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14 In den bisher veröffentlichten Kommentaren zu Das innerste Afrika wird der<br />
gesellschaftlich-geschichtliche Kontext, in dem das Gedicht zu verorten ist, nicht präzise<br />
bestimmt; statt dessen bleibt es bei einigen allgemeinen Bemerkungen. Christine<br />
Cosentino liest den Text als Ausdruck „politischer Sehnsucht“ und als Beschwörung<br />
eines „utopischen Potentials“ im Sinne einer Sprengung des Politfrusts“ (C. C., Volker<br />
Brauns Essay „Rimbaud. Ein Psalm der Aktualität“ im Kontext seiner Lyrik, in:<br />
Studies in GDR Culture and Society, 7, 1987, S. 171-184, bes. S. 178-180). Ähnlich<br />
verfahren, freilich aus anderen Gründen, Christel und Walfried Hartinger sowie Klaus<br />
Schuhmann. Daß sie die in dem Gedicht enthaltene radikale Kritik an der realsozialistischen<br />
Gesellschaft nicht explizit darlegen, liegt darin begründet, daß sie im Paradigma<br />
der „vermittelnden“ Literaturwissenschaft befangen sind, die dazu tendiert, bestimmte<br />
(kritische) Inhalte auszugrenzen; vgl. C. und W. H., „Der Lorbeer bloßen<br />
Wollens hat nie gegrünt...“ - Zu Volker Brauns Gedichtband „Langsamer knirschender<br />
Morgen“, in: DDR-Lyrik im Kontext, hg. von C. Cosentino, W. Ertl und G. Labroisse,<br />
Amsterdam 1988, S. 223-236, bes. S. 232f. und K. S., Volker Brauns Lyrik der<br />
siebziger und achtziger Jahre im Spiegel der Gedichtgruppe „Der Stoff zum Leben“,<br />
in: DDR-Lyrik im Kontext [...], S. 236-271, bes. S. 266-270. Den Restriktionen dieser<br />
oktroyierten Methode unterliegt zunächst auch Ursula Heukenkamp. Wenn sie behauptet,<br />
daß die „Alternative zwischen Erstarrung und Aufbruch, zwischen Verharren<br />
in den Ordnungen und Wagnis des unberechenbaren, neuen Weges“ nicht im Rahmen<br />
eines Ursache-Wirkungs-Verhältnisses gedeutet werden darf, läuft sie Gefahr, die<br />
Subjekt-Problematik vom gesellschaftlich-geschichtlichen Kontext zu lösen (U. H.,<br />
Metapher der Befreiung. Volker Braun, „Das innerste Afrika“, in: DDR-Literatur '87<br />
im Gespräch, hg. von S. Rönisch, Berlin-Weimar 1988, S. 184-196, hier S. 188). Dieser<br />
Gefahr entgeht sie erst, wenn sie infolge einer Aufarbeitung der Selbsttäuschungen<br />
einer „vermittelnden“ Literaturwissenschaft im Rahmen einer durch den gesellschaftliche<br />
Umbruch in der DDR provozierten eindringlichen Selbstkritik die einschlägige<br />
Methode und ihre Interpretationsmuster aufgegeben hat und das Gedicht wie folgt lesen<br />
kann: „...als ein[en] Appell, die gesamte Hierarchie unseres theoretischen Denkens<br />
und unserer Glaubenssätze über den Haufen zu werfen, um die gegenwärtige<br />
Welt und die in ihr wirkenden Widersprüche aus einer anderen Perspektive zu sehen,<br />
vielleicht aus der einer allgemeinen Krise unserer Kultur und Zivilisation“ (U. H., Der<br />
Fehler war es, der uns reut. Über die Selbsttäuschungen einer „vermittelnden“ Literaturwissenschaft,<br />
in: DDR-Literatur '89 im Gespräch, hg. von S. Rönisch, Berlin-<br />
Weimar 1990, S. 8-20, bes. S. 16. - Vgl. auch die gegensätzliche Deutung von Claudia<br />
Albert; mit ihrer These, daß das „innerste Afrika“ ein Ort „der verlorenen Illusionen<br />
und der verpaßten Gelegenheiten“ sei, wird sie m.E. dem komplexen semantischen<br />
Potential nicht gerecht, das Brauns Konstruktion der Afrika-Metapher enthält<br />
(C. A., Rimbaud vivant, in: Weimarer Beiträge, 7/1991, S. 1018-1027, hier S. 1019).<br />
15 Auch dieser Wechsel der Thematik (von der Sozialismuskritik zur Zivilisationskritik)<br />
wird in den genannten Kommentaren (s. Anm 10) nicht berücksichtigt.<br />
16 Braun bezieht sich hier nicht auf einen bestimmten Text von Günter Kunert,<br />
sondern arrangiert Elemente aus verschiedenen Texten zu einem 'Kunert-Porträt'.<br />
17 Der Satz „Wir haben die furchtbare Nachricht vernommen, wir haben nichts<br />
hinzuzusetzen“ zitiert Brechts Gedicht An die Nachgeborenen. Die „furchtbare Nachricht“,<br />
die Herrschaft des Faschismus, kann Brecht nicht davon abbringen, den Nachgeborenen<br />
Hoffnung auf ein menschliches Leben in einer besseren Gesellschaft nach<br />
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