Nº 76 - Bundesverband Geothermie
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16 Oberflächennahe <strong>Geothermie</strong><br />
Beim Neubau der Firma Wipotec GmbH in Kaiserslautern wird die aus<br />
dem Kühlkonzept anfallende Abwärme unterirdisch in einem flachen<br />
Erdwärmesondenfeld gespeichert. Der unterirdische Speicher soll in<br />
wenigen Jahren soweit aufgeladen werden, dass die direkte Beheizung<br />
des Gebäudes im Winter möglich ist. Um Optimierungsspielraum zu<br />
gewinnen, wird der Speicher in zwei hydraulisch getrennte Zonen aufgeteilt.<br />
Eine innere heiße Zone und eine äußere etwas kühlere Zone.<br />
Saisonale geothermische Wärmespeicher<br />
zur Direktheizung – ein Praxisbeispiel –<br />
TEXT: Dr. David Kuntz, Dr. Markus Kübert, Prof. Dr. Simone Walker-Hertkorn, Otto Andreas Reisig<br />
Saisonale geothermische Wärmespeicher ermöglichen<br />
grundsätzlich die effizienteste Auslastung<br />
eines Erdwärmesondenfeldes als Erdwärmetauscher.<br />
Die Wirtschaftlichkeit solcher<br />
Speicher hängt wesentlich von der tatsächlichen<br />
Temperaturentwicklung im Untergrund<br />
sowie der Regelstrategie zur Auf- & Entladung<br />
des Speichers ab. Im vorliegenden Artikel wird<br />
anhand eines anspruchsvollen Praxisbeispiels<br />
demonstriert, wie mit Hilfe numerischer und<br />
seminumerischer Simulationen der spätere<br />
Speicherbetrieb prognostiziert werden kann, um<br />
bereits frühe Planungsphasen auf belastbare<br />
Entscheidungsgrundlagen zu stützen.<br />
Am Standort der Fa. Wipotec Wiege- und Positioniersysteme<br />
GmbH in Kaiserslautern (Pfalz)<br />
ist die Erweiterung des Produktionsstandortes<br />
um ein neues Produktions- und Bürogebäude<br />
geplant. Vorgabe für das anspruchsvolle<br />
Versorgungskonzept ist die komplette Wärme-<br />
und insbesondere Kälteversorgung ohne<br />
Primärenergieaufwand. Lediglich die für die<br />
Verteilung der Wärme (bzw. Kälte) erforderliche<br />
Pumpenleistung benötigt elektrischen<br />
Strom. Für die Bereitstellung der nicht unerheblichen<br />
Kühlanforderungen (bis zu 120 kW) im<br />
Sommer hat die Fa. INNAX Energie & Umwelt<br />
AG eine Lösung über Adsorptionskältemaschinen<br />
(Invensor LTC 10 plus) entwickelt, deren<br />
Hochtemperaturseite über eine entsprechend<br />
groß dimensionierte solarthermische Kollektoranlage<br />
gespeist wird. Hierüber sind die Anforderungen<br />
an die Bereitstellung der Kühlenergie<br />
ohne Primärenergieeinsatz abdeckbar. Gleichzeitig<br />
fällt ein vergleichsweise hoher Anteil an<br />
Überschusswärme aus verschiedenen Wärmequellen<br />
an. Der innovative Ansatz sieht vor,<br />
diese Überschusswärme in einem saisonalen<br />
geothermischen Speicher einzuspeisen, um sie<br />
im Winter zur Gebäudeheizung nutzbar zu machen.<br />
Ziel ist dabei die Beladung des Speichers<br />
bis auf Temperaturen, die eine direkte Beheizung<br />
des Gebäudes über Niedertemperatursysteme<br />
ermöglichen. Damit wäre auch im Heizfall<br />
die Anforderung der Bereitstellung ohne Primärenergieeinsatz<br />
erfüllt.<br />
Anforderungen des Versorgungskonzeptes<br />
Ziel für den geothermischen Wärmespeicher ist<br />
die Bereitstellung der erforderlichen Heizwärme<br />
(nach Abzug der direkt nutzbaren Abwärme aus<br />
der Serverraumkühlung) ohne Wärmepumpe<br />
bei einer Vorlauftemperatur von etwa 28 °C. Die<br />
Aufladung des Speichers erfolgt über Abwärme<br />
aus verschiedenen Kühlprozessen. Grundlage<br />
der geothermischen Planung sind stundenweise<br />
Jahreslastprofile der verschiedenen Wärmequellen<br />
und ‐senken aus einer dynamischen Gebäudesimulation.<br />
Tabelle 1 fasst die jährlichen<br />
Energiemengen (in Klammern die maximalen<br />
Leistungen), die der saisonale Wärmespeicher<br />
bereitstellen soll bzw. die für dessen Aufladung<br />
zur Verfügung stehen, zusammen:<br />
Wärmequelle<br />
/<br />
-senke<br />
Gebäude<br />
beheizung<br />
(netto)<br />
Temperaturgrenze<br />
Serverraumkühlung<br />
Rückkühlung<br />
Adsorptionskälte<br />
Überschuss<br />
Solarkollektor<br />
54 MWh/a<br />
(86 kW)<br />
157 MWh/a<br />
(30 kW)<br />
105 MWh/a<br />
(180 kW)<br />
116 MWh/a<br />
(260 kW)<br />
Wärmebedarf<br />
Wärmedargebot<br />
T min<br />
= 28 °C<br />
T max<br />
= 35 °C<br />
T max<br />
= 40 °C<br />
T max<br />
= 70 °C<br />
Tabelle 1: Wärmequellen & -senken mit Energiemengen &<br />
max. Leistung bezogen auf den Speicher