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kanischen als von einem libyschen Islam gesprochen werden, worunter der Islam<br />
in seiner von den Berbern übernommenen und gelebten Art zu verstehen ist.<br />
Dank ihrer Fähigkeit, sich zu assimilieren, eigneten sich die Berber sehr schnell<br />
die Kulturen an, mit denen sie nun in Berührung kamen. Da sie den Islam als Religion<br />
anerkannten und akzeptierten, trugen sie selbst zur Verbreitung dieses Glaubens<br />
in ganz Nordafrika bei: Sie gründeten zweimal ein mächtiges islamisches Reich,<br />
das sich vom Senegal bis nach Tripolitanien, Sizilien und Spanien erstreckte,<br />
zunächst mit den Almoraviden und später noch einmal mit den Almohaden.<br />
Eine weitere Wesensart der Berber war ihre starke Frömmigkeit. In der christlichen<br />
Zeit erkennt man das in den zahlreichen Märtyrern und Gelehrten, unter ihnen<br />
Augustinus, Tertullian und Zyprianus.<br />
Neben diesen positiven Eigenschaften muss auch eine negative genannt<br />
werden: die natürliche Neigung zum Stammespartikularismus. So entstanden<br />
Irrlehren, wie der Arianismus und der Donatismus, auf ihn ist auch der Zerfall<br />
der beiden großen muslimischen Reiche und die für die Geschichte Nordafrikas<br />
bezeichnenden fortwährenden Kämpfe zurückzuführen.<br />
Bruderschaften und Sufismus<br />
Diese für den Islam charakteristischen Merkmale haben ihn in ganz Nordafrika<br />
stark beeinflusst und zur Gründung verschiedener Bruderschaften geführt. Er<br />
erhielt dadurch seine besondere Note und war den Menschen vertrauter. Er wird<br />
auch Islam der Marabuts, der Heiligen, genannt, denn er erscheint in Gestalt eines<br />
Geistlichen, des Scheichs. Dieser betagte Weise hatte sein Leben dem Gebet und<br />
der Askese zu widmen. Von ihm erbitten sich die Menschen Segnung, Gebet und<br />
geistliche Orientierung. Einige dieser Scheichs haben eigene religiöse Bewegungen,<br />
die sogenannten Tariqa (Straße, Weg) gegründet. In diesen Bruderschaften<br />
vertrauen sich die Menschen ganz dem Scheich an, um an der besonderen<br />
Segnungskraft teilzuhaben, die ihm zugesprochen wurde. Aus diesen<br />
Bewegungen entstanden bedeutende, wirtschaftlich und politisch einflussreiche<br />
soziale Strukturen, die sich in Ländern wie dem Senegal und Mauretanien bis<br />
heute ihren Einfluss bewahrt haben. Dieser Islam ist, von den Grundelementen<br />
abgesehen, sehr einfach und beschränkt sich häufig auf das Wiederholen von<br />
Anrufungen und festen Formeln, die jede Bruderschaft für sich benutzt. Sie alle<br />
verlangen jedoch absolute Ergebenheit gegenüber dem Scheich: „Wie ein Leichnam<br />
in den Händen dessen, der ihn wäscht.”<br />
Die Bruderschaften und der „kriegerische Geist” des Islam trugen zu seiner<br />
erfolgreichen Verbreitung in ganz Nordafrika bei und waren prägend für das Verhältnis<br />
zu anderen Religionen, besonders zum Christentum.<br />
Die Bruderschaften, die in Libyen das Leben und den Fortgang der Geschichte<br />
besonders beeinflusst haben, waren die Qadiriyya, die Urform aller späteren Bruderschaften,<br />
die Arusiyya in Tripolitanien und in besonderem Maße auch der<br />
Sanusiya-Orden. Letzteren hatte Mohammed Ibn Ali es – Senussi zu Beginn des<br />
19. Jahrhunderts gegründet, er spielte in der jüngeren libyschen Geschichte Cyrenaikas<br />
eine große Rolle.<br />
Heute spielt der Einfluss von außen praktisch keine Rolle mehr, die religiöse<br />
Vorstellung ist jedoch nach wie vor vorhanden. Hauptanliegen der Bruderschaften<br />
bleibt die Wiederherstellung des muslimischen Lebens, wie es zu Zeiten<br />
des Propheten bestand. Man trachtet danach, das Verhalten des Propheten so<br />
genau wie möglich nachzuahmen, um in spiritueller Eintracht zu leben, ihm<br />
nacheifernd in dem Bestreben, die Erfordernisse des Glaubens mit den Notwendigkeiten<br />
des Lebens zu vereinbaren. Von den Anhängern wird erwartet, dass<br />
sie den Scheich nachahmen, so wie dieser den Propheten imitiert, dem die<br />
besondere Fähigkeit des Baraka, diese einzigartige Verbindung mit dem Propheten,<br />
gegeben ist.<br />
Diese Auffassung macht den Gläubigen empfänglicher für die spirituellen Werte,<br />
wodurch er offener für den Dialog mit anderen religiösen Strömungen wird.<br />
In der mystisch-spirituellen Strömung der Bruderschaften findet man in verschiedenen<br />
Teilen der islamischen Welt den Sufismus, der auch heute noch von<br />
großer Bedeutung für die muslimische Glaubensgemeinschaft ist und mit seiner<br />
Sufi-Plejade den Wunsch geweckt hat, sich Gott zu nähern.<br />
Die düsteren Jahrhunderte – die Osmanen<br />
– der Sanusiya-Orden<br />
Der Zeitraum vom 11. bis zum 16. Jahrhundert gehört zu den dunkelsten Kapiteln<br />
der libyschen Geschichte.<br />
Im Jahre 1510 nahmen die Spanier Tripolis ein, 1530 mussten sie der maltesischen<br />
Reiterarmee weichen. 1551 fiel Tripolis dagegen in die Hände der von<br />
Sinan Pascha angeführten Osmanen.<br />
Außerhalb von Tripolis bestand die osmanische Herrschaft lediglich dem<br />
Namen nach, denn die Stämme verfügten weiterhin über eine traditionell starke<br />
Autonomie; politische, gerichtliche oder finanzielle Entscheidungen wurden<br />
innerhalb der jeweiligen Stammesstrukturen getroffen.<br />
Diese Tatsache ist nur wenig bekannt, erleichtert aber das Verständnis der sozialen<br />
Strukturen des libyschen Volkes außerhalb der Städte Tripolis und Bengasi.<br />
1711 übernahm Ahmed Caramanli die Macht. Er stürzte den von Konstantinopel<br />
gesandten Pascha und verschaffte sich die Anerkennung zunächst von