Kubas ökonomische Entwicklung und das US-amerikanische ...

1. Kuba und die USA
Seit über 150 Jahren stellen die Vereinigten Staaten von Amerika teils als Vorbild teils
als Feinbild das wichtigste Bezugsystem Kubas dar. 1 Selbst die Zuwendung zur
Staatengemeinschaft des RGW lässt sich primär auf das ambivalente Verhalten Kubas
zu seinem ehemals „großen Bruder“ und nun verhasster Hegemonialmacht USA
zurückführen und bedeutete vielmehr eine Abwendung von den USA als wahre
Bruderschaft mit den Staaten des Ostblocks. Trotz unermüdlicher
Unabhängigkeitsbestrebungen der kubanischen Revolutionsregierung werden die USA
auch weiterhin eine bestimmende Größe kubanischer Politik, Wirtschaft und
Gesellschaft bleiben. Dies gilt umso mehr, da die nordamerikanische Kubapolitik
allgemein und das US-amerikanische Wirtschaftsembargo im besonderen als äußeres
Strukturmerkmal der aktuellen politischen und wirtschaftlichen Situation auf Kuba
bezeichnet werden können. 2 Im Folgenden ersten Teil dieser Arbeit soll daher nach
einem kurzen historischen Abriss über die wesentlichsten Eckdaten der kubanischnordamerikanischen
Beziehung auf die Formen und Inhalte des US-amerikanischen
Wirtschaftsembargos eingegangen werden. Hierbei wird auch die exilkubanische
Gemeinde als externer Machtfaktor und treibende Kraft für die gesetzliche Durchsetzung
des Embargos Berücksichtigung finden.
1.1. Historischer Überblick
Spätestens seit dem Sieg der kubanischen Revolution 1959 bildet das „Gewicht der
Geschichte“ 3 einen bedeutenden Faktor für die Rechfertigung aktueller kubanischer
Politik. Staatlicherseits stellt sich dies selbst 1997 noch so dar: „Die kubanische
Revolution, die am 10. Oktober 1968 in La Demajagua begann ist eine einzige bis in
unsere Tage.“ (PCC 1997, aus dem Leitdokument des 5. Parteitages) 4 Deutlich wird
hierbei, dass selbst in den 90er Jahren des ausgehenden 20. Jahrhunderts Elemente
der historischen Beziehung zwischen den USA und Kuba zum Anlass genommen
werden, politisches Verhalten der Gegenwart zu rechtfertigen bzw. zu legitimieren.
Historische Grundlage dessen bildet vor allem der Eingriff der USA in den
kubanischen Unabhängigkeitskrieg 1898 bei gleichzeitiger Verdrängung kubanischer
Unabhängigkeitskämpfer. Die anschließenden Friedensverhandlungen fanden zwischen
Spanien und den USA statt - unter Ausschluß Kubas. Der Wechsel von der
Kolonialmacht Spaniens zur Dominanz durch die Hegemonialmacht USA wurde hierbei
zum „Trauma Kubas“. 5 Vier Jahre unter US-Militärverwaltung, der Pachtvetrag der Bucht
Guantánamo und das bis 1934 durch die USA in der kubanischen Verfassung
verankerte Platt-Amendment zur Sicherung des Interventionsrechtes auf Kuba führten
schon früh zu einem Souveränistätsverlust der kubanischen Nationalpolitik, nicht zuletzt
weil Kuba selbst seinen Gegnern mit möglichen Interventionen durch die USA drohte. 6
Als Symbol nationaler Unabhängigkeit steht dieser Entwicklung nun die Revolution Fidel
Castros entgegen. Konfrontationen mit den USA schienen daher auch ab 1959
unvermeidlich, eine Allianz mit der Sowjet-Union als Gegengewicht zur USamerikanischen
Hegemonialmacht naheliegend, welches in Folge der Raketenkrise
1962 in ein Wirtschaftsembargo von Seiten der USA gipfelte.
1 EXENBERGER 2002:46
2 BURCHARDT 1999:10
3 HOFFMANN 2001:155
4 HOFFMANN 2001:155
5 HOFFMANN 2001:156
6 HOFFMANN 2001:156
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