Rassismus Report 2010 - Zara
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Rassistische Vorfälle · Öffentlicher Raum<br />
ihrem Mann auf der Wiener Mariahilfer Straße spazieren<br />
geht, ruft ihr eine Frau lautstark nach: „Schon<br />
wieder so eine N…[*]schlampe, die sich schwängern<br />
hat lassen!“ Ihr Mann geht daraufhin zu der Frau und<br />
fragt sie, was die beiden ihr angetan hätten, um so<br />
eine Aussage zu provozieren. Die Frau erwidert, sie<br />
könne sagen, was sie wolle und Herr C. soll dorthin<br />
zurückgehen, von wo er gekommen sei. Herr C. wird<br />
daraufhin sehr wütend. Als er die Frau als Rassistin<br />
bezeichnet und selbst lautstark mit ihr diskutiert,<br />
kommen zwei weitere Frauen vorbei und mischen<br />
sich in die Diskussion ein: „Na eh klar, schon wieder<br />
so ein ‚Scheissn...[*]!‘“ Um die DiskutantInnen bildet<br />
sich eine Traube von Schaulustigen, von denen sich<br />
allerdings keiner zugunsten von Herrn C. einmischt.<br />
Aufgrund einiger Wortmeldungen, die Frau C. registrieren<br />
kann, sind die meisten der Meinung, dass Herr<br />
C. die Frau attackiert habe und man sie vor ihm beschützen<br />
müsse. Schließlich gehen Herr und Frau C.<br />
weiter, da die Diskussion mit den rassistischen Frauen<br />
zu keinem befriedigenden Ergebnis führt. Frau C.<br />
wendet sich an ZARA und ersucht um Dokumentation<br />
des Vorfalls. In ihrer Meldung merkt sie an, dass<br />
solche Beschimpfungen in der Öffentlichkeit zunehmen.<br />
Nicht nur ihr Mann, sondern sogar die gemeinsame<br />
sechs Monate alte Tochter wird in letzter Zeit<br />
rassistisch beschimpft. Sie sorgt sich daher ernsthaft<br />
um die Zukunft ihrer Tochter, insbesondere wenn<br />
sie ihr bei einer zukünftigen Attacke nicht mehr beistehen<br />
kann und mangels Zivilcourage auch andere<br />
PassantInnen nicht einschreiten.<br />
15<br />
Herr U. wurde in Nigeria geboren und lebt<br />
seit mehreren Jahren in Wien. Im Mai verteilt<br />
Herr U. im 19. Wiener Gemeindebezirk auf der Straße<br />
Flyer. Als er einem Mann, der mit seinem Hund unterwegs<br />
ist, einen Flyer geben möchte, wird er von dem<br />
Mann als „N…[*]“ und „Black Monkey“ beschimpft.<br />
Herr U. spricht den Mann auf die grundlose Verbalattacke<br />
an, worauf die beiden zu streiten beginnen.<br />
Im Zuge der kurzen verbalen Auseinandersetzung<br />
wird Herr U. vom Hund des Mannes angesprungen<br />
und gekratzt, sodass Herr U. eine kleine blutende<br />
Wunde am Unterarm davonträgt. Da Herr U. vor weiteren<br />
Attacken Angst hat, wählt er den Polizeinotruf<br />
und ersucht um Hilfe.<br />
Kurz bevor die Polizei eintrifft, droht der Angreifer<br />
damit, Herrn U. umzubringen und beschimpft<br />
ihn weiter rassistisch. Die Polizisten nehmen die<br />
Personalien beider Männer auf. Da der Angreifer<br />
auch behauptet, von Herrn U. bedroht und verletzt<br />
worden zu sein, wird Herr U. auf der nahegelegenen<br />
Polizeiinspektion erkennungsdienstlich behandelt,<br />
bevor er seine Verletzungen in einem Krankenhaus<br />
behandeln lassen kann. Die Staatsanwaltschaft ermittelt<br />
gegen den Angreifer sowie Herrn U. wegen<br />
Körperverletzung und gefährlicher Drohung. Beide<br />
Verfahren werden eingestellt. Herr U. möchte den<br />
Vorfall von ZARA dokumentiert wissen.<br />
16<br />
Herr A. ist 37 Jahre alt, österreichischer Herkunft<br />
und fährt gemeinsam mit seiner Freundin<br />
an einem Februarabend mit der Wiener Straßenbahn.<br />
Die beiden sitzen im zweiten Waggon einer<br />
älteren Garnitur, außer ihnen befindet sich nur ein<br />
weiterer Fahrgast, eine ältere Frau, im Wagen. Bei der<br />
Station Elterleinplatz steigen vier junge Männer im<br />
Alter von etwa 20 Jahren ein, die Herr A. als „fitnessstudiogestärkt“<br />
beschreibt. Sofort pöbeln sie Herrn A.<br />
und seine Freundin an. Herr A. wird als „Scheißösterreicher“,<br />
„Schwaboschwein“ und „österreichisches Milchbubi“<br />
beschimpft. Sie bezeichnen sich als Serben, die<br />
sich alle österreichischen Frauen nehmen könnten.<br />
Als Herr A. sich dagegen wehren will, dass die vier<br />
jungen Männer seine Freundin anfassen, wird er ins<br />
Gesicht geschlagen, dabei bis auf eine Rötung der<br />
Haut aber nicht verletzt. Die Angreifer weisen darauf<br />
hin, dass Herr A. noch froh sein könne, dass sie ihn in<br />
der Öffentlichkeit erwischen. In einem privateren Umfeld<br />
hätten sie ihn „ordentlich verprügelt“. Herr A. und<br />
seine Freundin steigen bei der nächsten Station aus.<br />
Die Männer treten ihnen nach und rufen: „Wir Serben<br />
ficken Euch alle!“ Herr A. ist entsetzt und steht einen<br />
Tag nach der Tat, als er diesen Vorfall bei ZARA meldet,<br />
immer noch unter Schock. ZARA dokumentiert<br />
den Vorfall und bestätigt Herrn A., dass die Beratungsstelle<br />
für diesen rassistischen Übergriff zuständig ist.<br />
Er will den Vorfall nicht bei der Polizei melden, da die<br />
Täter sowieso nicht eruierbar seien, und bedankt sich<br />
für die Dokumentation.<br />
17<br />
Frau H. meldet ZARA folgenden Vorfall über<br />
das Online-Kontaktformular der ZARA-Homepage:<br />
Im Juni fährt sie mit einem Bus der Wiener Linien,<br />
einige Kinder albern mit einer Plastikflasche herum.<br />
Als sie aussteigen, sagt der Busfahrer, „die Ausländer“<br />
hätten „keine Kultur“. Einer der Fahrgäste meint daraufhin,<br />
die Ausländer „gehörten vergast, ein Auschwitz<br />
gehöre wieder her“. Die anderen Fahrgäste und<br />
auch der Busfahrer sind offensichtlich schockiert,<br />
sagen aber nichts. ZARA dokumentiert diese Meldung<br />
lediglich, da Frau H. mangels Kontaktmöglichkeit<br />
nicht als Zeugin zur Verfügung steht.<br />
18<br />
Anfang Mai veröffentlicht die Neonazi-Website<br />
alpen-donau.info einen Bericht über eine<br />
Aktion „Nationaler Aktivisten“ in Wien. In der Nacht auf<br />
den 1. Mai werden von mehreren Personen Flugblätter<br />
an die Eingangstüren mehrerer AMS-Geschäftsstellen<br />
in Wien geklebt, auf denen gegen das „weltweit<br />
agierende Finanzjudentum“ gehetzt und unter<br />
anderem folgendes gefordert wird: „Volksgemeinschaft<br />
statt Klassenkampf; Arbeit zuerst für deutsche<br />
Österreicher; Brechung der Zinssklaverei; Nationaler<br />
Sozialismus statt Kapitalismus; Ausländerrückführung<br />
statt Integration.“ Der Vorfall wird auch vom Grünen<br />
Parlamentsklub dokumentiert und findet in einer<br />
parlamentarischen Anfrage der Grünen im Juni zum<br />
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