Januar '09 - Stadt Weingarten
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Wumbaba!<br />
Axel Hacke kommt nach Ravensburg.<br />
Von Margit Lesemann<br />
Mit der Sprache ist das wie mit dem Haushalt:<br />
Fast kein Müll ist einfach nur Müll und Abfall, sondern<br />
immer Rohstoff. Seit Jahren sammelt Axel<br />
Hacke, Journalist, Autor und Kolumnist der Süddeutschen<br />
Zeitung, falsche, unsinnige, unbrauchbare<br />
Wörter. Sprachabfall eben. Warum sammelt<br />
jemand Wörter wie Dudeutschland, Huhntorte<br />
und Lustmühle? „Aus fast allem kann man noch<br />
etwas machen“, meint Hacke, der zu den bedeutendsten<br />
deutschen Autoren zählt und dessen<br />
Bücher in zahlreiche Sprachen übersetzt wurden.<br />
Nun hat Axel Hacke für sein jüngstes Buch seinen<br />
Wortstoffhof durchwühlt und Noch-Brauchbares<br />
heraus sortiert. In alphabetisch geordneten<br />
Sprachgeschichten – von A wie Äh bis Z wie Zeitfenster<br />
– zeigt er uns mit „Wortstoffhof“ wie reich<br />
doch die deutsche Sprache ist. Unter H wie Hundeleiden<br />
findet sich beispielsweise Stoibers unvergesslicher<br />
Satz zu Beginn des Endes seiner<br />
politischen Karriere in München, er leide „wie ein<br />
Hund“. Hacke meint dazu: „Ein schonungsloses<br />
Bekenntnis: Ja, ich jaule und winsele, ja, ich zerkaue<br />
Gegenstände, ja, ich laufe hektisch hin und<br />
her, ja, ich habe nasse Pfoten! Lasst mich nicht<br />
allein! Geht nicht weg! Lasst mich das Stöckchen<br />
holen! Verscheucht mich nicht aus dem Körbchen<br />
in der Münchner Staatskanzlei!“<br />
Es geht Hacke um nichts anderes als um den<br />
„Spaß am Valschen, an der Poesie des Irrtuhms,<br />
die Freude an der Fehlleistunck“, um einen Reichtum<br />
also, der erst durch menschliche Schwäche<br />
entsteht. „Gerade das Falsche ist das Schöne an<br />
der Sprache“, sagt Axel Hacke und meint damit<br />
auch das Verhören wie er es in „Der weiße Neger<br />
Wumbaba“ beschrieben hat. Als er in seiner Kolumne<br />
„Das Beste aus meinem Leben“ im Magazin der<br />
Süddeutschen Zeitung darüber schrieb, wie es ist,<br />
wenn man gesungene oder gebetete Texte falsch<br />
versteht – bekam er viele Briefe.<br />
Hunderte von Lesern meldeten sich, denen es<br />
genau so ergangen war. Da wurde beispielsweise<br />
aus Matthias Claudius’ Zeile „der weiße Nebel<br />
wunderbar“ der weiße Neger Wumbaba und Bob<br />
Marleys „I shot the Sheriff“ verwandelte sich zum<br />
„Eichhörnchen-Sheriff“. Axel Hacke hatte eine<br />
Lawine losgetreten. Immer mehr Menschen<br />
schrieben ihm ihre „Verhörer“. So viele, dass er<br />
sich zur Freude seiner Fans zu einer Fortsetzung<br />
entschloss „Der weiße Neger Wumbaba kehrt zurück“.<br />
„Über 200 Jahre nach dem Verleser Lichtenberg<br />
und gute hundert nach dem Versprecher<br />
Freud hat endlich auch der Verhörer seinen Homer<br />
gefunden in Gestalt von Axel Hacke“, schrieb die<br />
Titanic.<br />
Margit Lesemann arbeitet als freie Journalistin<br />
in Berlin. Mit Ravensburg verbindet sie die Pressearbeit<br />
für die Buchhandlung RavensBuch.<br />
Lesung<br />
Axel Hacke<br />
Do 22. <strong>Januar</strong><br />
Buchhandlung Ravens-<br />
Buch, 20 Uhr<br />
KVV Tel. 791190<br />
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