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3 04.07 editorial INHALT gespräch 4, 5 und 6 «Nein zu Scheinlösungen – Nein zur 5. IV-Revision Die 5. IV-Revision ist ungerecht, weil die IV auf dem Buckel der Behinderten sparen soll. zukunft 8 und 9 Gerechte Chancen für alle Kinder Modell für Betreuungsgutschriften am SP-Zukunftsgipfel lanciert basis 10 Zum 50. Todestag von Ernst Nobs nachruf 15 Grundehrlich, bescheiden und humorvoll Im Gedenken an Josy Gyr-Steiner Frauenbilder: Die SP-Nationalrätinnen Chantal Galladé (ZH), Pascale Bruderer (AG), Géraldine Savary (VD), Jacqueline Fehr (ZH) und Fraktionspräsidentin Ursula Wyss (BE) überreichen SVP-Präsident Ueli Maurer am Rande der Frühjahrssession eine Illustration seines Frauenbildes … BILD: PETER GERBER Tag der Arbeit – Sammeltag Wie man faire Steuerpolitik machen müsste, steht in der Bundesverfassung: Wer viel verdient und viel besitzt, zahlt höhere Steuern als die anderen, die wenig verdienen und wenig besitzen. Wie man es real macht, steht in den von bürgerlichen Mehrheiten beschlossenen Steuergesetzen des Bundes und der Kantone: Gewisse Einkommen werden überhaupt nicht besteuert (Erbschaften, Kapitalgewinne), andere nur zur Hälfte (Dividenden). Einzelne Kantone haben die Steuerprogression in Steuerdegression umgewandelt. All das ist zum Vorteil einer kleinen Schicht von Topverdienenden und Superreichen. Die Lasten, die ihnen abgenommen werden, haben die anderen zu tragen – der Mittelstand und die Unterschichten. Mit voller Steuerpflicht und immer höheren Gebühren. Die Steuerungerechtigkeit hat in der Schweiz extreme Formen angenommen und wird immer grösser. Das jüngste Beispiel ist die so genannte Unternehmenssteuerreform II des Bundes. Sie befreit Grossaktionäre fast zur Hälfte von der Steuerpflicht auf ihrem Dividendeneinkommen. Die Minderheit, die davon profitiert, ist extrem klein – ein Prozent der Steuerpflichtigen. Das Steuergeschenk, das ihnen gemacht wird, ist extrem gross – eine Milliarde Franken pro Jahr. Und so nebenbei wird auch noch die AHV um jährlich 150 Millionen Franken geprellt, weil auf Dividenden keine Beiträge erhoben werden. Die SP Schweiz schaut diesem verfassungswidrigen Treiben des Bundes und der Kantone nicht einfach zu. Sie bekämpft das Steuergeschenk an die Grossaktionäre mit dem Referendum, und sie bekämpft die um sich greifende Privilegierung der Superreichen durch die Kantone mit der Steuergerechtigkeits- Initiative. Referendum und Initiative kommen bei der Bevölkerung ausgesprochen gut an, wie alle bezeugen können, die dafür schon Unterschriften gesammelt haben. Für die SP und ihre Kandidierenden sind das ideale Gelegenheiten, sich als Partei der sozialen Gerechtigkeit zu profilieren. Zum Beispiel am 1. Mai. frauen 16 und 17 Tag der Arbeit, Tag der Männer? Die paritätische Vertretung der Frauen in der Politik! Vom Internationalen Frauentag über den Tag der Arbeit bis zum Frauenstreiktag Porträt Laurence Fehlmann Rielle werkstatt 18 und 19 Gaskraftwerke auf der grünen Wiese vom Tisch FDP-Noser muss gegen SP-Erfolge in die Lügenkiste greifen Eine nicht alltägliche Reise Eine Etappe der SGI-Unterschrift auf dem Marsch zur Bundeskanzlei campa 07 20 campa 21 intern • agenda 22 impressum 22 bildung 23 Hans-Jürg Fehr, Präsident SP Schweiz
gespräch 04.07 4 «Nein zu Scheinlösungen – Nein Die 5. IV-Revision ist ungerecht, weil die IV auf dem Buckel der Behinderten sparen soll. «Es ist wichtig, dass wir Behinderten uns wehren», sagt die Sozialarbeiterin Hanne Müller, Mitgründerin und Co-Leiterin des Selbsthilfeprojektes avanti donne für behinderte Frauen und Mädchen. Ihre eigene Lebenserfahrung im Berufsleben und die Beratungen haben ihre Überzeugung gestärkt: Die 5. IV-Revision ist überstürzt, unausgewogen und nimmt die Falschen in die Pflicht. «Eine Schein lösung gegen die Schulden der IV», wie sie im Gespräch mit links.ch ausführt. Interview: Katrin Küchler Hanne, du bist Mitglied der SP Kriens und seit Jahren gesamtschweizerisch in der Behindertenpolitik engagiert, was hat dich zu deinem Engagement motiviert? Hanne Müller: Ich war immer schon neben der Arbeit ehrenamtlich tätig. Mir wurde durch mein eigenes Leben und die Arbeit in vielen Gremien immer stärker klar, dass Politik wirklich wichtig ist: Gute Sozialarbeit darf sich nicht nur auf die Symptombekämpfung beschränken, sie muss mithelfen, die Ursachen von gesellschaftlichen Problemen zu beheben. Diese Einsicht war für mich schliesslich die wichtigste Motivation für mein sozialpolitisches Engagement. Engagiert in der Behindertenpolitik und im Abstimmungskampf gegen die 5. Revision der IV: die Sozialarbeiterin Hanne Müller. Hanne Müller hat sich berufsbegleitend zur Sozialarbeiterin weitergebildet und musste nach fast 30 Jahren Erwerbstätigkeit im Gesundheitswesen und in kirchlichen Organisationen wegen ihrer Krankheit den Beruf aufgeben und bezieht jetzt eine IV-Rente. Sie lässt sich aber von der Glasknochenkrankeit nicht behindern und engagiert sich als Mitglied der SP Kriens und im Behindertenforum Zentralschweiz weiterhin für die Anliegen von Behinderten und speziell für behinderte Frauen. Sie war bei der Gründung und am Aufbau der Kontaktstelle avanti donne als Co-Leiterin aktiv beteiligt und engagiert sich jetzt im Abstimmungskampf gegen die 5. IV-Revision. Wie bist du beim Projekt «avanti donne» eingestiegen? 2001 kam die Anfrage, ob ich mithelfen möchte in einem Selbsthilfeprojekt von behinderten Frauen für behinderte Frauen und Mädchen. Schon im Frühjahr 2002 konnten wir dann die Kontaktstelle «avanti donne» eröffnen. Ich konnte mich von hier aus – aus meiner neuen, für meine Bedürfnisse eingerichteten Wohnung, dafür einsetzen und war dann bis Ende 2004 mit Rita Vökt-Iseli Co- Leiterin der Kontaktstelle mit einem 20-Prozent-Pensum. Danach war ich noch weitere zwei Jahre für den Finanzsektor zuständig und als Koordinatorin der Sozialpolitischen Kommission von avanti donne tätig. Weshalb ein Projekt speziell für behinderte Frauen? Wir sind beim Projekt davon ausgegangen, dass behinderte Frauen unter einer doppelten Diskriminierung leiden. Zum einen als Frau – Stichwort Lohngleichheit – und als Behinderte. Dazu gibt es auch eine Studie der zwei Juristinnen Katharina Baumann und Margareta Lauterburg, die 2001unter dem Titel «Knappes Geld ungleich verteilt: Gleichstellungsdefizite in der Invalidenversicherung» vom Eidgenössischen Büro für Gleichstellung von Frau und Mann herausgegeben wurde. Die Studie zeigt, dass die IV bei der Eingliederung von Frauen ins Erwerbsleben andere Massstäbe gesetzt hatte als bei behinderten Männern. Behinderte Frauen sind doppelt diskriminiert. Welche anderen Massstäbe? Die IV wurde Anfang der 1960er-Jahre gegründet und das damalige Rollenverständnis, dass Frauen ins Haus gehören und Männer die Ernährer sind, hatte eine grosse Wirkung bei der Ausgestaltung der Versicherung. Und so wurden – möglicherweise so- gar unbewusst – bei Umschulungen, in der Berufsberatung, bei der Ausbildung Männer mehr gefördert als Frauen. Wie hat sich das konkret ausgewirkt? In der damaligen gesellschaftlichen Wirklichkeit waren behinderte Frauen – besonders Geburtsbehinderte wie ich – noch viel seltener verheiratet als heute. Bei der Gründung der IV hätte man eigentlich erst recht sagen müssen: Behinderte Frauen brauchen eine gute Ausbildung für qualifizierte Arbeit, weil die meisten von ihnen alleine durchs Leben kommen müssen. Aber in der Gesetzgebung zur IV hat das damals überhaupt keinen Niederschlag gefunden und junge Frauen wurden bis Mitte der 1970er-Jahre schlechter ausgebildet. Hat die Gleichstellung von Frauen und Behinderten da keine Verbesserung gebracht?
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