Calmano<br />

W, Zoumis Th, De Arevalo M, Knöche, A, Cichon M<br />

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Bergaka<strong>dem</strong>ie Freiberg, Universität Hamburg, TU Hamburg-Harburg<br />

[29] Beuge P, Ulique A (1997): Abschlußbericht zum " Stoffliche<br />

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[30] BfG (2003): Bedeutung der Nebenflüsse für den Feststoffhaushalt<br />

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[31] BfG (<strong>2002</strong>): Bundesanstalt für Gewässerkunde: Das Augusthochwasser<br />

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[33] Bitterfelder Chronik - 100 Jahre Chemiestandort Bitterfeld-Wolfen.<br />

Herausgeber Chemie AG Bitterfeld-Wolfen,<br />

1993


[34] Böer W, Schubert H, Wilser O (1959): Das Sommerhochwasser<br />

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In: Pusch M, Fischer H (Hrsg.): Konzepte für die<br />

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89998-011-5<br />

[36] Bund/Länder AG „Dioxine“ (1993): 2. Bericht der B/L-AG<br />

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[37] Cameron P, Smolka S (2005): Über 300 Schadstoffe in<br />

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e.V. (BUND), 48 S., http://www.bund.net/lab/reddot2/<br />

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[38] DKKV (2003): Deutsches Komitee für Katastrophenvorsorge<br />

e.V.: <strong>Hochwasser</strong>vorsorge in Deutschland - Lernen<br />

aus der Katastrophe <strong>2002</strong> im <strong>Elbe</strong>gebiet. - ISBN: 3-<br />

933181-32-1 http://www.dkkv.org/DE/publications/ressource.asp?ID=70<br />

[39] Dühr S (1999): Die Umstrukturierung von Altindustriestandorten<br />

in der Region Bitterfeld/Wolfen, Sachsen-Anhalt<br />

- Chance für eine <strong>nach</strong>haltige Entwicklung der<br />

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Bundesländern. <strong>UFZ</strong>-Bericht 6/1999, Leipzig, S.59-155.<br />

[40] DVGW (2001): Verordnung zur Novellierung der Trinkwasserverordnung<br />

vom 21. Mai 2001. http://<br />

www.dvgw.de/pdf/trinkwvo.pdf<br />

[41] DVWK (1997): Deutscher Verband für Wasserwirtschaft<br />

und Kulturbau e. V. (DVWK) (Hrsg.): Maximierte Gebietsniederschlagshöhen<br />

für Deutschland. DVWK-Mitteilungen<br />

29, Kommissionsvertrieb Wirtschafts- und<br />

Verlagsgesellschaft Gas und Wasser mbH, Bonn, 112 S.<br />

[42] DWD (<strong>2002</strong>): Das Niederschlagsgeschehen in Mitteleuropa<br />

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http://www.dwd.de/de/FundE/Klima/KLIS/prod/spezial/regen/index.htm,<br />

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[43] Dyck S, Peschke G (1995): Grundlagen der Hydrologie.<br />

Verlag für Bauwesen, 3. Auflage, Berlin.<br />

[44] Eckel WP (2000): Making sense of nontarget compound<br />

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[45] Europäische Kommision (<strong>2002</strong>): Die Wasserrahmenrichtlinie.<br />

Tauchen Sie ein. Broschüre der Europäischen Union.<br />

12 S. http://europa.eu.int/comm/environment/water/waterframework/pdf/brochure_de.pdf<br />

[46] Evers E H G, Laane R W P M, Goeneveld G J J (1996):<br />

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[47] Finger E (1996): Wie das Magnetband <strong>nach</strong> Wolfen kam. -<br />

Beiträge zur Bitterfeld-Wolfener Industriegeschichte 5: 96-<br />

107.<br />

[48] Franke S, Heinzel N, Specht M, Francke W (2004): Organische<br />

Schadstoffe im Gebiet der Unteren Mulde - Non<br />

Target Screening: Analytik von Wasser, Grundwasser und<br />

Sediment - Ergebnisse und Konsequenzen. In: Geller, W,<br />

Ockenfeld, K, Böhme, M, Knöchel, A. Endbericht des Adhoc<br />

Verbundprojektes "Schadstoffelastung <strong>nach</strong> <strong>dem</strong> <strong>Elbe</strong><br />

- <strong>Hochwasser</strong>" <strong>UFZ</strong> Leipzig - Halle ISBN 3-00-01315-0, S.<br />

206-223 http://www.ufz.de/hochwasser/bericht/e/<br />

HWEndAP310Franke.pdf<br />

[49] Freie und Hansestadt Hamburg (1999): Ursachen der Dioxinkontamination<br />

in der <strong>Elbe</strong>, im Hamburger Hafen und in<br />

den hamburger innerstädtischen Gewässern. Bericht der<br />

Umweltbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg, 57/<br />

99, 53 S.<br />

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www.bmu.de/files/pdfs/allgemein/application/pdf/hochwasserschutzgesetz.pdf<br />

[55] Glaser R (2001): Klimageschichte Mitteleuropas. 1000<br />

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Studie. Deutsches IDNDR (International Decade for<br />

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[60] Heinisch E (1992): Umweltbelastung in Ostdeutschland,<br />

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Buchgesellschaft, Darmstadt, 297S..<br />

[61] Hentzsch E (1996): Die Geschichte des Kraftwerkes Süd<br />

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[62] Hösel G, Tischendorf G, Wasternack J (1997): Erläuterungen<br />

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/ Krušne hory 1 : 100 000, Karte 2: Metalle, Fluorit/<br />

Baryt - Verbreitung und Auswirkungen auf die Umwelt.<br />

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[64] http://educeth.ethz.ch/chemie/vortraege/ddt/docs/<br />

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[65] http://enius.de/schadstoffe/pcb.html<br />

[66] http://www.asp.sachsen-anhalt.de/presseapp/data/mrlu/<br />

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[68] http://www.bag.admin.ch/infekt/publ/wissenschaft/d/<br />

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92


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[72] http://www.biomess.de/biomess-Site/tbt.htm<br />

[73] http://www.dartmouth.edu/~floods/Archives/GlobalArchiveMap.html<br />

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[76] http://www.gapinfo.de/gesundheitsamt/alle/umwelt/chemie/met/hg/infobl.htm<br />

[77] http://www.gfz-potsdam.de/pb1/pg5/research/projects/havel/Folie_1.html<br />

[78] http://www.guh-cms.de/guw/blickpunkt/32-2003.html<br />

[79] http://www.lausitzweb.de/article.php?sid=393<br />

[80] http://www.mdr.de/brisant/brisantbrilliant/411003-hintergrund-405854.html<br />

[81] http://www.nabu.de/m06/m06_03/00662.html<br />

[82] http://www.pcb-elterninitiative-duisburg.de/PCB-Information/arguk-Aufsatz.htm<br />

[83] http://www.pcb-ratgeber.de/s129.html<br />

[84] http://www.tafelwerk24.de/chemie/elemente/pse/<br />

e080.htm<br />

[85] http://www.umad.de/infos/wirkungen/PAK.htm<br />

[86] http://www.umad.de/infos/wirkungen/rauchwa.htm<br />

[87] http://www.umweltbundesamt.de/uba-info-daten/daten/dioxine.htm<br />

[88] http://www.umweltlexikon-online.de/fp/archiv/RUBgesundheitarbeitsplatz/YushoKrankheit.php<br />

[89] http://www.uniterra.de/rutherford/ele080.htm<br />

[90] http://www.vetpharm.unizh.ch/clinitox/toxdb/KLT_035.htm<br />

[91] http://www.vis-ernaehrung.bayern.de/de/left/fachinformationen/verbraucherschutz/unerwuenschte_stoffe/schwermetalle.htm<br />

[92] http://www.wissenschaft.de/wissen/news/250427.html<br />

[93] Ihl T (1999): Veränderung der Flächennutzung im Stadtund<br />

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von multisensoralen und multitemporalen Satellitenbildern.<br />

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<strong>Elbe</strong> - <strong>Hochwasser</strong>" <strong>UFZ</strong> Leipzig - Halle ISBN 3-00-<br />

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[101]Kubat J (<strong>2002</strong>): Das <strong>Hochwasser</strong> im August <strong>2002</strong> im<br />

tschechischen Teil des <strong>Elbe</strong>einzugsgebiets. In: <strong>Elbe</strong> -<br />

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Gewässerschutzseminar, 22.-26.10.<strong>2002</strong>,<br />

Spindlermühle.<br />

[102]Lahl U (2005): In die Pfanne gehauen – Die Altlasten aus<br />

der Hochzeit der Chlorchemie sind für die heutige Dioxinbelastung<br />

von Freilandeiern verantwortlich. Müllmagazin<br />

1/2005. http://www.bmu.de/files/chemikalien/downloads/<br />

application/pdf/beitrag_lahl_muellmagazin01_2005.pdf<br />

[103]Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt (2003): Das<br />

<strong>Hochwasser</strong> von <strong>Elbe</strong> und Mulde im August <strong>2002</strong> im Land<br />

Sachsen-Anhalt. 58 S.<br />

[104]Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt (<strong>2002</strong>):<br />

<strong>Schadstoffbelastung</strong> in <strong>Hochwasser</strong>sedimenten. Schlussbericht<br />

des Dezernats Bodenschutz/Altlasten, 10 S., http:/<br />

/www.mu.sachsen-anhalt.de/start/fachbereich02/bodenschutz/files/schlussbericht.pdf<br />

[105]Landesumweltamt Brandenburg (2000): <strong>Schadstoffbelastung</strong><br />

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Vordeichsbereichen der <strong>Elbe</strong>. Im Auftrag des MLUR. 27<br />

S.<br />

[106]LAWA (1995): Länderarbeitsgemeinschaft Wasser: Leitlinien<br />

für einen zukunftsweisenden <strong>Hochwasser</strong>schutz.<br />

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[107]LfUG (2004): Sächsisches Landesamt für Umwelt und<br />

Geologie (Hrsg.): Ereignisanalyse. <strong>Hochwasser</strong> August<br />

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www.umwelt.sachsen.de/de/wu/umwelt/lfug/lfug-internet/<br />

veroeffentlichungen/verzeichnis/Wasser/<br />

Ereignisanalyse_neu.pdf<br />

[108]Liehmann G (1996): Braunkohlenrevier Bitterfeld - eine<br />

Standortbeschreibung. Beiträge zur Bitterfeld - Wolfener<br />

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[109]Liehmann G (1993): Der Braunkohlenbergbau im Bitterfelder<br />

Revier. - Beiträge zur Bitterfelder Industriegeschichte<br />

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[110] Liehmann G (1998): Entstehung und Entwicklung des Bitterfelder<br />

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Bitterfelder Bergleute e.V. (Hrsg.): Chronik des Braunkohlenbergbaus<br />

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in zwei Jahrhunderten. Bitterfeld, S.7-38.<br />

[111] Lin<strong>dem</strong>ann M (2000): Das ökologische Großprojekt Bitterfeld-Wolfen<br />

- eine Bilanz aus fachlicher Sicht. - Altlastenspektrum<br />

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[112] Martinetz D (1996): Vom Giftpfeil zum Chemiewaffenverbot:<br />

zur Geschichte der chemischen Kampfmittel. 1. Auflage,<br />

Deutsch-Verlag, Thun, 266 S..<br />

[113] Mayland HF, Florence AR, Rosenau RC, Lazar VA, Turner<br />

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[115] Ministerium für Umwelt und Naturschutz des Landes<br />

Sachsen-Anhalt (1994): Bitterfeld - Information des Landes<br />

Sachsen-Anhalt zum Nationalen Sonderprogramm<br />

Bitterfeld - Halle - Merseburg. Magdeburg, 89 S..


[116] MLU (<strong>2002</strong>): Empfehlungen zum Umgang mit überfluteten<br />

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Sachsen-Anhalt, 12 S., http://www.hochwasserschutzelbe-mulde.de/Downloads/pdf54418.pdf<br />

[117] Mudelsee M, Börngen M, Tetzlaff G, Grünewald U (2003):<br />

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SEE/publ/pdf/flood.pdf<br />

[118] Müller G (1979): Schwermetalle in den Sedimenten des<br />

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[119] Pepelnik R, Niedergesäß R, Erbslöh B, Aulinger A, Prange<br />

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von Auswirkungen des <strong>Hochwasser</strong>s vom August <strong>2002</strong><br />

auf die Wasser- und Sedimentqualität der <strong>Elbe</strong>. In: Geller<br />

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<strong>nach</strong> <strong>dem</strong> <strong>Elbe</strong>-<strong>Hochwasser</strong> <strong>2002</strong>. Endbericht<br />

des Ad-hoc-Verbundprojektes, S. 82-100. http://<br />

www.ufz.de/hochwasser/bericht/e/HWEndAP32GKSS.pdf<br />

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des Großprojektes "Bitterfeld/Wolfen".<br />

In: Lühr H-P (Hrsg.): Kongress<br />

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ESV, Berlin, S.123-138.<br />

[121]Petzoldt T (2000): Berechnung der Sauerstoff-Sättigungskonzentration<br />

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[122]Pfister C (Hrsg., <strong>2002</strong>): Am Tag da<strong>nach</strong>. Zur Bewältigung<br />

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Stuttgart, Wien: Verlag Haupt, 263 S.<br />

[123]Plate E J, Merz B (Hrsg., <strong>2002</strong>): Naturkatastrophen. Ursachen<br />

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Verlagsbuchhandlung, Stuttgart, 475 S.<br />

[124]Platzeck M (2003): Nach der großen Flut: Wie der <strong>Hochwasser</strong>schutz<br />

verstärkt werden kann. Der Städtetag. Zeitschrift<br />

für Kommunale Politik und Praxis. 56. Jhg, Nr. 2/<br />

2003, S. 6-8.<br />

[125]Plumpe G (1990): Die I.G.-Farbenindustrie-AG: Wirtschaft,<br />

Technik und Politik 1904 - 1945. Duncker und<br />

Humbolt, Berlin,784 S..<br />

[126]Popp P, von Tümpling W, Freyer K, Geyer W, Lincke M,<br />

Schreiber M, Treutler H-Ch, Wennrich R (2004): Schadstoffe<br />

und Radionuklide in urbanen Räumen des <strong>Elbe</strong>-<br />

und Muldeeinzugsgebietes. In: Geller W, Ockenfeld K,<br />

Böhme M, Knöchel A (Hrsg.): <strong>Schadstoffbelastung</strong> <strong>nach</strong><br />

<strong>dem</strong> <strong>Elbe</strong>-<strong>Hochwasser</strong> <strong>2002</strong>. Endbericht des Ad-hoc-Verbundprojektes,<br />

S. 70-81. http://www.ufz.de/hochwasser/<br />

bericht/e/HWEndAP31vT.pdf<br />

[127]Rank G, Kardel K, Pälchen W, Greif A (2003): Schadstoffelastung<br />

im Mulde- und <strong>Elbe</strong>einzugsgebiet <strong>nach</strong> <strong>dem</strong> Augusthochwasser.<br />

Tagungsband zum ad-hoc Seminar<br />

Schadstoffelastung im Mulde- und <strong>Elbe</strong>einzugsgebiet<br />

<strong>nach</strong> <strong>dem</strong> Augusthochwasser <strong>2002</strong>, 114-120, <strong>UFZ</strong> Leipzig-Halle<br />

GmbH, <strong>2002</strong> http://www.ufz.de/data/<br />

Tagungsband555.pdf<br />

[128]Rank G, Kardel K, Pälchen W, Weidensdörfer H (2000):<br />

Bodenatlas des Freistaates Sachsen, Teil 3: Bodenmeßnetz<br />

Raster 4 x 4 km. Materialien zum Bodenschutz. CD-<br />

ROM Ausgabe, Sächsisches Landesamt für Umwelt und<br />

Geologie, Dresden http://www.umwelt.sachsen.de/de/wu/<br />

umwelt/lfug/lfug-internet/veroeffentlichungen/verzeichnis/<br />

Boden-Geologie/Materialien/Boden_kurz/data.html<br />

[129]Richtlinie 2003/57/EG der Kommission vom 17. Juni 2003<br />

zur Änderung der Richtlinie <strong>2002</strong>/32/EG des Europäischen<br />

Parlaments und des Rates vom 7. Mai <strong>2002</strong> über<br />

unerwünschte Stoffe in der Tierernährung. Amtsblatt der<br />

EU L 151/38-41. http://www.umweltbundesamt.de/ubainfo-daten/archiv/Futtermittel-EC2003-57de.pdf<br />

LITERATURVERZEICHNIS<br />

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[131]Roßberg I (2003): Nach der Flut ist vor der Flut. Dresden<br />

wappnet sich gegen Rekordpegelstände. Der Städtetag.<br />

Zeitschrift für Kommunale Politik und Praxis. 56. Jhg., Nr.<br />

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[133]Ruske R, Lauer M (1995): Modellhafte Untersuchung einer<br />

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mit <strong>dem</strong> Ziel einer ökologisch verträglichen Sanierung. -<br />

Z. geol. Wiss. 23(1-2): 177-188.<br />

[134]Sächsische Staatsregierung (2003a): Bericht der sächsischen<br />

Staatsregierung zur <strong>Hochwasser</strong>katastrophe im<br />

August <strong>2002</strong>. Dresden, Februar 2003, Teil 1 Bericht des<br />

SMI, 72 S. http://www.sachsen.de/de/bf/staatsregierung/<br />

ministerien/smi/smi/upload/hochwasserbericht_teil1.pdf<br />

und teil2.pdf<br />

[135]Schadstoff-Höchstmengenverordnung SHmV (2003): Verordnung<br />

über Höchstmengen an Schadstoffen in Lebensmitteln<br />

vom 19. Dez. 2003. BGBl I Nr. 63 vom 23.12.2003,<br />

S. 2755. http://bundesrecht.juris.de/bundesrecht/<br />

shmv_2003/gesamt.pdf<br />

[136]Scheffer/Schachtschabel (1992): Lehrbuch der Bodenkunde.<br />

Enke-Verlag, Stuttgart<br />

[137]Schneckenburger A (1988): Die Geschichte des I.G. - Farbenkonzerns.<br />

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[138]Schulz AJ, Wiesmüller T, Appuhn H, Stehr D, Severin K,<br />

Landmann D, Kamphues J (2005): Dioxin concentration in<br />

milk and tissues of cows and sheep related to feed and<br />

soil contamination. Journal of Animal Physiology and Animal<br />

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[139]Schulz AJ, Wiesmüller T, Appuhn H, Stehr D, Severin K,<br />

Landmann D, Kamphues J (2004): Dioxin concentration in<br />

milk, faeces and tissues of cows related to feed contamination.<br />

Organohalogen compounds, Vol 66, pp 2027-<br />

2034.<br />

[140]Schwartz R & Kozerski HP (2004): Bestimmung des Gefahrenpotentials<br />

feinkörniger Buhnenfeldsedimente für die<br />

Wasser und Schwebstoffqualität der <strong>Elbe</strong> sowie den Stoffeintrag<br />

in Auen. In: Geller W, Ockenfeld K, Böhme M,<br />

Knöchel A (Hrsg.): <strong>Schadstoffbelastung</strong> <strong>nach</strong> <strong>dem</strong> <strong>Elbe</strong>-<br />

<strong>Hochwasser</strong> <strong>2002</strong>. Endbericht des Ad-hoc-Verbundprojektes,<br />

S. 258-274. http://www.ufz.de/hochwasser/bericht/<br />

e/HWEndAP42Rene.pdf<br />

[141]Schwartz R, Gerth J, Neumann-Hensel H, Walkow F,<br />

Förstner U (2004): Geochemisch-ökotoxikologische Charakterisierung<br />

und Bewertung der <strong>Schadstoffbelastung</strong> in<br />

der Spittelwasserniederung bei Jeßnitz als Grundlage zur<br />

Beurteilung natürlicher Rückhaltungsprozesse in Auenböden.<br />

KORA-Statusseminar, Leipzig.<br />

[142]Schwarzbauer J, Ricking M, Franke S, Francke W (2001):<br />

Halogenated organic contaminants in sediments of the<br />

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[143]Simon M (1994). <strong>Hochwasser</strong>schutz im Einzugsgebiet der<br />

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[144]SLUG (2004): Ereignisanalyse <strong>Hochwasser</strong> August <strong>2002</strong><br />

in den Osterzgebirgsflüssen - L II-1/27 07/2004 Managementreport<br />

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94


BÖHME M, KRÜGER F, OCKENFELD K, GELLER, W (HRSG, 2005) SCHADSTOFFBELASTUNG NACH DEM ELBE-HOCHWASSER <strong>2002</strong><br />

[145]SMUL (<strong>2002</strong>): Sächsisches Staatsministerium für Umwelt<br />

und Landwirtschaft: <strong>Hochwasser</strong>schutz in Sachsen. Materialien<br />

zur Wasserwirtschaft. Dresden, 46 S.<br />

[146]Spott D, Guhr H (1996): The dynamics of suspended solids<br />

in the tidally unaffected area of the river <strong>Elbe</strong> as<br />

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Advanc. Limnol., 47, 127-133.<br />

[147]Stachel B, Götz R, Herrmann T, Krüger F, Knoth W, Päpke<br />

O, Rauhut U, Reincke H, Schwartz R, Steeg E, Uhlig S<br />

(2004): The <strong>Elbe</strong> flood in August <strong>2002</strong> – occurence of polychlorinated<br />

dibenzo-p-dioxins, polychlorinated dibenzofurans<br />

(PCDD/F) and dioxin-like PCB in suspended<br />

particulate matter (SPM), sediment and fish. Water Science<br />

and Technology, Vol 50, No 5, pp 309-316.<br />

[148]Stachel B, Jantzen E, Knoth W, Krüger F, Lepom P, Oetken<br />

M, Reincke H, Sawal G, Schwartz R, Uhlig S (2005):<br />

The <strong>Elbe</strong> Flood in August <strong>2002</strong>-Organic Contaminants in<br />

Sediment Samples Taken after the Flood Event. JESH,<br />

A40:265-287.<br />

[149]Tammen H (1978): Die I.G. Farbenindustrie Aktiengesellschaft<br />

(1925 - 1933): Ein Chemiekonzern in der Weimarer<br />

Republik. Verlag Helmuth Tammen, Berlin, 468 S..<br />

[150]Technische Regeln für Gefahrstoffe, TRGS 900 (1996):<br />

Grenzwerte in der Luft am Arbeitsplatz, zuletzt geändert<br />

BArbBl. Heft 2/2000. http://www.baua.de/prax/ags/<br />

trgs900.pdf<br />

[151]Thieken AH (2001): Schadstoffmuster in der regionalen<br />

Grundwasserkontamination der mitteldeutschen Industrieund<br />

Bergbauregion Bitterfeld-Wolfen. Dissertation. Martin-<br />

Luther-Universität Halle-Wittenberg. 154 S., http://<br />

sundoc.bibliothek.uni-halle.de/diss-online/01/02H175/index.htm<br />

[152]Thornton J, Abrahams P (1983): Soil Ingestion - A major<br />

pathway of heavy metals into livestock grazing contaminated<br />

land. The Science of the Total Environment 28, pp.<br />

287-294.<br />

[153]TMLNU (<strong>2002</strong>): Thüringer Ministerium für Landwirtschaft,<br />

Naturschutz und Umwelt/Thüringer Landesanstalt für Umwelt<br />

und Geologie (Hrsg.): <strong>Hochwasser</strong>ereignisse in Thüringen.<br />

Schriftreihe der TLUG Nr. 63, Jena, 99 S.<br />

[154]Umweltamt Dresden (2004): Bericht der Projektgruppe<br />

<strong>Hochwasser</strong>vorsorge zum Stand der Beseitigung der<br />

<strong>Hochwasser</strong>schäden an den Fließgewässern und der Abwasserkanalisation<br />

und zu Stand und weiterem Vorgehen<br />

bei der Planung, Finanzierung und Umsetzung von Sofortmaßnahmen<br />

zur Verbesserung des <strong>Hochwasser</strong>schutzes<br />

(Plan <strong>Hochwasser</strong>vorsorge Dresden), Dresden, 09.<br />

März 2004, 38 S.<br />

[155]Umweltatlas (<strong>2002</strong>): Vorläufiges, fachlich ermitteltes Überschwemmungsgebiet<br />

der <strong>Elbe</strong> für ein <strong>Hochwasser</strong>, das<br />

statistisch einmal in 100 Jahren auftritt, einschließlich des<br />

Abflussbereiches. Sonderdruck Umweltatlas Dresden<br />

<strong>2002</strong>, 3 S.<br />

[156]Umweltbundesamt (<strong>2002</strong>): Schwermetalleinträge in die<br />

Oberflächengewässer Deutschlands. UBA-Texte 54/02.<br />

http://osiris.uba.de/gisudienste/Herata/hmetal/<br />

[157]Umweltbundesamt (2005): www.umweltprobenbank.de<br />

[158]van Embden ICM (1991): Thesen zu Chlororganika -<br />

Überlegungen aus Sicht der Chemischen Industrie. In:<br />

Steger, U. (Hrsg.): Chemie und Umwelt. ESV, Berlin, S.<br />

49-56.<br />

[159]Verordnung (EG) Nr. 208/2005 der Kommission vom 4.<br />

Februar 2005 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 466/<br />

2001 im Hinblick auf polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe.<br />

Amtsblatt der EU L 34/3-5. http://europa.eu.int/eur-lex/lex/LexUriServ/site/de/oj/2005/l_034/<br />

l_03420050208de00030005.pdf<br />

95<br />

[160]Verordnung (EG) Nr. 78/2005 der Kommission vom 19.<br />

Januar 2005 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 466/<br />

2001 hinsichtlich Schwermetallen. Amtsblatt der EU L 16/<br />

43-45. http://europa.eu.int/eur-lex/lex/LexUriServ/site/de/<br />

oj/2005/l_016/l_01620050120de00430045.pdf<br />

[161]Verordnung (EG) Nr. 466/2001 der Kommission vom 8.<br />

März 2001 zur Festsetzung der Höchstgehalte für bestimmte<br />

Kontaminanten in Lebensmitteln. Amtsblatt der<br />

EU L 77/1-13. http://europa.eu.int/eur-lex/pri/de/oj/dat/<br />

2001/l_077/l_07720010316de00010013.pdf<br />

[162]Verordnung (EG) Nr. 2375/2001 des Rates vom 29. November<br />

2001 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 466/<br />

2001 der Kommission zur Festsetzung der Höchstgehalte<br />

für bestimmte Kontaminanten in Lebensmitteln. Amtsblatt<br />

der EU L 321/1-7. http://www.umweltbundesamt.de/ubainfo-daten/archiv/Lebensmittel-Hoechstgehalte-EU-2375-<br />

2001de.pdf<br />

[163]Voland B, Kuge A, Schlenker U, Hoppe Th, Metzner I,<br />

Klemm W, Bombach G (1994): Einschätzung der Schwermetallbelastung<br />

der Böden im Freiberger Raum. In: Beurteilung<br />

von Schwermetallen in Böden von<br />

Ballungsgebieten, DECHEMA, 79-104, ISBN 3-926959-<br />

50-9<br />

[164]Voland B, Metzner I, Kluge A, Hoppe Th, Schlenker U,<br />

Klemm W, Bombach G (1990): Umweltgeochemische Untersuchungen<br />

an ausgewählten Böden Sachsens. Bergaka<strong>dem</strong>ie<br />

Freiberg, Institut für Mineralogie, Geochemie<br />

und Lagerstätenlehre<br />

[165]von Kirchbach H-P, Franke S, Biele H, Minnich L, Epple<br />

M, Schäfer F, Unnasch F, Schuster M (<strong>2002</strong>): Bericht der<br />

Unabhängigen Kommission der Sächsischen Staatsregierung<br />

Flutkatastrophe <strong>2002</strong>. Dresden, 250 S. http://home.arcor.de/schlaudi/Kirchbachbericht.pdf<br />

[166]von Osten W (1991): Chlororganika - Überlegungen aus<br />

Sicht der Umweltpolitik. In: Steger, U. (Hrsg.): Chemie und<br />

Umwelt. ESV, Berlin, S. 57-73.<br />

[167]Wagenbreth O, Wächtler E (Hrsg., 1986) Bergbau im Erzgebirge.<br />

Technische Denkmale und Geschichte. VEB<br />

Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie Leipzig<br />

[168]Wagenbreth O, Wächtler E (Hrsg., 1990): Der Freiberger<br />

Bergbau. Technische Denkmale und Geschichte. VEB<br />

Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie Leipzig<br />

[169]Walter R (Hrsg, 2000): Umweltvirologie. Vieren in Wasser<br />

und Boden. Springer-Verlag Wien, New York, 266 S.,<br />

ISBN 3-211-83345<br />

[170]Wasserhaushaltsgesetz (1996): Gesetz zur Ordnung des<br />

Wasserhaushalts (WHG) in der Fassung der Bekanntmachung<br />

vom 12. November 1996 (BGBl. I Nr. 58 vom<br />

18.11.1996 S. 1695), http://www.umweltdaten.de/down-d/<br />

whg.pdf<br />

[171]Weikinn C (1958-<strong>2002</strong>): Quellentexte zur Witterungsgeschichte<br />

Europas von der Zeitwende bis zum Jahre 1850:<br />

Hydrographie, Teile 1–4 (Aka<strong>dem</strong>ie, Berlin, 1958–1963);<br />

Parts 5–6 (Hrg. Börngen M, Tetzlaff G) (Gebrüder Borntraeger,<br />

Berlin, 2000–<strong>2002</strong>).<br />

[172]WHO (2004): Joint FAO/OIE/WHO Expert Workshop on<br />

Non-Human Antimicrobial Usage and Antimicrobial Resistance:<br />

Scientific assessment, Geneva, December 1 – 5,<br />

2003 http://whqlibdoc.who.int/hq/2004/<br />

WHO_CDS_CPE_ZFK_2004.7.pdf<br />

[173]Zerling L, Müller A, Jendryschek K, Hanisch Chr, Arnold A<br />

(2001): Der Bitterfelder Muldenstausee als Schadstoffsenke.<br />

Entwicklung der Schwermetallbelastung von 1992 bis<br />

1997. Abh. Sächs. Akad. d. Wiss. zu Leipzig 59,4: 69S.


Glossar und Abkürzungsverzeichnis<br />

a Jahr<br />

µg Mikrogramm<br />

µl, µL Mikroliter<br />

µm Mikrometer<br />

m Meter<br />

km Kilometer<br />

kg Kilogramm, 1 kg enthält<br />

1.000 g<br />

1.000.000 mg<br />

1.000.000.000 µg<br />

1.000.000.000.000 ng<br />

L Liter, 1 L enthält<br />

1.000 ml<br />

1.000.000 µl<br />

Acetale Molekülgruppe in der organischen Chemie, die sich<br />

durch zwei Alkoxylgruppen auszeichnet, die sich an<br />

einem Kohlenstoff-Atom befinden<br />

ADI-Wert Acceptable Daily Intake, tolerierbare tägliche Aufnahme<br />

aerob Sauerstoff zum Leben brauchend, sauerstoffhaltig<br />

Aerosol in der Luft fein verteilte feste und flüssige Teilchen<br />

AFS abfiltrierbare Stoffe<br />

Ag Silber<br />

AGFA Aktiengesellschaft für Anilinfarben<br />

akkumulieren anhäufen, anreichern, speichern<br />

Al Aluminium<br />

Alveole Lungenbläßchen<br />

anaerob ohne Sauerstoff auskommend, sauerstofffrei<br />

androgen männliche Geschlechtsmerkmale hervorrufend<br />

anthropogen durch den Menschen verursacht, das Gegenteil<br />

von geogen (durch die natürliche Zusammensetzung<br />

der Erdoberfläche/Gesteine verursacht)<br />

AOX Adsorbierbare organisch gebundene Halogene,<br />

also der Chlor-, Brom- und Jodverbindungen<br />

ARGE <strong>Elbe</strong> Arbeitsgemeinschaft für die Reinhaltung der <strong>Elbe</strong><br />

Aromaten Ringförmige organische Kohlenwasserstoffe mit einer<br />

spezifischen elektrochemischen Struktur<br />

As Arsen<br />

Asgel Arsen gelöst<br />

Aspart Arsen partikulär<br />

assoziiert zusammengesetzt, beigemischt<br />

ATV-DVWK Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser<br />

und Abfall e.V., Hennef<br />

Au Gold<br />

BBodSchV Bundes- Bodenschutz und Altlastenverordnung<br />

Ba Barium<br />

BA Bergaka<strong>dem</strong>ie<br />

BfG Bundesanstalt für Gewässerkunde<br />

BfS Bundesamt für Strahlenschutz<br />

Bi Bismut<br />

Biozide sind Gifte gegen bestimmte Organismengruppen,<br />

z.B. Fungizide gegen Pilze, Herbizide gegen ausgewählte<br />

Pflanzengruppen; oft werden Biozide als<br />

’Pflanzenschutzmittel’ bezeichnet, wenn sie die (eine)<br />

Nutzpflanze überleben lassen, darumherum<br />

aber Konkurrenten, Parasiten oder Frassfeinde niederhalten<br />

BImSchV Bundes-Immissionsschutzverordnung<br />

BMBF Bundesministerium für Bildung und Forschung<br />

BMU Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und<br />

Reaktorsicherheit<br />

BTU Brandenburgische Technische Universität<br />

BUG Behörde für Umwelt und Gesundheit<br />

BVV Bitterfelder Vermögensverwaltung Chemie GmbH<br />

bzw. beziehungsweise<br />

c Konzentration<br />

C Kohlenstoff<br />

__<br />

C Mittelwert der Konzentration<br />

GLOSSAR UND ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS<br />

Ca Calcium<br />

CCMS Committee on Challenges of modern Society<br />

Cd Cadmium<br />

CFGE Chemische Fabrik Griesheim-Electron<br />

Chlor-Alkali-Elektrolyse Elektrochemischer Prozess zur Herstellung<br />

von Chlor und Natronlauge aus Steinsalz<br />

Cl Chlor<br />

CKB Chemiekombinat Bitterfeld<br />

cmax Maximumwert der Konzentration<br />

cmin Minimumwert der Konzentration<br />

Co Kobalt<br />

Cr Chrom<br />

Cu Kupfer<br />

CZ Tschechische Republik<br />

D Deutschland<br />

DDT 1,1,1-Trichlor-2,2-bis(2 bzw. 4-chlorphenyl)ethan<br />

(Dichlor-Diphenyl-Trichlorethan)<br />

Denitrifikation bakterieller Abbau des Nitrates unter Abwesenheit<br />

von Sauerstoff. Produkt der Denitrifikation sind<br />

gasförmiger Stickstoff und Wasser<br />

Denaturierung Irreversible Veränderung<br />

Deposition Niederschlag<br />

Diarrhoe Durchfall<br />

DKKV Deutsches Komitee für Katastrophenvorsorge<br />

DLR Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt<br />

DVGW Deutsche Vereinigung d. Gas- und Wasserfaches<br />

DWD Deutscher Wetterdienst<br />

EG Europäische Gemeinschaft<br />

EKB Elektrochemisches Kombinat Bitterfeld<br />

ELANA Firma ELANA Wasser Boden Monitoring<br />

Emission das Ausstoßen, Austragen z.B. von Schadstoffen<br />

in die Umwelt<br />

Emphysem Luftansammlung im Gewebe<br />

emulgieren einen unlösbaren Stoff in einer Flüssigkeit verteilen<br />

(z.B. Öl in Wasser)<br />

EN Europäische Norm<br />

endokrin mit innerer Sekretion verbunden, endokrine Hormondrüsen<br />

geben ihr Sekret direkt ons Blut ab, verfügen<br />

über keinen " Ausgang " z.B. Hoden,<br />

Eierstöcke, Schilddrüse<br />

Enzym organische Verbindungen, die in der Zelle gebildet<br />

werden und den Stoffwechsel steuern<br />

EU Europäische Union<br />

Eutrophierung Anstieg der Nährstoffzufuhr in Gewässer, verbunden<br />

mit verstärktem Algenwachstum<br />

Exposition Gefährdung für den Organismus<br />

Extrapolation Hochrechnung<br />

F Fluor<br />

fakultativ beinhaltet die Möglichkeit, die Eventualität; fakultativ<br />

pathogen: unter entsprechenden Umständen pathogen<br />

Fe Eisen<br />

Fötus heranwachsendes Kind im Mutterleib (ab <strong>dem</strong> 3.<br />

Monat)<br />

g Gramm<br />

GBF Gesellschaft für Biotechnologische Forschung mbH<br />

GC-MS Gaschromatographische Massenspectrometrie<br />

(chemische Analysenmethode)<br />

GKSS GKSS (ursprünglich abgeleitet aus Gesellschaft für<br />

Kernenergieverwertung in Schifffahrt und Schiffbau)<br />

-Forschungszentrum Geesthacht GmbH<br />

h hour, Stunde<br />

HCB Hexachlorbenzol, Hexachlorbenzen<br />

HCH Hexachlorcyclohexan, die Grundverbindung des Insektizids<br />

Lindan<br />

heterotroph griech.: sich von anderen ernährend (z.B. Tiere<br />

und Pilze), im Gegensatz zu autotroph (sich selbst<br />

ernährend, wie z.B. Pflanzen)<br />

96


BÖHME M, KRÜGER F, OCKENFELD K, GELLER, W (HRSG, 2005) SCHADSTOFFBELASTUNG NACH DEM ELBE-HOCHWASSER <strong>2002</strong><br />

Hg Quecksilber<br />

HH Hansestadt Hamburg<br />

HHW Höchstes gemessenes <strong>Hochwasser</strong><br />

HKW Halogenkohlenwasserstoffe<br />

HQ(10) <strong>Hochwasser</strong>abfluss mit zehnjähriger Wiederkehrwahrscheinlichkeit<br />

Igeo Geoindex <strong>nach</strong> Müller (118)<br />

IG Farben Interessengemeinschaft Farbenindustrie Aktiengesellschaft<br />

IKSE Internationale Kommission zum Schutz der <strong>Elbe</strong><br />

Immission das Einwirken, Einleiten<br />

Induzieren auslösen<br />

In-situ in der natürlichen Umgebung<br />

Isolat Abgetrennte, isolierte Bakterienstämme<br />

Isomere Chemische Verbindungen mit gleicher chemischer<br />

Summenformel aber unterschiedlicher Struktur<br />

I-TEQ Internationale Toxizitätsäquivalente<br />

IUPAC International Union of Pure and Applied Chemistry,<br />

Internationale Union für reine und angewandte<br />

Chemie<br />

Kanzerogenität Fähigkeit, Krebs zu verursachen<br />

karzinogen krebserregend<br />

Keratin Hornstoff, schwefelhaltiger Eiweißkörper in Haut,<br />

Haar und Nägeln<br />

kg Kilogramm<br />

Kongenere chemische Verbindungen mit einer ähnlichen<br />

Grundstruktur, die meistens als Gemische auftreten<br />

km Kilometer<br />

km² Quadratkilometer<br />

l, L Liter<br />

LAF Landesamt für Altlastenfreistellung Sachsen-Anhalt<br />

LAU Landesamt für Umweltschutz<br />

LAWA Länderarbeitsgemeinschaft Wasser<br />

LfUG Landesamt für Umwelt und Geologie des Freistaats<br />

Sachsen, Dresden<br />

LHKW leichtflüchtige halogenierte Kohlenwasserstoffe<br />

LHW Landesbetrieb für <strong>Hochwasser</strong>schutz und Wasserwirtschaft<br />

Sachsen-Anhalt<br />

lipophil griech. für fettliebend<br />

LSA Land Sachsen-Anhalt<br />

LUA Landes Umweltamt<br />

m Meter<br />

m³ Kubikmeter<br />

Medianwert Zentralwert einer Messreihe, eine Hälfte aller<br />

Messwerte ist kleiner, die andere Hälfte aller Messwerte<br />

ist größer als der Median<br />

mg Milligramm<br />

Mg Magnesium<br />

MHW mittleres <strong>Hochwasser</strong><br />

Mio. Millionen<br />

MKW Mineralöl-Kohlenwasserstoffe<br />

ml, mL Milliliter<br />

mm Millimeter<br />

Mn Mangan<br />

Mo Molybdän<br />

monokausal auf nur einen Grund zurückgehend<br />

MQ(a) mittlerer Jahresdurchflusswert<br />

mutagen Mutationen auslösend<br />

n Anzahl<br />

N Stickstoff<br />

n.b. nicht bestimmt<br />

Na Natrium<br />

NABU Naturschutzbund<br />

NATO North Atlantic Treaty Organisation<br />

ng Nanogramm<br />

Ni Nickel<br />

NLKW Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft<br />

und Küstenschutz<br />

NOEL-Wert No Observed Effect Level, Schadstoffdosis, bis zu<br />

der keine erkennbare Wirkung auftritt<br />

No. Number<br />

97<br />

O, O2 Sauerstoff, Sauerstoffmolekül<br />

Oxidation Chemische Reaktion unter Abgabe von Elektronen,<br />

immer in Verbindung mit einer Reduktion (Aufnahme<br />

von Elektronen)<br />

PAK Polyzyklische Aromatische Kohlenwasserstoffe<br />

Pathogene Krankheitserreger<br />

Pb Blei<br />

PCB Polychlorierte Biphenyle<br />

PCDD/F Polychlorierte Dibenzo-para-dioxine/-furane<br />

pg Picogramm<br />

Phytoplankton kleine, im Wasser schwebende Algen<br />

PIK Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung<br />

Plazenta Mutterkuchen<br />

POP Persistent Organic Pollutant, schwer abbaubare organische<br />

Schadstoffe<br />

Präzipitat chemischer Niederschlag<br />

Protein Eiweiß<br />

Proteinurie krankhafte Anreicherung von Eiweißen im Harn<br />

Protozoa Einzellige, mobile, heterotrophe Lebenwesen (Tiere),<br />

die keine Zellwand, aber einen Zellkern besitzen.<br />

Nach neuerer Auffassung nicht mehr <strong>dem</strong><br />

Tierreich zuzuordnen, sondern <strong>dem</strong> Reich der Protista<br />

(Einzeller mit Zellkern).<br />

PTWI-Wert Provisional Tolerable Weekly Intake, vorläufige tolerierbare<br />

wöchentliche Aufnahme<br />

PVC Polivinylchlorid<br />

Q Durchfluss<br />

Ra Radium<br />

Resorption Aufnahme in die Blutbahn<br />

s Sekunde<br />

SAFIRA Sanierungsforschung in regional kontaminierten<br />

Aquiferen<br />

Sb Antimon<br />

Sn Zinn<br />

Styrol heißt auch Phenylethen und ist eine farblose, viskose,<br />

süßlich riechende Flüssigkeit, die vor allem<br />

zur Herstellung von Kunststoffen dient<br />

sulfidisch zweiwertige Verbindung mit Schwefel, stabil unter<br />

Abwesenheit von Sauerstoff<br />

t Tonne<br />

TA Luft Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft, eine<br />

Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsschutzgesetz<br />

Tailing schlammartige Rückstände der Erzaufbereitung<br />

TBT Tributylzinn<br />

TDI =ADI, Tolerable Daily Intake<br />

TEQ Toxizitätsäquivalent<br />

Ti Titan<br />

Tl Thallium<br />

TPhT Triphenylzinn<br />

TRM Trog Mitteleuropa<br />

TU Technische Universität<br />

TUB Technische Universität Berlin<br />

TVO Trinkwasserverordnung<br />

TZW Technologiezentrum Wasser<br />

U Uran<br />

UBA Umweltbundesamt, www.uba.de<br />

ubiquitär überall verbreitet<br />

<strong>UFZ</strong> Umweltforschungszentrum Leipzig-Halle GmbH,<br />

www.ufz.de<br />

UV Ultraviolett<br />

V Vanadium<br />

VEB Volkseigener Betrieb<br />

W Wolfram<br />

WHG Wasserhaushaltsgesetz<br />

WHO Weltgesundheitsorganisation, World Health Organisation<br />

WSA Wasser- und Schifffahrtsamt<br />

WZW Wissenschaftszentrum Weihenstephan<br />

Zn Zink


Verzeichnis der Abbildungen<br />

Abb. 1-1 Die Müglitz rauscht als Sturzflut durch<br />

Weesenstein ........................................................4<br />

Abb. 1-2 Wasserstandsmarken an der Großmühle im<br />

Einstrombereich zur Altstadt von Grimma ...........5<br />

Abb. 1-3 Wasserstände von 37 Schreibpegeln<br />

entlang der deutschen <strong>Elbe</strong>. ................................6<br />

Abb. 1-4 Neubaugebiet in der überfluteten Aue<br />

von Dresden-Cossebaude. ..................................7<br />

Abb. 1-5 Sperrmüll in Pirna.............................................7<br />

Abb. 1-6 Getrockneter Schlamm auf den Elbwiesen<br />

in Dresden ...........................................................8<br />

Abb. 1-7 Ausgelaufene Öltanks in einem Keller in<br />

Röderau-Süd. ......................................................8<br />

Abb. 1-8 Herausgerissene Öltanks in der Landschaft.....9<br />

Abb. 2-1 Abwassereinleitung in die <strong>Elbe</strong> bei Pirna/<br />

Heidenau 1984 ..................................................10<br />

Abb. 2-2 Zeitliche Entwicklung der Quecksilbergehalte<br />

in Gewässersedimenten der <strong>Elbe</strong>......................12<br />

Abb. 2-3 Zeitliche Entwicklung der Cadmiumgehalte<br />

in Gewässersedimenten der <strong>Elbe</strong>......................12<br />

Abb. 2-4 Übersicht über Mineralisationen, Bergbaureviere<br />

und deren umweltrelevanten Elementinhalte<br />

im Erzgebirge.....................................................13<br />

Abb. 2-5 Konzentrationsänderungen von Arsen und<br />

Schwermetallen in Hochflutsedimenten.............14<br />

Abb. 2-6 Schlackenhalden aus hunderten Jahren<br />

Bergbau in Muldenhütten bei Freiberg ..............16<br />

Abb. 2-7 Vergleich der Arsen-Belastung im Sediment<br />

der Mulde für 1992 und 2003.............................17<br />

Abb. 2-8 Eintragspfade und Eintragszeiträume für<br />

Schadstoffe in Gewässer...................................19<br />

Abb. 2-9 Zeitliche Entwicklung der ß-Hexachlorcyclohexangehalte<br />

in Gewässersedimenten der <strong>Elbe</strong><br />

bei Schnackenburg und Magdeburg..................19<br />

Abb. 2-10 Wolfen-Ost im Jahre 1970, etwa zu der<br />

Zeit maximaler Emissionen................................20<br />

Abb. 2-11 Braunkohlenförderung im Bitterfelder Revier ...<br />

......................................................................20<br />

Abb. 2-12 Altdeponien und Altbergbau im Raum<br />

Bitterfeld.............................................................22<br />

Abb. 2-13 Produktion von technischem HCH und Lindan<br />

im Chemiekombinat Bitterfeld (CKB) und in<br />

der DDR insgesamt ...........................................24<br />

Abb. 2-14 Die Spittelwasserniederung bei Jeßnitz .......25<br />

Abb. 2-15 Bitterfelder Revier heute: Industriebrachen,<br />

Sanierungsgebiete und neue Produktionsanlagen<br />

......................................................................25<br />

Abb. 3-1 Ölschlieren auf der <strong>Elbe</strong> bei Pilnitz während<br />

des <strong>Hochwasser</strong>s am 16.08.<strong>2002</strong> .....................28<br />

VERZEICHNIS DER ABBILDUNGEN<br />

Abb. 3-2 Große Öllachen treiben am 15.8.<strong>2002</strong> im<br />

schlammigen Wasser der <strong>Elbe</strong> nahe <strong>dem</strong><br />

evakuierten Dresdner Stadtteil Laubegast.........30<br />

Abb. 3-3 Anteile der gelösten und partikulären Fraktion<br />

von Schwermetallen und Arsen an ihren<br />

Gesamtgehalten in der Wasserphase ...............30<br />

Abb. 3-4 Ganglinie von Durchfluss und Konzentration der<br />

abfiltrierbaren Stoffe während des <strong>Hochwasser</strong>s<br />

<strong>2002</strong> an der Messstelle in Magdeburg...............34<br />

Abb. 3-5 Konzentration von abfiltrierbaren Stoffen und<br />

Quecksilber während des <strong>Hochwasser</strong>s <strong>2002</strong><br />

in Magdeburg.....................................................34<br />

Abb. 3-6 Konzentration von abfiltrierbaren Stoffen und<br />

Blei (Pb) während des <strong>Hochwasser</strong>s <strong>2002</strong> in<br />

Magdeburg ........................................................34<br />

Abb. 3-7 Konzentration von abfiltrierbaren Stoffen sowie<br />

partikulären und gelösten Arsens während des<br />

<strong>Hochwasser</strong>s <strong>2002</strong> in Magdeburg .....................34<br />

Abb. 3-8 Schwebstoffgehalte im August <strong>2002</strong> sowie in<br />

den Jahren 1998, <strong>2002</strong> und 2003 entlang<br />

der gesamten <strong>Elbe</strong> ............................................35<br />

Abb. 3-9 Arsengehalte im August <strong>2002</strong> sowie in den<br />

Jahren 1998, <strong>2002</strong> und 2003 entlang der<br />

gesamten <strong>Elbe</strong>...................................................35<br />

Abb. 4-1 In den Oberläufen der <strong>Elbe</strong> und ihren Nebenflüssen<br />

wurden gebietsweise zentimeterdicke<br />

feinkörnige Sedimentschichten flächenhaft<br />

abgelagert..........................................................37<br />

Abb. 4-2 Ausdehnung und Volumen des schwebstoffbürtigen<br />

Sedimentdepots............................38<br />

Abb. 4-3 Schleierartige Schlammauflage im Auenvorland<br />

bei <strong>Elbe</strong>-Stromkilometer 435.................38<br />

Abb. 4-4 Benzo(a)pyren und Fluoranthen in Oberflächensedimenten<br />

der <strong>Elbe</strong> im Längsprofil.......39<br />

Abb. 4-5 Zeitliche Belastungsentwicklung von<br />

Fluoranthen .......................................................39<br />

Abb. 4-6 Polychlorierte Biphenyle in Oberflächensedimenten<br />

der <strong>Elbe</strong> im Längsprofil ..................41<br />

Abb. 4-7 Zeitliche Belastungsentwicklung von<br />

Polychlorierten Biphenylen ................................41<br />

Abb. 4-8 Organozinnverbindungen in Oberflächensedimenten<br />

der <strong>Elbe</strong> im Längsprofil ..................41<br />

Abb. 4-9 Zeitliche Belastungsentwicklung von Dibutylzinn<br />

.......................................................................41<br />

Abb. 4-10 Verteilung der Dioxin- und Furan-Toxizitätsäquivalente<br />

in Oberflächensedimenten der<br />

<strong>Elbe</strong> im Längsprofil ............................................44<br />

Abb. 4-11 Strukturformel von Dioxinen und Furanen....45<br />

Abb. 4-12 Strukturformel eines Polychlorierten Biphenyls<br />

.....................................................................45<br />

Abb. 5-1 Aquatische Schadstoff-Transferpfade ............48<br />

Abb. 5-2 Terrestrische Schadstoff-Transferpfade.........49<br />

98


BÖHME M, KRÜGER F, OCKENFELD K, GELLER, W (HRSG, 2005) SCHADSTOFFBELASTUNG NACH DEM ELBE-HOCHWASSER <strong>2002</strong><br />

Abb. 5-3 Durchschnittliche Quecksilbergehalte in Brassen<br />

entlang der <strong>Elbe</strong> in den Jahren 1999 ................ 49<br />

Abb. 5-4 Quecksilberbefunde in Brassen, Zandern und<br />

Aalen der unteren Saale aus den Jahren 1997<br />

und April/Mai <strong>2002</strong> ............................................ 50<br />

Abb. 5-5 Rückstände der Lindanproduktion (β-HCH) in<br />

Brassen der unteren Mulde und bei Barby an<br />

der <strong>Elbe</strong>............................................................. 50<br />

Abb. 5-6 Toxizitätsäquivalente von Dioxinen und Furanen<br />

sowie dioxinähnlichen PCB in Aalen bei Gorleben<br />

..................................................................... 51<br />

Abb. 5-7 Regelmäßig überschwemmte Auenlandschaft<br />

an der Mittelelbe .............................. 52<br />

Abb. 5-8 Kunstrasenfalle zur Gewinnung von<br />

Sedimenten bei <strong>Hochwasser</strong> ............................ 52<br />

Abb. 5-9 Überströmte Aue............................................ 52<br />

Abb. 5-10 Lage der Untersuchungsstandorte auf der<br />

Untersuchungsfläche Glinde bei km 301 .......... 53<br />

Abb. 5-11 Quecksilberbelastung von Böden entlang<br />

der deutschen <strong>Elbe</strong> ........................................... 53<br />

Abb. 5-12 Cadmiumbelastung von Böden entlang<br />

der deutschen <strong>Elbe</strong> ........................................... 54<br />

Abb. 5-13 Flusstypische Elementverhältnisse.............. 54<br />

Abb. 5-14 Blei-Konzentration in vom <strong>Hochwasser</strong><br />

abgelagerten Sedimenten................................. 54<br />

Abb. 5-15 Cadmiummobilität von Auenböden in<br />

Abhängigkeit der Bodenreaktion....................... 55<br />

Abb. 5-16 Dioxine in den Böden und Sedimenten der<br />

<strong>Elbe</strong> und den Böden der unteren Mulde ........... 55<br />

Abb. 5-17 Sedimentschleier auf der Vegetation <strong>nach</strong><br />

<strong>dem</strong> <strong>Hochwasser</strong> .............................................. 56<br />

Abb. 5-18 Quecksilberbelastung der Grünlandvegetation<br />

...................................................................... 56<br />

Abb. 5-19 Weidevieh im Restwasser einer Flutrinne an<br />

der Mittelelbe..................................................... 58<br />

Abb. 5-20 Dioxingehalte in der Milch von Weidevieh ... 58<br />

Abb. 5-21 Verlauf der Dioxingehalte in der Milch<br />

<strong>nach</strong> der Kalbung.............................................. 58<br />

Abb. 6-1 Mikroskopische Abbildung von Biofilm<br />

bildenden Bakterien .......................................... 60<br />

Abb. 6-2 Kadaver als Infektionsquelle.......................... 61<br />

Abb. 6-3 Anzahl (n) des Bakteriums Clostridium<br />

perfringens in Bodenproben entlang der <strong>Elbe</strong>... 62<br />

Abb. 6-4 Escherichia coli, das Darmbakterium............. 62<br />

Abb. 6-5 Verteilung von Coliformen/E-Coli in der <strong>Elbe</strong>. 63<br />

Abb. 6-6 Antibiotika-Resistenz von Bakterienstämmen 64<br />

Abb. 6-7 Verschlammter Obstgarten............................ 64<br />

Abb. 6-8 Schimmelbildung <strong>nach</strong> <strong>dem</strong> Rückgang<br />

des Wassers ..................................................... 65<br />

Abb. 7-1 Überschwemmter Getreideacker bei Dessau<br />

am 20.8.<strong>2002</strong> .................................................... 67<br />

99<br />

Abb. 7-2 Probenahme des <strong>UFZ</strong> ................................... 67<br />

Abb. 7-3 Tagesgang der Sauerstoff-Konzentration...... 68<br />

Abb. 7-4 Sauerstoff-Konzentration an Meßstationen<br />

entlang der <strong>Elbe</strong>................................................ 69<br />

Abb. 7-5 Die überschwemmten Gebiete entlang der <strong>Elbe</strong><br />

...................................................................... 70<br />

Abb. 7-6 Tote Fische im ausgestickten Wasser der<br />

überfluteten Aue................................................ 70<br />

Abb. 7-7 Sprengung am Polder "Flöthgraben" ............. 70<br />

Abb. 7-8 Flutung der Havelpolder am 21.08.<strong>2002</strong> ....... 71<br />

Abb. 7-9 Ausmaß der Wasserflächen .......................... 72<br />

Abb. 7-10 Massenhaftes Fischsterben <strong>nach</strong> <strong>dem</strong><br />

<strong>Elbe</strong>hochwasser im Havelgebiet....................... 73<br />

Abb. 8-1 Wisconsin River, USA.................................... 74<br />

Abb. 8-2 Aufbau eines Schreibpegels .......................... 75<br />

Abb. 8-3 Pegel am Wehr Neuwerben bei Havelberg,<br />

kurz vor <strong>dem</strong> Anschlag ..................................... 75<br />

Abb. 8-4 Schlüsselkurven für den Pegel Dresden........ 75<br />

Abb. 8-5 Große Überschwemmungen gibt es jedes<br />

Jahr auf fast allen Kontinenten, hier als<br />

Beispiel das Jahr <strong>2002</strong>...................................... 76<br />

Abb. 8-6 Häufigkeit der maximalen jährlichen Durchflüsse<br />

am Pegel Dresden ............................................ 77<br />

Abb. 8-7 Wiederkehrintervall (T) der Scheitelabflüsse<br />

am Pegel Dresden ............................................ 78<br />

Abb. 8-8 Zugbahn des Vb-Tiefs “Ilse” .......................... 78<br />

Abb. 8-9 Relative Häufigkeiten ausgewählter<br />

Großwetterlagen in Europa............................... 79<br />

Abb. 8-10 Gegenüberstellung gemessener und mittels<br />

des Modelles SEROS simulierter Durchflussganglinien<br />

für den Oderpegel Gozdowice für<br />

das große Oder-<strong>Hochwasser</strong> 1997................... 80<br />

Abb. 8-11 Pegel Dresden/<strong>Elbe</strong> Durchfluss vom 11.08.02 -<br />

7.00 Uhr bis 22.08.02 - 7.00 Uhr....................... 81<br />

Abb. 8-12 <strong>Hochwasser</strong>marken der <strong>Elbe</strong> in der<br />

Sächsischen Schweiz. ...................................... 82<br />

Abb. 8-13 Die Flutrinnen Ostragehege und Kaditz ...... 82<br />

Abb. 8-14 Jahres-Höchstabflüsse am Pegel Dresden/<br />

<strong>Elbe</strong>................................................................... 83<br />

Abb. 8-15 Ein Fernseh-Team bereitet sich am 20.08.<strong>2002</strong><br />

im Überschwemmungsgebiet bei Klein Gübs<br />

auf eine Direktsendung vor ............................... 83<br />

Abb. 8-16 <strong>Hochwasser</strong>risikomanagement - eine Querschnittsaufgabe,<br />

die nicht sektoral bewältigt<br />

werden kann. .................................................... 85<br />

Abb. 8-17 Das Einzugsgebiet der <strong>Elbe</strong> wird in sogenannte<br />

Koordinierungsräume unterteilt......................... 86<br />

Abb. 8-18 Auftrittshäufigkeit von schweren<br />

Hochwässern an <strong>Elbe</strong> und Oder ....................... 88


Verzeichnis der Tabellen<br />

Tab. 2-1 Schwermetall- und Arseneinträge in<br />

Oberflächengewässer des deutschen<br />

<strong>Elbe</strong>einzugsgebietes..........................................13<br />

Tab. 2-2 Übersicht über die gewonnenen Mengen<br />

verschiedener Wertelemente und ihre noch<br />

vorhandenen Vorräte im sächsischen Teil<br />

des Erzgebirges.................................................15<br />

Tab. 2-3 Wichtige Wertelemente, ihre Erzminerale und<br />

umweltrelevante Begleitminerale des Bergbaus<br />

im Erzgebirge und ihre Belastungen für den<br />

Wasser- und Luftpfad.........................................15<br />

Tab. 2-4 Staubemission der Freiberger Hüttenbetriebe<br />

vor 1990.............................................................17<br />

Tab. 2-5 Elementbilanz für den Muldestausee ..............18<br />

Tab. 2-6 Produktionsschwerpunkte der Chemischen<br />

Betriebe vor 1945 .............................................21<br />

Tab. 2-7 Aufschluss, Ende und umweltrelevante<br />

Folgenutzung einiger Braunkohlengruben<br />

um Bitterfeld und Wolfen ...................................23<br />

Tab. 3-1 Zielvorgaben der IKSE für unterschiedliche<br />

Schutzgüter und durchschnittliche<br />

Schadstoffgehalte im Wasser ...........................35<br />

Tab. 4-1 Zielvorgaben der IKSE für unterschiedliche<br />

Schutzgüter und durchschnittliche Schadstoffgehalte<br />

in schwebstoffbürtigen<br />

Sedimenten ......................................................47<br />

Tab. 5-1 Quecksilbergehalte von Hochflutsedimenten<br />

aus Kunstrasenfallen .........................................51<br />

Tab. 8-1 Beispiele für differenzierte Maßnahmen zur<br />

<strong>Hochwasser</strong>vorsorge bei unterschiedlichen<br />

<strong>Hochwasser</strong>-Wiederkehrintervallen ...................87<br />

VERZEICHNIS DER TABELLEN<br />

100


BÖHME M, KRÜGER F, OCKENFELD K, GELLER, W (HRSG, 2005) SCHADSTOFFBELASTUNG NACH DEM ELBE-HOCHWASSER <strong>2002</strong><br />

Verzeichnis der Autoren und Herausgeber<br />

Dr. Wolf-Rainer Abraham ,<br />

GBF - Gesellschaft für Biotechnologische Forschung<br />

mbH, Umweltmikrobiologie, Mascheroder Weg 1, 38124<br />

Braunschweig, Tel 0531-6181 419, Fax -411,<br />

wab@gbf.de<br />

Michael Böhme<br />

Umweltforschungszentrum Leipzig-Halle GmbH, Dept.<br />

Fließgewässerökologie, Brückstr. 3a, 39114 Magdeburg,<br />

Tel. 0391/810-9449, Fax -9150, michael.boehme@ufz.de<br />

Prof. Dr. Walter Geller<br />

Umweltforschungszentrum Leipzig-Halle GmbH, Dept.<br />

Fließgewässerökologie, Brückstr. 3a, 39114 Magdeburg,<br />

Tel. 0391/810-9101, Fax -9111, walter.geller@ufz.de<br />

Prof. Dr. Uwe Grünewald<br />

Brandenburgische Technische Universität Cottbus (BTU),<br />

Lehrstuhl für Hydrologie und Wasserwirtschaft, Postfach<br />

1013144, 03013 Cottbus, Tel. 0355/6942-34, Fax -35,<br />

uwe.gruenewald@tu-cottbus.de<br />

Prof. Dr. Werner Klemm<br />

TU Bergaka<strong>dem</strong>ie Freiberg, Institut für Mineralogie,<br />

Brennhausgasse 14, 09599 Freiberg, Tel. 03731/39-<br />

2600, Fax -3129, wklemm@mineral.tu-freiberg.de<br />

Frank Krüger<br />

ELANA Boden Wasser Monitoring, Dorfstraße 55, 39615<br />

Falkenberg, Tel. 039386/97121, Fax -97116, frank.krueger@ufz.de<br />

Dank<br />

Die Autoren bedanken sich ganz herzlich bei Burkhardt<br />

Stachel und René Schwartz für die kritische<br />

und konstruktive Durchsicht der Broschüre sowie<br />

der Wassergütestelle <strong>Elbe</strong> sowie bei zahlreichen<br />

weiteren Kollegen für die Bereitstellung von Daten<br />

und vielen hilfreichen Anmerkungen.<br />

Ebenso gilt unser Dank Lutz Hennig, Dagmar<br />

Haase, Lars Stukenbrock, Thomas Egli (Egli Engineering),<br />

Andreas Prange, Olaf Büttner, Brigitte<br />

Garske, Marc Zebisch, Gerd Schumann, Emily<br />

Stanley, Ute Hirsch (Unicepta) und Robert<br />

Schwarze (Lehrstuhl für Hydrologie TU Dresden)<br />

für die unkomplizierte Bereitstellung von Fotos.<br />

101<br />

Dr. Klaus Ockenfeld<br />

Umweltforschungszentrum Leipzig-Halle GmbH, Dept.<br />

Fließgewässerökologie, jetzt Deutsches Kupferinstitut,<br />

Am Bonneshof 5, 40474 Düsseldorf, Tel. 0211-47 96 324,<br />

Fax -310, kockenfeld@kupferinstitut.de<br />

Dr. Heike Petzoldt<br />

DVGW-Technologiezentrum Wasser Karlsruhe, AS Dresden,<br />

Scharfenberger Straße 152, 01139 Dresden, Tel.<br />

0351/85211-33, Fax -10, petzoldt@tzw-dresden.de<br />

Dr. Gerhard Strauch<br />

Umweltforschungszentrum Leipzig-Halle, Dept.Hydrogeologie,<br />

Theodor-Lieser-Str. 4, 06120 Halle/Saale, Tel.<br />

0345/5585-206, Fax -559, gerhard.strauch@ufz.de<br />

Dr. Annegret Thieken<br />

aktuell: GeoForschungsZentrum Potsdam, Sektion 5.4<br />

Ingenieurhydrologie, Telegrafenberg F227, 14473 Potsdam,<br />

Tel. 0331 / 288 1513, Fax: -1570, thieken@gfzpotsdam.de<br />

Dr. Holger Weiß<br />

Umweltforschungszentrum Leipzig-Halle, Dept.Grundwassersanierung,<br />

Permoserstr. 15, 04138 Leipzig, Tel.<br />

0341/235-2060, holger.weiss@ufz.de<br />

Prof. Dr. Peter Wycisk<br />

Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Institut für<br />

Geologische Wissenschaften, FG Umwelt- und Hydrogeologie,<br />

Von-Seckendorff-Platz 3, 06120 Halle / Saale, Tel.<br />

0345/55-26134, Fax -27177, wycisk@geologie.unihalle.de

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