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„Geht's auch konkreter?“ – Wie können wir Kompetenzen in ... - BAK

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Zugleich folgt sie dem Rat ihres Klassenlehrers und wendet sich an Frau Koch, ihre<br />

Personal- und Ausbildungsleiter<strong>in</strong>. Diese beobachtet selbst <strong>in</strong> jüngster Zeit e<strong>in</strong>en<br />

Leistungsabfall der Auszubildenden. Darüber beklagte sich bei ihr bereits Sonjas Ausbilder<br />

aus der Fachabteilung E<strong>in</strong>kauf. Er kritisierte, dass die Auszubildende die Aufgaben der<br />

Rechnungsprüfung manchmal nur nachlässig ausführe, so dass ihr wiederholt Fehler<br />

unterliefen. Deshalb sei es <strong>auch</strong> schon zu Ause<strong>in</strong>andersetzungen mit Sonja gekommen.<br />

Diese bestreitet <strong>in</strong> ihrem Gespräch mit Frau Koch die Vorwürfe ihres Ausbilders ke<strong>in</strong>eswegs.<br />

Allerd<strong>in</strong>gs spricht sie von gelegentlichen Flüchtigkeitsfehlern, die ihr deshalb passierten, weil<br />

sie <strong>in</strong> der Fachabteilung E<strong>in</strong>kauf seit vier Wochen die immer gleiche monotone Rout<strong>in</strong>earbeit<br />

abwickeln müsse. Sie fühle sich derart unterfordert und gelangweilt, dass sie daran denke,<br />

ihren Vertrag vorzeitig zu lösen. Die Personal- und Ausbildungsleiter<strong>in</strong> nimmt Sonjas Klagen<br />

ernst. Allerd<strong>in</strong>gs ist Frau Koch neu <strong>in</strong> ihrer Position. Deshalb bittet sie Sonja, ke<strong>in</strong>e<br />

vorschnelle Entscheidung zu treffen, und vere<strong>in</strong>bart mit ihr e<strong>in</strong>en zweiten Gesprächsterm<strong>in</strong><br />

für übernächste Woche. In der Zwischenzeit will sich Frau Koch zum Thema „Ausbildung und<br />

Ausbildungsabbruch<strong>“</strong> kundig machen. Sie scheut sich dabei nicht, Dritte <strong>in</strong>s Boot zu holen.<br />

Sonjas Fall bietet ihr den Anlass, auf das Angebot des Zentrums für Weiterbildung der IHK<br />

Pfalz e<strong>in</strong>zugehen und e<strong>in</strong>e passgenaue betriebs<strong>in</strong>terne Schulung für die Ausbilder der<br />

Rhe<strong>in</strong>land-Pfalz GmbH durchzuführen. E<strong>in</strong>en ganzen Vormittag räumt sie dafür den<br />

Experten e<strong>in</strong>, die von der IHK Pfalz vermittelt werden. So vermag sie selbst fundiert und<br />

zielgerichtet zu agieren, wenn es darum geht, die Ausbildung im eigenen Haus auf den<br />

Prüfstand zu heben. Außerdem kann sie sich mit Hilfe des Expertenwissens e<strong>in</strong>en Leitfaden<br />

erstellen für die zweite Unterredung mit Sonja, aber <strong>auch</strong> für zukünftige<br />

Motivationsgespräche mit Auszubildenden <strong>in</strong> ihrem Unternehmen.<br />

Welch besondere Herausforderung es für Auszubildende darstellt, die Berufsrolle zu<br />

erlernen, <strong>wir</strong>d an der angehenden Industriekauffrau überdeutlich, die darüber nachdenkt, ihre<br />

Ausbildung <strong>in</strong> der Rhe<strong>in</strong>land-Pfalz GmbH abzubrechen. Dabei handelt es sich ke<strong>in</strong>eswegs<br />

um e<strong>in</strong> s<strong>in</strong>guläres Beispiel, sondern, wie bereits die Abbruchzahlen verdeutlichen, um e<strong>in</strong>en<br />

exemplarischen Problemfall. Obwohl die Zahlen seit 2001 zurückgehen, s<strong>in</strong>d sie immer noch<br />

beachtlich: Im Schnitt ist demnach zu erkennen, dass bei e<strong>in</strong>er Lösungsrate von nunmehr<br />

19,9 % etwa jeder fünfte Ausbildungsvertrag aus dem Jahr 2005 noch vor der<br />

Abschlussprüfung wieder beendet <strong>wir</strong>d (BMBF 2007, S. 135 f.).<br />

Zu der Exemplarität des Fallbeispiels tragen weiterh<strong>in</strong> folgende Aspekte entscheidend bei:<br />

• Die Initiative zu dem Abbruchschritt geht wie <strong>in</strong> der Mehrzahl der Fälle <strong>auch</strong> hier von<br />

der Berufslerner<strong>in</strong> selbst aus (BMBF 2003, S. 95).<br />

• Zudem macht Sonja betriebliche Gründe für ihre mögliche Handlungsweise<br />

verantwortlich. E<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>schätzung, die sie mit über zwei Drittel der Abbrecher teilt<br />

(BMBF 2003, S. 95 f.).<br />

• Unterforderung ist aber ke<strong>in</strong>eswegs nur e<strong>in</strong> vorübergehendes Ausbildungs-, sondern<br />

ansche<strong>in</strong>end <strong>auch</strong> e<strong>in</strong> fortdauerndes Arbeitsproblem (z. B. Rothl<strong>in</strong> & Werder 2007).<br />

• Wenn Sonja aus unserem Fallbeispiel daran denkt, ihren Ausbildungsvertrag<br />

vorzeitig zu lösen, um stattdessen Wirtschaftspädagogik zu studieren, dann bestätigt<br />

sie Ergebnisse e<strong>in</strong>er BIBB-Befragung von 6000 Auszubildenden aus dem Jahre<br />

1996. Denn diese Untersuchung weist darauf h<strong>in</strong>, dass unter den Jugendlichen, die<br />

statt e<strong>in</strong>er Lehre doch lieber e<strong>in</strong>e schulische bzw. hochschulische Ausbildung<br />

aufnehmen möchten, vor allem angehende Bank- und Industriekaufleute sowie<br />

Energieelektroniker zu f<strong>in</strong>den s<strong>in</strong>d (Hecker 2000, S. 60).<br />

5.1.2 Nachgeahmte Wirklichkeit<br />

Indem die Schüler zu Beg<strong>in</strong>n der Lernsituation fiktiv mit der potenziellen Abbrecher<strong>in</strong> <strong>in</strong> dem<br />

Internetforum über diesen entscheidenden Schritt kommunizieren, <strong>wir</strong>d die Wirklichkeit<br />

weiterh<strong>in</strong> nachgeahmt. Dieser authentische, persönliche Anwendungsbezug <strong>wir</strong>d <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er<br />

Wirkung noch dadurch erhöht, dass die simulierte Wirklichkeit e<strong>in</strong>en regionalen<br />

betriebsspezifischen Kontext aufweist, <strong>in</strong>dem das Fallbeispiel <strong>in</strong> dem Modellunternehmen

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