Galerien der Stadt Esslingen am Neckar Villa Merkel ... - Sonnendeck
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Ohne Titel (Segelschiff mit blauem Angler), 1933, Öl auf Leinwand, © VG Bild-Kunst, Bonn<br />
KUNST MIT ECKEN UND KANTEN<br />
Die Lyonel-Feininger-Galerie Quedlinburg zu Gast<br />
im Spendhaus Reutlingen<br />
14 – LANDGANG<br />
Lyonel Feininger:<br />
„Ein Sinnbild höherer<br />
Wirklichkeit“<br />
Die Lyonel-Feininger-<br />
Galerie Quedlinburg<br />
zu Gast im Spendhaus<br />
Städtisches Kunstmuseum<br />
Spendhaus Reutlingen<br />
noch bis 15. April 2012<br />
Zur Ausstellung ist<br />
ein Katalog erschienen.<br />
www.reutlingen.de/<br />
kunstmuseum<br />
„Alles was ist, alles was nicht ist, alles<br />
was wird, alles was werden muß, alles<br />
was werden soll, alles was werden<br />
kann und alles was nicht werden kann<br />
[...] ist das All.“ Es sind Überlegungen<br />
kosmischen Ausmaßes, mit denen<br />
Hermann Klumpp (1902 – 1987)<br />
seine Abhandlung über Abstraktion in<br />
<strong>der</strong> Malerei (1932) beginnt. Sie unterstreichen<br />
den universellen Anspruch<br />
einer neuen Bildsprache, die für die<br />
meisten von Klumpps Zeitgenossen<br />
nicht mehr war als ein unverständliches<br />
St<strong>am</strong>meln. Dasselbe gilt für<br />
den Holzschnitt, den Klumpp seinen<br />
Lesern auf <strong>der</strong> gegenüberliegenden<br />
Buchseite präsentiert. Lyonel Feininger<br />
(1871 – 1956) schuf ihn 1920. In<br />
stark abstrahierten Formen zeigt das<br />
Gelmeroda betitelte Blatt eine jener<br />
Dorfkirchen, die den deutsch-<strong>am</strong>erikanischen<br />
Künstler bei seinen Streifzügen<br />
durch die Weimarer Umgebung<br />
so nachhaltig beeindruckten.<br />
Klumpp hatte Feininger<br />
während seines Studiums<br />
<strong>am</strong> Dessauer Bauhaus<br />
kennen gelernt.<br />
Beide verband eine<br />
innige Freundschaft,<br />
die den Nationalsozialismus<br />
überdauerte.<br />
Als Feininger 1937<br />
emigrierte, vertraute er<br />
einen Großteil seiner<br />
Werke Klumpp an,<br />
<strong>der</strong> sie in seiner Heimatstadt<br />
Quedlinburg<br />
verwahrte. Viele <strong>der</strong> so<br />
geretteten Arbeiten –<br />
insbeson<strong>der</strong>e diejenigen<br />
auf Papier – gingen nach<br />
dem Krieg in Klumpps<br />
dauerhaften Besitz über.<br />
Doch erst 1986 gelang<br />
es ihm, in Quedlinburg<br />
ein Museum zum<br />
Andenken an seinen<br />
väterlichen Freund zu<br />
gründen, den die Kunstpolitik<br />
<strong>der</strong> DDR als<br />
„dekadent“ einstufte.<br />
Anlässlich des 25.<br />
Todestags von Hermann<br />
Klumpp zeigt das<br />
Kunstmuseum Reutlingen in Kooperation<br />
mit <strong>der</strong> Lyonel-Feininger-<br />
Galerie Quedlinburg einen Querschnitt<br />
durch das Œuvre Feiningers,<br />
darunter Radierungen, Aquarelle<br />
und Fotografien. Der Schwerpunkt<br />
liegt aber auf den Holzschnitten,<br />
die mehrheitlich zwischen 1918 und<br />
1920 entstanden. Björn Egging, <strong>der</strong><br />
die Ausstellung konzipierte, deutet<br />
Feiningers intensive Beschäftigung<br />
mit dem Holzschnitt als einen<br />
„form analytischen Klärungsprozess“.<br />
Demnach suchte Feininger<br />
um 1918 nach einem Weg, die Kunst<br />
von ihrer abbildenden Funktion zu<br />
befreien, ohne dabei den Gegenstand<br />
aufzugeben. Der Hochdruck<br />
bot sich hierfür an, erfor<strong>der</strong>n seine<br />
begrenzten Möglichkeiten doch<br />
eine formale Reduktion, das heißt<br />
abstrahierendes Gestalten. D<strong>am</strong>it<br />
nimmt <strong>der</strong> Holzschnitt eine Schlüsselstellung<br />
in Feiningers Schaffen<br />
ein, <strong>der</strong> man im Spendhaus auf drei<br />
Ebenen nachspüren kann.<br />
Im Erdgeschoss erinnern Titelseiten<br />
<strong>der</strong> Lustigen Blätter und an<strong>der</strong>er<br />
satirischer Zeitschriften aus <strong>der</strong><br />
Jahrhun<strong>der</strong>twende an Feiningers<br />
erfolgreiche Laufbahn als Karikaturist<br />
und Comic-Zeichner. Dass er<br />
seinen Humor keineswegs verlor, als<br />
er sich 1907 ganz <strong>der</strong> freien Kunst<br />
zuwandte, veranschaulicht <strong>der</strong> Holzschnitt<br />
Männer, Häuser, Laterne und<br />
Schiebkarren (1918), dessen Entwurf<br />
aus Kin<strong>der</strong>hand st<strong>am</strong>men könnte.<br />
Ein grotesk-linkisches Element<br />
prägt auch solche Arbeiten, in denen<br />
Feininger weniger offensichtlich an<br />
seine beruflichen Anfänge anknüpft.<br />
Dies gilt etwa für die Staffagefiguren<br />
in seinen Küstenbil<strong>der</strong>n, <strong>der</strong>en<br />
Gestalt sich manchmal kaum von<br />
dem Masten eines Segelschiffes<br />
unterscheiden lässt.<br />
Zwei weitere Stockwerke sind den<br />
beiden Motivbereichen gewidmet, die<br />
Feininger in immer neuen Varianten<br />
bearbeitete: die Architektur und das<br />
Meer. Zur ersten Gruppe gehört die<br />
Straße in Paris (1918), ein fulminantes<br />
Gelmeroda, 1920, Holzschnitt, © VG Bild-Kunst, Bonn<br />
Analogue<br />
Delay<br />
Axel Heil<br />
10. M . A . rz<br />
bis 6. MAi 2012<br />
st . A . DtiscHe GAlerie<br />
reutlinGen<br />
Dienstag-S<strong>am</strong>stag 11-17 Uhr<br />
Donnerstag 11-19 Uhr<br />
Sonntag/Feiertag 11-18 Uhr<br />
Städtische Galerie<br />
Eberhardstraße 14 | 72764 Reutlingen<br />
Tel. 07121 303-2322 | Fax 07121 303-2706<br />
kunstmuseum@reutlingen.de<br />
www.reutlingen.de/kunstmuseum<br />
POOL – 15