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Heute beginnt der Wahlkampf<br />

Was wir vorhaben, funktioniert nur, wenn unsere Mitglieder für diese Partei nach<br />

außen einstehen Im Gespräch mit Bodo Ramelow, Wahlkampfleiter der PDS<br />

<strong>Die</strong> Schnelllebigkeit der Ereignisse<br />

macht es erforderlich, bei Redaktionsschluss<br />

des Heftes dem folgenden Gespräch<br />

eine Frage und eine Antwort<br />

»nachzuschieben«.<br />

Bodo, du warst in den vergangenen<br />

zwei Wochen an allen drei Spitzengesprächen<br />

mit der WASG beteiligt. Was<br />

bedeuten die Ergebnisse der Verhandlungen?<br />

Sie sind die Grundlage, um für die<br />

Bundestagswahl eine Verbreiterung<br />

der PDS zu bekommen. Eine Verbreiterung<br />

heißt: die Offene Liste, die wir<br />

angeboten haben, erweitert zu qualifizieren.<br />

Und es bedeutet, dass wir<br />

über PDS und WASG weit hinauskommen<br />

müssen. Dann macht es<br />

Sinn. Auf dieser Basis kann der Antritt<br />

zur Bundestagswahl gegen diese<br />

supergroße Koalition der sozialen<br />

Kälte ein Erfolgsmodell werden.<br />

Wie hast du den Wahlabend im September<br />

2002 in Erinnerung?<br />

Der Tag steht vor meinen Augen, <strong>als</strong><br />

wenn er mir mit einem Brenneisen eingebrannt<br />

worden wäre. Ich erinnere<br />

mich an jede Phase von 16 Uhr an. <strong>Die</strong><br />

Wahlfete fand in unserem Landesbüro<br />

in Erfurt statt. Das Interesse war groß,<br />

die Stimmung gut.<br />

Ich war nicht so euphorisch, weil ich<br />

unseren Wahlkampf <strong>als</strong> quälend erlebt<br />

und weil ich Substanz vermisst hatte.<br />

Als wir – der Landesvorsitzende <strong>Die</strong>ter<br />

Hausold, Landesgeschäftsführer Knut<br />

Korschewsky und ich – zeitig von den<br />

ersten sehr ungünstigen Prognosen<br />

hörten, beschlossen wir, nicht abzutauchen<br />

und bis zum offiziellen Ergebnis<br />

zu warten. Es durfte nicht sein, dass<br />

vor den gut gelaunten, siegesgewissen<br />

Genossen, alles engagierte Wahlkämpfer,<br />

niemand die Verantwortung übernimmt.<br />

Deswegen habe ich schon ungewöhnlich<br />

früh, 17.30 Uhr, das Wort ergriffen,<br />

habe meine Skepsis formuliert<br />

und in einen Angriff umgedeutet: Ich<br />

möchte euch darauf vorbereiten, dass<br />

es sein kann, dass wir scheitern … Aber<br />

auch in dieser Situation müssen wir zusammen<br />

handlungsfähig bleiben.<br />

Was die Medien sehen wollten –<br />

Heulszenen und so –, trat danach<br />

nicht ein.<br />

Kurz nach 18 Uhr habe ich den Genossen<br />

gesagt: Wir stehen vor einer bitteren<br />

Wahlniederlage, auch wenn wir<br />

bis zur letzten Stimme hoffen ... Und<br />

zum Schluss habe ich angekündigt:<br />

Heute Abend beginnt der Wahlkampf<br />

für den Thüringer Landtag. Unser Verlust<br />

im Bundestag ist erst wieder gutzumachen,<br />

wenn wir den Weg über die<br />

Länder mit neuem Erfolg und neuem<br />

Schwung schaffen. Ich spürte, dass unsere<br />

Genossen ein bisschen skeptisch<br />

waren, dass sie aber zugleich eine Option<br />

erkannten: Wir müssen nach vorn<br />

schauen – nicht erst bis zur nächsten<br />

Bundestagswahl, sondern über eine<br />

überschaubare Etappe: bis zur Landtagswahl<br />

2004.<br />

So wurde der Abend im Jahr 2002<br />

der Ausgangspunkt für den Abend des<br />

13. Juni 2004, wo wir im selben Raum<br />

um 18 Uhr den größten Sieg der PDS<br />

– in Stimmen und Prozenten – feiern<br />

konnten.<br />

Dass Dagmar Enkelmann in Brandenburg<br />

unseren Wahlsieg noch übertroffen<br />

hat, hängt auch damit zusammen,<br />

dass wir in der Zwischenzeit <strong>als</strong><br />

Landtagsfraktionen, <strong>als</strong> Verantwortliche<br />

der Fraktionen neue Wege gegangen<br />

waren. Das Zusammenspiel, das<br />

in Gera völlig auseinander zu brechen<br />

drohte, wurde neu justiert. Aus der<br />

Niederlage 2002, aus dem Kaputtgehen,<br />

aus dem Zerbrechen, aus dem desaströsen<br />

Gefühl, wie katastrophal wir<br />

miteinander umgegangen sind, ist was<br />

Neues gewachsen.<br />

Was machte den Erfolg im Thüringer<br />

Wahlkampf aus?<br />

Es war ein Teamspiel. Es gelang uns,<br />

Inhalte zu reduzieren, Köpfe zu personalisieren<br />

und uns generell zu konzentrieren.<br />

Wir führten den Wahlkampf<br />

kämpferisch und mit inhaltlichen Positionen<br />

so, dass die Wähler sie begreifen,<br />

akzeptieren, annehmen und positiv<br />

mit uns verbinden konnten.<br />

Nun bist du (mit)verantwortlich dafür,<br />

auf Bundesebene die »Schicks<strong>als</strong>wahl«,<br />

voraussichtlich bereits im September<br />

2005, erfolgreich zu meistern.<br />

Wie kam’s dazu?<br />

Es war nicht so, dass sich Massen<br />

nach diesem Knochenjob drängten. Ich<br />

hatte mir nach dem Wahlsieg in Thüringen<br />

nicht vorgestellt, mir den nächsten<br />

Mühlstein an den H<strong>als</strong> zu binden;<br />

ich hätte mich gern auf meine Rolle <strong>als</strong><br />

Fraktionsvorsitzender, <strong>als</strong> gestärkte<br />

Opposition konzentriert.<br />

Nach den Erfolgen bei der Europawahl,<br />

in Brandenburg und Sachsen<br />

stand die Frage, wie wir uns auf 2006<br />

vorbereiten, wie wir die PDS verändern,<br />

wie wir dafür sorgen, dass wir nicht nur<br />

eine auf uns selbst zentrierte und eine<br />

sich auf den Osten reduzierende Partei<br />

sind. Da war es <strong>Die</strong>ter Haushold, der<br />

meinte, ich müsste mit in den Ring gehen.<br />

Und dann war es Gregor Gysi, der<br />

meinte, ich müsste mich mehr auf der<br />

Bundesebene einbringen. Es folgten<br />

zahlreiche Gespräche, ob ich das Wahlteam<br />

auf Bundesebene führen würde.<br />

Ich zögerte, weil ich nicht wusste, ob<br />

mir die Schuhe nicht viel zu groß sind.<br />

Aber dann gab es den Punkt, wo ich mir<br />

sagte, wenn ich meine Kraft nicht einbringe,<br />

darf ich auch nicht darüber meckern,<br />

was andere f<strong>als</strong>ch machen.<br />

Wie verstehst du deine Verantwortung<br />

<strong>als</strong> Wahlkampfleiter?<br />

Meine Aufgabe ist es, den Wahlkampf<br />

zu organisieren, die Wahlkämpfer zu<br />

motivieren und meinen Anteil für den<br />

Wiedereinzug einer PDS-Fraktion in<br />

den Bundestag zu leisten. – All das<br />

nicht <strong>als</strong> Vorturner der Partei. Ich bin<br />

nicht derjenige, der allein bestimmt.<br />

Nach außen mache ich zwar den Eindruck,<br />

dass ich sehr bestimmend bin,<br />

aber ich sehe meine Stärke darin, dass<br />

das, was ich nach außen verkaufe, innen<br />

gemeinsam erarbeitet worden ist.<br />

Da bin ich sehr wohl bereit zuzuhören,<br />

Unterschiede zu akzeptieren. Ich sehe<br />

mich <strong>als</strong> Kommunikator – und <strong>als</strong><br />

jemand, der nach der Kommunikation<br />

entscheidet.<br />

Wie funktioniert das?<br />

Als ich <strong>als</strong> Ehrenamtlicher ins Berliner<br />

Karl-Liebknecht-Haus kam, gab’s ein<br />

paar skeptische Blicke, ein bisschen<br />

so: jetzt kommt noch so ein Großmaul<br />

und wieder ein Wessi ... Ich kann’s<br />

nachvollziehen.<br />

Doch gemessen an den Vorurteilen,<br />

GESPRÄCH<br />

DISPUT Juni 2005 014

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