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Aufbruch 1.0 - Stadtgespräche Rostock

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Alternatives Wohnen in <strong>Rostock</strong> (AWIRO).<br />

Ein Projekt, das bleibt!<br />

BJÖRN KLUGER<br />

Es gibt es noch, mitten im Viertel: ein alternatives<br />

Wohnprojekt von jungen Menschen<br />

für junge Menschen.<br />

Was liegt nicht alles hinter diesem Umstand.<br />

Bereits Ende der 1980er Jahre machten sich<br />

Engagierte der Stadt auf, sich zu einer Initiative<br />

„Alternatives Wohnen in <strong>Rostock</strong><br />

(AWIRO)“ zusammenschließen. Massiver<br />

Leerstand und der umstrukturierte, nun privatisierte<br />

Wohnungsmarkt stellte viele Wohnungssuchende<br />

und StudentInnen vor die<br />

Wahl, teuren Wohnraum zu beziehen oder<br />

den reichlich vorhandenen Leerstand zu beenden.<br />

Mehr als 200 Beteiligte und BefürworterInnen<br />

der Initiative hatten so über<br />

kurz oder lang ein Dach über dem Kopf. Der<br />

Wohnraum sollte bezahlbar bleiben. In Konflikten<br />

und Verhandlungen mit den Wohnungsträgern<br />

wurde letztlich eine akzeptable<br />

Grundmiete und in vielen Fällen eine Legalisierung<br />

von Instandbesetzungen durchgesetzt.<br />

Das schien den meisten Beteiligten genug.<br />

Aber die engagierten InitiatorInnen<br />

wollten auch politisch etwas bewegen.<br />

Mit den Jahren hatte sich das unmittelbare<br />

Umfeld in der KTV gewandelt. Von den vielen<br />

leerstehenden Häusern waren wenige übrig<br />

geblieben, die meisten in Privatbesitz gebracht<br />

oder durch städtische Gesellschaften<br />

selbst modernisiert und damit mit einem<br />

stattlichen Mietpreis versehen.<br />

Gerade deshalb war es nicht nur politisch geboten,<br />

sondern auch notwendig, eine konkrete<br />

Form für ein selbst bestimmtes Leben<br />

zu finden. Da gab es weiterhin eine Reihe<br />

von engagierten Menschen, die sich nicht<br />

mit einer netten Bleibe zufrieden geben<br />

wollten. Hier sollte etwas mitten im Viertel<br />

entstehen, das Freiraum, Selbstverwirklichung<br />

und Ausstrahlung für das Umfeld bot.<br />

Das hieß: Gesellschaftlich, lebendig und frei<br />

als Alternative. Fast bis zum Ende der<br />

1990er Jahre brauchte es jedoch Durchhaltewillen,<br />

Forderungen und immer neues Drängen<br />

gegenüber der Stadt und den beteiligten<br />

Institutionen, um das in vielen gemeinsamen<br />

Stunden erarbeitete und diskutierte Konzept<br />

in die Realität umzusetzen. Neben sozio-kulturellen<br />

und alternativen Jugendeinrichtungen<br />

in der Stadt war das Projekt AWIRO,<br />

ein lebendiges Wohn- und Lebensprojekt,<br />

das über eine übliche Wohngemeinschaft<br />

hinausging. Natürlich gab es unterschiedliche<br />

Ansichten, die Vorstellungen reichten<br />

vom alternativen Wohnprojekt mit alternativem<br />

Jugendtreff bis zum kommunikativen<br />

Stadtteilzentrum für die Umgebung.<br />

Die zu bewohnenden Häuser in der Niklotstraße<br />

5 und 6 wurden teilweise in Eigenregie<br />

gestaltet, im Erdgeschoß wurde ein Café<br />

als Begegnungsraum eingerichtet. Verschiedene<br />

Werkstätten bezogen Quartier, ein Infoladen<br />

entstand und verschiedene Initiativen<br />

fanden ein Zuhause. Auf Grund der<br />

fortschreitenden Sanierungen und auch der<br />

praktischen Umgestaltung der KTV (u. a.<br />

durch das URBAN-Projekt) hat sich der<br />

Charakter des Viertels geändert. Die alten<br />

Mieterstrukturen wurden zunehmend durch<br />

eine neue soziale Struktur verdrängt, die<br />

durch ein studentisches Milieu und Vertreter<br />

der kulturellen und akademischen Schichten<br />

geprägt war. Das bedeutete: Der Großteil<br />

der BewohnerInnen der KTV stand nicht<br />

mehr im Fokus bzw. konnte nicht mehr<br />

Adressat eines Konzeptes sein, dass sich als<br />

Alternative, auch in einem gesellschaftlichen<br />

Kontext, verstand. Ein stadtteilorientiertes<br />

Konzept ließ sich nun eher durch andere<br />

Angebote, wie z.B. das Bürgerhaus, umsetzen.<br />

Vor diesem Hintergrund hat sich ein Angebot<br />

für eine offene und emanzipatorische Jugendbegegnungsstätte<br />

mit eigenem Wohnraum<br />

entwickelt.<br />

Nach Aussagen von zwei aktuellen MitstreiterInnen<br />

des AWIRO-Projektes existiert<br />

heute ein alternativer Jugendtreff, der Freiraum<br />

für nicht-rechte Jugendliche bietet, der<br />

über die Stadtgrenzen von <strong>Rostock</strong> hinaus<br />

angenommen wird. In Selbstverwaltung<br />

wird dort engagiert Platz zur Selbstbestimmung<br />

und Verwirklichung von Ideen in den<br />

Werkstätten (Fahrrad, Holz) geboten. Daneben<br />

existiert wieder ein Probenraum, ein Infoladen<br />

bietet Möglichkeiten, sich unabhängig<br />

über das Zeitgeschehen ins Bild zu setzen.<br />

Und auch die „Vokü“, die Volxküche,<br />

gibt es jetzt wieder regelmäßig. In gemeinsamen<br />

Plena werden die Entscheidungen über<br />

den Verein und das Wohnprojekt in der<br />

Gruppe getroffen.<br />

Das Projekt hat sich in <strong>Rostock</strong> etabliert<br />

und beteiligt sich auch an Initiativen, wie etwa<br />

im Rahmen des G8-Gipfels im vergangenen<br />

Jahr oder, wie jedes Jahr, am Alternativen<br />

Jugendcamp in Lärz. So können auch<br />

Veranstaltungen mit politischem Inhalt im<br />

Treff stattfinden. „Das macht es aus: Die<br />

Vielzahl von Möglichkeiten sich selbstbestimmt,<br />

hierarchiefrei und kreativ zu betätigen.“<br />

Aber was auch zählt, ist: „Sexistische<br />

und rassistische Tendenzen nehmen wir<br />

nicht hin!“ Natürlich können die BesucherInnen<br />

sich im Café auch einfach nur treffen<br />

und entspannt miteinander reden, ohne etwas<br />

bestellen zu müssen. Manchmal gibt es<br />

Geburtstagsfeiern oder auch ein Fest. „Das<br />

ist auch oft so, dass dann Mitwirkende der<br />

‘ersten Generation’ vorbeischauen.“<br />

Das Projekt mit seiner Historie hat seinen<br />

Platz mitten in der Stadt gefunden und ist<br />

Anziehungspunkt für eine junge Generation,<br />

die für sich in Anspruch nimmt, kreativ, alternativ<br />

zu sein und auch konsequent zu<br />

handeln. Das verdient Respekt. Und immerhin<br />

sind das jetzt fast 20 Jahre von den ersten<br />

Schritten bis zur heutigen Fortführung.<br />

– Ein klarer Beweis, dass ein Bedarf an derartigen<br />

Jugendtreffs nach wie vor vorhanden<br />

ist. ¬<br />

Öffnungszeiten Café „Median“: Täglich, außer Dienstag und Sonntag, ab18.00 Uhr<br />

Hinweis: Alternatives Jugendcamp in Lärz, 06.-10.August 2008

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