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WASSERSPORT - Berliner Zeitung

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2 I <strong>WASSERSPORT</strong> FREITAG, 26. APRIL 2013 I VERLAGSBEILAGE<br />

Endlich!<br />

VorKurzem kaum zu glauben: Auch dieser Sommer kommt<br />

IMPRESSUM<br />

<strong>Berliner</strong> Verlag GmbH<br />

Anzeigenleitung: Mathias Forkel<br />

Redaktion: Peter Brock (verantwortlich),<br />

Angelika Giorgis<br />

Anzeigenverkauf: Karla Semmelmann,<br />

Tel.030-23 27 53 24<br />

sonderprojekte@berliner-verlag.de<br />

ArtDirection: Jane Dulfaqar,<br />

Annette Tiedge<br />

VON HARALD JÄHNER<br />

Endlich ist es weg, das weiße<br />

Zeugs. Noch vor Kurzem konnte<br />

man über den See im Norden Brandenburgs<br />

laufen. Am 11. April sah ich einen<br />

Mann seelenruhig übers Eis zu seinem<br />

Dalben stiefeln, um eine neue<br />

Sorgleine vom Pfosten zum Steg anzubringen.<br />

Ein Schwan stand vor einem drei<br />

Quadratmeter großen Loch im Eis, das<br />

das Schicksal ihm aufgetaut hatte, und<br />

schaute pikiert hinein. Dass es jemals<br />

größer werden würde, schien er nicht<br />

mehr anzunehmen.<br />

Am Ufer standen Segler und Motorbootleute<br />

vereint in unbefleckten Overalls<br />

und schauten schweigend aufs Eis.<br />

Die ersten Termine zum Kranen ihrer<br />

Boote waren verstrichen und ausgefallen.<br />

Sie schauten noch pikierter als der<br />

Schwan auf die vereiste Fläche, traten<br />

von einem Bein aufs andere und langweilten<br />

sich. Hinter ihnen, bei den Booten,<br />

wartete jede Menge Arbeit. Erledigt werden<br />

konnte sie nicht. Das Reparaturharz<br />

gelierte vor Kälte in den Marmeladengläsern,<br />

die Unterwasserfarbe klebte zäh<br />

wie Honig im Blecheimer.Sinnlos der Versuch,<br />

sie aufzutragen, unter fünf Grad<br />

weigert sich jede Farbe anständig zu<br />

trocknen. Manche Farben brauchen mindestens<br />

zehn Grad. Neulinge, die es dennoch<br />

wagten zu lackieren oder das Antifouling<br />

gegen Algenbewuchs auf dem<br />

Unterwasserschiff anzubringen, konnten<br />

hernach das Zeug mühsam mit Aceton<br />

oder sonst wasabwaschen.<br />

In den Hallen und unter den Winterplanen<br />

stauten sich die unerledigten Pflichten.<br />

Noch Mitte April standen viele Boote<br />

auf ihren Böcken mit offenen Stellen in<br />

den Rümpfen, in die längst hätten neue<br />

Seeventile eingeklebt werden müssen.<br />

Theorien über eine neue Eiszeit machten<br />

am Seerand die Runde. Manch einem<br />

Kopf konnte man geradezu ansehen, wie<br />

unter der Pudelmütze der Entschluss<br />

reifte, das Boot nun doch nach Kroatien<br />

zu verlegen.<br />

Dann kamen Wind und Regen auf, und<br />

schließlich schien sogar die Sonne. Der<br />

Wind schob wärmeres Wasser unter das<br />

Eis; der Regen wärmte von oben. Und die<br />

Sonne verwandelte das feste Eis in Eisbrei.<br />

Man konnte dem See beim Auftauen<br />

zuschauen. Am Sonntag, dem 14. April,<br />

schmolz er mit einer Geschwindigkeit von<br />

knapp zwanzig Zentimetern pro Minute<br />

von West nach Ost. In der kurzen Zeit, in<br />

der man am Ufer sitzend das Pausenbrot<br />

aufgegessen hatte, war, auf die Länge<br />

umgerechnet, auch ein halbes Fußballfeld<br />

Eis weggeputzt.<br />

Die Skipper rissen die Planen von ihren<br />

Booten und begannen wie wild zu pinseln.<br />

Einer saß rittlings auf der hölzernen<br />

Klappleiter,mit der er um sein Schiff herumturnte<br />

ohne abzusteigen. In vier Stunden<br />

hatte er den ganzen Rumpf poliert,<br />

ohne dass seine Füße auch nur einmal<br />

den Boden berührthätten.<br />

Am nächsten Tagwar der Sommer da.<br />

Die Leute schwitzten unter ihren Overalls<br />

und stöhnten. Im Biowetterbericht waretwas<br />

über die Wärmebelastung zu lesen.<br />

Der Schwan schwamm irritiert über den<br />

See und wusste nicht, wohin mit sich so<br />

plötzlich. In den Marmeladengläsernwar<br />

das Harz auf einmal zu flüssig und<br />

musste künstlich verdickt werden. Auf<br />

dem See glitzerte die Sonne in Tausenden<br />

von kleinen Wellen, die allesamt<br />

nach vorn zudrängeln schienen. Schon<br />

konnte man, wenn man nur lange genug<br />

in das Gleißen und Flirren sah, das ausgelassene<br />

Rufen der badenden Kinder im<br />

Hochsommer hören. Das Geschrei der<br />

Möwen. Das abendliche Springen der<br />

Fische. Das Schlagen der Segel bei jeder<br />

Wende, das Surren der Winschen, das<br />

Gurgeln des Wassers am Heck. Das<br />

Knarren des Bootes in den Wellen. Die<br />

Wellen des Nachts an der Bordwand.<br />

Man konnte hören, wie die Angeln<br />

ausrauschten und die Köder ins Wasser<br />

plumpsten. Wie leise ein Hechtsprung in<br />

den See klingen kann. All die herrlichen<br />

Geräusche der kommenden Monate<br />

klangen plötzlich im Ohr. Sogar das brüllende<br />

Röhren, mit dem das rote Speedboot<br />

täglich einmal demonstrieren wird,<br />

wie viel PS es unter der Haube hat, klang<br />

plötzlich ganz schön.<br />

ISTOCK PHOTO/GETTY IMAGES

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