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„Systemkompetenz“ in der Forensischen Psychiatrie - Lehranstalt für ...

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WAGNER ><br />

scher Arbeit, jede Aussage, jede Selbstbeschreibung als<br />

subjektive Realitätskonstruktion unh<strong>in</strong>terfragt stehen zu<br />

lassen. Es geht <strong>in</strong> <strong>der</strong> systemischen Therapie ja gerade<br />

und sehr explizit um das H<strong>in</strong>terfragen <strong>der</strong> <strong>in</strong>dividuellen<br />

Wirklichkeitsbeschreibungen. Dass <strong>in</strong> <strong>der</strong> Art <strong>der</strong> Fragestellung<br />

<strong>der</strong> Kontext berücksichtigt wird, liegt nahe.<br />

Statt von Lügen und Verleugnung könnte man dann<br />

auch – weniger wertend und schuldzuschreibend - von<br />

kontextspezifischen Interessen des Klienten sprechen.<br />

Diese kontextspezifischen Interessen können als Störung<br />

des therapeutischen Prozesses wahrgenommen werden –<br />

hier empfiehlt es sich, diese „Störung“ zum Thema zu<br />

machen – denn das Reden über e<strong>in</strong>e Störung ist etwas<br />

an<strong>der</strong>es als die Störung.<br />

RESUMÉE<br />

<strong>„Systemkompetenz“</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Forensischen</strong> <strong>Psychiatrie</strong><br />

besteht neben e<strong>in</strong>er angemessenen Konzeptualisierung<br />

des <strong>in</strong>stitutionellen Kontextes also auf theoretischer<br />

Ebene dar<strong>in</strong>, die Kontextabhängigkeit von Verhalten<br />

und die Beobachterabhängigkeit von Beschreibungen im<br />

Bewußtse<strong>in</strong> zu halten und <strong>für</strong> die Leitdifferenzen und<br />

damit auch <strong>für</strong> die bl<strong>in</strong>den Flecken an<strong>der</strong>er kl<strong>in</strong>ischer<br />

Konzepte zu sensibilisieren. Auf e<strong>in</strong>er praktischen Ebene<br />

ermöglicht Systemkompetenz e<strong>in</strong>e therapeutische Haltung,<br />

die das explizite Thematisieren von Rollenverquickungen<br />

nahelegt und <strong>in</strong> <strong>der</strong> damit verbundenen<br />

Offenheit und Transparenz (nicht <strong>in</strong> <strong>der</strong> unkritischen<br />

Akzeptanz je<strong>der</strong> Selbstbeschreibung) auch Respekt<br />

gegenüber dem zur Therapie Gezwungenen ausdrückt.<br />

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219–247<br />

DR. ELISABETH WAGNER ist Fachärzt<strong>in</strong> <strong>für</strong> <strong>Psychiatrie</strong> und<br />

Neurologie, Psychotherapeut<strong>in</strong> <strong>in</strong> systemischer Familientherapie<br />

<strong>in</strong> freier Praxis, Lehrtherapeut<strong>in</strong> <strong>für</strong> systemische Familientherapie<br />

i.A.; sie leitet die psychiatrische Abteilung <strong>der</strong> Justizanstalt<br />

Favoriten und hat langjährige Erfahrung <strong>in</strong> <strong>in</strong>stutiioneller<br />

Psychotherapie.<br />

22 SYSTEMISCHE NOTIZEN 02/04

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