Rassismus Report 2010 - Zara
Rassismus Report 2010 - Zara
Rassismus Report 2010 - Zara
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Alle Menschenrechte für Alle · Interview Barbara Kussbach<br />
Wie ist der Dialog mit der anderen Seite, also den VertreterInnen<br />
des Staates, zB den MenschenrechtskoordinatorInnen<br />
der Ministerien und Länder, gelaufen?<br />
Ich würde sagen: Bemüht, aber verhalten, also<br />
sehr verbesserungsbedürftig. Es ist natürlich auch<br />
für die Regierung ein neuer Prozess und ein neues<br />
Verfahren, in dem von der UNO der Dialog mit der<br />
Zivilgesellschaft vorgegeben ist. Speziell für das<br />
Bundeskanzleramt und das Bundesministerium für<br />
europäische und internationale Angelegenheiten<br />
(BMeiA), die da federführend sind, war das eine neue<br />
Situation. Obwohl vom BMeiA bereits im Herbst<br />
2009 angekündigt wurde, die Zivilgesellschaft von<br />
Anfang an intensiv einzubinden, wurde der UPR-<br />
Fahrplan der Regierung erst im Sommer <strong>2010</strong> bekannt.<br />
Auch der Dialog zum Staatenbericht hat erst<br />
sehr spät und ohne sichtbares Ergebnis stattgefunden.<br />
Das BMeiA zeigte sich zwar sehr bemüht die<br />
Zivilgesellschaft mit einzubeziehen, doch leider<br />
fanden sich weder die Diskussionen der im Juni<br />
abgehaltenen Roundtables noch die schriftlichen<br />
Stellungnahmen der NGOs in der Endfassung des<br />
Staatenberichts wirklich wieder. Im Oktober wurde<br />
dieser Bericht dann der Öffentlichkeit präsentiert:<br />
das hatte schon ein bisschen den Anschein einer<br />
Alibi-Veranstaltung, weil der Bericht präsentiert und<br />
im gleichen Moment vom Ministerrat verabschiedet<br />
und dann nach Genf geschickt wurde. Ein wirklich<br />
offener und regelmäßiger Dialog ist derzeit noch<br />
nicht feststellbar, allerdings gibt es erste positive<br />
Anzeichen dazu.<br />
Wie wäre es denn vorgesehen von der UN?<br />
Im Rahmen des UPR wird angeregt, die Zivilgesellschaft<br />
von Anfang an in den Prozess, insbesondere<br />
in die Erstellung des Staatenberichtes einzubinden.<br />
Natürlich ist klar, dass die Regierung in ihrem Bericht<br />
ein möglichst gutes Bild der eigenen Arbeit abgeben<br />
möchte. Aber es kommt eben darauf an, wie selbstkritisch<br />
dieser Bericht verfasst ist und wie sehr die Kritik<br />
der NGOs ernst genommen wird. Die Schweiz hat zB<br />
die zentralen NGO-Anregungen am Ende ihres Berichtes<br />
mit eingearbeitet.<br />
Die Basis für die Universelle Menschenrechtsprüfung<br />
sind drei Dokumente: 1. der Staatenbericht, 2.<br />
eine Zusammenfassung der UNO über alle bisherigen<br />
internationalen Empfehlungen und 3. eine Zusammenfassung<br />
aller NGO-Berichte. Diese drei Dokumente<br />
sind grundsätzlich alle gleichwertig und dienen<br />
somit auch als Anstoß für einen gleichberechtigten<br />
Dialog. Auch von der zeitlichen Abfolge her (die NGO-<br />
Berichte mussten bereits vor dem Staatenbericht bei<br />
der UNO eingebracht werden) ist die Sichtweise der<br />
NGOs keine Reaktion auf den Regierungsbericht sondern<br />
vielmehr eine proaktive Aktion. Es geht darum,<br />
die Themen darzustellen, die uns wichtig sind, und<br />
man sieht auch, dass die Themen im Staatenbericht<br />
mitunter sehr ähnlich sind.<br />
Für die UNO sind also alle Quellen gleichwertig?<br />
Grundsätzlich natürlich schon, wenngleich der<br />
Staatenbericht mit 20 Seiten doppelt so lang sein<br />
darf, wie die beiden anderen Dokumente der UNO<br />
und der NGOs. Die Frage ist außerdem, welche Auswirkungen<br />
die einzelnen Berichte haben, d.h. wie<br />
sie von den StaatenvertreterInnen in Genf bei der<br />
Überprüfung genutzt werden. Nachdem der UPR<br />
eine „peer review“ ist, wo jedes Land einmal in die<br />
Rolle des geprüften Landes kommt und dann eben<br />
wieder in die Prüferrolle schlüpft, ist auch den Delegierten<br />
ganz klar, dass der Staatenbericht sicherlich<br />
etwas ist, wo sich der Staat von seiner besten Seite<br />
zeigen möchte. Die Berichte der Zivilgesellschaft<br />
und die Zusammenstellung aller bisherigen UNO-<br />
Empfehlungen werden daher als das kritische Auge<br />
und Ohr herangezogen – daraus ergeben sich meist<br />
die Fragen und Anregungen der Delegierten.<br />
Nach der Prüfung gibt der UN-Menschenrechtsrat<br />
Empfehlungen an Österreich weiter. Was passiert<br />
dann?<br />
Während der Prüfung stellen die Delegierten verschiedener<br />
Staaten Fragen an Österreich und sprechen<br />
Initiative menschenrechte. jetzt.<br />
Gegründet wurde die Initiative menschenrechte. jetzt. im Frühjahr<br />
<strong>2010</strong> anlässlich der ersten universellen Menschenrechtsprüfung Österreichs<br />
durch die Vereinten Nationen. Das Verfahren gibt Nichtregierungsorganisationen<br />
(NGOs) die Möglichkeit „glaubwürdige und<br />
verlässliche“ Informationen zum jeweils geprüften Land beim Büro<br />
der Hochkommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte<br />
einzubringen. Über 270 NGOs haben sich unter der Federführung<br />
der Liga für Menschenrechte der Erstellung des sog. Parallelberichts<br />
der Initiative menschenrechte. jetzt. angeschlossen und in einem<br />
koordinierten Prozess ihre Beobachtungen aus der Arbeit im menschenrechtlichen<br />
Kontext wiedergegeben und eigene Forderungen<br />
zur Verbesserung der Lage formuliert.<br />
Nach der ersten Überprüfung Österreichs im Jänner 2011 wird die<br />
Initiative menschenrechte. jetzt. die Umsetzung der Empfehlungen<br />
des UN-Menschenrechtsrats kritisch beobachten und regelmäßig<br />
auf deren Umsetzung bzw. weiter bestehende Missstände aufmerksam<br />
machen.<br />
Während des Verfahrens und darüber hinaus sucht die Initiative den<br />
Dialog mit relevanten Stakeholdern in Österreich – allen voran mit<br />
der Österreichischen Bundesregierung – und stellt ihre Expertise zur<br />
Verfügung.<br />
Links: http://www.menschenrechte-jetzt.at/<br />
http://www.liga.or.at/<br />
59