Aufbruch 1.0 - Stadtgespräche Rostock
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00.40 __ //// ZUM SCHLUSS<br />
Ostseecharme mecklenburgisch und international:<br />
„Sommer ohne Regen“<br />
aus Steffenshagen<br />
JENS LANGER, REDAKTIONSMITGLIED<br />
Sonnabend vor Lätare: Diesen Sonntagsnamen kennen nur ein paar<br />
Spezialisten unter den bei hundert Besuchern im Festsaal des Landkreises<br />
Bad Doberan. Aber sie freuen sich alle schon einmal, wie es<br />
das lateinische Wort empfiehlt. Denn der Film, an dem die Junge Gemeinde<br />
Steffenshagen mit ihren professionellen Unterstützern zwei<br />
Jahre lang gearbeitet hat – diese Zeitung berichtete am 2.3. -, wird<br />
heute uraufgeführt.<br />
Ein Hauch von Schöpfung schwebt durch den maßvoll prunkenden<br />
Saal. Der freundliche Hausmeister hat 250 Stühle eingeräumt, „es<br />
passen auch mehr 'rein“, und eigentlich hat er sich nicht verschätzt.<br />
Die Ausgebliebenen aus städtischer Kultur und evangelischer Kirche<br />
haben's getan, obwohl die Landratswahl ansteht und das Münster für<br />
Kultur steht. Junge Leute, Eltern und Lehrerschaft haben besser kalkuliert<br />
und mit ihnen Marion Krüger, Leiterin des Referats „Gleichstellung“,<br />
die auch für die Nutzung des Raums durch die Filmleute<br />
ohne Bezahlung gesorgt hat, laut und leise dafür gepriesen wird.<br />
Die Kaltmamsells vom Café im Kornhaus haben für reichlich Kanapees<br />
zur Pause gesorgt und die Stimmung wird schon vorher immer<br />
besser. Vorläufig am besten, als die Band Jimmie Henning & The<br />
troublemakers auftritt. Die überwiegend jugendlichen Anwesenden<br />
sind hellauf begeistert, meine Generation fügt sich und will den Film<br />
sehen. Der soll auch bald kommen, aber vorher gibt’s noch Reden.<br />
Die sind imponierend knapp und informativ. Kai Feller, Pastor und<br />
Produzent des Films, der auch alle Blumensträuße des Abends überreicht,<br />
erzählt, wie die Junge Gemeinde etwas machen wollte und so<br />
beim Film landete, den sich alle beileibe nicht so stressig vorgestellt<br />
hatten: Zwei Jahre Einsatz, davon die Hälfte zum Sichten und<br />
Schneiden des Rohmaterials. Das berichtet bereits die Theaterpädagogin<br />
Beatrice Ehrler, die auch nicht vergisst, dem <strong>Rostock</strong>er Studenten<br />
der Medienpädagogik Sören Köhn für seinen Einsatz zu danken.<br />
Am meisten hat mich die Statistik von Beatrice Ehrler beeindruckt:<br />
15 Akteure und Aktricen waren es ursprünglich beim Entstehen<br />
der Idee. Es blieben am Set 6. Und die kann man im Film alle sehen,<br />
ihre Namen im Abspann und auf einem Foto der Öffentlichkeitsarbeit<br />
von Kai Feller. Alle sechs wissen, was sie geleistet haben<br />
und bleiben auf dem Teppich. Im Film versuchen sie, ihre irakische<br />
Freundin zu verstehen und stellen vor allem Fragen. Warum muss es<br />
das Kopftuch sein? Kannst du mit uns baden gehen? Die irakische<br />
Medizinstudentin antwortet in der Spannung zwischen zwei Kulturen<br />
imponierend ehrlich. Das hilft freilich nicht in der Liebe zwischen<br />
ihr und einem Schiffbaustudenten aus <strong>Rostock</strong>. Sie ist längst<br />
einem Cousin zu Hause versprochen. Eine starke Mitspielerin ist über<br />
schöne Minuten unsere Ostsee, die in die Unruhe der Entscheidungen<br />
die Gelassenheit des Schonimmer zu Bildern werden lässt. In einem<br />
Lesesaal kann man einmal verhalten das Mittagsläuten von St.<br />
Marien hören, wenn einem die örtlichen Gegebenheiten erklärt werden.<br />
Ein Berliner Imam frappiert in seiner Freitagspredigt durch sein<br />
astreines Deutsch und durch eine wohl doch zu europäisierte – um<br />
nicht zu sagen: am Christentum orientierte - Interpretation des Islam.<br />
Der Bruch zwischen den beiden Liebenden aus zwei Kulturen ist hier<br />
unausweichlich: Staatsexamen und Abflug vom Terminal Laage, von<br />
dort, wo einst die Ortschaft Levkendorf lag, unvergessen. Jetzt aber<br />
Szenen nicht des Abschieds auf dem Airport, sondern Bilder dort von<br />
bereits vollzogener Einsamkeit in Resignation.<br />
Ein großer Eindruck durch einen kleinen Film: Eine junge Generation<br />
fühlt sich ein in fremde Welten. Das gibt es in Steffenshagen und<br />
an vielen Orten, von denen wir es wissen, und an noch mehr Stellen,<br />
von denen wir es nicht wissen. Hier hat diese Kultur der Begegnung<br />
Bilder gefunden durch die Ausstrahlung der jungen Irakerin Shad J.<br />
Resul auf orientalisch heute und den Ostseecharme auf mecklenburgisch<br />
jetzt, den die Schauspielgruppe aus Steffenshagen mitbringt.<br />
Die Freude über den Prozess und das Ergebnis , die sich am Ende in<br />
riesigem Applaus ausdrückte, lässt sich mit modernen technischen<br />
Mitteln (Beamer) leicht ins eigene Haus und in Gemeinderäume<br />
bringen, am besten so, dass Film und Darsteller zusammen kommen;<br />
denn gemeinsam sind sie ein starkes Team. ¬