Die völkerrechtliche Haftung - MEK
Die völkerrechtliche Haftung - MEK
Die völkerrechtliche Haftung - MEK
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
42<br />
<strong>Die</strong> Frage, wie die Zurechnung bei solchen Handlungen<br />
vorkommen kann, wurde zuerst von Anzilotti geprüft. 2 Nach ihm<br />
gelten diese Handlungen, auch wenn sie ein völkerrechtlich<br />
geschütztes Interesse verletzen, nur für Privathandlungen. Ihre<br />
<strong>völkerrechtliche</strong> Wirkung ist die Begründung einer Verpflichtung<br />
für den Staat: der Staat muss diese Handlungen verhindern oder<br />
bestrafen. Erfüllt der Staat diese Verpflichtung, kann er nicht zur<br />
Verantwortung gezogen werden. <strong>Die</strong> <strong>Haftung</strong> tritt ein, wenn der<br />
Staat diese Verpflichtung nicht erfüllt. <strong>Die</strong> Rechtsgrundlage der<br />
<strong>Haftung</strong> ist aber in solchen Fällen nicht die territoriale oder<br />
persönliche Handlung, sondern das von bestimmten Staatsorganen<br />
begangene Unterlassen. <strong>Die</strong> Zurechnung ist bei diesem<br />
Unterlassen festzustellen.<br />
Strupp fügt noch zu, dass dieses Unterlassen schuldhaft<br />
(vorsätzlich oder fahrlässig) sein muss. 3<br />
Gegen diese Ansicht entwickelte sich eine andere Auffassung,<br />
deren Hauptvertreter Oppenheim ist. 4 Auch Oppenheim stellt fest,<br />
dass der Staat die völkerrechtswidrigen Handlungen seiner<br />
Angehörigen oder der auf seinem Gebiete sich aufhaltenden<br />
Personen verhindern oder bestrafen muss. <strong>Die</strong>se Forderung des<br />
Völkerrechts stellt aber den Staat vor besondere Schwierigkeiten.<br />
Es kann nicht erwartet werden, dass der Staat alle solche<br />
Handlungen schon in den Zeiten der Vorbereitung wahrnehme, in<br />
manchen Fällen auch, dass er sie bestrafe. Das staatliche Unterlassen<br />
kommt daher nicht in Betracht, sonst würde die <strong>Haftung</strong><br />
sehr oft von dem Staate überhaupt nicht getragen werden, obwohl<br />
das rechtsverletzende Ergebnis zustande gekommen ist. In<br />
solchen Fällen tritt daher eine stellvertretende <strong>Haftung</strong> ein. <strong>Die</strong><br />
stellvertretende <strong>Haftung</strong> tritt im Augenblick, wenn die Handlung<br />
begangen wurde, ipso facto ein. <strong>Die</strong> Zurechnung ist daher nicht<br />
notwendig. <strong>Die</strong> Folgen der stellvertretenden <strong>Haftung</strong> sind<br />
2 Anzilotti, S. 382. ff. Schön, S. 39.<br />
3 Strupp, Delikt, S. 102. ff. Règles, S. 564<br />
4 Oppenheim, S. 285.