Schadstoffbelastung nach dem Elbe-Hochwasser 2002 - UFZ
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FRANK KRÜGER ABSCHNITT 4SCHADSTOFFE IM SCHLAMM<br />
Polychlorierte Biphenyle (PCB)<br />
Die Toxizität von PCB wurde erstmals 1968 bei<br />
einem Unglücksfall in Japan deutlich, bei <strong>dem</strong> PCB<br />
aus einer undichten Verarbeitungsanlage in Reisöl<br />
gelangten und Massenvergiftungen bei über 1500<br />
Menschen auslöste. Dieser Unglücksfall, der als<br />
"Yusho-Krankheit" in die Geschichte einging, rüttelte<br />
erstmals die Öffentlichkeit hinsichtlich der<br />
PCB-Problematik wach (88). Es wurden Symptome,<br />
wie Lidschwellungen, Chlorakne, Hautverfärbungen,<br />
Sehstörungen sowie Schwäche und<br />
Müdigkeit festgestellt. Im weiteren Verlauf kamen<br />
Blindheit, Gelbsucht, Diarrhoe, Veränderungen des<br />
Menstruationszyklus (92), Kopfschmerz und Haarausfall<br />
u.a. hinzu. Bei einer chronischen Belastung<br />
durch PCB stehen Enzyminduktion, reproduktions-,<br />
neuro- und immuntoxische Effekte im Vordergrund<br />
(82). Die WHO hält die Humankanzerogenität der<br />
PCB für begrenzt bewiesen und sieht die Kanzerogenität<br />
in Tieren als belegt an. Die Aufnahme<br />
erfolgt in erster Linie über die Nahrung. Der größte<br />
Anteil wird im Fettgewebe deponiert. PCB können<br />
darüber hinaus die Placenta-Schranke passieren,<br />
so dass der Fötus sowie der durch Muttermilch<br />
gestillte Säugling höher belastet sind als die Mutter.<br />
Hinsichtlich ihrer enzymatischen Wirkung spielen<br />
die koplanaren PCB eine besondere Rolle. Sie<br />
ähneln in ihrer Molekülstruktur <strong>dem</strong> "Seveso-<br />
Dioxin" und werden in der Infobox der Dioxine<br />
behandelt.<br />
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat eine<br />
Höchstmenge für die tägliche Aufnahme von PCB<br />
erarbeitet, den ADI-Wert (Acceptable Daily Intake).<br />
Dieser Wert wird mit Tierversuchen erarbeitet,<br />
in<strong>dem</strong> die maximale Schadstoffdosis, die das Tier<br />
ohne erkennbare Wirkung absorbieren kann, ermittelt<br />
wird. Dieser Wert heißt NOEL-Wert (No Observed<br />
Effect Level) und beträgt 16 µg/kg Körpergewicht<br />
(als Testorganismus dienten Rhesusaffen).<br />
Aus diesem Wert wurde unter der Annahme eines<br />
Sicherheitsfaktors von 16 ein ADI-Wert für den<br />
Menschen entwickelt, der bei 1 µg/kg Körpergewicht<br />
liegt (83). Die annehmbare Tagesdosis für<br />
einen 70 kg schweren Erwachsenen beträgt <strong>dem</strong><strong>nach</strong><br />
70 µg PCB. Bei maximalen PCB-Konzentrationen<br />
von über 200 µg/kg im Schlamm bedeutet<br />
dies, dass ca. 300 g Schlamm die annehmbare<br />
Tagesdosis enthielten.<br />
Wichtige Grenzwerte:<br />
Anmerkung: die hier aufgezeigten Werte gelten für<br />
sogenannte Leit-oder auch Indikatorkongenere der<br />
Polychlorierten Biphenyle (PCB), nicht für die<br />
dioxinähnlichen PCB.<br />
Boden (25):<br />
• Prüfwerte für PCB* für den Transferpfad Boden-<br />
Mensch-Direktaufnahme: Kinderspielflächen 0,4<br />
mg/kg, Wohngebiete 0,8 mg/kg, Park- und Freizeitanlagen<br />
2 mg/kg, Industrie- und Gewerbegrundstücke<br />
40 mg/kg.<br />
• Maßnahmenwert für PCB* für den Transferpfad<br />
Boden-Nutzpflanze bei Grünlandflächen im Hinblick<br />
auf die Pflanzenqualität 0,2 mg/kg.<br />
• Prüfwert für PCB gesamt für den Transferpfad<br />
Boden-Grundwasser 0,05 µg/l.<br />
*Werden PCB-Gesamtgehalte ermittelt, sind diese<br />
durch den Faktor 5 zu dividieren, da sich die Werte<br />
der Bodenschutzverordnung lediglich auf sechs<br />
spezifische PCB beziehen.<br />
Trinkwasser (40): -<br />
Futtermittel (52): -<br />
Lebensmittel (135): Für die PCB Nr. 28, 52, 101<br />
und 180 (IUPAC-Nummer, Systematische Nummerierung<br />
der PCB-Komponenten <strong>nach</strong> den Regeln<br />
der Internationalen Union für reine und angewandte<br />
Chemie) gelten: Fleisch (1) vom Kalb, Pferd,<br />
Kaninchen, Hähnchen, Puten und Federwild sowie<br />
Haarwild mit Ausnahme von Wildschweinen; sonstiges<br />
Fleisch von warmblütigen Schlachttieren und<br />
Wildschweinen mit einem Fettgehalt bis 10%:<br />
0,008 mg/kg. Fleisch (2) von warmblütigen<br />
Schlachttieren mit einem Fettgehalt von >10%:<br />
0,08 mg/kg, wobei sich die Höchstmenge auf die<br />
Analyse des Fettes bezieht. Süßwasserfisch: 0,2<br />
mg/kg, der Wert bezieht sich auf die essbaren<br />
Teile. Seefisch: 0,08 mg/kg. Milch: 0,04 mg/kg, der<br />
Wert gilt für das in der Milch enthaltene Fett. Eier:<br />
0,02 mg/kg. Der Wert gilt für Eier ohne Schale. Für<br />
die PCB 138 und 153 gelten folgende Werte:<br />
Fleisch (1): 0,01 mg/kg, Fleisch (2): 0,1 mg/kg,<br />
Süßwasserfisch: 0,3 mg/kg, Seefisch: 0,1 mg/kg,<br />
Milch: 0,05 mg/kg, Eier: 0,02 mg/kg.<br />
Gefahrstoffe am Arbeitsplatz (150):<br />
Der MAK-Wert in Deutschland für PCB mit einem<br />
Chlorgehalt von bis zu 42% in der Luft wurde mit 1<br />
mg/m³ ,für PCB mit einem Chlorgehalt von bis zu<br />
54% mit 0,5 mg/m³ festgelegt.<br />
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