Weiterbildungsbeteiligung nach Lebensalter - ibw
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<strong>ibw</strong>-Mitteilungen, 4. Quartal 2004, Dr. Arthur Schneeberger<br />
Das Betriebspanel des IAB (Institut für Arbeitsmarktund<br />
Berufsforschung der Bundesanstalt für Arbeit), das<br />
für das Jahr 2000 auf fast 14.000 Interviews beruht und<br />
eine Gesamtheit von 2,15 Millionen Betrieben repräsentiert,<br />
hat interessante Fragen zur Alterung aus Sicht<br />
der Betriebe gestellt, und zwar zur Einschätzung der<br />
Leistungsfähigkeit älterer Erwerbspersonen und mögliche<br />
Personalentwicklungsstrategien. Vorauszuschicken<br />
ist allerdings, dass 57 Prozent der Unternehmen keine<br />
Mitarbeiter über 50 Jahren beschäftigen. Dies geht<br />
aber vor allem auf Kleinstunternehmen in der Stichprobe<br />
zurück. Die „jugendzentrierten“ Unternehmen finden<br />
sich überall, besonders aber im Dienstleistungsgewerbe<br />
und in Kleinstbetrieben mit weniger als 5<br />
Beschäftigten (75 Prozent ohne ältere Beschäftigte).<br />
Von den Betrieben mit 5 bis 99 Angestellten beschäftigen<br />
53 Prozent über 50-Jährige, bei Betrieben mit<br />
mehr als 100 Beschäftigten trifft dies auf 99 Prozent<br />
zu. 6 Umgelegt auf Beschäftigte bedeutet dies, dass im<br />
Jahr 2000 in Deutschland nur 18 Prozent der Beschäftigten<br />
in Betrieben tätig waren, in denen niemand<br />
älter als 50 war. 7<br />
Der Anteil der älteren Personen in der Belegschaft hat<br />
einen überraschend geringen Einfluss auf die Einschätzungen<br />
der Unternehmen, sodass man annehmen<br />
kann, dass der „Jugendzentrismus“ durch andere Faktoren<br />
(z.B. Branchenanforderungen) bedingt ist. Als<br />
grundsätzliche betriebliche Ansätze zur Nutzung des<br />
Leistungspotenzials der älteren Mitarbeiter werden Inklusion<br />
in Qualifizierungsmaßnahmen, altersgemischte<br />
Teams und altersgerechter Einsatz von über 80 bis 90<br />
Prozent der Betriebe gesehen. Bei unter 20 Prozent<br />
der antwortenden Betriebe kann „Jugendzentrismus“<br />
als (implizierter) Leitwert in ihrer Personalentwicklung<br />
vermutet werden.<br />
Ein Blick auf altersspezifische Erwerbsquoten zeigt,<br />
dass wir in der Realisierung verlängerter Erwerbsbeteiligung<br />
am Anfang eines langen gesellschaftlichen<br />
Lernprozesses stehen. 2002 waren in Österreich –<br />
laut Mikrozensus – von den 60- bis 64-Jährigen nur<br />
noch 13 Prozent in der Erwerbsbevölkerung. Bei den<br />
55- bis 59-Jährigen waren insgesamt 50 Prozent der<br />
Wohnbevölkerung im Erwerbsleben. Der Konnex zur<br />
formalen Bildung (und indirekt zu Berufen) ist empirisch<br />
evident. 8<br />
Die <strong>Weiterbildungsbeteiligung</strong> ab dem mittleren <strong>Lebensalter</strong><br />
als ein Faktor von Erhaltung und Aufbau arbeitsmarktfähiger<br />
Qualifikation bedarf insbesondere der<br />
Schaffung von Problembewusstsein über die Notwendigkeit<br />
kontinuierlicher Weiterbildung und rechtzeitiger<br />
Umschulung. Umdenken und Umlernen erfordern eine<br />
breite Unterstützung durch entsprechende Meinungsbildung.<br />
Es wäre ein folgenschwerer Irrtum, auf Weiterbildung<br />
zu verzichten, da kein beruflicher Aufstieg mehr<br />
intendiert wird. Der rasche Wandel von Inhalten, Techniken,<br />
Arbeitsprozessen und Strukturen der Berufswelt<br />
aufgrund technologisch-organisatorischer Innovationen<br />
erfordert kontinuierliches Mit- und Weiterlernen.<br />
Sowohl Erwerbspersonen als auch Unternehmen brauchen<br />
öffentliche Unterstützung in der Realisierung des<br />
langfristigen Ziels einer Erhöhung der jährlichen Weiterbildungsquote<br />
der Erwerbsbevölkerung in Richtung<br />
40 Prozent. Aufgrund des hohen KMU-Anteils der Beschäftigung<br />
9 (häufig mit geringen Freistellungsspielräumen<br />
aufgrund von Fachkräftemangel und ohne<br />
quantitativ relevante interne Arbeitsmärkte) ist überbetriebliches<br />
regionales Bildungsmanagement mit adäquater<br />
Mittelausstattung als Unterstützung der KMUs<br />
wichtig. Personaldienstleister alleine können diese<br />
überbetrieblichen Qualifizierungsprobleme nicht bewältigen.<br />
Auch eine Ausweitung der bereits z.B. in Oberösterreich<br />
mit Erfolg praktizierten Bildungsscheckmodelle<br />
(bislang zumeist parzielle Kostenrückerstattungsmodelle)<br />
als Anreiz zu individueller Bildungsbeteiligung<br />
ist aussichtsreich für die Mobilisierung motivationaler<br />
und finanzieller Ressourcen.<br />
6 Werner Hübner / Jürgen Wahse: Ältere Arbeitnehmer – ein<br />
personalpolitisches Problem? In: Ernst Kistler / Hans Gerhard<br />
Mendius (Hrsg.): Demographischer Strukturbruch und Arbeitsmarktentwicklung<br />
– Probleme, Fragen, erste Antworten –<br />
SAMF-Jahrestagung, Stuttgart, 2002, S. 77ff.<br />
7 Weitere 24 Prozent entfielen auf Betriebe mit bis unter 15<br />
Prozent älteren Kollegen, 51 Prozent auf Betriebe mit 15 bis<br />
25 Prozent älteren Mitarbeitern, weitere 21 Prozent auf Betriebe<br />
mit 25 bis 40 Prozent und weitere 6 Prozent auf Betriebe<br />
mit 40 und mehr Prozentanteil an Älteren in der Belegschaft.<br />
Hübner / Wahse, a.a.O., S. 79.<br />
8 Statistik Austria: Mikrozensus Jahresergebnisse 2002, Wien<br />
2004, S. 82.<br />
9 Laut Arbeitsstättenzählung von 2001 in Österreich waren 68<br />
Prozent der Beschäftigten in Betrieben unter 100 Mitarbeitern<br />
tätig.<br />
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