Immer auf die kleinen? - SP Schweiz
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links<br />
REVISION PARTEIPROGRAMM<br />
Das Interesse an der Programmdebatte übertrifft<br />
alle Erwartungen: Rund 1000 Anträge sind im<br />
Zentralsekretariat eingegangen.<br />
Seite 18<br />
© Pigr<br />
Mitgliederzeitung der <strong>SP</strong> <strong>Schweiz</strong><br />
111 • CH August 2010 AZB 3001 Bern<br />
au +++ 26. September: NEIN zum AVIG-Abbau +++ 26. September:<br />
<strong>Immer</strong> <strong>auf</strong> <strong>die</strong> Kleinen?<br />
Nach dem vereitelten Rentenklau nehmen <strong>die</strong> Bürgerlichen <strong>die</strong> Arbeitslosenversicherung ins Visier.<br />
Sozialabbau <strong>auf</strong> dem Buckel der Schwächsten, in wirtschaftlich schwierigen Zeiten – das schreit<br />
nach einem wuchtigen «Nein»!<br />
Seiten 2 bis 5<br />
<strong>SP</strong>-Schwerpunkt<br />
Erneuerbare als<br />
Job-Motor statt<br />
Atomenergie –<br />
<strong>die</strong> europäische<br />
Sozialdemokratie<br />
setzt wie <strong>die</strong> <strong>SP</strong> <strong>auf</strong><br />
Cleantech.<br />
personen<br />
Bundesrat Moritz<br />
Leuenberger tritt<br />
per Ende Oktober<br />
zurück. Andrea<br />
Hämmerle würdigt<br />
einen Ungewöhnlichen.<br />
carte blanche<br />
Oswald Sigg<br />
über strategische<br />
Erkenntnisse,<br />
Albträume und<br />
Schein genossen.<br />
Seiten 14 und 15<br />
Seite 17<br />
Seite 19
2<br />
abstimmung<br />
nein zum avig-abbau<br />
links 111/August 2010<br />
Offenbar nichts gelernt<br />
Am 7. März hat das Volk den gierigen<br />
Rentenklauern kräftig <strong>auf</strong> <strong>die</strong> Finger<br />
gehauen – Hände weg von unseren<br />
Sozialwerken! Daraus gelernt haben <strong>die</strong><br />
bürgerlichen Abbauer offenbar nichts,<br />
der nächste Angriff <strong>auf</strong> unseren Sozialstaat<br />
rollt bereits wieder. Dieses Mal<br />
im Visier: Unsere Arbeitslosenversicherung.<br />
Christian Levrat<br />
In der Krise ist <strong>die</strong>se Sparübung nicht nur unsinnig,<br />
sondern sogar gefährlich: Sie dünnt das<br />
soziale Netz aus – ausgerechnet in einer Zeit,<br />
in der <strong>die</strong> Menschen besonders stark dar<strong>auf</strong><br />
vertrauen, dass <strong>die</strong>ses tragfähig ist. Junge und<br />
ältere Personen trifft es besonders hart. Ausgerechnet<br />
<strong>die</strong> Personen also, <strong>die</strong> es <strong>auf</strong> dem<br />
Arbeitsmarkt eh schon schwer haben. Aber<br />
auch Regionen mit viel Industrie kommen unter<br />
<strong>die</strong> Räder: Bisher konnten dort bei hoher<br />
Arbeitslosigkeit <strong>die</strong> Taggelder von 400 <strong>auf</strong> 520<br />
Tage verlängert werden. Auch <strong>die</strong>ser sinnvolle<br />
und berechtigte Schutz soll jetzt ersatzlos gestrichen<br />
werden. In der Folge kann <strong>die</strong> Arbeitslosenversicherung<br />
ihre antizyklische Funktion<br />
nicht mehr erfüllen.<br />
Kurz: Die AVIG-Revision entzieht der Arbeitslosenversicherung<br />
<strong>die</strong> Mittel, <strong>die</strong> <strong>die</strong>se<br />
braucht, um ihre Aufgabe zu erfüllen. Eine<br />
zusammengestutzte Arbeitslosenversicherung<br />
bietet keinen ausreichenden Schutz für<br />
<strong>die</strong> Bevölkerung mehr. Zudem ist <strong>die</strong> ALV mit<br />
dem heutigen Gesetz – also ohne Revision –<br />
rascher schuldenfrei. Die Entschuldung <strong>auf</strong><br />
dem Buckel der Jungen und der älteren Arbeitnehmenden<br />
wollen und können wir nicht akzeptieren.<br />
Deshalb hat <strong>die</strong> <strong>SP</strong> zusammen mit<br />
den Gewerkschaften das Referendum ergriffen<br />
darum geht es am 26. September<br />
Mit der 4. AVIG-Revision hat das Parlament<br />
<strong>die</strong> Arbeitslosenversicherung verschlechtert.<br />
Wer arbeitslos wird, erhält weniger lange Arbeitslosengeld<br />
(noch während einem statt<br />
während eineinhalb Jahren; ältere Personen<br />
nur noch während eineinhalb statt wie bisher<br />
während zwei Jahren). Das trifft insbesondere<br />
Arbeitslose hart, <strong>die</strong> vorher in schlecht bezahlten<br />
Jobs gearbeitet haben. AusbildungsabgängerInnen,<br />
frisch geschiedene oder verwitwete<br />
und allein über 30 000 der nötigen 50 000 Unterschriften<br />
gesammelt. Jetzt folgt der Abstimmungskampf<br />
– und den werden wir gewinnen,<br />
wir werden <strong>die</strong> Allianz von Geld und Arroganz<br />
besiegen! Genau wie wir es am 7. März getan<br />
haben.<br />
christian.levrat@parl.ch<br />
Nationalrat aus dem Kanton Freiburg und<br />
Präsident der <strong>SP</strong> <strong>Schweiz</strong><br />
Wiedereinsteigerinnen sowie Personen, <strong>die</strong><br />
nach einer längeren Krankheit wieder arbeiten<br />
können, erhalten nur noch während vier<br />
Monaten statt während einem Jahr Arbeitslosengeld.<br />
Der Zwang, jede Arbeit anzunehmen<br />
– auch miserabel bezahlte – wird verstärkt.<br />
Ausserdem dürfen Kantone mit hoher Arbeitslosigkeit<br />
<strong>die</strong> Bezugsdauer für Taggelder nicht<br />
mehr erhöhen. Der Gipfel: Trotz Leistungsabbau<br />
werden <strong>die</strong> Lohnabzüge erhöht.
links 111/August 2010<br />
abstimmung<br />
3<br />
Eine irrwitzige Logik<br />
Wir sind bisher einigermassen unbeschadet durch <strong>die</strong> Krise gekommen. Einer<br />
der Gründe dafür: Unsere Arbeitslosenversicherung. Sie hat dafür gesorgt, dass<br />
dank Kurzarbeits- und Arbeitslosenentschädigung der Konsum nicht stärker<br />
eingebrochen ist. Anita Fetz<br />
Die Arbeitslosenversicherung ist mehr als<br />
«nur» ein Konjunkturpuffer: Sie ist das Gegenstück<br />
zu unserem schwachen Kündigungsschutz.<br />
Auch ihr haben wir einen Teil unseres<br />
Arbeitsfriedens zu verdanken. Diese Versicherung<br />
ist wertvoll. Entsprechend sorgsam sollten<br />
wir mit ihr umgehen.<br />
In den vergangenen Jahren hat sie Defizite<br />
eingefahren. Weil der Bundesrat bei der letzten<br />
Revision – unter tosendem bürgerlichem<br />
Applaus – <strong>die</strong> Beiträge unverantwortlich stark<br />
gesenkt hat. Weil <strong>die</strong> bürgerlichen Ratsmehrheiten<br />
von einem Sicherheitspolster nichts<br />
wissen wollten. Und weil <strong>die</strong> Wirtschaftskrise<br />
rasch grosse Löcher in <strong>die</strong> Kasse gefressen hat.<br />
Die Folge: Ausgerechnet in einer volkswirtschaftlichen<br />
Schlechtwetterlage muss <strong>die</strong> Versicherung<br />
saniert werden.<br />
Unseriöse Sanierung<br />
Was nun aber <strong>auf</strong> dem Tisch liegt, ist keine<br />
Sanierung: Es soll geschlagene 17 Jahre dauern,<br />
bis das Defizit weg ist. Das ist etwa <strong>die</strong><br />
Bauzeit des neuen Gotthardtunnels!<br />
Seriös ist das nicht.<br />
Und nachhaltig schon gar<br />
nicht: Denn wenn <strong>die</strong> Wirtschaft<br />
auch nur in einem<br />
<strong>die</strong>ser vielen Jahre nicht floriert,<br />
bekommt <strong>die</strong> Versicherung<br />
wegen nach wie vor zu<br />
tiefer Beiträge wieder Schlagseite – und muss<br />
während der «Sanierung» schon wieder saniert<br />
werden. Mit weiterem Leistungsabbau, der erneut<br />
vor allem Junge und Alte treffen wird, und<br />
weiteren Erhöhungen der Beitragssätze. Wieder<br />
in einer schlechten Konjunkturlage. Genau<br />
<strong>die</strong>ser irrwitzigen Logik haben wir schon <strong>die</strong><br />
jetzige Situation zu verdanken.<br />
Kantone und Gemeinden bezahlen<br />
Besonders schlimm: Gespart wird mit <strong>die</strong>ser<br />
Sanierung unter dem Strich nicht. Die Kosten<br />
werden einfach abgewälzt. Und zwar <strong>auf</strong><br />
<strong>die</strong> Kantone und Gemeinden, <strong>die</strong> dann mit<br />
Steuergeldern einspringen müssen. Davor hat<br />
bereits <strong>die</strong> bundesrätliche Expertenkommission<br />
gewarnt: Vor den «Mehrbelastungen der<br />
Gemeinden und Kantone» und davor, dass <strong>die</strong><br />
Kürzung der Beitragszeit «vor allem Jugendliche»<br />
treffe, <strong>die</strong> dann «schneller fürsorgeabhängig»<br />
würden.<br />
Keine Versicherung ist gratis. Auch <strong>die</strong> Arbeitslosenversicherung<br />
nicht. Der Lohn bis zu<br />
Ständerätin Anita Fetz<br />
128 000 Franken ist versichert und beitragspflichtig.<br />
Dort endet <strong>die</strong> Beitragspflicht (Ausnahme:<br />
das befristete «Solidaritätsprozent»,<br />
bei dem <strong>die</strong> Obergrenze bei 315 000 Franken<br />
liegt). Wenn <strong>die</strong> AHV nach <strong>die</strong>sem Prinzip<br />
Die <strong>Schweiz</strong> spart unter dem Strich<br />
keinen Rappen. Die Kosten werden<br />
ganz einfach abgewälzt.<br />
arbeiten würde, wäre sie längst bankrott. Das<br />
weiss natürlich auch der Bundesrat, dem <strong>die</strong><br />
Sanierung bisher nicht langsam genug gehen<br />
konnte. Nun droht er mit der Turbo-Erhöhung<br />
des Beitragssatzes: Falls <strong>die</strong> Revision abgelehnt<br />
werde, solle <strong>die</strong>ser subito um 0,5 Prozentpunkte<br />
steigen. Das wären bei den Besserver<strong>die</strong>nenden<br />
etwa zwei Tassen Kaffee im Monat.<br />
Bessere Sanierungsstrategie<br />
Dabei gäbe es Möglichkeiten, <strong>die</strong> Versicherung<br />
rasch und nachhaltig ins Lot zu bringen. Denkbar<br />
sind neben einigen sinnvollen Leistungsanpassungen<br />
<strong>die</strong> Erhöhung des beitragspflichtigen<br />
Lohns und <strong>die</strong> Erhöhung des Beitragssatzes.<br />
Warum sollen <strong>auf</strong> Lohnanteile, <strong>die</strong> höher<br />
sind als 300 000 Franken keine ALV- Abgaben<br />
erhoben werden? Das wäre in vernünf tigem<br />
Umfang machbar. So dass <strong>die</strong> Konjunktur, <strong>die</strong><br />
Arbeitnehmenden, <strong>die</strong> Arbeitgebenden, <strong>die</strong><br />
Arbeitslosen, <strong>die</strong> Kantone oder <strong>die</strong> Gemeinden<br />
nicht einseitig belastet werden, wie das <strong>die</strong> jetzige<br />
Vorlage tun würde.<br />
Kandidatinnenkarussel<br />
BERN Bis jetzt sind <strong>die</strong> Berner Ständerätin<br />
Simonetta Sommaruga, <strong>die</strong> Basler Regierungsrätin<br />
Eva Herzog und <strong>die</strong> Sankt Galler<br />
Natio nalrätin Hildegard Fässler offiziell im<br />
Rennen um <strong>die</strong> Nachfolge von Moritz Leuenberger.<br />
Bei Redaktionsschluss war noch nicht<br />
bekannt, ob sich auch <strong>die</strong> Winterthurer Nationalrätin<br />
Jacqueline Fehr als Kandidatin zur<br />
Verfügung stellt – der Entscheid fällt am<br />
26. August. Die <strong>SP</strong>-Kantonalparteien haben<br />
noch bis zum 30. August Zeit, weitere Kandidatinnen<br />
und Kandidaten vorzuschlagen. Die<br />
<strong>SP</strong>-Fraktion wird sich in der ersten September-Hälfte<br />
mit der Bundesratswahl befassen<br />
und das <strong>SP</strong>-Ticket beschliessen.<br />
<strong>SP</strong>-Initiative im November<br />
BERN Am 28. November wird über <strong>die</strong><br />
Steuer gerechtigkeits-Initiative der <strong>SP</strong> abgestimmt.<br />
Gleichentags wird das Stimmvolk<br />
auch über <strong>die</strong> Ausschaffungsinitiative der SVP<br />
und den direkten Gegenvorschlag zu befinden<br />
haben. Die Initiative verletzt elementare<br />
Grundrechte sowie das Völkerrecht, weshalb<br />
<strong>die</strong> <strong>SP</strong>-Geschäftsleitung ganz klar ein Nein<br />
empfiehlt. Ebenfalls Nein sagt sie zum unnötigen<br />
Gegenvorschlag – dessen Hauptanliegen<br />
sind nämlich mit dem geltenden<br />
Recht bereits erfüllt. Der Parteitag Ende<br />
Oktober wird abschliessend über <strong>die</strong> Parolen<br />
entscheiden.<br />
SAH hilft in Pakistan<br />
ZÜRICH Die Folgen der Überschwemmungen<br />
in Pakistan sind dramatisch. Rund 20 Millionen<br />
Menschen sind betroffen. Das <strong>Schweiz</strong>erische<br />
Arbeiterhilfswerk ruft deshalb zu Spenden <strong>auf</strong>:<br />
In einem ersten Schritt verteilt das SAH dringend<br />
benötigte Hilfsgüter und Zeltplanen zum<br />
Schutz gegen den Regen an 40 000 Betroffene.<br />
Sobald es <strong>die</strong> Situation erlaubt, wird das<br />
SAH stabilere Notunterkünfte bauen. SAH-<br />
Mitarbeiterin Debora Neumann koordiniert <strong>die</strong><br />
Hilfe des <strong>SP</strong>-Hilfswerks vor Ort. Dank ihrer<br />
langjährigen Erfahrung in Pakistan und ihrer<br />
guten Netzwerke kommt <strong>die</strong> Hilfe des SAH<br />
rasch und effizient den Betroffenen zugute.<br />
Spenden: www.sah.ch/spenden oder Postkonto<br />
80-188-1.<br />
<strong>SP</strong> gegen Wehrpflicht<br />
BERN Die <strong>SP</strong> unterstützt <strong>die</strong> lancierte Volksinitiative<br />
zur Aufhebung der Wehrpflicht. Die<br />
Basis dazu legte <strong>die</strong> Delegiertenversammlung<br />
im Mai mit der Resolution «Ja zur Aufhebung<br />
der Wehrpflicht». Neben dem grotesken personellen<br />
Überbestand sprechen auch wirtschaftliche<br />
Gründe für eine Aufhebung. Die<br />
allgemeine Wehrpflicht ist volkswirtschaftlich<br />
zu teuer und wirkt <strong>auf</strong> dem Arbeitsmarkt diskriminierend:<br />
Die Wirtschaft sieht eine militärische<br />
Karriere mehr als Kostenfaktor denn als<br />
Gewinn.
4 links 111/August 2010<br />
Wer arbeiten will, nimmt vorübergehend auch<br />
eine solche Stelle an.<br />
Das ist grober Unsinn. Die Bürgerlichen schaden<br />
dabei nämlich nicht nur den Arbeitslosen<br />
und den Arbeitnehmenden, sondern auch der<br />
Wirtschaft. Wer kurz nach Abschluss der Lehre<br />
ohne nennenswerte Berufserfahrung geabstimmung<br />
nein zum avig-abbau • gespräch<br />
«Eine Mogelpackung von A<br />
Der Angriff gegen <strong>die</strong> Arbeitslosenversicherung und unseren Sozialstaat rollt. <strong>SP</strong><br />
und Gewerkschaften müssen einmal mehr verteidigen. An vorderster Front dabei<br />
ist <strong>SP</strong>-Nationalrat und SGB-Präsident Paul Rechsteiner. Interview: Stefan Krattiger<br />
Warum ist ein Nein am 26. September wichtig<br />
und richtig?<br />
Die Revision führt dazu, <strong>die</strong> Sanierung der Arbeitslosenkasse<br />
<strong>auf</strong> <strong>die</strong> Schwächsten abzuwälzen.<br />
Insbesondere <strong>die</strong> Jüngsten und <strong>die</strong> Älteren<br />
kommen dabei unter <strong>die</strong> Räder. Wie wenn sie<br />
es <strong>auf</strong> dem Arbeitsmarkt nicht schon schwer<br />
genug hätten. Die Taggelder werden massiv<br />
gekürzt, es wird zusätzlicher Druck <strong>auf</strong> sie ausgeübt.<br />
So sollen junge Arbeitslose gezwungen<br />
werden, jeden noch so schlecht bezahlten Job<br />
anzunehmen.<br />
zwungen wird, mehrere Jahre in einem völlig<br />
fremden Fachbereich zu arbeiten, verliert sehr<br />
schnell das in der Lehre angeeignete Fachwissen.<br />
Das ist eine Verschwendung von viel Geld,<br />
das für <strong>die</strong> Ausbildung unserer Jungen <strong>auf</strong>gewendet<br />
wurde.<br />
Und <strong>die</strong> Älteren?<br />
Wer mit knapp 60 noch<br />
eine Stelle finden muss,<br />
hat es schon schwer<br />
genug. Wird jemand<br />
schwer krank oder hat einen Unfall, so hat er<br />
heute immerhin ein Jahr Zeit, um wieder eine<br />
Stelle zu finden. Neu wären es nur noch vier<br />
Monate. Danach ist <strong>die</strong> oder der Arbeitswillige<br />
ausgesteuert und <strong>auf</strong> Sozialhilfe angewiesen.<br />
Doch dafür ist <strong>die</strong> Sozialhilfe nicht da. Wer arbeiten<br />
will und arbeiten kann, aber keine Stelle<br />
findet, muss sich <strong>auf</strong> <strong>die</strong> Arbeitslosenversicherung<br />
verlassen können. Aber nicht «nur» <strong>die</strong><br />
Jungen und Alten, wir alle sind betroffen.<br />
Wer sind denn <strong>die</strong> «Arbeits losen»? Jede<br />
und jeder kann arbeitslos werden! Darum<br />
zahlen wir auch alle in <strong>die</strong> ALV ein.<br />
Inwiefern?<br />
Wer sind denn <strong>die</strong> «Arbeitslosen»? Jede und<br />
jeder kann arbeitslos werden! Plötzlich geht<br />
<strong>die</strong> Arbeitgeberin Konkurs. Oder man erkrankt<br />
schwer und erhält <strong>die</strong> Kündigung. Darum zahlen<br />
wir in <strong>die</strong> Arbeitslosenversicherung ein.<br />
Wenn wir unsere Stelle verlieren und eine Familie<br />
haben, erhalten wir 80 Prozent unseres<br />
vorherigen Lohnes und das ist auch gut so.<br />
Überhaupt: Die Revision ist von A bis Z eine<br />
Mogelpackung.<br />
Eine Mogelpackung?<br />
Menschen werden einfach rascher ausgesteuert<br />
und an <strong>die</strong> Sozialhilfe abgeschoben. Sprich:
links 111/August 2010 AbSTIMMunG<br />
5<br />
bis Z»<br />
Kosten werden <strong>auf</strong> Kantone und Gemeinden<br />
abgewälzt. Diese hätten mit jährlichen Mehrkosten<br />
von bis zu 300 Millionen zu kämpfen,<br />
was jeden Steuerzahlenden 100 Franken kostet.<br />
Die Ausgaben werden nicht kleiner, sondern<br />
lediglich «ausgelagert». Somit haben im<br />
Ergebnis alle nur Nachteile, also auch <strong>die</strong> Rentnerinnen<br />
und Rentner, <strong>die</strong> vermeintlich nicht<br />
betroffen sind.<br />
Ein «Ja» würde uns folglich alle treffen?<br />
Alle, ausser <strong>die</strong> Abzocker, <strong>die</strong> uns <strong>die</strong> Krise<br />
eingebrockt haben.<br />
Die Arbeitnehmenden<br />
trifft keine Schuld an<br />
der Krise. Verursacht<br />
haben sie vor allem <strong>die</strong><br />
Finanzjongleure in den<br />
Grossbanken. Diejenigen, <strong>die</strong> bereits wieder<br />
Millionenboni einstreichen. Die normalen Beschäftigten<br />
zahlen bereits für <strong>die</strong> Krise: Alle mit<br />
Steuergeldern und viele mit dem Verlust ihrer<br />
Arbeitsstelle. Und <strong>die</strong>sen Personen wollen nun<br />
Bund und Parlament auch noch versprochene<br />
Leistungen wegnehmen.<br />
Wie geht es denn dem Sozialwerk eigentlich<br />
finanziell?<br />
Die Arbeitslosenversicherung hat in den vergangenen<br />
Jahren Schulden gemacht, das<br />
stimmt – das ist aber normal und vernünftig.<br />
In schlechten Zeiten muss <strong>die</strong> ALV Schulden<br />
machen können, um ihren Auftrag zu erfüllen.<br />
Diese Schulden werden in besseren Zeiten jeweils<br />
abgetragen – wie das nach früheren Kri-<br />
sen auch immer der Fall war. Aber auch wenn<br />
man vom geplanten Leistungsabbau<br />
absieht, ist der Sanierungsplan<br />
der Bürgerlichen schlicht untauglich.<br />
Weshalb?<br />
Die Sanierung würde mit <strong>die</strong>ser untauglichen<br />
Revision viele Jahre dauern.<br />
Im Gegenzug für den massiven<br />
Leistungsabbau erhal ten wir also<br />
nicht einmal ein finanziell saniertes<br />
Sozialwerk, sondern lediglich eine<br />
RÜSTE DICH AuS!<br />
nADine<br />
MASShArDt<br />
Grossrätin BE<br />
Junge ArbeitnehmerInnen fördern<br />
Die Revision der ALV trifft <strong>die</strong> Jungen speziell<br />
hart. Der stärkste Leistungsabbau ist<br />
<strong>auf</strong> Kosten der Lehrabgängerinnen oder<br />
Berufseinsteiger mit wenig Erfahrung geplant.<br />
Damit wird der Nachwuchs doppelt<br />
bestraft, denn <strong>die</strong> Jungen gehören <strong>auf</strong> dem<br />
angespannten Arbeitsmarkt bereits zu den<br />
Verlie rerinnen und Verlierern. Eine Sanierung<br />
zu Lasten der Jugend ist eine Sanierung zu<br />
Lasten der Zukunft. Wir aber wollen das<br />
Gegenteil: Förderung der Jugendlichen, damit<br />
sie eine Perspektive haben.<br />
Willst du dich mit uns gegen den Sozialabbau<br />
stark machen? Für <strong>die</strong> wichtige Abstimmung<br />
vom 26. September stellt <strong>die</strong> <strong>SP</strong> diverses Kampagnenmaterial<br />
zur Verfügung: Das bewährte<br />
Argumentarium, <strong>die</strong> ReferentInnenliste sowie<br />
AnitA<br />
fetz<br />
Langzeitbaustelle – vermutlich mit weiterem<br />
Leistungsabbau.<br />
Müssten alle Abzocker voll einzahlen,<br />
hätten wir keine roten Zahlen mehr.<br />
Trotzdem, du hast es gesagt: Die Arbeitslosenkasse<br />
steht nicht gut da. Was ist zu tun?<br />
Das Gesetz sieht für solche Fälle eine Wiedereinführung<br />
des Solidaritätsprozentes für <strong>die</strong><br />
höchsten Einkommen sowie eine moderate<br />
Anpassung der Beiträge vor. Die Arbeitslosenversicherung<br />
ist zu wichtig, als dass wir sie<br />
den bürgerlichen Sozialabbauern überlassen<br />
könnten. Es braucht tragfähige und nachhaltige<br />
Lösungen zur Sanierung <strong>die</strong>ses wichtigen<br />
Sozialwerks: Mehr Solidarität. Beitragszahlende<br />
und Arbeitslose dürfen nicht gegeneinander<br />
ausgespielt werden.<br />
Das würde reichen?<br />
Brady Dougan, der Meister der Abzocker, zahlt<br />
künftig bei einem Einkommen von über 90<br />
Millio nen nur 4662 Franken in <strong>die</strong> Arbeitslosenversicherung<br />
– 0,005 Prozent seines Einkommens.<br />
Müsste Brady Dougan 2,0 Prozent<br />
<strong>auf</strong> seinem gesamten Lohn einzahlen – wie wir<br />
alle –, wäre mehr als eine Million mehr in der<br />
Kasse. Müssten alle Abzocker und Spitzenver<strong>die</strong>ner<br />
voll einzahlen, wie das bei einer Sozialversicherung<br />
normal ist, hätten wir keine roten<br />
Zahlen mehr. Die Schulden könnten abgetragen<br />
und <strong>die</strong> Finanzierung<br />
langfristig gesichert<br />
werden. Sparübungen,<br />
wie sie in der Revision<br />
vorgeschlagen sind,<br />
wären überhaupt nicht<br />
nötig.<br />
Ständerätin BS<br />
Diese «Sparübung» können sich Kantone<br />
und Gemeinden nicht leisten<br />
Dieses Gesetz ist keine Lösung, sondern ein<br />
Problem. Die «Sanierung» soll gleich lang<br />
dauern wie der Bau des neuen Gotthard-<br />
Tunnels, nämlich 17 Jahre! Noch länger dauert<br />
es, wenn <strong>die</strong> Wirtschaft in <strong>die</strong>ser Zeit nicht<br />
ununterbrochen floriert. Ebenso schlimm: Die<br />
<strong>Schweiz</strong> spart unter dem Strich nichts – <strong>die</strong><br />
Kosten werden einfach in Richtung Kantone<br />
und Gemeinden abgewälzt, <strong>die</strong> ihre Steuern<br />
erhöhen müssen. Nein zu <strong>die</strong>ser neuen Belastung<br />
von Kantonen und Gemeinden!<br />
Abzocker<br />
belohnen –<br />
DAS Volk<br />
beStrAfen?<br />
Am 26. September 2010:<br />
NEIN zum Abbau bei der<br />
Arbeitslosen versicherung<br />
www.spschweiz.ch/referendum<br />
ein Powerpoint-Foliensatz können direkt von<br />
unserer Website (www.spschweiz.ch/referendum)<br />
heruntergeladen werden. Dort findet<br />
sich auch das Online-Bestell formular für Abstimmungszeitungen<br />
und Flyer.<br />
knAllROT<br />
barbara berger<br />
ist Zentralsekretärin der<br />
<strong>SP</strong>-Frauen <strong>Schweiz</strong><br />
barbara.berger@spschweiz.ch<br />
Frauenmehrheit<br />
Die Sommerpause wurde von der polemischen<br />
Frage dominiert, ob denn wirklich eine<br />
Frauenmehrheit unser Land regieren könne.<br />
Deshalb ganz im Vertrauen: Seit über hundert<br />
Jahren fürchten sich gewisse Männer<br />
davor, von Frauen regiert zu werden. Darum<br />
wurde das Frauenstimm- und Wahlrecht vom<br />
<strong>Schweiz</strong>er Männervolk erst am 7. Februar<br />
1971 – notabene als eines der letzten Länder<br />
der Welt – angenommen. Einer aus <strong>die</strong>sem<br />
Männervolk hat nun endlich auch seinen<br />
Rücktritt aus dem Bundesrat bekannt gegeben.<br />
Er versprach übrigens bei seiner Wahl,<br />
<strong>die</strong> er gegen eine Frau gewann, er werde sein<br />
Ohr auch den Frauen leihen. Nun, der Frauen-<br />
Stimm- und Wahlrechtsgegner aus dem Appenzell<br />
hat auch hier ganze Arbeit geleistet:<br />
Sein Departement steht am schlechtesten da<br />
in der ganzen Bundesverwaltung, wenn es um<br />
Gleichstellung geht. Dafür sind kurzfristig <strong>die</strong><br />
Finanzen saniert.<br />
Derselben Logik folgt auch der dauernd<br />
versuchte Abbau der Sozialversicherungen,<br />
wo <strong>die</strong> nächste Runde mit der bevorstehenden<br />
Abstimmung über <strong>die</strong> Revision des<br />
Arbeitslosengesetzes ansteht. Die <strong>SP</strong>-Frauen<br />
lehnen <strong>die</strong> AVIG-Revision, über <strong>die</strong> am<br />
26. September 2010 entschieden wird, klar ab.<br />
Sie ist ein reiner Leistungsabbau, der Arbeitslose<br />
zu SozialhilfeempfängerInnen macht und<br />
<strong>die</strong> Kosten damit <strong>auf</strong> <strong>die</strong> Gemeinden und <strong>die</strong><br />
Kantone verschiebt. Wiedereinsteigerinnen<br />
würden mit der Umsetzung der Revision gerade<br />
noch drei Monate Zeit erhalten, um sich<br />
eine Stelle zu suchen. In einer Gesellschaft,<br />
<strong>die</strong> <strong>die</strong> Vereinbarkeit von Familie und Beruf<br />
dermassen kategorisch erschwert, kann das<br />
nur ein merzscher Witz sein.<br />
Deshalb als Antwort <strong>auf</strong> all <strong>die</strong> paternalistischen<br />
Sommerloch-Spekulationen: Wer<br />
träumt nicht von der bahnbrechenden Revolution,<br />
5 oder 6 von 7 Sitzen in einer Regierung<br />
mit Frauen zu besetzen? Das wären<br />
zwei Fliegen <strong>auf</strong> einen Streich: Erstens wären<br />
wir <strong>auf</strong> einen Schlag gleichstellungspolitisch<br />
das fortschrittlichste Land der Welt. Zweitens<br />
wäre <strong>die</strong> Ungerechtigkeit überwunden,<br />
dass Frauen in der sogenannt ältesten Demokratie<br />
erst seit 39 Jahren mitbestimmen können.<br />
Und dabei würde es selbstverständlich<br />
nicht um <strong>die</strong> Geschlechterfrage gehen, sondern<br />
schlicht um <strong>die</strong> Frage der Kompetenz.
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Punkt 2: Beschränkung der<br />
Grösse als Notmassnahme<br />
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marktkonformen Lösung sieht<br />
<strong>die</strong> Stu<strong>die</strong> nur eine direkte Grössenbeschränkung.<br />
Diese Lösung<br />
liesse sich auch direktdemokralinks<br />
111/August 2010 positionen<br />
7<br />
Too-big-to-fail<br />
Es gibt Lösungen<br />
Die faktische Staatsgarantie für Grossbanken kommt einer<br />
Subventionierung gleich. Die Staatsgarantie gibt’s unentgeltlich,<br />
<strong>die</strong> Kosten für das Risiko tragen <strong>die</strong> Steuerzahlenden.<br />
Der Staat wird erpressbar. Eine Stu<strong>die</strong> im Auftrag der<br />
<strong>SP</strong> zeigt: Das Problem ist lösbar. Susanne Leutenegger Oberholzer<br />
Der Bund hat <strong>die</strong> UBS drei Mal<br />
gerettet: 2008 mit einer 60-Milliarden-Finanzspritze,<br />
2009 mit der<br />
illegalen Datenauslieferung durch<br />
<strong>die</strong> Finma und 2010 mit dem US-<br />
Staatsvertrag. Jedes Mal verpasste<br />
es <strong>die</strong> Politik, <strong>die</strong> Rettung an Auflagen<br />
zu knüpfen. In der Sommersession<br />
verhinderten <strong>die</strong>s SVP,<br />
CVP und FDP. Deshalb gibt es bisher<br />
keine Massnahmen gegen <strong>die</strong><br />
zu hohen Boni und deshalb ist das<br />
Problem der zu grossen Bankrisiken<br />
noch immer ungelöst.<br />
Es gibt taugliche und realistische<br />
Lösungen des «Too Big To<br />
Fail»-Problems – das zeigt eine<br />
unabhängige Stu<strong>die</strong> der Uni Zürich,<br />
<strong>die</strong> im Auftrag der <strong>SP</strong> erstellt<br />
worden ist. Banken-Professor Urs<br />
Birchler schlägt ein mehrstufiges<br />
Massnahmenpaket vor. Die<br />
Erkenntnisse kurz zusammengefasst:<br />
Punkt 1: Die Risiken müssen<br />
reprivatisiert werden<br />
Es braucht mehr Eigenkapital.<br />
Ein einfaches Mittel dazu ist eine<br />
Aufstockung der indirekten Eigenmittel<br />
durch <strong>die</strong> Herausgabe<br />
von wandelbaren Schulden, <strong>die</strong><br />
im kritischen Fall zu Eigenkapital<br />
werden. Je grösser <strong>die</strong> Bank,<br />
desto höher der Anteil an <strong>die</strong>sen<br />
«Contigent Convertible Bonds».<br />
So werden <strong>die</strong> Banken zu einem<br />
vernünftigen Geschäftsmodell gezwungen,<br />
das nicht mehr <strong>auf</strong> einer<br />
staatlichen Haftungsgarantie<br />
beruht. Gleichzeitig stärkt <strong>die</strong>se<br />
Bereinigung <strong>die</strong> Wettbewerbsposition<br />
der kleineren Banken.<br />
tisch erzwingen – falls <strong>die</strong> Aufstockung<br />
der indirekten Eigenmittel<br />
am Widerstand der Banken oder<br />
am fehlenden Interesse der Investoren<br />
scheitern sollte.<br />
Punkt 3: Untaugliche Lösungen<br />
Keine Lösungen sind <strong>die</strong> viel diskutierten<br />
Sollbruchstellen oder<br />
geheime Liquidationspläne. Sie<br />
klären nicht, wer im Krisenfall<br />
<strong>die</strong> Schulden wirklich trägt. Wenn<br />
eine Grossbank erneut vor dem<br />
Konkurs stehen sollte, muss aber<br />
genau <strong>die</strong>se Frage beantwortet<br />
sein. Es genügt nicht, <strong>die</strong> Abwicklung<br />
zu klären, aber <strong>die</strong> Kosten<br />
dafür weiterhin dem Staat <strong>auf</strong>zubürden.<br />
Die Expertise erhöht den Druck<br />
<strong>auf</strong> <strong>die</strong> vom Bund ernannte Expertenkommission,<br />
in der leider <strong>die</strong><br />
Vertreter der Wirtschaft klar in der<br />
Mehrheit sind. Faule Kompromisse<br />
liegen nicht drin. Die <strong>SP</strong> wird<br />
weiter an der Konkretisierung des<br />
Projektes mitarbeiten.<br />
Von den erpresserischen Drohgebärden<br />
der Banken, sie würden<br />
im Fall von verschärften Regulierungen<br />
<strong>die</strong> <strong>Schweiz</strong> verlassen,<br />
darf sich <strong>die</strong> Politik nicht weiter<br />
beeindrucken lassen. Die <strong>Schweiz</strong><br />
hat grosse Standortvorteile wie<br />
gesunde öffentliche Finanzen, tiefe<br />
Steuern, eine stabile Währung<br />
und politische Stabilität. All das<br />
werden <strong>die</strong> Banken andernorts<br />
nicht so leicht finden.<br />
Die Stu<strong>die</strong> als PDF:<br />
➜ www.spschweiz.ch/stu<strong>die</strong><br />
slo@bluewin.ch<br />
Nationalrätin aus dem<br />
Kanton Baselland<br />
Leserinnenbriefe<br />
Sind sogenannte Killergames eine Gefahr für <strong>die</strong> Jugend<br />
oder Teil einer selbstbestimmten Jugendkultur?<br />
Pro Killergame-Verbot: 58 % Contra Killergame-Verbot: 42 %<br />
«links» 110<br />
Debatte: «Killergame-Verbot<br />
ausgebremst»<br />
Die zahlreichen Reaktionen zeigen:<br />
Die «links»-Leserschaft ist in<br />
<strong>die</strong>ser Frage gespalten.<br />
«Verbot ist nutzlos»<br />
Über <strong>die</strong>ses Thema streitet man<br />
sich in der <strong>Schweiz</strong> schon lange.<br />
Die eine Seite will <strong>die</strong>se «böse<br />
Angelegenheit» mit einem Verbot<br />
aus dem Weg räumen, <strong>die</strong> anderen<br />
sind der Meinung, dass in <strong>die</strong>sem<br />
Fall ein Verbot nutzlos ist. Ich<br />
gehöre zu Letzteren. Im Internet-<br />
Zeitalter ist so ein Verbot technisch<br />
kaum umsetzbar. Ausserdem<br />
beschneidet ein generelles<br />
Actionspiele-Verbot <strong>die</strong> Erwachsenen<br />
in ihrer Freiheit. Ein Verbot<br />
kriminalisiert bloss <strong>die</strong> Jugendlichen.<br />
Und mal ehrlich, wollen wir<br />
das? Die Jugendlichen haben sich<br />
heute schon mit genug Hindernissen<br />
rumzuschlagen. Ein verlässlicher<br />
Jugendschutz ist gefragt!<br />
Dominique Mani<br />
«Hanfbefürworter»<br />
Ich bin ein schon betagtes Mitglied<br />
und möchte Ihnen mitteilen,<br />
dass ich voll und ganz hinter<br />
der Ansicht von Roland Näf stehe<br />
und ich bin sehr froh, dass es noch<br />
solche Leute im Vorstand der <strong>SP</strong><br />
Bern gibt. Auf <strong>die</strong> Argumentationen<br />
von Tanja Walliser mag ich<br />
gar nicht eingehen. Sie passen zu<br />
den Hanfbefürwortern.<br />
Hans Buri, Worb<br />
«Möglichkeit, sich<br />
auszutoben»<br />
Ich bin 14 Jahre alt und seit kurzem<br />
aktives JUSO-Mitglied. In der<br />
Freizeit spiele ich gerne am PC.<br />
Mit meinen Freunden spiele ich<br />
oft auch Killergames, das macht<br />
uns aber nicht aggressiv – im Gegenteil:<br />
Es ist für uns eine Möglichkeit,<br />
uns auszutoben. Wenn<br />
das Verbot eintreten würde, wäre<br />
das, wie wenn man einem Erwachsenen<br />
sein Hobby – zum Beispiel<br />
Golf – verbieten würde.<br />
Beni Richner<br />
«Tötungshemmung<br />
herabsetzen»<br />
Ich finde es gar nicht gut, dass das<br />
Killergame-Verbot ausgebremst<br />
wurde. Es stimmt nicht, dass kein<br />
Zusammenhang zwischen Gewalt<br />
und Killergames nachgewiesen<br />
werden kann: In einer deutschen<br />
TV-Sendung wurde klar <strong>auf</strong>gezeigt,<br />
dass in der US Army bei der<br />
Ausbildung solche Spiele eingesetzt<br />
werden – mit dem Zweck,<br />
<strong>die</strong> Tötungshemmung herabzusetzen.<br />
Die JUSO macht sonst viel<br />
Gutes, zum Beispiel <strong>die</strong> 1:12-Initiative.<br />
Albert Meyer, Solothurn.<br />
«Spielzeugwaffen<br />
sind schlimmer»<br />
Weshalb soll ich Mitleid mit einen<br />
virtuellen Avatar eines Gamers haben<br />
wenn ich doch genau weiss,<br />
dass <strong>die</strong>se Situation lediglich von<br />
jemandem so programmiert wurde<br />
und keinerlei Leben zerstört<br />
wird? Wesentlich schlimmer finde<br />
ich, dass kleine Kinder mit Spielzeugwaffen<br />
spielen, welche täuschend<br />
echt aussehen.<br />
Michel Ketterle<br />
«Falsche Werte»<br />
Wollen wir wirklich das Böse kultivieren?<br />
Zynismus, Menschenverachtung,<br />
Abstumpfung – wollen<br />
wir unseren Kindern und Jugendlichen<br />
<strong>die</strong>se «Werte» tatsächlich<br />
vermitteln? Die Verantwortung<br />
der Erwachsenen besteht darin,<br />
sie zu schützen vor Einflüssen,<br />
<strong>die</strong> ihre «Unschuld» finanziell und<br />
manipulativ auszubeuten versuchen.<br />
Auch vor Videogames, <strong>die</strong><br />
ein Menschen- und (vorwiegend)<br />
Männerbild vermitteln, das aus<br />
der Steinzeit stammen könnte.<br />
Denise Jöhr, Boll
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links 111/August 2010<br />
Kanton Luzern<br />
9<br />
Mehr Lebensqualität dank<br />
der Städte-Initiative<br />
Die Verkehrsprobleme in der Stadt Luzern sind offensichtlich:<br />
Kein Durchkommen für <strong>die</strong> Busse im Zentrum, Stau im<br />
Morgen- und Abendverkehr, fehlende Velospuren etc. Die <strong>SP</strong><br />
setzt sich schon lange für eine konsequente Bevorzugung<br />
des öffentlichen Verkehrs sowie des Langsamverkehrs ein.<br />
Es gibt durchaus Fortschritte zu verbuchen: Die Aufhebung<br />
der blauen Zone in der Innenstadt führte zu einer klaren<br />
Reduktion des Suchverkehrs. Und mit der Neugestaltung<br />
wird der <strong>Schweiz</strong>erhofquai velofreundlicher. Dennoch gibt es<br />
weiterhin keine Busspuren <strong>auf</strong> <strong>die</strong>ser Strasse, nach wie vor<br />
bricht der Verkehr in den Stosszeiten regelmässig zusammen.<br />
Nico van der Heiden und Marcel Budmiger<br />
Das Ziel der Initiative<br />
Die Städte-Initiative der Umweltorganisation<br />
umverkehR verbessert<br />
<strong>die</strong> Situation nachhaltig. Sie<br />
fordert eine Erhöhung des Anteils<br />
des Fuss-, Velo- und öffentlichen<br />
Verkehrs am Gesamtverkehrs<strong>auf</strong>kommen<br />
um zehn Prozent. Und<br />
<strong>die</strong>s innerhalb von 10 Jahren.<br />
Heute werden noch knapp <strong>die</strong><br />
Hälfte aller gefahrenen Kilometer<br />
<strong>auf</strong> Stadtgebiet mit dem Auto zurückgelegt.<br />
Die dabei gefahrene<br />
Strecke ist häufig sehr kurz und<br />
meist problemlos auch ohne Auto<br />
zu bewältigen. Der Anteil der Autofahrten<br />
soll <strong>auf</strong> unter 40 % sinken.<br />
Dass <strong>die</strong>s keineswegs unrealistisch<br />
ist, zeigen Zürich und Basel,<br />
welche <strong>die</strong>ses Ziel bereits seit<br />
mehreren Jahren erreichen.<br />
Keine unnötigen Strassenausbauten<br />
Schon mit <strong>kleinen</strong> Verbesserungen<br />
kann im Bereich des ÖV, des<br />
Fuss- und Veloverkehrs viel bewirkt<br />
werden: Eine neue Pförtneranlage,<br />
welche dem Bus freie<br />
Fahrt an einer Kreuzung ermöglicht,<br />
oder ein zusätzlicher Fahrradstreifen<br />
sind kostengünstige<br />
Massnahmen zur Verbesserung<br />
der Verkehrssituation. Ganz im<br />
Gegensatz dazu führen neue<br />
Strassen wie z. B. der Südzubringer<br />
für 200 Millionen Franken<br />
oder der Bypass für 1,5 Milliarden<br />
lediglich dazu, neuen Verkehr zu<br />
generieren. Das Kosten-Nutzen-<br />
Verhältnis ist beim ÖV und beim<br />
Langsamverkehr um ein x-faches<br />
besser als bei <strong>die</strong>sen beiden überteuerten<br />
und unnötigen Strassenbauprojekten.<br />
Viele Gründe für eine<br />
nachhaltige Mobilität<br />
Ein grosser Teil der Stadtluzerner<br />
Bevölkerung ist einer Lärmbelastung<br />
ausgesetzt, welche <strong>die</strong><br />
Grenzwerte stark überschreitet.<br />
Ausserdem bel<strong>auf</strong>en sich <strong>die</strong> Gesundheitskosten<br />
der Luftverschmutzung<br />
pro Jahr <strong>auf</strong> rund<br />
50 Millionen Franken. Wie leicht<br />
liesse sich hier eine Verbesserung<br />
der Lebensqualität der städtischen<br />
Bevölkerung erreichen.<br />
Und auch das Gewerbe würde,<br />
trotz immer wieder geäusserten<br />
Befürchtungen, profitieren. Bereits<br />
heute erzielen <strong>die</strong> Geschäfte<br />
in der Luzerner Innenstadt drei<br />
Viertel ihres Umsatzes dank Kunden,<br />
welche mit dem ÖV, dem Velo<br />
oder zu Fuss in ihre Geschäfte<br />
kommen. Und <strong>die</strong> Touristen aus<br />
aller Welt reisen wohl kaum nach<br />
Luzern, um <strong>die</strong> Blechlawine <strong>auf</strong><br />
der Seebrücke zu bestaunen. Eine<br />
nachhaltige Mobilität sollte Teil<br />
einer zukunftsgerichteten städtischen<br />
Standortpolitik sein.<br />
Gegenvorschlag ohne<br />
verbindliches Ziel<br />
Die Initiative wurde in sechs<br />
<strong>Schweiz</strong>er Städten gleichzeitig<br />
eingereicht. Erfreulicherweise haben<br />
sich VertreterInnen der Stadtregierungen<br />
der beteiligten Städte<br />
bereits getroffen und gemeinsam<br />
eine Charta für eine nachhaltige<br />
städtische Mobilität ausgearbeitet.<br />
Sämtliche Städte haben zudem<br />
entschieden, <strong>die</strong> Initiative nicht<br />
abzulehnen, sondern Gegenvorschläge<br />
auszuarbeiten. Der Gegenvorschlag<br />
des Luzerner Stadtrates<br />
mit einem detaillierten Reglement<br />
für eine nachhaltige städtische<br />
Mobilität ist begrüssenswert.<br />
Er ist jedoch zu allgemein formuliert<br />
und legt keine verbindlichen<br />
Ziele fest. Leider konnte sich im<br />
Grossen Stadtrat ein Zusatzantrag<br />
der Linken zur Aufnahme eines<br />
quantitativen Verlagerungsziels<br />
nicht durchsetzen. Deshalb setzt<br />
nur eine klare Annahme der Initiative<br />
den nötigen Druck <strong>auf</strong>, damit<br />
in Luzern in den nächsten Jahren<br />
<strong>die</strong> zukunftsgerichtete Verkehrspolitik<br />
vorwärtsgetrieben wird.<br />
Mehr Platz zum Leben<br />
In St. Gallen hat <strong>die</strong> Bevölkerung<br />
im April <strong>die</strong>ses Jahres bereits ein<br />
klares Zeichen gesetzt und <strong>die</strong><br />
Initiative mit deutlichen 59 % Ja-<br />
Stimmen angenommen. Luzern<br />
kann sich im Herbst ebenfalls als<br />
dynamische und umweltfreundliche<br />
Stadt profilieren, indem <strong>die</strong><br />
Bevölkerung ein ebenso klares Ja<br />
zur Städte-Initiative in <strong>die</strong> Urne<br />
legt. Weniger Lärm, weniger Stau,<br />
dafür mehr Platz für Velos und<br />
Fussgänger und schnellere Busse<br />
dank einem Ja zur Städte-Initiative!<br />
Nico van der Heiden,<br />
Mitglied der Geschäftsleitung<br />
der <strong>SP</strong> Stadt<br />
Luzern<br />
Marcel Budmiger, Mitglied<br />
der Geschäftsleitung<br />
der <strong>SP</strong> Kanton Luzern<br />
Beide sind Mitglieder der Regionalgruppe<br />
Luzern von umverkehR
10 Kanton Aargau links 111/August 2010<br />
Das neue <strong>SP</strong>-Parteiprogramm<br />
Kürzen! Nochmals überlegen! Und<br />
nicht vergessen<br />
Bis zum 31. Juli 2010 lief <strong>die</strong> Vernehmlassungsfrist für alle Sektionen der <strong>SP</strong><br />
<strong>Schweiz</strong> zum neuen Parteiprogramm. Die <strong>SP</strong> Aarau hat den Entwurf diskutiert und<br />
Anträge nach Bern geschickt. Fazit: Das neue Programm fusst <strong>auf</strong> den sozialdemokratischen<br />
Grundwerten und bildet <strong>die</strong> neue technisierte und globalisierte Zeit<br />
ab. Aber wer soll <strong>die</strong>ses Programm gerne lesen? Es muss begrifflich klarer, inhaltlich<br />
zum Teil neu überdacht, in der Form wesentlich straffer und in der Geschichte<br />
der <strong>SP</strong> verankert werden. Eine Diskussion.<br />
Warum ein neues Parteiprogramm? Wozu?<br />
Was ist daran neu?<br />
Andri Koch: Das letzte Programm ist 28 Jahre<br />
alt. Seither ist viel gel<strong>auf</strong>en: Globalisierung,<br />
Mauerfall, EU, <strong>die</strong> <strong>Schweiz</strong> als UNO-Mitglied,<br />
gesellschaftliche Veränderungen. Das alles<br />
muss <strong>die</strong> <strong>SP</strong>-Politik programmatisch neu fassen.<br />
Wichtig ist, dass der <strong>SP</strong>-Groove drin ist,<br />
dass <strong>die</strong> Grundwerte bleiben: Freiheit, Gerechtigkeit<br />
und Solidarität.<br />
Christoph Schmid: Seit 1982 hat sich <strong>die</strong><br />
technische Entwicklung beschleunigt. Zu der<br />
neuen Kommunikationstechnik, der Elektronik<br />
und ihren Möglichkeiten und Auswirkungen<br />
sagt das neue <strong>SP</strong>-Programm aber wenig.<br />
AK: Dabei bildet <strong>die</strong>se Technik <strong>die</strong> Grundlage<br />
für <strong>die</strong> ökonomische Globalisierung: Wie<br />
sollte man internationale Konzerne – vor allem<br />
Banken – leiten ohne den jederzeit und überall<br />
möglichen Datenzugriff?<br />
Katharina Kerr: Radikale Änderungen passierten<br />
mit der gesellschaftlichen Öffnung.<br />
Diese erlaubte neue Formen des Lebens und<br />
Zusammenlebens, brachte aber auch einen<br />
neuen Egoismus und eine Entsolidarisierung.<br />
Im neuen Programm wird <strong>die</strong>se wichtige Thematik<br />
nicht konkretisiert, sondern wohl im<br />
Zusammenhang mit dem emanzipatorischen<br />
Element in der <strong>SP</strong>-Politik mitgemeint. Die erwähnten<br />
Tagesstrukturen für Kinder und <strong>die</strong><br />
Gleichstellungspolitik erfassen nicht den ganzen<br />
Komplex.<br />
Eva Schaffner: Neue Herausforderungen<br />
verlangen neue Rezepte. Das neue Parteiprogramm<br />
ist auch eine Antwort <strong>auf</strong> <strong>die</strong> poststrukturalistische<br />
Debatte und <strong>die</strong> Deregulierung<br />
der Werte. Die Poststrukturalisten lehnten <strong>die</strong><br />
strengen linken Positionen als Ideologie ab und<br />
verkündeten das «anything goes», alles ist möglich,<br />
das sich dann eben auch im Neoliberalismus<br />
zeigte. Darüber erschrocken propagierten<br />
<strong>die</strong> Poststrukturalisten schon bald wieder <strong>die</strong><br />
alten Werte. Das neue Programm stellt <strong>die</strong>se<br />
Werte ins Zentrum: Freiheit, Gerechtigkeit,<br />
Solidarität. Sie bilden den Kitt der Gesellschaft<br />
und wirken direkt <strong>auf</strong> <strong>die</strong> Menschen, indem<br />
sie <strong>die</strong> Verlässlichkeit zurückholen, <strong>die</strong> durch<br />
das «anything goes» verloren ging. Gemeinsam<br />
ausgehandelte Werte sind <strong>die</strong> Grundlage einer<br />
funktionierenden Zivilgesellschaft und Demokratie.<br />
Das neue Parteiprogramm soll ein Kompass<br />
für das alltägliche Handeln werden. Dazu<br />
fehlt aber noch das Eine oder Andere. Die Analyse<br />
geht zu wenig tief.<br />
KK: Sie ist nicht historisch verankert. Es<br />
fehlt das Herzeigen des roten Fadens in der Geschichte.<br />
Das haben ja auch <strong>die</strong> GenossInnen<br />
an der Parteiversammlung zum neuen Programm<br />
einstimmig bemängelt und einen geschichtlichen<br />
Überblick im Anhang verlangt.<br />
AK: Das Programm zeigt den Wählerinnen<br />
und Wählern klar, was <strong>die</strong> <strong>SP</strong> ist und will, <strong>die</strong>s<br />
im Gegensatz zum Slalom, den bürgerliche<br />
Parteien gerne fahren.<br />
CS: Neu im Programm ist das klare Bekenntnis<br />
zum Service public. 1982 war <strong>die</strong>ser noch<br />
unbestritten. Wir haben <strong>die</strong> Aufgabe, uns für<br />
<strong>die</strong>sen einzusetzen, sei das mit den drei aktuellen<br />
kantonalen <strong>SP</strong>-Initiativen, sei das mit<br />
unserem Einsatz in Aarau für den Erhalt von<br />
Aarbus+bahn als ÖV. Dabei müssen wir noch<br />
gesamtheitlicher denken: zum Bus gehört zum<br />
Beispiel auch <strong>die</strong> Raumplanung.<br />
Neu – und sehr gut – ist auch <strong>die</strong> prägnante<br />
Fassung der Wirtschaftsdemokratie. Diese beantwortet<br />
eine drängende und politische Frage,<br />
<strong>die</strong> viele Leute beschäftigt, <strong>auf</strong> der Basis unserer<br />
Werte und mit brauchbaren Vorschlägen.<br />
Was wollen wir geändert haben?<br />
ES: Wir möchten das Programm kürzer und<br />
prägnanter in der Form lesen. Wer kürzt, muss<br />
sich <strong>auf</strong> das Wesentliche besinnen. Zudem verlangen<br />
wir einen Anhang mit Worterklärungen,<br />
einem Sachregister und einer Zeittafel mit<br />
einem Überblick über <strong>die</strong> Geschichte der <strong>SP</strong>.<br />
Dazu fehlen einzelne Themen.<br />
CS: So <strong>die</strong> Me<strong>die</strong>n, zumal als Service public,<br />
der Sport und <strong>die</strong> Kultur, <strong>die</strong> im alten Programm<br />
ihren Platz hatten. Die Kultur ist seit<br />
Katharina Kerr<br />
Andri Koch<br />
2000 in der Bundesverfassung, so ist es nur<br />
logisch, wenn <strong>die</strong> <strong>SP</strong> sie politisch würdigt. Zudem:<br />
Kultur braucht Unterstützung.<br />
KK: Auch <strong>die</strong> neuen Lebensformen fehlen,<br />
<strong>die</strong> Patchwork-Familien, <strong>die</strong> gleichgeschlechtlichen<br />
Partnerschaften.<br />
AK: Was unbedingt überprüft werden muss,<br />
ist <strong>die</strong> unkritische Befürwortung der EU. Die<br />
EU ist kein sozialdemokratisches Projekt!<br />
Glücklicherweise überschneidet sie sich mit<br />
vielen <strong>SP</strong>-Forderungen, und gesamthaft betrachtet<br />
wird man wahrscheinlich nicht anders<br />
als beitreten können. Aber eine kritischere Haltung<br />
wäre sicher angebracht.<br />
Noch etwas: Die Abschaffung der Wehrpflicht.<br />
Wir sind nicht gegen <strong>die</strong> Forderung,<br />
aber was wäre <strong>die</strong> Alternative? Eine Rambo-<br />
Berufsarmee oder ein ausgebauter Zivilschutz?<br />
Das muss geklärt werden. Allein mit der im<br />
Programm erwähnten friedensorientierten<br />
Aussenpolitik ist <strong>die</strong> Frage der Ausgestaltung<br />
nicht beantwortet.
links 111/August 2010<br />
Kanton Aargau<br />
11<br />
<strong>die</strong> Geschichte<br />
INFO<br />
Strukturreform<br />
Parteisekretariat<br />
Eva Schaffner<br />
Welche Begriffe müssen neu überdacht werden?<br />
KK: Einzelne Parteimitglieder stossen sich<br />
an der «Überwindung des Kapitalismus».<br />
AK: Das ist heikel. Denn das sagt nichts anderes<br />
aus, als dass <strong>die</strong> Produktionsmittel ins<br />
Gemeinschaftseigentum übergehen sollten.<br />
Man muss nicht traditionelle Begriffe weglassen,<br />
weil Junge sie nicht verstehen. Dieser hat<br />
für mich einen Wert.<br />
ES: Da verläuft <strong>die</strong> Grenze zwischen Sozialismus<br />
und Sozialdemokratie. Der Sozialismus<br />
will den Markt bändigen, indem er ihn<br />
abschafft, <strong>die</strong> Sozialdemokratie will ihn regeln<br />
Katharina Kerr, Jahrgang 1943, hat Germanistik und Hispanistik<br />
stu<strong>die</strong>rt, ist Journalistin BR und u. a. links-Redaktorin.<br />
Sie war von 1993 bis 2009 Grossrätin.<br />
Andri Koch, Jahrgang 1985, stu<strong>die</strong>rt Volkswirtschaftslehre<br />
und arbeitet als Teilprojektleiter bei der UNIA. Er ist Mitglied<br />
der Geschäftsleitung der <strong>SP</strong> Aargau.<br />
Christoph Schmid<br />
und demokratisieren. Im Programm ist das zu<br />
wenig erklärt.<br />
AK: Im Programm finden sich auch Begriffe,<br />
<strong>die</strong> eine kurze Verfallsdauer haben, so <strong>die</strong><br />
2000-Watt-Gesellschaft. Müssen <strong>die</strong>se so in ein<br />
<strong>auf</strong> mehrere Jahre ausgelegtes Programm?<br />
KK: Einen Gedanken klar fassen, heisst ihn<br />
zu Ende gedacht haben. Ein Glossar könnte da<br />
helfen.<br />
Die begründeten Anträge der <strong>SP</strong> Aarau zum<br />
neuen Parteiprogramm finden sich <strong>auf</strong> der<br />
Homepage www.sp-aarau.ch.<br />
Eva Schaffner, Jahrgang 1969, hat Geschichte und Germanistik<br />
stu<strong>die</strong>rt (lic. phil.) und arbeitet als wissenschaftliche<br />
Stabsmitarbeiterin im Amt für Berufsbildung und Berufsberatung<br />
des Kantons Basel-Landschaft. Sie ist als Mitglied<br />
der Geschäftsleitung Vizepräsidentin der <strong>SP</strong> Aargau.<br />
Christoph Schmid, Jahrgang 1973, ist dipl. Kulturarbeiter FH<br />
Potsdam. Er ist Präsident der <strong>SP</strong> Aarau und Einwohnerrat.<br />
Das Gespräch wurde von Katharina Kerr <strong>auf</strong>gezeichnet.<br />
Anlässlich des Nachwahl-Parteitages vom<br />
31. März 2009 wurde als Konsens festgehalten,<br />
dass sich <strong>die</strong> <strong>SP</strong><br />
Aargau so verändern<br />
muss, dass sie von ihren<br />
Strukturen profitieren<br />
kann. Dass sie <strong>die</strong>s<br />
schnell tun muss(te), ist<br />
schon deshalb klar, weil<br />
wir nun in rund vier<br />
Monaten bereits wieder<br />
in einem Wahljahr<br />
stehen. Und 2012 werden aller Voraussicht<br />
nach der Grosse Rat und der Regierungsrat<br />
im Spätherbst gewählt.<br />
Im Frühjahr 2010 wurde durch <strong>die</strong> Projektgruppe<br />
eine parteiöffentliche Vernehmlassung<br />
zu den einzelnen Elementen der<br />
Strukturreform durchgeführt, <strong>auf</strong> deren<br />
Basis Statutenänderungsanträge formuliert<br />
wurden. Der ordentliche Parteitag der <strong>SP</strong><br />
Kanton Aargau vom 8. Mai 2010 hat neben<br />
anderem vier grundlegende Statutenänderungen<br />
beschlossen. Eine davon<br />
betrifft eine tiefgreifende Restrukturierung<br />
des Parteisekretariats.<br />
Ein Vorstand – in <strong>die</strong>sem Fall <strong>die</strong> Geschäftsleitung<br />
der <strong>SP</strong> Kanton Aargau – ist grundsätzlich<br />
dazu verpflichtet, <strong>die</strong> von seiner<br />
Generalversammlung beschlossenen<br />
Statutenänderungen umzusetzen. Deshalb<br />
hat <strong>die</strong> neu gewählte Geschäftsleitung<br />
entschieden, <strong>die</strong> Restrukturierung im<br />
Parteisekretariat – im Bewusstsein um <strong>die</strong><br />
Tragweite <strong>die</strong>ser Entscheidungen – umgehend<br />
durchzuführen.<br />
Dem Parteisekretariat steht in Zukunft<br />
ein/e politische/r Parteisekretär/in vor. Die<br />
Aufgaben im Sekretariat werden gleichzeitig<br />
neu geordnet. Bei einer so grundlegenden<br />
Veränderung ist es konsequent, <strong>die</strong><br />
Stelle öffentlich neu auszuschreiben. Aus<br />
terminlichen Gründen konnte <strong>die</strong>se jedoch<br />
nicht im links.ag platziert werden.<br />
Marco Hardmeier von Aarau ist Präsident<br />
der <strong>SP</strong> Aargau und <strong>SP</strong>-Grossrat.
12 kanton Bern<br />
links 111/August 2010<br />
Ja zu «zäme läbe – zäme schtimme»<br />
Am 26. September entscheiden <strong>die</strong> BernerInnen über <strong>die</strong><br />
Initiative «zäme läbe – zäme schtimme». Die Gemeinden<br />
sollen den AusländerInnen das Stimmrecht geben können,<br />
findet Halua Pinto de Magalhães, Berner JUSO-Stadtrat und<br />
Co-Präsident von Second@s Plus.<br />
Was fordert <strong>die</strong> Initiative «zäme<br />
läbe – zäme schtimme» genau?<br />
Die Initiative will den Gemeinden<br />
<strong>die</strong> Möglichkeit geben, den AusländerInnen,<br />
welche schon längere<br />
Zeit im Kanton wohnhaft sind,<br />
bei Gemeindeangelegenheiten<br />
das Stimmrecht zu geben. Heute<br />
verbietet <strong>die</strong>s <strong>die</strong> Kantonsverfassung.<br />
Welche Vorteile siehst du?<br />
Es wäre ein weiterer Ausbau der<br />
Demokratie. Die ansässigen AusländerInnen<br />
sind genauso von<br />
den demokratischen Entscheiden<br />
betroffen wie <strong>die</strong> <strong>Schweiz</strong>erInnen:<br />
Sie zahlen Steuern und AHV und<br />
ihre Kinder gehen hier zur Schule.<br />
Entscheide <strong>auf</strong> Gemeindeebene<br />
haben direkte Auswirkungen<br />
<strong>auf</strong> das Alltagsleben und sollten<br />
möglichst breit abgestützt sein.<br />
Mitbestimmung trägt zudem zu<br />
einer besseren Integration bei, da<br />
<strong>die</strong> betroffenen Personen stärker<br />
einbezogen sind.<br />
Appenzell Ausserrhoden, Basel-<br />
Stadt, Freiburg, Genf, Graubünden,<br />
Jura, Neuenburg und Waadt<br />
kennen das Ausländerstimmrecht<br />
bereits in der einen oder anderen<br />
Form. Was sind <strong>die</strong> dortigen Erfahrungen?<br />
Die Erfahrungen zeigen, dass sich<br />
AusländerInnen eher weniger am<br />
demokratischen Prozess beteiligen.<br />
Dabei unterscheidet sich<br />
das Abstimmungsverhalten von<br />
AusländerInnen bezüglich ihres<br />
sozialen Status kaum von den<br />
<strong>Schweiz</strong>erInnen. Jedoch müsste<br />
allgemein <strong>die</strong> politische Bildung<br />
ausgebaut werden, das gilt nicht<br />
nur für <strong>die</strong> ausländische Bevölkerung.<br />
Du hast selber den <strong>Schweiz</strong>er<br />
Pass, wäre eine Einbürgerung der<br />
am Stimmrecht interessierten<br />
AusländerInnen nicht <strong>die</strong> bessere<br />
Lösung?<br />
Nein, denn das Stimm- und Wahlrecht<br />
soll nicht vom Interesse abhängig<br />
sein. Alle sollen selber entscheiden<br />
können, ob sie am demokratischen<br />
Prozess teilhaben<br />
wollen. Einen Ausbau der erleichterten<br />
Einbürgerung würde ich<br />
jedoch begrüssen. Meine Vision<br />
einer echten Demokratie wäre ein<br />
Bürgerrecht für alle in der <strong>Schweiz</strong><br />
wohnhaften Personen.<br />
Du unterstützt <strong>die</strong> Initiative aktiv.<br />
Was sind in den nächsten Wochen<br />
noch für Aktionen geplant?<br />
Wir haben ein Abstimmungskomitee<br />
gegründet, welches ein<br />
klares Zeichen gegen <strong>die</strong> fremdenfeindliche<br />
Grundstimmung<br />
im Land setzen will. Diese hat in<br />
den letzten Jahren mit der Ausländer-<br />
und Asylabstimmung und<br />
der Minarett-Initiative immer<br />
mehr zugenommen. Second@s<br />
Plus engagiert sich aktiv für <strong>die</strong>se<br />
Initative und wird im Rahmen<br />
des begrenzten Budgets <strong>auf</strong> <strong>die</strong><br />
Abstimmung <strong>auf</strong>merksam machen.<br />
Welches ist dein wichtigstes Argument,<br />
um GegnerInnen <strong>auf</strong> der<br />
Strasse von einem JA zu «zäme<br />
läbe – zäme schtimme» zu überzeugen?<br />
Was können <strong>die</strong> <strong>Schweiz</strong>er BürgerInnen<br />
dabei verlieren? Nichts, wir<br />
können nur gewinnen: nämlich<br />
eine bessere Integration der ausländischen<br />
Bevölkerung.<br />
Das Ausländerstimmrecht stand<br />
im Kanton Bern schon mehrmals<br />
zur Diskussion. Welche Erfolgsaussichten<br />
gibst du der Initiative?<br />
Die Initiative hat im bürgerlichen<br />
Kanton Bern leider wenig Chancen.<br />
Wir wollen aber in den Städten<br />
<strong>die</strong> Abstimmung gewinnen.<br />
➜ www.zaemeschtimme.ch<br />
© Judith Schönenberger<br />
Tschou<br />
Kein Hätti und<br />
kein Wetti!<br />
Nie ist Unterschriftensammeln<br />
so einfach wie im Sommer: Die<br />
Menschen suchen den Weg ins<br />
Freie. Das gilt<br />
auch für meine<br />
Familie, und so<br />
hätte ich letzten<br />
Sonntag locker<br />
zehn Unterschriften<br />
für <strong>die</strong><br />
<strong>SP</strong>-Cleantech-<br />
Initiative sammeln<br />
können. Wenn ich <strong>die</strong>se<br />
praktischen Unterschriftenkarten<br />
dabei gehabt hätte. Aber<br />
eben: «Der Hätti u der Wetti si<br />
Brüetsche gsi», und Unterschrift<br />
haben sie an <strong>die</strong>sem Tag keine<br />
einzige gesammelt.<br />
Dabei braucht <strong>die</strong> <strong>SP</strong> Kanton<br />
Bern pro Mitglied nur drei Unterschriften.<br />
Würde also jedes Mitglied<br />
eine einzige <strong>die</strong>ser 3er-Unterschriftenkarten<br />
füllen, wären<br />
wir geputzt und gestrählt. Und<br />
da <strong>die</strong> eigene Unterschrift auch<br />
zählt, bleiben nur noch zwei Unterschriften<br />
zu sammeln.<br />
Gut unterwegs ist das Oberland:<br />
Die <strong>SP</strong> Unterseen bringt es bereits<br />
<strong>auf</strong> vorbildliche zwei Unterschriften<br />
pro Mitglied, auch Interlaken<br />
und Thun sind <strong>auf</strong> Kurs.<br />
Fleissig am Sammeln ist <strong>die</strong><br />
Kampagnengruppe in der Stadt<br />
Bern, der man sich jederzeit gerne<br />
anschliessen kann. Allen<br />
SammlerInnen ein grosses DAN-<br />
KE! Ich habe jetzt immer einige<br />
Unterschriftenkarten in meiner<br />
Tasche. Auf den Hätti und den<br />
Wetti verlasse ich mich nicht<br />
mehr.<br />
Andrea Bauer, bei der <strong>SP</strong> Kanton<br />
Bern seit August für <strong>die</strong> Cleantech-<br />
Initiative zuständig. Wer gerne in<br />
der Kampagnengruppe mitarbeitet,<br />
Unterschriftenkarten oder weitere<br />
Infos zur Initiative braucht, bitte<br />
melden: andrea.bauer@spbe.ch,<br />
031 370 07 88
links 111/August 2010 positionen<br />
13<br />
© Ex-Press<br />
Gesundheit<br />
Frauen sind keine Männer<br />
Noch vor wenigen Jahren wurden Frauen<br />
künstliche Kniegelenke implantiert,<br />
<strong>die</strong> nach der männlichen Anatomie geformt<br />
waren. Erst seit vier Jahren gibt<br />
es künstliche Kniegelenke speziell für<br />
Frauen. Bea Heim<br />
Dabei unterscheidet sich ein weibliches Knie<br />
deutlich von einem männlichen: Es ist meist<br />
schmaler, hat eine andere Form, ist anders mit<br />
dem Oberschenkelknochen verbunden. Übrigens<br />
zeigen Frauenknie schneller<br />
Abnutzungserscheinungen.<br />
Frauen brauchen deshalb öfter<br />
ein künstliches Kniegelenk als<br />
Männer.<br />
2006 kam weltweit das erste<br />
Kniegelenk-Implantat für<br />
Frauen <strong>auf</strong> den US-Markt. Bis dann sei es jeweils<br />
nötig gewesen, den Oberschenkelknochen<br />
der Frau während der Operation ans<br />
männliche Knie-Implantat anzupassen. Die<br />
Folgen waren vermehrte Komplikationen,<br />
Schmerzen und schlechtere Beweglichkeit.<br />
Dass Frauen keine Männer sind, zeigt sich<br />
auch bei den Arzneimitteln. Der weibliche<br />
Körper ist im Schnitt leichter als der männliche,<br />
hat kleinere Organe, mehr Fett und weniger<br />
Wasser. Und Darm, Leber und Nieren<br />
arbeiten bei den Geschlechtern unterschiedlich.<br />
Darum verteilen sich Medikamente im<br />
Frauenkörper anders. Auch Impfungen wirken<br />
bei Frauen und Männern verschieden. Frauen<br />
entwickeln oft einen stärkeren Immun-<br />
schutz nach einer Impfung als Männer, berichten<br />
Wissenschaftler aus den USA. Frauen<br />
bräuchten oft eine geringere Impfdosis. Die<br />
Standarddosis hingegen führe bei ihnen öfter<br />
zu Fieber, Schmerzen und Entzündungen.<br />
Viele Arzneien könnten gezielter eingesetzt<br />
werden. Oft fehlen nach Geschlecht differenzierte<br />
Untersuchungen. Bei <strong>auf</strong> Frau<br />
und Mann angepassten Behandlungen<br />
aber würden sicher weniger Medikamente<br />
im Abfall landen und weniger Patienten<br />
müssten wegen Nebenwirkungen ins Spital!<br />
Bei <strong>auf</strong> Frau und Mann angepassten<br />
Behandlungen würden weniger<br />
Medikamente im Abfall landen.<br />
Die Geschlechterblindheit in der Medizin ist<br />
auch zum Nachteil der Männer. Osteoporose<br />
zum Beispiel gilt als Frauenkrankheit, obwohl<br />
jeder vierte Osteoporose-Patient männlich ist.<br />
Depressionen bleiben oft unerkannt, weil sich<br />
depressive Männer selten traurig, minderwertig<br />
oder antriebslos fühlen, sondern Intoleranz<br />
und Wutausbrüche im Stress zeigen. Experten<br />
kritisieren gar, das Gros der Therapien erreichten<br />
Männer gar nicht.<br />
bea.heim@parl.ch<br />
Nationalrätin aus dem Kanton Solothurn<br />
Der kleine Unterschied: In der Medizin herrscht oft Geschlechterblindheit.<br />
Openair <strong>auf</strong> dem Bundesplatz<br />
BERN Tausende haben am 30. Juli wiederum<br />
den 1. August vorgefeiert. Das fünfte Openair<br />
<strong>auf</strong> dem Bundesplatz, wie immer mitgetragen<br />
und unterstützt von der <strong>SP</strong>, wartete mit einem<br />
bunten Mix aus Spiel, Musik und Comedy <strong>auf</strong>.<br />
In <strong>die</strong>sem Jahr machte Jahrespartner Green<br />
Cross <strong>auf</strong> <strong>die</strong> Menschen in Vietnam <strong>auf</strong>merksam,<br />
<strong>die</strong> noch immer unter dem Einsatz des<br />
Entlaubungsmittels Agent Orange leiden. Als<br />
erste Band heizte «Nüüt Noise» aus Luzern<br />
dem Publikum mit rockigen Versionen von<br />
Evergreens ein. Danach standen «DeLaSar»<br />
aus Lausanne, <strong>die</strong> Lokalmatadoren «Anshelle»<br />
und Parodist Michael Elsener <strong>auf</strong> der Bühne.<br />
Für den musikalischen Höhe- und Schlusspunkt<br />
sorgte schliesslich der Zürcher Musiker<br />
Marc Sway.<br />
Anonyme Spende<br />
BERN Ein Zürcher Rechtsanwalt hat das <strong>SP</strong>-<br />
Zentralsekretariat im Namen einer Mandantin<br />
kontaktiert. Die ältere Dame, <strong>die</strong> anonym bleiben<br />
will, hat ihren Nachlass geregelt und <strong>die</strong><br />
<strong>SP</strong> mit einer Vergabung von 20 000 Franken<br />
bedacht. Herzlichen Dank!<br />
Bürgerliche kürzen weiter I<br />
BERN Gleich an zwei Sozialwerke hat <strong>die</strong> Sozialkommission<br />
des Nationalrats Hand gelegt:<br />
Bei der Unfallversicherung müssten Versicherte<br />
mit tiefem Ver<strong>die</strong>nst und hohem Unfallrisiko<br />
für weniger Schutz mehr bezahlen. Zu Lasten<br />
der Rentnerinnen und Rentner geht <strong>die</strong> 11.<br />
AHV-Revision, wie sie derzeit vorbereitet ist:<br />
Die Renten würden gesenkt, weil der regelmässige<br />
Teuerungsausgleich wegfiele. Ausserdem<br />
soll das höhere Rentenalter der Frauen<br />
nur ungenügend kompensiert werden. Dies<br />
verhindert das flexible Rentenalter für alle. Die<br />
bürgerliche Mehrheit baut damit bei zwei der<br />
bestfinanzierten Sozialwerke ab, ohne dass<br />
sich eine Notwendigkeit abzeichnen würde.<br />
Gegen <strong>die</strong> AHV-Revision haben <strong>die</strong> <strong>SP</strong>-Delegierten<br />
vorsorglich bereits das Referendum<br />
angekündigt – für den Fall, dass <strong>die</strong> Vorlage<br />
vom Parlament so beschlossen wird.<br />
Bürgerliche kürzen weiter II<br />
BERN Noch bevor <strong>die</strong> 5. IV-Revision vollständig<br />
umgesetzt und <strong>die</strong> Auswirkungen bekannt<br />
sind, will der Bundesrat bereits <strong>die</strong><br />
nächste Reform in Angriff nehmen. Die vorgestellte<br />
«Revision 6b» beruht fast ausschliesslich<br />
<strong>auf</strong> Leistungskürzungen bei der<br />
Invalidenversicherung. Für <strong>die</strong> <strong>SP</strong> ist das inakzeptabel,<br />
es braucht eine bessere Verteilung<br />
der Lasten. Die IV-Revision mit einem reinen<br />
Abbau und ohne zusätzliche Einnahmen ist<br />
nicht haltbar. Nach dem Prinzip «Eingliederung<br />
statt Rente» sind auch <strong>die</strong> Unternehmen<br />
in <strong>die</strong> Pflicht zu nehmen: Es müssen endlich<br />
mehr Arbeitsplätze für Behinderte geschaffen<br />
werden.
14 sp-schwerpunkt Sozialpolitik · K<strong>auf</strong>kraft · erneuerbare links 111/August 2010<br />
Standpunkt<br />
Cleantech<br />
Oase in der Wüste der<br />
<strong>Immer</strong> mehr<br />
Thomas Christen<br />
Generalsekretär<br />
«Auch <strong>die</strong> SVP ist von der Wirtschaftskrise<br />
getroffen», liess <strong>die</strong> Partei hochoffiziell vor<br />
einem guten Jahr verlauten. Sie könne daher<br />
pro Jahr nur noch «mit 800 000 Franken<br />
Spenden» rechnen, bedauerte <strong>die</strong> Partei per<br />
Communiqué <strong>die</strong> Folgen.<br />
Ein gutes Jahr später zeigt <strong>die</strong> SVP <strong>auf</strong><br />
eindrückliche Weise, dass <strong>die</strong> rührende Geschichte<br />
mit den spärlich fliessenden Spenden<br />
frei erfunden ist. Die Kampagnenzeitung<br />
für <strong>die</strong> Ausschaffungsinitiative liess <strong>die</strong> SVP<br />
<strong>die</strong>sen Sommer gleich in alle Haushalte verschicken.<br />
Begleitet mit einer schweizweiten<br />
Inseratekampagne. Und etwas später komplettiert<br />
mit ganzseitigen 1.-August-Reden<br />
von Toni Brunner. Die Kosten für <strong>die</strong>se Aktion:<br />
Weit über 1 Million Franken.<br />
Von Sparen keine Spur. Von begrenzten<br />
Mitteln ebenfalls nicht. Die Sommeraktion<br />
dürfte einen Vorgeschmack <strong>auf</strong> das kommende<br />
Jahr gegeben haben. Bereits bei den<br />
Wahlen 2007 hat <strong>die</strong> SVP mehr Geld ausgegeben<br />
als alle anderen Parteien zusammen<br />
– 2011 dürfte sich das wiederholen. So sieht<br />
das wahre Gesicht der SVP aus. Einer Partei,<br />
welche von Millionären und Milliardären unterstützt<br />
und geführt wird. Einer Partei, <strong>die</strong><br />
im Geld schwimmt und sich <strong>die</strong> Demokratie<br />
am liebsten k<strong>auf</strong>en möchte. Exemplarisch bei<br />
der Initiative für eine Volkswahl des Bundesrates,<br />
<strong>die</strong> gemäss eigenen Angaben «harzig»<br />
läuft und darum mit dem Ausschaffungs-Flyer<br />
in alle Haushalte verschickt wurde. So wie<br />
damals bereits <strong>die</strong> Ausschaffungs-Initiative.<br />
In der SVP herrscht aber auch Filz und Intransparenz.<br />
Sonst sieht sich <strong>die</strong> SVP gerne<br />
als Vorkämpferin für Transparenz. Bei sich<br />
selber wendet sie aber offensichtlich andere<br />
Massstäbe an. Wieviel <strong>die</strong> Sommeraktion<br />
gekostet hat, will <strong>die</strong> SVP nicht sagen. Woher<br />
sie das Geld hat, ebenfalls nicht. Und wie<br />
man millionenschwere Kampagnen finanzieren<br />
kann, wenn man doch pro Jahr nur rund<br />
800 000 Franken Spenden erhält, schon gar<br />
nicht. Die SVP geht bei ihren Spenden und<br />
Ausgaben etwa so intransparent vor wie Ueli<br />
Maurer im VBS mit dem Steuergeld. Auch<br />
dort spielt Geld offensichtlich keine Rolle.<br />
Berater ver<strong>die</strong>nen 100 000 Franken. Im Monat.<br />
Und auch dort herrscht Intransparenz,<br />
über genaue Zahlen, über den Beraterfilz. Das<br />
passt ziemlich gut zum wahren Bild der SVP.<br />
Erneuerbare schaffen Arbeitsplätze und<br />
machen unsere Wirtschaft fit für <strong>die</strong><br />
Zukunft – dar<strong>auf</strong> setzt <strong>die</strong> <strong>SP</strong> mit ihrer<br />
Cleantech-Initiative. Genau wie Sozialdemokratinnen<br />
und -demokraten in<br />
ganz Europa. Poul Nyrup Rasmussen<br />
Manchmal dauert es, bis ein Ereignis beurteilt<br />
werden kann. Oft sind <strong>die</strong> Konsequenzen auch<br />
Jahre später nicht in ihrer Gesamtheit fassbar.<br />
Bei der Weltwirtschaftskrise ist das anders, das<br />
Fazit folgt <strong>auf</strong> dem Fuss: Schuld ist ein aus dem<br />
Ruder gel<strong>auf</strong>ener Finanzsektor,<br />
der <strong>die</strong> Realwirtschaft und damit<br />
<strong>die</strong> Beschäftigung mit nach<br />
unten gerissen hat.<br />
Die vordringlichste Frage ist<br />
deshalb für viele Menschen:<br />
Wie und wo finde ich wieder einen<br />
Arbeitsplatz? In Europa ist praktisch jeder<br />
Wirtschaftssektor geschrumpft. Cleantech ist<br />
<strong>die</strong> Ausnahme. Der Zukunftssektor ist trotz Rezession<br />
um rund zehn Prozent gewachsen und<br />
wird weiter zulegen. Eine Oase in der Wüste<br />
des wirtschaftlichen Abschwungs.<br />
Folglich ist offenkundig, wo <strong>die</strong> Zukunft der<br />
europäischen Wirtschaft liegt, wo in Forschung<br />
und Entwicklung investiert werden muss und<br />
wo neue Arbeitsplätze geschaffen werden können.<br />
Mit der richtigen politischen Weichenstellung<br />
werden wir dereinst <strong>auf</strong> <strong>die</strong> Krise zurückschauen<br />
und sie auch als Durchbruch für eine<br />
neue, grüne Wirtschaft verstehen.<br />
Europäerinnen und Europäer, <strong>die</strong> ihren<br />
Job verloren haben, werden dann wissen: Das<br />
Klima schützen heisst Arbeitsplätze schaffen.<br />
Qualifizierte Fachkräfte können ihre Fertigkeiten<br />
neu einbringen. Um erfolgreich zu sein,<br />
muss Erfahrung als kostbares Gut erkannt und<br />
In <strong>die</strong>sen Zeiten der Verunsicherung<br />
ist eines sicher: Der Umbau der<br />
Wirtschaft ist unausweichlich.<br />
ständig neu ausgerichtet werden, Fortbildung<br />
und Umschulung sind zentral. Wir Sozialdemokratinnen<br />
und –demokraten sind uns dessen<br />
bewusst und können <strong>die</strong> Wirtschaft so umbauen,<br />
dass <strong>die</strong> Arbeitnehmenden geschützt,<br />
<strong>die</strong> nötige Zeit für den Umbau gewährt und <strong>die</strong><br />
nötigen Mittel zur Verfügung gestellt werden.<br />
© KEYSTONE/MONSOON IMAGES/Eric O’Connell
links 111/August 2010 <strong>SP</strong>-SCHwERPunkT<br />
15<br />
Rezession<br />
Wir Europäerinnen und Europäer haben<br />
uns an <strong>die</strong> Logiken von Produktion und Konsum<br />
gewöhnt. Schliesslich haben sie uns mehrere<br />
Jahrzehnte rasanten Wachstums beschert<br />
und unseren Lebensstil entsprechend verändert.<br />
Mittlerweile wissen wir aber auch, dass<br />
das Verbrennen von Kohle und das Betanken<br />
unserer Autos mit Benzin eine für das 21. Jahrhundert<br />
untaugliche wirtschaftliche Strategie<br />
und eine Gefahr für unser Klima ist. Dass wir<br />
das wissen, beweist eben das Aufstreben von<br />
Cleantech trotz Krise.<br />
Aber: Die Auswirkungen der Finanzkrise<br />
sind nach wie vor in ganz Europa spürbar. Das<br />
ist ein Problem für <strong>die</strong> Bürgerinnen und Bürger,<br />
aber auch für <strong>die</strong> sauberen Technologien:<br />
Mitte 2010 waren in Europa mehr als 23 Millionen<br />
Menschen ohne Arbeit. Jetzt streichen<br />
bürgerliche Regierungen <strong>die</strong> Sozialausgaben<br />
zusammen und gleisen Sparpakete <strong>auf</strong>. Folge:<br />
Die Arbeitslosigkeit wird sogar noch zunehmen.<br />
Die Massnahmen sind nicht nur unsozial,<br />
sondern auch erschreckend kurzsichtig. Sie<br />
drohen <strong>die</strong> wirtschaftliche Erholung im Keim<br />
zu ersticken und nötige Investitionen zu sabotieren.<br />
Konservative und Liberale haben einmal<br />
mehr bewiesen, dass ihnen der Wille und<br />
<strong>die</strong> Weitsicht fehlt, um <strong>die</strong> neuen Lösungen,<br />
<strong>die</strong> wir so dringend brauchen, umzusetzen.<br />
Dabei sind <strong>die</strong>se Lösungen längst bekannt.<br />
Der technische Fortschritt hält Antworten <strong>auf</strong><br />
das drängende Problem der steigenden CO 2 -<br />
Emissionen parat. Dank Wasser-, Wind- und<br />
Sonnenkraft oder Biomasse kann Energie<br />
nachhaltig produziert werden – erneuerbar,<br />
ganz ohne Treibhausgase. <strong>Immer</strong> mehr Autos<br />
sind mit Hybridmotoren unterwegs und <strong>die</strong><br />
Bahn ermöglicht Mobilität ohne fossile Brennstoffe.<br />
Diese langfristigen Lösungen verlangen<br />
langfristige Investitionen. Diese Investitionen<br />
jetzt zu stemmen, liegt in unserem wirtschaftlichen,<br />
sozialen und ökologischen Interesse.<br />
Inmitten von Krise, Angst und Verunsicherung<br />
ist eines sicher: Der Umbau der Wirtschaft<br />
ist unausweichlich. Je länger wir warten, desto<br />
weniger können wir <strong>die</strong>sen Prozess gestalten –<br />
und desto mehr wird er letztendlich kosten.<br />
Die Technologien sind da. Was fehlt, ist der<br />
politische Wille. Diesen müssen wir Sozialdemokratinnen<br />
und Sozialdemokraten schaffen.<br />
Übersetzung und Bearbeitung: Stefan Krattiger<br />
poul@nyrup.dk<br />
Mitglied des Europäischen Parlaments und<br />
Vorsitzender der Sozialdemokratischen<br />
Partei Europas (<strong>SP</strong>E)<br />
Sammelstand<br />
Cleantech-Initiative<br />
mÜhLEBERg<br />
Risikoreaktor<br />
vor Gericht<br />
Ende 2009 erteilte das uVEk dem<br />
Altreaktor Mühleberg <strong>auf</strong> begehren der<br />
bkw eine unbefristete betriebsbewilligung.<br />
ursula Wyss<br />
Dies ungeachtet der 1900 Einsprachen aus<br />
dem In- und Ausland – und trotz dem klaren<br />
Abstimmungsresultat im Kanton Waadt, wo im<br />
November 2009 64 Prozent der Stimmberechtigten<br />
gegen eine unbefristete Betriebsbewilligung<br />
stimmten. Anfang Februar 2010 reichten<br />
über hundert Einzelpersonen beim Bundesverwaltungsgericht<br />
eine Beschwerde ein.<br />
Zur ideellen und finanziellen Unterstützung<br />
der KlägerInnen wurde im Februar der Verein<br />
«Komitee Mühleberg-Ver-fahren» gegründet.<br />
Schon lange beklagte sich <strong>die</strong> BKW, das AKW<br />
Mühleberg sei das einzige AKW ohne unbefristete<br />
Betriebsbewilligung, und beantragte deshalb<br />
2005 beim UVEK, in einem Eilverfahren<br />
ohne technische Überprüfung und ohne technische<br />
Akten sei dem AKW eine unbefristete<br />
Betriebsbewilligung zu erteilen.<br />
Das AKW Mühleberg hat Risse in Bestandteilen<br />
des Reaktorinnersten, insbesondere im<br />
Kernmantel. Weiter kann das AKW einem Flugzeugabsturz<br />
oder einem stärkeren Erdbeben<br />
nicht standhalten. Das Erdbebenrisiko wird<br />
massiv unterschätzt, wie eine von den Überwachungsbehörden<br />
in Auftrag gegebene Stu<strong>die</strong><br />
2006 <strong>auf</strong>zeigte.<br />
2007 wurde <strong>die</strong> BKW vom eidgenössischen<br />
Nuklearsicherheitsinspektorat (ENSI) be<strong>auf</strong>tragt,<br />
mehrere sicherheitsrelevante Punkte<br />
<strong>auf</strong>zuarbeiten. Obschon <strong>die</strong> Pendenzen von<br />
der BKW noch immer nicht erledigt wurden,<br />
wird das AKW weiter betrieben. Die Beschwerdeführenden<br />
im l<strong>auf</strong>enden Verfahren berufen<br />
sich unter anderem <strong>auf</strong> Unterlagen des renommierten<br />
Ökoinstituts Darmstadt, welches in<br />
zwei Gutachten gravierende Mängel des AKW<br />
Mühleberg <strong>auf</strong>zeigte, so unter anderem in der<br />
Notstromversorgung, der Notkühlung und der<br />
Überflutung. Dies wurde vom ENSI nur nebensächlich<br />
behandelt.<br />
Das veraltete AKW Mühleberg, einer der<br />
ältesten Reaktoren der Welt, darf keine unbefristete<br />
Betriebsbewilligung erhalten. Mit der<br />
Erteilung einer unbefristeten Betriebsbewilligung<br />
entzieht sich <strong>die</strong> BKW, als AKW-Betreiberin,<br />
endgültig der öffentlichen Kontrolle.<br />
Auf www.muehleberg-ver-fahren.ch kannst<br />
du dem Verein «Mühleberg-Ver-fahren» beitreten<br />
und einen finanziellen Beitrag leisten<br />
– oder engagiere dich für den Beitritt deiner<br />
Gemeinde oder deiner Organisation.
16<br />
PERSONEN<br />
links 111/August 2010<br />
rotstich<br />
Sommerlöcher<br />
«I gieng hüt no, uf u dervo».<br />
Nach der Blick-Lektüre hofft man<br />
inständig, dass es Über-Büetzer<br />
Gölä nicht bei einem blossen Versprechen<br />
bewenden lässt. «Die<br />
<strong>Schweiz</strong>er Politiker sind komplett<br />
unfähig», weiss einer, der es wissen<br />
muss. Wählen tut er zwar aus<br />
Prinzip nicht. Dafür hat er «das<br />
Recht», Einbrecher zu erschiessen.<br />
Schliesslich platzt «das<br />
Land aus allen Nähten». Ein Einbrecher<br />
weniger, das gibt Platz.<br />
Gölä, der mit seinem Sturmgewehr<br />
Haus und Familie verteidigt<br />
– waren unsere Argumente<br />
für <strong>die</strong> Waffenschutz-Initiative<br />
je besser? Wenn SVP-Toni ihm<br />
dann me<strong>die</strong>ngewandt ein Plätzli<br />
<strong>auf</strong> seiner Wahlliste schmackhaft<br />
macht, erscheint Bio-Ex-Mister<br />
Blumenthal rückblickend überqualifiziert.<br />
Gaga? Wenn da überhaupt<br />
jemand helfen kann, dann Heidi<br />
«das Medium» Breu mit ihrem<br />
«hellwissenden» 25-Stutz-Bäbi<br />
aus der Migros. Sogar Cumulus-<br />
Punkte hat’s gegeben dafür. Die<br />
<strong>auf</strong> Tierfernheilungen Spezialisierte<br />
könnte zumindest Geissbock<br />
Zottel wieder hinbiegen.<br />
Aber Heidi schmollt, weil Konkurrent<br />
und Vorzeige-Kafisatzleser<br />
Mike Shiva sie nicht lieb hat: «Ich<br />
habe es doch nicht ver<strong>die</strong>nt, dass<br />
man so grob zu mir ist!»<br />
Letzterer Satz könnte auch<br />
von Hansruedi Merz stammen,<br />
neben Heidi, Gölä und Rodi ebenfalls<br />
dankbarer Sommerlochfüllender<br />
des Boulevards. «Uf und<br />
dervo» ging der ja auch hie und<br />
da. Nach Libyen, zum Beispiel.<br />
Und jetzt eben aus dem Bundesrat.<br />
«Mit Merz tritt der beste Finanzminister<br />
Europas ab», weiss<br />
ein geneigter Leser bezugnehmend<br />
<strong>auf</strong> <strong>die</strong> FDP-Eigenwerbung<br />
online zu kommentieren. Ein Doppelrücktritt.<br />
Aber wer ist <strong>die</strong>ser<br />
beste Finanzminister, der solidarisch<br />
und zeitgleich geht? Einer<br />
ohne Gesicht, offenbar. Merz jedenfalls<br />
geht mit einem Lied <strong>auf</strong><br />
den Lippen: «I hätt no viu blöder<br />
ta, weni denn scho gwüsst hätt<br />
gha dass i di zyt nid für immer<br />
ha.»<br />
Stefan Krattiger<br />
Exakt 20 Jahre nachdem er sein<br />
Amt als Finanzdirektor angetreten<br />
hat, ist Hans Stöckli Mitte Juli als<br />
Bieler Stadtpräsident zurückgetreten.<br />
Unter seiner Ägide hat sich<br />
Biel von einer krisengeschüttelten<br />
Industriestadt zur «Boomtown»<br />
(NZZ) gemausert. Unvergessen<br />
auch <strong>die</strong> Expo.02, eines seiner<br />
Herzensanliegen. Und <strong>die</strong> Bielerinnen<br />
und Bieler dankten es<br />
ihm: Über 200 Vorlagen wurden<br />
in seiner Präsidialzeit den Stimmberechtigten<br />
zur Beschlussfassung<br />
vorgelegt<br />
und nur vier<br />
Mal mochten<br />
sie ihm nicht<br />
folgen. «Ende<br />
2010 werde ich<br />
ohne jegliche<br />
Alters- oder<br />
Ermüdungserscheinungen von<br />
meinem geliebten Amt als Stapi<br />
zurücktreten. Ich werde künftig<br />
mein Hauptaugenmerk der nationalen<br />
Politik widmen und mein<br />
Amt als Nationalrat intensiver und<br />
tatkräftiger ausüben», so Hans.<br />
Wir freuen uns! Zu tun bleibt in<br />
Bundesbern alleweil genug.<br />
Viel zu tun gibt es auch im Hinblick<br />
<strong>auf</strong> <strong>die</strong> Wahlen 2011. Deshalb<br />
wagt sich Severin Toberer<br />
drei Jahre nach seinem Wahlkampf-Praktikum<br />
nochmals ins<br />
<strong>SP</strong>-Sekretariat. Seit August arbeitet<br />
er als Projektleiter<br />
in der<br />
Kampagnenabteilung.<br />
Dazwischen<br />
machte<br />
er Station in<br />
einer Agentur<br />
für politische<br />
Kommunikation, schloss sein Politikstudium<br />
ab und beriet für eine<br />
Internetagentur <strong>die</strong> <strong>SP</strong>D und <strong>die</strong><br />
deutschen JUSOs im Wahlkampf<br />
in Nordrhein-Westfalen. Sein Job<br />
ist es, den Wahlkampf für <strong>die</strong> nationalen<br />
Wahlen mitzuplanen und<br />
mitzuorganisieren. Vor allem aber<br />
wird er alle unterstützen, <strong>die</strong> in<br />
den Kantonen, Sektionen und als<br />
Freiwillige wahlkämpfen. Für Fragen<br />
und Anliegen ist er jederzeit<br />
gerne erreichbar (severin.toberer<br />
@spschweiz.ch, 031 329 69 85).<br />
Neu im Zentralsekretariat ist auch<br />
Gianna Blum anzutreffen. Die<br />
23-jährige Studentin hat Anfang<br />
August ihr dreimonatiges Praktikum<br />
in der Abteilung «Kampagnen<br />
und Kommunikation»<br />
begonnen. Sie wird im Herbst<br />
ihren Bachelor<br />
in Politikwissenschaften<br />
an<br />
der Universität<br />
Bern beenden.<br />
Zuvor arbeitete<br />
sie im Service,<br />
für <strong>die</strong> Aidshilfe<br />
oder gab Stu<strong>die</strong>rendenmagazine<br />
heraus. Diese Erfahrungen<br />
dürften ihr in den kommenden<br />
Wochen zugute kommen. Insbesondere<br />
eine gehörige Portion<br />
Stressresistenz dürfte nicht schaden<br />
– schliesslich werfen <strong>die</strong> eidgenössischen<br />
Wahlen bereits jetzt<br />
ihren Schatten voraus.<br />
Der Countdown läuft, das Campa-Team<br />
der JUSO biegt mit der<br />
1:12-Initiative langsam, aber sicher<br />
<strong>auf</strong> <strong>die</strong> Zielgerade ein. Damit<br />
der JUSO-Initiative für gerechte<br />
Löhne nicht <strong>auf</strong> den letzten<br />
Metern <strong>die</strong> Luft ausgeht und <strong>die</strong><br />
nötigen 120 000 Unterschriften bis<br />
gesehen<br />
am 31. Oktober auch tatsächlich<br />
zusammenkommen, muss in<br />
den kommenden Wochen noch<br />
einmal tüchtig<br />
gesammelt werden.<br />
Wer noch<br />
Kampagnenmaterial<br />
braucht,<br />
meldet sich<br />
ungeniert bei<br />
Andrea Arezina<br />
(079 504 78 17, aarezina@juso.ch).<br />
Jede Unterschrift zählt! Fragt deshalb<br />
in eurem Umfeld unbedingt<br />
nochmals nach, ob auch wirklich<br />
alle unterschrieben haben, und<br />
schickt uns eure Unterschriftenbogen<br />
anschliessend so rasch<br />
wie möglich zurück. Gemeinsam<br />
schaffen wir das!<br />
Stand am 20. August:<br />
Für <strong>die</strong> -Initiative bleiben noch<br />
Pour l’initiative reste encore<br />
40540<br />
Unterschriften zu sammeln.<br />
signatures à récolter.<br />
Sommer, Sonne, Sozialismus: Mehr als 100 JUSOs verbrachten <strong>die</strong><br />
letzte Juli-Woche im Sommerlager in Wangs (SG). Neben diversen Workshops<br />
standen <strong>die</strong> 1:12-Initiative, angeregte Gespräche und Partys bis in<br />
<strong>die</strong> frühen Morgenstunden <strong>auf</strong> dem Programm.<br />
© JUSO/Petar Marjanovic
links 111/August 2010<br />
PERSONEN<br />
17<br />
© Ex-Press<br />
Ein Ungewöhnlicher<br />
Der folgende Versuch ist keine umfassende Würdigung von<br />
Moritz Leuenbergers Arbeit. Dafür ist der Raum zu knapp und<br />
<strong>die</strong> Zeit zu kurz. Es sind nicht mehr als ein paar persönlichpolitische<br />
Gedanken zur Annäherung an einen langjährigen<br />
spannenden Weggefährten. Andrea Hämmerle<br />
Moritz ist fünfzehn Jahre Bundesrat,<br />
fünfzehn Jahre Vorsteher des<br />
Schlüs seldepartementes UVEK,<br />
er war zweimal hervorragender<br />
Bundes präsident, er hat alle parteipolitischen<br />
und personellen<br />
Turbulenzen im Bundesrat entweder<br />
subtil moderiert oder doch<br />
bravourös überstanden, er hat <strong>die</strong><br />
Vision einer gerechten, ökologischen<br />
und offenen <strong>Schweiz</strong> allen<br />
Widerwärtigkeiten zum Trotz nie<br />
<strong>auf</strong>gegeben, gibt immer wieder<br />
spannende Denkanstösse. Und er<br />
ist dabei entgegen allen Unkenrufen<br />
kerngesund und spritzig geblieben.<br />
Wie ist das möglich in unserer<br />
hektischen Zeit, in der mediales<br />
Kurzfutter Vorrang hat vor<br />
nachhaltigen Konzepten, in der<br />
Politiker in kürzester Zeit hochgejubelt<br />
und fertig gemacht werden?<br />
In der Tat: Moritz ist ein ungewöhnlicher<br />
Bundesrat. Bei allem<br />
Engagement lässt er sich vom Amt<br />
und von der Tagespolitik nicht<br />
<strong>auf</strong>fressen. Er hat den Kopf und<br />
den Terminkalender frei auch für<br />
Grundlegendes, für Bücher, Kultur<br />
und Gespräche. Dies gelingt<br />
ihm, weil er das riesige Departement<br />
sehr gut organisiert hat und<br />
seinen engsten Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeitern – allen voran<br />
seinem ausgezeichneten Generalsekretär<br />
Hans Werder und seiner<br />
umsichtigen Stabschefin Martina<br />
Buol sowie seinen Amtsdirektoren<br />
– viel Vertrauen und viel Freiheiten<br />
schenkt, welche <strong>die</strong>se im<br />
Sinne des Chefs kreativ zu nutzen<br />
wissen. Hektische Interventionen<br />
widerstreben ihm. Wenn es aber<br />
wirklich nötig ist, zögert er nicht,<br />
einen Schnitt zu machen. Dies<br />
geschieht jedoch äusserst selten,<br />
und deshalb ist <strong>die</strong> Stimmung im<br />
Departement über all <strong>die</strong> Zeit ausgezeichnet,<br />
was für <strong>die</strong> politische<br />
Arbeit äusserst wichtig ist.<br />
Und <strong>die</strong> politische Bilanz? Moritz<br />
hat das ehemals technokratische<br />
EVED zum heutigen UVEK<br />
umgebaut, welches er konsequent<br />
nach den Prinzipien der Nachhaltigkeit<br />
führt. Damit ist es zum eigentlichen<br />
Schlüsseldepartement<br />
geworden, in welchem <strong>die</strong> entscheidenden<br />
Weichenstellungen<br />
für <strong>die</strong> Zukunft des Landes vorgenommen<br />
werden: Infrastrukturbauten,<br />
Energieversorgung,<br />
Umwelt- und Klimaschutz, Service<br />
public als wichtige Grundlage<br />
des nationalen Zusammenhalts.<br />
Überall gilt es, in Bundesrat und<br />
Parlament fortschrittliche, linke,<br />
grüne, zukunftsträchtige Projekte<br />
mehrheitsfähig zu machen. Dies<br />
gelingt Moritz immer wieder und<br />
in erstaunlichem Masse.<br />
Exemplarisch dafür steht <strong>die</strong><br />
Verkehrspolitik. Sie ist ohne Zweifel<br />
der – vielleicht bald einzige!<br />
– schweizerische Politikbereich,<br />
der europaweit als vorbildlich und<br />
zukunftsweisend wahrgenommen<br />
wird. Dies gilt sowohl für das Ziel<br />
der Verkehrsverlagerung wie für<br />
<strong>die</strong> Finanzierung – der wesentlich<br />
durch <strong>die</strong> LSVA gespeiste<br />
FinÖV-Fonds ist Pilotprojekt für<br />
eine ökologische Steuerreform.<br />
Dies gilt aber auch für <strong>die</strong> neuen<br />
Infrastrukturen vor allem des öffentlichen<br />
Verkehrs, für welche<br />
das Jahrhundertbauwerk Neat das<br />
herausragende Beispiel ist. Kein<br />
Wunder, dass Moritz Leuenberger<br />
als Doyen der europäischen Verkehrsminister<br />
eine weit wichtigere<br />
Rolle spielt, als sie den <strong>Schweiz</strong>er<br />
Vertretern üblicherweise zukommt.<br />
Welche Leistung Moritz Leuenberger<br />
im UVEK erbracht hat,<br />
werden viele – gerade auch kritische<br />
Linke und Grüne – wohl erst<br />
ermessen, wenn jemand anders<br />
<strong>die</strong>ses gigantische Schlüsseldepartement<br />
führt. Lieber Moritz,<br />
ich danke dir für deine Arbeit und<br />
wünsche dir für <strong>die</strong> Zukunft viel<br />
Freiraum zur Entfaltung deiner zu<br />
kurz gekommenen Leidenschaften!<br />
Für ihre Klausur wagte sich <strong>die</strong><br />
Geschäftsleitung der JUSO in <strong>die</strong><br />
Höhle des (lachenden) Löwen:<br />
Ausgerechnet das<br />
«Haus der Freiheit»<br />
– <strong>die</strong> Beiz<br />
von SVP-Chef<br />
Toni Brunner –<br />
hatte Cédric<br />
Wermuth zum<br />
Ort des Geschehens<br />
erkoren. Brunner liess natürlich<br />
prompt das eine oder andere<br />
Schnäpsli springen und<br />
revanchierte sich mit einem Gegenbesuch<br />
im kurz dar<strong>auf</strong> stattfindenden<br />
Sommerlager. Wer <strong>die</strong><br />
Zeugnisse des besagten Abends<br />
<strong>auf</strong> Facebook betrachtet, stellt<br />
fest: Trotz inhaltlicher Uneinigkeit<br />
– Tonis Charme zu widerstehen,<br />
ist nicht ganz einfach.<br />
Keine Berührungsängste kennt<br />
auch <strong>die</strong> – gelinde gesagt – sozialdemokratiekritische<br />
«Weltwoche»<br />
von Roger Köppel. «Unsere<br />
Hintergrundberichterstattung,<br />
unsere Analysen und Kommentare<br />
sind kritisch und prägnant.<br />
Wir glauben, dass <strong>die</strong> Inhalte der<br />
Weltwoche für Ihre Parteimitglieder<br />
von Interesse sein können.<br />
Denn sie bietet eine ergänzende<br />
Sichtweise zur Tages- und Sonntagspresse»,<br />
lässt uns das Blatt<br />
wissen und äussert gleichzeitig<br />
den Wunsch, Werbung im «links»<br />
zu machen. Dem wäre hiermit<br />
Genüge getan.<br />
Wer während den Sommerferien<br />
versuchte per E-Mail Kontakt mit<br />
Hilde Fässler herzustellen, wurde<br />
jäh gebremst:<br />
«Ich bin in den<br />
Ferien. Ihr Mail<br />
wird deshalb ungelesen<br />
gelöscht».<br />
Päng!<br />
Ob <strong>die</strong> angedrohte<br />
Gnadenlosigkeit<br />
konsequent umgesetzt<br />
oder ob zwecks berechtigter Abgrenzung<br />
vom Polit-Alltag bloss<br />
geblufft wurde, ist unklar.
18 AkTIV REVISION pARTEIpROgRAmm<br />
links 111/August 2010<br />
«zahlreich, engagiert<br />
und fun<strong>die</strong>rt»<br />
Mit den Sommerferien endete auch <strong>die</strong> parteiinterne Vernehmlassung<br />
zum Entwurf des neuen Parteiprogramms.<br />
«links» hat bei Generalsekretär Thomas Christen nachgefragt,<br />
was dabei herausgekommen ist. Interview: Stefan Krattiger<br />
Hat <strong>die</strong> erwartete Debatte in der<br />
<strong>SP</strong> stattgefunden?<br />
Ja, und wie! Über 1000 engagierte,<br />
fun<strong>die</strong>rte und teilweise umfangreiche<br />
Stellungnahmen sowie Anträge<br />
sind bei uns eingegangen.<br />
Unsere Mitglieder haben sich<br />
mächtig ins Zeug gelegt!<br />
tiert werden. Der gesamte Katalog<br />
liegt jetzt bei der Geschäftsleitung<br />
<strong>auf</strong> dem Tisch. Diese wird<br />
den Programmentwurf nun entsprechend<br />
überarbeiten, so dass<br />
wir den Parteitagsdelegierten <strong>die</strong><br />
neue Fassung im September zuschicken<br />
können.<br />
Hast du mit einem dermassen<br />
gewaltigen Echo gerechnet?<br />
Nein, ehrlich gesagt nicht. Aber es<br />
freut mich natürlich wahnsinnig!<br />
Der gewaltige Rückl<strong>auf</strong> belegt das<br />
grosse Interesse<br />
unserer Basis an<br />
der Programmdebatte<br />
und<br />
zeigt, dass es<br />
den Mitgliedern<br />
und Sektionen<br />
ein grosses Anliegen ist, sich regelmässig<br />
mit unseren Zielen und<br />
den eigenen Wurzeln auseinanderzusetzen.<br />
Das beweist auch <strong>die</strong><br />
konstruktive Art und Weise, wie<br />
<strong>die</strong> Anträge formuliert sind. Das<br />
ist sehr positiv.<br />
1000 Anträge – das bedeutet aber<br />
auch eine Menge Arbeit …<br />
Ja, eine Herkules-Aufgabe, <strong>die</strong> das<br />
Zentralsekretariat da zu bewältigen<br />
hat. Die Fülle an Anträgen<br />
musste gesichtet, zusammengestellt,<br />
strukturiert und kommen-<br />
Es wird eine sehr positive<br />
Grundhaltung gegenüber dem<br />
Programmentwurf deutlich.<br />
Die Sammlung aller Anträge wird<br />
nicht verschickt?<br />
Nein, das geht fast nicht und ist<br />
auch nicht nötig. Der Katalog wird<br />
aber am Parteitag selbstverständlich<br />
<strong>auf</strong>liegen und kann auch von<br />
unserer Website heruntergeladen<br />
werden.<br />
Und inhaltlich, was sagt <strong>die</strong> Basis<br />
zum Entwurf?<br />
Es wird eine sehr positive Grundhaltung<br />
deutlich. Aufgrund der<br />
eingegangenen Anträge und Bemerkungen<br />
zeichnen sich für<br />
den Parteitag ein paar Debatten-<br />
Schwerpunkte ab.<br />
Generalsekretär Thomas Christen<br />
demokratie. Soll im Rahmen und<br />
mit den Mitteln der Wirtschaftsdemokratie<br />
der Kapitalismus abgeschafft<br />
oder gezähmt werden?<br />
Versteht sich <strong>die</strong> <strong>SP</strong> als Hüterin<br />
klarer Marktregelungen, wie im<br />
aktuellen Entwurf vorgesehen<br />
oder lehnt sie den Markt als Ordnungsprinzip<br />
grundsätzlich ab?<br />
Zweitens wird <strong>die</strong> Europafrage für<br />
Diskussionen sorgen: Wie wird<br />
<strong>die</strong> historische und aktuelle Rolle<br />
der EU eingeschätzt und wie prominent<br />
soll <strong>die</strong> Forderung der <strong>SP</strong><br />
nach raschen Beitrittsverhandlungen<br />
programmatisch verankert<br />
werden?<br />
Und sonst?<br />
Für Gesprächsstoff dürfte auch<br />
<strong>die</strong> Frage sorgen, ob sich <strong>die</strong> <strong>SP</strong><br />
Und <strong>die</strong> wären?<br />
Erstens <strong>die</strong> Vision der Wirtschaftsfür<br />
den Ab- und Umbau der Armee<br />
oder für deren Abschaffung<br />
einsetzt. Ausserdem bin ich gespannt,<br />
ob der Parteitag das im<br />
Programm vorgeschlagene Konzept<br />
des vorsorgenden Sozialstaates<br />
und <strong>die</strong> Fokussierung <strong>auf</strong> <strong>die</strong><br />
zentrale Bedeutung der Bildungspolitik<br />
unter stützt.<br />
Das dürfte eine längere Sache<br />
geben …<br />
Ja, da werden wir ein bisschen<br />
Ausdauer brauchen. Aber das ist<br />
in Ordnung. Ein neues Parteiprogramm<br />
gibt man sich schliesslich<br />
nicht jedes Jahr. Ich freue mich jedenfalls<br />
sehr <strong>auf</strong> eine spannende<br />
Diskussion in Lausanne!<br />
AllE InFOS IM nETZ<br />
Die definitive Fassung des neuen <strong>SP</strong>-Parteiprogramms<br />
soll am ordentlichen Parteitag vom 30./31. Oktober in<br />
Lausanne beschlossen werden. Alle Informationen und<br />
Unterlagen sowie das Anmeldeformular finden sich<br />
online unter www.spschweiz.ch/parteitag. Anmeldefrist<br />
für Parteitagsdelegierte ist der 6. September.<br />
Der Katalog mit allen Anträgen und der Programmentwurf<br />
selbst können <strong>auf</strong> www.spschweiz.ch/parteiprogramm<br />
heruntergeladen werden. Dort finden sich<br />
auch zahlreiche hilfreiche Materialien zur Programmrevision<br />
– unter anderem auch <strong>die</strong> erste «links»-Sonderbeilage<br />
mit Essays und einer übersichtlichen Zusammenfassung.<br />
Die nächste Ausgabe von «links», <strong>die</strong> am 14. September<br />
erscheint, wird der Programmdebatte übrigens<br />
wiederum acht Extraseiten widmen.
links 111/August 2010<br />
AGENDA<br />
carte blanche<br />
28. August, 11.30 Uhr<br />
Frauenkoordination KoFa<br />
26. September<br />
Eidgenössische Abstimmung<br />
• Avig-referendum<br />
11. Oktober<br />
Parteiprogramm:<br />
Antragsfrist für <strong>die</strong> Parteitagsdelegierten<br />
(nach dem ordentlichen<br />
Versand Mitte September)<br />
31. Oktober<br />
Ordentlicher Parteitag<br />
der <strong>SP</strong> <strong>Schweiz</strong> in Lausanne<br />
28. November<br />
Eidgenössische Abstimmung<br />
• Steuergerechtigkeits-Initiative<br />
• Ausschaffungsinitiative<br />
IMPRESSUM<br />
Herausgeber<br />
<strong>SP</strong> <strong>Schweiz</strong> und Verein <strong>SP</strong>-Info, Spitalgasse 34,<br />
3001 Bern, Telefon 031 329 69 69<br />
Fax 031 329 69 70<br />
Erscheint 9 Mal pro Jahr<br />
Auflage 43 310 (Wemf)<br />
Abonnementspreise<br />
Für Mitglieder der <strong>SP</strong> <strong>Schweiz</strong> gratis<br />
Adressänderungen/Abos<br />
linksabo@spschweiz.ch<br />
Redaktion<br />
Stefan Krattiger (Chefredaktion), Barbara<br />
Berger (<strong>SP</strong>-Frauen), Niklaus Wepfer (<strong>SP</strong> Kanton<br />
Solothurn), Dieter Wüthrich (<strong>SP</strong> Basel-<br />
Stadt), Ruedi Brassel (<strong>SP</strong> Baselland), Daniel<br />
Furter (<strong>SP</strong> Kanton Bern), Katharina Kerr<br />
(<strong>SP</strong> Kanton Aargau), Pascal Ludin (<strong>SP</strong> Kanton<br />
Luzern), Susanne Oberholzer (<strong>SP</strong> Kanton Thurgau),<br />
Leyla Gül (<strong>SP</strong> Stadt Bern), Urs Geiser<br />
(Korrektor)<br />
E-Mail Redaktion<br />
stefan.krattiger@spschweiz.ch<br />
Gestaltungskonzept<br />
muellerluetolf.ch<br />
Produktion<br />
Atelier Kurt Bläuer, Bern<br />
Druck<br />
Ringier Print Adligenswil AG<br />
Postfach 3739, 6002 Luzern<br />
Anzeigen<br />
Zürichsee Werbe AG, Seestrasse 86,<br />
8712 Stäfa, Telefon 044 928 35 60,<br />
Fax 044 928 56 00, www.zs-werbeag.ch,<br />
sylvia.seemann@zs-werbeag.ch<br />
Redaktionsschluss <strong>die</strong>ser Ausgabe: 16.8.<br />
Redaktionsschluss nächste Ausgabe: 6.9.<br />
?<br />
Ausbeutung<br />
www.volks-befragung.ch<br />
www.volks-befragung.ch<br />
Das Bildungsinstitut der Gewerkschaften<br />
D2.3.1002<br />
Wie funktionieren unsere<br />
Sozialversicherungen?<br />
Fr, 15.10.2010 in Zürich<br />
Inhalt: 3-Säulen-Prinzip, Aufgaben<br />
und Verantwortlichkeiten,<br />
Funktions weise und Leistungen<br />
der 1. und 2. Säule<br />
Referent: Otto Piller (ehem. Direktor<br />
Bundesamt für Sozialversicherungen)<br />
D2.3.1004 Krankenkasse und<br />
Unfallversicherung<br />
Do, 2.9.2010 in Olten<br />
Inhalt: Funktionsweise und Leistungen<br />
von Unfallversicherung und<br />
Krankenversicherung, UVG-Revision,<br />
Heilungskosten, Taggelder und<br />
Renten, Leistungen bei Stellenlosigkeit,<br />
Beispiele aus der Praxis<br />
Referenten: Fritz Berger (Suva),<br />
Christoph Häberli (Rechtsanwalt)<br />
D1.3.1005<br />
Anlageorganisation<br />
in Vorsorgeeinrichtungen<br />
Mo, 6.9.–Mi, 8.9.2010 in Vitznau<br />
Inhalt: Vor- und Nachteile der verschiedenen<br />
Anlagemöglichkeiten,<br />
Struktur der PK-Anlagen, Beurteilung<br />
der Risikofähigkeit und Festlegen<br />
einer Anlagestrategie, Wahl<br />
und Auftragserteilung an externe<br />
Vermögensverwalter, Analyse und<br />
Beurteilung der Anlageleistung<br />
Referenten: Dominique Ammann<br />
(PPCmetrics AG), Heinrich Nydeg<br />
ger (Unia)<br />
Die Kosten werden für Gewerkschaftsmitglieder<br />
meistens von ihren<br />
Gewerkschaften getragen. Mit<br />
deiner Anmeldung klären wir <strong>die</strong><br />
Kostenfrage ab und informieren<br />
dich unverzüglich. <strong>SP</strong>-Mitglieder,<br />
<strong>die</strong> nicht Gewerkschaftsmitglied<br />
sind, profitieren vom reduzierten<br />
Tarif von Fr. 230.– pro Tag statt<br />
Fr. 390.–. Weiter kann bei Monika<br />
Bolliger (<strong>SP</strong> <strong>Schweiz</strong>, Tel. 031 329<br />
69 91) finanzielle Unterstützung<br />
beantragt werden.<br />
Anmeldung:<br />
online www.movendo.ch<br />
Mail info@movendo.ch,<br />
Tel. 031 370 00 70<br />
Fax 031 370 00 71<br />
Oswald Sigg<br />
Ehemaliger Vize-Bundeskanzler<br />
und Bundesratssprecher<br />
Strategische<br />
Erkenntnisse<br />
In letzter Zeit pflegt der Oberstratege der<br />
SVP Erkenntnisse von sich zu geben, <strong>die</strong> es<br />
in sich haben. Die Justizministerin Eveline<br />
Widmer-Schlumpf hat er kurzerhand zur<br />
<strong>SP</strong>-Bundesrätin erklärt. Sie sei von der <strong>SP</strong><br />
gewählt worden damals, also hocke sie <strong>auf</strong><br />
dem <strong>SP</strong>-Sitz im Bundesratszimmer. Nur<br />
beim ersten Mal hört sich das merkwürdig<br />
an. Denkt man darüber nach, wird <strong>die</strong><br />
lapidare Erkenntnis zum historisch bedeutsamen<br />
Befund.<br />
Hätte man ihn ausreden lassen – <strong>die</strong> Journalisten<br />
fallen doch Christoph Blocher mit<br />
immer neuen Fragen ins Wort –, so hätte<br />
er sicher noch hinzugefügt, dass eigentlich<br />
kein bisheriger sozialdemokratischer Bundesrat<br />
ein solcher war. Denn sie alle waren<br />
nicht oder nur teilweise von der <strong>SP</strong> gewählt<br />
worden. Ritschard, Stich und Leuenberger –<br />
in Tat und Wahrheit waren das bürgerliche<br />
Bundesräte! Und <strong>die</strong> andern sowieso. Mir<br />
ist da meine kleine Welt zusammengebrochen.<br />
Scheingenossen waren das also. Zugegeben:<br />
Ganz wenige Male kam mir <strong>die</strong> hundertprozentig<br />
sozialdemokratische Lebensweise<br />
von Willi Ritschard schon etwas zweifelhaft<br />
vor, wenn er abends vor dem Bernerhof<br />
statt <strong>auf</strong>s Velo in den stattlich- dunkelblauen<br />
BMW stieg und nach Luterbach heimfuhr.<br />
Und über Otto Stich, der nach seiner<br />
Wahl von Max Frisch als «sechster bürgerlicher<br />
Bundesrat» tituliert worden war, denke<br />
ich heute, dass er den vermeintlich sozialdemokratisch<br />
Hartnäckigen mit schon fast<br />
bürgerlicher Sturheit gespielt hat. Moritz<br />
Leuenberger hingegen stand ohnehin zeit<br />
seines Amtslebens weit über den biederen<br />
links-rechts-Kategorien und er gab sich mit<br />
hoher Professionalität den Anschein eines<br />
am Berner Exil verzweifelnden urbanen<br />
Intellektuellen.<br />
Die Konsequenz für mein eigenes berufliches<br />
Leben könnte nicht tragischer sein.<br />
Da stelle ich eines schönen Morgens fest,<br />
dass ich jahrelang als IM (Informations-<br />
Mitarbeiter) für <strong>die</strong> falschen Bundesräte<br />
gearbeitet habe.<br />
Ein Albtraum das Ganze? Nicht einmal. Nur<br />
eine der üblichen Blocherschen Sottisen.
spinas | gemperle<br />
DER MEIST GETRUNKENE<br />
COCKTAIL DER WELT.<br />
In Entwicklungsländern gelangen 90% der Abwässer ungeklärt ins Trinkwasser.<br />
Zwei Milliarden Menschen drohen mit jedem Schluck Cholera, Typhus<br />
und andere Durchfallerkrankungen. Helvetas sorgt mit dem Bau von Brunnen<br />
und Latrinen für sauberes Trinkwasser.<br />
www.helvetas.ch<br />
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11.8.2010 14:10:55 Uhr