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Ludwig Thoma Komödie in drei Akten Personen: Fritz ... - act-n-arts

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Sitte ist streng, und sie bildet wohl die achtungswerteste Seite germanischer Zustände. Nam prope soli Barbarorum<br />

s<strong>in</strong>gulis uxoribus contenti sunt. Die Germanen s<strong>in</strong>d fast das e<strong>in</strong>zige Barbarenvolk, welches sich mit e<strong>in</strong>em Weibe<br />

begnügt.<br />

Beermann laut: Turnee!<br />

Bolland: Halt ich.<br />

Beermann: Zwanzig.<br />

Bolland: Halt ich.<br />

Beermann: Dann r<strong>in</strong> <strong>in</strong>s Vergnügen!<br />

Bolland: Gras-Solo!<br />

Sie spielen. Hauser, Frau Lund, Frau Beermann sitzen rechts.<br />

Frau Lund: Nun ist Deutschland ruhig.<br />

Hauser: Ja, und warum haben wir uns eigentlich echauffiert? Die s<strong>in</strong>d uns über. Erst rühren sie Weltanschauungen um,<br />

dann holen sie sich Karten und kehren zu ihrer natürlichen Beschäftigung zurück.<br />

Frau Lund: Und man fragt sich, ob man auf der richtigen Seite steht. Denn e<strong>in</strong>e solche Gemütsruhe muß doch e<strong>in</strong>en<br />

tiefen Fonds haben.<br />

Hauser: Oder man fragt sich, warum diese braven Menschen jemals das Skatspielen unterbrechen, bloß um<br />

Dummheiten zu machen.<br />

Beermann vom Spieltisch herüber: Ich habe gute Ohren.<br />

Hauser: Das ist viel wert im vorgerückten Alter.<br />

Bolland e<strong>in</strong>e Karte auf den Tisch schlagend: Neunundfünfzig und vier macht <strong>drei</strong>undsechzig. Die andern können Sie<br />

haben. Sie werfen die Karten zusammen. Bolland nimmt sie und mischt.<br />

Wasner dreht sich halb gegen Hauser zu: Und dann jene berühmte Stelle: Ergo septa pudicitia agunt, nullis<br />

spectaculorum illecebris corruptae.<br />

Beermann: Ich habe sechs Karten.<br />

Bolland: Die unterste gehört dem Professor.<br />

Wasner Wie oben: So lebt die Frau im Kreise keuscher Sitte dah<strong>in</strong>, und so weiter. Literarum secreta... Heimliche Briefe<br />

kennt weder Mann noch Frau.<br />

Beermann: Jetzt hören Sie e<strong>in</strong>mal auf mit Ihrem Tacitus! Sie müssen sich erklären.<br />

Wasner: Ich passe.<br />

Bolland: Ich auch.<br />

Beermann laut und freudig: Grand Schneider, me<strong>in</strong>e lieben Brüder!<br />

Wasner murmelnd: Paucissima adulteria <strong>in</strong> tam numerosa gente... Verstummt allmählich und spielt eifrig mit.<br />

Frau Beermann: Sie können über das Getue lachen, aber ich leide darunter.<br />

Hauser: Erlauben Sie mir, das wäre Gefühlsverschwendung!<br />

Frau Lund: Liebes K<strong>in</strong>d, Sie dürfen das nicht tragisch nehmen. Die Männer wollen sich hie und da Gemütsbewegungen<br />

verschaffen.<br />

Hauser: Und daheim kann man darüber lachen. Bloß die arme Regierung ist übel daran; die muß e<strong>in</strong> feierliches Gesicht<br />

dazu machen und manches tun, was sie nicht will.<br />

Frau Lund: Die sollte eben auch Bescheid wissen.<br />

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