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Ludwig Thoma Komödie in drei Akten Personen: Fritz ... - act-n-arts

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Beermann: Die ich nicht ausprobiert habe! Gute Frau Lund, an jeden Mann kommt die Versuchung. Was weiß e<strong>in</strong>e Frau<br />

davon?<br />

Frau Lund: Jedenfalls erfährt sie nicht, wie es ausgeht.<br />

Bolland: Gestatten Sie! Unsere Bewegung ist für die Frauen gemacht. Was Sie als Frau schätzen, f<strong>in</strong>den Sie bei uns.<br />

Frau Lund: Ne<strong>in</strong>. Wir Frauen schätzen auch die Sparsamkeit, und wir sehen es nicht gerne, wenn die Männer mehr<br />

Moral ausgeben, als sie haben.<br />

Bolland: Bleiben wir ernsthaft! Die öffentlichen Mißstände müssen Sie mehr verletzen als uns.<br />

Frau Lund: Es gehört schon die männliche Gefühlsstärke dazu, um sich durch das Elend verletzt zu fühlen.<br />

Wasner: Sie sprechen von Elend, wie wir von Laster.<br />

Frau Lund: Darum werden wir uns nie e<strong>in</strong>igen.<br />

Frau Beermann: Und jedenfalls soll sich me<strong>in</strong> Mann nicht als Beispiel h<strong>in</strong>stellen, weil er nicht weiß, was Sorge oder<br />

Elend ist.<br />

Beermann: Mit solchen Grundsätzen läßt sich nichts anfangen.<br />

Frau Lund: Bitte, ke<strong>in</strong>e Grundsätze!<br />

Bolland: Sie werden aus Opposition sagen, daß Sie andere haben als wir.<br />

Frau Lund: Ich werde sagen, daß ich ke<strong>in</strong>e habe.<br />

Bolland und Wasner gleichzeitig: Aber gnädige Frau!<br />

Frau Lund: Ich kann nichts dafür. Das Leben hat sie aufgefressen. Ich habe gesehen, daß alle Grundsätze Löcher<br />

haben, durch die man sich und se<strong>in</strong>e Lieben schlüpfen läßt. Und man hat also nur die Wahl, se<strong>in</strong>e Grundsätze ehrlich<br />

aufzugeben, oder sie unehrlich auf andere anzuwenden.<br />

Wasner: Echte Grundsätze gibt man nicht auf.<br />

Hauser ironisch: Bravo!<br />

Bolland: Für mich ist Moral e<strong>in</strong>fach Naturgebot. Die Stimme der Natur.<br />

Frau Lund: Warum gründen Sie dann Sittlichkeitsvere<strong>in</strong>e? Glauben Sie, daß Ihre Statuten stärker s<strong>in</strong>d als die Stimme<br />

der Natur?<br />

Wasner: Darf ich hier e<strong>in</strong>e Bemerkung e<strong>in</strong>streuen?<br />

Beermann: Hört!<br />

Wasner den Bart streichend: Vielleicht kommen wir zu e<strong>in</strong>em abschließenden Urteil, wenn wir sagen: Es ist das schöne<br />

Vorrecht der Frauen, daß ihnen gewisse D<strong>in</strong>ge fremd bleiben dürfen, mit denen uns - leider - das Leben bekannt macht.<br />

Hauser: Leider?<br />

Wasner: Ich bitte, mich e<strong>in</strong>en Augenblick nicht zu unterbrechen. Ich sage allerd<strong>in</strong>gs: leider. Seit vier Jahren verfolge ich<br />

aufmerksam die obszöne Produktion, und ich habe davon e<strong>in</strong>e Sammlung angelegt, die heute wohl die vollständigste ist.<br />

Ich rede also von e<strong>in</strong>er Sache, über die ich genau <strong>in</strong>formiert b<strong>in</strong>. Sich steigernd: Es ist unglaublich, bis zu welchem Gipfel<br />

der Geme<strong>in</strong>heit man heute gelangt ist!<br />

Frau Lund: Und Sie s<strong>in</strong>d der Sammler dieser Geme<strong>in</strong>heit?<br />

Wasner: Glauben Sie mir: ich habe mich mit Abscheu dieser Aufgabe unterzogen.<br />

Hauser: Herr Professor, ich habe noch ke<strong>in</strong>en Menschen gesehen, der freiwillig vier Jahre lang etwas tut, was ihm<br />

unangenehm ist.<br />

Wasner: Das durfte nicht gesagt werden!<br />

Hauser: Irgende<strong>in</strong>e Befriedigung werden Sie dabei f<strong>in</strong>den.<br />

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