Sonderausgabe 60 Jahre LVR - Landschaftsverband Rheinland
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<strong>LVR</strong>REPORT Oktober 2013<br />
DUNKLE KAPITEL DER <strong>LVR</strong>-GESCHICHTE<br />
Aufklären statt vergessen<br />
Denkmal der Grauen Busse<br />
Fotos: Stefan Arendt; Lothar Kornblum<br />
Die Formulierung „Aufarbeitung<br />
der Vergangenheit“<br />
habe sich als Schlagwort<br />
„höchst verdächtig“<br />
gemacht, befand Theodor<br />
Adorno 1977. Grund<br />
hierfür war sein Eindruck,<br />
dass mit „Aufarbeitung“<br />
oft nicht gemeint sei, das<br />
Vergangene ernsthaft<br />
zu verarbeiten, sondern<br />
vielmehr, dass man einen<br />
Schlussstrich unter die<br />
Dinge ziehen und sie aus<br />
der Erinnerung wegwischen<br />
wolle.<br />
„Politischer Wille und<br />
Wunsch der Landschaftsversammlung<br />
<strong>Rheinland</strong><br />
sowie der <strong>LVR</strong>-Verwaltung<br />
ist es, auch die dunklen<br />
Kapitel der Verbandsgeschichte<br />
aufzuklären und<br />
im kollektiven Gedächtnis<br />
zu verankern. Hierbei<br />
stehen insbesondere die<br />
Morde („Euthanasie) und<br />
andere Verbrechen der<br />
Nazizeit und auch die<br />
unmenschliche Zustände<br />
in Kliniken und Heimen<br />
sowie personelle Kontinuitäten<br />
beim <strong>LVR</strong> nach der<br />
NS-Zeit im Fokus“, betonen<br />
der Vorsitzende der<br />
Landschaftsversammlung<br />
<strong>Rheinland</strong>, Prof. Dr. Jürgen<br />
Wilhelm und <strong>LVR</strong>-Direktorin<br />
Ulrike Lubek.<br />
Ein eindrucksvolles Kunstwerk,<br />
das der Opfer<br />
gedenkt und an die Täter<br />
erinnert, steht seit 2011 vor<br />
dem Kölner Landeshaus<br />
des <strong>LVR</strong>: Das Denkmal der<br />
Grauen Busse. Aus Beton<br />
haben die Künstler Horst<br />
Hoheisel und Andreas<br />
Knitz ein unumstößliches<br />
Mahnmal geschaffen,<br />
das an die „Aktion T4“<br />
der Nationalsozialisten<br />
erinnert, die die Tötung von<br />
„lebensunwertem Leben“<br />
zum Ziel hatte. Im <strong>Rheinland</strong><br />
wurden fast<br />
10.000 Psychiatriepatientinnen<br />
und -patienten<br />
ermordet, insgesamt fielen<br />
250.000 Menschen mit<br />
psychischen Erkrankungen<br />
oder einer geistigen Behinderung<br />
diesem Massenmord<br />
zum Opfer.<br />
Der 8. Mai 1945 brachte<br />
das Ende des Zweiten<br />
Weltkrieges und die Erlösung<br />
für hunderttausende<br />
inhaftierte Menschen in<br />
Lagern und Anstalten.<br />
Dies sollte jedoch nicht<br />
darüber hinwegtäuschen,<br />
dass der Bruch mit dem<br />
Nationalsozialismus nicht<br />
so vollständig war, wie das<br />
Schlagwort von der „Stunde<br />
Null“ es suggeriert. In<br />
mehreren Beschlüssen hat<br />
die Landschaftsversammlung<br />
<strong>Rheinland</strong> entschieden,<br />
wissenschaftliche<br />
Studien zur Aufklärung zu<br />
initiieren.<br />
KEINE „STUNDE NULL“<br />
• Eine 2012 vom <strong>LVR</strong> in<br />
Auftrag gegebene Studie<br />
zeigt deutlich, dass es nach<br />
der Nazizeit auch beim <strong>LVR</strong><br />
personelle Kontinuitäten<br />
gab. Nur wenige der aktiv<br />
an der Vernichtungspolitik<br />
der Nationalsozialisten<br />
beteiligten Ärzte der<br />
damaligen Provinzial-<br />
Heil- und Pflegeanstalten<br />
wurden zur Rechenschaft<br />
gezogen. Auch der langjährige<br />
Direktor des <strong>LVR</strong><br />
(1954–1975) Udo Klausa<br />
steht für diese Kontinuität.<br />
Er war NSDAP-Mitglied,<br />
trat der SA bei und war<br />
Verfasser der Schrift<br />
„Rasse und Wehrrecht“.<br />
Um die Bedeutung der NS-<br />
Vergangenheit des damaligen<br />
Verwaltungschefs für<br />
seine Tätigkeit beim <strong>LVR</strong> zu<br />
beleuchten, hat der <strong>LVR</strong> die<br />
Historiker Dr. Uwe Kaminsky<br />
(Bochum) und Dr.<br />
Thomas Roth vom Kölner<br />
NS-Dokumentationszentrum<br />
mit einer Untersuchung<br />
beauftragt. Erste<br />
Ergebnisse wurden den<br />
<strong>LVR</strong>-Beschäftigten am 28.<br />
Januar 2013 beim Tag des<br />
Gedenkens an die Opfer<br />
des Nationalsozialismus<br />
vorgestellt. 2014 soll die<br />
Studie abgeschlossen sein<br />
und anschließend<br />
veröffentlicht werden.<br />
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