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Offensichtlich kann kaum etwas gegen diese „breite Migrationswelle”, wie sie<br />

ein armenischer Vertreter genannt hat, getan werden. 23 Jahre nach der islamischen<br />

Revolution empfinden christliche Familien die islamische Realität in<br />

ihrer Umgebung immer stärker als Belastung und hoffen, in einem „christlichen<br />

Land” bessere Möglichkeiten zu finden.<br />

Eine Frage jedoch stellen sich die Führer der religiösen Gemeinschaften und<br />

die Christen selbst: „Warum erreicht diese Migration ihren Höhepunkt in dem<br />

Moment, in dem die politische Situation des Landes ruhiger zu sein scheint als<br />

in der Vergangenheit? Warum gab es im Unterschied zur Gegenwart keinen organisierten<br />

Exodus in den Jahren des iranisch-irakischen Krieges?<br />

Die Antwort könnte lauten, dass „Christen ohnehin ausreisen würden” und<br />

dass die entsprechenden internationalen Organisationen einfach ihre Unterstützung<br />

anbieten, damit die Menschen nicht als illegale Einwanderer in Europa<br />

leben müssen, während sie auf ihre Umsiedlung in die USA warten. Die angebotene<br />

Hilfe ist jedoch de facto eine Ermutigung zum Verlassen des Landes, mit<br />

der Folge, dass die christliche Minderheit jetzt noch kleiner und schwächer ist.<br />

In diesem Zusammenhang ist festzustellen, dass die iranische Regierung nunmehr<br />

begonnen hat, Formen des Dialogs mit anderen Religionen, insbesondere<br />

mit der katholischen, orthodoxen und protestantischen Kirche, zu fördern und<br />

zu verstärken.<br />

Die Zahl solcher Initiativen, die unter Präsident Rafsanjani ins Leben gerufen<br />

wurden, ist seit der Wahl von Präsident Khatami und insbesondere seit dem<br />

Jahr 2001, das auf Vorschlag von Präsident Khatami von der UNO zum Internationalen<br />

Jahr des Dialogs zwischen den Kulturen erklärt wurde, deutlich<br />

gestiegen.<br />

Es wäre interessant, eine ausführliche Liste aller bilateralen Konferenzen und<br />

Symposien zusammenzustellen, die von Iranern sowohl in Teheran als auch im<br />

Ausland gemeinsam mit verschiedenen christlichen Konfessionen veranstaltet<br />

wurden: mit Katholiken, Lutheranern, Anglikanern, Russisch-Orthodoxen und<br />

Griechisch-Orthodoxen, dem Regionalkomitee des Weltkirchenrates usw.<br />

Noch interessanter wäre es wohl, die Sinnhaftigkeit solcher Dialoginitiativen<br />

und die erzielten Ergebnisse zu untersuchen.<br />

Von den vielen Überlegungen, die in dieser Hinsicht angestellt werden<br />

könnten, sind drei besonders geeignet, die Erfahrungen des islamisch-christlichen<br />

Dialogs in der Islamischen Republik Iran dieser Jahre zusammenzufassen.<br />

Die erste bezieht sich auf die Zielstellung derartiger Initiativen. Sie könnte<br />

reichen von einer Art „Schönheitsoperation” (Wie kann man sich selbst international<br />

besser darstellen?) bis zu dem aufrichtigen Wunsch, sich gegenseitig<br />

kennen zu lernen und zu respektieren.<br />

Die zweite Überlegung betrifft den Einfluss, den solche Initiativen auf die tatsächliche<br />

Lage der Minderheiten im Land haben. Die Erfahrungen der letzten<br />

Jahre haben gezeigt, dass es wenig bis keinen Zusammenhang zwischen den akademisch<br />

behandelten Themen und dem Alltag der Minderheiten im Lande gibt,<br />

was zur Folge hat, dass es zwar zunehmend ein „akademisches Verständnis” gibt,<br />

die Lage der Minderheiten von diesem Dialog aber unberührt bleibt. In einigen<br />

Fällen dient der Dialog sogar dazu, die konkrete Lage zu ignorieren, weil ja „die<br />

Beziehungen mit der christlichen Kirche auf den oberen Ebenen sehr gut sind”.<br />

Die dritte Überlegung beinhaltet die Hoffnung auf ein langfristig positives<br />

Ergebnis dieser Initiativen. Es besteht kein Zweifel, dass, wie es Papst Johannes<br />

Paul II. in seinen Botschaften anlässlich des Weltfriedenstages 2002 formulierte,<br />

„religiöse Führer eine gewichtige Verantwortung (...) bei der Verkündigung<br />

eines besseren Verständnisses innerhalb der Menschheitsfamilie tragen” und dass<br />

„ökumenischer und interreligiöser Dialog” ein „dringlicher Dienst” ist, „den die<br />

Religion für den Weltfrieden leisten kann”. Es ist zu hoffen und zu wünschen,<br />

dass wir durch die Förderung dieses Dialoges allmählich einen Mentalitätswechsel<br />

auf allen Ebenen bewirken können und, auf der Grundlage eines ehrlichen<br />

und aufrichtigen akademischen Diskurses, letztendlich zu einer friedlichen<br />

Koexistenz in einer pluralistischen Gesellschaft gelangen.

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